von Chellie.
Weiter geht’s :)
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Montag. Gott, er hasste diesen Tag. Selbst als er die Hälfte des Unterrichts überstanden hatte und es viertel vor zwei zur Pause klingelte, wurde seine Laune mit Aussicht auf Verteidigung gegen die dunklen Künste immer mieser.
Die gestrige Ungerechtigkeit steckte ihm noch in der Knochen und Montague an diesem Tag gleich zwei Mal sehen zu müssen ätzte. Missmutig warf er sein Zaubertrankbuch in die Tasche und stapfte hinter Rose und Justin her. Der Weg vom Kerker in den ersten Stock hätte wahrlich länger sein können, doch er war schneller vorbei als gedacht.
Vor dem Klassenraum warteten bereits die Slytherins, mit denen sie jetzt wohl oder übel Unterricht hatten. Als Al mit seinen Freunden vor dem Raum ankam, blickte die Gruppe um Lucas Flint auf und ihr grinsendes Getuschel begann.
Doch entgegen seiner Erwartung geschah noch etwas, für das es sich gelohnt hatte Verteidigung auf sich zu nehmen.
Scorpius Malfoy trat plötzlich aus den Reihen der Slytherins hervor und ging zu ihm. Ihm war aufgefallen, dass er den Kontakt zu Lucas nur auf das Nötigste beschränkte und auch heute stand er nicht bei ihm.
Natürlich war dessen Interesse geweckt, als er sah, was sich vor seinen Augen abspielte. Scorp drückte ihm kommentarlos ein zusammengerolltes Stück Pergament in die Hand und ging zu seinem Kumpel zurück. Nach einem kurzen verwirrten Blick darauf, sah er, dass sich dabei um den Brief von seinem Vater handelte.
Dankbar suchte er noch mal Scorpius Blick, bevor er sich näher zu Rose stellte und das Pergament entrollte.
Hey Scorp,
du hast Recht: Zwischen Graham Montague, Herold Stevens und mir herrschte mal eine Freundschaft. Die meisten Geschichten aus meiner Schulzeit kennst du und du weißt auch, dass ich ein Slytherin und Reinblut aus vollstem Herzen war.
So auch die beiden, aber im Gegensatz zu mir, glaube ich nicht, dass sie sich geändert haben. Sie interessierten sich beide schon früh für die Dunklen Künste und das ist auch einer der Gründe wieso mich Grahams Anstellung als Verteidigungslehrer in deinem ersten Jahr so gewundert hat.
Wenn du einen Tipp von mir willst: Sei einfach vorsichtig. Ich möchte nicht, dass du wegen alter Verbindungen von mir Ärger in Hogwarts bekommst und deswegen wäre es besser wenn du niemanden wissen lässt, dass du dieses Foto gefunden und mich danach gefragt hast. Melde dich bald mal wieder.
Dein Dad
Auch ein zweites Mal las er die Zeilen, bis die Worte wirklich zu ihm durchdrangen. Es bedeutete, dass selbst Draco Malfoy seines Zeichens Ex-Todessser, seinen Sohn vor den beiden Männern warnte.
Er runzelte die Stirn und sah zu seiner Cousine, die den Brief schon lang überflogen hatte und nun mit einer undefinierbaren Miene vor sich hin starrte.
Doch bevor er sie irgendwie ansprechen oder auf Lucas penetrantes Starren eingehen konnte, kam Montague um die Ecke gerauscht und schloss die Tür auf. Nacheinander betraten alle Schüler den Raum und Al sorgte extra dafür, dass der Brief sorgsam in seiner Tasche versteckt war, damit niemand auf die Idee kam ihn ihm in einem unbedachten Moment zu klauen.
Nicht auszudenken, was passierte wenn die Flints ihn in die Hände bekamen oder Montague höchstselbst.
Durch ein Knallen wurde seine Aufmerksamkeit zurück ins Hier und Jetzt geholt. Albus schaute nach vorn und entdeckte dort auch die Quelle des Lärms: Montague hatte sein Lehrbuch und eine schwere Akte mit Aufsätzen auf das Pult knallen lassen.
Oh na toll... dann bekamen sie also den Aufsatz über Gegenflüche und ihre Wirksamkeit wieder. Sicher hatte er keine besonders gute Note, denn egal wie viel Mühe er sich auch gab – und er wusste, dass er für Verteidigung gegen die dunklen Künste eine natürliche Begabung besaß â€“ Professor Montague schaffte es immer irgendwie etwas in seinen Aufsätzen zu finden, dass die Note nach unten drückte.
Er sah nur an seinen abgeschlossenen Prüfungen der letzten vier Jahre, dass seine Noten deutlich besser sein könnten. Die Prüfungsnoten waren es jedenfalls, diese schloss er meist mit einem Erwartungen übertroffen oder Ohnegleichen ab, selbst wenn er nicht weiter dafür lernte.
„Lucas? Teilst du das mal eben aus!?“
Es war kaum zu glauben mit welcher Freundlichkeit Montague zu seinem Lieblingsschüler sprach. Er reichte dem Slytherin den Stapel mit den Aufsätzen und dieser sprang auch sofort auf und lief durch die Reihen um sie zu verteilen.
Als er bei ihm kam, stieß er mit Absicht gegen Al's Tasche, wahrscheinlich, weil er genau wusste, dass der Brief darin verstaut war. Wütend funkelte er ihn an und fing sein arrogantes Grinsen auf, wurde dann aber von dem roten A auf der oberen Ecke seines Aufsatzes abgelenkt. Na immerhin ein Annehmbar. Konnte schlimmer sein. Diesmal wären sonst wohl seine schlechten Noten zum Tagesgespräch bei den Slytherins geworden, wenn er etwas unter Annehmbar bekommen hätte.
Relativ zufrieden mit sich steckte er den Aufsatz weg und sah nach vorn. Das heutige Thema war die Verteidigung gegen übernatürliche Kreaturen. Allen voran gegen Vampire.
„Wie ihr wisst sind Vampire mit außerordentlicher Schnelligkeit, enormer Stärke und geschärften Sinnen gesegnet. Sicher könnt ihr einen Stupor-Zauber anwenden, wenn ihr schnell genug seid und den richtigen Moment erwischt, doch es gibt effektivere Zauber, die einen Vampir für Stunden außer Gefecht setzen können, was euch genügend Zeit verschafft die magische Strafverfolgungspatrouille zu rufen oder einfach zu verschwinden. Jemand Ideen?“, fragte Montague in die Runde, woraufhin sofort ein paar Arme in die Lüfte schossen. Darunter auch der von Rose.
Al hingegen schaltete wieder einmal ab. Er war mit den Gedanken nicht bei der Sache und hörte bei der Verteidigung gegen Vampire nur mit halbem Ohr zu. Das Thema interessierte ihn schon, doch viel mehr spukte Scorps Brief durch seinen Kopf und der Gedanke ließ ihm keine Ruhe mehr. Malfoys Vater war wirklich mit den beiden Professoren befreundet gewesen. Zwar hatte das Bild keinen anderen Schluss zugelassen, aber es schwarz auf weiß zu sehen bestätigte diese Vermutung nur noch und machte sie realer.
Er merkte überhaupt nicht, dass er Montague die ganze Zeit über anstarrte, während er seinen eigenen verwirrenden Gedanken nachhing und dabei zu keinem gründen Zweig fand. „Habe ich etwas im Gesicht oder weswegen starren Sie mich so an, Potter?“
Plötzlich stand besagter Professor vor ihm und alle Blicke richteten sich bei dieser Frage zu ihnen. Er räusperte sich, doch auch wenn er es versuchte, konnte er einen dummen Kommentar nicht zurückhalten.
„Nein, Sir. Ich war nur von ihrer unglaublichen Freundlichkeit so dermaßen fasziniert, dass ich kaum glauben konnte was ich da sehe.“, antwortete er schnippisch und sah, dass die Hand des Professors zuckte, so als hätte er ihm für diese Antwort am liebsten eine runtergehauen, konnte sich aber gerade so noch bremsen.
Er fing Rose tadelnden Blick auf und sah dann hinauf in dunkle Augen, aus denen nichts als kalte Berechnung sprach und in denen er den Wunsch lesen konnte ihm Schmerzen zuzufügen. Er war es gewohnt von Montague so voller Hass angestarrt zu werden, doch diese Sehnsucht war ihm neu.
„Seien Sie sich gewiss, Mr Potter, Sie werden sich ab heute Nachmittag noch meine Freundlichkeit herbei wünschen“, raunte er ihm leise zu und fügte lauter an: „Nun gut, da Sie sowieso schon bei mir Nachsitzen, werde ich noch einmal über ihr vorlautes Mundwerk hinweg sehen.“
Toll! Wieso konnte er auch nie seine Klappe halten? Aber was hatte er eigentlich erwartet!? Das Montague ihn ab sechs Uhr mit Keksen und Milch erwarten würde und ihm anbot auf seinem Schreibtisch ein Nickerchen zu halten? Wohl kaum. Ob er nun etwas gesagt hätte oder nicht, das Nachsitzen wäre so oder so die reinste Qual geworden.
Als sie in der Pause vor Pflege magischer Geschöpfe auf dem Innenhof standen, kickte der Schwarzhaarige ein Steinchen aus dem Weg und vergrub die Hände in den Hosentaschen, froh darüber, dass Rose den Brief von Draco Malfoy offenbar um so einiges interessanter fand als seine erneute Provokation Montague gegenüber.
Und er es musste zugeben, dass ihm genauso ging. Er stand mit ihr, Justin und Joanna in einem kleinen Kreis und ließ den Brief gerade nochmal herum gehen, damit ihn alle lesen konnten und wissen worum es sich handelte.
Zum Glück waren hier nirgendwo neugierige Slytherins in der Nähe.
„Ich fand es wirklich mutig von Scorpius so vor allen anderen den Brief weiterzugeben. Habt ihr gesehen wie Lucas und die anderen ihn angesehen haben? Ich glaube seit er sich von ihnen losgesagt hat, sind solche kleinen Dinge ein gefundenes Fressen für sie.“, murmelte Joanna gerade und Al seufzte.
Er fand es selbst mutig, auch wenn er es nur ungern zugab und hoffte, dass sich Scorps Leben dadurch nicht unnötig erschwert hatte.
SCORPIUS SICHT
Langsam wusste er nicht mehr so recht ob die Entscheidung gut gewesen war, Albus den Brief seines Dads vor allen anderen zu geben.
Er war jedenfalls froh, dass er ihn nun hatte, denn als er im Slytherin-Gemeinschaftsraum ankam, wurde er bereits von Lucas und Marcus in die Zange genommen.
„Was hast du Potter da eben gegeben?“, fauchte Ersterer und drängte ihn immer weiter nach hinten, bis er mit dem Rücken an die Sofakante stieß und eingekesselt war.
„Nichts von Bedeutung und außerdem wüsste ich nicht was dich das angeht, Lucas. Wir sind keine Freunde mehr, schon vergessen?“
„Wie sollte ich! Du hast Schande über den Namen deiner Familie gebracht, in dem du dich gegen uns gestellt hast, wie könnte ich so etwas so schnell vergessen?“
Scorp schnaubte. „Ich denke, unsere Ansichten gehen in diesem Punkt auseinander. Würdest du mich jetzt bitte durchlassen? Ich habe noch Hausaufgaben zu erledigen.“, erwiderte der Blondschopf recht kühl.
Doch so leicht sollte es für ihn wohl nicht werden aus der Nummer herauszukommen. Lucas packte ihn am Kragen und kam ihm gefährlich nahe.
„Was stand in diesem Pergament?“
„Na, na, Brüderchen. Nicht so aggressiv, unser junger Freund hier kann doch gar nicht mehr reden, wenn du ihm gleich den Kopf einschlagen willst!“, plötzlich und wie aus dem Nichts war Dylan an der Seite seines kleinen Bruders aufgetaucht und Letzterer ließ Scorp daraufhin auch los.
Dieser atmete auf. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Dylan ihm einmal zur Hilfe kommen würde? Aber woher zum Teufel wusste der schon wieder davon, dass er etwas verheimlichte? Manchmal erschien es ihm als würden Lucas und Dylan die Gedanken des jeweils anderen lesen können, weil sie sich in jeglicher Hinsicht ergänzten.
Fest stand: Er sollte sich ganz dringend irgendetwas aus den Fingern saugen, nur damit die beiden Ruhe gaben und nicht weiter nachhakten.
Dylan legte ihm auf einmal den Arm um die Schultern und ging mit ihm ein paar Schritte zur Seite.
„Scorpius, sei doch mal ehrlich. Ich denke nicht, dass zwischen Albus Severus Potter und dir ein besonders reger Kommunikationswechsel herrscht. Was war da los?“, fragte er in einem ungewohnt freundlichen Tonfall, wobei ihm als erstes auffiel, dass Dylan offenbar sogar so hochtrabende Worte wie 'Kommunikationswechsel' beherrschte.
„Nichts weiter, die alte McGonagall gab mir eine Nachricht für ihn und ich habe sie ihm gegeben. Es wäre wirklich von Vorteil wenn du deinen Bruder ein wenig zurückpfeifen könntest. Es wird ihm nichts bringen, auch wenn er mir noch so gern an die Gurgel springen will.“, erwiderte Scorp, ebenfalls um Freundlichkeit bemüht, auch wenn er einen leicht bissigen Ton nicht vermeiden konnte.
Dylan lachte. „Natürlich“, meinte er und der Griff um Scorps Schulter verstärkte sich einen Moment. „Nichts lieber als das!“
ALBUS SICHT
Inzwischen war auch Pflege magischer Geschöpfe vorbei und das Nachsitzen bei Montague rückte näher. Al's Laune sank zunehmend bei dieser Aussicht und er hatte keine Ahnung, wie er diese Zeit halbwegs erträglich gestalten konnte.
„Vielleicht solltest du versuchen noch etwas herauszufinden, nachher, meine ich“, sagte Rose unerwartet und stellte ihre Tasche an der Treppe zu den Mädchenschlafsälen ab. Er hob eine Augenbraue.
„Du, die absolute Vernunft in Person, rätst mir während des Nachsitzen bei Montague noch mehr über ihn und diese Verbindung herauszufinden?“
Rose verdrehte die Augen. „Ja, genau und jetzt tu nicht so, als hättest du nicht auch schon mit dem Gedanken gespielt. Hör zu, das neulich tut mir leid, Albus, aber ich mache mir nur Sorgen um dich und ich gönne dir das Nachsitzen bei Montague keinesfalls. Es ist ungerecht, auch wenn ich nach wie vor der Meinung bin, dass du nicht gleich hättest zuschlagen müssen. Ich stehe hinter dir, vergiss das nicht.“
Sie lächelte und er lächelte zurück, auch wenn er keine blendende Laune hatte, tat dieses Bekenntnis seitens seiner besten Freundin wirklich gut. „Und irgendeine Idee wie ich das bewerkstelligen soll?“
Natürlich hatte Rose eine Idee und es hätte ihn auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre.
Und dann war es auch schon so weit. Zehn vor sechs Uhr abends machte Albus sich auf den Weg zum Büro von Montague, sodass er Punkt sechs an die Tür klopfte.
„Herein“, ertönte es von drinnen, er trat ein und tat überhaupt nicht erst so, als würde er ihm in irgendeiner Weise Höflichkeit entgegen bringen.
„Ah, Mr Potter. Pünktlich auf die Minute, das muss man Ihnen lassen.“, sagte er knapp und deutete auf den Stuhl gegenüber, direkt an seinem Schreibtisch. Montague selbst saß dahinter und korrigierte Arbeiten. Erst, als er sich setzte, sah er auf und räumte seine Unterlagen zur Seite.
„Heute werden Sie mir dabei helfen altes Unterrichtsmaterial zu archivieren.“, erklärte er und fand diese Tatsache dabei offenbar unglaublich amüsant, zumindest grinste er aus einem Grund, den Al nicht verstehen konnte. „Gut“, meinte dieser nur und machte sich an die Arbeit. Er sollte die Stapel, die er ihm gab nach Wichtigkeit sortieren, das hieß, größere Unterrichtsthemen wie Prüfungsfachgebiete sollten sich von kleineren, nebensächlicheren Themen unterscheiden. Dabei beschränkte sich das Material natürlich nur auf die ersten fünf Schuljahre, da Albus sonst nicht wissen konnte welche Themen wichtig waren.
Es war ein Test und Montague würde vermutlich jede Chance nutzen ihn zu demütigen, sollte er mal nicht wissen was auf welchen Stapel gehörte.
Zuerst bearbeitete er die vierte Klasse und war erstaunt wie viel er davon behalten hatte. Beim dritten Jahrgang wurde es ein wenig schwieriger und der Slytherinhauslehrer ließ das ein oder andere Mal einen bissigen Kommentar hören, wenn er etwas versehentlich falsch einsortierte.
Dann kam er zum ersten Jahr und tat eines der Prüfungsthemen von damals auf den rechten Stapel, als er plötzlich auf etwas stieß, dass ihm jegliche Farbe aus dem Gesicht wischte.
Es war ein Artikel aus dem Tagespropheten von Weihnachten 2017.
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