von Justine
Leise zog er die Schuhe aus und schlich sich ins Wohnzimmer, er wollte Hannah überraschen. Vorsichtig öffnete er die Küchentür.
„Hallo Schatz ich bin wieder...“, überrascht hielte Neville inne, „da!“
Er starrte die Küche an. Sie war in ein feierliches Kerzenlicht getaucht. Der schlichte Küchentisch war mit einer dunkelblauen Tischdecke gedeckt, darauf stand das teuere Porzellan, dass sie von Nevilles Großmutter bekommen hatte, lange, dunkelrote Kerzen in silbernen Kerzenständern schufen eine intime Atmosphäre. Und ein verführerische Duft zog ihm durch die Nase. Geschmortes Fleisch mit Preiselbeersoße, stellte Neville schnuppernd fest. Sein Leibgericht. Lächelnd sah er auf den herzförmigen Schokoladenkuchen, der auf der Küchenplatte stand.
„Hannah?“, rief Neville leise und strich über die kunstvoll gefalteten Servietten.
Niemand antwortete.
Neville lächelte, als er entdeckte, dass die Tür von der Küche zum Wohnzimmer viel versprechend offen stand.
Sie will mich mit irgendwas überraschen, dachte Neville.
Er betrat das kleine gemütliche Wohnzimmer und sah Hannah.
Neville wankte.
„Nein“, stieß er tonlos hervor und musste sich am Türrahmen festhalten.
Fassungslos und schockbetäubt starrte er mit weit aufgerissenen Augen auf das Szenario, dass sich ihm bot.
„Nein“, schrie er verzweifelt und konnte den Blick nicht abwenden.
Er sank zu Boden.
„Nein“, die Blumen fielen ihm aus der zitternden Hand. „Hannah!“
Ein Schluchzen stieg in seiner Kehle auf und fand in einem röchelnden Geräusch den Weg aus seinem Mund.
„Hannah“, die Verzweiflung, die Trauer und der Schock flossen in heißen, schmerzhaften Wellen durch seinen Körper. „Neeeeeeein.“
Seine Hände krallten sich in seinen Bauch, und immer noch nicht konnte er den Blick von seiner Frau wenden. Von seiner toten Frau.
Hannah Lonbottoms Körper hing halbaufgerichtet und blutübersudelt an der Wand. Die lindgrüne Tapete wurde nun von zahlreichen Blutspritzern verziert.
Hannahs Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen und hatten einen trüben Glanz. Der Mund geöffnet und die Zunge hing unnatürlich weit heraus. Die braunen Haare schwammen auf einer Blutlache und imitierten auf schreckliche Weise eine Wasseralge.
Betäubt und kalkweiß starrte Neville die geköpfte Leiche an. Eine einzelne Träne fand den Weg aus seinem linken Auge, rann über die Wange und tropfte vom Kinn.
„Hannah…meine geliebte Hannah“, flüsterte Neville.
Wer war es, wer hat meine Hannah umgebracht, dachte Neville, meine Hannah….Harriet.
Neville fuhr auf. Wo war seine Tochter? Hatte auch sie den Tod gefunden?
Neville schrie erstickt auf und stürzte durch die Küche auf die Treppe. Er nahm die Stufen so hastig dass er über seine eigenen Füße stolperte und sich den Ellbogen und den Kopf am Treppengeländer stieß.
Doch er spürte den Schmerz nicht. Schluchzend rappelte er sich auf und jagte die Treppe hinauf.
Am ganzen Körper zitternd kam er vorm Kinderzimmer stehen. Seine Hand zuckte wie verbrannt vor der Klinke zurück. Was würde er vorfinden? Eine geköpfte Babyleiche? Oder war der Mörder gnädig gewesen und hatte sie mit einem Unverzeihlichen getötet?
Verzweifelt schluchzte Neville auf und seine Hände krallten sich um die Klinke, sodass die Knöchel weiß hervor traten.
Ich kann nicht, ich will es nicht sehen, dachte er Neville, Warum Hannah, wer war es? Wer? Warum?
Die Tränen rannen ihm übers Gesicht, sein Schultern bebten, als er sich dazu bereit machte die Klinke nieder zu drücken.
Bitte nicht auch noch Harriet, dachte Neville.
„Sie ist tot“, sagte eine Stimme hinter ihm.
Neville führ mit einem dumpfen Schreckenlaut herum. Vor ihm stand diejenige Person, die ihm alles genommen hatte was er noch hatte. Die ihm sein Sonnenschein, sein Glück, seine Liebe genommen hatte. Alles was ihm noch geblieben war, alles das was ihm Halt und Freude gegeben hatte. Das alles war ihm vor den Person genommen worden, die nun mit grausamen Grinsen und kaltem Funkeln in den Augen vor ihm Stand. Und Neville erkannte sie wieder.
„Du“, sagte er angsterfüllt und seine Hand tastete nach dem Zauberstab.
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