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Fanfiction

Nach dem großen Krieg (H/G) - Inseln

von Jessica21

Da bin ich wieder! Es hat ein bisschen länger gedauert, als ich erwartet oder gehofft hatte - ich wurde gelegentlich dazu verdonnert, am Real Life teilzunehmen. ;) (Ist es Ironie, dass ich Urlaub immer als die anstrengendste Zeit des Jahres empfinde? Wir sind noch nicht mal eine Woche in Frankreich und ich bin schon völlig platt. Und ich komm zu nix!)
Nachträglich wünsche ich euch allen noch einen schönen ersten - wo zur Hölle ist mein Hogwarts-Brief abgeblieben? - September! *bergeweise trostschokolade vertilg*

Ein schnelles Re-Kommilein geht an Harry+Ginny in love: Ich brauche normalerweise Monate für ein Kapitel, glaub mir - aber im Moment habe ich Sommerferien, also viel, viel Zeit, und außerdem würde ich Hermine gerne noch nach Hogwarts zurückschicken, bis ich selbst wieder die Schulbank drücken muss. (Und das ist nur noch eineinhalb Wochen hin! Merlins Unterhose!) Deswegen drücke ich im Moment ein bisschen auf die Tube. Aber das ist absolut außerhalb der Regel, und ich persönlich finde, ein Kapitel braucht ein bisschen Zeit, wenigstens in meiner Fantasie Gestalt anzunehmen, bevor ich es auf Papier bannen kann. Und wenn die Schule wieder anfängt, werden leider auch die zeitlichen Abstände zwischen den Kapiteln wieder länger werden.



Inseln


"So we soar luminous and wired
We'll be glowing in the dark"


Charlie Brown - Coldplay




Man gewöhnt sich daran.

Das waren Ginnys Worte gewesen; und während die Tage oder vielmehr Nächte unverändert voranschritten, begann sie unbewusst, ihnen gerecht zu werden. Es war die Wahrheit, das wusste sie, die Wahrheit in ihrer vielleicht hässlichsten Form: denn so bitter und kalt es auch klingen mochte, man konnte lernen, mit allem zu leben. Machte es die Sache besser, weniger schmerzhaft? Nein. Konnte man lernen, es zu ertragen? Ja.

Also lernte sie, die schlaflosen Nächte zu ertragen.
Und irgendwie ging es auch. Es machte die Sache nicht weniger furchteinflößend, noch verringerte es ihr nagendes Schuldbewusstsein, wenn sie in Harrys schlaftrunkenes Gesicht sah, doch es ließ sich irgendwie ertragen, war wie ein beständig wachsendes Unkraut zu einem Teil des Alltags in Godric's Hollow geworden: Mitten in der Nacht mit hämmerndem Puls hochzuschrecken und dabei Harry mit aus dem Schlaf zu reißen, ohne es zu wollen, und sich danach in seine Arme zu flüchten, hin- und hergerissen zwischen der Erleichterung, die es bedeutete, in diesen Momenten jemanden zum Anlehnen zu haben, und dem Wunsch, niemanden zum Anlehnen zu brauchen; das schlaftrunkene Gemurmel – versuch zu schlafen, ich liebe dich auch, es wird alles gut – während sie auf den Schlaf warteten; die immerwährende Müdigkeit, die jeden Schritt, jedes gesprochene Wort so unendlich mühselig machte; all das ließe sich irgendwie ertragen, wenn es sein musste.

Doch all das war nicht ihr Problem – nicht wirklich.
Es war, wie sie gesagt hatte, nur eine Nebenwirkung, denn das Problem, das wirkliche Problem, war Fred, und das eingefrorene Lachen auf seinem leblosen Gesicht, das sich jede Nacht aufs Neue in ihr Gehirn brannte, jedes Mal das gleiche, grausam vertraute Bild; und das war es, das die ganze Sache so unerträglich machte, denn an diesen Anblick, das wusste sie, würde sie sich niemals gewöhnen können.

Sie war gefangen in einem Teufelskreis, den sie sich selbst geschaffen hatte; hin- und hergerissen zwischen den Träumen, die jede Bewegung in Richtung Zukunft lähmten, und ihrem eigenen, krankhaften Wunsch, endlich in diese Richtung zu gehen. Eingesperrt in der Suche nach einem neuen Kapitel, ohne das alte beenden zu können. Und je öfter sie sich einredete, dass diese Wunden Zeit brauchen würden, um zu heilen, desto verzweifelter wünschte sie, es wäre schon soweit – und dann ertappte sie sich manchmal bei dem Gedanken, dass es vielleicht niemals soweit sein würde.

Neben allem anderen rückten die ersten Probespiele bei den Holyhead Harpies bedrohlich näher, und obwohl sie sich darin den so dringend benötigen Neuanfang erhoffte, der vielleicht helfen könnte, mit Freds Tod abzuschließen, oder sich wenigstens ein Stückchen Alltag zurückzuerobern, so begannen sie doch nagende Zweifel zu befallen – sie hatte seit Wochen nicht mehr durchgeschlafen, wandelte wie ein Geist umher. Dass sie in diesem Zustand Quidditch spielen konnte, und gut genug, um eine reelle Chance zu haben, das glaubte sie im Moment nicht einmal sich selbst.

Dabei war sie so dringend auf einen Neuanfang angewiesen, irgendetwas, woran sie sich festhalten konnte, das sie vorwärts trieb; sonst würde sie zwangsläufig ertrinken.

Irgendwo da draußen war ihre Zukunft, und sie schien nicht imstande, danach zu greifen, obwohl das alles war, was sie wollte; sie konnte nur den endlos langen Weg der Trauer beschreiten, in der Hoffnung, dass es irgendwann vorbei sein würde, obwohl sie gehofft hatte, dass es das schon war – doch noch war sie eine Nichtschwimmerin auf offener See, unfähig, das Ufer zu sehen, und alles, was sie tun konnte, war es, sich selbst die Inseln zu schaffen, die sie brauchte, um gelegentlich nach Luft schnappen zu können.

Der Juli schleppte sich zäh und mühselig dem Ende zu, ohne auf ein Zeichen von Veränderung oder einer einzigen albtraumfreien Nacht. Wie alles Seltene war auch der Schlaf ein kostbaren Gut geworden; und wie alles Kostbare kam auch er mit einem hohen Preis einher, gerade jetzt, wo sie ihn am nötigsten hatten. Doch sie waren beide nicht gewillt, schon aufzugeben; nicht, solange es eben geradeso zu ertragen war.

Also schufen sie sich die Inseln, die sie brauchten, und Harrys Geburtstag würde eine davon sein; sicherlich war es nur ein Geburtstag, es war Harry selbst gewesen, der sie gebeten hatte, keine allzu große Sache daraus zu machen, und dieses Gefallen tat sie ihm gerne – doch sie konnte es nicht ganz verhindern, dass sie anfing, sich an diesem Tag ein wenig festzuklammern, je näher er rückte. Schlussendlich war sie nicht die Einzige, die ein paar Stunden Glück gut gebrauchen könnte.

Und so schlug sie auch am Freitagmorgen tapfer die Augen auf, rollte sich ächzend an seine Seite und schlang einen Arm um seinen Bauch, um ihn zu wecken. Es war fast elf Uhr – doch das war schon zu einer geradezu normalen Uhrzeit geworden. Meistens standen sie noch später auf.

„Harry“, flüsterte sie ihm ins Ohr und drückte die Nase zwischen seine Schulterblätter, während er unwillig murrte und sich auf den Bauch drehte. „Aufwachen.“

„Ich denk nicht dran“, nuschelte er in sein Kissen.

„Du hast Geburtstag“, erinnerte sie ihn beiläufig, in ihrem unbeschwertesten Tonfall, obwohl das Wissen, dass seine Müdigkeit eigentlich ihre Schuld war, ihr kleine Nadeln in den Bauch grub.

Er brummte noch einmal vor sich hin, hob schlussendlich aber doch den Kopf und blinzelte verschlafen gegen das Sonnenlicht, das durch das Fenster hereinströmte wie ein Schwall warmes Wasser. „Das hatte ich vergessen.“

„Man merkt's.“

Er gab ein undeutliches Schnaufen von sich und sackte neben ihr zurück in sein Kissen. Ginny grinste unwillkürlich. „Happy Birthday, Harry.“

Ein hellgrünes Auge blinzelte sie an, als er den Kopf drehte und sie ansah. „Danke“, sagte er leise. „Wie hast du geschlafen?“

„Gut“, sagte sie mechanisch, und ihr Lächeln wich einer einstudierten Grimasse. Seine Augenbraue wanderte in die Höhe.

„Du weißt, wie ich geschlafen habe“, sagte sie missmutig. „Nämlich gar nicht. Du hast es doch mitbekommen.“

„Ginny –“

„Nicht heute, okay?“, unterbrach sie ihn, nun in einem sehr viel sanfteren Tonfall, und drückte seine Hand. „Gönn uns einen glücklichen Tag, ja?“



„Also wen genau“, sagte er ein paar Stunden später, als sie im Wohnzimmer auf die ersten Gäste warteten, „hast du eingeladen?“

Ginny schien noch dabei zu sein, sich eine schlagfertige Antwort auszusuchen, doch das Kaminfeuer nahm ihr diese schwere Entscheidung ab, indem das Feuer plötzlich heftig zu flackern begann und sich smaragdgrün verfärbte.

„Neville zum Beispiel“, sagte sie überflüssiger Weise, während besagter Gast aus dem Kamin hüpfte, und Harry sprang strahlend auf.

„Nett habt ihr's hier“, sagte Neville, als er sich aus den Umarmungen der beiden losgemacht und sich umgesehen hatte. „Ist aber ein bisschen groß für zwei, oder?“

„Man gönnt sich ja sonst nichts“, erwiderte Ginny leichthin. „Und alles Gute dir, du hattest gestern Geburtstag!“

Ron und Hermine waren die Nächsten, die ankamen; sie umarmten Harry beide gleichzeitig, und Harry ließ sie mit einem seltsamen Gefühl wieder los – es kam ihm mit einem Schlag alles so seltsam vor, hier zu sein und zu lachen und Witze zu reißen und sich wie ein vollkommen unbeschwerter und glücklicher (und ausgeschlafener) Mensch zu verhalten; doch es war ein gutes Seltsam, ein Seltsam, das ihm nur allzu willkommen war und das er festhalten würde, solange er nur konnte.

„Fehlt jetzt noch jemand?“, fragte er Ginny eine Viertelstunde später, als sie alle draußen im Garten saßen – sämtliche Weasleys waren aufgetaucht, sogar George, dann waren Andromeda und Teddy aus dem Kamin gestiegen sowie ein paar alte Schulfreunde, darunter Seamus, Dean und Luna, und allmählich wunderte er sich, wer noch fehlen mochte, denn Ginny schien immer noch auf jemanden zu warten, sie verriet ihm aber nicht, auf wen.

„Das hörst du dann“, sagte sie nur, und bevor Harry noch weitere Fragen stellen konnte (die ihm zuhauf auf der Zunge lagen), ertönte tatsächlich ein lautes und seltsam vertrautes knatterndes Geräusch, und als sich die Blicke der Anwesenden kollektiv der Straße zuwandten, bretterte ein gewaltiges Motorrad auf sie zu und blieb quietschend und knarzend vor der flachen Mauer stehen, die den Garten säumte.

Harry drehte sich sprachlos zu Ginny um, doch sie grinste nur verschmitzt vor sich hin und tat so, als könnte sie ihn nicht sehen. „Du hast Hagrid eingeladen?“

„Quatsch, er war nur zufällig in der Gegend“, sagte sie und rollte demonstrativ mit den Augen.



Es wurde einer der schönsten Nachmittage seit Langem, und Harry bemerkte, wie zunehmend der Gedanke an das mysteriöse Geschenk, das er erhalten sollte, in seinem Kopf nach hinten rückte und einer angenehmen, schwebenden Sorglosigkeit Platz machte, während er sein drittes Stück Siruptorte (zweifellos Mollys Werk) verdrückte und dem gedämpften Gelächter, den unbeschwerten Unterhaltungen lauschte, die durch den Garten schwebten.

„ … jedenfalls meinte Neville, er würde jetzt doch nicht nach Hogwarts zurückgehen, und stattdessen im Ministerium – “

„Du gehst nicht zurück?“, fragte Hermine und beugte sich vor, um zu Neville hinübersehen zu können.

„Ich hatte es mal vor“, sagte Neville und legte seine Gabel weg, „aber dann dachte ich, das ist es nicht wert.“ (Hermine sah gänzlich entsetzt drein.) „Und ich fang wahrscheinlich im Aurorenbüro an oder so was –“

„Dann sehen wir uns da“, grinste Ron.

„Wer von euch geht denn zurück?“, fragte Hermine, die neben ihm saß, in die Runde und sah sich hoffnungsvoll um. „Irgendjemand?“

„Ich“, sagte eine nebulöse Stimme und Luna hob von der anderen Seite des Tisches her die Hand. Hermine lächelte sie an, offensichtlich erleichtert.

„Seid ihr alle satt?“, mischte Ginny sich ein. „Wenn ja, dann wäre es allmählich Zeit, Geschenke auszupacken. Wenn ihr doch noch Hunger habt, packen wir jetzt trotzdem Geschenke aus.“

„Ich dachte, es war nur ein Geschenk?“, fragte Harry grinsend.

Eine Antwort bekam er zwar nicht, dafür saß er zwei Minuten vor einem gewaltigen rechteckigen Paket, eingepackt in glänzendes rotes Geschenkpapier – darunter schien sich ein Karton zu verbergen.

„Los, aufmachen!“, drängte Ron grinsend, löste seinen Arm von Hermines Schultern und hüpfte auf den Tisch, um bessere Sicht zu haben.

Harry lächelte verschmitzt vor sich hin, während er sich mit zunehmender Aufregung an dem Geschenkpapier zu schaffen machte, wohl wissend, dass jedes anwesende Augenpaar auf ihn gerichtet war. Als schlussendlich die Verpackung in Fetzen auf dem Rasen verstreut war, schlitzte er den Karton an den Seiten mit dem Zauberstab auf und hob den Deckel.

Und was da unter der festen Pappe zum Vorschein kam und im Licht der Nachmittagssonne rötlich schimmerte, verschlug ihm für ein paar Sekunden vollständig den Atem. Seine Hand schwebte einen kurzen Moment darüber, dann schloss er mit einem euphorischen Ziehen in der Magengegend die Finger um den polierten Mahagoni-Stiel, und obwohl es tausend Jahre her zu sein schien, hätte er einen Wimpernschlag lang wieder jener elfjährige Junge sein können, der seinen ersten Besen in der Hand hielt.

„Das war deine Idee?“, fragte er und sah zu Ginny auf, während er den Nimbus 2000 aus dem Karton hob und sich gleichzeitig darüber wunderte, dass seine Stimme so leise war. Er hatte das Gefühl, er müsste sich ein größeres Gesicht zulegen – sein Lächeln schien darauf einfach keinen Platz zu finden.

„Die anderen haben alle mitgeholfen“, sagte sie rasch. „Ich hätte ihn mir alleine nicht leisten können und – “

Sie brach ab, als Harry, den Besen noch immer in der Hand, mit großen Schritten auf sie zuging und sie stürmisch in die Arme schloss.

„Schon gut, schon gut!“, strahlte sie, ihre Stimme leise und gegen seine Schulter gedämpft, dass nur er allein sie hören konnte, doch er dachte noch lange nicht daran, sie wieder loszulassen – das war ihm im Moment herzlich egal, und es war ihm auch egal, dass alle anderen noch daneben standen und ihnen zusahen, und dass Ron deutlich vernehmbar „Nehmt euch'n Zimmer“ brummte – er war seit Monaten nicht mehr so glücklich gewesen wie jetzt, und das hatte er einzig allein ihr zu verdanken, und er würde diesen kleinen, schwebenden Moment der Glückseligkeit auskosten, so lange er nur konnte.



Gegen Abend machten sie sich zusammen auf den Weg in den Fuchsbau, um dort zu Abend zu essen, und lieferten sich anschließend, gut versteckt unter ein paar Muggelabwehrzaubern, eine Quidditchpartie im Garten der Weasleys. Sie spielten ohne Sucher und Hüter, zwei gegen zwei – Harry und Ron gegen Ginny und Bill – während Hermine vom Erdboden her zusah und (mit unverhohlenem Desinteresse) die Tore zählte, die sie durch die Bäume schossen.

Harry hatte das Fliegen selten so genossen wie jetzt, nicht nur, weil sein letztes Spiel so unendlich lange her zu sein schien. Der Nimbus reagierte auf jede von Harrys Bewegungen, wie er es vor Jahren schon getan hatte – und Harry erwischte sich dabei, wie er abseits des eigentlichen Spiels kleine Kreise und Schlangenlinien durch die Luft flog, aus purer Freude darüber, wie vertraut ihm sein Besen nach all der Zeit noch vorkam, und als es zum Spielen zu dunkel wurde, kehrte er nur äußerst widerwillig auf den Erdboden zurück.

Spät am Abend wurde er plötzlich von Arthur zur Seite genommen und ohne weitere Erklärungen um den Fuchsbau gelotst.

„Wir haben da noch eine Kleinigkeit für dich“, sagte Arthur und lächelte ihn durch seine Brille an – und wer 'wir' war, das begann Harry zu dämmern, als sie sich dem Geräteschuppen der Weasleys näherten, der neben Hagrids massiver Gestalt beträchtlich kleiner wirkte als sonst.

„Arthur hat's für dich repariert“, brummte Hagrid und hieb ihm heftig auf den Rücken. „Dachte, das könnte dir gefallen.“

Harry trat mit fragend hochgezogenen Augenbrauen in den niedrigen Schuppen, und während sich seine Augen noch an das schlechte Licht gewöhnten, konnte er zwischen altem Gerümpel (verschiedene alte Autoteile, ein Arm voll ineinander verhedderter Kabel und ein paar staubige Glühbirnen) die Silhouette von etwas ausmachen, das unter einer dicken, grauen Decke versteckt war. Staub und Dreck drang ihm in Nase und Augen, als er es herunterzog von was auch immer darunter verborgen sein mochte – und nach ein paar Sekunden kam entgegen jeder Erwartung ein altes, aber frisch aufpoliertes und repariertes Motorrad zum Vorschein.

„Du erinners' dich dran, nich'?“, rief Hagrid, der schlichtweg zu groß war, um mit hereinzukommen, durch die Tür. „Hat Sirius gehört, und benutzt hat's ja eh keiner mehr, also dachten wir, du solltest es haben.“

Harry legte mit einem fast wehmütigen Gefühl eine Hand auf den lederbezogenen Sattel und strahlte sie beide an, zum zweiten Mal an diesem Tag unfähig, seiner Dankbarkeit Worte zu verleihen. Er hatte keine Ahnung, ob er das Motorrad selbst jemals benutzen würde – jedenfalls hatte er im Moment noch keine Idee, wofür – doch er wusste, dass James und Sirius darauf unzählige Male unterwegs gewesen sein mussten (und vermutlich auch so manches Mal in Schwierigkeiten geraten waren), und das war alles, was ihn interessierte.



Zwei Arten von Trauer gibt es, dachte sie, als sie aus dem Schlaf zuckte und das Gesicht in ihr Kopfkissen drückte. Die Art von Trauer, die ein paar glückliche Erinnerungen zuließ. Trauer, mit der man irgendwie leben konnte.

Und dann gab es die Trauer, die alles andere zur Vollkommenheit in sich ertränkte.

Trauer, an der man ganz langsam zerbrach.

„Harry“, nuschelte sie – kaum vernehmbar, doch völlig ausreichend, um ihn zu wecken.

„Hast du geträumt?“, hörte sie ihn flüstern, und sie nickte kaum merklich, schlichtweg zu müde, um zu weinen oder auch nur eine Gefühlsregung zu zeigen, obwohl sie das immer wiederkehrende Bild von Freds leblosem Gesicht in ihrem Kopf wie körperliche Schmerzen empfand. Seit sie begonnen hatte, von ihm zu träumen, hatte sie ihn nicht ein einziges Mal lebendig gesehen.

Wann immer es zu schlimm geworden war, zu schwer, um ganz alleine damit klarzukommen, hatte sie, wenn schon nicht mit ihrer Familie, wenigstens mit Harry über ihn sprechen können, selbst, als er noch nicht gewusst hatte, dass es sie selbst im Schlaf verfolgte. Sie hatte im Rahmen solcher Gespräche immer von einem lebendigen Fred gesprochen. Nur in ihrem Kopf war er weiterhin tot, sein Gesicht blass und kalt unter dem tiefschwarzen Sternenhimmel der Großen Halle.

Wenn wenigstens das aufhören würde, dachte sie, dann wäre das alles vielleicht ein bisschen einfacher. Ein bisschen leichter zu ertragen.

„Tut es weh?“, flüsterte er gegen ihren Nacken und schlang einen Arm um sie, um nach ihrer Hand zu greifen und sie zu drücken, so fest er nur konnte. Sie klammerte die Finger heftig um seine, bis ihre Knöchel weiß hervortraten, und schloss für einen kleinen, ohnmächtigen Moment die Augen, froh, dass seine Anwesenheit das Gefühl, zu ertrinken, ein wenig linderte.

„Jeden Tag.“

Sie wusste so gut wie er, dass er diese Frage nicht hätte stellen müssen, und dass es ihm in erster Linie darum gegangen war, sie zum Reden zu bewegen. Er wartete immer noch darauf, dass sie sich ihm vollständig öffnete, ohne zu verstehen, dass es schlichtweg nichts mehr gab, dass sie ihm noch offenbaren konnte; und dass es nie so weit gekommen wäre, wenn es nach ihr gegangen wäre.

Sein raues, tröstliches Gemurmel erreichte sie wie durch eine Watteschicht, schleierhaft und undeutlich durch die Mauer aus Müdigkeit, die sie vollständig umgab, und ebenso benommen nahm sie den Schmerz wahr, der jeder Zelle ihres Körpers innewohnte – könnte sie doch wenigstens weiterleben, ohne mit jedem Schritt an Fred erinnert zu werden. Sie hatte nie zulassen wollen, dass es vollständig von ihr Besitz ergriff – und jetzt beschlich sie der Gedanke, dass es das vielleicht schon längst getan hatte.

Wäre doch wenigstens noch ein wenig Platz in ihrem Leben, um glücklich zu sein.

„Was würde denn helfen?“, fragte Harrys Stimme leise in ihrem Ohr.

Sie drehte sich ein Stück in seine Richtung und starrte die Decke an. „Er soll einfach aufhören, tot zu sein.“

Etwas in seinen Augen veränderte sich; und als er antwortete, war seine Stimme ganz leise. „Würdest du ihn zurückholen? Wenn du könntest?“

„Keine Ahnung, ich – es gab Sachen, die ich noch gerne gesagt hätte. Und er – “ Sie rang ziellos die Hände. „Ich will ihn gar nicht zurückholen, weil ich weiß, dass das nicht geht, ich will nur – ich will nur, dass er gar nicht erst gestorben ist. Was keinen Sinn ergibt. Aber egal.“

Er hatte nicht aufgehört, sie zu beobachten, und nickte nur langsam vor sich hin.

„Du fragst wegen deinen Eltern, hab ich Recht?“, sagte sie leise. „Weil du sie zurückgeholt hast, damals im Wald?“ Er hatte ihr all das irgendwann erzählt.

„Es ist nur … also, ja“, sagte er, „ich will nur, dass du – sie wussten damals alles, was mir passiert war. Ich musste gar nichts sagen. Also – nur, dass du … was auch immer du sagen wolltest, er wird es wissen. Ich sag ja gar nicht, dass er – dass er jetzt im Himmel ist oder was auch immer – aber er ist definitiv nicht einfach verschwunden. Da bin ich mir sogar ziemlich sicher.“

Sie hatte nicht bemerkt, dass seine Hand zu ihr herüber gerutscht war, und griff nun umso heftiger danach, als wäre er ein lebensrettender Anker. „Ich hab das Gefühl, die ganze Welt steht still. Schätze, deswegen sind mir die Harpies-Spiele so wichtig.“

„Weil das … ein Neuanfang sein könnte?“

„Hm-hm.“

„Und würde es gegen das Träumen helfen? Wenn du das Gefühl hättest, dass es – weitergeht?“

„Keine Ahnung“, murmelte sie und strich mit den Fingerkuppen über die Venen auf seinem Handrücken. „Vielleicht schon. Weißt du, ich – ich dachte am Anfang, es sei einfach meine Art, zu trauern oder was auch immer. Aber das glaube ich nicht, jedenfalls nicht mehr. Vermutlich würde es wirklich besser werden, wenn ich … irgendwas hätte, dass mich vorwärts treibt. Wenn ich was zu tun zu hätte. Vielleicht wär’s dann einfacher. Keine Ahnung.“

Sie richtete sich ächzend auf und kletterte, ohne auf seinen verwirrten Gesichtsausdruck zu achten, aus dem Bett und wankte zur Tür. „Bin gleich wieder da.“

Sie hatte die Phiole im Fuchsbau stibitzt, als alle anderen noch beim Essen gewesen waren, denn wenn sie danach gefragt hätte, wäre sie in Erklärungsnot geraten. So jedoch wusste niemand, und würde niemand erfahren, dass eine kleine, verkorkte Ampulle in ihrer Jackentasche versteckt war, die eine Nacht Frieden bedeuten würde. Eine Nacht tiefer, traumloser Schlaf.

„Ginny?“

Das Fläschchen fiel mit einem hellen Klonk auf den Boden und kullerte um ihre Füße.

„Willst du mich eigentlich“, sagte sie schwer atmend und drehte sich zu ihm um, „zu Tode erschrecken?“

„'Tschuldigung.“

Harrys Silhouette formte sich aus der Dunkelheit wie aus flüssigem Metall gegossen, und als die Treppe hinunter kam, war sie insgeheim dankbar, dass sie sein Gesicht nicht sehen konnte – und er nicht ihres.

Eine Ewigkeit schien zu vergehen, bis er endlich bei ihr angekommen war und sich bückte, um die kleine Glasampulle vom Boden aufzuheben, dessen violetter Inhalt im Mondlicht schimmerte. Ein langer Moment der Stille trat ein.

„Wie lange?“

„Was?“

„Wie lange nimmst du's schon?“ Es war keine Wut in seiner Stimme, und wenn sie da war, dann hatte er sie gekonnt versteckt, doch Ginny hörte nur die Verständnislosigkeit. Und die Sorge.

„Ich hab's noch gar nicht genommen“, sagte sie und zog ihm den Trank kommentarlos aus der Hand. „Reg dich ab.“

„Ich hab mich gar nicht aufgeregt! Aber du – du weißt, dass das keine Lösung ist, oder?“

„Natürlich.“

„Warum machst du's dann?“

„Weil ich – hör zu, ich weiß, dass es nichts ändern wird!“, sagte sie heftig, weil sie keine Lust hatte, sich zu rechtfertigen. „Aber die Harpies-Spiele stehen kurz bevor, und wenn ich nicht gleich am ersten Tag vom Besen fallen will, dann muss ich vorher wenigstens ein bisschen Schlaf bekommen. Also hör auf, mich so anzugucken, du bist ja nicht derjenige, der die Albträume hat.“

„Ich – das stimmt, und es ist vermutlich nichts gegenüber dem, was du im Moment durchmachst … aber Albträume, Ginny, hab ich auch schon gehabt, und ich will nur nicht, dass – wenn du damit einmal anfängst, kannst du vielleicht … nicht wieder aufhören.“

„Ich werde wieder aufhören“, sagte sie ruhig. „Das kann ich dir sogar versprechen, glaub mir. Aber hast – hast du eine Ahnung, wie wichtig diese Spiele für mich sind? Und ich weiß, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ich überhaupt in die engere Auswahl komme, ziemlich gering ist, aber ich – ich will's wenigstens versuchen, ja?“

Die Welt schien für einen kleinen Moment stillzustehen, bis er schlussendlich nickte. Jetzt, wo er so nahe bei ihr stand, sah er fast ein wenig traurig aus.

„Auf dein Wohl“, sagte sie leise und entkorkte die Phiole, mit einem dumpfen, brennenden Gefühl in der Magengegend, weil sie nicht hatte streiten wollen. Nicht mit ihm. Und nicht ausgerechnet an seinem Geburtstag.

Kaum, dass die Flüssigkeit ihre Kehle hinuntergeronnen war, überrollte sie ein wohliges, betäubendes Gefühl von Schläfrigkeit, und sie nahm nur aus dem Augenwinkel war, dass Harry ihr langsam folgte, während sie benommen die Treppe hinauftapste und zurück unter ihre warme Bettdecke kroch. Der lang ersehnte Schlaf übermannte sie, bevor sie ein weiteres Wort sagen konnte.

Die Welt drehte sich weiter. Sie mussten nur lernen, es ebenfalls zu tun.

--

Ich werde jetzt an den Strand verschleppt. Schüssi!


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Hoch motivierte Angestellte vergessen morgens aus der S-Bahn auszusteigen, weil sie unbedingt das Kapitel zu Ende lesen müssen. Seit die Potter-Bücher auch in den Chef-Etagen aufgetaucht sind, häufen sich im Management die plötzlichen Krankmeldungen.
Meike Bruhns, Berliner Zeitung