von käfer
Maggie und Lyzette
Am Sonntag herrschte miserables Wetter. Graue Nebelschwaden zogen ums Schloss, es nieselte, alles tropfte. Keiner verspürte Lust, nach draußen zu gehen. Lyzette griff nach Pinsel und Farbe, malte drei Striche und legte alles wieder weg. „Bei dem Mistwetter wird das nix.“
Maggie starrte gedankenverloren nach draußen. „Eigentlich das richtige Wetter für unser Vorhaben.“
„Was meinst du?“, fragte Lyzette irritiert.
„Na, dieses Gebilde unter dem Efeu. Bei dem Wetter beobachtet uns garantiert keiner. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass man es nicht gern sieht, wenn jemand dort stöbert.“
„Könntest recht haben.“
Die beiden Mädchen rüsteten sich für ihre Expedition. Im Gemeinschaftsraum sah keiner hoch, als sie mit Regenumhängen und Gummistiefeln nach draußen gingen.
Auf dem Gang sagte Lyzette: „Slytherin scheint aus einer Herde von Individualisten zu bestehen.“ Maggie ergänzte: „Der Wahlspruch könnte lauten: Jeder ist sich selbst der nächste. – Umso besser für uns.“
Auf der Schwelle der Nebentür blieb Lyzette stehen. „Du meine Güte! Wollen wir wirklich da ´raus? In dieser Suppe kann man sich glatt verirren.“
Maggie lachte. „Nur keine Panik. Ich bin auf alles vorbereitet.“ Aus ihrer prall gefüllten Umhängetasche zog sie eine Plastiktüte mit roten Wollknäueln. „Kleiner Tipp von Tante Sylvie. Die hat sich mal im Schlosskeller verirrt. Übrigens, meine Mum denkt, ich stricke mir daraus einen Pullover.“
Lyzette griente. Maggie band den Faden an ein dünnes Birkenstämmchen ein paar Schritte von der Tür entfernt. „Hoffen wir, dass ich mir den Weg einigermaßen gemerkt habe, ewig will ich nicht hier draußen herumrennen.“
Schweigend gingen sie nebeneinander her. Maggie orientierte sich an Büschen und Bäumen, die aus dem Nebel auftauchten. Lyzette trottete neben Maggie her, sie hatte keine Ahnung, in welche Richtung sie gehen mussten. Nach zwei Fehlversuchen tauchte das efeubewachsene Ding vor ihnen auf. Lyzette blickte dorthin zurück, wo sie hergekommen waren. „Wahnsinn. Dieses Riesenschloss und man sieht nichts davon, so dicken Nebel habe ich noch nie erlebt.“
Maggie antwortete nicht, sie war bereits dabei, um den Efeuhügel herumzugehen. „Wenn das was Natürliches ist, bin ich blond“, sagte sie.
Lyzette wandte sich wieder um; sie zog ein paar Efeuranken beiseite. „Das ist Marmor! Weißer Marmor!“
„Dann kann ich die Haare ja schwarz lassen.“
„Ist die Farbe eigentlich echt?“ – „Klar doch!“
Gemeinsam zogen sie noch mehr Äste beiseite. Lyzette bekam Gänsehaut. „Das ist ein Grabmal!“
Teile einer verwitterten Inschrift wurden sichtbar.
ALB S DUM L DOR
OREN 1
GES O EN
Darunter waren nur noch Buchstabenfragmente erkennbar. Maggie zog Notizblock und Stift aus der Tasche und malte die Inschrift ab.
Während sie dem roten Faden zurück zum Schloss folgten, rätselten die Mädchen, warum Professor Longbottom nicht sagen wollte, was sich unter dem Efeu befand. Denn darin waren sie sich einig: jemand, der auf dem Schulgelände begraben wurde, musste eine außergewöhnliche Rolle gespielt haben und wurde im Geschichtsunterricht garantiert erwähnt, wenn im zweiten Halbjahr die Geschichte von Hogwarts drankam.
Zurück im Schloss machte Maggie Tee. Während sie sich wärmten, betrachteten sie den Zettel mit der kopierten Inschrift.
„Alb Dum dor, Alb Dum dor…“, wiederholte Maggie immer wieder.
„Albus Dumbledore!“, rief Lyzette plötzlich. „Erinnerst du dich an die Eröffnungsfeier? Dieser Spruch, den die Lupin zitiert hat, wie war das doch gleich, irgendwas mit Fähigkeiten und Entscheidungen. Auf jeden Fall war der von Albus Dumbledore und der war hier mal Schulleiter.“
Ein Blick genügte, schon waren die beiden unterwegs zur Bibliothek.
Unter den vielen „Wer ist wer in der Magischen Welt“ hatten sie bald das richtige gefunden. Maggie las vor: „Dumbledore, Albus Percival Wulfric Brian. Geboren 1903. Ausbildung Hogwarts und Magical Arts College Cambridge, eigene Studien. Seit 1935 bis zum Lebensende Lehrer in Hogwarts, ab 1957 Schulleiter. Sieg über den Schwarzen Magier Grindelwald, später Leitung der Widerstandsgruppe „Orden des Phönix“ gegen Tom Riddle.“ Maggie holte Luft. „In Klammern steht hier: Der als Lord Voldemort bekannt gewordene stärkste Schwarze Magier aller Zeiten. – Au weiha!“
„Was ist denn“, fragte Lyzette und reckte den Hals. Maggie las weiter: „D. ließ sich im Zweiten Krieg gegen V. von Severus Snape töten, damit dieser als Spion für den Orden bei V. tätig sein konnte – erfolgreich.“ Maggie blätterte. „Hier: Snape, Severus. Geboren 1960. Hogwarts, Magical Arts College. In den Kriegen gegen Voldemort zwielichtig. Später rehabilitiert, bis zur Pensionierung als Tränkemeister in Hogwarts.“
„Du meine Güte, warum müssen die sich in diesen Lexika immer so kurz fassen“, schimpfte Lyzette.
Maggie meinte: „Was hast du denn, das Wichtigste wissen wir doch. Was mich jetzt interessiert, ist, warum Longbottom uns das verschwiegen hat. Ich bin sicher, er weiß, was unter dem Efeu ist. Und ich bin auch sicher, dass der Efeu noch nicht da war, als er hier Schüler war. Sonst wäre das Grabmal noch viel mehr zugewachsen.“
„Stimmt.“ Maggie starrte aus dem Fenster, während Lyzette nach einer ausführlichen Biographie von Albus Dumbledore suchte. Als Lyzette zum Tisch zurück kam, starrte Maggie noch immer ins Leere.
„He, was ist denn?“
Langsam drehte Maggie sich um. „Longbottom ist in die Verbotene Abteilung gegangen“, flüsterte sie. „Gerade kam er zurück und hatte etwas unter seinem Umhang versteckt. Und vorhin habe ich mitbekommen, wie er Madam Hastings weggeschickt hat.“
Lyzette sah Maggie mit großen Augen an.
Am Nachmittag begannen die Mädchen mit der systematischen Erkundung des Schlosses. Weil sie den Zugang zum Dachboden suchten, fingen sie im siebten Stock des leeren Nordflügels an. Obwohl dieser Teil der Schule seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt wurde, war alles sauber, so dass ihre Turnschuhe keine Spuren hinterließen.
Die wenigen Fackeln, die zu brennen begonnen hatten, als die den kühlen Gang betraten, gaben nur spärliches Licht ab. Links wie rechts reihte sich eine braune Holztür an die andere. Es gab keinerlei Bilder, Zimmernummern oder Türschilder. Lyzette nahm Zeichenblock, Bleistifte und Maßband heraus und begann zu zeichnen, während Maggie den Gang abschritt, die Türen zählte und Abstände maß. Die Zimmer hinter den Türen mussten alle gleich groß sein, die Abstände waren auf den Zentimeter genau gleich.
Es war absolut still dort oben, kein Geräusch von außen drang herein, aber auch keines aus dem Rest der Schule. Maggie stand da und lauschte.
„Hast du etwa Angst?“, fragte Lyzette betont forsch.
„Nein“, antwortete Maggie ruhig, „aber ich würde mich nicht gerade gern von einem Lehrer hier erwischen lassen. Stell´ dir vor, der Fudge kreuzt auf und stellt dusslige Fragen.“
„Das wäre wirklich blöd. Wie machen wir weiter?“
„Mit der Untersuchung der Zimmer, womit denn sonst?“ Schon hatte Maggie die erste Klinke heruntergedrückt. Sie betraten einen kleinen, kahlen, kühlen Raum. Durch ein blitzeblankes Fenster drang ein bisschen von dem trüben Licht des Nachmittags herein. Maggie stellte sich seitlich ans Fenster und lugte hinaus. Im wabernden Nebel war links die Peitschende Weide zu erkennen, rechts die Umrisse des Grabmals, mehr aber auch nicht. Das Zimmer musste früher ein Büro gewesen sein, die Einrichtung bestand aus einem Schreibtisch, dahinter befand sich ein Regal, gegenüber ein Aktenschrank. In der einen Ecke stand ein Waschtisch mit Kanne, in der anderen ein gefülltes Kohlenbecken.
„Oh, die Möbel sind aus echtem Holz“, stellte Lyzette verwundert fest.
„Natürlich. Was glaubst du, wie alt hier alles ist? Damals haben sie noch nicht an Spanplatten oder gar Plastikmöbel gedacht.“ Maggie inspizierte den Schrank, aber alles war leer und blitzsauber.
Sie schauten ins nächste Zimmer. Es war genauso eingerichtet wie das erste, genauso leer, genauso sauber. Nummer drei ebenfalls. Neunzehn der zwanzig Räume im siebten Stock des Nordflügels sahen so aus und waren offen. Die zwanzigste Tür war jedoch zu. Es war auf der linken Seite die vierte, Lyzette machte ein rotes Kreuz an die Stelle in ihrer Skizze.
Sie betrachteten die Tür, versuchten, durch das Schlüsselloch zu lugen. Vergebens.
„Mach mal Platz!“, forderte Maggie. Sie trat einen Schritt zurück, lauschte ein paar Sekunden, zog dann ihren Zauberstab und sagte deutlich „Alohomora“. Knarrend schwang die Tür auf. Maggie klemmte ein zu diesem Zweck mitgebrachtes Stück Holz in die Tür. Sie richtete sich auf, lauschte, sah auf den Gang hinaus, lauschte wieder. Sie fühlte sich beobachtet, konnte aber niemanden entdecken und sagte nichts zu Lyzette.
Diese Kammer war genauso groß wie die anderen, hatte aber kein Fenster und die Einrichtung bestand nur aus einem Stehpult, auf dem ein großes Buch lag. Im Schein zweier darüber schwebender Kerzen konnten die Mädchen erkennen, dass eine riesige Adlerfeder gerade etwas eintrug. Unwillkürlich fassten sie sich bei den Händen, traten näher und lasen, was dort säuberlich in etwas eckigen Buchstaben erschien:
„05.09.2073.16:41. Dexter Dursley. Little Winging, Am Rande 16. Muggel. Ezra Evans.“
Zwei Paar aufgerissene Augen glitten über die Seite. Lyzette kapierte als erste. „Das ist das magische Buch, von dem mir der Typ aus dem Ministerium erzählt hat. Hier werden alle Neugeborenen eingetragen, wenn sie genügend magische Kraft haben, um für Hogwarts zugelassen zu werden.“
Auch Maggie fand ihre Sprache wieder. „Und in der ganz rechten Spalte steht, von wem die Magie kommt. Wollen wir?“
Statt einer Antwort griff Lyzette nach den Seiten links. Maggie legte ihre Hand rechts hin, um schnell zurückblättern zu können, falls jemand kam.
In der nächsten Sekunde passierten mehrere Dinge gleichzeitig:
Es wurde schwarz um die Mädchen herum.
Eine männliche Stimme dröhnte: „Unbefugte Hände!“
Maggie und Lyzette erhielten einen heftigen Stoß und flogen durch die Luft.
Sie landeten auf dem Gang ziemlich unsanft auf ihren Allerwertesten. „Das war heftig“, stöhnte Maggie. Als sie sich hochrappelten und die schmerzenden Hinterteile massierten, ertönte ein Kichern. Sie zuckten zusammen und sahen sich um, aber da war niemand.
Albus, der Geist
Hihihihi, das hat gesessen!
Gehen ganz schön ran, die beiden jungen Slytherin-Damen, alle Achtung! Es passiert ganz selten, dass überhaupt ein Schüler in die Buchkammer gerät, aber gleich in der allerersten Woche hat das noch niemand geschafft. O la la, von den beiden ist bestimmt noch einiges zu erwarten.
War doch keine so dumme Idee gewesen damals, den zusätzlichen Berührschutz-Zauber einzubauen, nachdem Tom Riddle hier gestöbert und seinen Urahn gefunden hat.
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Selbst wenn die Mädels es geschafft hätten, das Jahr 62 aufzuschlagen – sie hätten eine herbe Enttäuschung erlebt. Die Idee, bei Muggelstämmigen den letzten magischen Verwandten mit einzutragen, konnte Lydia erst vor drei Jahren verwirklichen.
Allerdings wäre es interessant zu wissen, von wem Miss Langnase abstammt, das Gesicht kommt mir ausgesprochen bekannt vor…
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Huch, Miss Langnase scheint sich beobachtet zu fühlen. Hat genau in die richtige Richtung geguckt. Aber es ist wohl der größte Vorteil des Daseins als Geist, dass man sich in den Wänden perfekt verstecken kann…
Was haben die beiden jetzt vor? Sie bringen ihre Sachen in eins der leeren Zimmer. Ach so, es ist Essenszeit. Wenn sie die Tasche hier lassen, heißt das, sie kommen nachher wieder. Da werde ich mich mal auf die Lauer legen und abwarten, was sie noch so treiben hier und heute.
Wenn sich jemand für mich interessiert, ist es nur recht und billig, wenn ich mich auch für ihn interessiere.
Frage mich nur, ob sie über Tom, Harry und Severus weiter nachforschen oder ob sie sich mit dem bisschen zufrieden geben, was im Wer-ist-wer steht.
Dummerweise habe ich vorhin nicht mitbekommen, was der Longbottom schon wieder aus der Verbotenen Abteilung geholt hat. Neville würde aus dem Grab springen, wenn er wüsste, was sein Sohn hier alles treibt…
Schritte? Ah, die Schnüfflerinnen kommen wieder. „Versuchen wir´s noch mal mit dem Buch?“ – Das ist Löckchen.
„Nein, hat keinen Zweck. Der Zauber ist zu stark, da kommen wir nicht durch.“
Sehr vernünftig, Langnase.
„Lass uns lieber mit dem Treppenhaus weitermachen. Vielleicht finden wir ja dort was.“
Was suchen die beiden? Ich werde sie auf jeden Fall im Auge behalten.
Lydia ruft? Nein, heute werde ich ihr nicht den Gefallen tun und schwatzen kommen; heute habe ich anderes vor.
Die beiden klopfen die Wände ab – was soll das werden? Hier sind die Mauern zwar nur einen halben Meter dick, aber aus festem Granit, da könnt ihr klopfen, so viel ihr wollt, hier gibt’s keine Geheimgänge, hier nicht…
Wird das etwa eine Karte? Interessant. Die letzten, die sich daran gemacht haben, ganz Hogwarts aufzuzeichnen, haben mehr als zwei Schuljahre gebraucht und dann doch die magische Variante des Kartenzeichnens bevorzugt…
Wenn ich noch richtige hätte, würde ich mir jetzt die Augen wischen und mich selber am Bart ziehen. Aber es nützt nichts, ich merk´ ja nichts mehr.
Die messen tatsächlich die Gänge aus! Ob sie wohl auch in den Lehrer-Wohnturm gehen? Das gäbe richtig Ärger.
Maggie und Lyzette
„Maggie, ich glaube, wir sind hier über dem Hufflepuff-Wohnturm.“
„Könntest recht haben. Wir müssen uns das Schloss noch mal von außen ansehen und Fenster zählen.“
„Würde mich nicht wundern, wenn die Zahlen von drinnen und draußen nicht übereinstimmen.“
Im Moment standen sie etwas ratlos in einem großen Zimmer, in dem außer dem Kamin und ein paar Haken an den Längswänden nichts war.
„Wozu diente das hier?“, fragte Lyzette und nagte an der Unterlippe. „Diese Haken sind immer genau gegenüber.“
„Wäscheleinen“, sagte Maggie plötzlich. „Meine Oma hatte so was auf ihrem Dachboden. Sie haben früher zwischen den Haken dicke Schnüre gespannt und da dran die Wäsche zum Trocknen aufgehängt. Wir stehen in einem Trockenraum.“
Lyzette schrieb das Wort in ihre Skizze, dann gingen sie zur nächsten Tür. Es stank darin, muffig, beißend.
„Klos“, stellte Maggie lakonisch fest. Sie beeilten sich, wieder auf den Gang zu kommen und sahen den Geist nicht, der grinsend aus einer Kabine auftauchte.
Dieser kurze Gang im nordwestlichen Vorbau war bei weitem nicht so sauber und aufgeräumt wie der im Nordflügel.
Hier mussten sich einmal Wohnungen befunden haben, ein buntes Sammelsurium aus uralten, alten, ganz und halb kaputten Möbelstücken stand unordentlich herum, so als wäre alles von den letzten Bewohnern fluchtartig verlassen worden. In einem Bett lag eine mottenzerfressene Matratze, ein löchriger Vorhang baumelte an einem Fenster, auf einem Regal lag ein eingestaubtes Buch. Maggie griff danach, pustete den Staub weg. Es war eine wurmzerfressene Ausgabe von „Alice im Wunderland“ aus dem Jahr 2001. Die Seiten bröckelten beim Blättern; das Buch gab keinen Hinweis auf den ehemaligen Besitzer.
Trotz allen Staubs und aller Unordnung suchten Maggie und Lyzette die Wohnungen systematisch nach weiteren, verborgenen Türen ab. Aber sie fanden nichts. Wenn es von hier aus einen Zugang zum Dachboden gab, dann war er sehr gut verborgen.
Maggie sah auf die Uhr. „Ach du Schreck! Es ist gleich um zehn. Wir dürften schon längst nicht mehr außerhalb des Wohnturms sein. Hoffentlich erwischt uns keiner. Aber hier ´rein werfen wir wenigstens noch einen Blick.“
„Aber wirklich nur noch einen schnellen Blick, dann gehen wir ins Bett“, sagte Lyzette müde und gähnte herzhaft.
In dieser Kammer flammte kein Licht auf wie in den anderen Räumen. Lyzette kramte in ihrer Tasche, aber Maggie hatte schon den Zauberstab draußen und „Lumos maximus“ gerufen. „So macht man das als Hexe“, sagte sie, aber Lyzette war viel zu müde, um darauf einzugehen. Sie starrte auf das schwarze Loch in der Wand, in dem ein paar Stufen zu sehen waren, die nach oben führten.
„D-d-da“, stotterte sie und wollte ihre Taschenlampe anknipsen. Aber die gab nur noch spärliches Licht. Also nahm Lyzette den Zauberstab und probierte. „Lumos!“ Ah, ging ja. Stufe für Stufe stiegen sie eine steile Wendeltreppe nach oben in die Schwärze.
Maggie hatte das Gefühl, dass da noch jemand war. Vorsichtig lugte sie um die Ecke, als sie einen bogenförmigen Durchgang erreicht hatten, und leuchtete mit dem Zauberstab den Raum aus. Niemand. Nebeneinander standen sie in einer kleinen Schlafkammer, deren einziger Ausgang die Wendeltreppe war.
„O.k., das war´s“, murmelte Lyzette und wollte sich auf den Rückweg machen. Maggie hatte sich einmal um ihre Achse gedreht, schaute jetzt wieder auf das alte Bettgestell – und stieß einen Schrei aus. Auf der Kante saß â€“ oder schwebte? – ein alter, ganz und gar weißer und durchsichtiger Mann mit ellenlangem Bart, gekleidet in altertümliche, ebenfalls weiße und durchscheinende Zaubererkleidung. Er grinste vergnügt und sagte: „Guten Abend!“
„G-guten Abend“, stotterte Maggie. Lyzette drehte sich um und versuchte zu sprechen, bekam aber keinen Ton heraus.
Der Geist schwebte auf den Boden herab, verbeugte sich und sagte: „Es war keinesfalls meine Absicht, euch zu erschrecken, Ladies. Ich bitte um Entschuldigung, falls das doch passiert sein sollte.
Gestatten“, erneute Verbeugung, „Albus Dumbledore.“
„Albus Dumbledore? Sie sind Albus Dumbledore?“, fragte Lyzette ungläubig.
„Ja“, antwortete der Geist, „besser gesagt, ich bin das, was von ihm in der gegenständlichen Welt zurückgeblieben ist.“
„Ich bin Maggie Duncan“, sagte Maggie und deutete einen Knicks an. Lyzette machte es ihr nach.
„Dürfte ich vielleicht erfahren, was ihr beiden um diese Zeit in diesem Winkel der Schule sucht?“
Maggie hielt es für geraten, nicht die ganze Wahrheit zu sagen. „Wir erkunden nur das Schloss.“
„Ah ja, aber ein bisschen gründlicher als alle anderen Erstklässler, wenn ich das mal so sagen darf.“
„Wir spazieren eben gern durch alte Gemäuer“, sagte Lyzette leicht patzig.
Eine Weile musterten sie sich schweigend. Dann nahm Lyzette all ihren Mut zusammen und fragte: „Sind sie ein Geist geworden, weil dieser, dieser, wie hieß er bloß, Sie umgebracht hat? Gibt es hier noch mehr Geister? Haben SIE gekichert, nachdem wir von dem Buch weggeflogen sind?“
Der alte „Mann“ breitete die Arme aus, schwebte zur Decke und landete wieder auf der Bettkante.
„So viele Fragen auf einmal. Ein Geist bin ich, weil ich im Grab gestört worden bin, ehe die Dreijahresfrist um war.
Severus Snape, so hieß ´dieser´, hat mich nicht wirklich umgebracht.
Ja, es gibt noch ein paar alte Schlossgeister hier.
Ja, ich habe gekichert.
Zufrieden?“
„Spuken Sie immer hier oben herum?“, fragte Lyzette.
„Nein. Ich spuke gar nicht herum.“
Oh, das klang leicht ärgerlich. Lyzette fragte lieber nichts mehr. Dafür fing Maggie an: „Sir, wissen Sie, warum wir nicht in dem Buch blättern konnten?“
„Natürlich.“
Eine Pause entstand. Der Geist sah lächelnd auf die Mädchen herab, Maggie schaute erwartungsvoll nach oben. Lyzette kapierte wieder zuerst und bat: „Würden Sie uns bitte erklären, warum wir das Buch nicht anfassen konnten?“
„Auf dem Buch liegt ein Berührungsschutz-Zauber. Niemand außer dem offiziellen Schulleiter und seinem Stellvertreter darf darin blättern.“
„Ach so.“
„Es kommt mir nicht mehr zu, Schülern Anweisungen zu erteilen, aber ihr beiden solltet jetzt wirklich in eure Betten kriechen. Im Gegensatz zu mir müsst ihr morgen zeitig raus und dürft im Unterricht nicht schlafen.“
„Okay, wir haben verstanden“, sagte Maggie. „Sir, können wir Sie wieder einmal treffen? Es gibt eine ganze Menge, was ich Sie gern fragen möchte.“
Der Geist schwebte jetzt waagerecht in Augenhöhe der Mädchen. „Wenn ich euch wiedertreffen will, werdet ihr es merken. Und fragen könnt ihr, soviel ihr wollt. Ich antworte aber nur, wenn ich Lust dazu habe.“
Ch – weg war er. Die Mädchen blieben im schwachen Licht von Lyzettes Zauberstab zurück.
Als sie wieder auf dem Gang waren, sagte Maggie: „Wir sagen besser niemandem was von unserer Begegnung, offiziell ist die Schule nämlich geisterfrei.“
Albus, der Geist
Kluges Mädchen.
Tja, von wem stammt Maggie wohl ab? Ich wette, der eine oder andere hat´s längst erraten. Genauere Erklärungen folgen irgendwann...
Im übrigen würde sich das käferlein über das eine oder andere Review sehr freuen!!!
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