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Fanfiction

1 Moment - 5 Orte - Colin -11- Erinnerst du dich?

von HauselfeLilian

Quietschend schwang das schmiedeeiserne Tor auf, als Colin sich dagegen lehnte. Er hielt den leuchtenden Zauberstab hoch über den Kopf, damit er in der samtenen Schwärze der Neumondnacht etwas erkennen konnte. Langsam trat er in die Kammer unter der Ruine und ließ das Tor mit einem Klappern zu fallen. Er drehte sich im Kreis und sah sich in der alten Folterkammer um. Sein warmer Atem stieg in dichten Dampfwolken in die kalte Luft auf. Draußen lag noch immer der Schnee. Hier unten war es zwar feucht, doch um wenigstens zwei Grad wärmer.
Colin ging bis zur Mitte der Kammer und blickte vor sich auf den Boden. Dort waren tiefe Schrammen im Stein und ein paar trockene Blutspritzer waren um die Stelle verteilt. Er kniete sich nieder und strich mit den nackten Fingerspitzen darüber. Seine Finger waren schon klamm und steif vor Kälte, aber er konnte fühlen, wie tief die Rillen waren, die er in seiner Wolfsgestalt hinterlassen hatte. So eine unbändige Kraft...
Er ließ seine Tasche auf den Boden gleiten und zog ein kleines Päckchen heraus. Fast fühlte er sich in die Zeit zurückversetzt, als er zwölf gewesen war und zusammen mit Eli die dunkelsten und verwachsensten Ecken im Wald zwischen Rennan und Buckley erkundet hatten. Einen ganzen Schwarm Fledermäuse hatten sie in einer engen, trockenen Höhle entdeckt, die so tief nach unten ging, dass sie sich nicht getraut hatten weiter hinein zu kriechen, als sie das Licht des Ausgangs noch sehen konnten. Auf Vogelnester und Dachsbauten waren sie gestoßen und schließlich fanden diesen großen, uralten Baum, knorrig und tief verwurzelt mit einer Krone so groß wie ein ganzes Haus und komplett überwuchert von Ranken und Flechten, die Äste so tief hängend und verwachsen, dass der Stamm kaum zu sehen war. Dort hatten sie ihr Lager aufgeschlagen, sich jeden Mittag in den Ferien getroffen und nie hatte sie jemand entdeckt.
Lächelnd packte er die Papierlaternen aus, die Trixie ihm zu Weihnachten geschenkt hatte, entzündete die Kerzen darin mit einem Schwung seines Zauberstabs und schon schwebten sie unter die Decke und tauchten alles in warmes, schummriges Licht.
„Hervorragend!“, sagte Colin begeistert zu sich selbst und wandte den Kopf nach allen Richtungen. Jetzt war die gesamte Kammer ausgeleuchtet und er konnte sich alles in Ruhe ansehen. Er stand auf, pustete warme Luft in seine kribbelnden Hände und überlegte, wo er zuerst anfangen sollte. Sein Blick fiel auf das schmiedeeiserne Tor und ein paar Gitterstäbe, die verbogen waren. Er lief nach vorn und betrachtete es mit gerunzelter Stirn. Hier hatte er sich dagegen geworfen, als Eli bei der Mondfinsternis herunter gekommen war, um nach ihm zu sehen. Colin konnte sich bruchstückhaft an die letzte Vollmondnacht erinnern. Ihm war, als würde immer mehr aus diesen Nächten in seinem Gedächtnis zurückbleiben. Er konnte sich noch daran erinnern, wie er Eli rufen gehört hatte, wie seine Schuhe auf der Steintreppe gehallt hatten. Er hatte sogar das Silbermedaillon mit dem Wolfswurz in seiner Tasche riechen können. Er hatte ihn warnen wollen, hatte sogar versucht, den Werwolf zurückzuhalten, doch er hatte es nicht geschafft. Aus Instinkt war er vorgesprungen, hatte versucht Eli zu beißen, ihm an die Kehle zu springen, doch das Gitter hatte nicht nachgegeben, obwohl er es so oft versucht hatte.
Der Wolf, mahnte sich Colin in Gedanken, das warst nicht du, sondern der Werwolf. In letzter Zeit konnte er es einfach nicht mehr unterscheiden. Er hatte aus den Augen des Tiers starren können, hatte Eli gesehen, wie er zitternd am Boden gelegen hatte, hatte seine Angst riechen können, hatte gehört, wie er ihn angefleht hatte, auch wenn er ihn nicht verstanden hatte, aber es war ihm nicht gelungen seinen Körper zu kontrollieren, bis der Erdschatten den Vollmond verdeckt hatte. Da hatte er für einen kurzen Moment die Kontrolle gehabt und war weggerannt.
Wenn er Eli verletzt oder getötet hätte... Colin schüttelte wild den Kopf um den Gedanken loszuwerden. Die Eisenstäbe waren stark genug um ihn aufzuhalten. Wenn Eli das Tor nicht öffnete, würde er ihm nie wieder etwas tun können. Nicht, solange er sich hier unten einschließen konnte.
Colin ging an den Wänden entlang und bemerkte die Kratzer, die sich auch dort im rohen Stein befanden. Die stammten nicht von ihm. Sie waren älter, viel älter, und schon mit Steinflechten bewachsen. Hier unten war über die Jahrhunderte mehr als ein Werwolf eingesperrt gewesen, das spürte er. Und er konnte die unterschiedlichen Spuren erkennen. Enge und schmale Kratzer, von kleinen Werwölfen, die mit ihren Krallen weniger tief in den Stein gedrungen waren. Breite, weit auseinander stehende Schrammen von Wölfen, die größere Tatzen als seine Handspanne hatten und tiefe Rillen hinterlassen hatten, verschiedene Bissspuren im alten Holz der Fackeln und Abschürfungen an den Halterungen in Boden und Wänden. Hier und da fand er sogar eine Rune, die in den Stein geschlagen war, auch wenn sie keiner logischen Anordnung entsprachen. Zum ersten Mal bereute er, nicht Alte Runen gewählt zu haben. Sicher hätte er sie entschlüsseln können.
Schließlich schaute er an die Decke und begann die rostigen Eisenketten abzuhängen. Wenn er hier schon jede Vollmondnacht verbringen musste, dann sollte es wenigstens nicht mehr nach einem Folterkeller aussehen. Vielleicht konnte er es sich halbwegs gemütlich machen, wenn er nicht ständig diese Folterinstrumente vor Augen hatte. Er rollte die rostigen Ketten zusammen und trug sie vor zum Tor. Die konnte er beim nächsten Vollmond noch zur Verstärkung verwenden.

„Ich krieg sie nicht auf! Ist eingerostet!“, hörte er Elis Stimme in seinem Kopf lachen, als er an den Sommer vor ihrem dritten Jahr zurückdachte. Sie waren gerade über die Steine am Ufer des Shannon River geklettert und Eli hing mit den Armen am Gitter des breiten Kanalrohres, wo der Waldbach aus dem Wohngebiet herausfloss und in den Fluss stürzte. Er rüttelte an den eisernen Ketten und bekam ständig Wasser ins Gesicht gespritzt. Colin stand unter ihm, hielt seine Beine mit den Händen auf seinen Schultern fest und schüttelte sich so sehr vor lachen, dass Eli beinahe hinunter fiel.
„Lass gut sein, es ist nur ein alter Fußball!“, sagte Colin und bekam einen Schwall eiskalten Wassers in den Nacken, als Eli den Oberkörper drehte um ihn anzusehen.
„Nein!“, rief Eli mit sturer Miene und schüttelte wild den Kopf. „Den holen wir dir zurück!“


Colin kicherte leise und begann damit, die Peitschen, Daumenschrauben und anderen Werkzeuge abzuhängen, während er melodielos summte. Er packte alles in eine Ecke und betrachtete den großen Haufen, der zusammen gekommen war. Dann testete er, wie stabil die Haken in der Decke waren. Vielleicht waren sie ja noch zu irgendetwas nütze.

„Filch wird uns verkehrt herum an der Decke aufhängen und uns auspeitschen, wenn er uns erwischt!“, hallte Elis hohes Stimmchen von den Korridorwänden. Er sah den grinsenden Elfjährigen vor sich an und schüttelte entsetzt den Kopf. Es war kurz vor Ende ihres ersten Schuljahres in Hogwarts.
„Das ist verboten! Das darf er gar nicht!“, sagte Colin zuversichtlich und fuhr damit fort, die Wand vor ihm mit Leuchtfarbe zu beschmieren. Dann tauchte plötzlich der Hausmeister am Ende des Korridors auf und die beiden Jungen rannten davon wie der Blitz, während Filch ihnen tobend und brüllend folgte.
„Ich hab doch gesagt, passiert nichts!“, kicherte Colin schließlich, als sie sich unter einer steinernen Wendeltreppe versteckten, hielt Eli dann aber schnell den Mund zu und biss sich selbst auf die Knöchel, damit Filch ihr Lachen nicht hören konnte, als er an ihnen vorbei hetzte.


Belustigt schnaubend wandte sich Colin von den Utensilien ab. In der ersten Klasse hatten sie furchtbare Angst vor Filch und seiner blöden Katze gehabt...
Er zündete die verbliebene Fackel an. Ihm war kalt, aber er wollte noch nicht zurück ins Schloss. Heute war der letzte Tag bevor die anderen Schüler wieder aus den Ferien zurückkehrten. Das war die letzte Gelegenheit, das alles unbemerkt zu verrichten. Er kniete sich auf den Boden um seine Tasche auszuräumen, musste aber erst seine Hände warm pusten und sich die eiskalten Ohren reiben, bevor er fortfahren konnte, denn Handschuhe und Mütze besaß er keine, auch wenn er heute nur zu gerne welche gehabt hätte. Er hatte nur den alten, grünen Schal, den Eli ihm in der ersten Klasse zu Weihnachten geschenkt hatte. Seine Mutter versprach ihm immer, sie würde ihm welche stricken, doch hatte sie nie Zeit dafür, und solange die Zwillinge und Shamus wuchsen wie Unkraut, konnte sie nicht einen Penny erübrigen, auch wenn sie wusste, wie dringend er richtige Winterkleider brauchte.

„Hier, du kannst meine haben!“, sagte der kleine Eli und drückte ihm eine Wollmütze in die Hand. Es war November in ihrem ersten Schuljahr auf Hogwarts. Colin schaute ihn überrascht an und schüttelte den Kopf.
„Mir ist aber nicht kalt!“, log er verlegen. Eli zuckte arglos die Schultern.
„Meine Mum sagt immer, wenn man in der Kälte keine Mütze auf hat, fallen einem die Ohren ab!“, erklärte er unbekümmert und drückte ihm die blaue Mütze fester in die Hand. „Jetzt nimm schon!“
„Das geht nicht, dann hast du doch keine mehr!“, sagte Colin betrübt. „Ich will nicht, dass dir meinetwegen die Ohren abfallen!“
„Schon okay!“, winkte Eli strahlend ab. „Ich hab noch mehr. Meine Mum strickt mir jedes Jahr eine zu Weihnachten!“


In Gedanken versunken, hörte Colin das Quietschen des Tores und die näher kommenden Schritte gar nicht. Erst als sich jemand direkt hinter ihm räusperte schreckte er auf. Er hob den Kopf und erkannte Eli, der ihm einen tadelnden Blick schenkte.
„Wie oft hab ich dir gesagt, du sollst eine Mütze aufziehen, wenn du bei der Kälte rausgehst!“, seufzte er, lächelte aber dabei. Er zog eine grün-weiß geringelte Wollmütze aus der Umhangtasche und stülpte sie ihm unsanft über den Kopf, zog sie bis zum Kinn hinunter, dass er nichts mehr sehen konnte, und gab ihm dann einen leichten Schubs.
„Dir fallen die Ohren ab, wenn du keine anziehst!“, schimpfte er belustigt, während ihn Colin gleichzeitig grinsend unter seiner Mütze nachäffte. Colin setzte die Mütze richtig auf und Eli drückte ihm noch ein paar Handschuhe in die Hand. Er steckte die Hände in die Taschen und sah sich im beleuchteten Keller um.
„Was wird das hier?“, fragte er mit hochgezogener Augenbraue. „Neujahrs-Party? Ohne mich? Ich bin enttäuscht!“
Colin schnaubte belustigt und boxte ihn in die Seite. „Idiot!“, fügte er noch hinzu.
„Doofnase!“, gab Eli schulterzuckend zurück.
„Mädchen!“, gluckste Colin und versuchte ihn umzuschubsen. Eli tänzelte davon und ging ihm gegenüber in die Knie.
„Welpe!“, zwinkerte er und fing an in seiner eigenen Tasche zu kramen. „Was hast du hier vor?“
„Nur aufgeräumt“, meinte Colin beiläufig und packte ein paar Klamotten aus, die er in einer Wandnische, die er entdeckt hatte, deponieren wollte.
„Du hättest sagen können, dass du hier runter gehst“, murrte Eli beleidigt, während er einen seiner warmen Winterumhänge aus seiner Tasche zog. „Ich hab mir Sorgen gemacht, als ich dich nirgends finden konnte! - Hier zieh den an, der ist wärmer!“
Er warf Colin den Winterumhang zu und holte zwei Flaschen Butterbier heraus. Dankbar legte sich Colin Elis gefütterten Umhang um die Schultern. Gleich wurde ihm um einiges wärmer. Er selbst war aus seinem eigenen schon längst herausgewachsen und weil er wusste, dass sie sich keinen neuen leisten konnten, hatte er das gegenüber seiner Mutter gar nicht erst erwähnt. Er wusste, dass Eli das wusste, auch wenn er es ihm nie gesagt hatte. Eli gab ihm immer einen von seinen, wenn sie nach Hogsmeade gingen, oder sich draußen aufhielten. Er musste nicht einmal danach fragen.
„Pack ihn in deinen Koffer“, sagte Eli und reichte ihm ein Butterbier.
„Was?“, fragte Colin verdutzt.
„Du hast schon verstanden!“, zwinkerte Eli und ließ sich auf den Hintern fallen. Er streckte die Beine aus, stützte sich auf die Arme und sah sich um. „Das erinnert mich irgendwie an diese Fledermaushöhle, in die wir uns reingequetscht haben, als wir zwölf waren!“
Colin grinste und nahm einen Schluck Butterbier. Daran hatte er auch schon gedacht.
„Ich wette, nicht mal du würdest heute noch rein passen!“, gluckste er und zog die Beine in den Schneidersitz. Eli fing an zu lachen und zeigte ihm den Vogel.
„Ich würde stecken bleiben und da drin verhungern!“, stimmte er zu. Er kramte weiter in seiner Tasche und förderte etliche Schokofroschpackungen zu Tage. Einen warf er gleich Colin zu.

„Hier, probier mal!“, lächelte der kleine Junge ihn an. Es war Colins erste Fahrt mit dem Hogwarts-Express und obwohl er schon die Winkelgasse besucht hatte, konnte er einfach nicht glauben, dass er ein Zauberer war. Colin fing die Packung auf und öffnete sie.
„Was ist das?“, wollte er vorsichtshalber wissen.
„Nur Schokolade!“, versicherte ihm der Braunhaarige. „Die schmecken richtig lecker. Aber das Coolste daran sind eigentlich die Sammelkarten! Schau mal rein! Wenn du auch anfängst zu sammeln, können wir tauschen!“
Colin zog seine Karte heraus und las den Namenszug „Merlin“ über einem leeren Rahmen, wo bei Muggelkarten eigentlich ein Bild gewesen wäre.
„Da ist ja gar keiner drauf...“, murmelte Colin enttäuscht. Sein Gegenüber winkte gelassen ab.
„Wahrscheinlich hängt er gerade in einer anderen Karte rum. Wart nur, der kommt schon noch!“, sagte er zuversichtlich. Auf Colins überraschten Gesichtsausdruck hin, legte er den Kopf schief und fragte: „Du hast keine Zauberer in der Familie, was?“
Colin schüttelte verlegen den Kopf.
„Na, macht nichts, ich kann dir helfen!“, meinte er munter und hielt ihm die Hand hin. „Ich bin Eli!“
„Colin!“, strahlte Colin und schlug bei ihm ein.


Colin biss dem Schokofrosch den Kopf ab und zog die Karte aus der Verpackung. Es war Merlin.
„Erinnerst du dich noch an unsere erste Zugfahrt?“, lächelte Colin.
„Was wäre, wenn nicht?“, grinste Eli. Colin warf ihm den halben Schokofrosch an den Kopf. Eli lachte, hob ihn von seinem Umhang auf und stopfte ihn sich in den Mund. Er drehte die Karte aus seiner Verpackung zu ihm um und schmatzte: „Es war doch Merlin, oder nicht?“
Colin nickte grinsend und sah an die Decke. Obwohl der Folterkeller kein schöner Ort war, konnte er sich im Moment einfach nur wohl fühlen. Manchmal fragte er sich, ob alles anders verlaufen wäre, wenn er Eli nicht getroffen hätte, aber er hatte nie wirklich Lust darüber nachzudenken.
„Wir sollten mal wieder in unserem alten Versteck vorbeischauen, wenn wir wieder zuhause sind“, schlug Eli vor, während er einen weiteren Schokofrosch auspackte. „Da waren wir den ganzen Sommer nicht!“
„Der alte Baum... weißt du noch, als wir...“, seufzte Colin sehnsüchtig. Wie viel lieber würde er jetzt auf der großen Plattform, die sie aus trockenen Ästen und Ranken gebunden hatten, hoch über dem Boden sitzen und in die Sterne schauen, anstatt sich mit diesem Kellerraum abfinden zu müssen.

„Du musst wirklich schon gehen?“, schmollte Eli. Colin zuckte entschuldigend mit den Schultern. Sie saßen auf einem dicken Ast des großen Baumes, beide dreckverschmiert, mit Blättern und Zweigen im Haar und Stöcken in den Händen, die sie als Balancestäbe benutzten, um nicht herunterzufallen.
„Meine Mum will, dass ich zuhause bin, bevor die Sonne untergeht...“, erklärte Colin niedergeschlagen.
„Warum fragst du deine Mum nicht, ob du hier übernachten darfst?“, wollte Eli wissen.
„Das erlaubt sie mir nie!“, antwortete Colin.
„Dann sag doch einfach, du schläfst bei mir!“, schlug Eli begeistert vor. Colin grinste breit.


„...als wir dort übernachtet haben?“, vervollständigte Eli mit wissendem Lächeln. „Wir sollten das nochmal machen. Aber dieses Mal bauen wir ein Geländer drum! Ich hab kaum geschlafen, weil ich dachte, ich fall runter!“
Sie fingen beide an zu lachen. Colin verschluckte sich an seinem Butterbier, dass es ihm aus der Nase spritzte, und Eli würgte plötzlich an einem viel zu großen Stück Schokolade. Colin krabbelte zu ihm hinüber und klopfte ihm auf den Rücken, während er sich mit dem Ärmel das Gesicht abwischte.
„Danke!“, keuchte Eli mit tränenden Augen und schnappte nach Luft. Er hustete, wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln und schüttelte sich. Unvermittelt legte er Colin den Arm um die Schultern, zog ihn zu sich, damit sich ihre Wangen berührten, und zeigte auf die brennende Fackel.
„Siehst du, was ich sehe?“, fragte er heiser. Colin wusste er einen Moment nicht, was er meinte. Er musste die Augen zusammenkneifen, damit ihn die Fackel nicht blendete. Dann, ganz plötzlich, erkannte er es. Dort an der Fackel, nur ganz klein, aber trotzdem deutlich. Zugleich sprangen sie auf und stürmten auf den Fackelhalter zu. Sie beugten sich ganz nahe vor, Colin strich über das rostige Eisen, während Eli die Fackel aus der Halterung zog, damit er genauer leuchten konnte.
„Das ist ein Adler, oder?“, sagte er aufgeregt. Colin fuhr die Schmiedearbeit vorsichtig nach und nickte.
„Das ist ein Adler!“, bestätigte Colin. „Aber das ist der einzige hier. Und nur hier auf dem Ring. Ich frage mich...“
Colin hängte den Finger in den dicken Eisenring und sah Eli fragend an.
„Wenn wegen dir hier alles einstürzt-!“, warnte Eli, brannte aber genauso darauf zu erfahren, was es mit dem Zeichen auf sich hatte. Colin zog an dem Ring. Mit einem Knacken kam er eine Daumenbreite aus der Wand und blieb schräg daran hängen. Kaum eine Sekunde später fing der Boden unter ihren Füßen an zu vibrieren. Die Steinwand schien sich unter der Bewegung zu verändern und plötzlich schmolz ein großer Teil davon einfach weg. Die beiden Jungen blinzelten sich ungläubig an.
„Glaubst du, da sind Fallen drin?“, fragte Eli unsicher. Colin linste vorsichtig hinein und schüttelte den Kopf. Er war sich ziemlich sicher, dass ihnen dort drin nichts geschehen würde. Der Adler war das Zeichen von Ravenclaw und Rowena Ravenclaw war nie böse oder gewalttätig gewesen. Wenn sie beabsichtigt hatte, dass jemand die geheime Tür fand, wartete dahinter sicher etwas, das ihre Neugier und ihren Wissensdurst stillen würde, denn dafür hätte sie nie jemanden bestraft.
Eli straffte die Schultern, hielt die Fackel weit vor sich und streckte den Arm in den dunklen Raum dahinter. Vorsichtig leuchtete er in alle Richtungen. Colin erkannte Schreibtische, Regale, alte Bücher und Schriftrollen, sowie Zeichnungen an den Wänden, alles von einer dicken Staubschicht überzogen.
„Wow...“, hauchte Eli überwältigt und machte einen zögerlichen Schritt hinein. „Das ist ja der Wahnsinn!“
Er trat noch weiter in den düsteren Raum, beugte sich über einen Tisch und blies vorsichtig den Staub von einem grabsteingroßen Buch. „Colin, das musst du dir ansehen!“

„Das musst du dir ansehen, Colin!“
Eli stand am Ufer des Sees und zeigte auf einen Punkt weit draußen, wo sich etwas Schwarzes am Himmel bewegte. Er nahm Colin am Arm und zog ihn ein paar Schritte weit ins Wasser. Sie gingen barfuß und hatten die Hosenbeine bis zu den Knien hochgekrempelt. Die Sommersonne versank gerade als großer, roter Feuerball weit hinter dem See und verwandelte die Oberfläche zu einem Spiegel aus Gold. Der schwarze Schatten kam immer näher, teilte sich in viele kleine Punkte auf, die schnell größer wurden. Sie rauschten über den glatt daliegenden See, kräuselten seine Oberfläche und Colin konnte ihre gewaltigen Schwingen erkennen. Dann waren sie fast da. Colins Augen wurden groß, als er die riesigen Adlerköpfe erkannte.
„Vorsicht!“, rief Eli und zog ihn runter, als die Wesen über ihre Köpfe hinwegrauschten. Colin fiel ins Flachwasser, sah zehn, zwanzig Körper, halb Adler, halb Pferd über sich und blickte ihnen mit offenem Mund nach.
„Wow! Was sind das für welche?“, keuchte er überwältigt. Eli war aufgesprungen um ihnen hinterherzuschauen.
„Das sind Hippogreife! Echte Hippogreife!“, schrie Eli, die Stimme vor Freude überschlagend.


Colin wollte Eli in den Raum folgen, doch als er die Öffnung in der Wand passieren wollte, schien es, als wäre die Luft vor ihm auf einmal fest geworden. Er lehnte sich vorwärts, versuchte dagegen anzulaufen, doch es fühlte sich an, als würde er gegen ein unsichtbares Hindernis laufen. Eli hingegen raschelte schon mit Pergamenten und Buchseiten, pustete hier und da Staub weg und ließ die Fackel durch den Raum tanzen.
„Oh, Mann! Rowena Ravenclaw... wo hast du das nur alles ausgegraben?“, hörte er Eli begeistert in der Kammer murmeln.
Das Fackellicht kam wieder näher und dann stand Eli vor ihm. Seine Augen glitzerten und seine Wangen glühten rot vor Aufregung. Doch als er Colin noch immer im Rahmen stehen sah, wich seine Freude einem verdutztem Gesichtsausdruck. „Was ist? Hast du Schiss?“
Colin verdrehte genervt die Augen. „Natürlich nicht!“, entgegnete er beleidigt.
„Warum stehst du dann noch hier rum? Komm schon!“, sagte Eli auffordernd und winkte ihn zu sich. „Das glaubst du einfach nicht, was hier drin alles rumliegt!“
Er war schon wieder ein paar Schritte hineingegangen.
„Ich kann nicht!“, erwiderte Colin schlicht. Eli sah ihn ungläubig an, wandte sich ab und betrachtete eine Zeichnung an der Wand. Er strich darüber, dass seine Hand schwarz vom Staub wurde, und stöhnte begeistert auf, als er erkannte, was darunter lag.
„Jetzt stell dich nicht so an! Sieh dir das mal an! Ich glaube, sie haben die Werwölfe hier unten gar nicht gefoltert“, meinte er und schaute von der Mitte des Raumes zu ihm hinüber. „Ich glaube, Rowena Ravenclaw hat die Werwölfe erforscht!“
„Toll!“, sagte Colin sarkastisch. Er konnte nicht behaupten, dass ihm Forschungen und Experimente an Werwölfen viel besser gefielen als Folter. „Aber ich kann trotzdem nicht hinein. Es geht nicht!“
Um es zu demonstrieren streckte er die Hand aus und kam nicht weiter als bis zum Durchgang, wo er wieder auf feste Luft stieß. Eli ging endlich ein Licht auf.
„Oh!“, stieß er schließlich aus. Und dann noch einmal: „Oh!“
Er kam zurückgelaufen, streckte die Hand nach Colins Fingerspitzen aus und berührte sie sacht.
„Ein Schutzbann gegen Werwölfe...“, stellte er unnötigerweise fest. Colin verzog den Mund und lehnte sich gegen den rauen Stein.
„Schätze, Ravenclaw war überhaupt nicht rassistisch...“, sagte er mit bitterer Miene. Eli biss sich auf die Unterlippe, erwiderte aber nichts. Er musterte Colin eine Weile, dann deutete er mit dem Daumen über seine Schulter und fragte: „Stört's dich, wenn ich-?“
„Nein, mach nur!“, winkte Colin säuerlich ab. „Ich warte einfach hier und langweile mich!“
Eli seufzte, schwenkte die Fackel herum und fing an zu stöbern. Colin setzte sich vor dem Eingang auf den Boden und blickte schmollend der Fackel hinterher, die mal hier, mal dort aufleuchtete. Er konnte Eli vom Staub husten und niesen hören und hörte ihn immer wieder verzückt ausrufen: „Das ist genial! Das ist genial!“
Colin kam es vor, als wären Stunden vergangen, als sein bester Freund endlich wieder aus der Kammer heraustrat. Gesicht und Haare waren grau vom vielen Staub, in seinen Armen trug er so viele Bücher und Schriftrollen, dass er kaum mehr das Kinn darüber heben konnte, aber er grinste breiter als je zuvor. Colin steckte die Fackel wieder in ihre Halterung und drückte den Eisenring zurück. Wieder vibrierte der Boden sanft und vor dem Durchgang wuchs der Fels wie eine Kaskade hinauf, bis nicht einmal mehr eine Andeutung eines geheimen Gangs zu erkennen war. Eli ließ die vielen Bücher mit einem dumpfen Flumph! neben seiner Tasche auf den Boden fallen, wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel ab, und strahlte ihn an.
„Und? Hast du was Interessantes gefunden?“, fragte Colin missmutig. „Ein Experiment vielleicht, wie man einem Werwolf tanzen beibringt, oder wie man sie zu einem Chor dressieren kann?“
Eli war aus irgendeinem Grund atemlos. Er schüttelte den Kopf und antwortete: „Nichts dergleichen!“ Er kam auf ihn zu und fasste ihn an der Schulter. „Colin, ich glaube, Rowena Ravenclaw hat nach einer Möglichkeit gesucht, wie man Lycanthropie heilen kann!“
Colin klappte der Mund auf. Sein Herz hörte für einen Augenblick auf zu schlagen und sein Magen machte einen Satz als hätte er eine Stufe treppab verpasst. Er schluckte mit trockenem Mund und mit einem Mal fing sein Herz an zu rasen und pochte in seiner Kehle. Eli schloss ihn stürmisch in die Arme und drückte ihn fest an sich.
„Vielleicht kann ich dir jetzt endlich helfen!“, flüsterte er mit zitternder Stimme in sein Ohr. „Wir kriegen dich schon wieder hin!“

„Das wird schon wieder!“
Sanft strichen ein paar Finger über seine Wange. Colin öffnete mühsam die geschwollenen Augen und erkannte verschwommen einen haselnussbraunen Schopf und ein schmales Gesicht über sich. Sein Kopf dröhnte und fühlte sich zentnerschwer an. Er fasste sich an den Kopf und spürte einen dicken Mullverband.
„Was-?“, brachte er benommen heraus.
„Der Klatscher hat dich erwischt“, erklärte Eli mit leiser Stimme. „Du hast jetzt 'ne Matschbirne, aber Poppy sagt, sie kriegt dich schon wieder hin!“ Eli sah ihn besorgt an. „Tut's denn noch weh?“
„Mhmm...“, brummte Colin und versuchte zu erkennen, wo die Mitte der beiden Elis war, die gerade vor seinen Augen herumschwammen. „Muss 'n ziemlicher Idiot sein, oder?“, nuschelte er dann vor sich hin und musste grinsen. „... 'n Sport zu machen, wo ein' Stahlkugeln wegballern...“
Eli prustete los. „Ich hab mir Sorgen gemacht, du Trottel!“, sagte er und versuchte entrüstet zu klingen. Colin drückte seine Hand, die unter der Decke in seiner lag.
„Lebe noch!“, erwiderte er dämlich grinsend und fing an zu glucksen. Eli sah aus, als wollte er ihm am liebsten eine reinhauen, stimmte aber doch in sein Lachen mit ein.


In Colins Kopf wirbelte alles durcheinander. Er war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Seine Gefühle überwältigten ihn und er wusste nicht, ob er lachen oder weinen, oder überhaupt irgendetwas tun sollte. Er konnte nicht atmen. Er wollte sich freuen, doch er hatte auch Angst, sich zu früh Hoffnungen zu machen. Er konnte nicht denken. Das alles traf ihn so unvorhergesehen und heftig, wie der Klatscher letztes Jahr.
Eli ließ ihn los und verwuschelte sein Haar. Er lächelte.
„Komm, ich will diese Bücher durchsehen, ohne mir den Arsch abzufrieren!“, sagte Eli und klopfte ihm aufmunternd auf die Oberarme. Colin kam wieder einigermaßen zu sich und betrachtete ihn mit erleichtertem Blick.
„Ja, nur... lass mich dir helfen, okay?“, brachte er mit bebender Stimme heraus.


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