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Fanfiction

Pureblood Pride - Kakerlaken sterben nicht

von Dr. S

In den Drei Besen saßen zwei Auroren, draußen in den Straßen Hogsmeade lief ein halbes Dutzend herum. Die Sicherheitsvorkehrungen waren verschärft worden, so drastisch, dass es ein kaum machbares Unterfangen war aus dem Schloss herauszukommen. Trotzdem hatten es fast alle Schüler mit einer Erlaubnis geschafft. Außer Draco.

Nicht, dass Sirius nach ihm Ausschau halten würde. Besonders nicht über den Rand eines Comicheftes. Harry hatte seine Allgemeinbildung erweitern wollen und ihm eine Ausgabe von Batman geschenkt, ein äußerst absonderlicher Muggel-Comic. Ron hatte daraufhin angefangen von den Comics über den mickrigen Muggel Martin Miggs zu schwärmen, bis er Hermine entdeckt hatte, die sich ihrerseits ein Date geangelt hatte.

„Was findet sie an dem Klops?“, grummelte er.

Sirius hatte die Schnauze voll von diesem Teenager-Drama und damit war er nicht alleine. Harry beachtete Rons Geplapper gar nicht mehr. Er winkte zum wiederholten Mal Tonks, die sich mit Rosmerta an der Bar unterhielt. Sirius hatte keine Ahnung, was er davon halten sollte, dass Harry fortwährend von Tonks anfing und jetzt auch noch ihre Aufmerksamkeit suchte. Er hatte eine Schwäche für Rotschöpfe vermutet, nicht für ältere Frauen.

Sirius musste zur Seite rücken, als Harry Tonks neben ihn schubste und sich wieder zu Ron setzte. Harry grinste, freute sich anscheinend sehr darüber, dass Sirius sein Geschenk las.

Tonks beugte sich zu ihm und lugte auf die bunten Bildchen. „Was liest du da, Sirius?“

„Geschichten über einen Milliardär, der zu viel Zeit hat.“

„Hm… Remus trifft sich heute nicht zufällig mit dir?“

Sirius schloss das Comicheft. Er labte sich einen Moment an dem romantischen Verirrungen um ihn herum – Ron, der Hermine mit ihrem Date anschmachtete, Harry, der verträumt grinste, und Tonks, die wie immer nur Remus im Kopf hatte – und war verdammt froh, dass seine Gefühle niemals so kompliziert waren.

„Remus ist… indisponiert“, sagte Sirius. Er fand das wirklich schade. Remus hätte mit ihm über andere Dinge geredet, als langweiliges Liebesgefasel. „Wieso?“

Tonks winkte ab. „Nur so. Erstaunlich, wie viele von euch hier sind“, lenkte sie ab. „Nach allem, was passiert ist, hätte ich gedacht, dass ihr im Schloss bleiben würdet. Wir passen natürlich gut auf euch auf, also keine Sorge.“

„Im Krieg sollte man sich nicht verstecken“, meinte Sirius. „Gerade, wenn du jeden Tag draufgehen könntest, solltest du so viel Spaß wie möglich haben.“

„Am besten mit völlig fremden Menschen, die gegen Torpfosten fliegen“, maulte Ron, immer noch auf Hermine fixiert.

„Dein Vater hat das gewusst, Harry“, fuhr Sirius fort. „Dumbledore musste ihm seinen Tarnumhang wegnehmen, damit er länger als sechs Stunden im Haus bleibt.“ Er schaute über die Schulter zur Tür, aber kein blonder Haarschopf war in der Welle neuer Schüler zu sehen, die in den Pub strömte.

„Wartest du auf jemanden?“, fragte Tonks.

Sirius schüttelte den Kopf. „Ich hab doch gesagt, dass Remus keine Zeit für mich hat. Auf wen sollte ich also bitte warten?“

Tonks hatte sich zu ihm vorgebeugt und piekte jetzt in seine Wange. „Was hast du da denn gemacht, Sirius? Sieht böse aus.“ Sie hatte einen der Kratzer entdeckt, die Snape als Fledermaus in Sirius‘ Gesicht hinterlassen hatte. McGonagall hatte ihm verboten sie zu heilen, sonst würde sie ihm richtige Kratzer mit ihren Katzenkrallen verpassen. Das Gute daran war, dass Snape seine Verletzungen auch nicht heilen durfte und durch das Schloss humpeln musste.

„Nichts.“ Sirius wischte Tonks‘ Finger weg und schüttelte sein Haar, sodass es die Kratzer perfekt verdeckte. Das hielt Tonks nicht davon ab ihren Zauberstab zu zücken.

„Ich kann das für dich heilen.“

„Ja, Sirius, dein Gesicht ist unerträglich entstellt“, stichelte Ron.

„Ist das ein Überbleibsel von deinem Streit mit Snape?“, wollte Tonks wissen.

Sirius fühlte seine Augen anschwellen. Er hatte nicht einmal Harry, geschweige denn Ron davon erzählt, nur gegenüber Remus war ihm etwas herausgerutscht.

„Du hast dich mit Snape geprügelt?“, brachte Harry tonlos vor Verblüffung heraus. „Geprügelt, nicht duelliert?“

„Oh, Sirius. Entschuldige. Ich wusste nicht, dass sie es nicht wussten.“ Tonks umarmte ihn, als würde das ausreichen um sein angeknackstes Ego wieder aufzubauen. Aber über ihre Schulter hinweg bemerkte er ein Paar grauer Augen. Draco saß an der Bar, durchbohrte ihn förmlich, und reagierte auf Sirius‘ Lächeln mit sofortiger Abweisung, drehte ihm hochnäsig den Rücken zu.

Sirius stand sofort auf, als Tonks ihn losließ. „Entschuldigt mich kurz.“ Er schnappte sich sein Comicheft und ging zu Draco, verfolgt von Rons Rufen nach mehr Details. Sirius glitt auf den Barhocker neben Draco. „Na, du? Hab gedacht, du würdest im Schloss versauern.“

„Entschuldige, dass ich deine perfekte Idylle mit meiner Anwesenheit trübe“, murrte Draco. Er warf ungeduldige Blicke hinter die Theke. Rosmerta hatte sich nach ihrem Gespräch mit Tonks in die Lagerräume verzogen und einige Gäste warten lassen. „Vielleicht sollte ich wieder gehen.“

„Sei nicht albern, Draco. Ich find’s gut dich hier zu sehen. Unter Leuten. Mit wem bist du hier?“ Sirius schaute sich um, entdeckte aber nirgendwo Crabbe und Goyle. Nur eine Gruppe von Slytherin-Mädchen aus Dracos Jahrgang. „Parkinson, hm?“

„Nein“, spuckte Draco aus. „Geht diese Vorstellung jemals aus deinem perversen Schädel raus?“

Sirius hätte sich gerne entschuldigt, aber Rosmerta kam dazwischen.

„Was kann ich euch bringen?“, fragte sie breit lächelnd.

„Ein Butterbier, und wenn’s geht heute noch“, verlangte Draco, während Sirius mit seinem Comicheft abwinkte. „Was ist das denn?“ Draco nahm ihm das Heft weg und blätterte darin. Sein Gesicht wechselte schnell von Abscheu zu Belustigung. „Wieso tragen neunzig Prozent der Figuren Strumpfhosen?“

„Es ist ein Muggel-Comic –“

Draco ließ das Comicheft angewidert auf die Theke fallen.

„Muggel ziehen sich manchmal sehr merkwürdig an“, fuhr Sirius fort.

„In der Tat.“

Rosmerta stellte einen Krug Butterbier neben das Comicheft.

Draco dankte es ihr mit einem „Wurde aber auch Zeit“ und gab ihr kein Trinkgeld. Rosmerta lächelte dennoch und machte sich daran Gläser zu schrubben.

„Du bist heute aber super drauf“, sagte Sirius. Er nutzte aus, dass Draco ihm einen gereizten Blick schenkte, und schnappte sich das Butterbier. Bevor er einen Schluck nehmen konnte, holte Draco es sich zurück.

„Dann setz dich nicht zu mir. Was willst du überhaupt? Geh zurück zu deinem perfekten Familienersatz.“ Draco trank einen großen Schluck. Ein Teil der weißen Schaumkrone blieb an seiner Oberlippe hängen. Sirius war versucht ihn wegzuwischen, aber Draco ging selber sicher, dass er nicht entstellt wurde. „Oder ist dir die Kleine zu kratzbürstig?“

„Oh, das?“ Sirius schob sein Haar zur Seite, präsentierte so viel mehr als nur den einen Kratzer auf seiner Wange. Er sah schlimmer aus, als nach seinem ersten Versuch sich zu rasieren. „Da hab ich deine Ehre verteidigt. Eigentlich solltest du dich dafür bedanken und mir etwas Wundsalbe –“

„Black. Pass auf was du sagst“, murmelte Draco. Er schien verlegen, aber anstatt rot wurde er noch blasser. Der nächste Schluck Butterbier brachte auch keine neue Farbe in sein Gesicht.

„Ich dachte nur…“ Sirius wusste nicht, was er gedacht hatte. Es lief gerade so gut ohne Draco, und da es niemals gut mit Draco laufen konnte, sollte er nicht versuchen daran etwas zu ändern.

Draco schaute ihn an. Verwirrung stand in seinen Augen, wurde schnell von einer unpassenden Trübheit vertrieben. Er rieb sich über die Augen und Stirn, trank dann noch hastig einen Schluck.

„Alles okay?“, fragte Sirius.

„Kopfschmerzen.“ Draco stellte sein Butterbier ab. Seine Hand zitterte, Schweiß perlte sich auf seiner Stirn, seine Haut wurde schneeweiß. Sirius bemerkte, wie Dracos Venen, ohnehin unnatürlich blau unter der blassen Haut schimmernd, anschwollen und dunkler wurden, fast schwarz. Draco räusperte sich, hielt sich den Ärmel vor den Mund und erlaubte sich einen leisen Huster. Ein rötlich glänzender Fleck blieb auf dem Stoff zurück.

Sirius öffnete den Mund, brachte aber keinen Ton heraus, bevor Draco von seinem Hocker kippte.

Niemand bemerkte etwas. Erst, als Sirius aufsprang und dabei seinen Hocker umstieß, drehten die Köpfe der unzähligen Schüler sich um. Sirius interessierte sich dafür nicht. Er drehte Draco auf den Rücken und sah in sein schmerzverzerrtes Gesicht. Feine, schwarze Verästelungen breiteten sich langsam aus, als wäre Tinte unter seiner Haut ausgelaufen.

„Draco?“ Sirius schlug sanft gegen Dracos Wange. „Kannst du mich hören?“ Draco öffnete die Augen, sah ihn auch an, aber statt Worten entwich ihm nur ein gequältes Wimmern. Er hustete und spuckte Blut gegen Sirius‘ Ärmel.

Um ihn herum brach aufgeschrecktes Getuschel aus. Eine besonders schrille Stimme bahnte sich den Weg zu ihm durch. „Was haben Sie ihm angetan?“, kreischte Pansy Parkinson, dicht gefolgt von einem Funken Sorge, den er ihr sogar abkaufte: „Machen Sie doch etwas!“

„Sirius, was ist passiert?“ Tonks kniete sich neben ihn hin, starrte geschockt auf Draco herunter. Ihr Kollege, Proudfoot, nahm Draco den letzten Raum zum Atmen, als er angelaufen kam.

„Nicht noch einer“, murmelte er.

Sirius fuhr hoch und griff über die Theke, packte Rosmerta an ihrer Schürze. „Was hast du ihm gegeben?“, knurrte er, nickte zu dem halbvollen Butterbier. „Was hast du da reingemischt?“

Rosmerta lächelte ihn abwesend an. Ihre Augen waren glasig und leer. „Ich weiß nicht, was du meinst… Kann ich dir was zu trinken bringen?“

Sirius stieß sie fluchend weg. „Tonks, sie steht unter dem Imperius-Fluch. Du musst aus ihr herauskriegen, was sie in Dracos Getränk getan hat und wer sie dazu gezwungen hat. Harry?“

Aus der ersten Reihe der schaulustigen Schülerschar trat Harry hervor. Sirius drückte ihm Dracos Butterbier in die trotz der Situation erwartet ruhigen Hände. Harry hatte Übung mit solch außergewöhnlichen Situationen.

„Wir gehen zum Schloss. Du trägst das.“ Sirius schob Proudfoot, der mit dem sich krümmenden Körper am Boden überfordert schien, zur Seite. Er hockte sich hin und versuchte Draco aufzuhelfen. „Kannst du stehen? Draco?“

Draco nickte, aber seine Beine trugen ihn nicht. Sirius hatte keine Zeit um Rücksicht auf Dracos Stolz zu nehmen. Ohne weiter zu zögern hob er Draco von den Füßen und trug ihn zum Ausgang. Harry hielt ihm die Tür auf.

„Was ist passiert, Sirius?“, fragte er und hatte zuerst Schwierigkeiten mit Sirius‘ Tempo mitzuhalten, stellte sich aber schnell darauf ein.

„Ich vermute Gift“, erwiderte Sirius. Draco wand sich in seinen Armen. Der Schmerz ließ ihn keuchen und nach Halt suchen. Er klammerte sich an Sirius‘ Umhang fest.

„Meinst du, Voldemort steckt dahinter?“

Sirius wollte Ja sagen, aber einen Verräter einfach nur zu vergiften ohne persönlich dabei zusehen zu können, wie er litt, das schien so gar nicht Voldemorts Art zu sein.

„Ein Bezoar“, rief Harry plötzlich aus, von einem Gedankenblitz getroffen. „Wir geben ihm einfach einen Bezoar und alles ist in Ordnung.“

Sirius schüttelte den Kopf. „Ich würde drauf wetten, dass man es uns nicht so einfach macht. Harry, du musst dieses Getränk so schnell wie möglich zu Snape bringen, verstanden? Er kann vielleicht herausfinden, was da reingemischt wurde. Sobald wir hinter den Schlossmauern sind, beschwörst du deinen Feuerblitz zu dir und fliegst den Rest des Weges. Ich vertraue darauf, dass du keinen Tropfen verschüttest, okay?“

Harry nickte.

„Dann lauf.“ Sirius sah zu, wie Harry losspurtete und dabei auf dem letzten Rest matschigen Schnees fast ausrutschte. Er verfluchte die verschärften Sicherheitsvorkehrungen, die es einem weder erlaubten schnell ins Schloss zu flohen oder Sachen wie einen Besen aus dem Schloss zu sich fliegen zu lassen. Harry war auf der Erde weitaus weniger geschickt als in der Luft.

Draco röchelte, presste das Gesicht gegen Sirius‘ Brust und hustete sich die Seele aus dem Leib. Er hinterließ einen roten Fleck auf Sirius‘ Umhang.

Sirius hielt ihn fester gegen sich gedrückt und legte noch einen Zahn zu. Draco murmelte etwas, das Sirius nicht verstehen konnte.

„Ich hab dich“, sagte Sirius. „Keine Sorge.“

An den Schlossmauern standen zwei weitere Auroren. Harry musste mit ihnen geredet haben, denn sie winkten Sirius ohne den geringsten Widerstand durch. Das Schloss wirkte noch so weit weg und Draco zitterte und stöhnte in seinen Armen, aber auch wenn er in der Lage gewesen wäre zu rennen, würde das nichts bringen. So schnell würde Snape nicht herausfinden können, was für ein Gift da in Dracos Butterbier gelandet war – und wenn er es überhaupt nicht herausfinden konnte, würde Sirius ihn zwingen den Rest zu trinken.

Als er das Schloss erreichte, stöhnte Draco vor Schmerz so laut, dass er es selbst nicht hören wollte und den Kopf unter Sirius‘ Umhang schob. Er verkrampfte sich immer wieder ruckartig, sodass Sirius sich vor dem Weg die Treppen nach oben fürchtete. Aber für Angst war keine Zeit, und Sirius Black hatte sowieso keine Angst, also stürmte er die Treppen hoch.

Dumbledore kam ihm im zweiten Stock entgegen, die Miene ernst und steinhart. Hinter ihm rang Harry nach Atem. „In den Krankenflügel mit ihm, Sirius. Severus kümmert sich um das Gegenmittel“, sagte Dumbledore und fasste Sirius an der Schulter, musste ihn aber nicht vorwärts schieben. Er warf einen eingehenden Blick auf Draco, versuchte es zumindest, aber Dracos Gesicht war in Sirius‘ Umhang verborgen. „Ich werde mich in die Drei Besen begeben und nach Rosmerta erkundigen. Mit Greyback hatte das offensichtlich nichts zu tun.“

Sirius blieb stehen, das erste Mal seit vielen Kilometern, und er bereute das, als die Erschöpfung das Adrenalin zu überschwemmen drohte. „Was?“ Aber Dumbledore war schon die Treppen nach unten geeilt. Dracos Wimmern, fast schon Weinen, holte Sirius schnell wieder zurück und er setzte seinen Weg fort. Harry begleitete ihn, sagte aber nichts. Wahrscheinlich wusste er, was es mit Greyback auf sich hatte. Sirius hatte das Gefühl, dass alle mehr darüber wussten. Als würden sie ihn absichtlich im Unwissenden lassen. Als würde Dumbledore befürchten, dass er Draco bei erstbester Gelegenheit wieder alles auf die Nase band.

Madam Pomfrey wusste noch nicht, was passiert war, aber sie würde auch nicht helfen können. Es lag an Snape, und das gefiel Sirius ganz und gar nicht. Während Harry schon routiniert erklärte, was passiert war, legte Sirius Draco auf das gleiche Bett, in dem er sein letztes Weihnachtsfest verbracht hatte.

Der erste Blick in sein Gesicht seit den Drei Besen schockte Sirius. Jede Vene war hervorgetreten und tief schwarz. Sogar die feinen Äderchen in seinen Augen hatten sich verfärbt. Draco schaute ihn an und doch irgendwie durch ihn hindurch. Seine Augen rollten ohne Fokus hin und her. Er hatte sie genauso wie seine Glieder nicht unter Kontrolle. Sirius umfasste sein Handgelenk, wollte Draco den Halt geben, den er brauchte um sich nicht aus dem Bett zu rollen.

„Sirius…“ Harry machte ihn auf die Blutflecken auf seiner Robe aufmerksam. Madam Pomfrey wollte sich sofort auf ihn stürzen, wollte unbedingt etwas tun, aber Sirius musste sie enttäuschen.

„Das ist nicht meins.“

Passenderweise hustete Draco und lieferte den Beweis, hinterließ einen Sprühregen Blut auf dem weißen Bettlaken. Er zog die Beine an, krümmte sich unter Schmerzen, die Sirius sich unweigerlich ausmalen musste. Tränen standen in Dracos Augen, fielen auf das noch frische Blut und vermischten sich damit. Sirius schob seine Finger zwischen Dracos, drückte seine Hand so fest er konnte.

„Kann ich ihm etwas gegen die Schmerzen geben?“, fragte Madam Pomfrey. „Oder würde das nur alles schlimmer machen?“

„Woher soll ich das wissen?“, fuhr Sirius sie an. Er war außer Atem, seine Beine und Arme pochten vor Schmerz, seine Lunge brannte, und er hatte keine Kraft mehr um die Sorge zu unterdrücken. Erschöpft sank er auf den Stuhl neben Dracos Bett.

Madam Pomfrey sparte sich ihren ungehaltenen Blick nicht, wuselte aber stumm in ihr Büro. Sie kam mit einer Phiole voll hellblauer Flüssigkeit wieder. Draco warf ihr einen sehnsüchtigen Blick zu. Sirius strich ihm durch das Haar, berührte dabei seine Stirn. Er konnte die Erhebungen spüren, wo das Gift durch seine Venen pumpte. Dracos Haut glühte.

Madam Pomfrey gab Sirius die Phiole, nachdem sie vergeblich versucht hatte ihn von seinem Platz zu drängen. Sirius schnippte den Korken auf und führte das kleine Fläschchen an Dracos Lippen. Behutsam kippte er sie, sodass Draco einen Schluck trinken konnte. Madam Pomfrey war auf die andere Seite des Bettes geeilt und examinierte die schwarzen Muster auf Dracos Haut.

Von Draco kam kein Laut mehr. Er hatte die Augen geöffnet, schaute Sirius weiter an, rührte sich aber keinen Zentimeter. Wenigstens stand ihm der Schmerz nicht mehr ins Gesicht geschrieben.

„Das sollte den Schmerz zumindest eine Weile dämmen. Wie lange kann ich nicht sagen, solange ich nicht weiß, was für ein Gift der Junge abgekriegt hat“, erklärte Madam Pomfrey. Sie warf eine Decke über Draco. „Die Wirkung kann ich allerdings nicht verlangsamen. Ehrlich gesagt, sowas hab ich noch nie gesehen… Tiefschwarze Magie…“

„Damit kennt Snape sich glücklicherweise aus“, sagte Sirius und bot Draco ein Lächeln an, das ihm Zuversicht vermitteln sollte. Das hier würde gut ausgehen. Er war selbst so oft vergiftet worden, einmal hatte Remus ihn aus Versehen vergiftet und fast umgebracht, und es war immer gut gegangen. Jetzt würde er nicht anfangen pessimistisch zu werden.

„Es sieht nicht gut aus“, murmelte Madam Pomfrey. Hinter ihr stand Harry, als wäre er schon auf Dracos Beerdigung.

„Kakerlaken bringt man nicht so leicht um“, erwiderte Sirius.

Dracos Mundwinkel zuckten, vielleicht der Anflug eines Lächelns. Er drückte Sirius‘ Hand ganz leicht, im Grunde nicht mehr als ein weiteres Zucken seiner Finger. Dracos Ausdruck quoll über vor Anstrengung, und Sirius brauchte einen Moment, ehe er sich vorlehnte und Draco das Gefühl gab, er hätte ihn näher gezogen.

Dracos Lippen öffneten sich, offenbarten blutverschmierte Zähne. „Meine Tante und… Onkel… ihr Verlies in Gringotts… ich sollte…“

„Woah, woah, woah…“ Sirius schüttelte den Kopf. „Das sagst du mir schön alles, wenn man dich wieder verstehen kann. Das ganze Blut lässt dich ziemlich nuscheln, Kleiner.“

Draco verschluckte sich an besagtem Blut. Er hustete. Blut tropfte aus seinem Mundwinkel, schlimmer und schneller als bei einer tiefen Schnittwunde. Das Laken konnte die Blutlache nicht aufsaugen, sondern fing sie auf, bis sie über den Rand des Bettes ablaufen konnte. Madam Pomfrey schwang den Zauberstab über Dracos Hals und das Blut verschwand. Sie tätschelte Dracos Schulter mit dem Musterbeispiel einer Leidensmiene und drehte ihm dem Rücken zu, als müsse sie noch mehr Pessimismus demonstrieren.

„Black?“ Draco zupfte ihn noch näher, jedenfalls versuchte er es, aber seine Finger glitten nur hauchzart über Sirius‘. „Wirst du… auf meine Mutter… auf…passen?“

Sirius schüttelte heftiger den Kopf. „Jetzt tu mal nicht so, als würdest du hier draufgehen. Das kannst du schön selber machen.“

„Versprich… mir…“

„Nein“, sagte Sirius ernst. „Ich beschütze nicht die Menschen, die dich in diesen Schlamassel gebracht haben. Jetzt halt die Klappe, Draco.“

Dracos Gesicht war blutleer, fast blasser als das schneeweiße Kopfkissen. Seine Augen wurden schwerer.

Madam Pomfrey seufzte. Sie hatte denselben Blick wie Proudfoot drauf. Nicht noch einer…

Harry wirkte überraschend mitgenommen. Er öffnete den Mund, klappte ihn wie ein Nussknacker wieder zu.

Draco schloss die Augen.

„Draco, hey, hab ich dir schon erzählt, was mein Gesicht so verstümmelt hat?“ Sirius wollte nur, dass Draco ihm zuhörte und nicht einschlief. Schwerfällig öffneten sich Dracos Augenlider wieder. „Snape. Als Fledermaus. Passend, nicht wahr? Vielleicht hab ich ein bisschen überreagiert, aber er hat mich genervt. Als Fledermaus hat er mich leider noch mehr genervt, also hab ich ihn meine Hundezähne kennenlernen lassen.“

Dracos Wangen zuckten, nicht wegen einem neuen Husten, sondern weil er schmunzeln musste.

„Er humpelt immer noch…“ Sirius fluchte innerlich, als ihm bewusst wurde, was das in Anbetracht der gefühlt hundert Treppen vom Kerker hierher bedeutete. Er sprang auf. „Harry, du musst –“

Die Tür wurde aufgestoßen und traf Harry direkt im Rücken. Snape rauschte in den Krankenflügel und stolperte über Harry, der von der Tür auf den Boden geschleudert worden war.

„Verdammt, Potter.“ Snapes langer Umhang hatte sich mit Harrys verheddert. Kurzerhand warf er ein Fläschchen mit einer hellgrünen Flüssigkeit und eingekorkten Dampfwolke nach Sirius. „Gib ihm das, Black.“

Sirius sah das Fläschchen wie in Zeitlupe auf sich zurasen. All seine kläglichen Versuche in die Quidditch-Mannschaft zu kommen schwappten in ihm hoch. Er streckte die Hände aus und sah, wie ihm der riesige, leicht zu fangende Quaffel hindurchfiel. Das Fläschchen blieb in seinen Handflächen liegen. Es war noch warm, heiß sogar.

Sirius atmete erleichtert aus. Er entkorkte das Fläschchen und kippte übermütig die Hälfte in Dracos Mund. Ein hellgrüner Tropfen rann über Dracos Kinn. Sirius wischte ihn weg. Er wartete, seiner Meinung nach sehr geduldig, aber nichts wurde besser.

„Funktioniert das auch?“, fragte er Snape, der sich inzwischen mit einem Ratschen von Harry befreit hatte. Sein Umhang hing ihm in zwei langen Streifen von den Schultern.

„Ich musste improvisieren“, sagte Snape und trat an Dracos Bett. „Normalerweise muss dieser Trank drei Stunden brodeln.“

Harry ließ sich von Madam Pomfrey auf die Beine helfen. Zusammen beugten sie sich ebenfalls über Dracos Bett.

Draco hatte die Augen geschlossen kurz nachdem Sirius ihm den Trank gegeben hatte. Er lag besorgniserregend ruhig da. Madam Pomfrey nahm seine Hand und fühlte den Puls. Unter ihren Fingern verschwand die schwarze Verfärbung aus Dracos sichtbarer Vene. Sie schwoll ab und war bald darauf der altbekannte blaue Streifen, wenn auch nicht ganz so deutlich sichtbar. Sirius beobachtete das Gleiche in Dracos Gesicht.

Madam Pomfrey lächelte. „Es scheint zu funktionieren. Er schläft nur.“

Sirius sank vor Erleichterung zurück auf den Stuhl.

~*~

Erst hinterher musste Sirius einem Wirbelwind an Emotionen standhalten. Er blieb an Dracos Bett sitzen, die ganze Nacht bis zum Morgen, und fand trotz Erschöpfung keinen Schlaf. Ihm wurde klar, dass er Draco hätte verlieren können und dass es seine Schuld gewesen wäre. Weil er nicht auf dem Laufenden war, weil er nicht auf Draco aufgepasst hatte, und weil er ihn dazu angestiftet hatte die Sicherheit des Schlosses zu verlassen. Und vor allem traf ihn, dass er so ein Arschloch gewesen war.

Er saß dort und betrachtete Draco beim Schlafen. Etwas, das er unter anderen Umständen lieber getan hätte und hätte tun können. Mit einer abstrusen Mischung aus Wut und Schuld fuhr Sirius sich durch die Haare. Wäre Remus hier, dann könnte er eine tiefgründige, psychologisch nachvollziehbare Erklärung für Sirius‘ Verhalten liefern. Wenn James hier sein könnte, würde er dafür sorgen, dass Sirius sich besser fühlte, mit allem was er tat, getan hatte und tun würde.

James. Der Gedanke an seinen besten Freund war wie ein heißer Eisenstab, der in sein Herz gebohrt wurde. Er hatte nie Angst gehabt, dass James etwas passieren konnte. Erst, als er zu Peter gefahren war und niemand da gewesen war. Erst, als es zu spät gewesen war.

Sirius streichelte Dracos Hand, die unter der Decke verborgen war. Machte er gerade denselben Fehler? War das ein Fehler? Konnte er es besser machen, wenn er Draco vor Angst keinen Schritt mehr vor die Tür mehr machen ließ? Lily hatte James deswegen mehr als einmal freiwillig auf der Couch schlafen lassen.

Sirius wusste nicht, was er tun sollte, wie er mit diesen Gefühlen umgehen sollte. Er wollte nicht noch einmal jemanden verlieren und selbst irgendwie durchkommen, um die nächsten Jahrzehnte in eine pure Tortur zu verwandeln.

Dracos Lider flatterten im Schein der aufgehenden Sonne auf, tauchten das silbrige Grau seiner Augen in einen goldenen Schein.

Sirius wartete geduldig darauf, dass Draco ihn ansah, begrüßte ihn mit einem Lächeln, das seine Freude Draco bloß anschauen zu dürfen nicht ausdrücken konnte. „Na, Schlafmütze? Soll ich Pomfrey –“

„Wasser“, unterbrach Draco ihn. „Mein Mund fühlt sich an, als hätte ich Blei verschluckt.“

Sirius füllte das Glas auf Dracos Nachttisch mit einem Aguamenti und reichte es ihm. Draco trank es in einem Zug aus, ohne sich von seinem Kissen zu erheben. Er rollte sich auf die Seite, um Sirius anzusehen, gab ihm das Glas mit zittrigen Fingern zurück.

„Wie geht’s dir?“, fragte Sirius.

„Wieso sitzt du hier?“, gab Draco zurück. Er klang nicht nur verschlafen, sondern als hätte er wirklich zu lange an einem Stück Blei herumgekaut. „Wie lange sitzt du hier schon?“

„Ich bin nicht weggegangen. Ich mein, jemand muss ja aufpassen, dass du nicht aus dem Bett fällst und dir das Genick brichst.“ Sirius grinste, konnte das aber nur einen Moment durchhalten. Er rieb sich über das Gesicht, rubbelte das Grinsen weg, und strich sich das strähnige Haar aus der Stirn. „Scheiße, Draco, was machst du immer für Sachen?“

„Frag mich nicht. Meinem Leben fehlte bis vor kurzem jeder Funken Potter’scher Aufmerksamkeit.“ Draco zog sich die Decke über die Schulter, blinzelte schläfrig. „Ich bin tot, richtig? Ein toter Mann. Sie werden mich umbringen.“

„Du bist noch ein paar Jahre vom Mann entfernt“, sagte Sirius. Draco zeigte erste Anzeichen eines Schmollmundes. Sirius fand sein Grinsen wieder und dankte es Draco, indem er gegen seine Wange klopfte. Seine Haut war eiskalt, immer noch schlecht durchblutet. Sirius zog schuldbewusst die Hand weg. „Es tut mir leid.“

Draco öffnete die Augen wieder ganz, wirkte auf einmal ziemlich wach.

„Ich hab versprochen auf dich aufzupassen. Und dann sitz ich direkt neben dir, wenn du pures Gift schluckst.“

„Du solltest froh sein, dass ich dich nicht probieren lassen hab“, murmelte Draco, aber Sirius konnte darüber nicht lachen. „Ich dachte, auf Kakerlaken kannst du rumtrampeln so viel du willst, und sie sterben nicht.“

„Aber du bist keine Kakerlake“, wisperte Sirius. Wenn er das sagte, dann meinte er es nicht so, und er würde jeden bestrafen, der Draco so nannte. Sogar Draco selbst sollte sich nicht so nennen. „Du bist mir… Ich…“ Er konnte es nicht aussprechen und biss sich auf die Lippe. Die Müdigkeit, die Sorge; diese Dinge wollten gerade aus ihm sprechen.

Draco beobachtete ihn mit einem stillen Verständnis, das Sirius sich wie ein nasses, hässliches Hündchen fühlen ließ, und er wollte nicht nur aus Mitleid mit ins Haus genommen werden. „Das war nicht deine Schuld. Das war –“

„Draco.“ Sirius hob die abwehrend die Hand. „Sag mir nicht, was du glaubst, was ich hören will. Sag mir lieber, was du denkst.“

Im goldenen Sonnenaufgang sah es aus, als würde Draco wieder Farbe ins Gesicht bekommen, vielleicht sogar rot werden. Er griff nach Sirius‘ Hand und zog sie zu sich unter die Decke, umklammerte sie mit beiden Händen.

„Ich bin froh, dass du da warst“, sagte er so leise, dass Sirius sich nicht sicher war, ob er ihn richtig verstanden hatte. „Ich bin froh, dass du jetzt da bist.“

Das war zu viel. Sirius hatte zwei Monate, eine Woche, sechs Tage und dreizehn Stunden versucht diese Gefühle zu verdrängen, und jetzt wurde seine Standhaftigkeit von einem schweren Verlangen zermalmt. Sirius schnellte vor und küsste Draco.

Er presste seine Lippen gegen Dracos, gab sich damit nur einen Moment zufrieden und erlaubte seiner Zunge vorzustoßen. Draco machte ein Geräusch, das an ein Schnurren erinnerte, ein langes, genießerisches Seufzen, als hätte er gerade ein kostbares, lang vermisstes Ding wiedergefunden. Sirius fühlte sich jedenfalls so.

Er löste sich kurz, sagte: „Du schmeckst wirklich nach Blei“, und ließ Draco nicht einmal Zeit zum Lächeln, küsste ihn erneut und zog ihn in seine Arme, wo er hingehörte.


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