Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Nach dem großen Krieg (R/H) - Ein Abschied und ein Wiedersehen

von Jessica21

Hallo alle zusammen!

(Noch 16 Tage bis Weihnachten! Yay!)

Eigentlich war dieses Kapitel als Abschluss meines Sommerferien-Schreib-Pensums gedacht (ist das ein Wort? Auto Correct sagt ja!), aber mittlerweile ist es ... definitiv nicht mehr Sommer. (Und die Ferien sind auch schon wieder 'ne Weile her ... )

Immerhin kann es jetzt als Nikolausgeschenk für meinen Dad herhalten - mein schärfster Kritiker, treuester Lektor, und überhaupt mein Lieblinsgsdad - das hier ist für dich.

(Und obwohl wir mittlerweile den achten Dezember haben, kam das Geschenk ganz pünktlich in deinem Stiefel an. Ich habe nur noch ein wenig dran herumgedoktert und jetzt, jetzt kann ich definitiv sagen, dass es ins Internet kann.)

(Herumdoktern ist auch ein Wort? o.o)

Also, insofern - viel Spaß mit dem neuen Kapitel und euch allen eine wunderschöne Vorweihnachtszeit :)


***

Ein Abschied und ein Wiedersehen


"Send your dreams
Where nobody hides
Give your tears
To the tide
No time
No time
No time"


Wait - M83

***





Es war noch dunkel, als sie in weckte.

„Ich konnte nicht mehr schlafen“, flüsterte sie, kaum, dass er die Augen aufgeschlagen hatte.

„Ich schon“, brummte er missmutig und rieb sich die Augen, trotz seiner Müdigkeit seltsam erleichtert, dass sie noch da war, und dass er noch ein paar Minuten mit ihr hier liegen und ihrer Stimme lauschen konnte, bevor er aufstehen und sie gehen lassen musste.

„Entschuldigung.“

„Nein, schon gut. Wie spät ist es?“

„Wir müssen noch nicht aufstehen.“

Oh, sie hatte schon wieder seine Gedanken gelesen. Das würde er vermissen.

„Gut“, murmelte er schläfrig und zwang sich, die Augen weit offen zu halten, damit er nicht versehentlich wieder einschlief. Sie war schon fast fort – er konnte nicht die wenigen Momente riskieren, die ihm noch mit ihr blieben.

„Ich will nicht aufstehen“, sagte sie leise, als wäre das nicht offensichtlich, und spielte mit seinen Haaren.

„Ich auch nicht“, sagte er, um überhaupt etwas zu sagen. „Schätze, wir müssen trotzdem.“

„Ja, leider.“

Sie hatten noch nie so geschwiegen: Jetzt, in ihren letzten gemeinsamen Momenten, überkam ihn das seltsame Gefühl, etwas sagen zu müssen, damit alles gesagt war, wenn sie ging, und trotzdem konnte er nicht sprechen, weil es so viel war, das er gerne gesagt hätte, und nichts von all dem wäre schlussendlich genug gewesen.

„Bringt euch nicht in Schwierigkeiten, du und Harry. Beim Aurorentraining, meine ich.“

„Wir doch nicht“, sagte Ron verschmitzt.

„Ich meine das ernst, Ron, ich – passt einfach auf euch auf, ja?“, und als er sie ansah, rutschte das Grinsen beim Anblick ihrer Miene von seinem Gesicht. Er konnte Sorge darin sehen und ein kleines, nur ein kleines bisschen Angst.

„Keine Panik“, sagte er rasch. „Ganz ehrlich, ich glaube, wir sind allmählich aus dem Alter raus, in dem wir jeder Gelegenheit hinterhergerannt sind, unseren Hals zu riskieren“, fügte er hinzu und lachte, als ihre Augenbraue in die Höhe wanderte.

„Du glaubst mir kein Wort, oder?“, fragte er grinsend.

„Nicht mal ansatzweise.“

„Gut, ich nämlich auch nicht.“

Und sie grinste ebenfalls, obwohl dieser ernste Ausdruck noch nicht ganz aus ihren Augen verschwunden war; und als sie sprach, wurde ihm klar, dass sie schon wieder einen neuen Grund gefunden hatte, sich Sorgen zu machen.

„Du wirst doch klarkommen, ja?“, fragte sie leise – jede Spur eines Lachens war aus ihrer Stimme verschwunden.

„Klar“, sagte er prompt und bemühte sich um einen überzeugenden Tonfall, der sogar halbwegs gelang.

Das Gleiche versicherte er ihr später noch einmal, als sie draußen vor dem Fuchsbau auf der alten Holzbank saßen, in einem weiteren letzten Moment, der doch noch nicht ganz der letzte war. Sie glaubte ihm trotzdem nicht.

Dann würde er es ihr wohl beweisen müssen – obwohl er noch keine Ahnung hatte, wie er das anstellen sollte.

„Vielleicht sollten wir einfach hier sitzen bleiben“, sagte sie leise und zeichnete Kreise auf seine Handknöchel. Selbst dort war seine Haut noch gesprenkelt von Sommersprossen.

Später stiegen sie trotzdem ins Auto, dass das Ministerium zur Verfügung gestellt hatte, wie früher.

Keiner von beiden sprach ein Wort, bis sie am Bahnhof waren.


Es wurde kein besonders wortreicher Abschied.

Beide Weasley-Eltern umarmten Hermine flüchtig – Molly etwas beherzter.

„Danke, dass ich bei euch wohnen durfte.“

„Schatz, du bist bei uns immer willkommen.“

„Schreib uns, ja?“, sagte Ginny und löste sich mit einem aufmunternden Grinsen von Hermine, der es mit jeder Umarmung und jedem Abschiedswort schwerer fiel, zu lächeln. Zum Schluss war nur noch Harry übrig, und kurz, bevor sie ihn losließ, drückte sie seine Schulter und flüsterte ihm ins Ohr: „Pass für mich auf Ron auf, ja?“

„Na klar“, flüsterte er zurück und lächelte, als wäre es nichts, obwohl es alles war.

Rons Hand schob sich aus dem Nichts in ihre – er zog sie hinter sich her, und die Gesichter der anderen verschwanden in den Nebelschwaden, während er mit ihr hinter einem Betonpfeiler verschwand, wo sie vor allen Blicken versteckt waren.

„Was – “

„Das hier“, sagte er rasch, lehnte sich gegen den Pfeiler hinter sich und drückte ihr ein Päckchen in die Hand, „ist dein Geburtstagsgeschenk.“

„Dann solltest du es mir nicht jetzt schon geben“, bemerkte sie und stellte Krummbeins Reisekäfig vorsichtig auf dem Boden ab.

„Schon, aber es ist auch dein Abschiedsgeschenk“, erklärte er. „Also musst du nicht warten.“

Hermine strich mit den Fingerkuppen sachte über das scharlachrote Geschenkpapier und sah auf. „Das hast du also mit George im Laden gemacht“, sagte sie, und er grinste.

„Stimmt. Ich hab dir auch noch was in den Koffer gesteckt, aber das kannst du dir heute Abend noch angucken, das ist nur … Mach es im Zug auf, okay?“

„Ja … das hättest du mir aber auch vor allen anderen geben können.“

„Was, denkst du, ich habe keine Hintergrundgedanken?“, fragte er mit hochgezogen Augenbrauen und beugte sich vor, um sie zu küssen.

Das könnte der letzte Kuss sein, das wussten sie beide.

Dieser Gedanke ließ sich nicht vertreiben, so sehr sie auch versuchten, es nicht zu denken, so sehr sie auch versuchten, es noch für einen Moment zu verdrängen – doch durch die Luft gellten die kreischenden Warnpfiffe des Hogwarts-Express, das viel zu laute Ticken der Bahnhofsuhr, die die Sekunden bis zu ihrem Abschied herunterzählte.

Es ist gleich vorbei. Hermine dachte es in aller Deutlichkeit, jedes einzelne Wort, um es zu verstehen, um begreifen zu können, was hier vor sich ging – dass sie gleich in den Zug steigen und davonfahren würde, dass Ron heute Abend im Fuchsbau und sie in Hogwarts sein würde, und dass sie in den nächsten Wochen nicht mehr von ihm haben würde als ein paar Briefe; das, und was auch immer sich in der kleinen Box in ihrer Hand verbarg.

Und es war dieser letzte Moment, der tatsächlich ihr letzter Moment war.

Schlussendlich hatte das Warten und Fürchten ein Ende, schlussendlich hatten sie aufgehört, um diesen Moment, von dem sie die ganze Zeit gewusst hatten, dass er kommen würde, herumzukreisen. Sie waren am Ende angekommen, hatten aufgehört, den letzten goldenen Sekunden hinterherzujagen, weil sie nun das Ende der Spirale erreicht hatten, die letzte kleine Ewigkeit, die sie teilen konnten, bevor der Nebel am Bahnhof sich lichten und den Blick auf ihre verschlungenen Gestalten freigeben würde, bevor die Uhr elf schlagen und sie endgültig trennen würde.

„Hey, ich – nicht weinen, okay?“, sagte er rasch, als sie sich aus dem Kuss gelöst hatten, und klopfte ihr zaghaft auf den Rücken. Er sah nicht so unbekümmert aus, wie er zu klingen versucht hatte. „Es sind nur ein paar Wochen.“

„Es ist ein ganzes Jahr, Ron, und … neun von zehn Fernbeziehungen scheitern“, fügte sie schniefend hinzu.

„Es ist keine Fernbeziehung“, sagte er prompt. „Ich – okay, vergiss das, es ist eine, aber trotzdem. Dann sind wir eben die zehnte.“

„Du musst gut auf sie alle aufpassen“, flüsterte sie in seine Schulter und schlang die Arme fest um seine Taille, damit er nicht auf die Idee kam, sie loszulassen. „Pass auf Harry auf und auf deine Eltern und – “

„Ist ja gut“, beschwichtigte er rasch. „Ich pass auf sie auf, versprochen.“

„Und auf dich“, sagte sie, ohne innezuhalten. „Pass sehr, sehr gut auf dich auf. Versprich mir das.“

Er nickte und wandte sich an Krummbein, der mit missmutiger Miene in seinem Käfig lag. „Und du passt auf sie auf, alles klar?“

Ein weiterer Warnpfiff, länger und drängender als der letzte, zerschnitt die Luft.

„Schätze, du musst los“, murmelte er.

Noch nicht … bitte.

Und sie machten sich trotzdem auf dem Weg zum Zug. Sie traten trotzdem aus dem Schatten, den der steinerne Pfeiler auf sie geworfen hatte, hervor, und blinzelten in das Sonnenlicht, dass den Tag noch nicht gewärmt hatte.

Und sie ließ seine Hand trotzdem los.

Und stieg trotzdem in den Zug.

Das Abteil, in dem sie früher immer zu dritt gesessen hatten, war noch frei, also schlängelte sie sich an den Auroren vorbei und rutschte dort ans Fenster, fast ohne nachzudenken, und legte die Handfläche an die fleckige Scheibe des Zugfensters, dort, wo seine schon auf sie wartete. Sie konnte es nicht einmal über sich bringen, das kleine Fenster herunterzukurbeln und die Hand nach seiner auszustrecken – wenn sie ihn jetzt festhielt, wer wusste, ob sie je wieder loslassen könnte?

„Bis bald“, formten seine Lippen lautlos. Vielleicht hatte er auch gesprochen, aber sie war schon zu weit von ihm entfernt, um es zu hören.


Er konnte selbst durch die schmutzige Scheibe noch sehen, wie sie sich bemühte, nicht zu weinen, und ihre Hand lag noch immer an seiner, getrennt durch nichts als eine schmutzige Fensterscheibe, und als der Zug sich grummelnd in Bewegung setzte wie ein großes, schwerfälliges Tier, überkam ihn für einen Moment der Bruchteil eines Gedanken; er könnte einfach daneben herlaufen, bis sie in Hogwarts angekommen waren, und dann würde alles gut werden.

Und der Zug fuhr trotzdem davon, selbst, als er zu rennen begann.

Geh nicht – bitte, noch nicht.

Der Nebel verschluckte ihr Gesicht.

Zu spät, Ron. Sie ist schon weg.

Der Zug fuhr in eine Kurve.

Er war allein.

Das unheilvoll vertraute, taube Gefühl war in seine Knochen zurückgekehrt. Und diesmal war niemand da, der ihn davor retten würde.


„Lass mich mitkommen.“

„Nein, Ron.“

„Aber du – “

„Das hatten wir doch alles schon besprochen“, sagte sie beschwichtigend und drückte seine Hand. „Ich gehe allein nach Australien, finde meine Eltern und bin im Nu wieder hier.“

„Warum darf ich nicht mitkommen?“

„Weil ich das allein machen muss. Sie sind meine Eltern, und ich hab sie erst dahin geschickt, also … ich finde einfach, das ist meine Aufgabe, verstehst du? Und im Übrigen“, fügte sie leise hinzu, „wirst du im Moment viel dringender hier gebraucht. Deine Familie braucht dich, Ron, und du brauchst sie auch. Du musst auf sie aufpassen, du kannst – du
darfst jetzt nicht einfach weggehen.“

Und warum darfst du das dann?, dachte er und schob die Hände in die Hosentaschen. Warum darfst du einfach gehen, obwohl ich dich genauso brauche, und warum darfst du einfach so tun, als bräuchtest du niemanden?

Er fragte sie nicht. Er hätte es auch lieber nicht gedacht, aber die Gedanken waren da, und wenn er ehrlich mit sich selbst war, gab er ihnen Recht, und trotzdem nickte er nur, willigte ein, sie gehen zu lassen.

„Wenn du wieder da bist … wann auch immer das sein wird – “

„Ich bin bald wieder da, Ron, ja?“, sagte sie rasch, nun offenbar bemüht, gefasst zu bleiben.

„ … du schaust doch dann bestimmt mal im Fuchsbau vorbei, oder?“, schloss er, ohne innezuhalten, und wippte auf den Füßen vor und zurück.

„Ist das … eine Einladung?“

„Wenn du willst.“

„Natürlich will ich.“



„Ist hier noch frei?“

Die verschwommene Stimme erreichte Hermine erst nach einigen Versuchen, und als sie endlich aus ihrer Starre erwachte und den Kopf vom Fenster abwandte, stand Luna Lovegood in der offenen Abteiltür und betrachtete sie mit ihren silbrigen Glubschaugen.

„Ich – ja, komm rein, klar“, murmelte Hermine und löste die Hand von der Fensterscheibe, dachte daran, dass Rons Hand vor ein paar Minuten noch auf der anderen Seite gelegen hatte, und wie er sie angesehen hatte, immer bemüht, zumindest für sie optimistisch zu bleiben, schlussendlich aber wohl genauso verzweifelt wie sie selbst.

Sie hatte die vielen unausgesprochenen Bitten in seinen Augen gesehen. Bitte, bleib doch noch.

„Du bist ganz alleine zurückgekehrt, oder?“, fragte Luna, die sich fragend in dem Abteil umgesehen hatte. Hermine dachte an früher. Versuchte, sich zu erinnern, wie es sich angefühlt hatte, sich auf Hogwarts zu freuen. Versuchte, sich zu erinnern, wie es gewesen war, elf Jahre alt zu sein und nicht zu wissen, was da noch alles auf sie zu kam.

„Ich bin nicht allein“, sagte sie rasch und versuchte ein Lächeln. Zumindest bin ich nicht so allein, wie ich es hätte sein können.

Luna strahlte zurück und widmete sich dem Durchwühlen ihrer Tasche, aus der sie eine Ausgabe des Klitteres hervorzog. „Das ist sehr nett von dir, weißt du.“

Hermine schlüpfte matt lächelnd aus ihrer Jacke, und etwas stürzte dabei zu Boden. Rons Geschenk.

Mach es im Zug auf, okay? Sie konnte jedes einzelne Wort noch hören, obwohl er schon so weit weg war.

Das Päckchen war nicht groß, jede Seite kaum größer als ihre Handfläche, und das scharlachrote Papier war noch warm, so als hätte er es in der Hand gehalten und ihr gerade erst gegeben. Etwas klapperte darin herum, als sie es schüttelte.

Im Innersten fand sie zunächst eine Karte, fast nur ein Zettel, der aussah, als hätte er sich alle Mühe gegeben, ordentlich zu schreiben, und kläglich versagt. Es war nur eine kurze Notiz:

Ich würde 'Happy Birthday' sagen, aber du hast eigentlich noch gar nicht Geburtstag, also lasse ich es sein.

Du hattest ja gesagt, dass du Angst hast, zu vergessen, also vielleicht hilft das ja. Das ganze Ding funktioniert im Grunde ein bisschen wie ein Denkarium. (Und ich hoffe, es funktioniert … )

Also dann – bis zum 53. Tag.

Ron


Sie kannte seine Nachricht bereits fast auswendig, als sie sie endlich beiseite legte und einen neugierigen Blick ins Innere des Päckchens warf.


„Ron“, sagte eine Stimme, zum wiederholten Mal, und er hörte trotzdem nicht zu. „Sie ist weg.“

„Also bitte, wenn du bis Weihnachten hier stehen bleiben willst“, sagte Ginny, die es nun aufgegeben hatte, an seinem Ärmel zu zupfen.

„Keine schlechte Idee“, murmelte Ron.

„Denk nicht mal dran“, sagte Harry, packte ihn an den Schultern und bugsierte ihn in Richtung Absperrung. „Na los, komm jetzt.“


Es war eine Kette.

Sie hing an einem dunkelbraunen Lederband – ein schlichter ovaler Stein, der in der Sonne leuchtete, so, wie die Haare der Weasleys es taten, wenn das Licht darauf schien. Was er gemeint hatte, als er sagte, sie funktioniere wie ein Denkarium, wurde Hermine sofort klar, als sie sie sich umhängte.

Der Sommer war zurück.

Jedes Detail, jede Kleinigkeit, alles, was sie in den letzten Wochen so mühselig in ihrer Erinnerung verstaut hatte, war wieder da, als hätte sie ein Schlupfloch zurück in die sorglose kleine Blase gefunden, die sie und Ron sich geschaffen hatten. Sie konnte es nicht nur sehen, sie konnte es spüren: Das Gras unter ihrer Haut, die Sonne auf ihrem Gesicht, die sanften Schaukelbewegungen der Hängematte, die Schachfiguren, den Regen, das Lied, das sein Radio gestern Abend noch gespielt hatte … und Ron, so deutlich, als säße er neben ihr, als wäre er jetzt wirklich da und nicht nur eine bittersüße Erinnerung, als würde er sich in dieser Sekunde mit ihr zusammen erinnern.

Wenn es doch wirklich wäre.

Wenn sie doch wenigstens aufhören könnte, zu hoffen, dass es wirklich war.

Ein Rucken durchfuhr das Abteil und der Zug blieb quietschend auf den Gleisen stehen. Hermine blickte verstört in Lunas Gesicht und entdeckte dort die gleiche Mischung aus Verwirrung und Angst, während dumpfes Poltern und Schreie wie Wellen durch die Lok schwappten.

Sie hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war; sie hatte sich in den Erinnerungen verloren, die die Kette heraufbeschworen hatte, in dem Gefühl, noch im Fuchsbau zu sein – draußen stand die Sonne tiefer am Himmel, doch sie konnten unmöglich schon angekommen sein.

Während sie und Luna sich alarmiert erhoben, schnellten Hermines Hände automatisch zu ihrer Handtasche, wo sie ihren Zauberstab griffbereit hatte – es war zur Angewohnheit geworden, als sie noch auf der Flucht gewesen waren, es wäre Leichtsinn gewesen, ihn nicht immer bei sich zu tragen, und jetzt, da sie ihn einmal mehr erhoben vor sich hielt, kam sie nicht umhin, einen Stich der Hilflosigkeit zu empfinden, weil sie ihn nie wieder als Waffe hatte gebrauchen wollen.

Was zu ihnen vordrang, war nicht mehr als das Geräusch dumpfer Schritte, der ferne Tumult eines Kampfes, der am anderen Ende des Zuges ausgetragen wurde – und es war ihnen überlassen, hier zu stehen und zu warten, und fiebrig zu hoffen, dass jemand anderes es für sie übernehmen würde, zu kämpfen – dass es ein falscher Alarm war oder dass die anwesenden Auroren die Situation in den Griff bekommen würden, dass die Schüler auf dem Zug sicher in ihren Abteilen saßen, abgeschirmt von dem Schrecken, der sich in just dieser Sekunde auf dem Gang abspielen könnte.

„Potter!“

Und durch die allzu bekannte Angst drängte sich ein Fetzen Logik, etwas, das die Aufregung erklärte: Natürlich, dachte Hermine und hätte fast darüber gelacht, dass sie solange gebraucht hatte, es zu verstehen – es ging nicht um die anderen Schüler, es ging um Harry, und wer auch immer den Zug aufgehalten hatte, hatte zweifellos erwartet, ihn hier zu finden. Die Erleichterung traf sie wie kaltes Wasser: Heute würden ein paar mehr Todesser verhaftet werden, und es würde alles gut ausgehen, denn Harry musste in dieser Sekunde sicher Zuhause in Godric's Hollow sein, oder vielleicht im Fuchsbau – bei Ron – und es konnte niemandem etwas geschehen –

Die Abteiltür, die nur angelehnt gewesen war, schloss sich ruckartig und mit einem lauten Knall – beide Mädchen drängten sich mit wachsam erhobenen Zauberstäben gegen die Wand auf beiden Seiten der Tür, sodass man sie von draußen unmöglich sehen konnte.

„Es wird alles gut“, flüsterte Hermine hektisch, mehr zu sich selbst als zu Luna. „Harry ist nicht hier, und es sind Auroren da, die werden das alles unter Kon–“

Rotes und weißes Licht funkte für eine Sekunde zu ihnen herein, dann war wieder alles still – sie hatten beide vor Schreck die Köpfe eingezogen. Krummbein randalierte fauchend und kratzend in seinem Käfig.

„Kannst du sehen, ob da draußen jemand ist?“, wisperte Hermine, und Luna, die einen besseren Blick auf das Fenster hatte, reckte langsam den Hals und schüttelte dann den Kopf. „Da ist niemand.“

Hermine lehnte den Kopf gegen die Wand und rief sich die notdürftigen Neuigkeiten in Erinnerung, an die sie in Australien gekommen war – seit Voldemorts Untergang hatte es ständig Aufstände dieser Art gegeben, Todesser, die ihre Macht demonstrieren oder Rache üben wollten. Doch das Ministerium hatte überall Auroren stationiert, die, wie auch jetzt, eingreifen konnten, wenn so etwas passierte.

Gut. Es war alles gut.

Ein paar endlose Minuten später pochte es an der Tür, und die Abteiltür öffnete sich. Eine Aurorin stand vor ihnen, den Zauberstab noch in der Hand, doch sie wirkte beruhigt. „Der Zug wurde gesichtert, für euch besteht keinerlei Gefahr. Wir haben fünf Todesser festgenommen, sieben weitere vor ihrer Flucht identifizieren können.“

„Was wollten die hier?“, fragte Luna.

„Es sieht so aus, als hätten sie nach Mr. Potter gesucht“, erklärte die Frau ruhig. Sie hatte dunkle Haut und nicht einmal kinnlanges, schwarzes Kraushaar, das ihren Kopf wie eine Wolke umgab. „Nun, ich schätze, er kann sich ganz glücklich schätzen, dass er sich gegen eine Rückkehr in die Schule entschieden hat.“

„Woher – “, setzte Hermine an, doch die Frau war verschwunden.

Luna plumpste auf ihren Sitz und öffnete abermals ihre wild gemusterte Umhängetasche. „Hier“, sagte sie und kramte ein Stück Schokolade hervor. „Professor Lupin hat die früher immer verteilt … das hilft.“

„Danke“, nuschelte Hermine und machte ein paar wackelige Schritte auf ihren eigenen Platz zu.


Sie musste eingeschlafen sein – jedenfalls schreckte sie hoch, als sie eine schmale Hand auf der Schulter spürte, und Lunas riesige Augen starrten sie aus der Dunkelheit an.

„Hermine, kommst du? Wir sind da.“

Krummbein maunzte beleidigt in seinem Reisekäfig, als Hermine ihn hochhob und sich von den aus dem Zug strömenden Schülerscharen nach draußen in die Nacht treiben ließ. Von irgendwoher rief Hagrids raue Stimme nach den Erstklässlern – das Geräusch war ihr so wundervoll vertraut, dass sie sich den Elfjährigen am liebsten angeschlossen hätte. Stattdessen folgte sie Luna auf dem Weg zu den Kutschen und erschrak abermals, als sie die gewaltigen schwarzen Wesen davor entdeckte – sie hatte vergessen oder verdrängt, dass sie nun imstande war, sie zu sehen.

In der Kutsche lehnte sie müde den Kopf gegen die Scheibe und starrte aus dem Fenster, während sie den kurvigen Weg zur Schule hinauffuhren. Sie war schon so weit weg vom Fuchsbau - dass sie heute Morgen noch dort gewesen und in Rons Bett aufgewacht war, erschien ihr zu schmerzhaft schön, um wahr zu sein.

Über ihr erhob sich Hogwarts als stolze Silhouette aus glimmenden Fenstern aus der Dunkelheit. Es streckte die steinernen Arme nach ihr aus, als wollte es sagen: Willkommen zu Hause.


Doch es war nicht mehr wirklich zu Hause.

Sechs Jahre lang hatte Hermine die Große Halle mit einem geradezu euphorischen Hochgefühl betreten, doch jetzt, da sie unter den tausenden von schwebenden Kerzen am Gryffindor-Tisch saß und Professor McGonagall's Begrüßungsrede lauschte, war das Schloss nicht länger dazu imstande, ihr den erhofften Trost zu spenden, und das wohlige Gefühl der Heimkehr, das bei ihrer Ankunft in Hogwarts sonst immer vorgeherrscht hatte, wollte sich einfach nicht entstellen.

Sie sah sich bekümmert in der sternenerleuchteten Großen Halle um: An den Haustischen klafften überall Lücken, dort, wo die Gefallenen der Schlacht hätten sitzen müssen, oder dort, wo die gesessen hatten, die sich gegen die Rückkehr entschieden hatten. Niemand hatte diese Plätze besetzt – sie saß selbst ein wenig isoliert am Gryffindor-Tisch. Auf Harrys und Rons Fehlen hatten die meisten mit fragenden Blicken und aufgeregtem Getuschel reagiert: Sie alle hatten sich seit der Schlacht trotz sich häufender Anfragen nie zu einem Interview überreden lassen und sich aus der Öffentlichkeit ferngehalten, so gut es eben ging, was nicht unbedingt dazu beigetragen hatte, dass die Gerüchte weniger wurden.

Hagrid winkte ihr mit seiner gewaltigen Hand vom Lehrertisch aus zu, und sie winkte zurück, erleichtert, etwas Vertrautes in dem Chaos zu sehen, zu dem Hogwarts geworden war – es war, als hätte man ein Bild nur notdürftig abgezeichnet, doch die Proportionen waren verschoben, und die Details stimmten nicht. Es hatte sich verändert – überall ein bisschen.

So viele Menschen, dachte sie. Sie dachte an die Schüler, die hier gestorben waren. An die Erstklässler des letzten Jahrgangs, die nie hatten herkommen dürfen, oder die, die Hogwarts nur als Ort des Terrors kennengelernt hatten. An die, die nicht zurückkehren wollten, weil es schlussendlich doch nicht mehr wirklich Hogwarts war.

Ich könnte jetzt zu Hause im Fuchsbau sein, dachte sie dann.

Gegenüber dem Lehrertisch, am anderen Ende der Großen Halle, war ein gewaltiger Traueraltar aufgebaut worden – sie und Luna sahen ihn sich nach dem Essen genauer an, als sich die Halle ein wenig geleert hatte. Über einer Galerie von Fotos der Gefallenen hingen die vergoldeten Lettern 'In Memoriam', und zwischen den Bilderrahmen waren kleine Geschenke verteilt, Beileidsbriefe, schriftlich festgehaltene Erinnerungen, Kerzen, Lichter, Blumen: Und all das starrte Hermine anklagend an, weil sie nichts, gar nichts bei sich hatte, das ihre Trauer ausdrücken könnte.

Bist du nun eine Hexe oder nicht?, fragte Rons Stimme amüsiert in ihrem Kopf, und sie griff, beinahe lächelnd, nach ihrem Zauberstab.

Luna hatte aus der Tasche ihres Rockes ein paar trockene, gepresste Blütenblätter gezogen, rund geschliffene, bunt gemusterte Steine und kugelrunde Teelichter, die sich selbst entzündeten, als sie sie losließ. Hermine vervielfältigte ihr Marmeladenglas voller bläulicher Flammen und stellte die Lichter an die wenigen noch freien Stellen.

„Schau mal, da sind Harrys Eltern!“, sagte Luna plötzlich und deutete auf ein altes Foto. Das Paar darauf sah jung und glücklich aus – sie trugen beide ihre Hogwarts-Uniformen, der Schwarze See glitzerte im Hintergrund, und der Finger des Fotografen ragte leicht ins Bild. Nicht weit von ihnen stand ein Bild von Lupin und Tonks, zweifellos auf ihrer Hochzeit; Colin Creevey als strahlender Erstklässler zeigte der Kamera voller Stolz das brandneue Gryffindor-Wappen auf seinem Umhang; in einem kreisrunden Bilderrahmen steckte ein kleines Bild von Dobby, und neben ihm unzählige andere Hauselfen, die in der Schlacht gekämpft hatten.

Hermine wandte sich ab; sie wollte sich das nicht ansehen müssen, oder zumindest nicht jetzt. Jedes dieser Bilder war nur ein weiterer Beweis dafür, wie viele Opfer der Krieg gefordert hatte; sie wollte keine weiteren bekannten Gesichter sehen, und ganz besonders wollte sie Fred nicht irgendwo unter den Hunderten von Fotos entdecken, damit sie nicht an Ron denken und sich fragen musste, ob es ihm gut ging.


Im Schlafsaal der Gryffindor-Mädchen herrschte bedrückende Stille, die nur durch Krummbeins missgelauntes Maunzen und das ferne Ticken eines Weckers unterbrochen wurde. Niemand war hier: Hermine stand allein im Zentrum des kreisförmigen Turmzimmers, zwischen den robinroten Himmelbetten, die, wie alles andere hier auch, ordentlich und unberührt dalagen, als erwarteten sie die Ankunft ihrer Bewohnerinnen.

Das hier ist dein Zuhause.

Oder jedenfalls war es das mal.

„Ich bin gerne hier, hörst du?“, sagte sie streng an Krummbein gewandt, der eingerollt auf der Bettdecke lag und nicht so aussah, als würde ihn das interessieren. „Es war meine Entscheidung, ob ich zurückkomme, also muss ich wohl gerne hier sein, und wenn nicht, dann habe ich zumindest kein Recht, mich zu beklagen. Ich will gerne hier sein“, fügte sie leise hinzu.

Krummbein betrachtete sie gleichgültig aus seinen gelben Augen und nahm ihre Existenz erst wieder zur Kenntnis, als sie in auf das Kopfkissen schob und er tödlich beleidigt miaute. Dann sah er ihr zu, wie sie ihren schweren Koffer auf die Matratze hievte und klickend die Verschlüsse öffnete, und wäre er ein Mensch gewesen, hätte er vermutlich die Stirn darüber gerunzelt, dass sie nun stocksteif davor stand und keinerlei Anstalten machte, mit dem Auspacken zu beginnen.

„Oh mein Gott“, flüsterte sie. „Guck dir das an, Krummbein. Guck dir das an.“

Krummbein konnte nicht verstehen, warum seine Besitzerin so glücklich über ihren Fund war. Hermine jedoch streckte nach einem langen Moment des Zögerns die Hand danach aus und vergrub, halb lachend, halb den Tränen nahe, die Nase in dem dicken Stoff und seinem viel zu vertrauten Geruch.

„Oh, du Spinner“, flüsterte sie. „Ich liebe dich.“


Ein paar Stunden später lagen sie beide dicht nebeneinander eingerollt und unentwegt ins Feuer starrend auf dem rubinroten Sofa im Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Alle anderen waren längst zu Bett gegangen, und obwohl die Müdigkeit sich schon zu ihr heranschlich, hatte Hermine sich entgegen jeder Regel nicht aufgerafft, um in ihr Himmelbett zu klettern. Sie blieb liegen, wo sie lag, mit Krummbein neben sich, den orangeroten Stein ihrer Kette fest in der Hand, und die schmale Gestalt halb vergraben in einem viel zu großen, kastanienbraunen Pullover, der noch nach Sommer roch.

--
Ich habe beim letzten Korrigieren noch mindestens zehntausend Tippfehler rausgeangelt, aber wahrscheinlich habe ich noch viel mehr übersehen, also sagt Bescheid, wenn ihr was findet.
Und eifrig Kommis schreiben nicht vergessen! :)


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
DVD: Game of Thrones - 4. Staffel
[DVD] [Blu-ray]
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Robert Pattinson ist die Rolle Cedrics praktisch auf den Leib geschrieben; er ist ein typischer Engländer mit dem attraktiven, gut geschnittenen Gesicht eines Privatschulzöglings.
Mike Newell