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Fanfiction

WoherWohin - Verwandlung

von käfer

Lyzette

„Verwandlung“ stand als allererstes auf dem Stundenplan der Erstklässler. Sie standen erwartungsvoll schweigend in zwei Gruppen vor dem Verwandlungskabinett auf dem Korridor, links die Slytherins und rechts die Hufflepuffs.
Professor Sprout kam. Er war stämmig, aber kaum größer als seine Schüler. „Ein Kerl wie ein Baum. Sie nannten ihn Bonsai“, flüsterte Anne Petersson. Lyzette beachtete sie nicht.
Sprout drückte einfach die Türklinke herunter und führte die Kinder in ein großes, luftiges Klassenzimmer, das von der Morgensonne in strahlendes Licht getaucht wurde. Alle eilten und versuchten, die hinteren Plätze zu ergattern, so blieben für Maggie und Lyzette nur die ungeliebten Plätze vor dem Lehrerpult. Für jeden gab es einen eigenen Arbeitstisch, der sich wahlweise als Sitz- oder Stehpult, mit gerader oder schräger Platte benutzen ließ und verschiedene Fächer zur Aufnahme von Schultasche, Büchern und Stiften hatte. „Hey, solche hatten wir an unserer alten Schule auch“, rief Lyzette, „nur die Rille hier oben hat gefehlt.“
Professor Sprout lächelte. „Diese Rille wurde eigens für die Aufnahme der Zauberstäbe eingefräst. Die Leute in der Schulmöbelfabrik glauben allerdings, sie hätten eine Dirigentenschule ausgestattet.“
Sprout prüfte die Anwesenheit und begann mit einer allgemeinen Einführung in die Verwandlungslehre. „Verwandlung ist das Einfache, das so schwer zu machen ist.“ Er nahm einen Bleistift, hatte plötzlich einen Fußball in der Hand, den er Lyzette zuwarf. Sie griff zu und hielt ein Plüschküken in der Hand. Sprout nahm ihr den Bleistift wieder ab.
„Nichts ist so, wie es zu sein scheint.“ Für ein paar Sekunden glänzte die Wandtafel golden.
„Und was passiert, wenn man sich nicht an die Regeln hält, erzähle ich Euch am besten in einer kleinen Geschichte:
Es war ein mal ein armer Müllerbursche, der hatte einen Kater. Das war kein gewöhnlicher Kater, denn er trug rote Stiefel, ging aufrecht und konnte sprechen wie ein Mensch.
Der Müllerbursche tat, was ihm sein kluger Kater riet und wurde schnell reich. Nun fehlte dem angesehenen Mann noch ein entsprechendes Haus. Das schönste und größte Schloss mit den riesigsten Ländereien gehörte aber einem mächtigen Zauberer.
Da ging der Kater hin, sprach mit dem Zauberer und schmeichelte ihm. Und der Zauberer zeigte dem Kater, wie gut er sich verwandeln konnte. Er machte den Bären und den Elefanten. Und der Kater zeigte sich beeindruckt und schmeichelte dem Zauberer so lange, bis der bewies, dass er sich auch in eine winzig kleine Maus verwandeln konnte. Und dies war das letzte, was der Zauberer je tat, denn der Kater war eben doch ein Kater…“
Sprout sah lächelnd in die Runde. „Ich gebe zu, ich habe dieses alte deutsche Märchen stark gekürzt und auf das für uns Wesentliche beschränkt. Die Grundregeln der Verwandlung werde ich Euch das nächste Mal beibringen, heute werden wir zur Übung ein bisschen zaubern.
Bitte alle stille sitzen!“
Mit einem Prasseln landeten auf jedem Tisch mehrere Kieselsteine. „Diese sollt ihr in flache, runde Scheiben verwandeln. Die Änderung der äußeren Form ist die einfachste Art der Verwandlung und der Spruch richtet sich danach, welches Material man in welche Form bringen will. Für die Kiesel heißt es: Metamorph amorph mono lithus metamorphus cirklem. Dabei müsst Ihr Euch darauf konzentrieren, was Ihr erhalten wollt und Euch einfach die zukünftige Form vorstellen. Macht diese Bewegung mit dem Zauberstab – und schon habt ihr statt gewöhnlicher Kiesel flache Scheiben. – So, und nun könnt Ihr eine Viertelstunde lang probieren.“
Sofort begann im Klassenzimmer ein Murmeln und Kichern. Lyzette wählte aus ihren Steinen einen mit einer rötlichern Ader aus. Sie drehte ihn in ihrer Hand, betrachtete und befühlte ihn. Schließlich legte sie den Stein sorgfältig vor sich auf den Tisch, griff, ohne den Blick vom Kiesel zu wenden, nach dem Zauberstab – und erstarrte. Sie hatte die Bewegung vergessen! Wie war das? Erst rechts herum, nach oben wippen und dann links herum? Oder umgekehrt? Ach, egal. Wenn es verkehrt war, würde sie es einfach andersrum probieren. Langsam führte Lyzette die Zauberstabbewegung aus und sagte dabei in Gedanken den Spruch auf. Plötzlich begann der Stein zu wabern, die rote Ader wand sich wie eine Schlange. Lyzette blinzelte, der Stein lag vor ihr als perfekte runde Scheibe.
„O-hoh!“, rief Professor Sprout aus, „Schau an, schau an, wann hat es das schon gegeben, dass der Zauber gleich im ersten Versuch gelingt, und dann auch noch, ohne den Spruch auszusprechen.“
„Ich – ich habe die Worte nur gedacht“, stammelte Lyzette.
Sprout schmunzelte. „Es scheint, als wären Sie ein Naturtalent, Miss Hamilton. Bitte, wiederholen Sie die Sache mit dem nächsten Kiesel.“
Lyzette wurde heiß; aller Augen waren auf sie gerichtet.
„Mach schon!“, flüsterte Maggie ihr zu, „das war kein Zufall, du kannst es, das ist in dir!“
Lyzette griff nach dem nächsten Stein, betrachtete und befühlte ihn, richtete den Zauberstab darauf, bewegte ihn, dachte den Spruch. Der Stein waberte und wurde zur Scheibe.
„Solche Naturtalente sind selten. Alle, die bis jetzt noch keine Ergebnisse vorzuweisen haben, brauchen keine Angst zu haben. Nur zu oft ist es ungenügende Konzentration oder mangelndes Vorstellungsvermögen, was die Magie blockiert. Deshalb werden wir uns in der nächsten Zeit auch mit Konzentrationsübungen beschäftigen. Probiert ruhig noch ein bisschen weiter.“
Das Murmeln ging weiter, ab und an zeigte ein Freudenschrei, dass jemand Erfolg hatte.
Lyzette nahm ihr Lehrbuch heraus und blätterte. Bald schon hatte sie gefunden, was sie suchte. Sie richtete ihren Zauberstab auf die rotgeäderte Steinscheibe, konzentrierte sich und flüsterte einen Spruch. Danach hatte die Scheibe ein Loch; Lyzette nahm ihre schmale Silberkette ab und fädelte den Stein darauf.
Schmunzelnd hatte Professor Sprout dies beobachtet, jetzt stellte er sich vor die Klasse und klatschte in die Hände. „Alle mal herhören! Miss Hamilton hat eben ihren Kieselstein an ihre Kette gefädelt, als Andenken an ihren ersten gelungenen Zauber, nehme ich an.“
Rosy Flint lachte laut und abfällig. Lyzette wurde feuerrot. Sprout bedachte Rosy mit einem Seitenblick und fuhr fort: „In manchen Geschichten ist von Gegenständen die Rede, die jemandem anzeigen, wenn es einem anderen nicht gut geht: beispielsweise ein Taschentuch mit drei Blutflecken, die verschwinden, Münzen, die sich schwarz färben, oder eine Rose, die welkt. Für die Muggel gehört dies ins Reich der Märchen, nicht aber für uns. Denn wenn ein Zauberer stirbt, werden all die Zauber, die er ausgeführt hat, wirkungslos.“
Maggies Augen leuchteten auf. Sie wandte sich zu Lyzette, aber Sprout bedeutete ihr mit einer Handbewegung, zu schweigen.
„Eure Hausaufgabe wird sein, die praktische Bedeutung dieser Tatsache herauszufinden.“
Allgemeines Stöhnen.
„Im Übrigen, Miss Flint, auch wenn Sie sich einer ´absolut reinblütigen Abstammung´ rühmen können, bedeutet dies noch lange nicht, dass sie auch über starke Magie verfügen. Sie sind die Einzige in der Klasse, die überhaupt keine Veränderung an ihren Steinen bewirkt hat und schon allein deshalb war ihr Lachen völlig fehl am Platze.“
Jetzt war es Rosy Flint, die feuerrot wurde.
Sprout beendete die Stunde mit den Worten: „Übt die Umwandlung von Steinen ruhig noch ein bisschen, wir sehen uns dann am Freitag wieder.“

In der Pause fragte Maggie, wie Lyzette das Loch in den Stein gehext hatte.
Sie nahm den Kiesel, den sie zuerst rund bekommen hatte, machte ein Loch hinein und gab ihn Lyzette. „Lass uns die Steine tauschen. Wenn wir mal auseinandergerissen werden, weiß jede von der anderen, ob sie noch am Leben ist.“
„Wenn der Anhänger sich in einen Kiesel zurückverwandelt hat, ist es zu spät zum Helfen.“
„Ist schon klar“, antwortete Maggie, „aber ich finde das irgendwie romantisch.“
Lächelnd gab Lyzette ihr den rotgeäderten Kieselanhänger.


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