von käfer
Severus rannte um sein Leben. Tim, der Sohn vom Metzger, und Bob, der Krämersjunge, waren hinter ihm her. Sie hatten gesehen, dass Severus mit dem Brotbeutel aus dem Haus gekommen war, und wollten das Geld. „Wenn du uns nichts gibst, bringen wir dich um!“
Severus hatte den einen geboxt, den anderen getreten und war losgerannt. Bob und Tim waren größer als er, aber Severus konnte schneller rennen. Die Angst half ihm, noch flinker zu werden. Vielleicht brachten Bob und Tim ihn wirklich um, aber er musste das Brot heimbringen, sonst hatten sie heute Abend nichts zu Essen. Bob und Tim hatten schon die Katze von Marylou totgemacht und der Puppe von Sue den Kopf abgerissen und den Holztraktor von Tommy angezündet. Den beiden traute Severus auch zu, dass sie ihn abmurksten.
Er drehte sich nicht um, er wusste auch so, dass Bob zehn Schritte hinter ihm war und Tim drei hinter Bob. Er rannte, rannte, rannte auf nackten Sohlen durch das ganze Dorf bis zum Bäckerladen. Severus schaffte es. „Guten Tag ein Brot bitte“, sagte er hastig und reichte der dicken Bäckersfrau das Geld.
„Was ist denn mit dir los?“, fragte sie, dann entdeckte sie Severus´ Verfolger. „Ach, die mal wieder. Geh hinten raus und lauf, so schnell du kannst. Ich halte die Burschen schon auf.“
Severus sagte: „Danke!“, grapschte nach dem Brotbeutel, wetzte durch den Gang an der Backstube vorbei, sauste über den Hof, kroch durch die Lücke im Zaun und flitzte über die Wiesen vom Bauern Burner zurück zur Straße. Vorsichtig sah er sich um; aber Tim und Bob fegten unter Aufsicht der Bäckersfrau die Straße.
Unbehelligt kam Severus daheim an. Im Gehen fiel ihm eine Beule am Brotbeutel auf. Er lugte hinein und fand ein weißes Brötchen!
Severus hörte, dass die Mutter in der Küche hantierte. Auf seinen nackten Sohlen ging er geräuschlos hinein – und blieb erstarrt stehen. Die Mutter bügelte gerade, aber am Spültisch klapperten die Teller und wuschen sich von allein ab.
„Mum, w-w-was ist das?“, fragte Severus erschrocken.
Die Mutter fuhr zusammen, riss einen braunen Holzstab aus der Schürze, zeigte auf die Teller und sagte: „Finite incantatem“. Dann ging sie in die Hocke, nahm Severus in den Arm und sagte: „Das, was du gerade gesehen hast, bleibt unser Geheimnis. Du darfst nicht mal Papa was davon sagen. Ich bin eine Hexe und das ist mein Zauberstab. Damit kann ich machen, dass sich die Teller selber abwaschen.“
„Warum darf Papa nichts davon erfahren?“
„Er kann nicht zaubern und er will nicht, dass ich daheim zaubere, verstehst du?“
Severus nickte und versprach der Mutter, niemandem was zu sagen. Wem sollte er es schon erzählen? Freunde hatte er keine und Großmutter war so streng, dass Severus ihr am liebsten aus dem Weg ging.
„Mummy, wieso bist du eine Hexe? Gibt es noch mehr Hexen? Kann ich auch zaubern? Warum steht in den Büchern immer, dass die Hexen und Zauberer böse sind? Darf ich deshalb nichts sagen? Was kannst du noch alles zaubern?“
„Oh weh, so viele Fragen auf einmal. Ich glaube, da ist ein starker Kakao nötig.“ Die Mutter wedelte mit dem Stab, vor den Augen des staunenden Jungen füllte sich ein Topf mit Wasser, das im gleichen Moment kochte, die Kakaobüchse kam aus dem Regal geschwebt, eine Portion Pulver fiel in das Wasser.
Die Mutter setzte sich, nahm den Sohn auf den Schoß und begann zu erklären.
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