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James Potter und andere Katastrophen - Kapitel 10

von Jojoi

Als Lily am nächsten Morgen aufstand und ihre Schuluniform anzog, runzelte James besorgt die Stirn.
»Du willst wirklich zum Unterricht?«
»Besser, als hier herum zu sitzen und nichts zu tun.«, murmelte sie und band ihre Krawatte.
»Aber Lily… Du bist doch noch völlig durch den Wind! Und…« James legte ihr seine Hände auf die Schultern und die rothaarige Hexe senkte den Blick.
»Das hier ist das UTZ- Jahr. Ich kann es mir nicht leisten…«
James schüttelte den Kopf, doch er wusste, dass Lily sich nicht umstimmen ließ. Er war sich nicht sicher, ob ihr klar war, dass die ganze Schule über sie redete, doch er erwähnte es lieber nicht.
Lily band ihre Haare zu einem lockeren Pferdeschwanz zurück, ließ jedoch viel Pony in ihr Gesicht fallen und überschminkte nur ihre Augenringe. Sie hatte noch nie viel Schminke benutzt, wenn überhaupt ein wenig Eyeliner oder Mascara. Darauf verzichtete sie heute bewusst, falls sie doch wieder weinen musste. Ihr fiel selbst auf, dass sie blass war und jeder, der sie kannte, würde sofort merken, dass etwas nicht stimmte. Aber sie konnte nicht noch einen Tag in James’ Zimmer sitzen und vor sich hinstarren. Sie brauchte Ablenkung.
Lily merkte, wie sich einige Schüler nach ihr und James umdrehten, als sie die Große Halle zum Frühstück betraten. Besonders der Gryffindortisch verrenkte sich die Köpfe nach ihnen und James zog sie vorbei an ihren Freunden ganz nach hinten an die Tischkante. Sie setzen sich einander gegenüber und tauschten einen kurzen Blick.
»Ich hab gar keinen Hunger.«
»Du musst was essen.« James reichte ihr einen Korb mit Toastscheiben und Lily nahm sich seufzend eine Scheibe heraus. Eine Gruppe Viertklässler setzte sich auf die freien Stühle neben ihnen.
»Warum haben wir uns nicht zu Sirius und den anderen gesetzt?«, fragte Lily nach einer Weile.
»Weil sie Fragen stellen würden. Du weißt ja gar nicht, wie die mich belagert haben.«, knurrte James. »Ich dachte schon, die foltern mich gleich, nur um aus mir raus zu kriegen, was los ist. Ich hatte echt Angst.«
Lily lächelte, aber es war nicht ihr richtiges Lächeln. Es berührte ihre Augen nicht.
»Sie wissen nichts?«
»Nein.« James warf einer Viertklässlerin einen wütenden Blick zu, weil sie offensichtlich ihr Gespräch verfolgte. »Was glotzt du so blöd? Kümmer dich um deinen eigenen Kram!« Das Mädchen zuckte zusammen und wandte sich schnell zu ihren Freunden um.
»Das arme Mädchen, James!«, tadelte Lily.
»Ich hasse es, wenn Leute zu neugierig sind.«, brummte er.
»Du würdest selbst vor Neugierde sterben, wenn du an ihrer Stelle wärst.«, erwiderte Lily und James war sich nicht mehr sicher, ob sie noch von der Viertklässlerin sprach.
»Stimmt.« James grinste. »Dann kannst du ja von Glück reden, dass ich alles weiß. Schließlich bin ich dir auch so schon lästig genug mit meinem Gedränge zu Verabredungen. Wo wir gerade davon reden…«
»Nein.« Lily lächelte wieder matt und James zuckte mit den Schultern.
»Einen Versuch war’s wert.« Sie verdrehte die Augen und James dachte, dass es vielleicht doch keine so schlechte Idee war, dass sie zum Unterricht ging. Als sie die Große Halle verlassen wollten, stellte sich Sirius ihnen in den Weg.
»Ach, hast du plötzlich keine Freunde mehr, oder was?«, fauchte er James an.
»Reg dich ab, Pad.« James versuchte sich mit Lily an ihm vorbei zu drängen, doch Sirius hielt ihn am Arm fest.
»Nein, ich reg mich nicht ab! Und die anderen auch nicht! Diese Geheimniskrämerei ist echt zum Kotzen!«
»Siehst du?«, seufzte James und wandte sich an Lily. »Ich sagte doch, die belagern mich! Gleich holt er die Daumenschrauben raus. «
»Sag doch einfach, was los ist!« Sirius schüttelte James an der Schulter. Hinter ihm tauchten Remus, Peter, Emily und Miriam auf. Sie beobachteten die Szene und auch noch ein paar andere Schüler blieben neugierig stehen.
»Das geht dich nichts an, Pad.«, meinte James kühl.
»Wenn du zwei Tage den Unterricht schwänzt und dich mit Evans verbarrikadierst, dann geht das deine Freunde sehr wohl etwas an, glaube ich!«
James schüttelte Sirius Hand ab. »Und ich glaube, du bist…«
»Meine Eltern sind tot.«
Sirius’ Kopf fuhr herum und auch einige andere Schüler starrten Lily mit offenen Mündern an. Ihre Stimme war nicht laut gewesen, aber laut genug. Ein Raunen ging durch die Schülerschaft, Emilys Augen füllten sich mit Tränen, Miriam schlug die Hände vor den Mund.
»Oh.«, machte Sirius, blinzelte perplex und sah Lily nach, als sie losstapfte. Mit gesenktem Kopf huschte sie an Remus vorbei und die Treppe hoch.
»Ja! Oh!«, fauchte James. »Wirklich ganz toll Pad!« Er riss sich von Sirius los und rannte Lily hinterher. Er hatte sie bald eingeholt und verfluchte seinen besten Freund leise, während er neben Lily durch die Korridore lief.
»Früher oder später hätten sie es sowieso erfahren.«, brummte Lily. Sie waren die ersten vor dem Verwandlungsklassenzimmer und lehnten sich gegen die Steinwände.
»Ja, aber sie hätten deine Privatsphäre auch einfach akzeptieren können. Und meine auch.«
»Vielleicht hatte er Angst, ich würde ihm seinen besten Freund klauen?«
James lachte auf. »Klauen? Steht auf meiner Stirn irgendwo: Eigentum von Sirius Black, Benutzung nur nach Vereinbarung?« Er strich sich das Haar aus der Stirn und sah Lily fragend an.
Sie schmunzelte wieder leicht. »Vielleicht steht es irgendwo anders?«
James hob eine Augenbraue. »Willst du meinen Körper einer genauen Untersuchung unterziehen? Darfst du gerne machen.«
Diese billige Anmache brachte Lily sogar dazu, kurz lächelnd den Kopf zu schütteln. »Du Spinner!«
»Hey, das war deine Idee!«, wehrte sich James, erleichtert darüber, dass wieder ein bisschen etwas von der alten Lily zum Vorschein kam.
Die Ravenclaws, mit denen sie Unterricht hatten, kamen um die Ecke und gleich dahinter schlenderten Sirius, Remus und Peter. Sie machten alle drei einen ziemlich geknickten Eindruck. Dann straffte Sirius die Schultern und ging auf Lily und James zu.
»Hey«, begann er und dann schien ihm für einen Moment der Text aus zu gehen. »Ähm… Also… Tut mir echt leid, Evans. Also… Du weißt schon.«
»Danke.«, meinte Lily matt. Sirius nickte kurz und suchte dann James’ Blick. Die beiden Freunde schlossen stumm Frieden und Sirius verzog sich wieder. Ihm schien die gedrückte Stimmung nicht zu gefallen. Remus war der Nächste, der Lily sein Beileid aussprach. Er umarmte sie sogar und sie ließ es einfach geschehen.
»Wenn du irgendwas brauchst, sag Bescheid.«, bot er ihr dann noch an. In dem Moment öffnete Professor McGonagall das Klassenzimmer und Lily flüchtete hinein, bevor noch jemand sie bedrängen konnte. Sie setzte sich auf ihren gewohnten Platz drei Reihen vor James. Neben ihr saßen normalerweise Miriam und Emily, doch die beiden Mädchen waren nach der schockierenden Nachricht erstmal in den Krankenflügel gegangen, erklärte Remus James.
Professor McGonagall begann mit dem Unterricht und James beobachtete immer wieder, wie Lily geistesabwesend in die Gegend starrte, statt ihre Maus in eine Spieluhr zu verwandeln. Kurzentschlossen riss James ein Stück von seinem Pergament ab, knüllte es zusammen und warf es Lily gezielt an den Kopf, als seine Lehrerin gerade nicht hinsah.
Lily schien es gar nicht zu merken.
James baute sich ein neues Wurfgeschoss, traf sie diesmal an der Schulter.
»Was soll das?«, zischte Sirius und sah seinen Freund unverständlich an.
»Sie ist hier, um nicht an ihre Eltern zu denken.«, antwortete James, sah kurz nach Professor McGonagall und warf Lily dann noch eine Papierkugel an den Kopf.
Jetzt wandte sie sich um und suchte nach dem Missetäter. Ihr Blick wanderte sofort zu James und er winkte ihr frech. Sie warf ihm einen zornigen Blick zu, drehte sich wieder um. James grinste, sein Plan funktionierte.
Auch in Alte Runen beschoss er Lily, sobald er merkte, dass ihre Gedanken nicht beim Unterricht waren. Ein paar Mal traf er auch Alice, die neben ihr saß. Beide warfen James immer wieder wütende Blicke zu. Auf Lilys Tisch stapelten sich inzwischen die Papierknüllchen und irgendwann hatte Alice die Schnauze voll und warf alle zurück.
»Warum tust du das?«, stellte Lily ihn nach dem Unterricht zu Rede.
»Weil ich dich lieber wütend sehe, statt traurig.«, meinte James nur grinsend und schnippte ihr ein winziges Pergamentkügelchen ins Gesicht.
»Idiot!«, zischte Lily und rauschte davon.
In Pflege magischer Geschöpfe ignorierte Lily James wieder, doch es war ihm egal. Er wusste, wenn sie wütend auf ihn war, dachte sie nicht an den Flugzeugabsturz. Es war nicht gut, wenn man in Trauer versank, das wusste James aus eigener Erfahrung, und Lily war drauf und dran, genau das zu tun.
Sie erschien nicht zum Mittagessen. James saß bei seinen Freunden und ignorierte jeden, der ihn fragte, ob die Sache mit Lily wirklich wahr sei. Miriam und Emily waren inzwischen aus dem Krankenflügel zurück. Emily hatte noch immer Tränen in den Augen und Miriam stocherte lustlos in ihrem Essen herum.
»Vielleicht solltest du zu Lily gehen.«, meine Remus irgendwann leise zu James.
»Das erledige ich!«, meinte Miriam sofort und stand auf.
»Nein!« James sprang auf. »Du kennst unser Passwort nicht. Vielleicht schläft sie, dann solltest du sie nicht wecken.« Er trank seinen Kürbissaft in einem Zug leer. »Ich gehe.«
»Potter fühlt sich wichtig!«, hörte James Miriam zischen , als er sich umdrehte und losging. Und er hörte auch Emilys »Lass es gut sein, Miri!« Er ärgerte sich kurz über das aufbrausende Mädchen, doch ihm wurde schnell bewusst, dass sie sich nur Sorgen um Lily machte, genauso wie er und die anderen auch.
Als er die Schulsprecherräume betrat, saß Lily eingehüllt in ihre Decke auf dem Sofa vor dem Kamin. Sie drehte sich nicht zu James um und er zögerte kurz, setzte sich dann doch neben sie.
»Warum warst du nicht beim Essen?«, fragte er ruhig und strich ihr die Haare aus den Augen um zu sehen, ob sie geweint hatte.
»Weil… Weil es jetzt alle wissen, oder?« Lily biss sich auf die Lippen.
»Na ja…« James zuckte mit den Schultern. »Es hat sich herumgesprochen, aber… Das war doch irgendwie klar, oder? Dass sie es irgendwann erfahren, meine ich.« Vor allem, nachdem du es so offen heraus posaunt hast, fügte James in Gedanken hinzu.
»Und sie stehen Schlange, um einen Blick auf das elende Mädchen zu werfen, um ihr scheinheilig ihr Beileid auszudrücken. Ich kann ihre mitleidigen Blicke nicht mehr ertragen.« Lily seufzte und legte den Kopf in den Nacken.
James schwieg. Es war wohl doch keine so gute Idee gewesen, Lily wieder am Schulleben teilnehmen zu lassen.
»Ich vermisse sie jetzt schon.«, flüsterte sie. Eine Träne tropfte aus ihren Wimpern. James wischte sie ihr vorsichtig mit dem Daumen von der Wange.
»Als ich zehn war starben meine Großeltern.«, sagte er und Lilys Augen sahen ihn plötzlich an. »Ich vermisse sie auch oft. Vor allem meinen Großvater. Er hat mich immer heimlich auf seinem Besen fliegen lassen. Wenn meine Granny das gewusst hätte, wäre sie… Sie wäre wohl vor Angst gestorben.« James seufzte über seine unpassende Wortwahl.
»Kann man vor Angst sterben?«, fragte Lily leise.
»Ich glaube schon… Man kann eine durch Angst ausgelöste Herzattacke haben, habe ich zumindest mal irgendwo gehört.«
»Kann man auch von Traurigkeit sterben?«
James strich Lily ohne wirklich nachzudenken über ihr Haar und ließ seine Hand an ihrem Hals liegen. »Du nicht. Du bist stark.«
Lily lachte heiser auf. »Ich kann es nicht mal ertragen, beim Mittagessen angestarrt zu werden.«
»Du könntest es, wenn du müsstest.«, erwiderte James leichthin. »Wahre Stärke ist was anderes.«
»Was denn?«
James atmete tief durch und fuhr sich durchs Haar. »Tja… Also das ist nicht dieses: Ich-muss-da-jetzt-durch,-weil-mir-keine-andere-Wahl-bleibt. Und man muss nicht stark tun, um stark zu sein. Viel eher ist es… Kein ›Ertragen‹ des Problems sondern ein ›Überwinden‹, verstehst du? Wenn man an seiner Freude, Liebe und Vision festhält und man sie sich auch angesichts der größten Bedrohung nicht nehmen lässt. Du darfst traurig sein. Du darfst sogar verzweifeln. Aber du darfst deinen Glauben an dich selbst nicht hinschmeißen.« James grinste. »Und das wirst du nicht. Weil du dann schon ziemlich durchdrehen müsstest, und bevor das passiert, hol ich dich aus deinem Tief heraus.«
Lily schmunzelte leicht. »Das war ja richtig poetisch, James Potter.«
»Jaah… Ich habe verborgene Talente.« Er grinste schief und das leichte Lächeln auf Lilys Gesicht wurde breiter.
»Und… man muss nicht stark tun, um stark zu sein?«
»Nein.«
»Warum tust du es dann?« Lily sah ihm aufmerksam in die Augen. »Warum tust du so… arrogant? …Überlegen?«
»Ich sagte, man muss es nicht tun. Aber man kann.« James’ schiefes Grinsen wurde schelmisch und Lily klopfte ihm leicht gegen die Wange.
»Bleib ernst, James. Zeig mir, dass du eine ernsthafte Konversation führen kannst.«
»Warum? Gehst du dann mit mir aus?«
Lily seufzte. »Scheinbar kannst du kein ordentliches Gespräch führen.« Sie mummte sich noch mehr in ihre Decke und sah wieder dem prasselnden Kaminfeuer zu. James schwieg lange und betrachtete ihr Profil.
»Ich bin nicht stark.«, sagte er dann und schloss die Augen.
»Bist du nicht?«
»Nein.« James öffnete die Augen und sah in Lilys. Neugierig betrachtete sie ihn und er merkte, dass sie in seinen Augen suchte, nach einem verräterischen, spöttischen Funkeln oder einem anderen Zeichen, das eine Gefühlsregung erahnen ließ. Aber seine Augen blickten sie ernst und zugleich weich an.
»Ich habe nichts, was ich beschützen könnte. Ich würde niemals aufgeben. Oder zulassen, dass den Menschen, die ich liebe, irgendetwas zustößt. Vielleicht könnte ich sie sogar beschützten, aber sie brauchen meinen Schutz gar nicht. Ich würde sie nur versuchen zu beschützen, weil ich mich selbst schützen wöllte. Wenn meine Eltern gestorben wären… Ich wäre durchgedreht. Vom Astronomieturm gesprungen oder so. Weil ich mit diesem Schmerz nicht leben könnte. Und jemanden oder etwas zu verteidigen, nur um selbst nicht kaputt zu gehen… Das ist nicht stark. Eher erbärmlich.«
Lily schluckte. Für einen Moment überlegte sie, ob das seine neue Masche war, um sie rumzukriegen: Das sentimentale, fürsorgliche und bemitleidenswerte kleine Kerlchen. Doch seine Augen waren so offen und ehrlich, dass ihr war klar wurde, dass das, was James zu ihr gesagt hatte, noch kein anderer zu Ohren bekommen hatte. Und dass doch mehr hinter James’ aufgeblasenen Getue steckte, als nur heiße Luft.
»Aber du hast doch den Tod deiner Großeltern überwunden. Du hast den Schmerz überwunden.«, meinte sie und James grinste. Ein ungewohntes, trauriges Grinsen.
»Weil ich es musste. Weil ich ›stark‹ sein musste. Meine Eltern sind Auroren, sie können sich ein jammerndes, ängstliches Kind zu Hause nicht leisten.«
Tröstend legte Lily ihm die Hand an die Wange und James schüttelte lachend den Kopf. »Eigentlich bin ich hier um dich zu trösten und wieder aufzubauen.«
»Um mich aus meinem ›Tief‹ herauszuholen.«, wiederholte Lily. »Wie willst du das denn schaffen?«
»Mal sehen.« James fuhr sich nachdenklich über das Kinn. »Stehst du auf… Schokokuchen?«
Lily lachte auf. »Das ist alles?«
James stimmte in ihr Lachen ein. »Wenn es funktioniert?«

James führte sie durch eine Tür, durch die sie noch nie gegangen war. Über eine steinerne Treppenflucht gelangte man in einen breiten Korridor, dessen Wände farbenfrohe Gemälde schmückten. James ging zielstrebig auf ein Bild mit einer silbernen Obstschale zu und streckte die Hand danach aus.
»Wo sind wir?«
»Wirst du gleich sehen.« Mit dem Zeigefinger kitzelte er die grüne Birne, die zu kichern begann und sich dann plötzlich in einen großen, grünen Türgriff verwandelte. James öffnete die Tür und zog Lily hinein.
Überrascht sah sie sich um. Sie war in einer Küche, in der sich meterhoch Pfannen und Töpfe stapelten. Ein großer, mit Ziegelsteinen eingefasster Herd war am Ende des großen Raumes, Messingpfannen hingen an den steinernen Wänden und überall wuselte es geschäftig.
Doch das Treiben endete, als James laut: »Hallo!« sagte. Lily hatte noch nie einen Hauselfen gesehen, doch sie wusste, dass sie für das Kochen im Schloss zuständig waren und zog ihre Schlüsse daraus. Sie alle trugen Schürzen mit einem eingestickten Hogwartswappen und hielten in ihrer Arbeit inne, um die Besucher zu begrüßen.
»Mr Potter, Sir!« Eine Hauselfe kam auf James zu und machte einen Knicks. »Womit können wir Ihnen dienen, Sir? Möchten sie eine Pastete, Sir? Oder Quarktaschen?«
»Wollen Sie einen Tee, Sir? Sie, Miss?«, fragte ein anderer Hauself und verbeugte sich vor den beiden Gryffindors.
»Ein Schokokuchen wäre sehr freundlich.«, meinte James und drehte sich zu Lily um. »Willst du einen Tee dazu?«
»Ähm… Ja, gerne.«
Mit einem Mal kamen gleich zehn Hauselfen auf sie zu, trugen Teekannen und Tassen auf einem Silbertablett zu ihnen heran. Einer ließ zwei Stühle aus einer Ecke herbei schweben und James setzte sich.
»Der Schokokuchen kommt sofort, Sir!«, meinte die Elfe und knickste noch einmal. Dann machte sie sich an die Arbeit, so schnell, dass Lily ihr mit den Augen kaum folgen konnte. Die Tabletts mit dem Tee schwebten vor ihnen und James griff nach einer Kanne.
»Und ich dachte immer, es wäre schwer Essen aus der Küche zu klauen.«, murmelte Lily und hielt James ihre Tasse hin.
»Wenn man den Eingang kennt ist es nicht mehr schwer.«, erwiderte James und goss ihr Tee ein.
»Möchten Sie Zucker, Sir? Miss?« Ein Hauself hielt ihnen eine Zuckerdose hin.
»Sehr freundlich. Danke.« Lily schenkte ihm ein Lächeln und der Hauself errötete. Schnell machte er sich wieder an die Arbeit. James schmunzelte. Der Ausflug in die Küche schien Lily zu gefallen und er nahm sich vor, sie öfter hier runter zu nehmen.
»Darf ich das als Date werten?«, fragte James sie, nachdem ein Elf ihnen den gewünschten Kuchen gebracht hatte. »Immerhin essen wir zusammen. Können wir ein wenig Kerzenlicht haben?«
»Selbst verständlich, Sir!« Ein Hauself schnippste mit den Fingern und sofort schwebten um sie herum weiße Kerzen, deren Flammen fröhlich zuckten.
»Idiot.«, meinte Lily. »Natürlich nicht.« Aber James blieb ihr Lächeln nicht verborgen.

Nach ihrem kleinen Ausflug fühlte Lily sich tatsächlich besser, doch sie war immer noch blass und ihre Augen leuchteten nicht so wie früher. James hoffte, dass sich dieses Funkeln nicht verloren hatte. »Wollen wir in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors?«, fragte er, als sie die Treppen hinaufstiegen.
»Nein.« Lily senkte den Blick und schien plötzlich wieder befangen.
»Gut.«, meinte er leichthin und sie bogen nach rechts zu ihrer Ritterrüstung ab. Tatsächlich machte James Lilys Verschlossenheit zu schaffen. Sie wollte nicht einmal ihre Freundinnen sehen! Das war kein gutes Zeichen. Er dachte daran, was Lily gesagt hatte, dass ihr das Geglotze der Schülerschaft unangenehm war.
Sie braucht Ruhe, dachte er. Die anderen bedrängen sie zu sehr! Aber sie waren in einem Schloss gefangen, mit tausend anderen Schülern.
Da kam ihm eine Idee.
»Ähm… Ich muss nochmal kurz zu Dumbledore.«, sagte er, als sie vor der Rüstung angekommen waren.
»Warum? Krötenschleim.« Die Rüstung machte zwei Schritte zur Seite und die Steine begannen sich zu bewegen.
»Weil… Die Zeitungen, nach denen du gefragt hast…«, sagte er und war stolz, dass er nicht einmal richtig log. Lily nickte und verschwand in den Schulsprecherräumen.
»Pfefferminzstange.«, sagte James, als er vor dem goldenen Wasserspeier stand und langsam setzte er sich in Bewegung. James hetzte die Treppen hinauf, atmete noch einmal tief durch und klopfte dann an.
»Ja, bitte?«, drang Dumbledores Stimme von drinnen und die Tür öffnete sich von selbst. »Mr Potter?« Dumbledore rückte seine Halbmondbrille zurecht. »Geht es Miss Evans schlechter?«
»Nein… Glaube ich. Also…« James trat zögernd näher. »Sie isst zumindest wieder.«
»Gut.« Professor Dumbledore erhob sich und kam um seinen Schreibtisch herum zu James. »Sind Sie hier wegen den Zeitungen?« Er griff nach einem Papierstapel auf seinem Schreibtisch.
»Auch.« James nahm die Zeitungen entgegen und warf einen kurzen Blick auf den Namen der Zeitung. Die New York Times.
»Wie kann ich Ihnen sonst noch helfen?« Aufmerksam sah der Schulleiter James in die Augen.
»Ich… Also, ich glaube, die Schule ist nicht der richtige Ort für Lily. Nicht jetzt. Sie leidet unter den Fragen der anderen.«, begann James, um Dumbledore sein Vorhaben schmackhaft zu machen.
Sein Schulleiter nickte und wartete darauf, dass James weitersprach. Er holte tief Luft und sagte: »Vielleicht… Meine Mutter ist von einem Auftrag zurück. Lily könnte ein paar Tage bei uns verbringen, bis der größte Schmerz überwunden ist.«
»Und Ihre Mutter hätte kein Problem damit?«, fragte Dumbledore sofort. James hatte eigentlich damit gerechnet, dass er ihm sagen würde, dass das nicht möglich sei, mitten im Schuljahr zu verschwinden. Ein kurzes Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, sein Schulleiter überraschte ihn immer wieder.
»Nein, Sir, das glaube ich nicht.«
»Gut. Dennoch werde ich kurz mit Ihrer Mutter reden, James. Danach können Sie zu Miss Evans und ihre Koffer packen. Warten Sie, es wird gewiss nicht lange dauern.« Professor Dumbledore zeigte auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch und ging dann auf seinen großen Kamin zu. Er nahm sich aus einer Schale auf dem Kaminsims eine Hand voll Flohpulver und trat in den Kamin. »Potteranwesen.«, sagte er und verschwand.
James grinste und setzte sich. Er war sich sicher, dass seine Mutter Lily mit offenen Armen aufnehmen würde. Während er wartete, schlug er die Zeitungen auf. Besonders die amerikanischen berichteten ausführlich über den Flugunfall. In der L.A. Post waren Bilder von den Gebäuden zu sehen, die die Wrackteile zerstört hatten. Kerzen und Blumensträuße gedachten den Opfern. James begann die Artikel zu lesen.

25. September 1977 – Über San Diego stieß eine Boeing 727 der Pacific Southwest Airlines mit einem Sportflugzeug vom Typ Cessna-172 zusammen. 151 Menschen starben in den Flugzeugen und 10 am Boden durch Zerstörungen der Wrackteile. Es ist eines der schwersten Unglücke in den USA. Wie der Zusammenstoß geschehen konnte, ist noch unklar, vermutet wird ein Navigationsfehler des Sportflugzeugs.

»Mr Potter?« James fuhr hoch, er hatte gar nicht mitbekommen, dass Dumbledore zurückgekommen war. »Ihre Mutter erwartet Sie und Miss Evans noch heute zum Abendessen.« Er zwinkerte James zu.
»Mich auch?« Begeistert sprang James auf. »Danke, Professor!«
»Nur wenn Sie mir versprechen, sich gut um Miss Evans zu kümmern. Ich habe Ihrer Mutter gesagt, sie soll dafür sorgen, dass Sie Miss Evans mit etwas anderem ablenken als mit Papierfliegern.«
»Papierkugeln, Sir.«

»Pack deine Koffer, Lily!«, posaunte James in dem Gemeinschaftsraum und schlug mit der flachen Hand an Lilys Zimmertür. Die Zeitungen brachte er in sein Zimmer und steckte sie in den Koffer. Er hielt es für besser, sie Lily erst nachher zu geben.
»Warum?« Lily stand in seinem Türrahmen und wischte sich über das Gesicht. James sah ihr trotzdem sofort an, dass sie geweint hatte.
»Wir gehen zu meinen Eltern.«, freute sich James und zog einen Stapel Klamotten aus seinem Schrank. »Toll oder? Dumbledore ist einfach super.«
»Zu deinen Eltern?« Lily fuhr sich fahrig ihre Haare aus dem Gesicht. »Aber wieso das?«
»Weil du… ich glaube, so ein kleiner Ausflug würde dir gut tun.«
Lily runzelte die Stirn. »Aber das ist unser UTZ Jahr!«
»Ja, und es hat gerade mal angefangen! Wir schaffen das schon. Bis zum Ende des Schuljahrs haben wir den Stoff schon nachgeholt. Wir können ja Remus bitten, dass er uns seine Aufschreibe zukommen lässt oder so.« James nahm Lilys Hände in seine. »Das wird bestimmt lustig, Lily. Und du kannst gar nicht mehr nein sagen, meine Mutter erwartet uns schon zum Abendessen.«
»Ich habe gerade einen halben Schokokuchen verspeist, wie könnte ich…«
»Keine Widerrede!« James grinste schief. »Du hast über die Ferien abgenommen. Haben die dir in Frankreich nichts zu Essen gegeben?«
»Doch.« Lily errötete. »Lucien meinte, mit zwei, drei Kilo weniger wäre ich perfekt.«
James schüttelte fassungslos den Kopf. »Da fragt man sich, wer von euch der größere Idiot ist: Er, weil er nicht sieht, dass du auch so schon absolut perfekt bist, oder du, weil du auch noch machst, was er dir sagt.«
»Na ja.« Lily sah betreten zu Boden. »In Frankreich scheint das gerade Mode zu sein…«
James stöhnte genervt auf. »Der hat dir ja ganz schön den Kopf gewaschen. Vollidiot.«
»Er ist kein…«
»Ich meinte dich.«
»Oh.«

»Dumbledore hat dir genehmigt, die Schule zu schwänzen?« Sirius fiel vom Glauben ab.
»Nicht direkt. Ich soll mich um Lily kümmern.«
»Wo ist sie?« Remus sah sich im Aufenthaltsraum um.
»Packen.
»Zwischen dir und Lily«, sagte Sirius und beugte sich zu James vor, »was läuft da?«
»Dumbledore meinte, das gehöre auch zu den Aufgaben eines Schulsprechers«, log James.
»Komm schon, Prongs, du weißt, was ich meine.« Sirius grinste, sah James aber weiterhin aufmerksam in die Augen.
»Da läuft nichts. Schön wär’s ja.« James seufzte. »Jetzt sind auch noch ihre Eltern tot! Ich werde nie eine Chance bei ihr bekommen.«
»Im Gegenteil. Jetzt ist sie total durch den Wind und sehnt sich nach starken Armen, die sie an sich ziehen.« Sirius zwinkerte James zu. Remus schnappte empört nach Luft.
»James! Du darfst Lilys Zustand nicht ausnutzten!«
»Das weiß ich selber, Moony!«, knurrte James gereizt.
»Vielleicht ist es gut, wenn Lily ein paar Tage verschwindet.«, murmelte Sirius. »Hast du mitbekommen, was Wilkes über sie gesagt hat?«
»Was?«, fragte James sofort.
»Nichts Schönes.«, meinte Remus und schien es darauf beruhen lassen zu wollen, doch Peter mischte sich nun in das Gespräch ein.
»Er meinte, dass es Lily ganz recht geschehe, dass ihre Eltern jetzt tot sind, schließlich habe sie Magie von anderen Zauberern geklaut!«
»Das ist doch Unsinn!«, rief James ein wenig zu laut. Einige Gryffindors drehten sich zu ihnen um und Sirius senkte die Stimme.
»Es kommt noch besser: Er meinte, dass es doch schrecklich schade sei, dass Lily nicht auch in dem Flieger gesessen habe. Lily habe wegen ihrer Abstammung nicht das Recht, zu leben.«
»Dieser Mistkerl. « James ballte die Hände zu Fäusten, er spürte die Wut in seinem Bauch wachsen, doch dann fiel ihm etwas ein. »Woher weiß er von dem Flugzeugabsturtz?«
»Wir alle wissen es.« Remus seufzte. »Miriam hat Hagrid ins Kreuzverhör genommen.«
»Irgendwann wäre es sowieso raus gekommen.«, nahm Sirius den Wildhüter in Schutz.
»Tut mir den Gefallen und denkt euch irgendwas richtig Fieses für Wilkes aus.«, murrte James. »Ich bin ja leider nicht da, um Lily zu rächen.«
»Schon passiert.« Sirius grinste diabolisch. »Wir haben ihm ein paar von Professor Murrings pergamentfressenden Kakerlakenlarven in die Schultasche gesteckt. Alle seine Schulbücher sehen jetzt aus wie Schweizer Käse.«


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