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Fanfiction

Harry Potter und der Spiegel der Wahrheit - Die Gaben des Todes

von Sirius15

„Erst, als er ein hohes Alter erreicht hatte, nahm der jüngste Bruder schließlich den Unsichtbarkeitsumhang von seinen Schultern und gab ihn seinem Sohn. Dann begrüßte er den Tod wie einen Freund und schloss sich ihm zufrieden an. Gemeinsam verließen sie diese Welt.“

Als Luna geendet hatte, herrschte für einen Moment Schweigen in dem kleinen Turmzimmer.

Die Geschichte der drei Brüder war den meisten Schülern – mit Ausnahme von Harry, Hermine und Dean, die mit anderen Geschichten aufgewachsen waren – als Märchen aus ihrer frühen Kindheit bekannt. Eltern erzählten sie gerne, um ihren Kindern beizubringen, dass sie mit ihren Wünschen vorsichtig umgehen und keine Geschenke von Fremden annehmen sollten. Warum wollte Professor Slughorn, dass sie sich damit beschäftigten? Es war doch nur eins der Märchen von Beedle dem Barden, vielleicht das berühmteste von allen. Darin sollte sich eine versteckte Botschaft befinden? Das klang irgendwie fast zu sehr nach den seltsamen Theorien, die Xenophilius Lovegood im Quibbler verbreitete.

Professor Slughorn hatte, während die Schüler Lunas Erzählung lauschten, etwas mit Kreide an die große schwarze Tafel an der Wand geschrieben. Als er nun merkte, dass ihm die Aufmerksamkeit seiner Klasse wieder sicher war, trat er einen Schritt zur Seite, damit sie seine Aufzeichnungen lesen konnten.
Ein seltsames Symbol, zusammengesetzt aus einem Kreis, in dessen Mitte ein durch einen Längsstrich und einen Ring in die Hälfte geteiltes Dreieck prangte, war auf dem dunklen Holz zu sehen. Daneben stand in Slughorns etwas altmodischer Schrift „Die Gaben des Todes“.

„Ist jemandem von Ihnen dieses Symbol schon einmal untergekommen?“ wandte der Hauslehrer von Slytherin sich an seine Klasse. Lunas Hand schoss sofort nach oben. „Jemand anderer als Miss Lovegood, bitte. Ja, Mr. Finnigan?“ „Das ist doch diese alte Legende, oder? Dass der Tod drei mächtige magische Artefakte irgendwo in Großbritannien versteckt hat, die…“ Seamus unterbrach sich mitten im Satz. „Das wollten Sie uns damit sagen, Professor? Die Geschichte der drei Brüder bietet einen Hinweis darauf? Aber,…“

„Du hast geglaubt, das sei nur ein Märchen?“ Luna konnte sich nicht länger ruhig verhalten. Ihre Augen glänzten vor Begeisterung, als sie weitersprach: „Das ist kein Märchen. Mein Vater hat mir davon erzählt. Seit Jahrhunderten suchen Gelehrte nach den drei legendären Gaben des Todes. Dieses Symbol tragen alle, die an die Existenz der drei Gaben glauben. „Ach, das hat also das eigenartige Symbol auf dem Hut von deinem Dad zu bedeuten?“ fragte Ron. „Ja, Dad sucht selbst schon seit Jahren nach Hinweisen.“

„Was sollen das denn für seltsame Gaben sein?“ wunderte sich Dean. „Na, überlegt doch, was in der Geschichte vorkommt. Ein Zauberstab, der mächtiger war als alle, die je zuvor geschaffen wurden. Ein schwarzer Stein, der die Kraft besitzt, Tote zum Leben zu erwecken. Ein Unsichtbarkeitsumhang, der so gut versteckt, dass man nicht einmal vom Tod gefunden wird.“ „Klingt wirklich nach mächtigen Geschenken. Aber wo will man danach suchen, wenn man nicht einmal weiß, wie sie aussehen?“

„Darf ich vielleicht auch wieder etwas sagen?“ unterbrach Slughorn die Diskussion. „Selbstverständlich, Professor, Entschuldigung.“ „Nun, über den Umhang gibt es mehrere Berichte aus dem ganzen Land, die im Kern übereinstimmen. Es soll sich dabei um keinen gewöhnlichen Unsichtbarkeitsumhang handeln.“ „Wie meinen Sie das?“ „Nun, wenn man der gängigsten Theorie folgt, so ist der Umhang mindestens 600 Jahre alt. Normalerweise überleben Unsichtbarkeitsumhänge zwar sehr lange, doch die meisten weisen nach 150 bis 200 Jahren schon ziemliche Gebrauchsspuren auf. Dieser soll noch vollkommen unversehrt aussehen, obwohl er drei Mal so alt sein soll. Er soll etwa sechs Meter lang sein, genug, dass vier Menschen problemlos darunter Platz fänden. Eine Größe, die ihn über alle je gefertigten Unsichtbarkeitsumhänge stellen würde. “

Hermine und Harry tauschten einen Blick. „Kann das sein?“ flüsterte Hermine. „Ich weiß es nicht, aber die Länge würde hinkommen. Und ich habe ihn ja von meinem Vater…“ Harry wurde auf einmal klar, was er da gedacht hatte. Wenn sein Umhang tatsächlich eine der drei Gaben des Todes sein sollte, hieß das dann nicht, dass auch die anderen beiden wirklich existierten? Und falls es wirklich der selbe Umhang war, von dem Beedle der Barde geschrieben hatte, war es ein Umhang, der den Träger selbst vor den Augen des Todes versteckte. Hatte er etwa die ganze Zeit den entscheidenden Vorteil im Kampf gegen Voldemort bei sich gehabt, ohne davon zu wissen? Aber, wenn all das stimmte, wo waren dann der Stein und der Zauberstab?

Harrys Gedanken wanderten zurück zu dem Weihnachtsabend vor sechs Jahren, an dem er den Umhang, nur mit einer braunen Schnur umwickelt, im Schlafsaal der Gryffindors gefunden hatte. Eine Nachricht lag dabei: „Diesen Umhang hat mir dein Vater vor seinem Tod zur Aufbewahrung übergeben. Gebrauche ihn klug.“ Wie Harry erst später erfahren hatte, war es Albus Dumbledore gewesen, der ihm das Geschenk heimlich zukommen hatte lassen. Was, wenn er genau gewusst hatte, dass es sich um eine Gabe des Todes handelte? Hatte Dumbledore ihn auf diese Weise etwa bereits…?
Mit Mühe zwang Harry sich, sich wieder auf die Unterhaltung seiner Mitschüler zu konzentrieren.

„Warum erzählen Sie uns das alles eigentlich, Professor?“ unterbrach eine Sechstklässlerin aus Ravenclaw die Debatte, die inzwischen bei den Vorteilen und Nachteilen eines Steins, der Tote zum Leben erwecken konnte, angelangt war.

Slughorn dachte ein wenig über seine Antwort nach. „Ich begebe mich hier auf unsicheres Terrain, das sollte ich auf jeden Fall vorausschicken. Schließlich wurde keine der drei Gaben je gefunden. Also kann man auch nur spekulieren, was geschehen könnte, sollte jemand alle in einer Hand vereinen. Ich selbst glaube an die Interpretation, die Abraxas Diggle in seinem Werk „Artefakte des Todes“ veröffentlicht hat. Diggle geht davon aus, dass ein ehrlicher Besitzer der drei Gaben vom Tod als ihm ebenbürtig anerkannt wird und deswegen den Tod bezwingen kann.“

Der Lehrer hatte kaum zu Ende gesprochen, als Harry merkte, dass sich alle Blicke auf ihn richteten. War das etwa seine Aufgabe? Die Möglichkeit, Voldemort zu bezwingen, indem er ein Rätsel löste, an dem Generationen von Zauberern vor ihm gescheitert waren? Warum hatte ihm Dumbledore nie davon erzählt?
Hermine schien seine Gedanken erraten zu haben. „Was wissen Sie über die anderen beiden Gaben, Professor?“ fragte sie, um die Aufmerksamkeit von Harry abzulenken.

„Über den Stein der Auferstehung ist so gut wie nichts bekannt. Der Stab jedoch… Es gibt Berichte aus ganz Großbritannien, die meisten stammen aus Leicestershire, die von einem seltsam geformten, etwa 15 Zoll langem Zauberstab aus Holunderholz erzählen, der häufig im Zusammenhang mit ungeklärten Todesfällen in Erscheinung tritt. Die ältesten Aufzeichnungen sprechen von diesem Stab als „Todesstab“ oder „Stab des Schicksals“. Er soll angeblich unzerstörbar sein.“ antwortete Slughorn und warf einen Blick auf die Standuhr neben der Tafel. „Schon 12 Uhr? Diese Stunde ist wieder einmal verflogen. Mahlzeit, wir sehen einander am kommenden Dienstag um 10 Uhr im Klassenraum für Geschichte der Zauberei wieder.“

Die Schülerinnen und Schüler der beiden letzten Klassen verließen das Turmzimmer, eifrig miteinander diskutierend. Wie viel sie von Slughorns doch eher ungewöhnlichen Ausführungen glauben konnten, wussten sie nicht. Ein unbezwingbarer Zauberstab, ein Stein, der den Tod bezwang und ein Umhang, mit dem man vor allen Augen verborgen war – sie alle waren mit dieser Geschichte aufgewachsen, doch hatten sie - mit Lunas Ausnahme – nie daran geglaubt, dass all diese Dinge tatsächlich existieren konnten. Was man wohl alles für Möglichkeiten hatte, wenn man eine der drei Gaben besaß?

Angekommen in der Großen Halle, wurde ihre Unterhaltung jedoch schlagartig durch den Anblick zweier sehr vertrauter Gestalten in Anzügen unterbrochen, die bei Direktorin Mc Gonagall standen. „Fred! George!“ Die Weasley-Zwillinge wandten sich um und grinsten. „Mahlzeit.“

„Was macht ihr hier?“ fragte Hermine. „Es ist etwas passiert.“ sagte George ernst. „Doch nicht etwa…?“ Ron musste seinen Satz gar nicht zu Ende sprechen, so deutlich stand ihm im Gesicht geschrieben, woran er dachte. „Nein, keine Sorge. Mum und Dad geht es gut.“ erwiderte Fred. „Gut, dass Sie da sind, Potter. Sie können es ohnehin auch erfahren.“ wandte sich Direktorin Mc Gonagall an Harry. „Peter Pettigrew wurde gestern tot in der Nähe des Grimmauld Place aufgefunden.“

Einen Moment lang schwiegen alle. Harrys Gedanken spielten verrückt. Peter Pettigrew, der Verräter, die Ratte… tot? Warum? Wer war dafür verantwortlich? „Weiß man schon genaueres zu den Umständen?“ fragte Ron. „Die Leiche weist keine äußeren Verletzungen auf, also vermuten wir, dass Avada Kedavra verantworlich war. Aber das wirklich merkwürdige ist, was wir bei ihm gefunden haben.“ antwortete Fred. „Einen Zettel, fest zusammengeknüllt in seiner linken Hand. Ich habe ihn mitgebracht, weil ihr vielleicht etwas damit anfangen könnt.“ Er überreichte Harry ein schmutziges Stück Papier.

Harry entfaltete es vorsichtig. Außer dem offensichtlich in großer Eile geschriebenen Wort „SPIEGEL“ war auf dem Papier nur eine Skizze angebracht, die… einen Raum darstellte? Merkwürdige Pfeile führten zu einem Kreis in der Mitte des Blattes, über dem das Wort „Truhe?“ stand. Pettigrews letzte Botschaft. Was hatte sie nur zu bedeuten? „Wenn er in der Nähe des Grimmauld Place getötet wurde, heißt das vielleicht, dass er zu uns wollte? Zum Orden?“ überlegte Hermine laut. „Wieso sollte er jetzt auf einmal… Moment, hat nicht Nevilles Großmutter erzählt, sie hätte gehört, dass er geflohen ist?“ „Dann kann das nur eins bedeuten. Pettigrew wollte uns etwas mitteilen. Etwas, das ihm vermutlich das Leben kosten würde, wenn Voldemorts Handlanger dahinterkommen, dass er auch davon weiß.“

„Wir werden der Sache nachgehen.“ versprach Direktorin Mc Gonagall. „Aber nun halte ich Sie nicht länger vom Essen ab. Fred, George, Sie können gerne mitessen, wenn Sie wollen.“ „Da sagen wir nicht nein. Ist schon lange her, dass wir die gute Küche von Hogwarts genießen konnten.“ meinte George schmunzelnd.

Beim Mittagessen drehten sich die Gespräche weiter um den Tod Pettigrews. Wie Fred mitteilte, würden einige der Auroren am folgenden Sonntag nach Hogwarts kommen, um die weitere Vorgangsweise zu beraten. Damit keine ungewünschte Aufmerksamkeit erregt wurde, hatte Kingsley ihnen aufgetragen, sie sollten das für den selben Tag angesetzte Quidditch-Pokalspiel zwischen Gryffindor und Slytherin bewachen.

„Unsinn. Wir können auf uns selbst aufpassen.“ meinte Ginny, die etwas verspätet zum Essen gekommen war und nur diesen Satz mitgehört hatte. „Wir erzählen dir nach dem Training, was passiert ist. Jetzt iss erst einmal was, dann treffen wir uns um 14 Uhr unten in der Eingangshalle. Ich habe Madam Hooch darum gebeten, dass wir das Stadion zwei Stunden für uns haben. Immerhin geht es am Sonntag um den Pokal!“ sagte Harry, der froh war, das Thema wechseln zu können. „Stimmt. Ich habe gehört, bei den Slytherins fällt Marcus Flint als Hüter aus. Das wird ein entscheidender Vorteil für uns.“

Das bevorstehende Endspiel beschäftigte Harry den ganzen Nachmittag. Seit er in die Quidditch-Mannschaft Gryffindors gekommen war, hatten sie erst einmal ein Pokalfinale verloren, eine Serie, auf die er ziemlich stolz war. Egal, was in diesem Schuljahr noch auf sie warten würde, ein Sieg im kommenden Spiel wäre ein mehr als würdiger Abschluss. Über seine taktischen Überlegungen vergaß er völlig, sich weitere Gedanken zu Pettigrews mysteriösem Tod, geschweige denn zu der eigentümlichen Geschichte der Gaben des Todes, zu machen.

Erst Hermine lenkte die Diskussion am Abend wieder zu den Ereignissen in Slughorns Unterricht zurück. Sie saßen wie üblich gemeinsam mit den anderen Ordensmitgliedern im Raum der Wünsche, um ungestört reden zu können. Neville hatte von seiner Großmutter ein Paket mit Keksen bekommen, das sich rasant leerte.

„Mich beschäftigt diese Sache mit dem Elderstab.“ „Wieso?“ fragte Seamus. „Nun, der Elderstab scheint immer wieder in historischen Berichten auf. Ich habe in „Eine kurze Geschichte von Hogwarts“ nachgeblättert, es gibt insgesamt 26 Berichte seit dem 13. Jahrhundert. Das ist einfach zu viel, um es nur als Legende abzutun. Dieser Stab existiert.“Sie wollte gerade zu einer ausführlichen Erklärung ansetzen, als Luna plötzlich aufsprang, das Fenster öffnete und einer kleinen schwarzen Eule hereinhalf. „Das ist doch deine, oder?“ fragte Neville.

Luna reagierte nicht, sondern nahm der Eule ein zusammengefaltetes Stück Pergament aus den Krallen und überflog es hastig. Als sie sich wieder zu ihren Freunden umwandte, standen ihr Tränen in den Augen. „Was ist denn? Ist was mit deinem Dad passiert?“ fragte Ron besorgt und legte ihr einen Arm um die Schulter. Luna holte tief Luft. „Nein.. das noch nicht. Aber er schreibt, dass Mr. und Mrs. Oswald, unsere Nachbarn, gestern auf dem Heimweg von ihrer monatlichen Wanderung von Greifern geschnappt und verschleppt wurden. Er hat es mitangesehen, weil er gerade im Garten nach den Flubberwürmern geschaut hat. Und jetzt ist er der fixen Überzeugung, er selbst ist als nächster dran.“

Die anderen sahen sie bestürzt an. Lunas Vater mit seiner seltsamen Sammlung von Erfindungen und seinem kleinen „Zoo“ im Garten des selbstgebauten Hauses ein Ziel der Todesser? Das konnten sie sich irgendwie schwer vorstellen, galt Mr. Lovegood doch außerhalb des Ordens als Exzentriker, dessen Ideen außer ihm selbst niemand verstand. Zu harmlos, um eine ernsthafte Gefahr darzustellen. Allerdings war seine Tochter schon in Dumbledores Armee aktiv gewesen…

„Sie werden mich sicher nicht damit erpressen.“ meinte Luna energisch. „Und Dad auch nicht. Wir sagen Kingsley Bescheid, er soll ihm eine Fluchthilfe organisieren.“ „Hab ich schon.“ sagte Ron und deutete auf seine Galleone. „Dein Dad ist ein Erfinder, er findet sicher einen Weg, den Greifern zu entkommen.“

Nach dieser Nachricht wollte im Raum der Wünsche keine rechte Stimmung mehr aufkommen. Eilig verabschiedeten sich die Ordensmitglieder voneinander und zogen sich in ihre Schlafsäle zurück. In den kommenden Tagen würden bereits erste Vorprüfungen für die NEWTs am Ende des Schuljahres stattfinden. Solange es möglich war, sollte der Alltag in Hogwarts aufrecht erhalten werden.

Die Woche bis zum Quidditch-Finale schien wie immer förmlich vorbeizurasen. Zwischen Trainings, Prüfungen und Hausaufgaben fanden die Mitglieder der Gryffindor-Mannschaft kaum Zeit, sich mit den aktuellen Ereignissen auseinanderzusetzen. Selbst Hermine, die eigentlich vorgehabt hatte, weiter in der Bibliothek zu recherchieren, fand sich jeden Abend in die ausführlichen Spieldiskussionen ihrer Freunde verwickelt. Ein Pokalsieg zum Ende ihrer gemeinsamen Schulzeit wäre schon etwas Besonderes…

Am Morgen des Endspiels zwischen Gryffindor und Slytherin herrschte in der ganzen Schule vorfreudige Stimmung, von der sich auch die Lehrer anstecken ließen. Das am erbittertsten umkämpfte Spiel des Hauspokals machte es unmöglich, nicht Partei für eine der beiden Mannschaften zu ergreifen und so saßen Remus Lupin und Filius Flitwick mit rot-goldenen Schals beim Frühstück in der Großen Halle.

In den Gängen brachen wie jedes Jahr kleinere Scharmützel zwischen den jüngeren Schülern der beiden im Finale stehenden Häuser aus, die abgesehen von tieffliegenden Kröten und einem besonders lästigen juckenden Ausschlag keine weiteren Schäden hervorbrachten.
Es war weiterhin bitterkalt. In der Nacht war frischer Schnee gefallen, den Hagrid in einer ziemlich aufwändigen Arbeit von den Rängen des Quidditch-Stadions entfernte. Eine leichte Brise, gerade genug, um der auf die Hogwarts nähergelegenen Torringe spielenden Mannschaft einen geringen, aber nicht spielentscheidenden Vorteil zu verschaffen, blies um das Schloss und vertrieb die seit Wochen tief über den Hügeln hängenden Wolken.

„Handschuhe nicht vergessen.“ warnte Harry seine Mannschaft, während sie Toasts und Orangensaft aßen. „Vor allem du nicht, Ron. Es ist eisig da draußen.“

„Hat hier jemand was von Handschuhen gesagt?“ Wie immer vor einem wichtigen Quidditch-Spiel war Luna, bereits in ihrer rot-goldenen Fanausrüstung, zu ihnen gekommen. „Morgen allerseits. Ron, ich hab einen kleinen Glücksbringer für dich.“ „Dankeschön!“ Ron grinste Luna an und nahm ein weiches und etwas unförmiges Paket entgegen. Neugierig riss er es auf und betrachtete den Inhalt überrascht. „Ist ja lieb von dir, aber ich hab eigentlich schon Handschuhe..“ „Solche nicht!“ sagte Luna triumphierend. „Das sind Dads alte Züchterhandschuhe. Du weißt schon, für seine diversen Tiere bei uns im Garten. Er hat sie extra warm gemacht und angeblich soll man damit besser fangen können.“ Auf einen Blick von Harry ergänzte sie lachend: „Ich hab im Regelwerk nachgeschaut, solche Handschuhe sind nicht verboten.“ Ron gab Luna einen Kuss auf die Wange, der beide leicht rosa anlaufen ließ. „Viel Glück! Ihr seht mich wie immer mit dem Löwenhut in der zweiten Reihe.“ Pfeifend spazierte Luna davon, um sich mit Hermine zu treffen.

Um Ron nicht weiter in Verlegenheit zu bringen, brachte Harry das Gespräch schnell wieder auf die Taktik für das Finalspiel. Gryffindor lag derzeit 50 Punkte hinter Slytherin in der Hauspokalwertung, ein Sieg würde also einen völligen Gleichstand bedeuten. Allerdings hatten die Gryffindors wesentlich weniger Treffer erzielt, weswegen ein einfacher Sieg nicht reichen würde… „Ihr wisst, was ihr zu tun habt? Erst, wenn ihr einen Vorsprung von mindestens 70 herausgespielt habt, fange ich den Schnatz.“ Harry warf einen Blick auf die Uhr. „Ok, Leute. Holt eure Sachen, in 15 Minuten treffen wir uns wieder hier.“

Begleitet vom Jubel ihrer Mitschüler machten Harry und seine Mitspieler sich auf den Weg über den schneebedeckten Rasen zum Quidditch-Stadion. Zu ihrer Überraschung wartete vor dem Eingang zu den Spielerkabinen bereits eine kleine Gruppe Menschen auf sie.
„Guten Morgen, Kingsley!“ „Morgen, Harry! Ich will eure Matchvorbereitung nicht lange stören. Nur eine kurze Frage. Hast du Remus gesehen?“ „Der sollte eigentlich gleich mit den Lehrern kommen, wieso?“ „Ich muss ihn etwas fragen.“ Harry wunderte sich ein wenig über Kingsleys ernsten Gesichtsausdruck, beschloss aber, erst nach dem Spiel darauf einzugehen. Im Moment sollte nichts ihre Konzentration stören. „Alles Gute für euer letztes Match!“ Die Auroren drückten Harry jeder kurz die Hand und ließen die Gryffindors dann allein.

Wie üblich beim Quidditch-Pokalfinale hatten die Lehrer gemeinsam gefrühstückt. Professor Slughorn, dem man ansah, wie sehr er es vermisst hatte, Hauslehrer zu sein, hatte eine Wette mit Hagrid auf den Ausgang des Spiels abgeschlossen. „Was ist eigentlich der Wetteinsatz, Hagrid?“ fragte Remus, während sie zum Quidditch-Stadion gingen. „Darf ich nicht verraten. Nur so viel. Ich hoffe, wir gewinnen das heute, dann wird es für Horace nämlich kurzfristig sehr peinlich.“ entgegnete der Wildhüter grinsend. „Rubeus, muss ich Sie daran erinnern, dass wir offiziell unparteiisch sein sollten?“ sagte Minerva Mc Gonagall, die sich zu ihnen umgedreht hatte. Remus wollte schon entgegnen, dass sich dann Direktorinnen erst recht daran halten sollten, verkniff es sich aber, als sie die Auroren vor dem Quidditch-Stadion bemerkten.

„Guten Morgen allerseits.“ „Danke, dass Sie so früh gekommen sind, Shacklebolt.“ Minerva Mc Gonagall schüttelte ihrem Ordenskollegen die Hand. „Wir setzen uns nach dem Spiel in meinem Büro zusammen, schlage ich vor. Dann sind wir.. ist etwas, Remus?“
Remus Lupin war ein wenig blass geworden. „Kingsley.. wo ist Tonks?“ Sein Gegenüber starrte ihn besorgt an. „Wenn nicht einmal du das weißt… dann ist etwas passiert.“ „Bitte was?“ Remus‘ Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. „Von Anfang an bitte.“

„Nun… ihr wisst ja, dass unser Ministerium in den letzten Wochen verstärkt „Informationsveranstaltungen“ für Muggelgeborene und Muggel, die in der Zaubererwelt leben, abhält. Was genau dort passiert, wissen wir nicht, wir können es derzeit nur vermuten. Auf jeden Fall hat Tonks ziemliche Angst um ihren Vater. Das letzte, was wir von ihr gehört haben, war, dass sie sich darum kümmern wird, dass er ein sicheres Versteck findet. Das ist aber auch schon eine Woche her.“ Kingsley schüttelte den Kopf. „Hoffentlich geht es ihr gut. Aber wenn nicht einmal Remus mehr weiß..“

Sein letzter Satz wurde von der Ankunft der Massen aus dem Schulgebäude unterbrochen. „Schönes Spiel allerseits. Bis später.“ Minerva Mc Gonagall stieg die Treppe zur Kommentatorenkabine empor.

Das Stadion war innerhalb kurzer Zeit bis auf den letzten Platz gefüllt. Zwei Drittel des Publikums trug rot-goldene Fanutensilien, unter denen besonders Lunas imposanter Hut mit Löwenkopf hervorstach. Die übrigen Zuschauer, allen voran Professor Slughorn, bildeten mit ihren grün-silbernen Umhängen, den großen aufblasbaren Schlangen und Schals, einen nicht minder beeindruckenden Kontrast.
Schlachtgesänge mischten sich unter das aufgeregte Stimmengewirr, das bis in die Umkleidekabinen zu hören war. „Bereit fürs letzte Match?“ Dean band seine Schuhbänder wie üblich mit einem Doppelknoten zu. „Bereit. Gehen wir’s an!“ Ron bewegte seine Finger prüfend in den neuen Handschuhen und nickte zufrieden. „Heute ist ein guter Tag.“

„Kommt noch einmal her.“ bat Harry seine Mannschaft. Die anderen versammelten sich in einem Kreis um ihn. „Leute, wir haben heute nicht nur einen Ruf zu verlieren. Es ist für sehr viele von uns das letzte Match im Gryffindor-Trikot. Und vielleicht auch das letzte Mal, dass wir auf diese Weise Quidditch spielen. Also lasst uns dieses Pokalfinale zu einem Spiel machen, das wir nicht vergessen werden! Lasst uns da rausgehen und das tun, was wir am besten können. Zeigen wir es ihnen noch einmal! Für Gryffindor!“ „Für Gryffindor!“ Alle klatschten ab, Ginny und Dean klopften Ron auf den Besenstiel. „Gehen wir.“

Als die Gryffindors den Rasen betraten, empfing sie ohrenbetäubender Jubel. „Liebe Frau Direktorin, meine sehr verehrten Damen und Herren!“ erschallte eine magisch verstärkte Stimme aus der Richtung der Kommentatorenkabine. Ginny stieß Harry grinsend in die Seite. „Das ist ja Lee!“ „Was macht er hier?“

„Für die, die mich noch nicht kennen, mein Name ist Lee Jordan und ich war während meiner Schulzeit hier der Quidditch-Kommentator. Es ehrt mich besonders, an diesem denkwürdigen Tag dabei sein zu dürfen. Meine Damen und Herren, heute ist ein Tag, an den Sie sich zurückerinnern werden, solange Sie leben! Denn heute ist der letzte Tag, an der wir eine der legendärsten Hausmannschaften von Gryffindor, ach, was rede ich, von Hogwarts in ihrer originalen Besetzung erleben dürfen. Einen großen Applaus für Potter, Weasley, Thomas, Longbottom, Abernathy, Finnigan und Weasley! Macht sie fertig, Leute.“
„Jordan?“ erklang die Stimme Direktorin Mc Gonagalls. „Ja, Professor?“ „Haben Sie immer noch nicht verstanden, dass Sie als Kommentator nicht zu einer der beiden Mannschaften halten dürfen?“ „Entschuldigung, Professor. Und Entschuldigung, dass das gerade live zu hören war, liebes Publikum! Jedenfalls, ich wünsche Ihnen allen viel Spaß und gute Unterhaltung! Möge der bessere gewinnen. Nicht Slytherin.“

Marcus Flint schüttelte Harry die Hand. „Auf ein faires Spiel, Potter.“ sagte der Kapitän der Slytherins und bestieg seinen Besen. Kurz musste Harry an sein erstes Pokalfinale denken, als ihm Draco Malfoy beim Shakehands fast die Hand zerquetscht hatte. „Heute wird es nicht ganz so dreckig.“ dachte er grinsend und machte sich startbereit.

„Auf mein Kommando. Drei-zwei-eins…“ Madam Hooch pfiff einmal schrill auf ihrer Pfeife und die vierzehn Spieler stießen sich vom Boden ab. Die Hüter nahmen ihre Posten bei den Torringen ein, Madam Hooch öffnete die Kiste mit den Bällen und das Spiel begann.

Zur großen Überraschung aller Zuschauer blieben die Gryffindors und die Slytherins diesmal sportlich relativ fair. Madam Hooch musste vor Seitenwechsel nur einmal eingreifen, als eine der Treiberinnen aus Slytherin, eine etwas übermotiverte Zweitklässlerin, den Klatscher so heftig Richtung Ron schoss, dass dieser fast von seinem Besen gekippt wäre.

„Mach keinen Blödsinn, Harry.“ murmelte Hermine und spähte durch ihr Fernglas angespannt auf das Spielfeld. „Es fehlen noch zwei Treffer. Wenn du den Schnatz jetzt fängst, habt ihr zwar gewonnen, aber Slytherin hat das bessere Torverhältnis.. ist was, Remus?“ Ihr Sitznachbar starrte sie an. „Entschuldigung. Ich war gerade mit meinen Gedanken ganz woanders. Zwei Treffer noch, sagst du?“ „Ja, Slytherin hat letzte Woche gegen Hufflepuff mit + 110 gewonnen. Da war ja Vollmond, oder?“ fügte Hermine mit einem Zwinkern hinzu.

Remus erwiderte ihr Lächeln kurz und zwang sich, sich wieder auf das Spiel zu konzentrieren. Kingsleys Worte gingen ihm einfach nicht aus dem Kopf. Voldemorts Greifer nahmen inzwischen gezielt Ordensmitglieder und deren Unterstützer ins Visier, weswegen beim letzten Treffen des Ordens beschlossen war, ab sofort nur mehr zu zweit auf Patrouille und Missionen zu gehen, um sich im Ernstfall besser verteidigen zu können. Dass sich Tonks darüber hinweggesetzt hatte, konnte nur bedeuten, dass ihre Familie ernsthaft in Gefahr schwebte. Aber wieso hatte sie dann nicht einmal ihm Bescheid gesagt? Wo war sie? War ihr etwas zugestoßen?

Ein lauter Aufschrei der Zuschauer um ihn herum riss Remus aus seinen finsteren Gedanken. „Harry hat den Schnatz gesehen! Da!“ Hermine hüpfte auf und ab und deutete mit ausgestreckten Armen auf eine Gestalt auf der anderen Seite des Stadions, die zum Sturzflug ansetzte. „Aber der Sucher der Slytherins auch, scheiße! Komm schon, Harry, du schaffst das!“

Ganz gegen seine Gewohnheit ließ sich Remus von den „Potter! Potter!“ – Sprechchören, die die Gryffindor-Fans um ihn herum anstimmten, mitreißen. Ein bisschen fühlte er sich an seine eigene Schulzeit zurückerinnert…

Immer näher kam Harry dem kleinen glitzernden Objekt. Gleich konnte er die Hand ausstrecken und… wusch. Ein Klatscher sauste Zentimeter an seinem linken Ohr vorbei. „Komm schon, Besen, lass mich nicht im Stich.“ Harry lehnte sich nach vorne, schloss die Hand um den kleinen goldenen Ball, warf einen Blick auf die Anzeigetafel… und das Stadion explodierte.

Die Siegesfeierlichkeiten der Gryffindors dauerten den ganzen restlichen Tag. Im Triumphzug wurden die Spieler, Ginny, die ihren eigenen Torrekord gebrochen hatte, allen voran, in das Schloss getragen. Dobby und Winky hatten bereits eine rot-goldene fünfstöckige Torte für die neuen alten Pokalsieger in den Gemeinschaftsraum gebracht, die sich in Windeseile aufteilte. Selbst der Fast Kopflose Nick gesellte sich zu den feiernden Schülern und unterhielt sie mit einem selbstkomponierten Siegesständchen.

Inzwischen war es Abend geworden. Nach und nach verabschiedeten sich die Gryffindors in ihre Schlafsäle. Die Vorprüfungen würden noch die ganze folgende Woche dauern und jede Stunde Schlaf war wichtig.

Nach einem letzten Blick auf den Pokal, der stolz auf dem Tisch in der Mitte des Gemeinschaftsraums prangte, wollte Harry gerade die Fackeln an den Wänden ausblasen, als er hörte, wie jemand seinen Namen rief.

„Harry? Harry Potter?“ „Wer ist da?“ Harry griff nach seinem Zauberstab.

Überrascht registrierte er, dass ein Mann in den noch schwach leuchtenden Flammen im Kamin saß. Der Mann hatte kinnlange leicht gelockte Haare und einen akkurat geschnittenen Ziegenbart. Auf seinem Hut prangte ein goldenes Symbol – ein Kreis, in dem sich ein Dreieck befand, das von einem vertikalen Strich in zwei Hälften geteilt wurde, in der Mitte des Dreiecks eine weitere ovale Figur.
„Mr. Lovegood?“ Harry kniete vor dem Kamin nieder. „Was machen Sie hier?“ „Bist du allein?“ „Ja.“

Lunas Vater sah sich gehetzt um. „Ich habe nicht viel Zeit. Die Greifer beschatten mein Haus und warten nur auf den passenden Moment, um zuzuschlagen.“ „Dann fliehen Sie! Fliehen Sie, Mr. Lovegood. Der Orden weiß Bescheid und hilft Ihnen. Noch haben Sie eine Chance.“
„Nicht, bevor ich dir das nicht gegeben habe.“ sagte Xenophilius Lovegood und holte ein Pergament aus seiner Umhangtasche. „Was ist das?“ fragte Harry neugierig. „Eine Botschaft von Albus. Er hat mir vor seinem Tod gesagt, wenn die Gefahr für Hogwarts zunimmt, soll ich es dir geben.“ „Aber wieso?“

„Kann nicht weiterreden! Muss weg!“ So abrupt, wie Xenophilius Lovegood erschienen war, verschwand er, nicht ohne Harry das Pergament vorher zuzuwerfen.

Zögerlich entfaltete Harry das Schriftstück und las in einer ihm sehr vertrauten Handschrift: An F.F. Übergeben Sie Nummer 32 an H.P. Was hatte das zu bedeuten? H.P. konnte nur Harry selbst sein, so viel war klar. Aber wer war F.F.? Und was war Nummer 32? Vielleicht konnte Ron ihm ja helfen.

Eilig stieg er hinauf in den Schlafsaal der Siebtklässler. Wie immer dauerte es eine Zeit, bis sein bester Freund wirklich wach war. „Bist du noch immer auf? Was ist denn jetzt wieder los?“ sagte Ron gähnend. „Xenophilius Lovegood war gerade da. Er hat mir das hier über das Flohnetzwerk geschickt.“ sagte Harry und reichte Ron das Pergament.

„Das ist doch Dumbledores Handschrift. Aber wieso schickt er Florean Fortescue eine Nachricht? Was soll er dir geben? Hat er etwas in seinem Eissalon versteckt?“ grübelte Ron. „Wie bist du jetzt auf Fortescue gekommen?“ „Na, wen kennen wir denn noch mit den Initialen F.F.? Und in seinem Geschäft kann man gut etwas verstecken.“ „Dass ich da nicht gleich draufgekommen bin. Und, was machen wir jetzt?“

„Wir warten bis morgen früh. In London herrscht bis Sonnenaufgang Ausgangssperre. Aber tagsüber fällst du vielleicht nicht auf.“ „Gut, sagst du dem Orden bitte, wo ich bin?“ „Mach ich. Gute Nacht.“
Als die ersten Sonnenstrahlen durch das Schlafsaalfenster fielen, zog sich Harry an und schlich leise die Treppe zum Gemeinschaftsraum hinunter. Diesmal würde er den Besen nehmen. So früh war kaum jemand unterwegs..

Es schneite unaufhörlich, als Harry mit dem Feuerblitz, den Tarnumhang fest unter einen Arm geklemmt, vor dem Tropfenden Kessel landete. Er zog seine Haube dicht über die Ohren, hielt sie mit einer Hand fest und war mit der anderen Hand den Umhang über.

Trotz der frühen Stunde waren viele Menschen auf den Beinen. Todesser und Todesserinnen in dunkelgrünen Umhängen eilten in Richtung des Ministeriums. Ihr fester selbstbewusster Schritt hob sie deutlich von den übrigen Menschen ab, die den Blick auf den Boden gerichtet hielten, bedacht, keine Aufmerksamkeit zu erregen.

Das Eisgeschäft von Florean Fortescue war noch geschlossen, dennoch brannte bereits Licht hinter den ovalen Fenstern. Harry sah sich um, ob ihm niemand gefolgt war, dann warf er den Tarnumhang ab und klopfte an die Tür.

Kurze Zeit darauf erschien die mit Mehl bestäubte Gestalt des Konditors im Eingang. „Mr. Potter! Was machen Sie hier? Kommen Sie herein, sonst entdeckt man Sie noch.“ Hastig schob er Harry ins Geschäft und schloss ab.

Der einladende Duft von frischem Kakao stieg Harry in die Nase. Im Kamin knackten die Holzscheite eines angenehm warmen Feuers, auf dem Herd in der Küche, den er aus dem Augenwinkel sehen konnte, brutzelten zwei Spiegeleier. „Das Geschäft geht gut.“ sagte Mr. Fortescue, der Harrys Blick bemerkt hatte. „Ich bin die letzte Anlaufstelle für Süßes in ganz London.. solange es das Ministerium halt duldet. Aber jetzt erzählen Sie. Was führt Sie hier her?“

Harry überreichte dem Konditor das Pergament. Mr. Fortescues Gesicht nahm einen seltsamen Ausdruck an. „Dann ist es also soweit. Folgen Sie mir bitte.“ Er führte Harry in das hintere Gästezimmer, dessen Wände, wie in allen anderen Räumen, mit vielen kleinen und großen Gemälden verziert waren. Vor einem etwas abseits stehenden Tisch blieb Mr. Fortescue stehen und nahm ein kleines Bild, nicht größer als eine Schreibtafel, herunter. „Das ist es. Nummer 32 in meiner Sammlung. Albus hat mir gesagt, es enthält einen wertvollen Hinweis für Sie. Nehmen Sie es ruhig.“

„Mehr wissen Sie nicht darüber?“ Harry betrachtete das Gemälde. Drei schattenhafte Figuren von Zauberern waren darauf zu sehen. Sie gingen über eine vom Mondlicht erleuchtete Brücke, die sich über einen glänzenden blauen Bach spannte. In der Hand hielten die drei Figuren einen Zauberstab, einen seltsamen runden Stein und einen transparenten Umhang, der Harry frappierend an seinen eigenen erinnerte. Versteckt zwischen den vielen goldenen Sternchen, die den Nachthimmel zierten, war ein eigenartiges Symbol zu sehen. Ein silbernes Dreieck, geteilt durch einen vertikalen Strich, in der Mitte des Dreiecks ein Oval.

„Das Gemälde gilt unter uns Suchenden als wichtigster Hinweis auf das mögliche Aussehen der Gaben des Todes.“ sagte Mr. Fortescue und tippte mit dem Zeigefinger auf eine silberne Brosche an seinem Umhang, die das selbe Symbol zierte. „ „Wanderung der Drei Brüder“ hängt im Haushalt eines jeden, der sich mit der Legende befasst.“ Er sah auf die Uhr. „Sie gehen jetzt besser. Dolores Umbridge wird gleich zum Frühstück erscheinen.“

Harry bedankte sich, nahm das Bild, warf Flohpulver in die Flammen von Mr. Fortescues Kamin und eilte durch das Flohnetzwerk zurück nach Hogwarts.

„Also, wo warst du?“ fragte Hermine, die es sich mit der neuesten Ausgabe von „Rechte der Tierwesen“ vor dem Kamin im Gemeinschaftsraum bequem gemacht hatte. In wenigen Worten berichtete Harry seiner besten Freundin von der Botschaft von Xenophilius Lovegood. „Und dieses Gemälde enthält eine Botschaft für dich?“ Skeptisch musterte Hermine die drei Figuren. „Wir sollten Luna fragen, sie hat von ihrem Vater wahrscheinlich einiges über die Gaben gehört.“ meinte Harry und wollte gerade seine Galleone herausnehmen, um die anderen Ordensmitglieder zu benachrichtigen, als Wärme aus seiner Jeanstasche aufstieg. „Hab ich schon gemacht.“ sagte Hermine. „Wir treffen uns in 15 Minuten im Raum der Wünsche. Und nimm das Bild mit.“
Harry grinste. „Du liest echt meine Gedanken.“

Der Raum der Wünsche hatte sich dem eisigen Wetter angepasst. Der Fußboden war angenehm warm, statt der Hängematten fanden die Ordensmitglieder bequeme mit Wolldecken belegte Ledersofas und Lehnstühle vor. Harry stellte das Bild von Florean Fortescue auf einen niedrigen Tisch, von dem aus es alle gut sehen konnten. „Dumbledore wollte, dass ich es finde. Es enthält einen Hinweis auf die übrigen Gaben des Todes.“

„Das da ist eindeutig dein Umhang, Harry.“ sagte Ginny, die sich auf dem Teppich niedergelassen hatte, den Kopf an Nevilles Knie gelehnt. „Dann ist es fix. Der Umhang ist eine der drei Gaben. Und dieses Bild zeigt die anderen zwei? Vielleicht finden wir sie ja!“ Neville ließ die Mandarine, die er gerade schälen wollte, fast auf Ginnys Kopf fallen. „Das haben doch schon Generationen vor uns versucht.“ Seamus fing Lunas Blick auf. „Raus damit. Du weißt etwas.“

Luna strahlte ihre Freunde begeistert an. „Schaut einmal genauer hin.“ sagte sie und deutete auf den Zauberstab, den die erste Figur auf dem Bild trug. „Den Stab kennen wir.“

Harry folgte ihrem Blick und auf einmal fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. 15 Zoll lang, eigenartig krumm, aus hellem, fast weißen Holz. Ein Zauberstab, den alle Schüler in Hogwarts kannten. Der jahrelang alle Feiern während des Schuljahres und die Siegerehrungen im Quidditch-Pokal begleitet hatte. Und Großes vollbracht hate.

„Dumbledores Stab ist der Elderstab.“ sagte Harry und merkte, wie sich, kaum dass er es ausgesprochen hatte, einige Puzzlestücke in seinem Kopf zusammensetzten. Das war es also, was Dumbledore Harry sagen wollte. So verschaffte er sich einen Vorteil im Kampf gegen Voldemort. Er hatte doch eine Chance.

„Harry?“ Hermine stupste ihn sanft an. „Tschuldigung, war kurz weg. Habt ihr was gesagt?“ „Ich glaube, Dumbledores Stab ist mit ihm begraben worden.“ meinte Ron. „Dann los, holen wir ihn uns!“ rief Seamus. „Moment. Woher wollen wir wissen, ob es der richtige Elderstab ist?“

"Das werden wir sehen, wenn wir ihn in der Hand haben.“ Luna war bereits zur Tür gegangen. „Der Elderstab erkennt, wer gute Absichten hat.“„Wir sollten aber nicht alle gehen.“ warf Dean ein. „Das fällt sonst auf.“
Eine kurze Debatte später hatten sie sich geeinigt, dass Luna, Hermine und Ron Harry zu Dumbledores Grabmal am Schwarzen See begleiten sollten. Seamus und Dean benachrichtigten Direktorin Mc Gonagall, damit der Orden im Ernstfall eingreifen konnte.

Über Nacht war ein weiterer halber Meter Schnee gefallen. Es war windstill und hinter den dichten grauen Wolken war der Anschein von Sonnenstrahlen zu erkennen. Niemand begegnete den vier Freunden auf ihrem Weg über das Schulgelände, selbst Hagrid hatte sich in die Wärme seiner Hütte verzogen.

Dumbledores Grab lag ein wenig abseits vom Spazierweg, der nach Hogsmeade führte. Ein Pfad aus einfachen weißen Steinen, uzmrahmt von verschiedenen niedrigen Büschen, endete direkt am Ufer des Schwarzen Sees. Zwei Sommerlinden, zur warmen Jahreszeit voller duftender Blüten, standen zu beiden Seiten des niedrigen, aus einem einzigen Marmorblock gehauenen Grabmals, auf dem in silberner Schrift die Worte „Albus Percival Wulfric Brian Dumbledore“ eingelassen waren. Darüber ein silberner Kreis, darin ein Dreieck mit einem vertikalen Strich und einem kleineren Oval in der Mitte.
„Die Gaben. Dumbledore war selbst einer der Suchenden.“ Auch Hermine hatte sich von der Begeisterung anstecken lassen. „Nicht nur. Er hatte eine. Und gleich gehört sie dir, Harry. Wie kommen wir da rein?“

Kaum hatte Luna diese Worte gesprochen, als aus dem See ein Plätschern zu hören war, nicht unähnlich einem Regenschauer. Vor ihren erstaunten Augen tauchten drei Meermenschen, die auf Schwänen saßen, aus dem Wasser auf.

„Wer begehrt Einlass in das Grab Albus Dumbledores?“ sagte einer mit seiner seltsamen melodischen Stimme. Ron gab Harry einen Stoß. „Ich.“ sagte Harry. „Harry James Potter.“ „Kennt Ihr das Passwort, Mr. Potter?“ „Nein.“ „Dann ist Euch der Einlass verwehrt. Es sei denn, ihr beantwortet diese Frage: Von welchem Tier befindet sich etwas in Harry Potters Zauberstab?“

Ein Bild tauchte vor Harrys innerem Auge auf… ein rotglühender eleganter Vogel, der den Astronomieturm emporflog. Um den Vogel herum zuckten grüne Blitze.
„Ein Phönix! Dumbledores Phönix Fawkes. Er ist seit dem letzten Juni verschollen.“

Der Meermensch starrte Harry mit seinen durchdringenden blauschwarzen Augen an. „Passage ist frei.“

Eine Welle schwappte durch den See auf das Grabmal zu. Mit einem kaum merkbaren Knarren öffnete sich plötzlich ein Spalt in einer der Linden, der allmählich wuchs, bis ein Durchgang in das Bauminnere sichtbar wurde.

„Eine tolle Idee. Das hat sich sicher Dumbledore ausgedacht.“ sagte Ron anerkennend. Harry zückte seinen Zauberstab und spähte in den Durchgang. „Da ist eine Wendeltreppe. Luna, begleitest du mich hinunter?“ „Wieso ich?“ „Du solltest dabei sein, finde ich. Ohne dich hätten wir das nie gefunden.“ „Danke.“ Luna folgte Harry aufgeregt und hielt ihren Zauberstab fest umklammert.

Ein warmer, etwas muffiger Geruch empfing sie. Vereinzelte rot glühende Fackeln flackerten an den seltsam glatten Holzwänden. „Unglaublich. Ich muss Dad unbedingt eine Zeichnung davon schicken.“ „Dein Dad wäre sicher sehr stolz auf dich, wenn er dich jetzt sehen könnte.“ sagte Harry lächelnd.

Abrupt war die Wendeltreppe zu Ende. Luna sah Harry an. „Gleich kommen wir zu.. zu ihm.“
Mit einem eigenartigen Gefühl im Magen wagten sich die beiden vorwärts. Nach wenigen Schritten gelangten sie in einen niedrigen Raum, der so hoch war, dass sie gerade aufrecht stehen konnten. Ihre Zauberstäbe warfen seltsame Schatten an die Wände, an denen sich Weinlaub und Lilien rankten.

Albus Dumbledore lag gekleidet in seinen Festumhang auf einem rotgoldenen Polster in der Mitte des Raumes. Ein merkwürdiges Leuchten umgab seinen stillen Körper. Einen Moment blieben Harry und Luna stehen und sahen auf den Leichnam des Schulleiters. „Entschuldigen Sie, dass wir Ihre Ruhe stören, Professor. Aber es geht um Hogwarts.“ sagte Luna.

„Siehst du den Stab?“ flüsterte Harry. „Da ist er.“ Luna deutete auf ein kleines Podest zu Dumbledores Füßen. Langsam, als ob er jeden Schritt sorgfältig abwägen musste, ging Harry dem Podest entgegen. Fast schien es ihm, als würde er gerufen.

Harry griff nach dem Elderstab. Im kleinen Raum unter der Linde blieb es völlig still. Kein Leuchten, keine Stimme Dumbledores, die Harry beglückwünschte, dass er die Hinweise richtig gedeutet hatte,.. nichts. Nur das eigenartig vertraute Gefühl eines guten Zauberstabs.
„Lass uns zu Hermine und Ron gehen.“ sagte Harry und wollte gerade einen Fuß auf die Wendeltreppe setzen, als ihn ein jäher stechender Schmerz rückwärts stolpern ließ.

Völlig unvermittelt fand Harry sich in einem von wenigen Kerzen erleuchteten herrschaftlichen Salon wieder. Menschen in dunklen Umhängen, die Gesichter verhüllt, sahen ihn an. „Mein Lord. Was schlagt ihr vor?“ Völlige Klarheit durchströmte ihn. Es musste sein. Dort und nirgendwo anders würde es sich entscheiden.

„Hogwarts.“ Seine Worte gingen im Jubel seiner Anhänger unter.


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Mike ist Engländer, ein sehr englischer Engländer. Jeden Tag trug er seine Anzugweste, was mir gut gefällt – man erlebt es heute kaum mehr, dass jemand Westen trägt. Er hat ein unglaubliches Charisma und flößt uns großen Respekt ein. Doch er verinnerlicht den britischen Humor total und kann sich bestens in die Internats-Teenager hineinversetzen.
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