von käfer
Maggie und Lyzette lernen fleißig - nicht nur das, was im Lehrplan steht. Aber das ist im Moment wenig abenteuerlich (abgesehen von vielen Schrecksekunden, wenn sie nachts durch die Schule schleichen und ein Lehrer kommt), so dass wir mal der Schulleiterin bei ihrer Arbeit zusehen können.
Lydia Lupin
lief im Wohnzimmer auf und ab wie eine gefangene Tigerin.
Ted saß mit zornig roten Haaren im Sessel am Kamin. „Selbst wenn ich es dürfte, könnte ich dir nicht sagen, was mit Fleur Krum passiert ist. Wir wissen es einfach nicht.“
„Aber das kann doch gar nicht sein!“, rief Lydia. „Ich meine, ihr seid die Heiler im weltberühmten St. Mungo´s. Ihr müsst doch wenigstens die Ursache der geheimnisvollen Krankheit herausfinden können. Vielleicht wird sie ja nach und nach vergiftet oder sie hat einen schleichend wirkenden Fluch abgekriegt.“
„Fleur Krum ist allseits beliebt. Wer sollte ihr was antun wollen?“
„Oh, da kenne ich einige Leute. Mindestens einer befindet sich unter diesem Dach.“ Lydia blieb am Kamin stehen und sah auf ihren Mann hinunter, dessen Haare langsam einen versöhnlichen Silberton annahmen.
„Du meinst Jack Longbottom?“
Lydia nickte.
„Aber der ist doch nur ein harmloser Spinner, der seine schlechte Laune an muggelstämmigen Schülern auslässt.“
Lydia rieb sich die Hände, als wäre ihr kalt. „Harmlos ist Jack Longbottom längst nicht mehr. Ich weiß, dass er sich mit Schwarzer Magie beschäftigt und dunkle Geschäfte betreibt. Aber ich kann es nicht beweisen.“ Sie seufzte: „Leider“ und nahm ihre Wanderung wieder auf. „Die dunklen Geschäfte sind das eine. Das andere ist, dass Longbottom nach Macht und Einfluss strebt. Er sägt an meinem Stuhl.“
Ted Lupin sah seine Frau ungläubig an. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Longbottom ist nur ein armseliges Würmchen, das große Töne spuckt.“
„Da täuschst du dich – genau wie die meisten. Longbottom ist reich, das sichert ihm Einfluss in Wirtschaft und Politik. Er bleibt im Hintergrund, aber sein Einfluss wächst. Es hat damals angefangen, als Kirk Smorell beinahe über seine Fehlspekulationen gestolpert wäre. Der geheimnisvolle Geldgeber war niemand anderes als Jack Longbottom und der kontrolliert nun die „Hexenwoche“ und den „Tagespropheten“.
„Meinst du?“
„Ich weiß es“, sagte Lydia energisch. „Genau zu diesem Zeitpunkt haben beide Blätter damit begonnen, gegen Muggelstämmige zu hetzen. In so manchem Artikel kann man wiederfinden, was Longbottom im Lehrerzimmer von sich gegeben hat. Und diese Anne Person ist weiter nichts als Longbottoms Marionette. Fleur Krum setzt sich immer noch für die Integration von Muggelstämmigen und Magisch-intelligenten Wesen ein. Das ist Longbottom ein Dorn im Auge.
Mrs. Krum hat eine großzügige Spende von Longbottom abgewiesen, die an die Bedingung geknüpft war, dass er stellvertretender Schulleiter werden sollte. Drei Tage später ist sie krank geworden und Anne Person hat die Amtsgeschäfte übernommen. Ich sehe durchaus einen Zusammenhang.“
Nachdenklich rieb sich Ted das Kinn. „Zugegeben, das zeitliche Zusammentreffen ist merkwürdig. Am Abend des Tages, an dem Longbottom bei ihr war, klagte Mrs. Krum zum ersten Mal über Übelkeit. Aber den Kreislaufkollaps hatte sie drei Tage später in ihrem Büro, kurz nachdem ein unbekannter Besucher gegangen war.“
„Könnte das nicht Longbottom gewesen sein, mit Vielsafttrank verwandelt, und dabei hat er ihr etwas eingegeben oder einen Fluch aufgehalst?“
Teds Haar wurde wieder rot. „Lydia, du reimst dir da gewaltig was zusammen! Wir haben Mrs. Krum gründlichst untersucht und nicht die Spur von Gift oder einem Fluch gefunden. Sogar Muggelmediziner haben wir hinzugezogen, aber die konnten auch nur die Symptome bestätigen: verlangsamte Herztätigkeit, die sich mit nichts stimulieren lässt, und geistig ist sie völlig weggetreten. Aber über die Ursachen konnten sie uns auch nichts sagen.“
Lydia lächelte leicht. Sie hatte es wieder einmal geschafft, ihrem Mann zu entlocken, was sie wissen wollte.
Ted bemerkte ihr Lächeln und seufzte resigniert. „Erzähle bitte niemandem, was du weißt.“
Lydia flüsterte: „Keine Sorge“, und drückte Ted einen Kuss auf die Stirn.
Lydia hatte widerwillig und nur in der Hoffnung, dass dies das Ende der Inspektion bedeuten würde, die geforderte Vollversammlung der Lehrer und Schulräte einberufen. Den bei solchen Gelegenheiten üblichen Tee mit Gebäck sollte es diesmal nicht geben; Anne Person war der Meinung, dass das Teetrinken eine ernsthafte Diskussion verhindere.
Lydia überlegte, ob sie sich wirklich derartig vorschreiben lassen sollte, was sie tat und was nicht, und orderte in der Küche das Notwendige. Albus Dumbledore, ihr großes Vorbild, hatte sich vom Ministerium auch nichts vorschreiben lassen, er hatte getan, was er für richtig hielt.
Wenn Severus ihr von solchen Kabinettstückchen erzählt hatte, hatte er mitunter mit verklärtem Gesicht gelächelt und in die Ferne geschaut, als würde er seinen alten Freund dort sehen.
Aber Lydia hatte jetzt keine Zeit, solchen Träumereien nachzuhängen. Kaum hatte sich der lange Konferenztisch mit Tassen und Gebäck gedeckt, kamen die ersten Schulräte. Die immer etwas aufgeregt wirkende Hestia Bones trippelte herein. „Lydia, meine Liebe, diese eilige Einladung! Es ist doch hoffentlich nichts Schlimmes passiert?“
Lydia fühlte sich in der Versuchung, „noch nicht“ zu sagen, kam aber gar nicht zum Antworten, denn Hector Travers trampelte herein. Sein dröhnender Bass füllte das ganze Lehrerzimmer: „Hallo, hallo! Da bin ich wohl ein wenig zu früh dran. Na ja, macht nichts. Hestia, meine Liebe, hast du auf deinem Reißbrett wieder was Interessantes gezaubert?“ Der Hüne legte seinen Arm um die zierliche Hexe, zog sie in eine Ecke und redete beschwörend auf sie ein.
Terence Houseman trat hinter Lydia und raunte ihr ins Ohr: „Wir können uns auf etwas gefasst machen. Die Person hockt mit Longbottom in seinem Büro, es scheint, sie üben eine Rede ein.“
Lydias Rücken fühlte sich an, als würden tausende eiskalte Kügelchen langsam hinunterrutschen. Und dennoch – Housemans Worte waren nichts anderes als die Bestätigung für den Verdacht, den Lydia nicht erst hatte, seit Henry Wilde ihr die Kopie eines Entwurfes für eine neue Hausordnung gegeben hatte, der Longbottoms Handschrift trug.
Longbottom war nicht so dumm, gemeinsam mit Anne Person als letzter zu kommen. Dieses zweifelhafte Vergnügen blieb Henry Wilde vorbehalten, der mit säuerlich-verkniffenem Gesicht ihre Vorhaltungen anhörte.
Erst als Henry sich auf den zweit-unbeliebtesten Stuhl rechts von Lydia setzte, fiel ihr auf, dass Longbottom freiwillig den ungeliebtesten Platz an der anderen Stirnseite des Tisches eingenommen hatte, ihr genau gegenüber und voll im Blickfeld.
Lydia machte nicht viele Worte: „Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie hier in Hogwarts zu der von der vertretungsweise amtierenden Leiterin der Abteilung Bildung einberufenen Vollversammlung der Pädagogen und Schulräte. Bitte schön!“ Mit einer kleinen Geste in Richtung Anne Person erteilte sie dieser das Wort, mit der anderen Hand bewegte sie ihren Zauberstab und füllte die Teetassen.
Anne Person stand auf. Sie war rot wie eine Tomate und zitterte vor Aufregung. „Ähm…“, begann sie unsicher, „ich.. ähm… was…“
Jack Longbottom hustete. Lydia fasste ihn genau ins Auge, dieses Husten hatte zu künstlich geklungen. Jetzt saß Longbottom aufrecht und starrte Anne Person an.
„Ich verlange, dass Tee und Kekse sofort weggeräumt werden! Das gehört nicht zu einer ernsthaften Versammlung zu einem ernsthaften Thema!“, sagte Miss Person mit plötzlich fester, lauter Stimme. Lydia schielte hinüber, Anne Person hatte ihren Blick fest auf Jack Longbottom gerichtet. ´Diesen Blickkontakt sollte man unterbrechen´, dachte Lydia und sagte laut: „Es ist seit –zig Jahren Tradition in Hogwarts, dass zu Vollversammlungen Tee und Gebäck gereicht werden. Sie selbst haben noch vorgestern zu mir gesagt, dass man mit guten alten Traditionen nicht brechen sollte, oder? Wer keinen Tee mag, muss ihn ja nicht trinken.“
Die eine Hälfte der Lehrer griff nach der Teetasse, die andere nach dem Gebäck. Mit einer Ausnahme, aber das wunderte Lydia nicht.
Anne Person räusperte sich und sah hilfesuchend zu Jack Longbottom. Der stellte den Blickkontakt wieder her, und Anne Person rasselte eine Rede herunter, in der sie die schlechte Disziplin der Schüler und Lehrer von Hogwarts anprangerte. Lydia glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Sie ließ ihren Blick von einem zum anderen wandern. Die Schulräte schauten sich ratlos an, die Mienen der Lehrer wurden zunehmend finsterer.
„… habe deshalb eine Schulordnung entworfen, die ich Ihnen hiermit zur Kenntnis bringe. Sie sollten alle schnell unterschreiben, damit die Disziplin wieder hergestellt werden kann.“
„Moment!“, rief Lydia und musste sich sehr anstrengen, um ihren Zorn im Zaum zu halten. „Sie reden hier von schlechter Disziplin bei Schülern UND Lehrern. Dafür möchte ich jetzt und auf der Stelle Beweise.“
Griselda Moonmare beugte sich vor und wedelte mit dem Pergament, das gerade vor ihr wie vor allen anderen auch erschienen war. „Also – ich halte das hier für totalen Unfug. Ich unterschreibe nicht. Außerdem steht hier obendrüber ´Schulsatzung´, und die muss ja wohl der Zaubereiminister unterschreiben.“
Lydia war Griselda dankbar für die Störung, denn mit dem Wedeln hatte sie den Blickkontakt zwischen Anne Person und Jack Longbottom unterbrochen.
Es erhob sich ein Murmeln und Rascheln, als alle zu lesen begannen und mehr oder weniger laut ihren Unmut äußerten. Lydia ließ die Leute gewähren und lenkte Anne Person ab, indem sie mit scharfer Stimme ihre Frage wiederholte: „Welche Beweise haben Sie für die vorgebliche Disziplinlosigkeit?“
„Äh, … nun ja… das habe ich selbst festgestellt.“
Rufe der Entrüstung wurden laut. „Nennen Sie doch die sogenannten Disziplinverstöße!“
Verlegen knetete Anne Person ihren Umhang. „Ähm… ähm… auf den Korridoren wurde geschwatzt. Und beim Essen auch einmal.“
„Das rechtfertigt keinesfalls eine solche Änderung der Schulordnung, so wie Sie oder wer auch immer das hier vorgeschlagen hat. Ich werde nicht unterschreiben und damit hat sich die Sache erledigt.“ Lydias Stimme war eiskalt und schneidend.
Ein Lehrer nach dem anderen packte demonstrativ seine Sachen zusammen, keiner wollte unterschreiben.
Die Schulräte verständigten sich kurz mit Blicken, dann stand Hector Travers auf und sagte mit seiner Donnerstimme: „Das ist völlig überzogen, Miss Person. Die Schüler verbringen sieben ganze Jahre hier im Schloss, und das Leben sollte doch Freude machen. Sie haben hier nur unsere Zeit verschwendet, der Schulrat wird nicht zustimmen.“
Und schon flog das Pergament wie ein Pfeil in den Kamin.
Travers ging als erster, sämtliche Schulräte und die Lehrer mit Ausnahme von Longbottom, der eine Extraaufforderung von der Direktorin brauchte, folgten ihm.
„Das war deutlich“, sagte Lydia zu Anne Person. „Vielleicht sollten Sie ins Ministerium zurückkehren, ich bin sicher, dass sich auf ihrem Schreibtisch die Arbeit türmt.“
Anne Person machte ein Geräusch, das wie ein schnippisches „Puh“ klang und marschierte mit krampfhaft geradem Rücken hinaus.
Eine halbe Stunde später verließ eine kräftige Eule, die einen Brief für Albus Severus Potter im Schnabel trug, das Gelände von Hogwarts.
Kleiner Hinweis: Kirk Smorell ist der Besitzer und Herausgeber von einigen magischen Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem laufen der "Tagesprophet" und die "Hexenwoche" unter seiner Regie.
Es gibt keine Hinweise darauf, dass er von jemandem abstammt, den wir kennen.
Hestia Bones stammt irgendwie aus der Familie von Susan Bones und Hector Travers ist ein Nachfahre des gleichnamigen Todessers aus "unserer" Zeit.
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