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1 Moment - 5 Orte - Laila -4- Das silberne Messer

von HauselfeLilian

Die schweren Flügel des Tors öffneten sich knarrend und gaben den Blick auf das Torhaus frei. In der Mitte des Torhauses stand eine alte Frau in dahliengelbem Kleid. In ihr graues Haar war ein gelbes Tuch eingeflochten. Ihren dunklen Augen wirkten streng. Sie ging etwas gebeugt, und war recht klein. Es war Professorin Hakim. Die Umm Iqbal - die Aufseherin des Iqbal-Flügels.
Laila kannte sie nicht gut. Sie hatte meistens nur mit den Lehrern und Aufsehern ihres Flügels zu tun. Alles, was sie über Professorin Hakim wusste, war dass sie sehr weise und gerecht war.
Die Schüler setzten sich in Bewegung. Sie liefen unter dem Westturm hindurch und über den gepflasterten Weg, der mit hohen Bögen überdacht war. Vor ihnen baute sich das gewaltige Mittelschiff mit der goldenen Kuppel auf. Langsam verschwanden die buntgekleideten Schüler im Schatten der riesigen Seitenflügel des Gebäudes.
Thurayya lief schweigend neben Laila her.
Die Überdachung des Weges zog sich immer mehr in die Höhe, bis sie an das Mittelschiff des Palastes anschloss, wo sie durch einen reich verzierten Marmortorbogen traten. Im Hauptgebäude gab es einen Gang, der einmal rundherum führte. In diesem Gang hingen etliche Portraits von Ägyptern, die die Madrasa al Fahim einst besucht hatten.
Sie liefen bis zur Mitte des Gangs und kamen an eine weitere Flügeltür aus purem Silber. Von der anderen Seite des Gangs strömten noch weitere Schüler. Laila wollte Thurayya gerade durch die Tür folgen, als jemand sie an der Schulter packte. Laila wirbelte herum und hatte schon fast die Hand am Zauberstab, als sie bemerkte, dass es Professorin Hakim war. Erschocken wich sie zurück.
"Laila, wie kommst du hierher? Ich hörte, du wurdest von der Wüstenarmee entführt!", sagte die alte Professorin überrascht. "Konntest du fliehen? Geht es dir gut? Ich rufe sofort die Auroren!"
Laila wollte protestieren und hatte schon den Mund geöffnet, als ein Ruf die alte Professorin ablenkte.
"Akilah, ich mache das!"
Laila wandte den Kopf und sah eine junge Frau in capriblauem Kleid und Kopftuch auf sie zukommen. Es war Professorin Muhammad. Laila atmete auf. Professorin Muhammad war laut Offizier Nagi ein Mitglied der Wüstenarmee. Sie würde sie sicher nicht verraten.
"Nein, nein, schon gut, Faiza. Ich kümmere mich um das Mädchen. Sie muss schreckliches erlebt haben...", krächzte Professorin Hakim.
"Du bist die Umm Iqbal, Akilah. Du kannst nicht einfach vom Fest wegbleiben. Geh in die Halle und sieh dir deine neuen Schüler an. Ich schaffe das schon!", drängte die junge Lehrerin die alte Professorin und schob sie sanft auf die Tür zu.
Schließlich gab die alte Professorin nach und ging in die Halle.
"Folg mir!", sagte Professorin Muhammad und nickte Laila zu.
Laila wandte sich vom Schülerstrom ab und ging der jungen Professorin hinterher, die sie in eine ganz andere Richtung führte. Sie lief schnellen Schrittes durch den untersten Stock des Muhammad-Flügels im Nordwesten des Palasts. Ganz am Ende des Flügels befand sich ihr Büro. Professorin Muhammad zog ihren Zauberstab und klopfte gegen die schwere Holztür. Knarzend schwang sie nach innen. Die junge Professorin winkte Laila herein.

Laila war noch nie im Büro eines Lehrers gewesen. Sie hatte zwar schon viel angestellt, vor allem gestohlen, aber sie war nie erwischt worden. Gerade jetzt hatte sie wieder ein prall gefülltes Ledersäckchen in der Tasche ihres Kleids. Sie hatte sich über Nabils Geldbeutel hergemacht.
Laila sah sich aufmerksam in Professorin Muhammads Büro um. Es war sehr groß, doch hatte sie offensichtlich nicht genügend Platz für ihre Sachen gefunden. In der Mitte stand ein gewaltiger Schreibtisch aus dunklem Holz, dahinter ein hoher Lehnstuhl. Die Wände waren bis unter die, mit schwachleuchtenden blauen Sphären bedeckte, Decke von Regalen gesäumt, in denen die kuriosesten magischen Geräte aus Silber, Kupfer und Holz standen. Dazu Bücher in eisernen Einbänden, von denen manche schon etwas Rost ansetzten. Überall stapelten sich Holzkisten und Truhen. Die Vorhänge waren geschlossen, nur durch einen schmalen Schlitz schien etwas Mondlicht auf den Boden.
"Setz dich!", sagte Professorin Muhammad und deutete auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch.
Sie selbst nahm auf dem Lehnstuhl platz. Laila ließ sich auf dem Stuhl nieder und blickte die junge Frau aufmerksam an. Sie war sehr hübsch, aber ihr Gesicht war verschlossen. Keine Herzlichkeit spiegelte sich darin.
"Nun, wie lautet deine Geschichte?", fragte Professorin Muhammad.
"Ich bin beim Angriff auf das Waisenhaus abgehauen, weil ich die Nase voll davon hatte und seither verstecke ich mich", antwortete Laila kühl.
Ein schmales Lächeln trat auf das Gesicht der Professorin.
"Eine vortreffliche Ausrede. Wahrscheinlich bist du die Einzige, der ich das abnehmen würde", sagte die Professorin.
Laila hob verwundert eine Augenbraue.
"Wo befindet sich das Versteck der Wüstenarmee?", wollte die Professorin wissen.
"Das weiß ich nicht!", erwiderte Laila kalt.
"Tatsächlich nicht?", sagte die junge Lehrerin überrascht.
"Nein, aber Sie wissen es, nicht wahr?", meinte Laila.
Das Lächeln auf Professorin Muhammads Gesicht wurde breiter.
"Also habe ich mir die richtige Laila geschnappt...", stellte sie fest.
"Ja!", antwortete Laila schlicht.
"Wer ist auf die Ausrede gekommen? Offizier Nagi?", fragte die Professorin.
"Nein, das war meine Idee", antwortete Laila leise.
Professorin Muhammad nickte anerkennend.
"Und warum diese und keine von einer halsbrecherischen Flucht?", hakte die Professorin nach.
"Weil man mir diese abnimmt", erwiderte Laila. "Und ich muss nicht ins Waisenhaus zurück."
"Und du weißt nicht, wo sich unser Versteck befindet?", drängte die Professorin.
"Nein. Wenn mich die Auroren befragen, weiß ich es lieber nicht", meinte Laila.
"Das werde ich hoffentlich verhindern können!", sagte Professorin Muhammad.
"Wie?", fragte Laila.
"Mir wird schon was einfallen, keine Angst!", entgegnete die Professorin.
"Ich habe keine Angst", sagte Laila teilnahmslos.
"Habe ich auch keinesfalls erwartet!", lächelte die Professorin. "Nagi hat dich nicht umsonst ausgewählt."
"Offizier Nagi!", korrigierte Laila.
Professorin Muhammad schaute sie verdutzt an.
"Gut, wie du willst. Offizier Nagi!", sagte sie belustigt.
"Finden Sie das witztig?", fragte Laila erbost.
Die Professorin hörte sofort auf zu grinsen.
"Du bist vielleicht humorlos!", meinte sie.
"Mag sein", sagte Laila und erhob sich. "War das alles?"
"Das war alles. Geh rasch zum Essen, damit es nicht auffällt. Tut mir leid, dass du meinetwegen die Auswahl verpasst hast, Mädchen!", sagte Professorin Muhammad und erhob sich ebenfalls.
"Die interessiert mich ohnehin nicht", sagte Laila nur und ging zur Tür.
Gerade drückte sie die Klinke hinunter, als Professorin Muhammad sie an der Tür aufhielt.
"Moment noch!", sagte sie.
Sie streckte die Hand in die Tasche und nahm weißes Seidentuch heraus.
"Was ist das?", wollte Laila wissen.
"Von Offizier Nagi. Ich soll es dir geben", antwortete die Professorin und gab ihr das Tuch in die Hand. "Hab es nicht angesehen..."
Laila spürte, dass etwas in das Tuch eingewickelt war und schlug es auf. Es war ein kleines Silbermesser mit verziertem Griff auf dessen Ende eine Skorpionsfigur saß.
"Warum-?", fragte Laila verwirrt und sah zu Professorin Muhammad auf.
Doch die zuckte nur die Schultern und antwortete: "Vielleicht damit du deine Ausbildung nicht vergisst!"
Mit diesen Worten ließ Professorin Muhammad sie stehen und ging den fackelbeleuchteten Gang hinunter. Laila warf nochmal einen Blick auf das Skorpionmesser, schlug es wieder in das Seidentuch und ließ es in ihre Tasche gleiten. Einen Moment lang wollte sie darüber nachdenken, warum Nagi ihr so ein Schmuckstück hatte zukommen lassen, doch dann erinnerte sie sich, dass sie eigentlich in der Halle im Hauptflügel sein müsste und spurtete den Gang hinunter.

Laila kam schlitternd vor einer der silbernen Türen an, richtete kurz ihr verrutschtes Kopftuch und schlich sich dann in die Halle. Die Schüler des Flügels Muhammad hatten ihre Tische in der nördlichen Ecke der Haupthalle. Laila ging rasch auf das Meer aus blauen Kopftüchern und Turbanen zu. Saif, der mit ihr in der Karawane gesessen hatte, entdeckte sie und rutschte schnell zur Seite um ihr Platz zu machen. Laila ließ sich neben ihn fallen und sah in die Mitte der Halle.
So groß wie die Kuppel auf dem Dach des Mittelschiffs war, so groß wölbte sie sich umgekehrt in die Halle hinein. Etwa fünf Meter über dem Boden schwebte die Spitze der umgekehrten Kuppel. Darunter war ein kleines rundes Podest in dem ein Glasmosaik eingelassen war, das den Falken draußen auf dem Dach der Kuppel zeigte. Der Tisch der Lehrer stand in einem vierfach unterbrochenen Kreis um das Podest, sodass sie auf die Schüler blicken konnten.
Das verwunderliche an der Kuppel war jedoch, dass sie im Inneren der riesigen Halle nicht golden war. Nein, sie schimmerte silbern und hellweiß und große Perlen des silbernen Lichts schienen über die Wölbung hinunter und an der Spitze zusammenzufließen. Unter der Decke der Halle, die mindestens dreißig Meter in der Höhe maß, schwebten Kristallsphären, die ebenfalls mit dem silbernen Licht gefüllt waren und ihren blassen Schein auf die Gesichter der Schüler warfen.
Jetzt trat Dekan Abujamal in einem wasserblauen, mit Silberfäden bestickten, Gewand auf das Podest und drehte sich mit weit ausgebreiteten Armen im Kreis.
"Willkommen, meine Kinder! Willkommen zu einem neuen Schuljahr in der Madrasa al Fahim! Es ist bereits alles gesagt, was gesagt werden musste! Nun möchte ich euch nur noch ein gelehrsames und spannendes Schuljahr wünschen! Genießt das Festmahl!", rief er in die Halle hinein.
Die Schüler applaudierten und sobald der Dekan das Podest verlassen und seinen Platz am Tisch der Lehrer eingenommen hatte, erschien das Essen auf den silbernen Platten und Tellern, mit denen die hellen Holztische gedeckt waren.
Das Essen war eines der Dinge, die Laila besonders an der Madrasa al Fahim liebte. Vor allem, weil es im Waisenhaus immer so wenig davon gegeben hatte. Es gab Platten mit gebratenen Hühnchen, Teller voll gegrillten Lammsteaks, Schüsseln voll gebackenen Kichererbsen, Terrinen mit Bohnensuppe, Krüge voll Buttermilch, Kannen mit Ziegenmilch, Auflaufschalen voll gebackenem Ziegenfleisch und Suppenschüsseln mit Kameleintopf.
Laila war wirklich hungrig. Sie nahm sich von allem ein bisschen und fing an zu essen.
"Was war denn los? Wieso hast du die Auswahl verpasst?", fragte Saif neben ihr.
Laila rollte mit den Augen und musste sich beherrschen nicht auf den Tisch zu schlagen.
Warum nur waren die Leute immer so furchtbar neugierig?
Wieso mussten sie sich immer in fremde Angelegenheiten einmischen?
"Nichts!", fauchte Laila ihn an.
Saif schaute überrascht. Laila wandte sich hingebungsvoll ihrer Bohnensuppe zu.
"Aber was hast du denn dan so lange gemacht?", wollte er wissen.
Sie atmete tief ein und knallte die Silberschüssel so hart auf den Tisch, dass sie fast überschwappte. Die Schüler in ihrer Nähe, die sich bisher munter unterhalten hatten, verstummten und sahen erschrocken zu Laila herüber. Laila kochte innerlich vor Wut. Wenn sie eines mehr hasste als nervige Fragen, dann die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und das hatte sie bereits mit dem Zuspätkommen erreicht. Und nun machte Saif alles noch viel schlimmer. Sie schloss für einen Moment die Augen um die Beherrschung nicht zu verlieren und atmete zitternd aus. Als sie die Augen wieder öffnete, hatten die Schüler wieder angefangen zu plappern.
"Das geht dich, verdammt noch mal, nichts an, Saif!", zischte sie ihrem Nebensitzer zu.
"Wollt's ja nur mal versucht haben...", murmelte Saif schulterzuckend.
"Nein, Saif! Hör auf damit! Hör auf es zu versuchen! Hör auf zu fragen! Hör auf zu reden! Lass mich - zum Teufel noch mal - einfach in Ruhe!", sagte Laila scharf und schlug auf den Tisch.
"Reg dich doch nicht gleich so auf! Man könnte meinen, ich hätte dir die Haare ausgerissen, so wie du dich aufführst!", erwiderte Saif verständnislos.
"Pass lieber auf, dass ich dir die Haare nicht ausreiße!", fauchte Laila gereizt.
Die Faust, mit der sie auf den Tisch geschlagen hatte, war so fest zusammengeballt, dass ihre Knöchel schon weiß wurden.
War es denn zuviel verlangt, dass man sie einfach nur in Ruhe ließ?
Saif warf einen argwöhnischen Blick auf ihre vor Wut zitternde Faust und beschloss, dass es wohl besser wäre, von nun an den Mund zu halten. Laila war ihm dankbar dafür.
Nach dem Festmahl folgte der Nachtisch aus honigsüßem Couscous mit Kardamom und Tamarindenwasser. Zudem waren etliche Zaberknallbonbons auf den Tischen verteilt. Die Schüler griffen sofort zu. Sie zogen an den Enden der Knallbonbons, die wie ein Fluch losknallten, Rauch verströmten und dann kleine Wilkommensgeschenke für die Schüler preisgaben, wie zum Beispiel Zaubererschach-Spiele, Feuerwerkskörper oder Omnigläser für das nächste Marihat-Spiel.
"Komm Laila, nimm dir auch eins!", sagte Saif, begeistert wie jedes Jahr, und hielt ihr ein blau-gestreiftes Knallbonbon hin.
"Nein!", sagte Laila kühl.
"Ach, komm! Das, was da drin ist, kannst du sicher brauchen!", drängte Saif und wedelte mit dem Bonbon vor ihrer Nase herum.

Als alle das Essen beendet hatten und mit müden Augen zum Lehrertisch aufsahen, erhob sich Dekan Abujamal erneut. Er wünschte allen eine angenehme Nachtruhe und entließ sie in ihre Betten.
Laila erhob sich noch vor allen anderen Schülern und lief aus der Halle. Sie schlug den Weg nach Nordwesten ein, wo sich der Gebäudeflügel der Muhammad-Schüler befand.
In den Gebäudeflügeln gab es jeweils zwei Haupttrakte. Zum einen den Schülertrakt, wo die Quartiere und Gemeinschaftsräume der Schüler untergebracht waren. Dieser erstreckte sich an den äußeren Mauern des Gebäudes. Im Mitte des Gebäudes befand sich ein weiterer Gebäudeteil, wo die Klassenzimmer untergebracht waren. Dazwischen befand sich eine tiefe Schlucht bis zum Erdgeschoss. In der Kluft schwebten auf der Hälfte jedes Stockwerks runde Plattformen an denen Treppen angebracht waren. Die Plattformen waren von Gründer selbst konstruiert worden. Sie konnten sich frei drehen, sodass die Treppen sich in jede Richtung anschließen konnten und die vier Treppen jeweils nach oben oder unten richten konnten, je nach dem, wo sie hinführen sollten. Die Treppen verbanden Schüler- und Unterrichtstrakt miteinander und waren die einzige Möglichkeit nach oben zu kommen, wenn man kein Fassadenkletterer war.
Für die sieben Klassen gab es jeweils eine Hälfte eines Stockwerks. In der untersten Etage waren die Lehrerzimmer untergebracht und im dritten, nicht als Quartier genutzten, Teil des ersten Stockwerks im Flügel Muhammad befand sich der Krankenflügel.
Laila ging schnellen Schrittes die Treppen hinauf. Ihr Schlafsaal befand sich im fünften, obersten Stock auf der linken Seite. Sie trat auf die mittlere Plattform im letzten Stockwerk und ging die Treppe auf die äußere Galerie hinauf. In der Mitte des Ganges an der Wand befand sich der versteckte und gut gesicherte Eingang zum Gemeinschaftsraum der Muhammad-Fünftklässler.
Laila stand davor und musste über die ausgeklügelte Sicherung schmunzeln. Die Sicherung des Gemeinschaftsraumes änderte sich jedes Vierteljahr und hatte mit den jeweiligen Bereichen, die den Muhammad-Schülern gelehrt wurden zu tun: Alchemie, Heilkunde, Kräuterkunde und Magische Technik. Das erste Vierteljahr war dieses Schuljahr offensichtlich Alchemie an der Reihe.
In drei kleinen Nischen in der Wand, wo sich normalerweise die Tür zum Gemeinschaftsraum befand, waren drei Kristallfläschchen mit lichtgrünen Zaubertränken aufgereiht. Einer davon würde helfen durch die Steinmauer zu treten, dessen war sich Laila sicher. Sie griff nach dem Rechten der Reihe und entkorkte das Fläschchen. Sie roch daran. Der Trank verströmte einen starken Geruch nach Orangen. Gift.
Laila stellte das Fläschchen wieder zurück. Natürlich war es nur ein schwaches Gift. Professor Saqqaf, der Muhammad-Flügelaufseher würde es niemals zulassen, dass ein Schüler starb. Doch man würde sicher Bauchschmerzen davon bekommen.
Laila griff nach dem mittleren Fläschchen und entkorkte auch dieses. Der Trank war völlig geruchlos. Sie ließ einen Tropfen auf ihre Fingerspitze fallen. Die wurde sofort taub. Ein Schlaftrank.
Laila schüttelte verschmitzt den Kopf. Wie es wohl aussehen würde, wenn ein Haufen schlafender Muhammads vor der Tür lag?
Sie nahm die linke Flasche heraus und roch auch an dieser. Auch sie roch nach nichts, doch feiner lichtgrüner Dampf kräuselte sich in Spiralen aus dem Flaschenhals. Das war der richtige Trank. Laila nahm einen kräftigen Schluck davon. Er schmeckte fürchterlich bitter und brachte sie zum husten, aber schon im nächsten Moment hatte sich ihr Körper in Millionen kleiner Dampftröpfchen aufgelöst und sie konnte mühelos durch die Wand spazieren. Hinter der Wand befand sich jetzt ein kleiner Wasserfall mit gelbgrauem Zaubertrank, der ihren Körper wieder verfestigte als sie hindurchging.
Laila war amüsiert. Das war das Beste, dass sich Pofessor Saqqaf seit Jahren hatte einfallen lassen.

Sie trat in die Mitte des leeren Gemeinschaftsraums und drehte sich im Kreis. Der weitläufige rechteckige Raum war vollgestellt mit runden Tischchen um die capriblaue Knüpfkissen gestapelt waren, zudem mit blau-weißen Teppichen ausgelegt und wurde von kleinen bläulichen Kristallsphären beleuchtet, die unter der Decke schwebten. An den Wänden befanden sich Schränkchen mit Türen aus blauem Glas, hinter denen Zaubertrankzutaten, Heilkräuter und Literatur gesammelt waren. Durch die offenen Fenster schien das silberne Mondlicht herein. Sie war froh wieder hier zu sein.
Laila wandte sich nach rechts, wo sich die Tür zum Schlafsaal der Mädchen befand. Sie stieß sie auf und betrat den großen Raum mit den fast fünfzig Betten. Die Madrasa al Fahim war die größte und beste Zaubererschule auf dem ganzen afrikanischen Kontinent. Kein Wunder also, dass sich in einem Jahrgang fast hundert Schüler ein halbes Stockwerk teilten. Laila kannte die meisten von ihnen nichtmal beim Namen. Nicht, dass es sie überhaupt interessiert hätte.
Laila ging den langen Schlafsaal hinunter bis zur Ecke des Gebäudeflügels, wo ihr Bett stand. Die Betten waren mit capriblauer Bettwäsche überzogen, hatten leichte Decken und flache Kissen und waren mit dünnen blauen Mückennetzen überhangen. Ihr capriblauer Sack lag schon am Fußende ihres Bettes. Laila schlüpfte unter das Netz und ließ sich auf die Matratze fallen. In der Madrasa al Fahim fühlte sie sich zuhause, wie sonst nirgends, und doch... irgendwie hatte sie Gefallen an ihrem Heim bei der Wüstenarmee gefallen.
Jetzt kamen auch die anderen Fünftklässlerinnen der Muhammads in den Schlafsaal. Sie unterhielten sich, kicherten laut und riefen sich gegenseitig Gute-Nacht-Wünsche zu, während sie in ihre Nachthemden schlüpften.
Laila wälzte sich herum und tippte die blaue Kristallsphäre, die in einem Eisengebinde an ihrem Nachttisch befestigt war, mit einem Finger an, worauf diese aufleuchtete und ihr kühles blaues Licht auf ihr Bett warf.
Die anderen Mädchen legten sich in ihre Betten. Es war fast Mitternacht. Die Mädchen waren allesamt müde und das Geplapper erstarb rasch. Bald herrschte Ruhe im Schlafsaal, nur unterbrochen durch ein gelegentliches Schmatzen oder Schnarchen. Alles schlief, nur Laila lag mit offenen Augen da und starrte auf das sanft in der, durch die Fenster wehende, Nachtbrise wogende Netz. Sie konnte nicht einschlafen. Immer wieder tauchte das jungenhaft grinsende Gesicht Offizier Nagis vor sich auf. Doch es war nicht er, der ihr den Schlaf raubte. Es war dieses altbekannte Kribbeln, das sich jede Nacht in ihr breitmachte und sie wachhielt.

Laila hatte sich nicht umgezogen wie die anderen Mädchen. Sie schlüpfte aus dem Bett und ging ans Fenster, von dem aus sie den Hof und den nördlichen und westlichen Falkenturm aus sehen konnte. Einer Intuition folgend stieg sie auf den Fenstersims, drehte den Rücken zum fünf Stockwerke tiefen Abgrund und machte einen Schritt zur Seite. Sie hielt sich an der fünfeckigen Säule, die die Fenster säumte, fest und stützte die Füße dagegen. Abwechselnd zog und schob sie sich mit den gegenüberliegenden Gliedmaßen nach oben, bis sie an der Dachkante ankam. Sie zog sich an der langen kegelförmigen Spitze der Säule, die etwas über das Dach hinaufragte, nach oben und setzte sich an die Kante des Flachdachs.
Das Dach war schon immer ihr Lieblingsplatz gewesen. Natürlich war es den Schülern verboten es zu betreten, doch Laila hatte sich ohnehin nie großartig um die Regeln geschert. Schon seit der ersten Klasse war sie nachts hier hinaufgeklettert um allein zu sein.
Laila überblickte den grünen Hügel, auf dem der Palast gebaut worden war. Vom Dach aus konnte sie sogar fast über die Bergspitzen des Gebirges sehen, von dem sie umgeben war. Die Nacht war still. Die Brise, die von den Bergen herunterwehte war kühl, doch wurde es im Schutz der Gebirgskette nachts nie so eisig wie draußen in der Wüste. Die Sterne und der Mond strahlten hell vom Himmel herab.

Laila spürte das Silbermesser in ihrer Tasche und zog es heraus. Es war wirklich einmalig. Eine solche Schmiedekunst hatte sie noch nie gesehen. Und dennoch fragte sie sich wofür Offizier Nagi es ihr hatte zukommen lassen. Sie drehte es eine Weile abwesend in den Händen und betrachtete es von allen Seiten. Sie fuhr mit dem Finger über den Skorpion am Ende des Griffs und bemerkte verwundert, dass er minimal wackelte. Erstaunt rüttelte und zog sie ein bisschen daran. Er löste sich immer mehr. Dann begann sie ihn zu drehen und tatsächlich schraubte sich das Gewinde langsam heraus. Neugierig betrachtete sie die kleine Glasphiole, die in dem Skorpiongriff steckte. Ein paar Tropfen blaßbrauner Flüssigkeit befand sich darin. Sie versuchte in den Griff hineinzuschauen und bemerkte ein kleines Papyrusstückchen darin. Sie schüttelte den Griff und eine winzige Notiz schwebte in ihre Handfläche. Laila musste das Pergament dicht vor die Augen halten um die kleinen Buchstaben lesen zu können.

Laila, du hast das Skorpiongift also entdeckt. Verwende es für den Notfall. Schon ein halber Tropfen auf der Klinge wirkt beim Zustechen tödlich. Verwende es klug. Hasib

Laila sah von dem micktigen Zettel auf und hielt die Phiole gegen den Mond. Skorpiongift, also. Für den Notfall...
Was sich Offizier Nagi wohl unter einem Notfall vorstellte?
Laila konnte sich darunter nur vorstellen, dass ihr Leben in Gefahr war, oder sie aufgeflogen war.
Ob er das wohl meinte?
Sie schraubte die Phiole wieder in den Griff des Messers hinein und steckte es zurück in die Tasche ihres Kleids. Sie schloss die Hand fest darum und schloss die Augen. Aber es war nicht nur Offizier Nagi, der sich heute in ihre Gedanken eingenistet hatte. Es war auch ein hellbraunes Augenpaar, das ihr immer wieder in den Sinn kam.
Thurayya, das Mädchen aus der Karawane. Das Mädchen von der Wüstenarmee. Das Mädchen, das so anders war, als alle anderen, denen sie bisher begegnet war.
Laila öffnete die Augen wieder und starrte gen Nordwesten in die Weiten der Wüste hinaus. Hätte sie nur einen einzigen Blick zu ihrer Rechten geworfen, hätte sie gesehen, dass auf einem anderen Dach im Nordosten noch jemand saß, der keinen Schlaf fand.


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Ich werde wie jeder andere um Mitternacht vor dem Buchladen stehen, und ich werde, da bin ich mir sicher, wie jeder andere überrascht sein.
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