von käfer
Unverhofft kommt oft...
Sollten Euch die ersten Sätze dieses Kapitels bekannt vorkommen, so liegt das daran, dass Jack Longbottom jeden Tag das gleiche Heimkehr-Ritual zelebriert.
Jack Longbottom
Der Magierpräsident hatte einen ebenso anstrengenden wie erfolgreichen dreifachen Arbeitstag hinter sich. Die Belegschaft der Abteilung „Äußere Sicherheit“ hatte sich um zwei überbezahlte Mitarbeiter verringert – ein gutes Warnsignal für die übrigen. Sämtliche Geschäftsabschlüsse des Tages waren zu seiner Zufriedenheit ausgefallen und seine Rede auf dem Jährlichen Gipfeltreffen der Zaubereiminister hatte in der internationalen Presse viel Beachtung gefunden.
Die goldene Kutsche erreichte Malfoy Manor, das Tor tat sich auf, ein Fanfarensignal verkündete die Rückkehr des Hausherrn.
Jack schritt über den purpurnen Teppich, erklomm die Stufen, trat durch die große Tür in die Halle und warf seinen pelzverbrämten Umhang ab.
Wie immer ging er als erstes ins Badezimmer und ließ sich von dem fast blinden Rudy aus der Kleidung und in die Badewanne helfen.
Nach dem Bad ließ sich Jack seinen Straßenanzug bringen; er hatte vor, um Mitternacht den Zeitumkehrer noch einmal zu drehen und sich in der Winkelgasse unters Volk zu mischen.
Um sich davon zu überzeugen, dass die Hauselfen während seiner Abwesenheit ordentlich gearbeitet hatten, machte er wie immer seinen Rundgang durchs Haus, gefolgt von Tibo, dem Oberelf. Heute fand Jack im Wesentlichen alles in Ordnung, er hatte nur ein paar Kleinigkeiten zu bemängeln.
Nach dem Abendessen ging Jack in seinen Salon, wo er gemütlich bei einem Glas Whisky die Pressestimmen zu seiner Rede durchlesen wollte.
Pfeifend trat er durch die Tür und erstarrte. In seinem Sessel saß â€“ Lavinia.
„Guten Abend, Jack. Ich bin wieder da.“
Der letzte Pfiff blieb auf den Lippen kleben. Jack stand da, unfähig, Geist und Körper zu bewegen.
„Du hast mich wohl vergessen, wie so vieles“, sagte lächelnd die Erscheinung. Denn eine Erscheinung musste es sein, Lavinia konnte unmöglich noch leben.
Oder?
„Tja, Jack Longbottom, du bist immer noch verheiratet! Du, der größte Weiberfeind der Welt! Deine Untertanen würden sich scheckig lachen, wenn sie es wüssten! Und wenn sie dich sehen könnten, wie du hier stehst und sabberst.“
„W-w-wer…? … W-w-wie-…?“ Noch immer konnte sich Jack nicht rühren. Er hatte plötzlich rasende Kopfschmerzen, durch die die bohrend scharfe Stimme des Weibes drang.
„Ich bin immer noch Lavinia Longbottom, geborene Selwyn, verwitwete Malfoy. Malfoy Manor gehört immer noch mir, das hast du wohl auch vergessen.“
Jack hätte sich am liebsten auf sie gestürzt, doch noch immer vermochte er sich nicht zu rühren.
„Ich bin hier zu Hause und kann ein und aus gehen, wie ich will, deine Schutzzauber gelten nicht für mich. Schon seit einem Vierteljahr lebe ich wieder im Haus und du hast nichts gemerkt, so wie du vieles nicht bemerkst. Du tarnst dich und belauschst, was die Leute auf der Straße über dich sagen. Meinst du wirklich, die hätten aufgehört, über dich zu lästern? Vergiss es! Du stinkst wie ein Bock, die Leute riechen dich drei Meilen gegen den Wind und halten die Klappe. Magenrein und Gehirnklar ergeben zusammen mit Whisky eine unverwechselbare Duftmarke, wusstest du das?“
„Woher…?“
Mit einer gebieterischen Geste schnitt sie ihm das Wort ab. Jack ließ es geschehen, er hatte weiche Knie und musste sich am Türpfosten festhalten.
„Du lässt dich in einer goldenen Kutsche durchs Land fahren und denkst, dass die Leute dir immer und überall zujubeln, nicht wahr? Aber das sind nur Hologramme. Du merkst es nicht, denn du bist niemals auf die Idee gekommen, jemandem die Hand zu schütteln. Übrigens: Woher sollen die Menschen auch die Zeit dafür finden, an der Straße herumzustehen und auf dich zu warten, wenn sie wie im Mittelalter sechzehn Stunden am Tag arbeiten müssen? Hast du dir jemals Gedanken darüber gemacht, warum die reinblütigen Familien kaum noch Kinder bekomen? Warum die Manufakturherren Schwierigkeiten haben, Fachkräfte zu finden? Warum die magischen Schulen verfallen? Sicher nicht. Du sonnst dich in deiner Macht, erlässt ein unsinniges Gesetz nach dem anderen, lebst wie ein Märchenkönig und kümmerst dich nur um dein eigenes Wohl, während die ganze Zauberergemeinschaft vor die Hunde geht.“
Endlich hatte Jack Kraft genug, sich vom Türpfosten zu lösen. Er machte drei Schritte auf Lavinia zu und holte den Zauberstab hervor. „Du wagst es, Weib?“, zischte er drohend, „Du wagst es, so mit mir zu reden? Mit mir, dem Magierpräsidenten, dem Vorsitzenden des Internationalen Magischen Rates? Mit mir, dem größten…“
„Hohlkopf aller Zeiten, jawohl! Das bist du, Jack, ein egoistischer, despotischer, hohlköpfiger Trottel!“
Jack wollte etwas sagen, wollte das ungehorsame Weib anschreien, aber der Zorn lähmte seine Zunge; er brachte nur noch ein Zischen hervor.
„Verträgst wohl die Wahrheit nicht?“
Wieso zum Teufel stand das Weib jetzt da und zielte mit dem Zauberstab auf ihn? Jack hatte überhaupt nicht bemerkt, dass sie aufgestanden war. Sein Kopf dröhnte, als wollte er zerspringen. Trotzdem versuchte Jack, sich zu konzentrieren und suchte Augenkontakt, bekam ihn aber nicht.
„Du hast mich mit verbotenen Flüchen belegt, hast mir meine Persönlichkeit und große Teile meines Besitzes genommen. Doch nichts ist für die Ewigkeit. Ich fordere dich, Jack Longbottom, zum Duell auf Leben und Tod.“
Jack fühlte sich, als würde man einen Kübel Eiswasser über ihm auskippen. Die Kopfschmerzen ließen ein wenig nach und er gewann seine Ruhe und Überlegenheit zurück.
„Es wird mir ein leichtes sein, dich ins Jenseits zu befördern. Und keiner wird dich je vermissen. Glaub mir, Weib, ich habe Übung in solchen Dingen.“
„Wart´s ab! – Aber selbst wenn du mich ins Jenseits beförderst – der Rest deines Lebens wird dir vergällt sein! Ich habe Vorsorge getroffen. Du wirst keine ruhige Minute mehr haben.“
„Halt die Klappe und fang an!“, brüllte Jack. Er wollte eine Ganzkörperklammer anbringen und das Weib dann ersticken, das war eine erprobte Methode, um Feinde ohne Krach und Aufsehen loszuwerden. Doch der Fluch prallte an einem mächtigen silbrigen Schutzschild ab und traf ihn selbst. Von der Wucht des Zaubers von den Füßen gerissen flog Jack rückwärts durch die Luft. Das letzte, was er spürte, war ein heftiger Aufprall auf Rücken und Hinterkopf.
Remus Lupin
hatte die befreiende Botschaft aus der Aurorenzentrale bekommen, das Netzwerk alarmiert, wortlos den Zaubereiminister am Ärmel gepackt und war ohne jeglichen Kommentar mit ihm hierher appariert, in das private Anwesen des Magierpräsidenten. Bei ihrem Eintreffen herrschte furchtbare Aufregung, Hauselfen, Heiler und Auroren rannten durcheinander.
Oben, an der Tür zum Salon, knieten die fähigsten noch verbliebenen offiziellen Heiler um Jack Longbottom herum, aber auch das ungeübte Auge des medizinischen Laien konnte sehen, dass der Mann nicht mehr zu retten war.
Im Hintergrund am Fenster stand, kerzengerade, bleich, den Zauberstab in der Hand, bewegungslos Lavinia Longbottom. Zac Woodstock, der Chefauror, der mit Remus und Smorell zusammen eingetroffen war, ging auf die Frau zu und fragte streng: „Wer sind Sie? Und wie konnten Sie in das Privathaus des Magierpräsidenten eindringen?“
„Ich bin Lavinia Longbottom, die Ehefrau des Magierpräsidenten. Malfoy Manor gehört mir, ich habe es von meinem ersten Mann geerbt.“ Remus staunte, wie ruhig und fest Lavinais Stimme war. Es gab keinerlei Anzeichen einer geistigen Verwirrung, im Gegenteil, es schien, als ob Lavinia die vernünftigste Person im ganzen Raum war.
„Ich habe meinen Ehemann im Duell getötet. Mein Schutzschild-Zauber hat ihn gegen den Türpfosten geschmettert.“
Im Raum herrschte Totenstille. Alle hatten sich nach der Frau umgedreht. Keiner rührte sich. Woodstock stand da, als wüsste er nicht, was er tun sollte.
Remus schüttelte seine Erstarrung ab. Er rief laut: „Deckt endlich den Toten zu! Smorell, rufen Sie einen Leichenwagen! Die Heiler können an ihre Arbeit zurück. Die Hauselfen müssen das Grundstück bewachen, niemand darf es betreten. Und Sie kommen am besten mit mir mit.“ Mit diesen Worten packte er Lavinia und brachte sie direkt ins Hauptquartier des Zauberer-Überlebensnetzwerkes.
Das war das AUS für Jack Longbottom. Morgen gibt´s als letztes noch den "Abgesang" und dreimal dürft Ihr raten, wer in der FF das letzte Wort hat...
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