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Fanfiction

Harry Potter und der Spiegel der Wahrheit - Die Prophezeiung des Ignotus Peverell

von Sirius15

„Was soll das heißen, nicht mehr da?!“ Wutentbrannt fixierte Bellatrix Lestrange den Mann im dunkelgrün-schwarzen Umhang ihr gegenüber. „Genau das, was ich dir sage, Bellatrix. Er ist entkommen. Vermutlich schon in den Hippogreifnächten.“

Einen Moment sah die Todesserin so aus, als ob sie überlegte, welchen Fluch sie ihrem Gegenüber auf den Hals hetzen sollte. Dann verzogen sich ihre Lippen zu einem hämischen Lächeln. „Nun gut, Lucius. Ihr habt getan, was ihr konntet. Aber ihr persönlich werdet dem Dunklen Lord berichten, dass der Gefangene verschwunden ist. Was das für Konsequenzen haben wird, könnt ihr euch ja denken.“

Kalter Schweiß stand auf Lucius Malfoys Gesicht, kaum sichtbar im Schein der Fackeln. Schon wieder versagt. Nach Dracos spektakulärer Niederlage im vergangenen Juni – wie oft hatten sie dem Jungen eingeschärft, dass er Dumbledore ja nicht in die Augen sehen musste, während er den Todesfluch sprach? – war es schon gefährlich genug gewesen, Voldemort gegenüber zu treten. Dass nun auch noch Sirius Black aus dem sorgfältig abgesicherten Verlies im Keller der Villa Malfoy entkommen war, verschärfte ihre Lage innerhalb der Todesser zusehends. Diesmal würde es nicht mit einer einfachen Strafversetzung getan sein. Nein, diesmal würde der Dunkle Lord Blut sehen wollen.

Eigentlich, überlegte Lucius, hatte Peter Pettigrew den vernünftigsten Ausweg gewählt. Heimlich zu fliehen, mitten in der Nacht, sich aus Voldemorts Armee zu entfernen. Natürlich, er hatte kaum drei Tage überlebt und war schließlich von Greifern erledigt worden. Aber immerhin musste er nicht lange leiden. Ganz im Gegensatz zu dem, was auf die Malfoys wartete.

Ein eiskalter Windstoß unterbrach seine Gedanken. Ein groß gewachsener, hagerer Mann im Reiseumhang hatte das kleine Haus betreten. „Mistwetter.“ fluchte der neu Angekommene und trocknete seine schneenassen Kleider mit einem ungesagten Impervius-Zauber.
Bellatrix schwirrte – ein anderes Wort passte darauf nicht, fand Lucius Malfoy – auf den Mann zu. „Severus! Na endlich!“ „Sind wir vollzählig?“ entgegnete Severus Snape mit seiner gewohnten eisigen Höflichkeit. „Ja, seine Lordschaft hat nur noch auf dich gewartet.“ „Dann fangen wir am besten gleich an.“

Severus Snape wartete, bis die beiden anderen in das Esszimmer seines ehemaligen Elternhauses gegangen waren und fischte eine goldene Galleone aus der Tasche. Mit einer geschickten Handbewegung erschienen rot glühende Buchstaben auf der Münze, die kurz aufflackerten und wieder verschwanden. Hoffentlich wussten die anderen etwas damit anzufangen.

Als Snape in das Esszimmer getreten war, schloss sich die Tür automatisch. Ein niedriger, staubbedeckter Kronleuchter hing über einem langen Tisch in der Mitte des Raumes und verbreitete ein düsteres Licht. Rundherum saßen Gestalten in den dunkelgrünen Umhängen der Todesser, ihre Gesichter kalt und abweisend im Schein der wenigen Kerzen.

„Severus. Berichte.“ Die eisige Stimme Lord Voldemorts erfüllte den Raum.
„Ich war erfolgreich, mein Lord.“ Er zog eine hellblau schimmernde Glaskugel aus seinem Umhang und legte sie in die Mitte des Tisches. „Der Zentaur Bane hat sich zwar so sehr gewehrt, dass ich ihm das Genick brechen musste, aber wir haben die Prophezeiung.“

Die anderen Todesser applaudierten. Bellatrix warf Lucius Malfoy einen vielsagenden Blick zu. „Hervorragend, Severus.“ sagte Lord Voldemort. „Kannst du sie öffnen?“

„Selbstverständlich.“ Snape berührte die Kugel mit seinem Zauberstab und sprach eine – so kam es den anderen Anwesenden vor – ungewöhnlich lange Formel.

Ein Mensch mit Pferdekörper erstieg aus der Glaskugel. Seine Stimme hallte von den Wänden:

„Den Spiegel der Wahrheit sollt ihr finden,
um eure wahre Gestalt zu ergründen.
Verborgen für Mensch, doch nicht für Tier,
liegt er nahe der Quelle der Weisheit.
Die Dunkelheit wird heraufziehen,
wenn der Spiegel zu Hilfe eilt.
Der Auserwählte wird ihn gebrauchen
und die Welt vor Vernichtung bewahren.“

„Es gibt ihn also wirklich!“ Yaxley konnte seine Begeisterung nicht zurückhalten. „Ja. Der Spiegel der Wahrheit. Die legendäre vierte Gabe des Todes. Und diese Prophezeiung verrät uns, wo er sich befindet, Severus?“ „So viel hat mir der Zentaur unter dem Cruciatus – Fluch verraten, bevor ich ihn töten musste.“

In Hogwarts war gerade der Kräuterkunde-Unterricht der Sechst- und Siebtklässler zu Ende gegangen.

„Wenn mir die Siebtklässler noch einen Augenblick zuhören könnten!“ rief Professorin Sprout über das allgemeine Stimmengewirr hinweg. „Was ist denn, Professor?“ „In der kommenden Woche findet eine Doppelstunde zur Vorbereitung auf die NEWTS statt. Sie wissen, dass jeder von Ihnen bei der Prüfung eine Pflanze auswählen muss, die Sie mit allen Besondernissen und vor allem allen Einsatzmöglichkeiten vorstellen müssen? In der nächsten Stunde werden wir festlegen, wer welche Pflanze zugeteilt bekommt. Also überlegen Sie sich schon einmal, was Sie besonders interessiert. Mahlzeit!“

„Hilfst du mir mit dem Handschuh, Neville?“ fragte Ginny. „Sicher.“ Neville warf einen Blick auf ihre Hand. „Da musst du heute Abend unbedingt noch einmal Diptam draufschmieren. Damit keine Narbe zurückbleibt.“ „Wenn du dich nicht so gut auskennen würdest.“ sagte Ginny lächelnd und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Ist doch selbstverständlich. Wir haben diese beißenden Krokusse selbst im Garten, ich hab schon mehrmals schmerzhafte Bekanntschaft mit ihnen gemacht.“ Neville zog seiner Freundin den Handschuh über. „Raus in die Kälte. Juhu.“

Harry, Hermine, Luna und Ron warteten vor dem Gewächshaus auf sie. „Ein bisschen ist es immer noch komisch, dass die beiden jetzt zusammen sind.“ flüsterte Luna Harry ins Ohr. „Stimmt schon. Aber sie passen gut zusammen.“ entgegnete Harry leise. „Dass du das so wegsteckst, ist bewundernswert.“ „Ich freu mich einfach, dass sie glücklich ist. Außerdem..“ „Was außerdem?“ „Reden wir später weiter. Ich hab Hunger.“

Zu sechst stapften sie durch den immer noch dichten Schnee ins Schloss. Die Sonne, die gerade im Begriff war, hinter den Hügeln unterzugehen, ließ die Bäume fast kupferfarben glitzern. „Dass es mitten im März schneit.“ Ron grub seine Hände tief in die Jeanstaschen. „Das war sicher Ihr-Wisst-Schon-Wer.“ „Das Abendessen wird uns sicher aufwärmen.“ erwiderte Hermine schmunzelnd.

Vor der Großen Halle wartete jedoch bereits Direktorin Mc Gonagall auf sie. „Potter, Sie kommen bitte umgehend mit.“ „Ist etwas passiert?“ „Das erkläre ich Ihnen im Lehrerzimmer.“ „Ich erzähle euch nachher, was war!“ rief Harry seinen Freunden zu und beeilte sich, um mit der Direktorin Schritt zu halten.

Die Stimmung auf den Gängen und im Stiegenhaus war etwas gedämpfter als sonst an einem Wochentag. Nur leise Unterhaltungen der verschiedenen Portraits an den Wänden waren zu hören. Selbst Peeves schien sich für den Moment verzogen zu haben, obwohl er besonders den Abend gerne für Streiche nutzte.

Im Lehrerzimmer wartete bereits das gesamte Kollegium auf Harry und Direktorin Mc Gonagall. Zu Harrys Überraschung hatte sich auch Professorin Trelawney aus ihrem Turmzimmer begeben.. und da, links neben ihr, saß eine weitere vertraute Gestalt.

„Sirius?“ „Hallo, Harry.“ grinste sein Taufpate. „Setz dich zu mir.“ „Was machst…?“
„Später. Fangen wir an.“ Neugierig und ein klein wenig nervös ließ sich Harry neben Sirius nieder.

„Danke, dass Sie alle so kurzfristig gekommen sind.“ begann die Direktorin. „Die Lage hat sich in den vergangenen Wochen dramatisch zugespitzt. Dank Mr. Potter“ – Harry merkte, wie ihm unangenehm warm wurde, als alle Lehrer ihn ansahen – „wissen wir endlich, dass Voldemort einen direkten Angriff auf Hogwarts plant. Unser Spion bei den Todessern hat uns heute Abend verraten, dass er dafür auf der Suche nach einem ganz speziellen, man möchte beinahe sagen, sagenumwobenen, Artefakt ist. Wer von Ihnen kennt die Legende des Spiegels der Wahrheit?“

Aufgeregtes Stimmengewirr erfüllte das kleine Zimmer. „Nicht alle auf einmal.“ „Aber Minerva..“, unterbrach Horace Slughorn seine Kollegen, „das ist doch eine Kindergeschichte. Wieso sollte Jener, dessen Name nicht genannt werden darf, an solche Geschichten glauben?“

„Darf ich auch etwas sagen?“ wandte Harry sich an die Direktorin. „Selbstverständlich, Potter.“

„Bei Peter Pettigrews Leiche hat man diese Notiz hier gefunden.“ Harry hatte das schmutzige Pergament seit Wochen bei sich getragen, in der Hoffnung, es würde einen Hinweis enthalten. „Da, schauen Sie. Das ist offenbar ein Raum, in dem etwas versteckt ist.“ Mit seinem Zauberstab deutete er auf die hastig hingeworfenen Worte „Spiegel“ und „Truhe?“.

Die Lehrer beugten sich über das Pergament. „Tatsache. Das sieht aus wie ein Plan. Aber was soll das darstellen? Welche Truhe meint er?“ grübelte Professorin Sinistra.

Aus dem Augenwinkel sah Harry, wie Sirius und Remus einen überraschten Blick tauschten. Er nahm sich vor, sie unter sechs Augen darauf anzusprechen. Irgendetwas musste ihre Erinnerung geweckt haben..

„Cuthbert, was können Sie uns über den Spiegel erzählen?“ wandte sich Direktorin Mc Gonagall an Professor Binns, den Lehrer für Geschichte der Zauberei.

Der Geist räusperte sich – wohl aus jahrhundertelanger Angewohnheit - und sah seine Kolleginnen und Kollegen mit einem bedeutsamen Blick an. „Der Spiegel der Wahrheit gilt als die vierte Gabe des Todes an die Gebrüder Peverell. Er soll Ignotus, dem jüngsten Bruder, zu dessen Hochzeit mit Felicitas O’Brien von einem anonymen Boten überreicht worden sein. Die Berichte, von denen es allerdings insgesamt nur 15 teilweise erhaltene gibt, sprechen von einem etwa dreißig Zentimeter langen, ovalen Spiegel mit einem opalfarben schimmernden Glas, der am Rand mit Saphiren und Rubinen verziert sein soll. Den meisten Autoren zufolge soll der Spiegel bei Menschen mit guten Absichten ähnlich wie Felix Felicis wirken. Bei Menschen mit unlauteren Absichten soll er das wahre Ich des Hineinsehenden enthüllen.“ Zufrieden, die ungeteilte Aufmerksamkeit des Kollegiums zu haben, fuhr Cuthbert Binns fort: „Allerdings wird von ebensovielen Gelehrten die Existenz des Spiegels als, wie du bereits gesagt hast, Horace, Kindergeschichte abgetan. Eine Auffassung, der ich mich persönlich anschließen kann. Die Legende hat eindeutig moralische Elemente und ist wohl wirklich nur als Lektion für Kinder gedacht gewesen. Ein solcher Spiegel wäre unmöglich herzustellen.“

„Also, wozu das Ganze dann?“ grummelte Professor Slughorn.
„Weil uns unser Informant eindeutig mitgeteilt hat, dass die Todesser nach dem Spiegel suchen.“ entgegnete Minerva Mc Gonagall etwas gereizter, als sie geplant hatte. „Nicht jetzt, Potter.“ fügte sie hinzu, als sie Harrys fragenden Blick bemerkte. „Vorläufig muss Ihnen die Auskunft reichen, dass wir einen Informanten haben.“

„Ich weiß auch nicht, wen sie meint.“ flüsterte Remus Harry zu. „Sie hat mit niemandem darüber gesprochen.“

„Zurück zum Thema bitte.“ unterbrach die Direktorin die aufkommende Diskussion. „Sybil, Sie wollen etwas beitragen?“ Die Lehrerin für Wahrsagen war schon die ganze Zeit aufgeregt auf ihrem Sessel hin und her gerutscht.

„Unter Jenen, die Sehen können, ist der Spiegel der Wahrheit wohlbekannt. Ignotus Peverell soll ihn vor seinem Tod an einem geheimen Ort verborgen haben und eine Prophezeiung hinterlassen haben, wonach diese vierte Gabe des Todes in größter Not erneut erscheinen würde.“ antwortete Professorin Trelawney. „Kennst du diese Prophezeiung etwa?“ fragte Remus Lupin.

„Nicht nur ich, alle Sehenden im Land wissen von der Prophezeiung. Sie wird seit Generationen in unseren Büchern niedergeschrieben und es ist schon viel über den Inhalt gerätselt worden. Es scheint mir, nun ist der Zeitpunkt gekommen, dieses Wissen weiterzugeben.“ Sybil Trelawney zog ein in Leder gebundenes, mit Blattgold verziertes Buch aus ihrem Umhang und reichte es weiter. „Seite 394.“
Die Lehrer lasen schweigend.

„Quelle der Weisheit? Dieser Begriff ist mir schon untergekommen.“ sagte Professor Binns. „Mir auch.“ stimmte Professor Slughorn zu. „Allerdings gehen die Interpretationen, was damit gemeint ist, ziemlich auseinander.“ „Wer der Auserwählte sein soll, sollte aber offensichtlich sein.“ sagte Sirius und stieß Harry in die Seite. „Unsinn. Wieso sollte Ignotus Peverell vorhersehen können, dass es mich einmal geben wird? Geschweige denn Ihr-Wisst-Schon-Wen.“

„Danke für diese wertvolle Information, Sybil. Ich ersuche Sie alle, sich in den kommenden Tagen eingehend mit dem Inhalt zu beschäftigen. Wer auch immer einen guten Einfall hat, sagt mir Bescheid.“ Mit diesen Worten beendete Minerva Mc Gonagall die Besprechung.

Harry ging gemeinsam mit Sirius und Remus die Treppe zum Gryffindor-Turm hinunter. „Ihr wisst doch mehr. Oder?“ Er sah beide neugierig an. „Nicht direkt.“ antwortete Remus zögerlich. „Die Beschreibung auf Wurm…Peters Skizze kommt mir irgendwie bekannt vor. Aber ich kann es nicht genau einordnen.“ „Ich auch nicht. Wenn es mir einfällt, sage ich es dir sofort.“ sagte Sirius und sah auf die Uhr. „Moony, du bist spät dran!“

„Stimmt.“ schmunzelte Remus. „Dreht in 15 Minuten das Radio auf! Bis später!“ Mit eiligen Schritten verschwand er in Richtung seines Arbeitszimmers.

„Was meint er?“ fragte Harry Sirius. „Das wirst du gleich zu hören bekommen. Schau in den Gemeinschaftsraum! Ihr habt doch noch das alte Radio aus meiner Schulzeit?“ „Ich glaub schon.“

Das Feuer im Kamin des Gryffindor-Turms flackerte vergnügt, als Harry durch den Eingang kletterte. Seine Freunde hatten es sich bereits auf dem Sofa und in Lehnstühlen bequem gemacht. Ginny und Neville lösten gemeinsam das Rätsel im Tagespropheten, Hermine strickte an einer Wollhaube, die sie schon vor einiger Zeit begonnen hatte und Ron spielte mit Seamus Finnigan Schach.

„Und, was war jetzt so dringend?“ wollte Hermine wissen. „Später! Wo ist das Radio?“ „Auf dem Regal neben dem Kamin. Wieso?“ „Remus hat irgendwas vor. Mehr weiß ich leider auch nicht.“ Harry sah auf die Uhr. „Ist das staubig!“ „Kein Wunder, das hat wohl schon seit Jahrzehnten keiner gebraucht.“

Mit etwas Mühe fand Harry schließlich den Sendersuchlauf und drehte das Radio lauter. „Wieso..?“ „Pssst!“

Zur allgemeinen Überraschung ertönte eine vertraute Stimme aus den leicht verstaubten Lautsprechern: „Willkommen zu Potter-Watch, dem Radio, das Ihnen die Wahrheit erzählt!“ „Das gibt’s nicht.“ sagte Ron verblüfft. „Kingsley?“ „Und was bitte ist Potter-Watch?“ Neville hatte sich neugierig in seinem Sessel vorgelehnt.

„Mein Name ist Royal. Wir berichten in dieser Sendung nicht nur über aktuelle Kriegsereignisse und Fälle vermisster Personen, wir versuchen auch Gerüchte, die das Zaubereiministerium bewusst in die Welt setzt, zu widerlegen. Doch bevor ich mit einer Meldungsübersicht beginne, eine Botschaft des Ordens des Phönix an alle Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer da draußen: Ihr seid nicht allein! Auch wenn es euch manchmal so vorkommt, wir werden immer mehr. Und gemeinsam wird es uns gelingen, den Machenschaften Jenes, dessen Namen nicht genannt werden darf, ein endgültiges Ende zu bereiten! Haltet durch!“

Harry merkte, wie er Gänsehaut bekam. Eine großartige Idee des Ordens. Auf diese Weise setzten sie der Propaganda der Todesser effektiv etwas entgegen. Kingsley war ein guter Redner, das war ein offenes Geheimnis. Aber so hatte Harry ihn noch nicht erlebt.

„Nun zu den aktuellen Meldungen. Entgegen der Presseaussendung aus der Abteilung für Magische Strafverfolgung hat es sich bei der Explosion am gestrigen Abend in Azkaban um keinen terroristischen Akt gehandelt. Vielmehr – und das freut mich besonders – sind insgesamt zweihundert Gefangene aus dem Gefängnis ausgebrochen und befinden sich derzeit auf der Flucht. Falls einer von euch zuhört, der Orden des Phönix wartet auf euch!“

„Explosion? Ich hab gedacht, die Mauern von Azkaban sind mit Sprengschutz versehen?“ wunderte sich Hermine. „Leise!“ unterbrach sie Seamus.

„..haben wir leider eine traurige Mitteilung zu machen. Arabella Figg, Agnes Finnigan und Dirk Cresswell wurden heute früh auf dem Weg zu einem Treffen der Widerstandsbewegung in Surrey von zwei Riesen überfallen und getötet. Kameradinnen und Kameraden in Surrey, wir hoffen, ihr habt euch mittlerweile ein gutes neues Versteck ausgesucht. Ich darf euch alle um eine Schweigeminute für unsere drei verstorbenen Freunde bitten.“ sagte Kingsley ernst.

Seamus standen Tränen in den Augen. „Meine Großmutter! Ich hab nicht einmal gewusst, dass sie auch im Widerstand aktiv ist.“ murmelte er fassungslos. Ron legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter.

„Danke. Ich übergebe jetzt an Romulus, der uns berichten wird, wie sich der Krieg auch auf die Muggelwelt auswirkt.“ fuhr Kingsley fort.
„Romulus?“ Hermine musste nicht aussprechen, was sie dachte. „Das kann ja nur einer sein.“

„Danke, Royal.“ erklang die Stimme von Remus Lupin aus dem Lautsprecher. „Leider muss ich euch von einem weiteren Drachenangriff berichten. Vergangenen Sonntag um drei in der Nacht stürzten nach Augenzeugenberichten zwanzig Drachen auf das Royal Hospital in Cardiff nieder und steckten es in Brand. Von den Patienten und Ärzten konnten sich gerade einmal 30 retten, der Rest ist in den Flammen umgekommen. In den Muggelnachrichten wird der Angriff als Großbrand aufgrund eines Kurzschlusses dargestellt.“

„Schreckliche Neuigkeiten, Romulus.“ sagte Kingsley. „Hast du auch etwas Gutes zu berichten?“

„Hippogreif sei Dank, das habe ich.“ entgegnete Remus. „In Vorbereitung auf diese Sendung haben mich viele beeindruckende Geschichten erreicht. Zauberer und Hexen, die im ganzen Land ihr Leben riskieren, um ihre Muggelnachbarn vor Angriffen – die diese oftmals nicht sehen können, das darf man nicht vergessen – zu schützen. Folgt diesem Beispiel, Leute. Ein Schutzzauber über eure Nachbarhäuser – wenn ungesehen, umso besser – rettet unschuldige Leben.“

„Danke für diesen Aufruf, Romulus. Dem schließe ich mich gerne an. Ein Thema haben wir natürlich noch zu behandeln, etwas, das unsere Zuhörer sicher besonders interessiert. Ich spreche vom Obersten Tod…Moment, einer unserer Korrespondenten hat sich gerade zugeschaltet. Ja?“

„Hier ist Nager!“ meldete sich eine weitere Stimme. „Charlie?“ staunte Ginny. „Wo er wohl gerade ist?“

„Ich habe eine dringende Mitteilung an alle unsere Unterstützer und Widerstandskämpfer in Mittelschottland. Die Registrierungskommission für Muggelgeborene plant in spätestens 8 Wochen eine ihrer Musterungen in Hogsmeade! Muggelgeborene in dieser Gegend, die uns zuhören, schaut, dass ihr untertaucht. Und ihr anderen – helft ihnen dabei. Schutzzauber, Vielsafttränke, woran ihr denken könnt, jeder auch noch so kleine Beitrag hilft, eure Verwandten und Freunde vor dem Zugriff der Kommission zu schützen!“ sagte Charlie.

„Das sind äußerst beunruhigende Nachrichten, Nager.“ sagte Kingsley. „Danke für die Vorwarnung, Potter-Watch wird sich bei euch wieder melden, sobald wir genaueres über die geplante Musterung wissen. Bleibt wachsam, gebt auf einander acht und vor allem, gebt nicht auf! Das Passwort für die nächste Sendung ist ALBUS.“

Harry und seine Freunde sahen einander an. „Also doch.“ meinte Hermine. „Es war nur eine Frage der Zeit.“ „Wir werden nicht zulassen, dass sie dich in die Hände bekommen!“ sagte Ginny. „Nie! Und wenn wir es mit der gesamten Kommission auf einmal aufnehmen müssen.“ pflichtete ihr Ron bei.

Harry, der merkte, dass Hermine blass geworden war, drückte ihre Hand. „In Hogwarts bist du sicher. Aber..“ „Was denn?“ „Mir ist da gerade ein unangenehmer Gedanke gekommen.“ „Ja?“ „Tonks.“ „Was ist mit ihr?“ „Ihre Eltern.. ihr Vater ist doch Muggel. Das heißt, sie selbst wäre ein Ziel für die Kommission. Und wir wissen nicht, wo sie ist.“ „Nicht einmal Remus?“ „Nein! Ich habe mit Kingsley vor dem Quidditch-Finale gesprochen, da hieß es, sie hätte sich seit einigen Wochen nicht mehr beim Orden gemeldet.“

Die sechs Gryffindors tauschten beunruhigte Blicke. Sicher, Tonks konnte auf sich selbst aufpassen, das hatte sie schon öfters unter Beweis gestellt. Aber die Kommission würde sicher begeistert sein, ein Mitglied des Ordens des Phönix in die Hände zu bekommen…


Am folgenden Abend war Harry gerade auf dem Weg in die Bibliothek, als er eine Nachricht von Remus Lupin bekam. „Besprechung in 15 Minuten im Klassenraum für Verteidigung gegen die Dunklen Künste!“ las er auf der Galleone, die eine angenehme Wärme in seiner Hosentasche verbreitete.

Hatte jemand etwas herausgefunden, das ihnen bei der Entschlüsselung der Prophezeiung behilflich sein konnte? Und wenn ja, waren sie überhaupt noch rechtzeitig? Vielleicht hatten die Todesser den Spiegel der Wahrheit bereits gefunden?

Sich über sich selbst ärgernd – diese Gedanken halfen ihm wirklich nicht weiter – machte Harry sich auf den Weg in das Klassenzimmer, wo ihn bereits Remus, Sirius, Professorin Mc Gonagall, Professorin Trelawney, Professor Slughorn und Hermine erwarteten.

„Wir haben Miss Granger gebeten, uns bei der Aufklärung dieses Rätsels zu helfen, da sie sich besonders für Magiegeschichte interessiert.“ sagte Professorin Mc Gonagall schmunzelnd, als sie Harrys überraschten Blick bemerkte. „Horace, berichte uns bitte, was du bis jetzt herausgefunden hast.“

„Danke, Minerva.“ begann Professor Slughorn. „Ich habe gemeinsam mit Cuthbert und Madam Pince in den historischen Archiven der Bibliothek nach Hinweisen auf die Existenz einer Quelle der Weisheit gesucht. Das Einzige, das ich jedoch finden konnte, waren mehrere Verweise auf einen offenbar im 13. Jahrhundert hier in der Gegend verfassten Text sowie eine eigentümliche Zeichnung, die ich auf der Rückseite von Zauberei in Schottland 1200-1700 gefunden habe. Diese habe ich kopiert.“

Er reichte eine Rolle Pergament herum. Auf dieser war eine Bleistiftzeichnung zu sehen, die eine Waldlichtung darstellte. Verschiedenste Tiere – Rehe, Hirsche, ein paar Eulen, ein Hippogreif sowie ein katzenartiges Tier, das an einen Kniesel erinnerte, badeten in einer von hohen Nadelbäumen umgebenen Quelle. Eine Inschrift – Runen – wies offenbar direkt auf die Quelle hin. Und am oberen linken Ende…

„Das ist das Symbol! Das Symbol der Gaben des Todes.“ platzte Harry heraus. „Aber etwas ist anders.“

„Stimmt. Diesmal ist auch ein Kreis dabei.“ überlegte Sirius. „Vielleicht soll das den Spiegel darstellen.“

Hermine hatte das Pergament mit gerunzelter Stirn betrachtet. Ihre Finger fuhren immer wieder über die Runen, als ob sie hoffte, diese durch Berührung entschlüsseln zu können. Auf einmal – Professorin Trelawney wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen – schrie sie so überrascht auf, dass alle anderen zusammenzuckten. „Ich bin gleich wieder da!“ Ohne auf Antworten zu warten, flitzte sie aus dem Klassenraum.

Remus, Sirius und Harry sahen ihr schmunzelnd nach. „Was hat sie denn jetzt schon wieder?“ „Irgendetwas muss ihr aufgefallen sein.“ sagte Harry. „Weißt du, deine Mutter war damals ganz genauso. Manchmal hast du das Gefühl gehabt, sie war gar nicht anwesend, und dann hatte sie doch immer wieder die Lösung parat.“ meinte Sirius.
„Warten wir auf Miss Granger.“ beschloss Direktorin McGonagall.

Es dauerte eine Viertelstunde, bis Hermine, keuchend, aber triumphierend grinsend zurückkehrte. Unter dem Arm trug sie ein staubiges kleines Buch. „Das hat mir Professorin Babbling geliehen. Es ist voller Tabellen mit wirklich alten Runen – bis ins 4. Jahrhundert zurück. Damit sollten wir die Inschrift übersetzen können.“ verkündete sie.

Vor Harrys staunenden Augen blätterte Hermine in Windeseile durch die Tabelle. „Nein, das ist ein h, kein f…das heißt also Hog..“ murmelte sie, während sie sich auf einem Pergament Notizen machte.

„Haben Sie eine Antwort, Miss Granger?“ fragte die Direktorin, als Hermine aufblickte.

Hermine sah sie halb verblüfft, halb begeistert an. „Sie werden es nicht glauben. Die Inschrift lässt sich als Wald von Hogsmeade übersetzen!“ antwortete sie.

„Wald von Hogsmeade? Da soll diese mysteriöse Quelle gelegen sein? Das heißt doch, dass der Spiegel ganz in der Nähe sein muss.“ Harry konnte seine Aufregung nicht verbergen. „Wir übersehen aber etwas.“ schaltete sich Remus Lupin ein. „Worauf bezieht sich die Zeile „Verborgen für Mensch, doch nicht für Tier“? Auf den ganzen Wald? Oder nur die Quelle?“

„Ich habe da einen Verdacht.“ meinte Sirius. „Ja?“
„Es gibt genau einen Ort hier in der Nähe, der nur für Tiere zugänglich ist. Du kennst ihn auch, Moony. Gerade du.“ Remus sah seinen besten Freund an. „Nicht dein Ernst. Die Heulende Hütte?“

„Was denn sonst?“ Sirius grinste, wie nur er grinsen konnte
.
„Das kann aber nicht sein, Mr. Black.“ entgegnete Professor Slughorn. „Wie Sie selbst nur allzu gut wissen, wurde die Heulende Hütte erst in den 70er-Jahren erbaut. Die Prophezeiung ist wesentlich älter!“

Professorin Trelawney begann zu lachen -ein ungewohntes Geräusch. Fast ein wenig triumphierend blickte sie in die Runde. „Was ist denn, Sybil?“ fragte die Direktorin.

„Jetzt wird mir alles klar!“ antwortete die Lehrerin für Wahrsagen. „Einfach alles! So war das also gemeint! Raffiniert, dieser Ignotus Peverell!“

„Lässt du uns bitte an deinem Wissen teilhaben?“ fragte Remus ein wenig verwundert.

„In Seherkreisen gibt es einen alten Spruch. Die Quelle der Weisheit spendet Erkenntnis aus der Tiefe des Waldes. Dieser Spruch wurde bis jetzt als guter Rat für Sehende interpretiert, dass ein Spaziergang im Wald das Innere Auge stärken und den Blick neu fokussieren kann.
Aber im Licht der Prophezeiung und dieser Zeichnung… kann das nur eins bedeuten. Die Quelle der Weisheit hat sich wirklich einst im Verbotenen Wald befunden. Ignotus Peverell hat in seiner Prophezeiung auf die Quelle Bezug genommen – was dort jetzt steht, ist völlig irrelevant. Es muss sich um den selben Ort handeln! Und schließlich ist die Heulende Hütte ja auch nur für Tiere .. beziehungsweise Werwölfe zugänglich.“ erklärte Sybil Trelawney.

Alle sahen Harry an. „Wenn ich nicht völlig falsch liege.. dann müssten wir den Spiegel der Wahrheit also in der Heulenden Hütte finden? Und wenn die Skizze von Pettigrew stimmt, dann ist er irgendwo in einer Truhe verborgen?“ Kaum hatte Harry diese Worte ausgesprochen, als er merkte, wie sich buchstäblich ein Nebel vor seinem inneren Auge lüftete.

„Das ist richtig.“ sagte eine wohlvertraute Stimme.
Alle wirbelten herum. Professor Dumbledore war im Portrait über dem Kamin erschienen. „Albus! Was.. wieso bist du nicht in deinem Büro?“ fragte Direktorin Mc Gonagall.
Das Portrait lachte. „Ich habe gewusst, ihr würdet irgendwann dahinter kommen. Ja, der Spiegel existiert. Ich war selbst mein ganzes Leben auf der Suche nach ihm.“ „Was wissen Sie noch über den Spiegel, Professor Dumbledore?“ wandte Harry sich an das Portrait.

„Nur, dass die Truhe, in der er versteckt ist, eher unauffällig sein soll. Nicht sehr hoch und mit mehreren Schlössern versehen.“

Remus Lupin und Sirius Black tauschten einen Blick. „Wir begeben uns auf die Suche. Keiner kennt den Geheimgang besser als wir.“ Die Direktorin musterte sie amüsiert. „Das weiß ich schon lange.“

„Ihr solltet vielleicht als Tiere gehen.“ warnte sie Harry. „Heißt es ja in der Prophezeiung. Vielleicht findet man den Spiegel nur, wenn man kein Mensch ist.“

„Wir sind gleich zurück!“ sagte Remus.

Die beiden Rumtreiber eilten durch das nächtliche Schulhaus. „Fühlt sich irgendwie an wie früher.“ meinte Sirius. „Nur, dass wir.. naja, James.“ Remus nickte. „Er schaut uns jetzt sicher zu. Frag mich nicht, woher ich dieses Gefühl habe.“

Angekommen vor der Statue der einäugigen Hexe, machten sie kurz Halt, um zu verschnaufen. Ein schwaches Mondlicht fiel durch die hohen Glasfenster. Irgendwo in der Ferne hörte man den Fast Kopflosen Nick und Sir Patrick Delaney-Podmore miteinander streiten.

„Bist du soweit?“ fragte Sirius. „Ja, mach die Augen zu.“ Diese Regel hatten sie bei einem ihrer ersten Streifzüge als Animagi eingeführt, als James von Peters halb Mensch, halb Ratten-Gestalt unter dem Umhang so erschrocken war, dass er sie beinahe an den vorbeigehenden Argus Filch verraten hatte.

Remus schloss ebenfalls die Augen und atmete tief ein. Er vermied es, so gut es ging, sich außerhalb von Vollmondnächten in einen Werwolf zu verwandeln. Was geschah, wenn man es damit übertrieb, konnte jeder an Fenrir Greyback sehen…

Sirius wurde von einem vertrauten Knurren aus seinen Gedanken gerissen. Der große braune Werwolf kratzte eifrig an der Statue, die den Eingang zum Geheimgang darstellte. „Lass mich das machen, Moony.“ Trotz seiner Anspannung musste Sirius schmunzeln. Gewisse Dinge änderten sich nicht einmal nach 20 Jahren…

Mit der Übung von vielen, vielen Abenden schob Sirius die Statue zur Seite und ließ den Werwolf zuerst in den Geheimgang eintreten. Ein muffiger Geruch nach Moos und nasser Erde erfüllte die Luft.

Der Werwolf eilte voraus, die Schnauze dicht an den Boden gepresst. „Irgendwie erinnert er mich so fast an einen ganz normalen Hund.“ dachte Sirius. „Das ist irgendwie auch unser Verdienst.“

Trotzdem besser, ihn nicht zu weit vorauslaufen zu lassen. Sirius schloss die Augen und dachte die Animagus-Formel, die Remus ihnen in dieser magischen Nacht in der Heulenden Hütte vor so vielen Jahren vorgelesen hatte.

In Sekundenschnelle war die Gestalt von Sirius Black aus dem Geheimgang verschwunden. An seiner Stelle huschte ein bärengroßer, schwarzer Hund mit kupferfarbenen Augen dem Werwolf nach, dessen Rute gerade noch so zu sehen war.

Nach einer Viertelstunde Laufen hatten die beiden Tiere das Erdgeschoss der Heulenden Hütte erreicht. Das kleine Wohnzimmer, in dem sie sich befanden, war beinahe stockfinster. Ein eisiger Wind pfiff vom Verbotenen Wald her und sorgte dafür, dass die Fenster des windschiefen alten Hauses bedrohlich klapperten.

In Tiergestalt war es immer etwas schwierig, sich zu konzentrieren. Was hatte Albus gesagt? Eine unauffällige Truhe mit mehreren Schlössern. Eigentlich ein gutes Versteck. Wahrscheinlich waren die Schlösser auch noch magisch versiegelt.

Eifrig schnüffelnd durchstöberten Werwolf und Hund das Untergeschoss der Hütte.
Alte Schränke, deren Inhalt den zentimeterdicken Staubschichten zufolge wohl seit den 70er Jahren niemand berührt hatte. Regale, voller Bücher und Küchenutensilien, kunterbunt durcheinandergewürfelt, wie sie ein früherer Besucher offenbar hastig zurückgelassen hatte. Aber keine Truhe. Nicht einmal unter dem Bett im Erdgeschoss.

Hatten sie sich doch geirrt? War der Spiegel vielleicht direkt im Wald versteckt? Aber wo?

Der Hund bellte und deutete mit einer Pfote auf die Treppe zum Dachgeschoss. Vorsichtig, um die alten Stufen nicht zu belasten, kletterte Tatze hinauf, gefolgt vom Werwolf, der sich immer wieder umsah, ob sich von draußen niemand näherte.

Als beide im Dachgeschoss angekommen waren, fiel ihnen zuerst auf, dass sich in den letzten Jahren nichts verändert hatte. Das Bett, auf das Ron damals gestürzt war, als ihn die Schmerzen in seinem gebrochenen Bein überwältigt hatten, stand noch genauso da wie an jenem Juniabend. Selbst der Abdruck, den Severus Snape beim Sturz auf den Parkettboden hinterlassen hatte, war nach fast vier Jahren noch sichtbar.

Der Hund hatte sich auf die Hinterbeine gesetzt und schnüffelte. Auf einmal gab er ein lautes Jaulen von sich und lief quer durch den Raum auf einen meterhohen Wandschrank zu. Der Werwolf folgte ihm, vor Aufregung hechelnd.

Unter dem Wandschrank, kaum zu sehen in der düsteren Nacht, war eine kleine Truhe eingeklemmt. Ungefähr einen halben Meter hoch, schmucklos, mit mehreren massiven Eisenbeschlägen.

Mit vereinten Kräften zogen Tatze und Moony die Truhe unter dem Schrank hervor.

Das musste die richtige sein!

Ohne zu zögern nahm der Werwolf die Truhe zwischen seine Vorderpfoten und rannte damit die Treppe hinunter. Der schwarze Hund folgte ihm und schloss die Tür mit einer Berührung seiner Hinterpfote. Nur keine Spuren hinterlassen.

Die beiden Tiere flitzten zurück durch den Geheimgang. Keine Pause, nicht umschauen. Sie hatten den Spiegel. Woher sie das wussten, konnten sie nicht genau sagen.

Vor dem Ausgang des Ganges angekommen hörten sie, wie der Blutige Baron auf der anderen Seite mit einem anderen Geist sprach. „Deswegen habe ich ja gesagt, ihr sollt wachsam sein! Wo ist sie jetzt?“ Die Stimme des Hausgeists von Slytherin hallte magisch verstärkt von den Wänden.

Als die beiden Geister außer Hörweite waren, öffnete Tatze den Geheimgang. Der Werwolf schlüpfte zuerst hindurch, darauf achtend, kein Geräusch zu machen, und suchte nach der Nische, in der er seine Kleider zurückgelassen hatte. Zum Glück war die Rückverwandlung einfach.

„Kannst herschauen!“ Sirius öffnete die Augen und sah, wie sein alter Freund gerade in seine Schuhe schlüpfte. Die Truhe, unscheinbar im Licht der Wandfackeln, stand neben ihm auf einem Fenstersims.

„Hattest du auch dieses komische Gefühl, als wir in der Hütte waren?“ fragte Remus Sirius, während sie sich auf den Weg zurück ins Klassenzimmer für Verteidigung gegen die dunklen Künste machten. „Ja! Als wir im Dachgeschoss waren, war mir, als hätte ich eine Stimme gehört, die mich gerufen hat.“ „Vielleicht stimmt es wirklich. Dass der Spiegel „nicht für Tiere verborgen“ ist.“ „Wir werden es gleich sehen.“

Im Klassenzimmer wurden sie bereits erwartet. „Die Truhe war unter einem Schrank im Dachgeschoss eingeklemmt.“ sagte Sirius und stellte sie auf den Lehrertisch.

Die anderen betrachteten sie neugierig. „Das ist ein wirklich gutes Versteck.“ meinte Professorin Trelawney anerkennend. „Man würde nicht einmal in Betracht ziehen, dass hier etwas derart wertvolles verborgen sein soll.“

„Aber eins wundert mich schon.“ warf Hermine ein. „Ja?“ „Pettigrew hat doch in seiner Skizze oder Botschaft - oder wie auch immer wir das jetzt interpretieren wollen, auch von einer Truhe gesprochen. Woher konnte er das wissen?“ „Da hast du allerdings Recht.“ sagte Harry. „Habt ihr eine Idee? Er kennt die Heulende Hütte ja seit seiner Schulzeit..“

Sirius und Remus sahen einander an. „Kann gut sein, dass er bei unseren Streifzügen – oder beim letzten Mal, ihr wisst schon – die Truhe gesehen hat.“ antwortete Remus.

„Dafür ist später auch noch Zeit.“ unterbrach sie die Direktorin. „Jetzt sollten wir zunächst herausfinden, ob wir überhaupt das richtige Versteck gefunden haben.“

Mit einer Zauberstabbewegung verwandelte sie den vor ihr liegenden Federkiel in einen Schlüssel. „Probieren wir es zunächst auf die logischste Weise.“
Sie steckte den Schlüssel in das oberste der vier Schlösser und drehte ihn herum.

Nichts passierte.

„Vielleicht muss man die Schlösser in einer bestimmten Reihenfolge öffnen?“ überlegte Harry. „Und welcher?“ „Von unten nach oben? Es gibt vier Gaben des Todes, der Spiegel ist der letzte und man findet ihn nur, wenn man alle anderen Schlösser davor öffnet.“

„Eine gute Idee, Potter.“ erwiderte die Direktorin.

Doch auch, als sie es mit den anderen Schlössern versucht hatte, blieb die Truhe zu. „Das dürfte offenbar zu nichts führen. Horace, darf ich dich bitten?“ sagte Minerva Mc Gonagall und trat einen Schritt zur Seite.

Professor Slughorn näherte sich dem Lehrertisch. „Ich war vorher einen Sprung in meinem Arbeitszimmer und habe diesen Trank hier abgefüllt. Er sollte, wenn die Versiegelung der Truhe so konzipiert ist, wie ich es denke, ein Loch in den Deckel brennen, das groß genug ist, um die Schlösser von innen zu öffnen.“

Der Lehrer für Zaubertränke nahm eine kleine, mit einem Korken versiegelte Glasflasche in die Hand und goss den Inhalt über die Truhe. Es zischte, ein beißender Gestank nach altem Fett breitete sich im Raum aus… doch die Truhe blieb unversehrt.

„Das ist raffinierter, als ich dachte.“ gab Professor Slughorn zu, während er mit einem Windzauber den Gestank vertrieb. „Sybil, fällt dir etwas ein?“

Professorin Trelawney musterte die Truhe. „Nun ja, sie ist ein Objekt, das von jemandem mit dem Dritten Auge hergestellt wurde… vielleicht funktioniert es ja, wenn ich sie berühre? Vielleicht erkennt der Spiegel nur Jene, die Sehen können?“ Sie legte eine ihrer dünnen, mit Ringen verzierten Hände auf den Deckel und sprach: „Ich bin Sybil Trelawney, Wahrsagerin in fünfter Generation! Enthülle dein Geheimnis!“

Weiterhin keine Reaktion.

„Ich hole Aurora und Pomona zu Hilfe.“ entschied die Direktorin.

Während sie die beiden Lehrerinnen suchen ging, überlegten die anderen weiter. „Vielleicht muss man sie mit einem Spruch auf Altenglisch öffnen?“ schlug Hermine vor. „Immerhin schaut sie – zumindest für mich – so aus, als wäre sie auch zur Zeit der Erschaffung des Spiegels hergestellt worden.“ „Ist einen Versuch wert.“ meinte Remus. „Oder ich versuche es mit dem Messer – du weißt schon, Harry..“

Eilige Schritte kündigten die Rückkehr der drei Lehrerinnen an.

„Ich habe Spiegelkraut aus dem Gewächshaus mitgenommen.“ sagte Professorin Sprout und deutete auf eine große Schlingpflanze unter ihrem Arm. „Nach meinen letzten Versuchen kann man damit alles mögliche bewegen, wenn es klemmt – zum Beispiel Räder.“ Die Lehrerin für Kräuterkunde wickelte die Pflanze mehrmals um die Truhe und zog kräftig an.

Doch auch dieser Versuch blieb erfolglos.

„Aurora, wie schätzt du die Situation ein?“ fragte die Direktorin. Professorin Sinistra nahm die Truhe prüfend in die Hand. „Das scheint mir fast, als sei die Truhe zu Vollmond hergestellt worden… ja, ich spüre eindeutig eingeschlossenes Mondlicht in den Metallverstrebungen. Vielleicht müssen wir sie beim nächsten Vollmond auf den Astronomieturm bringen, dann öffnet sie sich von allein!“

Harry hatte die Bemühungen der Lehrer nachdenklich verfolgt. Irgendetwas versuchte verzweifelt, seine Erinnerung zu wecken. Aber was?

Hatte er nicht im Grimmauld Place…? Moment. War das die Lösung? Auf einmal fühlte sich alles ganz klar und eindeutig an. Wie damals, als er Voldemort im Labyrinth gegenüber getreten war. Als hätte er eine ganze Flasche Felix Felicis alleine ausgetrunken.

„Was machst du, Harry?“ fragte Hermine.

Harry trat zum Lehrertisch und legte – zögerlich, als ob er Angst hatte, irgendetwas Gefährliches würde aus der Truhe springen – seine Hand auf den glatten, fein gemaserten Deckel aus Fichtenholz.

Ein rotes Leuchten ging von der Truhe aus. Alle drehten sich um und sahen Harry an. „Hat sie etwa..?“ murmelte Professorin Trelawney. „Psst!“ zischte Sirius.

Mit einem leisen Knarren klappte der Deckel zur Seite.
Neugierig warf Harry einen Blick hinein. Spinnweben – so dicht, dass man darin alles mögliche verstecken konnte – zogen sich an den vier Wänden der Truhe empor.

Ein eigenartiges Glitzern auf dem Boden weckte seine
Aufmerksamkeit. Vorsichtig steckte Harry seine Hand in das Spinnennetz, bemüht, nicht zu viele Fäden zu zerstören… und hatte auf einmal ein kaltes, rundes Objekt in der Hand. Langsam zog er es empor.

„Das gibt es nicht.“ flüsterte Sybil Trelawney fassungslos. „Er existiert wirklich.“

Ein zirka 30 cm langer, ovaler Spiegel lag in Harrys ausgestreckter Hand. Der Rand des Spiegels war mit kunstvollen Messingornamenten verziert, die Blumen und andere Pflanzen darstellten. Winzige Rubine, Saphire und Bergkristalle säumten das Glas und warfen funkelnde Schatten an die Wände. Unter einer Staubschicht schillerte das Spiegelglas in allen nur denkbaren Farben. Und auf der Rückseite waren – kaum lesbar – die Buchstaben I.P. sowie eine fast verblasste Jahreszahl eingraviert.

Niemand sprach ein Wort. Gebannt sahen die Lehrer, Hermine und Sirius zu, wie Harry den Spiegel mit seinem Umhang vorsichtig sauberwischte und schließlich einen Blick direkt in das Glas warf.
„Ich bin Harry Potter!“ Woher diese Worte gekommen waren, wusste Harry nicht.

Das rote Leuchten, das vorhin von der Truhe ausgegangen war, schien nun direkt aus dem Innersten des Spiegels zu kommen. Einen Moment fühlte sich Harry, als würden ihn eine Vielzahl von Augen anstarren.

Dann war das Leuchten mit einem Mal erloschen.

„War’s das?“ wollte Professor Slughorn wissen.
„Wissen wir nicht. Potter?“ „Es fühlt sich irgendwie an wie damals mit dem Feuerblitz. Als ich den Besen das erste Mal bestiegen habe. Wie.. wie soll ich sagen, wie wenn der Spiegel jetzt mir gehört.“ So eigenartig diese Worte klangen, Harry wusste nicht, wie er es sonst beschreiben sollte.

„Und wie soll uns der Spiegel jetzt behilflich sein? Also dir, Harry?“ meinte Sirius.
„Das sagt doch die Prophezeiung!“ entgegnete Hermine. „Der Auserwählte wird ihn gebrauchen, um die Welt vor Vernichtung zu bewahren. Das heißt für mich, der Spiegel wird erst in der Schlacht eingesetzt werden können.“

Harry grinste sie an. Dass Hermine, die vor vier Jahren wutentbrannt den Wahrsageunterricht verlassen hatte, einmal ernsthaft mit einer Prophezeiung argumentierte – das war so unwahrscheinlich wie ein faires Quidditch-Spiel zwischen Gryffindor und Slytherin.
Hermine hatte seinen Blick verstanden. „Diese Prophezeiung scheint ja wirklich zu stimmen.“ sagte sie lachend.

„Verwahren Sie ihn gut.“ sagte Direktorin Mc Gonagall, die den Spiegel eingehend betrachtete. „Ein wirklich herausragendes magisches Artefakt. Würdig einer Gabe des Todes.“ Sie gab ihn Harry wieder zurück. „Entschuldige, Sybil, aber es ist allgemein bekannt, dass ich nicht viel von einer derart spekulativen Magie wie der Wahrsagerei halte .. aber diesmal bin sogar ich geneigt, meine Meinung ein wenig zu revidieren. Wer weiß, wozu diese Entdeckung noch gut sein kann?“

Die Lehrer verabschiedeten sich voneinander und gingen wieder in ihre Arbeitszimmer.

„Du kannst ihn mir geben.“ sagte Sirius. „Aber… wenn du überfallen wirst? Was machen wir dann?“ „Aus meiner Zeit auf der Flucht kenne ich genug sichere Verstecke. Verlass dich auf mich.“ „Etwas Besseres fällt mir auch nicht ein.“ stimmte Hermine zu.
„Bring ihn mir, wenn es ernst wird!“ sagte Harry und legte Sirius den Spiegel vorsichtig in die Hände.

Gemeinsam mit Hermine stieg er die Treppe zum Gryffindor-Turm hinauf, ganz in Gedanken versunken. Was hatten sie wirklich gefunden? Wozu war der Spiegel der Wahrheit fähig? Würde er Horcruxe aufspüren oder einen Schlachtplan zeigen können? Fragen über Fragen.
„Hoffentlich haben wir noch ein wenig Zeit, bevor ich ihn verwenden muss.“ dachte Harry und ging in seinen Schlafsaal.


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