von Justine
Plötzlich tanzten Sternchen vor Nevilles Augen, ein schmerzhaftes Knacksen irgendwo in der Hals-Hinterkopfgegend, dann nur noch unendliche wohltuende Schwärze, die ihm umfing, ihn einhüllte, ihn streichelte, ihn in ihre Arme aufnahm.
„Neville…Neville“ eine von panikdurchtränkte Stimme drang an seine Ohren.
Nevilles Lieder flatterten und mit viel Mühe schlug er die Augen auf. Langsam klärte sich die Sicht und er erkannte eine Frauengesicht über sich. Es war Ginny.
„Ginny? Bist du auch tot?“, würgte Neville hervor. Sein Hals schmerzte und in seinem Kopf wummerte es.
„Oh Neville“, schluchzte Ginny, „Du lebst noch, es wird alles gut….warte, ich helf dir.“
Die zierliche rothaarige Frau half ihm in eine sitzende Position und lies sich dann mit Tränen in den Augen neben ihm nieder.
„Ich bin gar nicht tot?“, fragte Neville und hatte Mühe den Kopf gerade zu halten.
„Nein…“, brach es gequält aus Ginny raus, „Hannah….Hannah…oh es tut mir so leid.“
Neville schwieg eine Weile.
„Walden Macnair war es, er hat sie umgebracht, er wollte Rache nehmen“, sagte er monoton.
„Ich weiß…Neville, ich konnte ich ihn nicht mehr festhalten…er ist mir entwischt“, sagte Ginny weinend, „Ich hab ihn entkommen lassen, es tut mir so leid…aber ich musste die Axt erst von dir ablenken…und dann war er…er…“
Neville begann die von Schluchzern geschüttelte Ginny an der Schulter zu tätscheln.
„Du kannst nichts dafür….vielleicht hättest du mich auch sterben lassen sollen“, Nevilles Stimme war nur noch ein Flüstern.
„Sag so etwas nicht“, schrie Ginny und vergrub ihr Gesicht in den Händen.
Neville antwortete nicht und nahm zum ersten Mal seine Umgebung war. Er war immer noch in dem Zimmer des Todessers. Die Äxte in allen Formen und Macharten blitzten immer noch herunter. Fast höhnisch, kam es Neville vor.
Dann viel sein Blick auf seinen linken Arm. Mit großen Augen starrte er darauf. Der Unterarm hörte in der Mitte einfach auf…
„Der ist einfach weg…meine Hand hat er mir auch genommen“, murmelte Neville.
„Ich hab nur die Blutungen stillen können, es tut mir Leid…du musst am besten ins Mungo“, sagte Ginny und blickte mit geschwollenen Augen auf.
„Ich will nicht ins Mungo“, sagte Neville und zog die Knie etwas an, „Ich will nie wieder dahin, ich musste immer mit meiner Großmutter dahin…weil meine Eltern…Bellatrix Lestrange hat sie solange mit dem Cruciatus gefoltert, bis sie…“
„Pscht…ich weiß…du musst es mir nicht erzählen“, unterbrach Ginny behutsam, wenn auch mit unsicherer Stimme.
„Und…dann sind sie so anders geworden…die Seele wurde irgendwie entzwei gerissen…aber sie waren die größten Auroren, die es gab…sie waren so gut wie Moody…Großmutter hat immer gesagt, ich solle mich ihnen würdig erweisen…und dann hab ich mit Harry Potter…“
Ginnys Mund entsprang ein erstickter Laut, als der Name ihres toten Freundes fiel.
„Dann hab ich im Ministerium gekämpft und…dann war ich auch ein wenig wie Mum und Dad, weißt du…ich hab auch gekämpft…und später auch…und dann…ist einfach Macnair gekommen und hat mir wieder alles kaputt gemacht.“
Ohne dass es ihm bewusst wurde stiegen Neville Tränen in die Augen.
„Und dann…dann…jetzt bin ich alleine….die haben mir alles genommen….alles….“
WĂĽrgend fing er an zu schluchzen.
„Hannah und Harriet…sind alles tot…alle.“
„Was?“, sagte Ginny und hörte auf ihm tröstend übers Knie zu streicheln.
„Alle tot“, wiederholte Neville, „und dann kann ich eigentlich auch gleich sterben…ich bin allein, mir wurde alles genommen, was mir wichtig war…wegen mir mussten Hannah und Harriet sterben…“
„Neville, bleib mal kurz sitzen…ganz kurz“, sagte Ginny und plötzlich kam leben in sie. Sie stürmte aus der Tür und Neville hört von draußen ein Plopp.
Er senkte den Blick wieder und starrte verschwommen seinen Arm an.
„Alle tot…alle weg…ich bin allein…ich sollte auch sterben…was will ich noch hier, hier wo mir alle wehtun“, murmelte er apathisch und fing an, auf seinem Daumennagel herum zu kauen.
„Neville…du kannst nicht sterben“, erklang Ginnys Stimme über ihm. Er hatte sie nicht wiederkommen hören.
„Natürlich kann ich sterben…ich kenn da Pflanzen…“
„Du wirst noch gebraucht“, sagte Ginny sanft und ließ etwas in Nevilles Schoß gleiten.
Neville sah mit groĂźen Augen auf das BĂĽndel.
„Harriet…“
„Gnagh“, gluckste die viermonatalte Harriet und lächelte ihn an.
Neville sah fassungslos seine alte Schulfreundin an. „Aber…wie?“
Ginny kniete sich nieder.
„Sie war nie im Haus als alles passierte, Hannah hat mich vorher gebeten auf sie aufzupassen, damit ihr den Abend für euch habt…ich hab sie mit zu mir genommen und dann bin ich noch einmal zurück, weil die Kleine Husten hatte und einen Trank nehmen sollte und dann…“, Ginny brach ab, als sie sich an Ereignisse erinnerte.
Neville starrte seine kleine Tochter an, als sähe er sie zum ersten Mal. Harriet gluckste und bewegte stolz ihre Finger, als wollte sie ihm beweisen, dass noch alles an ihr funktionierte.
„Neville…Harriet braucht dich, mehr als irgendjemand anders dich jemals gebraucht hat…sie ist noch so klein…sie braucht ihren Daddy, weil der der tapferste Daddy ist, den sich ein Mädchen wünschen kann“, sagte Ginny und fuhr Harriet über den blonden Flaum auf dem Kopf.
Neville blickten in die blauen, strahlenden Augen seiner Tochter und wusste, dass sein Leben ein Leiden war…aber seine Tochter ihn brauchte. Und er würde für sie da sein. Für immer.
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jetzt noch ein Kommi und ich bin glĂĽcklich :-)
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