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Fanfiction

Pureblood Pride - Verräter

von Dr. S

Der Grimmauld Place war verstaubter, als Sirius ihn zurückgelassen hatte. Kreacher begrüßte ihn mit einer unmotivierten Verbeugung und kroch in sein Nest, ohne Sirius‘ Gepäck auch nur einen Blick zuzuwerfen. Für ihn war das in Ordnung.

Das Portrait seiner Mutter schrie und keifte; das war nervenaufreibend genug. Selbst ganz oben in seinem Zimmer, während er auspackte, hörte er sie noch. Sie beleidigte ihn, stauchte ihn zusammen und machte ihm all die Vorwürfe, die er noch aus seiner Jugend kannte. Würde er ihr von Draco Malfoy erzählen, könnte sich das vielleicht ändern – oder tausendfach verschlimmern.

Sirius hatte eine kleine Kiste mit Dracos Sachen. Er stellte sie auf seinen Schreibtisch, wo sie direkt im Sonnenlicht stand, nachdem er die schweren Samtvorhänge zur Seite gezogen hatte. Er versuchte sie nicht zu beachten, räumte seine Klamotten in den Kleiderschrank, die Bücher in die Regale, die Comics auf seinen Nachttisch und den ganzen Pflegescheiß trug er in das Badezimmer auf diesem Stockwerk.

Besuch bekam er keinen. Es wusste noch niemand, dass er sich nicht länger Professor nennen durfte. Außer dem Portrait von Phineas, das ihm bei nächster Gelegenheit eine Standpauke der besonders schmerzhaften Art halten würde.

Zurück in seinem Zimmer starrte ihn die Kiste an. Sirius klopfte den Staub von seinem Bett und bezog es neu. Er mochte sein Bett, war froh gewesen, dass es nach all den Jahren immer noch hier gewesen war. Auch wenn das Gestell zu düster und schick verziert für ihn war, die Matratze hatte dieselbe Kuhle, die er im Alter von sechzehn zurückgelassen hatte – es war ein Stück Sicherheit, dass er nach Askaban und seiner Flucht gut hatte gebrauchen können. Jetzt aber…

Es war vertraut, und doch nicht. Er war verwirrt. Ein geisterhaftes Kitzeln ganz weit hinten in seinen Gedanken wusste ganz genau, was ihm fehlte. Er hörte nicht hin. Er konnte nicht hinhören.

Sirius stellte sein Lieblingsfoto von sich und James auf den anderen Nachttisch, der, dem er beim Schlafen näher war. Im letzten Sommer hatte er sich um die Fotos gekümmert, die er aus Protest an die Wände geklebt hatte. Sie lagen sorgfältig verstaut in Schuhkartons, die ganz unten in seinem Bücherregal standen. Er könnte sie einkleben. Leute in seinem Alter machten so langweilige Dinge.

Sirius schaute zu der Kiste auf seinem Schreibtisch, zwang sich sie nach diesem Blick nicht weiter zu beachten.

Seine Tür stand offen. Gegenüber glänzte das Namensschild seines Bruders auf der seit Jahren verschlossenen Tür.

Er schloss die Augen und sah seinen Bruder den Flur entlanggehen. Schwarze Haare, so viel perfekter gescheitelt als seine, die grauen Augen, stechend scharf, intelligent und erwachsener, als er jemals geworden war, und seine Haut, so viele Nuancen blasser, als Sirius‘. Sie waren sich so ähnlich und doch so verschieden gewesen.

Hinter seinen Lidern sah er Regulus in seinem Zimmer verschwinden. Kein Wort, kein Ton, nicht einmal ein Knarzen der Dielen. Kein Kind sollte so still sein, so unauffällig, fast unsichtbar. Zu erwarten, dass man übersehen wurde, war falsch. Damit zu rechnen, dass man vergessen wurde, tat weh. Sirius hatte sich das nie gefallen lassen. Aber er war der Erstgeborene gewesen und hatte von Geburt an mehr Aufmerksamkeit bekommen.

Sein Bruder war immer vergessen worden. Sogar er hatte nicht an Regulus gedacht, als er dieses Haus hinter sich gelassen hatte.

Er fragte sich, ob das der Moment gewesen war, der Regulus diesen Weg, diese Sackgasse hatte einschlagen lassen.

Dracos… nein, Voldemorts Worte fielen ihm wieder ein. Er hatte Regulus erwähnt, kryptische Worte, die er hatte verdrängen wollen. Dieses Leben und all die Verbindungen hatte er hinter sich gelassen. Aber hier, in dem Haus seiner – ihrer Kindheit, wurde ihm das alles zu bewusst. Und das tat unglaublich, verflucht, scheiße weh.

Er fühlte sich wie ein Verräter. Immer, wenn er hier in diesem Haus war, verstärkte sich dieses Gefühl. Und jetzt hatte er Draco genauso verraten und alleine in Hogwarts zurückgelassen.

Sirius konnte die Kiste nicht länger ignorieren.

Dracos Sachen… Sein ganzer überflüssiger Pflegescheiß… Der vertraute Duft von Zitrone mischte sich mit dem eines leichten Sommerregens. Sirius fand eines von Dracos Hemden und zog es vorsichtig aus der Kiste. Schwarz, weil es nicht zu seiner Schuluniform gehörte, und maßgeschneidert. Er sah den Moment vor sich, als er es Draco abgestreift hatte. Dabei hatte er so gut darin ausgesehen. Hinterher hatte er sich Sirius‘ T-Shirt übergestreift. Es war ihm von der Schulter gerutscht. Ein Anblick zum Dahinschmelzen.

Sirius ertappte sich dabei, wie er das Gesicht in Dracos Hemd vergraben hatte und schlimmer daran schnüffelte, als seine Hundeversion. Er legte es beiseite und kramte einen angefangenen Aufsatz von Draco hervor. Zaubertränke. Er war nicht gut genug gewesen und Draco hatte noch einmal von vorne angefangen. Dabei ging das hier schon als ‚Erwartungen übertroffen‘ durch. Sirius hätte das gereicht.

Dracos Schrift war schön. Die meiste Zeit über gut zu lesen, verschnörkelt und langgezogen, feste Striche, die deutlich machten, wie eilig er es hatte, seinen Gedanken hinterher zu kommen. Sirius spürte Vertiefungen im Pergament, als er mit dem Finger über die schwarze Tinte führte. Er hätte mindestens hier ein bisschen Farbe erwartet. Sogar Harry schrieb mit Smaragdgrün, Draco als Slytherin hätte sich das erlauben können.

Sirius fand ein Buch. Draco hatte es angeschleppt, als ihm die Comics nicht mehr durch schlaflose Nächte geholfen hatten. Es war ein Krimi, eine Detektivgeschichte, Sirius verstand überhaupt nicht, wo der Unterschied zu Batman war, bis auf die Bilder, natürlich. Draco war jemand, der sich gerne mit dicken Schinken mit schwerverständlicher Prosa zeigte, aber James Joyce konnte man ihm trotzdem nicht aufzwingen. Wahrscheinlich lag es an der Muggelproduktion, die Draco sichtlich zu schaffen machte. Er war eben ein kleiner Rassist.

Sirius sollte sich schämen, dass er das einfach so akzeptiert hatte. Die Stimme in seinem Hinterkopf machte prickelnd auf sich aufmerksam, wollte ihm sagen, dass Draco tief drinnen kaum mehr Vorurteile gegenüber Muggeln hatte, als er in diesem Alter. Er äußerte es nur anders. Draco würde keinem Muggel etwas antun und seine neuerliche Abneigung gegen Voldemort offenbarte großes Potential für ihre Seite. So jemanden durfte er mögen. Auch wenn Dumbledore es ihm verbot.

Sirius holte sich Pergament und Feder und setzte sich an seinen Schreibtisch. Er hatte Draco versprochen zu schreiben und daran würde er sich halten. Danach musste er Harry schreiben und einen plausiblen Grund liefern, warum er nicht mehr unterrichtete, und dann würde er dieses Haus und seine Schatten hinter sich lassen und den Tropfenden Kessel leertrinken.

~*~

Der morgendliche Strom Eulen füllte die Große Halle. Draco blickte hoffnungsvoll auf. Der Himmel war ein klares Blau, gesprenkelt mit Eulen in allen Farben. Sein Uhu war nicht dabei.

Eine Woche war vergangen und Black hatte ihm nicht geschrieben. Draco hatte gewartet, sehr geduldig seiner Meinung nach, und in einem schwachen Moment, als er sich von seiner Einsamkeit hatte verführen lassen, hatte er schließlich Black geschrieben. Peinlich berührt und voller Reue, kaum dass sein Uhu auf und davon war. Jetzt kehrte Brutus nicht einmal zurück, und dass lag sicherlich nicht daran, dass er nach so langer Zeit, ohne ein Paket von zu Hause transportieren zu müssen, faul geworden war. Draco wollte sich am liebsten in seinem Müsli ertränken.

Er sah es vor sich, wie Black sich auf dem uralten Teppich des Grimmauld Place vor Lachen kugelte, den Brief erst zerknitterte und dann in einem Knäuel ins Kaminfeuer warf. Dann schnappte er sich sein neues Betthäschen und machte all solche Dinge, von denen Draco nur wusste, dass man besser nicht über sie nachdachte.

Neben ihm prustete Goyle seinen Kürbissaft über den Tisch. Draco rechnete mit einem peinlichen Brief seiner Mutter, aber auch Crabbe und Goyle hatten keine Post bekommen. Wenigstens etwas.

Crabbe grinste, ließ einen Primaten wie einen Schönheitskönig aussehen. „Ne? Ne, Draco?“

Er schüttelte den Kopf. „Wie kommst du darauf, ich hätte zugehört?“

„Vincent hat die Mädchen belauscht“, erklärte Goyle. „Sie haben sich krasse Dinge überlegt, wieso Professor Black nicht mehr da ist.“

„Davis meinte, dass er sich auf eine Schülerin eingelassen hätte“, grunzte Crabbe, immer noch halb lachend.

Draco musste Spuckekügelchen ausweichen. „Absurd.“

„In der Tat.“ Theodore Nott tauchte ständig aus dem Nichts aus, als würde er innerhalb des Schlosses apparieren können. Natürlich lag das einfach nur daran, dass er so unauffällig war, dass man ihn ständig übersah. „Es wäre viel wahrscheinlicher, dass er was mit demjenigen hatte, der die meiste Zeit mit ihm verbracht hat.“ Nott schaute Draco an, lang genug, dass Crabbe und Goyle ihm folgen konnte. Als Draco mit zwei weiteren neugierigen Augenpaaren konfrontiert war, gönnte Nott sich ein süffisantes Lächeln und widmete sich wieder seinem Frühstück.

„Hey“, begann Goyle, in demselben Tonfall wie damals, als er herausgefunden hatte, dass die Hauselfen seine Socken wuschen. Als ob irgendjemand vier Jahre in diesem Schloss herum lief und glaubte, dass das alles von Magie oder Filch erledigt wurde. „Was machst du eigentlich ständig bei Professor Black, Draco?“

Draco konnte nicht fassen, wie sehr ihn das Universum hasste. Ein Jahr lang profitierte er von der Stupidität seiner Freunde und dann kam ein fieser Todesserbengel mit einer erleuchtenden Glühbirne daher.

„Gar nichts, weil er nicht mehr da ist“, gab Draco genervt zurück. „Und falls ihr zugehört hättet, wüsstet ihr, dass er mich ständig aus den hirnrissigsten Gründen nachsitzen gelassen hat.“

„Gelassen hat“, wiederholte Nott.

Draco schoss ihm einen warnenden Blick zu. „Hast du irgendetwas zu sagen, Theodore?“

„Hast du irgendetwas zu verheimlichen, Dray-Dray?“

Er wurde paranoid, definitiv, und bildete sich die Betonung auf dieser Verunstaltung seines Namens nur ein. Menschen waren selten kreativ genug, um auf andere Kürzel zu kommen. Er sollte jetzt nicht in Panik geraten. Panik zerstörte die perfekteste Tarnung.

„Hab ich nicht. Aber ich werde ungemütlich, wenn du noch einmal implizierst, ich würde derartig tief sinken.“ Draco schwang die Beine über die Sitzbank und warf Goyle fast herunter. Er dachte nicht darüber nach, wie sein schneller Abgang wirken mochte. Er wollte einfach nur weg. Es fehlte ihm noch, dass die falschen Gerüchte ihre Runden in einem Schloss drehten, in dem er nur Feinde hatte.

In der Eingangshalle musste er Potter und seinen Anhängseln ausweichen. Neulich erst hatte er einen sehr verdächtigen Blick von Potter aufgefangen. Entweder war es unbegründetes Mitleid gemischt mit dem Überbleibsel von Hass oder Dumbledore hatte Potter natürlich sofort jede peinliche Begebenheit auf die Nase gebunden. Letzteres behagte Draco so wenig, dass er jede Begegnung mit Potter vermied und damit auch jede Chance ihn fertig zu machen.

Er flüchtete aus der Eingangshalle, flüchtete vor seiner Neugierde und dem Verlangen Potter nach jedem Hinweis zu untersuchen, ob er sein kleines Abenteuer mit Dumbledore schon hinter sich hatte. Allerdings erfuhr meistens die ganze Schule, wenn Potter sein jährliches Abenteuer hinter sich gebracht hatte. Letztes Jahr hatte das Wiesel noch tagelang von seinen Fesselspielchen mit Gehirnen geredet.

Wenn Black noch hier wäre, oder ihm zumindest schreiben würde, dann wüsste er sofort von jedem noch so geheimen Abenteuer, das Potter erlebte.

~*~

Sirius saß im Wohnzimmer auf der Fensterbank neben dem alten Klavier, das er spielen konnte, aber nicht wollte. Er wartete seit einem gefühlten Jahr auf eine Eule von Draco. Jeder Morgen verging, ohne das Geräusch eines Schnabels, der sein Fenster einschlagen wollte, und jedes Mal fragte er sich, ob er an diesem Tag keinen Brief mehr schreiben sollte. Er hatte es aber versprochen. Draco hatte niemals gesagt, er würde zurückschreiben. Außerdem hatte er sonst nicht viel zu tun.

Der Vorhang flatterte im Wind. Sirius hatte das Fenster geöffnet, um frische Sommerluft hereinzulassen. Er bereute das, sobald er sich daran erinnerte, dass er mitten in London wohnte. Frische Luft, wie in Schottland, konnte man hier nicht bekommen. Wind allerdings schon. Und der brachte den leichten weißen Vorhang hinter dem dichten Samtstoff zum Wehen. Sirius versuchte ihn zu ignorieren, immerhin war es ein Jahr her, dass er diesen Schleier in der Mysteriumsabteilung gestreift hatte, aber jede Stunde alleine in diesem Haus konfrontierte ihn mit den unangenehmsten Erinnerungen seines Lebens.

Er hasste es hier und war froh für jeden noch so dämlichen Botengang, den Dumbledore ihn für den Orden machen ließ. Jede Ablenkung tat ihm gut, nicht nur von diesem Haus, auch von der Ungewissheit, wie es mit Draco weitergehen würde.

Das Knistern im Kamin stimmte ihn also sofort fröhlich. Menschliche Ablenkung half immer noch am besten.

„Moony!“

Remus trat aus den grünen Flammen, die hinter ihm zum Glück schnell erstickten – es war zu heiß für Feuer. „Sirius, wie geht’s dir?“ Er wollte sich die Asche von den ausgeleierten Roben klopfen, aber Sirius nahm ihn in einen so festen Klammergriff, dass Remus nicht einmal die Arme heben und die Umarmung erwidern konnte. „Freut mich auch dich zu sehen“, röchelte er.

„Bist ganz schön dünn geworden“, sagte Sirius. „An all den falschen Stellen.“

„Und du hast ganz schön zugelegt.“ Remus musterte ihn flüchtig, dann noch einmal etwas länger und fügte mürrisch hinzu: „An all den richtigen Stellen.“

Sirius grinste. Er bot Remus den Sessel beim Kamin an, sein Vater hatte dort früher gerne gesessen, so gerne, dass er seinen Söhnen verboten hatte auch nur in die Nähe seines Sitzkissens zu kommen. Eine von Sirius‘ frühesten Erinnerungen war es, wie er Regulus geholfen – oder gezwungen – hatte dort heraufzuklettern.

„Ich wäre früher gekommen“, sagte Remus, „aber ich war bei den Wölfen. Deine hartnäckige Eule hat meine Fensterbank ruiniert, nur, dass du’s weißt.“

Sirius ließ sich gegenüber auf die Couch fallen. Er verscheuchte eine riesige Motte, die aus den Ritzen zwischen den Polstern emporstieg. „Kreacher?!“, brüllte er und schaute auf seine Uhr. Das letzte Mal, als er Kreacher gerufen hatte, waren zehn Minuten vergangen, bis der Hauself angekrochen gekommen war. „Wenn du einen Tee willst, in dem keine Schabe schwimmt, dann sag es lieber jetzt.“

„Eigentlich will ich erstmal wissen, was du hier machst“, kam Remus gleich auf das Thema zu sprechen, das Sirius auch vor seinem engsten Freund unangenehm war. „Mitten im Juni. Mitten in den Prüfungen. Spuck besser gleich aus, was du angestellt hast.“

„Du denkst gleich, ich hätte etwas angestellt? Auf der Stelle liegt ein Fluch, schon vergessen?“

„Dann erklär mir, was für ein Fluch dich aus Hogwarts befördert hat.“

Sirius plusterte die Backen auf, überlegte nicht nur gestellt, ob er Remus jetzt die Wahrheit sagen oder ihn in dem Glauben lassen sollte, dass doch ein vernünftiger Erwachsener in ihm steckte. Schließlich ließ er einfach raus, was raus wollte:

„Ich hab mit einem Schüler geschlafen.“

Remus runzelte die Stirn, dann lachte er. „Sehr lustig, Tatze. Jetzt die Wahrheit, bitte.“

Sirius seufzte. Er warf die Beine über die Armlehne der Couch, wusste nicht, ob er diese Wendung gut oder schlecht finden sollte. „Wie wär’s, wenn du mir erstmal erzählst, womit die Wölfe dich so aufgehalten haben. Ich bin auf Phönix-Abruf.“

Remus‘ Pflichtgefühl zwang ihn, Sirius nicht weiter auszufragen. „Voldemort hat Greyback abkommandiert. Das ganze Rudel lungert jetzt um Hogsmeade herum. Es heißt, dass Dumbledore einige Tage verschwinden wird. Natürlich macht das alleine das Schloss nicht unsicher, aber ich habe trotzdem kein gutes Gefühl dabei.“

Sirius‘ erster Gedanke galt Draco, dann erst Harry, und dann flackerte kurz das Bild eines zerfleischten Snapes in seinem Kopf auf. „Äh… warten sie auf den Vollmond oder darauf, dass Dumbledore weggeht? Ein Rudel wilder Werwölfe ist auch für Hogsmeade gefährlich.“

Remus schüttelte den Kopf. „Greybacks Anweisung lautet, unsere schmutzigen Pfoten vom Dorf zu lassen. Allerdings… sollte Dumbledore in einer Vollmondnacht das Schloss verlassen, dann bezweifele ich, dass irgendeiner sich beherrschen kann. Tonks sollte an dem Abend lieber nicht patrouillieren.“

„Oh, ich werde Proudfoot sagen, dass dir sein Schicksal egal ist“, bemerkte Sirius mit einem Grinsen, das dreckiger wurde, als Remus leicht rosa anlief. „Aber mal ernsthaft, hast du eine Ahnung, warum Greyback… oh, nein. Sag mir nicht –“

„Ich wünschte, du wärst dümmer“, murmelte Remus, rieb sich mit Zeige- und Mittelfinger über die Schläfe. „Du bist nicht mehr sein Professor. Mach dir nicht mehr so einen Kopf um Draco Malfoy.“

„Du kennst mich schlecht, wenn du glaubst, dass ich damit von heute auf morgen aufhören könnte.“

Remus wollte antworten, drehte stattdessen aber den Kopf und lächelte in Richtung Tür. Kreacher schlurfte ins Wohnzimmer. Seine hasserfüllten Augen konnten sich nicht entscheiden, ob Sirius oder Remus seinen Blick mehr verdient hatte.

„Der Meister hat nach Kreacher gerufen?“

„Ja, wie wär’s, wenn du deinen nichtsnutzigen Hintern in die Küche bewegst und versuchst, einen genießbaren Tee zu kochen?“ Sirius musste sich für seinen Ton von Remus einen mahnenden Blick gefallen lassen.

„Ich werde das machen“, schlug Remus vor, weil er tief in seinem Inneren einfach keine Schabe in seinem Tee wollte. „Kreacher war sicher sehr beschäftigt.“

„Oh, jaah…“ Sirius verdrehte die Augen und bedeutete Kreacher mit einem Winken zu verschwinden. „Hilf ihm doch gleich ein Schlupfloch zu finden, wie er mich loswerden kann, Moony.“

Jetzt, wo er Remus daran erinnert hatte, dass Kreacher sie alle in eine Falle gelockt und ihn fast umgebracht hatte, wurde sein Ausdruck etwas verständnisvoller, und er stieg auch einfach über Kreacher drüber, der angefangen hatte mit seinem Lendenschurz den Türrahmen zu putzen – wobei er ihn eigentlich dreckig machte.

Sirius hielt es keine Sekunde länger auf der Couch. Er hatte versucht kurz durchzuatmen und alles logisch zu betrachten. Dumbledore wollte seinen Ausflug zusammen mit Harry machen. Eigentlich waren sie das offensichtlichere Ziel. Das hieß aber nicht, dass Voldemort ihre Abwesenheit nicht ausnutzte, um irgendwie an Draco zu kommen, und es würde eher Sinn machen, dass er seine Reservemannschaft mit einem Verräter betraute, der nicht Priorität hatte.

Und allein die Gefahr, dass Draco Priorität haben konnte, ließ ihn wie von einem Katapult abgefeuert vom Sofa aufspringen. Er zog sich in Windeseile Schuhe an, stellte sicher, dass sein Zauberstab greifbar war und schnappte sich das Flohpulver vom Kamin.

„Sirius, wo willst du hin?“ Remus war zurückgekommen, noch ohne Tee, aber Sirius würde sowieso nicht mittrinken.

„Ich werde hier nicht abwarten und Tee trinken, während Voldemorts Leute Hogsmeade belagern.“

„Aber ich… ich hab Dumbledore schon Bericht erstattet. Es ist unnötig jetzt –“

„Es ist für mich notwendig.“ Sirius atmete noch einmal durch, tiefer diesmal, trotzdem blieb er bei seinem Entschluss. „Hör zu, du kennst mich. Keiner wird mich sehen. Und wenn etwas passiert, dann bin ich da. Ich muss das tun, verstehst du?“

„Tatze“, seufzte Remus, und es klang zuerst wie ein Einwand, dann nickte er aber. „Mir hat es besser gefallen, als du Lehrer warst. Weniger Möglichkeiten sich umbringen zu lassen.“

Sirius erlaubte sich ein kurzes Lächeln, zögerte aber nicht länger und warf das Flohpulver in den Kamin. Wenn Draco irgendetwas passierte, während er hier versauerte, würde er sich das niemals verzeihen…

~*~

„Hey!“ Draco stolperte vorwärts, war zu sehr in Gedanken gewesen, um den Stoß kommen zu sehen. Er fuhr herum, bereit jeden zusammenzustauchen, der ihn so behandelte. Der Anblick von Crabbe und Goyle ließ ihn zwar kurz zögern, aber nicht ruhiger werden. „Was fällt euch ein, ihr dämlichen Gorillas?“

Crabbe ließ die Finger knacken. „Wir haben eine Eule gekriegt.“

Ja, jeder in diesem merlinverdammten Schloss bekam täglich Eulen, außer Draco. „Und ihr wollt, dass ich euch den Brief vorlese, weil ihr diese absonderlichen Zeichen nicht dechiffrieren könnt?“

Goyle runzelte die Stirn. „Hä?“

Crabbe stieß ihn an. Anders als Draco, haute das Goyle nicht gleich um. Die beiden tauschten grunzende Laute aus, die Draco auf seiner Stufe der Evolution nicht verstand. Schließlich visierten sie ihn wieder an.

„Wir wissen, was du getan hast.“ Goyle schob den Kopf vor und bewegte ihn in einem erbärmlichen Versuch eines Nickens auf und ab, als würde er glauben, dass sowas Draco dazu brachte all seine Geheimnisse auszuplaudern.

Trotzdem merkte er, dass er nervös wurde. Blacks Abwesenheit streute allerlei Gerüchte, und einige davon schloss ihn mit ein. Draco hatte mehr als einen neugierigen Blick in seine Richtung bemerkt und ließ allein durch sein Auftauchen diverse Gespräche im Flüsterton verstummen.

„Werdet ihr das noch genauer erläutern, oder soll ich raten?“, fragte Draco.

„Du bist ein mieser Verräter“, fügte Goyle hinzu.

Mit diesem Thema hatte er nicht gerechnet. Das war tausendmal schlimmer.

Draco verdrehte die Augen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich selbstbewusst zu geben. Es war später Nachmittag. Die meisten Schüler saßen in der Großen Halle und warteten auf ihr Abendessen oder waren in irgendeinem Club. Er hatte niemanden, der zufällig hier vorbeikommen und die beiden verschrecken würde. „Und jetzt? Was wollt ihr machen?“

Crabbe schlug ihm ins Gesicht. Als wäre sein Schlag nicht wuchtig genug, wiederholte er ihn kräftiger, sodass es Draco auf den Boden warf.

„Hey.“ Goyle stieß Crabbe an. „Du wolltest ihm nicht wehtun. Wir wollten ihn nur hier rausschaffen.“

Draco wischte sich Blut von der Lippe. Er schmeckte es in seinem Mund.

„Glaubst du, der miese Verräter wäre freiwillig mitgekommen?“

Die kleine Kabbelei hätte er leicht ausnutzen können, um sich davon zu machen oder Crabbe und Goyle zu zeigen, warum sie demjenigen hinterherliefen, der mit seinem Zauberstab besser umgehen konnte. Aber seine Glieder schienen etwas gegen diese Idee zu haben. Gerade wollte er sich hochstemmen, als Crabbes Fuß in seinem Magen landete.

Der Blutgeschmack in Dracos Mund vervielfachte sich.

„Ist mir scheißegal, was du denkst. Der hat sich immer für was Besseres gehalten. Sei ehrlich, du willst ihm doch auch eine verpassen.“

Aber ob das Crabbes oder Goyles Fuß war, der ihn im Gesicht traf und seine Sicht für einen Moment schwarz werden ließ, konnte Draco nicht sagen.

Er biss die Zähne zusammen, damit ihm kein lohnendes Stöhnen oder Keuchen über die blutverschmierten Lippen kam. In seinen Ohren rauschte es heiß, bis irgendwann ein hoher Pfeifton daraus wurde. Draco konnte so seine eigenen Gedanken nicht hören. Er wusste nicht, warum er sich nicht wehrte, ob er darauf wartete, dass ihm jemand half, oder ob es ihm einfach egal war. Es scherte sich ja keiner um ihn, warum sollte er sich um sich selbst scheren?

„Hey, was zur Hölle ist in euch gefahren?“

Die Worte flossen in abgehackten Wellen in Dracos Kopf. Sehen konnte er nur verschwommen.

„Oh, denk nicht mal dran, Goyle. Eine Bewegung und ich blas dir die Birne weg.“

Die beiden riesigen Schatten vor ihm bewegten sich. Crabbe murmelte etwas, das er nicht verstehen konnte. Zu undeutlich war das Grunzen. Die schneidende Antwort darauf war verständlicher.

„Ja, Crabbe, weil du dazu bestimmt bist das hinzukriegen, woran Voldemort so oft gescheitert ist.“

Schritte waren zu hören. Stampfende, die sich entfernten, und hastige, die sich ihm näherten. Jemand kniete sich neben ihn auf den Boden. Draco blinzelte und kniff die Augen zusammen, bis er das wirre schwarze Haar, die hässliche Brille und die noch hässlicheren Augen erkennen konnte. Grün, wie vertrocknete Kröten.

„Malfoy, bist du okay?“, fragte Potter, eine Hand auf Dracos Schulter legend.

„Mir geht’s phantastisch“, würgte Draco hervor. Es fühlte sich an, als hätte er noch einen Schluck Wasser im Mund und wollte sprechen, ohne ihn herunterzuschlucken. „Ich lieg gerne auf dem Boden.“

„Du siehst auch aus, als hättest du eine phantastische Zeit. Kannst du aufstehen?“ Potter ließ die Hand auf seiner Schulter liegen, während Draco sich mehr schlecht als recht aufstemmte. Lange mitansehen konnte er das nicht und packte zu, half Draco auf die Beine. „Du solltest in den Krankenflügel.“

„Hex mir eine Krücke und verzieh dich“, raunte Draco. Er wischte sich über den Mund. Sein weißer Ärmel blieb blutgetränkt zurück.

„Stell dich nicht so an, Malfoy.“ Potter zog Dracos Arm um seine Schulter und stützte ihn.

Draco merkte erst, als Potter ihn vorwärtsschleifen musste, dass er kaum einen Fuß vor den anderen setzen konnte. Es dauerte beschämend lange, bis er wieder halbwegs vernünftige Schritte machen konnte.

„Was war das mit Crabbe und Goyle? Ich bin mir ziemlich sicher, dass du das hättest regeln können.“

„Oh, Potter, ich hab mein ganzes Leben darauf gewartet, sowas von dir zu hören.“ Das kam nicht ganz so herablassend rüber, wie Draco gehofft hatte. Die Nähe verstörte ihn. Sein Arm berührte kaum Potters Schulter und fing an heftig zu kribbeln. Er zog ihn wieder weg, auch wenn er dadurch sein Gleichgewicht einbüßte. „Lass mich in Ruhe.“

Potter ließ ihn nicht los. „Zick nicht rum, Malfoy. Du siehst aus, wie zweimal gegessen. Madam Pomfrey kriegt das schnell wieder hin.“

„Ich will nicht zu Pomfrey.“ Draco stieß seinen Ellenbogen in Potters Seite, machte sich stolpernd los und knallte gegen die Steinmauer. Er rutschte auf den Boden. Seine Knie fühlten sich wie zweimal gebrochen an. „Sie hat mich dieses Jahr öfter zusammengeflickt, als dich. Mich macht sowas nicht stolz.“ Wieder musste er sich Blut von den Lippen wischen. Vielleicht kam es auch aus seiner Nase. Oder von irgendwo anders her.

Potter schnaubte, als würde er sich selbst dafür hassen, und packte Draco wieder am Arm. „Ich lass dich jedenfalls nicht hier verbluten. Komm mit.“ Er zerrte ihn wieder hoch und schleppte ihn vorwärts. Allerdings schlug er nicht die Richtung zum Krankenflügel ein, sondern zu den nächstbesten Toiletten.

Draco konnte in den Spiegeln über den Waschbecken das erste Mal einen Blick auf sein Gesicht werfen, während Potter sicherging, dass kein Schüler sich hier irgendwo versteckte. Glücklicherweise hatte nicht einmal Myrte heute Lust auf ein bisschen Abwechslung und ein anderes Abflussrohr.

Dracos Gesicht schwoll in den wenigen Augenblicken deutlich an. Blut sammelte sich unter einem Riss über seinem Jochbein. Seine Nase war schief und blutverschmiert, und von seinen Lippen waren nur blutige Fetzen übrig. Ein grässlicher Anblick. Fast surreal. Draco tastete den Riss unter seinem Auge ab. Die leichte Berührung ließ ihn schon zischen.

„Setz dich hin.“ Potter kehrte zurück und schob ihn bestimmend auf die gerade Marmorfläche zwischen zwei Waschbecken. Draco biss die Zähne zusammen, als ein messerscharfer Schmerz zwischen seinen Rippen auftauchte. Allmählich wurde aus dem Pochen in seinen Muskeln Brennen, und eine Spur heißer Schmerz breitete sich über seinen ganzen Körper aus.

Potter riss ein Handtuch aus dem bis eben ordentlichen Stapel und hielt es unter den aufgedrehten Wasserhahn. Mit der feuchten Ecke kam er Dracos Gesicht gefährlich nahe. Draco kniff die Augen zusammen und biss die Zähne aufeinander, bereitete sich auf die qualvolle Prozedur vor.

Potter gab sich zwar Mühe, hatte aber kein Händchen dafür sanft zu sein. Noch dazu tatschte er ihn an all den falschen Stellen an. Mit der freien Hand stützte er sich auf Dracos Oberschenkel ab, und da hatte das elektrisierende Gefühl seiner Finger nichts zu suchen. Das Schweigen wurde beklemmend, aber sechs Jahre Feindschaft hielten Draco davon ab irgendetwas zu sagen. Potter ging es da anders.

„Ich war auf dem Weg zu Dumbledore“, erklärte er, was er zu dieser Zeit überhaupt alleine in den Korridoren getrieben hatte. „Wenn du willst sag ich ihm, was passiert ist.“

Draco fühlte ein bitteres Grinsen an seinen Lippen ziehen. „Kleine Extra-Stunde mit dem Direktor, ja?“ Sein Kiefer knirschte etwas und fühlte sich taub an, als er ihn hin- und herschob. „Was Nettes geplant? Kleine Höhlenerkundungstour, vielleicht?“

Potter schaute ihn an. Hinter seine Brille blitzte etwas auf, das Draco noch nie gesehen oder vielleicht nur nicht bemerkt hatte. Etwas, das er nicht einordnen konnte. Er wusste nur, dass ihm die grünen Augen plötzlich unangenehm waren.

Draco schaute weg, unterdrückte das Verlangen sich die Gänsehaut aus dem Nacken zu reiben. Er hatte das Gefühl, jemand würde ihn von hinten aus dem Spiegel anstarren.

Potter legte das Handtuch weg. Er hatte seinen Zauberstab in der Hose, als würde es ihm gar nichts ausmachen, dass eine falsche Bewegung ihn vielleicht seine Rückseite kostete. Draco ließ ihn das Holz ohne Widerspruch ziehen, und bei solcher Leichtsinnigkeit seinerseits wäre es scheinheilig, sich über Potter aufzuregen.

„Sirius hat mir geschrieben, dass du –“

„Warte.“ Draco hob die Hand, aber nicht, weil Potters Zauberstab seinem Gesicht gerade gefährlich nahe kam. „Black schreibt dir?“

Potter legte verwirrt den Kopf schief. „Äh, ja. Er ist doch… für den Orden unterwegs.“

Draco achtete nicht auf Potters Erklärungen. Es interessierte ihn nicht, dass Potter glaubte, er würde ihm die Wahrheit erzählen. Er war versucht, Potter in seine Heldenfresse zu spucken, was Black für ein Arschloch war und warum er es verdient hatte nicht nur gefeuert, sondern nach Askaban zu kommen.

Draco ließ die Hand sinken, ballte sie zusammen. Seine Faust schmerzte. Er hatte die Fingernägel so fest in die Handfläche gegraben, dass sich das Blut heiß unter ihnen ansammelte. Seine Augen brannten mit einer anderen Hitze.

Potter nahm das als Aufforderung ihn mit einigen tollpatschigen Zaubern die gebrochene Nase und das geschwollene Auge zu heilen. Er zögerte den Zauberstab wegzustecken.

„Tut’s noch irgendwo weh?“, fragte er. Die Unsicherheit ließ seine Froschaugen hinter der dicken Brille riesig wirken. „Oder, äh… Malfoy, du…“

Draco ließ den Kopf leicht hängen. Etwas Nasses tropfte auf den blutdurchtränkten Saum seines Hemdes. Tränen, die sich seit Blacks Abschied in ihm aufgestaut hatten. Aus Einsamkeit, Trauer, jetzt aus Wut und Enttäuschung. Und ausgerechnet jetzt konnte er nicht mehr…

„Es brennt nur“, murmelte Draco und rieb sich hastig jeden neuen Tropfen aus den Augenwinkeln. Es tat weh seine Wange nur zu streifen. Potter war kein guter Heiler. Aber so oder so hätte Draco ihn keinesfalls an die angeknackste Rippe oder die Blutergüsse gelassen, die er deutlich unter seinem Hemd spürte. Sein Magen schmerzte jetzt auch, ohne dass er an Black dachte.

„Du… musst dir ziemlich hintergangen vorkommen“, meinte Potter.

„Was weißt du schon, Potter? Das einzige Mal, dass du dich hintergangen gefühlt hast war, als das Wiesel dir nicht glauben wollte, dass du deinen Namen in den Feuerkelch geschmuggelt hast.“ Draco rutschte nach vorne, schob Potter mit dem Bein zur Seite und glitt auf seine Füße. Die Bewegung war zu viel für seinen angeschlagenen Torso. Er konnte sich ein Zischen nicht verkneifen.

„Die haben dich da ganz schön erwischt. Soll ich mir das…“

Draco schlug Potters Hand weg, ehe sie sein Hemd zu fassen bekam. „Fass mich nicht an. Ich brauch deine Hilfe nicht. Du hast deine tägliche gute Tat hinter dir, geh dein jährliches Abenteuer erleben.“

„Was hast du vor, Malfoy? Verstehst du nicht, was da gerade fast passiert ist?“

„Was glaubst du, Potter? Ich bin ein Verräter. Es war nur eine Frage der Zeit, bis jemand es ihnen auf die Nase bindet.“ In Wirklichkeit wunderte Draco sich, dass er nicht schon früher in ein Schlangennest voll zornig glühender Augenpaare gelaufen war. „Anscheinend haben sie ein gutes Angebot gekriegt, wenn sie Dumbledores Abwesenheit ausnutzen und mich ausliefern. Schlechtes Timing, aber ich hätte dasselbe getan.“

„Wenn du damit gerechnet hast, dass deine Freunde irgendwann alles rauskriegen, wieso warst du dann nicht vorbereitet?“ Potter ließ ihn einen Moment in der Luft hängen, obwohl es eindeutig eine rhetorische Frage war. „Komm von deinem hohen Ross runter und begleite mich zu Dumbledore. Er hat versprochen dir zu helfen.“

„Du redest, als würde da draußen eine Armee auf mich warten. Und wenn dem so wäre, würdest du rausrennen und dich selbst auf einem Silbertablett servieren, anstatt zu Dumbledore zu gehen.“

Potter zuckte die Achseln. „Aber du bist nicht ich.“ Er sagte das, als wäre es das Letzte, was Draco wollte, und natürlich hatte er da Recht. Niemand wollte ein vieräugiger Maulwurf mit Heldenkomplex sein. Trotzdem… trotzdem tat ihm sein Magen schrecklich weh.

Draco rieb sich über den Bauch, bereute das bitter, als er schlummernden Schmerz weckte.
„Lass mich einfach in Ruhe.“ Er kehrte Potter den Rücken zu, leicht gekrümmt, und schauderte, als eine Hand seine Schulter packte. Da war wieder dieses merkwürdige Gefühl…

„Tschuldige, Malfoy, aber ich hab hier dein Blut an meinen Fingern kleben. Ich kann dich nicht ruhigen Gewissens zurück in die Kerker gehen lassen.“

„Wieso nicht? Es war nicht dein Fuß, deine Faust oder dein Fluch.“ Allein die Vorstellung war so absurd, dass Draco darüber schmunzeln musste. Potter würde keiner Fliege etwas zuleide tun. „Wenn irgendjemand dich angegriffen hätte, wäre ich der Letzte gewesen, der dir geholfen hätte.“

„Komm einfach.“ Potter schob ihn vorwärts. „Du kannst Dumbledore erzählen, wie gerne du mich umbringen willst.“

Solche wie Potter, dämliche Gryffindors, ließen nicht locker, bis sie ihren Willen bekommen hatten. Draco ließ sich mitschleifen, hinaus auf den Korridor, der ein paar Meter entfernt von Blutstropfen besprenkelt war. Ausgerechnet hier neben Harry Potter zu gehen ließ Draco unweigerlich darüber nachdenken, wie der heutige Tag ausgesehen hätte, wenn er Dumbledore einfach umgebracht hätte.

Er hätte es tun sollen. Dumbledore am Leben zu lassen war der größte Fehler seines Lebens gewesen.

Draco war kurz davor in tiefere, dunklere Gedanken zu sinken, als sie ein Fenster passierten. Potter blieb stehen, schaute hinaus. Draco konnte über die abstehenden schwarzen Haare nichts erkennen und beugte sich vor. Hinter den Ländereien, aus der Richtung Hogsmeades, zwirbelten dichte schwarze Rauchschwaden gen Himmel.

„Was ist das?“, fragte Potter.

„Sieht aus, als wäre die Armee da, die mich umbringen will“, gab Draco voller Sarkasmus zurück. Und auch wenn das vollkommen absurd war, hatte er ein ungutes Gefühl bei diesem Anblick.


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Es wird noch weitere Tote geben.
Joanne K. Rowling