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Fanfiction

1 Moment - 5 Orte - Laila -1- Kairos Waisen

von HauselfeLilian

Laila lief durch den Basar auf der Al Bargasi, der Einkaufsstraße für Zauberer in Kairo. Am Stand eines Obsthändlers hielt sie an und sah sich aufmerksam um. Als eine Gruppe Hexen mit Kindern an den Stand kam und der Obsthändler abgelenkt war, griff sie blitzschnell zu und stahl eine Orange aus der Auslage. Schnell rannte sie davon.
"Komm zurück! Du kleine Diebin, das hab ich gesehen!", schrie der Händler und rannte ihr hinterher. Doch Laila war schon um die nächste Ecke verschwunden. Sie sprang auf eine Kiste, griff nach einer Wäscheleine, die quer über die Straße gespannt war und schwang sich hinauf. An der Kante des Flachdachs hielt sie sich fest und zog sich hoch. Gerade rechtzeitig verschwand sie hinter der niedrigen Mauer. Als sie vorsichtig darüber hinwegschaute, sah sie den ägyptischen Händler unter ihr vorbeirennen.
"Verdammte Waisenkinder!", schimpfte er wütend. Resignierend blieb er an der nächsten Kreuzung stehen, sah sich in alle Richtungen um und ging schnaubend und mit rotem Kopf wieder zurück auf den Basar. Laila grinste, lief über das Dach hinüber zur Al Bargasi und hockte sich auf die niedrige Umrandung, von der aus sie den Basar beobachten konnte. Sorgfältig schälte sie ihre Orange. Sie saß genau über dem Stand des Obsthändlers und konnte noch von oben hören, wie er sich bei den Frauen, die bei ihm einkauften, über die Waisenkinder aus dem naheliegenden Wohnviertel aufregte. Er hatte Laila schon öfter gesehen und sie hatte ihn noch öfter beklaut, doch er hatte sie noch nie zu fassen gekriegt und mit der vagen Beschreibung von welligen schwarzen Haaren und schlanker Figur, kam er bei der Hausmutter Sadia Sultan nicht weit.
"Sehen Sie sich um! So sehen die hier alle aus!", hatte Mutter Sadia, wie sie die Waisenkinder nannten, das letzte Mal gesagt, als der Händler schäumend vor Wut vor der Tür gestanden war. Laila hatte sich wohlweislich auf der Palme im Garten versteckt, damit er sie nicht entdeckte. Es gab genug Waisenkinder aus Zaubererfamilien. Seit die Wüstenarmee gegründet worden war, waren es sogar so viele, dass man in Kairo eigens ein magisches Waisenhaus für sie eingerichtet hatte.
Laila aß genüsslich ihre Orange, während sie auf dem Basar nach Leuten Ausschau hielt, die es zu beklauen lohnte. Die Waisenkinder bekamen niemals Taschengeld, es reichte ja gerade für ihre Kleider und das Essen. Wenn sie etwas Besonderes haben wollten, stahlen sie es meistens - wenn sie dazu in der Lage waren. Nur wenige aus dem Waisenhaus waren gut genug unendeckt zu bleiben. Die Meisten, die es versucht hatten, waren erwischt und von den Händlern verprügelt worden. Danach hatten sie es nie wieder versucht. Nicht so Laila. Ja, sie hatte Unmengen an Prügel eingesteckt, aber sie hatte nicht aufgegeben. Die ersten zehn - zwanzig Male hatten die Händler sie am Ende doch geschnappt, aber seither hatte man sie nicht mehr zu fassen bekommen.
Laila entdeckte Soraya, eines der Mädchen aus dem Waisenhaus, mit dem sie das Dachgeschoss teilte, zwischen einer Horde reicher Händler. Sie grinste in sich hinein. Soraya war eine der wenigen, die gut stehlen konnte. Das hatte das zwei Jahre jüngere Mädchen von ihr gelernt. Sie hatten viel geübt, fast jeden Tag in den Ferien, mit einem Thawb in dem Glöckchen und Rasierklingen versteckt waren. Oft genug hatten sie sich die Finger zerschnitten, aber das hatte es nur noch spannender gemacht. Sowieso war ihnen in den Ferien immer langweilig. Wenn sie keine Schule hatten, stellten sie nur Unsinn an und die Hausmutter Saida wurde gegen Ende der Ferien fast wahnsinnig mit ihnen.
Als Laila ihre Orange aufgegessen hatte, ließ sie die Schalen demonstrativ hinter dem Stand des Obsthändlers herunterregnen und verschwand von dem Hausdach. Sie lief zurück zum Waisenhaus. Kurz vor der Kreuzung an dem das Waisenhaus stand, kam Soraya angerannt.
"Hey Laila! Warte auf mich!", rief sie und holte zu ihr auf. "Sieh mal, was ich ergattert hab!"
Soraya tänzelte vor ihr her und strich ihre Haare nach hinten. An ihrem Hals glitzerte ein teures Rubinhalsband.
"Steht es mir nicht wunderbar?", lachte Soraya und drehte sich im Kreis.
"Wenn du so einen Glitzermist brauchst...", erwiderte Laila kühl und würdigte die Kette keines Blickes.
"Och, sei doch nicht immer so griesgrämig!", sagte Soraya ernüchtert zog einen Schmollmund. "Ich bring dir nächstes Mal auch eine mit!"
"Bloß nicht!", erwiderte Laila kalt.
Sie betraten das Waisenhaus um noch etwas vom Frühstück abzubekommen. Gewöhnlich gingen sie jeden Morgen früh aus dem Haus solange es noch kühl draußen war und verzogen sich gegen Mittag wieder in den Schatten. Als Mutter Saida sie in den Essensraum kommen sah, stemmte sie die Arme in die dicken Hüften und warf ihnen böse Blicke zu.
"Das Frühstück ist vorbei - alles leer! Nächstes Mal müsst ihr früher da sein!", sagte Mutter Saida aufgebracht. Soraya sah sie entsetzt an, doch Laila drehte sich nur schulterzuckend um. Dann würde sie sich eben auf dem Basar etwas zu essen besorgen.
"Halt, Laila! Warte!", rief Mutter Saida und seufzte resigniert. "Natürlich hab ich etwas für euch aufgehoben. Aber es soll euch eine Lehre sein! Kommt morgen früher!"
Sie gab ihnen jeweils ein Fladenbrot und Ziegenkäse und ließ sie auf ihre Zimmer gehen.

Laila saß zur Mittagszeit trotz der Hitze auf dem Fensterbrett des Mädchenzimmers und ließ die Füße aus dem Fenster baumeln. Die meisten Mädchen saßen unten im Essenszimmer und machten mit den anderen Aufseherinnen des Waisenhauses ihre Schulaufgaben, die sie über die Ferien aufbekommen hatten. Laila war damit längst fertig. Sie hatte alles bei Nacht erledigt, weil sie dann besser denken konnte und ohnehin nie Schlaf fand. Fariha, das einzige Mädchen in ihrem Alter, das im Waisenhaus wohnte, kam die Treppe herauf und betrat den Schlafraum. Sie grüßten sich mit einem Nicken. Die Fünfzehnjährige wusste, dass Laila gern ihre Ruhe hatte. Dennoch kam sie zu ihr ans Fenster und beobachtete Mostafa, Malik und Zaid beim Fußballspielen im Hof. Während sie so zuschauten, fiel Laila noch etwas anderes auf. Sie hatte so ein seltsames Kribbeln im Nacken. Instinktiv rutschte sie von der Fensterbank und stellte sich halb verdeckt hinter den Vorhang. Fariha warf ihr einen fragenden Blick zu. Als Waisenkinder waren sie immer auf der Hut. Zum einen, weil sie sich gegenseitig beschützten und zum anderen, weil sie so unbeliebt bei den Bürgern von Kairo waren, dass tagtäglich einer von ihnen Stress mit ihnen bekam.
"Fällt dir was auf?", sagte Laila und nickte auf die Straße. Fariha kniff die Augen zusammen und suchte die Straße ab. Sie schüttelte leicht den Kopf.
"Die zwei Männer im Hauseingang der Ajams?", sagte Laila.
Im Hauseingang der Familie Ajam von Gegenüber standen, durch den überschatteten Eingang kaum erkennbar, zwei ältere Männer mit schwarzen Vollbärten, die roten Turbane tief ins Gesicht gezogen. Soraya nickte.
"Der Kerl, der an der Ecke in der Sonne rumlungert?", wies sie Soraya hin.
An der Ecke der Kreuzung stand ein Mann, das Gesicht von einem gemusterten Tuch verdeckt, ungewöhnlich für jeden Ägypter in der prallen Mittagssonne. Soraya nickte kaum merklich.
"Die Zwei, die die Straße heruterkommen?", sagte Laila. Sorayas Augen weiteten sich erschrocken. Auch die beiden hatten rote Turbane auf.
"Die Wüstenarmee!", keuchte Soraya entsetzt.
Die zwei mit den roten Turbanen, die gemächlich die Straße herunter schlenderten, nahmen Blickkontakt mit den anderen dreien auf. Laila wusste sofort, was passieren würde. Sie schubste Soraya vom Fenster weg, lehnte sich hinaus und brüllte: "RUUUNTER!"
Zum Glück reagierten Mostafa, Malik und Zaid sofort und warfen sich in den Dreck, anstatt erst hochzusehen. Die Männer mit den roten Turbanen hatten schon ihre Zauberstäbe gezogen. Ein Prasseln und Zischen erhob sich und Blitze in allen Farben schossen durch die Luft. Plötzlich sprengte es die Hauswand weg und Laila rutschte der Boden unter den Füßen weg. Sie stürzte drei Stockwerke mitsamt dem Schutt in die Tiefe und wurde im Staub verschüttet. Hustend rappelte sie sich auf. Sie schmeckte Blut auf ihrer Lippe. Sie zog die Beine auf dem Schutt und krabbelte vorwärts aus der Staubwolke bis sie wieder sehen konnte.
Was sie dann erblickte, hätte sie wohl kaum erwartet. Drei der Männer hatten sich Kinder aus dem Waisenhaus geschnappt. Es waren Malik, Zaid und Soraya. Sie hingen bewusstlos über ihren Schultern und wurden von ihnen weggetragen. Auf einmal packte sie einer der Männer an den Haaren. Laila sah mit zornigem Blick zu ihm auf. Sie schätzte ihn auf beinahe dreißig. Er war durchtrainiert und sah roh aus. Viele kleine Narben zierten das Gesicht mit dem kurzen schwarzen Stoppelbart.
Laila reagierte schnell. Sie schoss blitzschnell herum und trat ihm mit aller Kraft ins Knie. Er schrie schmerzvoll auf und knickte ein. Laila sprang auf und wand ihr Haar aus seinem Griff. Er packte sie an ihrem weißen Hosenkleid, doch sie rammte ihm das Knie in den Bauch. Es hatte nicht die gewünschte Wirkung, denn er war so kräftig, dass ihm der Tritt kaum etwas anhatte, doch immerhin rutschte ihm ihr Kleid aus den Fingern. Sie wollte wegrennen, aber auch der Wüstensoldat war wieder auf den Beinen. Er trat ihr den Fuß weg und sie stürzte. Er griff wieder nach ihr. Sie schlug seine Hand weg und trat ihm mitten ins Gesicht. Er gab keinen Mucks von sich. Laila raffte sich auf und machte einen Satz nach hinten. Er schlug nach ihr, doch sie wich seinen Fäusten aus. Verbissen wehrte sie sich gegen ihn und wich immer mehr zurück. Eigentlich hätte sie ihren Zauberstab benutzen dürfen, aber der Mann war so schnell, dass sie garnicht herankam. Plötzlich stand sie an dem Schutthaufen und konnte nichtmehr zurückweichen. Wieder flog eine seiner Fäuste auf sie zu. Sie riss die Arme hoch und konnte den ersten Schlag noch abwehren, doch dann zog er seinen Zauberstab und alles um sie herum wurde schwarz.

Als Laila langsam wieder klar wurde, drang kalte, feuchte Luft an ihre Nase. Sie lag auf dem Rücken. Unter ihr war kein Sand nur rauer Stein. Ihr Rücken und ihr Kopf schmerzten leicht, als hätte man sie unsanft auf den Boden geworfen. Sie blinzelte und öffnete die Augen. Um sie herum war alles dunkel. Nur ein flackerndes kleines Licht brachte etwas Helligkeit. Sie richtete sich langsam auf und sah sich um. Sie war in einem kleinen Verließ, das in den rohen Stein gehauen war. Vor dem nicht sehr breiten Ausgang hing eine schwere Gittertür. Hastig tastete sie ihr Hosenkleid ab, doch vergebens, ihren Zauberstab hatte man ihr abgenommen. Leise krabbelte sie an die Zellentür und blickte hinaus. Bis auf die kleine Fackel war nichts zu sehen.
"Verdammter Mist!", fluchte Laila und rüttelte an den Stäben.
Etwas regte sich in dem kleinen Verließ gegenüber.
"Hallo?", sagte eine Mädchenstimme. Dann erschien das Gesicht einer hübschen braunhaarigen Araberin im Fackelschein. "Du bist neu, oder?"
"Ja", antwortete Laila knapp.
"Wo haben sie dich aufgegabelt?", wollte das Mädchen wissen.
"Kairo, Waisenhaus", antwortete Laila schlicht. "Wo sind wir?"
"Das weiß keiner von uns", antwortete das Mädchen und zeigte nach rechts und links. Laila versuchte aus der Zelle hinauszuschauen und erkannte in beide Richtungen noch mehr Fackeln und Gittertüren.
"Was will die Wüstenarmee von dir? Die haben noch nie Waisen entführt!", sagte das Mädchen neugierig.
"Keine Ahnung", antwortete Laila kühl. "Wie viele sind hier noch?"
Das Mädchen zuckte mit den Schultern.
"Etwa fünfzig, schätze ich", meinte das Mädchen.
"Wie lange seid ihr schon hier?", wollte Laila wissen.
"Ich ungefähr zwei Monate. Manche länger, manche kürzer...", sagte das Mädchen. "Wie heißt du?"
"Laila", antwortete Laila knapp.
"Ich bin Amina. Hab keine Angst, Laila. Hier unten kümmern wir uns alle umeinander und die Wüstenarmee tut uns bis jetzt noch nichts", sagte das Mädchen beruhigend.
"Ich habe keine Angst", sagte Laila gelassen.
Sie atmete langsam und ihr Herz schlug ruhig. Amina sah sie überrascht an.
"Du kannst es ruhig zugeben. Wir alle haben Angst", meinte Amina einfühlsam.
"Ich habe niemals Angst!", gab Laila zurück.
Das war die Wahrheit. Nie hatte sie sich wirklich gefürchtet. Seit sie denken konnte, war sie im Waisenhaus, aber noch nie hatte ihr irgendetwas Furcht eingeflößt. Sie wusste auch nicht, wovor sie hier unten Angst haben sollte. Vor der Dunkelheit? Vor den Wüstensoldaten? Wenn man sich zu viele Gedanken darüber machte, was alles passieren könnte, bekam man natürlich Angst. Doch wieso sollte sie? Sie würde einfach warten, bis etwas geschah.
Amina wusste daraufhin nichts mehr zu sagen. Laila zog sich wieder in die Dunkelheit ihres Verlieses zurück. Sie tastete den Boden ab. Vielleicht fand sie etwas, mit dem sie die Tür öffnen könnte. Im Schlösser knacken war sie eine Meisterin. Doch nachdem sie jeden Zentimeter des Verliesbodens abgesucht hatte, musste sie feststellen, dass es hier nichts - überhaupt nichts gab, das sie hätte gebrauchen können.
In der Ferne hörte sie ein dumpfes Scheppern, als würde eine dicke Stahltür zugeschlagen. Sie erhob sich und lief zu ihrer Verliestür.
"Wer kommt da?", fragte sie Amina.
"Sie bringen das Essen", antwortete Amina. "Es ist nicht viel, aber es reicht. Wenn du die jungen Soldaten umschmeichelst bekommst du manchmal etwas extra."
Laila wartete bis die Männer in Sicht kamen. Sie hatten einen Karren dabei, auf dem sie das Essen transportierten. Die vier Männer kamen näher. Sie öffneten die Zellen nicht, sondern reichten nur jeweils ein Fladenbrot und einen Becher durch die Stäbe.
Laila presste sich so dicht es ging an die Stäbe. Ein junger Mann hielt vor ihr an und musterte sie eindringlich.
"Na, neu hier?", sagte er und zwinkerte ihr zu. Laila verengte die Augen zu Schlitzen. Sollte er es wagen sie anzufassen, würde sie...
Er steckte das Fladenbrot durch die Gitterstäbe und hielt ihr den Becher hin. Laila nahm das Brot, doch statt nach dem Becher zu greifen, packte sie ihn am Kittel und zog ihn mit voller Wucht zu sich her. Er knallte gegen die Eisenstäbe und ein hässliches Knirschen sagte ihr, dass seine Nase gebrochen war. Der Becher, in dem Ziegenmilch gewesen war, fiel auf den Boden und vergoss seinen ganzen Inhalt.
"Die Schlüssel!", knurrte Laila und lehnte sich zurück, damit er sie mit den verquer durch die Gitter gestreckten Armen nicht erreichen konnte. "Mach die verdammte Tür auf!"
Der Wüstensoldat fing an um Hilfe zu rufen. Sofort kamen seine Kumpanen angerannt und rissen ihn von ihr weg. Laila stolperte mit ihrem Brot zurück in die Dunkelheit ihres Verlieses. Doch die Wüstensoldaten schlossen das Verlies, entgegen ihrer Hoffnung, nicht auf. Sie brüllten nur herum und der mit der gebrochenen Nase nuschelte gehässig: "Dann gibt es für dich nichts zu trinken!"
Laila fing an Fetzen von ihrem Brot zu zupfen und zu essen. Als die Männer endlich verschwunden waren, kam Amina wieder an ihre Gitterstäbe.
"Laila, alles in Ordnung?", rief sie entsetzt.
"Ja, was sollte denn sein?", erwiderte Laila kühl.
"Was - was sollte das denn?", stammelte Amina.
Laila antwortete nicht. Sie hatte das Reden satt. Reden war nicht ihr Ding. Sie mochte Ruhe, Stille, Dunkelheit... Sie lehnte sich an die Steinwand und legte den Kopf in den Nacken. Mit geschlossenen Augen dachte sie darüber nach, wie sie ausbrechen konnte. Irgendwo musste es doch einen Weg nach draußen geben. Amina hatte mittlerweile aufgegeben etwas aus ihr herauszubekommen. Endlich hatte sie Ruhe und konnte nachdenken.

"Holt sie raus!", sagte eine raue Stimme.
Laila hörte Schlüssel klirren. Sie saß seit einer Weile versteckt in der letzten Ecke des dunklen Verlieses und regte sich nicht. Sie versuchte zu lauschen. Es mussten drei Männer sein, die auf dem fackelbeleuchteten Gang standen. Zwei konnte sie sehen, einen hörte sie.
"Heh, du! Komm her!", rief ein anderer.
Sie gab keinen Mucks von sich. Der, der gerufen hatte betrat das Verließ und kam zu ihr nach hinten. Sie stand auf, presste sich flach an die Wand und wartete auf den richtigen Moment.
"Was ist mit dir?", fragte der Mann. Er war jung. Unerfahren.
Und so dumm, grinste Laila.
Blitzschnell packte sie ihn im Nacken und rammte ihn gegen die Wand. Ein furchtbarer dumpfer Schlag und er sank bewusstlos zusammen. Laila musste fast lachen. Sie war im Waisenhaus und auf der Straße aufgewachsen. Sie wusste, wie man sich wehrte. Und sie wusste, worauf man achten musste. Vielleicht war es angeboren, vielleicht hatte sie es auch irgendwann gelernt, aber das war ihr Instinkt.
"Ahmed! Was machst du denn so lange?", rief der andere, der vor der Tür stand.
"Geh schon nachsehen! Du hast doch gesehen, was sie mit Shakil gemacht hat! Sie ist gefährlich!", rief der, der den Befehl zu Anfang gegeben hatte.
Der Andere betrat ebenfalls das Verlies. Kaum war er nah genug bei ihr, packte sie ihn am Arm und schleuderte auch ihn gegen die Wand. Er stöhnte schmerzvoll auf und ging zu Boden.
"Was ist denn da los?!", rief der Befehligende und rannte herein. Laila spurtete los. Sie rannte an ihm vorbei, aus der Zelle hinaus und bog nach links ab. Dann prallte sie gegen etwas Großes und fiel hin. Irritert sah sie auf. Sie hatte sich verschätzt. Es waren nicht drei sondern vier Männer gewesen und eben dieser Vierte packte sie jetzt und warf sie rüde in ihre Zelle zurück. Der Andere schloss ab.
"Hol Offizier Nagi! Dieses Biest ist ja nicht zu bändigen! Wenn er sie haben will, soll er sie sich doch selbst holen!", schrie der, der offensichtlich der Befehlshaber war, den Anderen an.
"Was ist mit den anderen beiden? Willst du sie bei ihr drin lassen?", fragte der andere verdutzt.
"Hol gefälligst Offizier Nagi! Ich geh da nichtmehr rein! Nachher haut sie uns noch ab und dann rollen unsere Köpfe! Wenn du Angst hast, dass sie die beiden frisst, dann solltest du lieber schneller laufen!", brüllte der Befehlshaber mit knallrotem Kopf. Laila fing vergnügt an zu gackern und ließ sich zwischen den beiden bewusstlosen Soldaten nieder. Sie saß in der Dunkelheit und konnte kaum aufhören zu kichern. Sie wollte einfach nicht glauben, dass erwachsene Männer sich so blöd anstellten.
Bald war der andere Soldat zurück, mit einem Mann der Laila irgendwie bekannt vorkam.
"Was ist los, Unteroffizier Boulos? Kommst du mit dem Mädchen nicht zurecht?", fragte der Mann belustigt. Laila musste wieder loskichern.
"Sie ist unheimlich! Ich bekomme schon Gänsehaut von ihrem Gelächter! Hört sie euch an! Sie ist irre! Gefährlich! Zwei unserer Männer liegen noch dadrin! Wenn Sie das Mädchen haben wollen, Offizier Nagi, müssen Sie sie schon selbst da rausbekommen!", sagte der Befehlshabende Boulos. Offizier Nagi schnaubte ungläubig. Er nahm die Fackel aus der Halterung und schloss die Tür auf. Mit der Fackel die Zelle ausleuchtend kam er näher. Laila erkannte die vielen kleinen Narben in seinem Gesicht und seinen Körperbau. Es war der, der sie am Waisenhaus überwältigt und mitgenommen hatte.
"Komm!", befahl er. Seine Stimme war streng und hart, aber nicht rau. Sie hörte sich ganz anders an, als die Stimmen der anderen Soldaten. Vielleicht lag es gerade daran oder an seiner Ausstrahlung, womöglich war es auch die Tatsache, dass sie sich einen fairen Kampf geliefert hatten, sie wusste es nicht, aber sie stand folgsam auf und ging mit ihm hinaus. Offizier Nagi gab Boulos die Fackel und trieb sie voran. Er leitete sie durch verwundene Gänge, mal eine Biegung nach links, mal eine Treppe nach oben, dann kamen sie an einer Eisentür an. Offizier Nagi klopfte dreimal dagegen und ein Schieber vor einem Guckloch ging auf.
"Offizier Nagi mit Gefangener!", sagte er in autoritärem Ton. Sofort hörte man Schlösser klicken und Riegel zurückfahren. Die Tür öffnete sich und sie standen plötzlich in einem hellen Kellergang.
"Da lang!", sagte Offizier Nagi und wies nach rechts. Laila lief neben ihm her. Sie wusste nicht, was plötzlich mit ihr los war, eigentlich hätte sie wegrennen sollen. Doch gegen ihn hatte sie keine Chance, das wusste sie. Und irgendwie... vertraute sie ihm. Das war das erste Mal, dass sie dieses Gefühl empfand und das ausgerechnet in dieser Situation! Er hatte sie entführt, sie hatten gekämpft - wie konnte sie nur dieses Gefühl für ihn empfinden?

Sie gingen durch noch mehr Flure und einige Treppen hinauf, bis er eine Tür zu seiner Linken öffnete. Er geleitete sie in den Raum. An der Decke hing eine mit rotem Stoff verhangene Lampe, auf dem Boden lag ein Perserteppich und die Sofas, die um den dunklen Holztisch standen waren mit Brokatstoff bespannt. Überhaupt sah hier alles sehr edel und teuer aus. In den Fenstern waren sogar bunte Mosaikscheiben, die die Hitze der Wüste draußen hielten. Auf dem Tisch standen eine Kanne und zwei Kupferkelche bereit.
"Setz dich!", befahl Offizier Nagi. Laila nahm auf einem der Sofas platz. Offizier Nagi setzte sich ihr gegenüber. Er schenkte in beide Kelche ein. Laila roch Limonade aus frischen Zitronen. Einen der Kelche stellte er vor ihr auf den Tisch.
"Trink!", sagte er.
Laila musterte ihn misstrauisch. Sie fand ihre Stimme wieder.
"Trinken Sie zuerst!", forderte sie.
"Denkst du, ich will dich vergiften?", fragte er amüsiert.
Laila hob nur eine Augenbraue und nickte zu dem Kelch hinüber.
"Willst du meinen Kelch?", bot er an.
"Ich will, dass Sie zuerst probieren. Einen großen Schluck!", sagte Laila unnachgiebig.
Offizier Nagi wirkte überrascht, doch er nahm einen großen Schluck aus ihrem Kelch. Laila beobachtete ihn genau. Er war noch jung. Nicht älter als dreißig, das hatte sie am Morgen schon richtig geschätzt. Er lächelte sie an und meinte: "Bist du zufrieden?"
"Nein, jetzt Ihren!", sagte sie kühl und passte wieder genau auf, während er auch aus seinem Kelch einen großen Schluck trank. Er stellte ihn auf den Tisch und schaute sie prüfend an.
"Bist du nun überzeugt?", wollte er wissen.
"Geben Sie mir Ihren!", sagte Laila ohne zu Antworten.
Offizier Nagi gluckste belustigt und stellte ihr seinen Kelch hin. Er lehnte sich auf dem Sofa zurück und schaute sie vom schwarzen Scheitel bis zu den nackten Füßen an.
"Wie heißt du?", fragte er.
"Laila", antwortete sie ohne Umschweife.
"Und weiter?", drängte er.
"Alfarsi...", schnaubte sie.
Sie nahm den Kelch mit der Limonade und nahm gierig ein paar Schlucke. Sie war so durstig, seit sie in der Zelle gesessen hatte.
"Du bist also Perserin", stellte Offizier Nagi fest.
"Zumindest haben die mich danach benannt...", sagte Laila genervt.
"Die Leute aus dem Waisenhaus? Sie wussten deinen Namen also nicht?", sagte er.
Laila nickte erst und schüttelte dann den Kopf.
"Was wollen Sie von mir?", verlangte sie zu wissen.
"Tja, ich will dich", antwortete Offizier Nagi.
Lailas Augenbrauen hoben sich vor Überraschung fast bis an ihren Haaransatz.
"Besser ausgedrückt, ich bin an deinen Talenten interessiert", verbesserte er sich.
"Ich verstehe nicht, was sie meinen", sagte Laila.
Zugegeben, sie war neugierig geworden. Laut Amina war noch keiner aus seiner Zelle gekommen. Was hatte er für einen Grund ausgerechnet sie aus dem Verlies zu holen?
"Du hast gut gekämpft. Hast dich wacker gegen mich gehalten. Mit ist noch nie so ein verbissenes Mädchen untergekommen. Die Wärter hatten geradezu Angst vor dir. Und das alles ohne Zauberstab...", sagte Offizier Nagi.
"Und weiter?", wollte Laila unbeeindruckt wissen.
Offizier Nagi schnaubte belustigt.
"Du gehst noch zur Schule, nicht wahr?", fragte Offizier Nagi.
"Fünfte Klasse", antwortete Laila promt.
Offizier Nagi nickte nachdenklich und betrachtete sie interessiert.
"Keine Familie?", hakte er nach.
"Sonst wäre ich wohl kaum im Waisenhaus gewesen!", erwiderte Laila und verdrehte genervt die Augen.
"Ich kann dir eine Familie geben. Ein besseres Leben", sagte Offizier Nagi.
Laila runzelte die Stirn.
"Wie meinen sie das?", wollte sie wissen.
"Du bist gut, aber noch ausbaufähig. Ich will dich ausbilden!", erklärte Offizier Nagi.
Lailas Augen weiteten sich verwundert. Er wollte sie ausbilden? Das würde bedeuten, sie würde dem Verlies entkommen. Und vor allem, hieß das, sie müsste nicht ins Waisenhaus zurück.
"Ich soll für die Wüstenarmee arbeiten?", fragte sie langsam.
"Nicht als Soldat. Du wirst eine bessere Ausbildung erhalten. Ich habe bemerkt, wie rasch du uns entdeckt hast, wie schnell deine Reaktion war und wie flink du dich bewegst. Du könntest es hier weit bringen. Ich kann dich zu einer der besten Offizierinnen - zu einer der besten Spioninnen machen, wenn du mich lässt", sagte Offizier Nagi. Sein Ton war keinesfalls schmeichelnd. Er redete sachlich nüchtern.
"Ich will nichts mit diesen Schwächköpfen zu tun haben!", entgegnete Laila.
"Das wirst du nicht. Du erhältst deine Befehle direkt von mir, oder unserem Anführer - Tariq Saddam Zaman. Du wirst deine Ausbildung nur von mir erhalten. Niemand anders wird dir etwas zu sagen haben", sagte Offizier Nagi.
Warum ausgerechnet ich?, fragte sich Laila im Stillen, doch sie sagte: "Wofür braucht ihr mich?"
"Du stellst deine Fragen sehr präzise, Laila", schmunzelte Offizier Nagi. "Tariq Saddam Zaman ist als unser Anführer ständig in Gefahr. Er hat abgesehen von mir nur sehr wenige Vertraute und er braucht ununterbrochenen Schutz. Er braucht jemanden, dem er umstandslos vertrauen kann. Jemand der für den Schutz seines Sohnes Karim Jinan sorgt. Jemand der zuverlässig spezielle Aufträge für ihn erledigt und der ergeben und loyal ist. Leider... lässt sich so jemand schlecht finden, aber du - du könntest einen der höchsten Posten in der Wüstenarmee bekleiden, wenn du dich anstrengst", erzählte Offizier Nagi.
"Wieso ausgerechnet ich?", rutschte es Laila jetzt doch vor Neugier heraus.
Offizier Nagi lächelte verschmitzt, als hätte er mit dieser Frage gerechnet.
"Du scheinst keinerlei Abneigung gegen unsere Organisation zu hegen", begründete er.
"Bisher habt ihr mir auch nichts Schlimmes getan", meinte Laila.
"Wenn du zustimmst, wirst du hier wohnen. Du wirst deine eigene kleine Wohnung, Verpflegung und alles was du benötigst von Tariq bekommen. Je besser du bist, umso mehr Luxus wird dir Tariq gewähren und am Ende deiner Ausbildung wist du in Tariqs verstecktem Palast einquartiert werden, um Karim besser schützen zu können. Tariq behandelt seine Untergebenen gut und gewährt seinen besten Offizieren alle möglichen Vergünstigungen", erklärte Offizier Nagi. Er ließ seine Worte einen Moment lang wirken und gab ihr somit etwas Zeit zum nachdenken, wobei er sie aufmerksam beobachtete.
"Was ist mit der Schule?", wollte Laila wissen.
"Die wirst du weiterhin besuchen. Es ist sehr nützlich auch dort einen Spion zu haben. Deine Ausbildung wird hauptsächlich in den Ferien fortgesetzt werden", antwortete Offizier Nagi.
Laila strich sich ihre langen Haare aus dem Gesicht und starrte nachdenklich auf ihre Knie. Eigentlich war das das beste, was ihr hatte passieren können. Sie bekam ein gutes Leben versprochen und eine gute Ausbildung. Sie würde sich nicht um eine Arbeit kümmern müssen, davon würde es genug geben. Außerdem würde sie ihre eigene Wohnung bekommen - davon hatte sie immer geträumt. Sie würde keine kleine Fußsoldatin sein, sie war für Größeres bestimmt. Und war es nicht eine Ehre den Sohn des Anführers schützen zu dürfen? Das waren doch gute Aussichten. Wen kümmerte es, für welche Seite sie kämpfte? Sie wusste ja noch nichtmal wofür die Wüstenarmee eigentlich stand. Im Waisenhaus hatte man ihnen nie etwas über diese "Organisation", wie Offizier Nagi sie nannte, beigebracht und auch in der Schule hatten sie noch nichts davon erwähnt.
Sie würde nicht ins Waisenhaus zurückkehren müssen. Sie würde sich nie wieder ein Zimmer mit zwölf anderen Mädchen teilen müssen. Sie würde nie wieder abgetragene Klamotten bekommen. Sie würde genug zu essen kriegen und, wenn es wahr war, was Offizier Nagi sagte, noch viel mehr darüberhinaus. Für sie gab es keinen Grund nicht einzuwilligen.
"Also, was sagst du?", sagte Offizier Nagi schließlich.
"Einverstanden!", willigte Laila ein.
Ein Lächeln breitete sich auf Offizier Nagis Gesicht aus. Er stand auf und reichte ihr die Hand.
"Dann willkommen in unserer Familie, Laila Alfarsi!", sagte er.
Laila zog die Hand schnell wieder weg und schaute ihn böse an.
"Nur Laila!", forderte sie.
"Also gut, nur Laila!", stimmte Offizier Nagi zu. Laila konnte ihre Freude zwar kaum zeigen, aber sie brachte ein schmales Lächeln zustande. Sie stand mit Offizier Nagi im Raum und sah ihn einfach nur an. Jedes Detail ihres neuen Ausbilders wollte sie sich merken. Die kleinen Narben im Gesicht, die dunkelbraunen Augen, den kurzen schwarzen Stoppelbart, die schwarzen Locken, von denen ein paar Stähnen unter dem roten Turban hervorragten, die rauhen Hände, die Narbe, die sich quer über seinen linken Handrücken zog, selbst seine schmale Gesichtsform und das jungenhafte Glitzern in seinen Augen.
"Dann sehen wir mal, wo du unterkommst", sagte Offizier Nagi und geleitete sie aus dem Raum.

Er führte sie durch eine schwere Holztür am Ende des Flurs und sie betraten einen offenen Durchgang. Durch die offenen Bögen konnte Laila in einen sandigen Hof hinabblicken. Ringsum setzte sich das Gebäude fort. Sie musste sich in einem riesigen Gebäudekomplex befinden. Der Himmel über ihnen war tiefblau und wolkenlos. Es war schon spät. Sie hatten lange geredet. Die Sonne war schon längst untergegangen. Im Hof standen ein paar ägyptische Jungen und Mädchen, alle mindestens ein paar Jahre älter als sie, und bekamen lautstarke Anweisungen von einem älteren Offizier. Sie schienen dort zu trainieren, trotz der Dunkelheit. Es gab Sandsäcke, Hürden, Mauern, Stangen, Laila erkannte sogar Ziele. Offizier Nagi ging langsam, vermutlich wollte er, dass sie sich alles genau ansah. Erklärungen gab es seinerseits keine und Laila vermied es zu fragen. Er würde ihr schon noch alles erklären.
Sie gingen in einen anderen Flügel des Gebäudes. Hier war es ruhiger. Offizier Nagi nahm einen großen Schlüsselbund vom Gürtel, den er um sein Gewand trug und hielt vor einer schwarzen Holztür an. Er schloss sie auf und winkte Laila herein.
Laila verschlug es die Sprache, als sie in die kleine Wohnung trat. Sie kam direkt ins Wohnzimmer, wo ein kleines edles Sofa auf einem verzierten Perserteppich stand. Vor dem Sofa stand ein kleiner Mosaiktisch aus rotem Glas, passend zur übrigen Einrichtung. Sie hatte sogar ein paar Schränke und Anrichten aus rötlichem Holz. Eine, mit roten Seidentüchern verhangene, Lampe spendete schwummriges Licht. Offizier Nagi öffnete eine Tür zu ihrer Rechten und ließ sie hineinsehen. Hier stand ein Himmelbett mit roten Vorhängen und roter Bettwäsche und ein großer Kleiderschrank stand ihr zur Verfügung.
An die andere Seite des Wohnzimmers grenzte die Küche, die ganz in weiß gehalten war. Nur um den niedrigen Esstisch lagen ein paar rote Sitzkissen auf dem Boden und ein paar roter Glasschalen standen auf der Arbeitsplatte. Weite offene Fenster und ein Bogendurchgang führten hinaus auf einen großzügigen Balkon, wo eine Hängematte und Laternen hingen. Von hier aus hatte sie einen atemberaubenden Blick auf den Garten, den sie unter sich entdeckte. In der Mitte des quadratischen Gartens, befand sich ein großer Brunnen, drumherum wuchs saftiges Gras und einige blaue Lilien. Außerdem säumten links und rechts weit ausladende Palmen den Garten. Laila kam aus dem Staunen garnicht mehr heraus und hatte alle Mühe es vor Offizier Nagi zu verbergen. Zuletzt zeigte er ihr noch das kleine Bad. Es hatte kleine Keramikkacheln an den Wänden und auf dem Boden, die ganz in violett gehalten waren. Hier gab es sogar eine Badewanne und einen Spiegel, der bis zum Boden reichte.
"Ich hoffe, dir gefällt es hier", sagte Offizier Nagi, als sie wieder in die Küche gingen.
Laila nickte. Sie hätte es sich kaum schöner vorstellen können. Sie standen im Türbogen zum Balkon und sie konnte kaum den Blick vom über ihr scheinenden Vollmond abwenden.
"Mein Name ist Hasib", stellte er sich vor. "Und ich möchte, dass du mich in Zukunft so ansprichst. Wenn ich dich ausbilde, musst du lernen mir zu vertrauen."
"Jawohl!", sagte Laila.
"Deine Ausbildung beginnt morgen. Ich hole dich um vier Uhr morgens vor deiner Tür ab. Sieh zu, dass du fertig bist", gab Offizier Nagi ihr an.
"Jawohl!", nickte Laila.
Offizier Nagi trat auf se zu. Sie wich einen Schritt zurück.
"Keine Angst, ich will mich nur verabschieden!", schmunzelte er.
"Fassen Sie mich nicht an, Offizier Nagi!", sagte Laila ernst.
Sie hasste das. Niemand durfte sie je anfassen. Das brachte sie in Rage. Viele Kinder aus dem Waisenhaus hatte sie deswegen schon geschlagen. Jedesmal wenn jemand sie berührte, durchzuckte es sie wie ein Blitz und in ihr machte sich eine ungeheure Wut breit. Sie wusste nicht, warum das mit ihr passierte. Aber sie konnte sich erinnern, dass es schon immer so gewesen war. Zumindest seit sie mit eineinhalb Jahren bei Nacht vor die Tür von Mutter Saida gelegt worden war. War davor passiert war, wusste sie nicht.
"Hasib! Schon vergessen?", lächelte Offizier Nagi und breitete die Arme aus. Er kam auf sie zu, doch bevor er sie erreicht hatte, hatte sie ihn am Kragen gepackt und ihn gegen den Türbogen gedrückt.
"Nicht anfassen!", fauchte sie wütend.
"Laila, ich will nur auf Wiedersehen sagen!", sagte er ruhig. Er schloss die Arme um sie und wollte ihr rechts und links einen Kuss auf die Wange hauchen, doch dazu kam er nicht. Wieder rammte sie ihr Knie in seinen Bauch. Er keuchte überrascht und nahm die Arme von ihrem Rücken.
"Ich sagte, NEIN!", zischte Laila wie eine wütende Kobra und wich langsam, mit ausgestrecktem Arm, vor ihm zurück.
"In Ordnung!", sagte Offizier Nagi und hob beschwichtigend die Arme. "In Ordnung!"
Er hielt etwas Abstand und reichte ihr die Hand. Dann begleitete sie ihn zur Tür.
"Wir sehen uns morgen in aller Frühe. Schlaf dich aus, damit du fit bist. Ich werde beim Training keine Rücksicht auf dich nehmen."
"Jawohl!", nickte Laila. Er schmunzelte wieder belustigt und trat aus der Wohnung. Den Tritt schien er ihr nicht übel zu nehmen. Wieso sollte er auch? Immerhin hatte sie ihn gewarnt.
Laila sah ihm hinterher, als er den offenen Verbindungsgang hinunterlief. Irgendwie hatte er etwas an sich, das sie mochte.
"Hasib!", rief sie ihm hinterher.
Offizier Nagi blieb stehen und drehte sich um. Fragend sah er sie an.
"Danke!", sagte Laila schüchtern.
Offizier Nagi lächelte nur breit und hob kurz die Hand, bevor er um eine Ecke verschwand.


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