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Fanfiction

WoherWohin - Abschied

von käfer

Vorab@shadow: Du steigerst Dich ja richtig rein in Deine Abneigung gegen Jack. Ich hoffe, Du lässt mich am Leben, wenn ich Dir hier mitteile, dass er gewinnt (zumindest im Moment...)


In diesem Kapitel taucht Jack Longbottom gar nicht auf, wir beobachten heute den letzten Schultag von Maggie Lyzette und den anderen.



Lyzette

„Seid ihr auch so aufgeregt?“, fragte Rosy, als die Mädchen zum letzten Mal die traditionelle Festkleidung Schweizer Hexenschülerinnen anlegten: bodenlange, glänzend dunkelblaue Kleider mit silbernen Gürteln, darüber einen Umhang aus hauchdünnem, mit Silberfäden durchwirkten schwarzem Gewebe.
„Ich denke, wir haben alle die Prüfungen bestanden“, meinte Maggie und Lyzette hörte am Tonfall, dass auch sie nervös war.
„Das schon, aber ich bekomme die Lehrstelle im Wolfshaus nur, wenn ich in Grundlagen der Heilerei, Kräuterkunde und Zaubertränke eine Eins habe.“
Bevor Lyzette oder Maggie antworten konnten, ertönte eine leicht ölige Männerstimme: „Ich will euch ja nicht drängen, aber ich glaube, es ist Zeit zum Gehen.“
„Severus, wenn wir dich nicht hätten!“, rief Maggie und drehte das Porträt ihres Ahnen wieder so herum, dass er ins Zimmer sehen konnte.

Sie hatten schon im vergangenen Jahr eine Zeugnisfeier miterlebt, aber es war doch etwas ganz anderes, selbst zur Abschlussklasse zu gehören.
Beim Einmarsch hatte Lyzette furchtbare Angst, in den ungewohnten Stöckelschuhen zu stolpern oder umzuknicken, aber es ging alles glatt.
Nach einem Auftritt des Schulorchesters lauschten alle der Rede von Karla Sprüngli, der Schulleiterin. „… ist es nach zehn Jahren endlich wieder eingetreten, dass alle Schüler alle Prüfungen bestanden haben.“
Aus den Augenwinkeln heraus sah Lyzette, dass Evelyn erleichtert aufatmete. Sie hatte bis zuletzt mit Sprachschwierigkeiten zu kämpfen gehabt. Neben Evelyn saß Rosy stocksteif und angespannt. Rosy war, vorausgesetzt, sie hatte Bestnoten erreicht, für die Besondere Ausbildungsstelle im „Wolfshaus“ vorgesehen, wie die Grindelwalder Klinik für Erkrankungen Magischen Ursprungs im Volksmund genannt wurde. Diese besondere Stelle bedeutete, dass Rosy die theoretische Ausbildung an der renommierten Züricher Heilerschule absolvieren durfte und die Klinik die Kosten dafür trug.
„Das Zeugnis erhalten…“ Unter den Aufgerufenen der ersten Gruppe war Evelyn. Es wurde zwar keine Rangfolge verkündet, aber es war ein offenes Geheimnis, dass die schlechtesten Schüler die Zeugnisse zuerst überreicht bekamen.
Ganz zuletzt blieben nur noch Maggie, Rosy und Lyzette übrig. Irritiert sah Lyzette umher. Katie drehte sich beim Setzen kurz um und hob lächelnd den Daumen.
Nachdem alle wieder ruhig waren, ergriff Frau Sprüngli das Wort: „Ich bitte nach vorn: Maggie Duncan. Rosy Flint. Lyzette Hamilton.“
Begleitet von feierlicher Musik schritten die drei nach vorn und stellten sich auf. Es wurde so leise in der Aula, dass man hätte einen Grashalm fallen hören können.
Für einen Moment spürte Lyzette irgendwo hinten die Präsenz von Lydia Lupin. Doch sie hatte keine Zeit, sich umzudrehen, Frau Sprüngli sprach wieder: „In diesem Schuljahr gibt es erstmalig seit der Gründung der Akademie für Ganzheitliche Lebensführung drei Schülerinnen mit einem Notendurchschnitt von Eins Komma Null Null.“
Beifall brandete auf, alle Anwesenden erhoben sich von ihren Plätzen. Um Lyzette herum drehte sich alles in einem bunten Wirbel. Jemand hielt ihr die Zeugnismappe hin. Es war tatsächlich Professor Lupin und die riesigen Blumensträuße überreichte ein strahlender Ramses Fairbanks.
Anschließend bat Frau Sprüngli Evelyn, Ashley und Mary noch einmal nach vorn und richtete eine kurze Ansprache an die sechs Britinnen. Jedes einzelne Wort brannte sich in Lyzettes Gedächtnis ein: „In eurer Heimat herrschen menschenunwürdige Zustände, Verfolgung und Unterdrückung. Die Flucht ins Exil mag für den Einzelnen vielleicht eine gute Lösung sein, für die britische magische Gemeinschaft ist sie es nicht. Darum bringt eure Ausbildung hier zu Ende, aber danach kehrt nach Hause zurück und setzt euer Wissen und Können ein im Kampf für eine gerechtere Ordnung.“

Den weiteren Abend verbrachte Lyzette im Freudentaumel. Erst nachdem kurz vor Mitternacht ihre Eltern und Geschwister gegangen waren, wurde ihr bewusst, dass der morgige Tag den Abschied brachte, die Trennung nicht nur von der Schule und neuen Freunden, sondern auch und vor allem von Maggie.
Lyzette hatte einen Studienplatz an der Magischen Universität Berlin erhalten und wollte Alte Zauberei und Gesellschaftskunde studieren, Maggie jedoch hatte nirgendwo im deutsch- und englischsprachigen Raum die Zulassung für das Tränkemeisterstudium bekommen können und sich deshalb entschieden, nach Hause zurückzukehren, zum Schein an einer Muggelhochschule Pädagogik zu studieren und heimlich bei Onkel Henry zu lernen. Das bedeutete, dass sie lange Zeit nichts mehr voneinander hören würden, denn mittlerweile wurden alle noch verbliebenen magischen Familien streng überwacht, auf normalmagischem Wege kam man nicht auf die Insel und gleich gar nicht wieder herunter und selbst ins Compuphone-Netz hatten sich Wächter eingeschleust.
Mit einem Mal packte Lyzette das kalte Elend. Sie zog ihre Schuhe aus, ging nach draußen und sprang an einer bestimmten Stelle über den Zaun. Dann schlug sie den Weg zum See ein.



Maggie

stand auf der Bühne wie betäubt. Alles um sie herum verschwamm im Tränenschleier. Halb heulte sie vor Freude, halb vor Kummer. Einerseits war sie überglücklich über ihr Zeugnis und freute sich, dass sie nun, volljährig und der Schule entronnen, ganz allein für sich entscheiden konnte. Andererseits – was nutzte das beste Abschlusszeugnis, wenn man keinen Ausbildungsplatz bekam?
Im weiteren Verlauf der Feier war sie von Freunden und Verwandten so in Anspruch genommen, dass sie gar nicht mehr an ihren Frust dachte. Erst als alles langsam ruhiger wurde, kam sie zur Besinnung und schalt sich töricht. Natürlich hätte sie einen Studienplatz bekommen, wenn sie sich nicht gerade auf Tränkekunde festgelegt hätte. Das schien eine Art Modefach zu sein, auf jeden freien Studienplatz kamen mindestens zehn Bewerber. Doch Maggie wollte nichts anderes und vielleicht bot sich durch die Rückkehr in die Heimat die Möglichkeit, in der Widerstandsbewegung mitzumachen. Stundenlang, tagelang hatte sie mit Lyzette darüber geredet, wie das Ganze zustande gekommen war, wer hauptsächlich dahintersteckte und was man dagegen tun könnte.
Lyzette, wo war sie eigentlich? Maggie wollte doch noch einige ganz wichtige Sachen mit ihr bereden, bevor sie morgen Abschied voneinander nehmen mussten! Nachdenklich hielt Maggie mitten im Gehen inne. Wann und wo hatte sie Lyzette zuletzt gesehen? Es musste so um zehn Uhr in der Nähe der Bar gewesen sein. Dort war niemand mehr, die Bar hatte Punkt Mitternacht dicht gemacht. Vielleicht war Lyzette schon rüber ins Zimmer gegangen und lag im Bett? Gerade wollte Maggie nachschauen, da kam ihr Rosy entgegen, in der Hand ein Paar schwarze Absatzschuhe. „Das sind doch Lyzettes Treter, oder? Die habe ich neben der Eingangstür gefunden.“
Maggie sah die Schuhe an. „Stimmt, die gehören Lyzette.“
„Im Zimmer ist sie nicht, in der Aula auch nicht. Ich hab´ schon überall gesucht.“
Maggie sah Rosy an. Die machte sich ja wirklich Sorgen um Lyzette! Aus der Zicke von einst war eine richtig nette Person geworden, die sich viel um andere Leute sorgte.
Plötzlich fiel Maggie auf, dass der Stein, den sie an ihrer Kette trug, sich eisig und feucht anfühlte und Maggie bekam Angst. „Lyzette geht´s nicht gut, wir müssen sie suchen, aber wo?“
Rosy fragte: „Ist das dieser Kiesel aus der ersten Verwandlungsstunde?“
Maggie nickte und sah Rosy fragend an. „Nimm ihn in die Hand und konzentriere dich ganz auf Lyzette. – Komm mit raus, hier drin stört das Licht.“
Sie rannten ins Freie. Maggie griff nach dem Stein, drückte ihn an ihr Herz und flüsterte: „Lyzette, wo bist du?“
Verschwommen und durchsichtig entstand in der Dunkelheit ein Bild. Es sah aus, als würde Lyzette vor ihnen im Wasser strampeln und mit irgendetwas kämpfen.
„Die Stelle kenne ich!“, schrie Maggie. „Komm mit!“
Im Laufen warf Maggie Schuhe und Umhang weg und verwandelte das Kleid in einen enganliegenden Dress. Auch sie wusste, wo man nachts über den Schulzaun springen konnte. Rosy kam nicht hinterher, sie keuchte und rief: „Warte! Ruf doch deinen Besen! Damit sind wir schneller!“
Maggie schämte sich eine Sekunde lang, dass sie nicht selbst daran gedacht hatte, zeigte mit dem Zauberstab in Richtung Schule und verlangte: „Accio Speedstar!“
Binnen Bruchteilen einer Sekunde kam der Besen angezischt, Rosy und Maggie sprangen auf und Maggie lenkte den Rennbesen zum See. Als ob der Stein ihr den Weg wies, flogen sie direkt zu der Stelle, wo Lyzette am Ende eines Bootssteges im Wasser zappelte. Maggie sprang hinein, während Rosy auf dem Besen sitzen blieb und ihn direkt über Lyzette steuerte. „Halte dich fest!“
„Gott sei Dank!“, schnaufte Lyzette, als sie erschöpft über dem Besenstiel hing. „Ich hab´ schon befürchtet, ich muss hier die ganze Nacht strampeln. Meine Klamotten hängen irgendwo fest.“
Maggie machte Licht und tauchte unter. Lyzettes Umhang, ihr Rock und das Unterfutter hatten sich heillos um etwas Sperriges gewickelt, das auf dem Grund des Sees lag. Rasch löste Maggie den Stoff mit einem Zauber und gab Rosy das Zeichen, mit Lyzette ans Ufer zu fliegen. Sie selbst watete an Land.
Erschöpft plumpsten die Mädchen ins Gras. Maggie sah mit bangen Gedanken auf Lyzette. Wollte sich die Freundin etwa das Leben nehmen?
„Ist mir vielleicht kalt!“, das waren die ersten Worte, die Lyzette sprach, als sie wieder bei Puste war. Rosy hexte warme Decken um alle drei.
Maggie griff nach Lyzettes Hand. „Wieso warst du im Wasser?“
„Mein Zauberstab ist in den See gefallen. Ich wollte ihn herausfischen und habe das Gleichgewicht verloren. Neben dem Steg muss irgendwas liegen, jedenfalls hing ich dort fest und habe mich immer mehr verfitzt.“
„Ich dachte schon…“
Lyzette schüttelte den Kopf. „Ich wollte nur ´n bisschen allein sein und heulen.“
Rosy räusperte sich. „Maggie, darf ich auf deinem Besen zurück zur Schule fliegen? Ich schick ihn gleich wieder her.“
Es dauerte weniger als eine Minute, dann landete der Speedstar sanft neben den Mädchen im Gras.

Der Morgen dämmerte bereits, als Maggie und Lyzette, inzwischen getrocknet und mit heilen Kleidern, in ihr Zimmer schlichen.


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