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Fanfiction

WoherWohin - Kräuterkunde

von käfer

So langsam zeigt Jack Longbottom sein wahres Gesicht. Heute erlebt Ihr eine Kräuterkundestunde mit, wie es sie früher nie gegeben hätte...


Maggie und Lyzette

„Ich möchte wissen, was ich dem Longbottom getan habe!“, schimpfte Maggie. „Ich grüße freundlich, aber er schaut mich an, als wollte er mich umbringen.“
„Mister Mieslaune ist heute anscheinend besonders schlecht drauf. Er meint das sicher nicht persönlich“, tröstete Lyzette.
„Hoffentlich hast du Recht“, brummte Maggie und widmete sich ihrem Frühstück.

Die Zweitklässler von Slytherin und Hufflepuff, die sich vor der dritten Stunde vor dem Kräuterkundekabinett versammelten, wirkten bei weitem nicht so locker und fröhlich wie sonst bei solchen Gelegenheiten. Es hatte sich längst herum- gesprochen, dass Professor Longbottom heute wieder übelste Laune hatte. „Der braucht ´ne Frau, die ihm richtig einheizt“, meinte Rosy Flint altklug.
Anne Petersson winkte ab. „Welche Frau würde sich denn mit so einem Zausel einlassen?“
Alle verstummten augenblicklich, denn mit finsterster Miene näherte sich der Lehrer. Die Tür flog krachend auf. „Rein mit euch, auf die Plätze und Ruhe!“, bellte Longbottom. Maggie und Lyzette wechselten Blicke und folgten seufzend den anderen. Das versprach, eine „lustige“ Doppelstunde zu werden.
Longbottom begann ohne jede Begrüßung mit dem Unterricht. „Die Aufsätze rauslegen! Aber ein bisschen dalli!“ Er schritt die Bankreihen entlang und ließ sich die Arbeiten aushändigen. „Viel zu wenig!“, kommentierte er die fünf eng beschriebenen Seiten von Evelyn Sandford, „das gibt maximal eine vier.“
„Aber Sie haben es doch noch gar nicht gelesen!“, protestierte Evelyn, die für ihre winzige Schrift bekannt war.
„Klappe halten! Fünf Punkte Abzug!“
Evelyn blieb der Protest im Halse stecken.
„Seid ihr wahnsinnig, so viel zu schreiben! Ich bezweifle, dass ich mir die Mühe mache, dieses Gesülze zu lesen.“
Maggie hatte noch nicht einmal richtig den Mund geöffnet, um etwas zu erwidern, da zog Longbottom ihr auch schon zehn Punkte ab. Sie presste die Lippen zusammen und funkelte Longbottom wütend an.


Jack Longbottom

fragte sich zum zwanzigsten Mal an diesem Morgen, warum er sich immer noch mit dem rotznäsigen Geschmeiß abgab. Sein Vater hatte im Lehrberuf Erfüllung gefunden, für ihn bedeutete er nichts als Frustration. Wenn er nicht völlig versauern wollte, musste er langsam den nächsten Schritt tun und damit beginnen, in die Politik zu gehen. Finanziell hatte er es längst nicht mehr nötig, hier in Hogwarts zu hängen; sein Vermögen war so groß, dass er das Schloss kaufen könnte.
Vielleicht würde er es eines Tages tun. Noch aber hieß es, Tag für Tag auszuharren und den Schlammblütern Wissen einzutrichtern, das sie nie haben dürften.
Nunmehr schweigend durch die Reihen gehend, hatte er die Aufsätze eingesammelt, die er über die Ferien aufgegeben hatte, und hielt jetzt einen Stapel vollgepinseltes Papier in den Händen. Stundenlang hatte sein alter Herr über solchen Arbeiten gebrütet, mit roter Tinte Bemerkungen dazugeschrieben, sich ewig den Kopf über die Bewertung zerbrochen - und dabei völlig übersehen, dass er einen Sohn hatte, der mit dem Papa um die Wette fliegen wollte.
Eigene Kinder – Geschrei, Milchgeruch, Windelgestank – das war ihm zum Glück erspart geblieben. Er brauchte keinen Erben, er würde lange genug leben, um die Macht voll auszukosten und sein Vermögen aufzubrauchen.
Longbottom packte den Stapel Aufsätze auf das Lehrerpult. Dabei fiel sein Blick auf Maggie Duncan. Jack lief es kalt den Rücken hinunter. Dieses kleine Miststück funkelte ihn genauso an, wie der alte Snape ihn früher angefunkelt hatte, wenn er lustlos in seinem Kessel gerührt hatte.
War die Seele von Severus Snape etwa in diesen Mädchenkörper gefahren?
Jack hatte sich vor Jahren einmal oberflächlich mit der Seelenwanderung befasst. Es konnte vorkommen, dass jemand in einem anderen Körper wiedergeboren wurde. War dieses Schlammblut die Reinkarnation von Severus Snape? Zurückgekommen, um ihn zu ärgern? Wie oft hatte Jack in Snapes Büro gesessen und sich Strafpredigten anhören müssen! Und immer hatte Snape so gefunkelt wie diese Duncan. Sie warf zuweilen den Kopf genauso zurück wie der Alte und wenn Jack ihr Gesicht im Profil sah, erkannte er seinen Lehrer wieder.
Ob in Duncan nun die Seele des alten Snape steckte oder nicht – Jack würde das großmäulige Schlammblut schon zu zähmen wissen. Sie und die anderen Schlammblüter auch. Er war der Lehrer und er hatte Macht…
„Hamilton, aufstehen!“


Maggie und Lyzette

Lyzette warf einen Blick auf Maggie und trat aus der Bank.
„Was wissen Sie über magisch verwertbare Pflanzen der Anden?“
Lyzette stutzte. Die Flora der Anden stand im Lehrbuch ganz hinten, das kam später dran. Zur Zeit beschäftigten sie sich mit den Alpen. Hatte Longbottom sich versprochen oder war das eine Falle? Lyzette schielte zu Longbottom hinüber. Der grinste. Also eine Falle. Aber wie sollte sie sich herauswinden? Longbottom würde ihr Punkte abziehen, egal, was sie sagte. „Die Flora der Anden ist…“
„Wieso Anden? Haben Sie nicht zugehört, Hamilton? Ich hatte nach magisch verwertbaren Pflanzen der ALPEN gefragt! Zwanzig Punkte Abzug!“
Lyzettes Gedanken überschlugen sich. „Verzeihung, Professor, aber ich glaube, Sie haben wirklich ´Anden´ gesagt“, sagte sie bittend und richtete ihre grüngesprenkelten Augen auf den Lehrer.
Der fauchte: „Ich habe ´Alpen´ gesagt, das weiß ich genau.“
Professor Longbottom wollte weitersprechen, hatte aber anscheinend den Faden verloren und sagte matt: „Setzen!“
Lyzette schluckte und gehorchte. Longbottom sah irritiert in der Klasse herum. Maggie funkelte ihn immer noch wütend an.
„Sandford! Wo in der Schweiz wachsen welche Kräuter?!“
Evelyn Sandford stand auf. „Auf höhergelegenen Bergwiesen des Berner Oberlandes findet man: Arnika, gelben Enzian, Scheuchzers Wollgras, Trollblumen, Stengelloses Leimkraut, Silberwurz…“
Longbottom unterbrach sie: „Zu ungenau. Vier! Setzen! Miss Petersson, bitte sagen Sie uns, wo in der Schweiz welche Kräuter zu finden sind.“
Anne Petersson wurde bleich. Sie hatte am Morgen noch damit geprahlt, dass sie einfach den Aufsatz ihrer großen Schwester kopiert hatte. Jetzt stammelte sie: „Auf den Wiesen in den Bergen oberhalb von Bern findet man… ähm… Silberwurz, … ähm… Enzian, und … ähm… und Arnika.“
„Sehr schön. Setzen Sie sich.“
Maggie zog heimlich unter der Bank ihr Notizbuch aus der Tasche und diktierte flüsternd ihrem Bleistiftstummel ein paar Stichpunkte.
„Duncan, hören Sie auf zu schwatzen! Zehn Punkte Abzug wegen Störung des Unterrichts!“
Maggie presste die Lippen aufeinander und funkelte Professor Longbottom an.
Die nächste Viertelstunde lang ließ er die Schüler der Reihe nach vortragen, wie man die einzelnen Pflanzen behandelte und welche Teile für welche Zwecke benutzt wurden. Maggie kam mit „Stengelloses Leimkraut“ dran. Sie stand auf, sprach schnell, laut und betont eine ganze Minute lang und beendete ihren Vortrag mit den Worten: „Das steht wörtlich so auf Seite neunzehn unseres Lehrbuches.“
Longbottom zischte: „Werden Sie nicht noch frech, Duncan!“, worauf Maggie wieder dazu überging, den Lehrer anzufunkeln.
Für den Rest der Stunde fragte Longbottom immer und immer wieder Evelyn Sandford, wollte Dinge wissen, die Zweitklässler noch gar nicht wissen konnten und gab ihr am Ende der Stunde eine sechs. Evelyn war den Tränen nahe.
Beim Hinausgehen nahmen Maggie und Lyzette sie in die Mitte. Maggie fragte: „Du bist muggelstämmig, nicht wahr?“
„Was geht Euch Slytherins das an?“, zischte die kleine Hufflepuff-Schülerin.
„Ist dir nichts aufgefallen?“, fragte Maggie. „Der Longbottom hat nur uns drei Muggelstämmige in der Mache gehabt. Er hat nämlich was dagegen, dass solche wie wir hier lernen.“
„Wir lassen uns das nicht gefallen. Ich gehe nachher gleich zu Professor Fairbanks und du, Evelyn, solltest dich auch bei deinem Hauslehrer über Longbottom beschweren“, sagte Lyzette mit ziemlichem Zorn in ihrer Stimme.
Evelyn schluckte, nickte und sagte: „Ich muss jetzt los, mich umziehen für Sport.“

Lyzette zog Maggie beiseite. „Ich muss dir unbedingt was sagen, unter vier Augen.“
Maggies Blick fiel auf das „Gesperrt wegen Defekt“-Schild an der Tür zur Mädchentoilette auf diesem Gang. Im Vorbeigehen klinkte sie unauffällig, die Tür öffnete sich. Schnell huschten die beiden hindurch und sahen sich um. Eine Toilette lief aus, sonst sah alles aus wie auf jeder anderen Mädchentoilette in Hogwarts.
„Was ist los?“, fragte Maggie.
Lyzette holte tief Luft und sagte: „Ich hab´s getan!“
„Was?“, fragte Maggie verständnislos.
„Erinnerst du dich an Kings Cross? Wie ich die Frau beeinflusst habe? Das habe ich mit Longbottom gemacht, und es hat geklappt. Er wollte mir Punkte abziehen, weil ich ihm widersprochen habe.“
„Wenn du das so sagst“, sagte Maggie langsam, „Es sah tatsächlich so aus, als wüsste er plötzlich nicht mehr weiter; er hat ziemlich verdattert in die Runde geguckt. Das warst du?“
„Ja. Aber ich frage mich, ob er was gemerkt hat. Allzu oft kann ich das nicht machen. Wenn er was merkt, kann ich einpacken.“
Maggie dachte einen Moment lang nach. „Wir müssen mehr über diese Fähigkeit herausfinden. Ich habe zwar kein besonders gutes Gefühl dabei, aber ich mache für dich das Versuchskaninchen. Heute Nachmittag probierst du das bei mir aus und ich sage dir dann, was ich gemerkt habe.“
„Danke“, flüsterte Lyzette, „mir ist das Ganze schon ein bisschen unheimlich. Aber jetzt müssen wir los. Bei Lupin komme ich nicht gern zu spät.“
Maggie öffnete die Tür einen Spalt, lugte auf den Gang, sah niemanden, die beiden huschten aus der Tür – und stießen beinahe mit Professor Wilde zusammen.
„He, ihr beiden! Was macht ihr auf der gesperrten Toilette?“
„Maggie war schlecht, Professor, und da sind wir schnell hier rein gegangen.“
Wilde musterte Maggie mit besorgtem Gesicht. „Gehen Sie runter zu Madam Weasley. Ich sage Professor Lupin Bescheid.“
„Mir ist nicht wirklich schlecht“, sagte Maggie schnell. „Ich habe nur Hunger… Hungerast, verstehen Sie.“
Professor Wilde griff in seine Tasche und zog ein Sandwich hervor. „Bitte, vielleicht hilft das erst mal. Aber langsam essen.“
Maggie hatte gut gefrühstückt, aber sie vertrug Unmengen an Essen. Sie biss von dem Sandwich ab und bedankte sich bei Professor Wilde: „Danke, Sir. Sie haben mir das Leben gerettet.“
Wilde lachte und eilte davon.
Lyzette pustete eine Locke aus ihrer Stirn und sagte: „Bloß gut, dass dir das mit dem Hungerast eingefallen ist. Madam Weasley hätte sofort gemerkt, dass dir nichts fehlt.“
„Hoffentlich kippt Wilde jetzt nicht aus den Pantoffeln, weil ich ihm sein Sandwich weggefuttert habe“, sagte Maggie zwischen zwei Bissen und lachend und schwatzend gingen die Freundinnen ins Verteidigungskabinett. Keine der beiden drehte sich um und sah Henry Wilde in der gesperrten Mädchentoilette verschwinden.


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