Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ăśber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Mit dem Auge sehen - Kapitel 11

von Assur-bani-apli

Erschrocken starrte Hermione den vor ihr stehenden Mann an. Das schiefe Grinsen war ihm noch immer ins Gesicht gebrannt und ließ es maskenhaft erscheinen. Zu glatt, um menschliche Regungen zu offenbaren, zu makellos, um wirklich rein zu sein. Seine kleinen, nach innen gerichteten gelblich blitzenden Zähne wirkten wie die Auswüchse eines tief in seinem Inneren lauernden Giftzahnes.

„Nagini“, wirbelte es ihr durch den Kopf und sie ahnte, wie sich diese Schlange blitzschnell auf ihr Opfer stürzte, es packte, zerfleischte, wie sie mordlüstern den bald verrenkten, bald zerfetzten Leichnam durch die Luft schleuderte.

Ja, dieser Mann erinnerte sie an diese Schlange, die sich sacht, beinahe zärtlich um ihre Opfer wand, nur um dann ... Sie stockte. War Harry deswegen zusammengezuckt, weil sich dieser Mann augenblicklich in seinen Geist verbissen hatte, um ihn nun mit seinem Gift zu lähmen? Sie musste Harry jetzt sofort fragen. Was war geschehen? Warum wirkte er so apathisch, warum tat er nichts? Warum tat keiner etwas gegen diesen Mann, der da auf der Bühne stand und vorgab, dass seine Kunst mit der Liebe vergleichbar sei? Warum blieben sie alle wie gebannt sitzen und verfolgten sein Treiben, so als befänden sie sich in Trance, gleichwohl es doch offensichtlich war, dass Harry gelitten hatte? Erkannten sie nicht, wer vor ihrer aller Augen getreten war? Und Snape? Welche Rolle spielte er wirklich? War auch er von diesem Giftzahn infiziert worden? Oder spielte er nur? War er tatsächlich gestolpert, oder hatte er es vorgegeben? Er war fürwahr ein guter Schauspieler, - ein sehr guter. Aber hatte er sich nicht verraten, als er meinte, es werde gleich lustig? Woher hätte er das wissen wollen, wenn nicht ... Aber widersprach das nicht allem? War Malfoy nicht gerade sein Patensohn, den er vor jeglicher Spöttelei zu schützen hatte? Selbst jetzt, da sein Vater in Ungnade beim dunklen Lord gefallen war? Warum dann also das: ‚Gleich wird’s amüsant’, als Müller-Wohlfahrt Malfoy aufgerufen hatte? Alles Taktik, um vom eigentlichen Spiel abzulenken? Oder gab’s gar kein Spiel? Bildete sie sich alles nur ein? Sie erinnerte sich an eine Theateraufführung, die sie in den letzten Sommerferien in Berlin gesehen hatte. Plötzlich war ein Schauspieler mitten in einem Dialog an den Bühnenrand getreten, hatte ernst ins Publikum geblickt und gemeint: „So, Sie können nach Hause gehen.“

Dann hatte er sich wieder umgewandt, seinen Kollegen zugenickt, die die BĂĽhne hierauf verlassen hatten. Das Publikum aber war sitzen geblieben, hatte gespannt den Atem angehalten. Was wĂĽrde jetzt geschehen? Es war ein Brecht-StĂĽck gewesen. Die Ansprache ans Publikum, - ganz in Brechts Sinne, vielleicht etwas modern interpretiert, aber ... Wollte er nicht die Barriere zwischen Zuschauer und den Spielern ĂĽberwinden, indem er das Publikum unmittelbar ansprach?

„Nein, Sie können jetzt wirklich gehen. Das Stück muss an dieser Stelle abgebrochen werden.“

Nichts! Alle hatten diesen Schauspieler nur angestarrt und eine Pointe, dieser, wie sie fanden innovativen Inszenierung gerecht wurde.

„Wenn ich’s Ihnen doch sage. Die Drehbühne ist kaputt und ohne diese lässt sich selbst der beste Brecht nicht inszenieren.“

Hermione spürte, wie sich die Gedanken in ihrem Kopf zu einem unentwirrbaren Knäuel zusammenklumpten. Was sollte sie glauben, denken, fühlen? Sie wusste sich keinen Ausweg, spürte nur, wie sie immer und immer wieder gegen eine harte Mauer rannte. Sollte sie jetzt sofort aufspringen und ihre Befürchtungen kundtun? Sollte sie? Ihr Herz begann zu rasen, als sie in die rehbraunen Augen ihres Gegenübers blickte. Rehbraun und tiefleuchtend. Sie wirkten so ehrlich, so jungenhaft, beinahe liebevoll, - müde? Und doch meinte sie ein leichtes Flackern zu bemerken. War’s den unsteten Kerzenlichtern geschuldet oder ... oder ... Ihr stockte der Atem. Ein eisiger Wind schlug ihr herb ins Gesicht, ließ sie zittern. Oder richtete sich vor Aller Augen gerade eine Kreatur auf, die hier in ihrer Mitte wieder die Weltherrschaft an sich reißen wollte? Hier, in Hogwarts – welch’ Ironie des Schicksals! War doch Lord Voldemorts Macht gerade hier in diesen altehrwürdigen Mauern herangezüchtet worden. Stellte das Schloss nicht das Zentrum der gesamten magischen Welt dar? Hätte er diese Schule mit all ihren Geheimnisse erst in der Hand, dann ... Wieder war’s Hermione so, als träfe sie ein eisig beißender Wind aus einer anderen Welt, - einer Welt, die sich tief unter ihren Füßen befand und in der Harry in seinem zweiten Schuljahr den Basilisken ermordet hatte. Was, wenn sich dort wieder etwas regte, das ihr diese Halluzinationen von heute Nachmittag beschert hatte? Wer sagte, dass das Grauen im Inneren dieser Kammer tatsächlich mit Stumpf und Stiel ausgerottet war? Vielleicht reifte all die Jahre dort unten wieder etwas heran, - unbemerkt, im Rücken jener, die einfach nur leben und vergessen wollten. Was, wenn es gerade dieses, alles ausblendenden Lebenstriebes geschuldet war, dass das Siegel an der Kammer gerade jetzt erbrochen wurde, damit der todbringende Geist Salazar Slytherins wieder durchs Schloss streichen konnte? Was, wenn die Kammer das Schlupfloch, den Einlass für Lord Voldemort darstellte und die Machtübernahme bereits in vollem Gange war, ohne, dass es einer der Lebenslustigen bemerkt hätte? Und nun trat der mächtigste Magier aller Zeiten ins Licht, inszenierte sich in Gestalt dieses Mediziners aus München selbst und zählte die Minuten, bis es die ersten begriffen, dass das Schloss von seiner Wurzel aufwärts bereits verseucht und daher verloren war. Wie sehr würde er den Augenblick genießen, da sich den Kehlen seiner Zuschauer ein einziger Entsetzensschrei entringen würde, ehe er aus diesem Schloss ein Schlachthaus machte. Und dafür bedurfte’s – Hermione war sich sicher – nur eines kleinen Fingerschnipsens. Bemüht, keinen Laut von sich zu geben, presste sie die Zähne fest aufeinander.

„Miss Granger?“

Wieder war’s diese leise, eindringliche Stimme, die sie gefangen nahm und gleichzeitig zusammenzucken ließ. Sie drang so sanft, zu sanft in ihr Bewusstsein, um von ehrlich gemeinter Aufrichtigkeit zu zeugen. Leblose Sanftheit. Tote Freundlichkeit. Ein abgründiger Blick, der sie die Untiefen dieser anderen Welt schauen ließ. Und auch die angedeutete Verbeugung, das Kopfnicken verbargen das Grauen, das hinter dieser jungenhaften Maske lauerte, nur sehr schlecht. Warum erkannte ihn niemand als den, der er wirklich war? Und selbst Dumbledore ... selbst er ... zog sich hinter einem pfiffig kessen Lächeln zurück, das den Anschein erweckte, er habe alles im Griff. Und doch war der mächtigste weiße Zauberer mit Blindheit geschlagen, gerade so, als wirke das Gift dieser im Inneren der Kammer des Schreckens herangereiften Kreatur bereits in seinem Geiste.

Bemüht, endlich etwas zu sagen, ihn zu enttarnen, öffnete sie den Mund, konnte jedoch nur den Kopf schütteln, als sie neuerlich ein beinahe melodisches Glucksen vernahm.

Woher kam’s?

Sie wusste es nicht. Alles schwirrte durcheinander, mischte sich mit anderen Geräuschen.

„Granger, Sie halten den Verkehr auf“, drang’s laut und spöttisch an ihr Ohr.

Verächtliches Gelächter hob aus der Slytherin-Ecke an. Ihr stockte der Atem. Schon wollte sie sich umdrehen, doch die Gefahr, nochmals 20 Punkte für ihr Haus zu verlieren, ließ sie zu Stein erstarren. Röte schoss ihr ins Gesicht. Sie senkte den Blick, holte tief Luft. Sie musste handeln, um sich nicht selbst lächerlich zu machen oder gar als Feigling zu gelten. Sie war eine Gryffindor! Und dieser Name verpflichtete!

„Miss Granger, stimmt etwas nicht?“

Sie umklammerte ihren Sitz, spürte, wie sich ihre Fingernägel in das lackierte Holz fraßen, als sie dem noch immer vor ihr stehenden Mann einen hektischen Blick zuwarf. Sie schluckte, schüttelte mühsam den Kopf, versuchte nach Rons Hand zu tasten, doch dieser schien wie vom Erdboden verschluckt. In diesem Augenblick gab’s nur Müller-Wohlfahrt und sie.

„Dann darf ich Sie bitten?“

Die Stimme, bar jeglicher Bewegtheit, wirkte seltsam lockend, ja verfĂĽhrerisch, schlangengleich. Er hob seine linke Hand, reichte sie ihr. Ehe sie es sich versah, stand sie vor ihm auf der BĂĽhne.

„Nun, Miss Granger“, lächelte er und legte seine Hand auf ihre Schulter.

Der leichte Druck ließ sie innerlich zusammenzucken und ihr Herz toben. Er betrachtete sie aufmerksam. Ein undefinierbares Lächeln umspielte seine Lippen.

„Entspannen Sie sich, Ihnen geschieht nichts.“

Langsam kam er ihr näher, schlich förmlich heran. Und sein braunpulsierender Blick drang tief in sie.

„Entspannen Sie sich ...“

Seine Stimme, kaum mehr als ein Flüstern, klopfte wiederum sacht, beinahe zärtlich an die Tür ihres Bewusstseins. Wollte sie sich eben noch gegen das Kommende stellen und stemmen, so spürte sie nun, wie sie ruhiger wurde, gleichmäßig zu atmen begann. Ihr schien’s so, als beginne sie zu schweben.

„Jetzt, - oder nie!“, schoss es ihr durch den Kopf und sie riss sich wie ein junges Pferd von der Fessel los.

„Professor Dumbledore ... dieser Mann“, keuchte sie und deutete auf Müller-Wohlfahrt.

„Ja, mein Kind?“, ließ sich der Angesprochene schmunzelnd vernehmen und rückte seine uralte Halbmondbrille zurecht.

Sie holte tief Luft, erahnte, dass plötzlich aller Augen auf sie gerichtet waren. Wo waren Harry und Ron? Die Welt um sie her verschwamm in einem Meer aus Geräuschen und Farben. Getuschel und Gelächter drangen an ihr Ohr. Alles wirbelte durcheinander, verursachte in ihr ein Übelkeitsgefühl, doch sie musste einen klaren Kopf bewahren. Sie musste! Sie war eine Gryffindor und die einzig Sehende!

„Dieser Mann ist Lord Voldemort“, stieß sie hervor.

Die plötzlich eintretende Stille schlug ihr wie eine Welle aus Angst, ja Panik entgegen. Sie meinte grotesk und fratzenhaft verzehrte Gesichter zu sehen. Niemand rührte sich, alle starrten sie an. Sie ließ ihre Hand auf ihre Brust gleiten.

„Professor“, drang’s da an ihr Ohr.

Ihr Blick taumelte zu Harry. Er war aufgestanden, neigte sich Dumbledore entgegen.

„Professor, das vermute ich auch.“

Seine Stimme klang hohl, matt, zitterte leicht und schien die stumme Panik der Umsitzenden förmlich anzustacheln. Es war beinahe so, als bestünde der gesamte Raum einzig aus diesem, den menschlichen Verstand geißelnden Gefühl.

Dumbledore hatte indes die Hände im Schoß gefaltet. Ein verträumtes Lächeln umspielte seine Lippen, so als säße er auf einer wunderschönen Blumenwiese und nicht hier in der großen Halle. Er wirkte wie ein zufriedenes, da sattes Baby. Sein Blick wirkte nach innen gerichtet. Roch er womöglich gerade an einem Veilchen, während er dem Lauf der Wolken folgte? Sekunden verstrichen, in denen sich die panikschwangere Stille wie ein dichter Teppich über die Halle legte.

„Miss Granger, Mister Potter“, begann er beschwingt und schien sich im Geiste auf dieser Wiese auszustrecken. Sein Schmunzeln wurde breiter.

„Ich sage es nochmals.“

Gleichwohl sehr geschmeidig, erhob er sich langsam, so als trenne er sich nur ungern von dieser Wiese und wandte sich an das Auditorium, hob beide Hände, holte tief Luft.

„Es besteht - das möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen - kein Grund zur Sorge. Lord Voldemort hält sich ganz sicher nicht in diesem Schloss auf. Müsste ... müsste ich“, und er gluckste, so als lache er über einen guten Witz, den ihm gerade ein alter Freund erzählt hatte.

„Müsste ich das, wenn’s denn so wäre, nicht wissen? Und würden wir dann überhaupt noch hier sitzen?“

Er warf einen Blick über seine Schulter und Hermione glaubte noch immer dieses verträumt rätselhafte Lächeln auf seinen Lippen zu erkennen. Er zwinkerte ihr verschmitzt zu und nahm wieder Platz. Röte schoss ihr ins Gesicht, sie fühlte sich unwohl. Hätte brechen können.

Auch wenn seine Worte eindeutig waren, sie ihnen Glauben schenken wollte, so konnte sie sich eines mulmigen Gefühls nicht erwehren. Obwohl sich sein Denken und Handeln von dem anderer Menschen oftmals stark unterschied, er seiner Wege ging, um Probleme zu lösen, wirkte er diesmal gerade so, als verwechsle er die Blumenwiese mit der Realität. Was also, wenn der Schulleiter diesmal tatsächlich irrte, weil seine Sicht durch das Gift bereits getrübt war? Was, wenn die Gegenseite stärker war, als sie zu sein vorgab? Und Snape? Hektisch ließ sie ihren Blick zu diesem Lehrer flattern. Er saß da, hielt den Kopf gesenkt. Das fettige schwarze Haar hing ihm wie zwei Gardinen an beiden Seiten des Schädels hinab. Die Ohren stachen daraus deutlich hervor. Hermione verzog den Mund, konnte sich des aufsteigenden Ekelgefühls nicht erwehren. Hatte sie sich am heutigen Nachmittag wirklich in seinen Armen befunden und sich von ihm küssen lassen? Von diesem ungewaschenen Mann? Dem eindeutigen Drängen ihres Magens entgegenatmend, meinte sie ein winziges spöttisch anmutendes, ja wissendes Lächeln auf seinen schmalen Lippen zu bemerken. Amüsierte er sich über die Unwissenheit derer, die Dumbledore vertrauten? Oder? Was führte er im Schilde?

„Sir, Professor“, setze Harry mit kratziger Stimme an, doch dieser gebot ihm sofort Einhalt.

„Mister Potter, ... Harry. Bitte lassen Sie uns in der Vorstellung fortfahren. Und keine Beschuldigungen, bitte. Was soll unser Gast von uns denken? Wir müssen ihm doch wie ein Irrenhaus erscheinen.“

Seine Stimme wirkte noch immer verträumt, verspielt und doch erschien sie ihr ein wenig schärfer, härter, Grenzen setzender als zuvor.

Gekicher und höhnisches Gelächter drangen an Hermiones Ohr, aber auch ein tiefes, vertrauensseliges Aufatmen. Es war so, als fülle sich der Raum wieder mit Leben. Mit jenem Leben, das mit dieser einen, alle irritierenden Vermutung so leicht ausgelöscht werden konnte.

Dumbledore nickte Müller-Wohlfahrt zu, befeuchtete sich die Lippen und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Doktor, bitte verzeihen Sie diesen kleinen Vorfall.“

„Selbstverständlich, Professor.“

Harry warf Müller-Wohlfahrt einen undefinierbaren Blick, senkte dann den Kopf. Sein grimmiges Gesicht verriet jedoch, dass er nicht aufgeben würde. Und Hermione schwor sich, dass sie an seiner Seite stünde, wenn der Kampf beginnen würde. Doch der eigentliche Kampf, - das begriff sie erst jetzt, da der Druck auf ihre Schulter plötzlich zunahm, begann jetzt. Müller-Wohlfahrt wollte in ihren Geist dringen! Was würde er mit ihr anstellen? Was war’s, weswegen Harry zusammengezuckt war? Sie hielt die Luft an, wirbelte herum und sah genau in zwei leuchtend braune Augen, die sie amüsiert betrachteten.

„Bitte konzentrieren Sie sich auf etwas, Miss Granger.“

Seidenweich umspielte diese Stimme ihr Bewusstsein und noch ehe sie sich wehren konnte, war’s ihr so, als sei sie ein Fenster, an das er sich lehnte, um durch sie in eine andere Welt blicken zu können. Sein Gesicht spiegelte sich in den Scheiben. Schemenhaft zeichneten sich seine Augen ab. Sie zuckte leicht zusammen, öffnete den Mund, zog die Stirn kraus. Ein leicht ziehender Kopfschmerz hatte sie ergriffen, als seine Augen die ihren trafen. Dieser Schmerz, - er erinnerte sie an etwas. An was nur? Er zwinkerte, schien den Schmerz ebenso zu spüren, schüttelte den Kopf, ehe ein Lächeln über seine Lippen huschte. Zärtlich berührte er die weiße Gardine, schob sie sachte zur Seite. Beinahe meinte sie, seine Berührungen auf der Wange zu spüren. Nickend hob er seinen Arm und umfasste den Riegel. Mit einem leisen Knirschen sprang das Fenster auf. Sofort strömte frische, herzhafte Luft in den Raum. Er stützte sich aufs Fensterbrett, legte seinen Kopf in den Nacken, schloss die Augen. Seine Nasenflügel blähten sich und der Wind spielte mit seinem Haar. Auch Hermione sog die würzige Luft tief in ihre Lungen, schmeckte das frische Harz beinahe auf den Lippen. Sie liebte diesen Geruch und ließ ihren Blick über das Land gleiten.

„Komm“, drang’s einem Windhauche gleich an ihr Ohr und sie ergriff die ihr dargebotene Hand.

Eine prickelnde Wärme durchströmte ihren Leib, als sie begriff, dass sie im Begriff war, mit ihm in gerade jenen Wald einzutreten, den sie in ihren Träumen immer und immer wieder gesehen hatte.

Es war unbeschreiblich. Vor ihren Augen breitete sich dieses tiefgrüne Meer aus und lud sie ein, näher zu kommen. Sie hörte Finken schlagen, Meisen zirpen. Ein Eichelhäher schlug an, ließ ein schrilles Krächzen erklingen und warnte die Tiere des Waldes. Ein Sprecht war auf Nahrungssuche. Und dort von Ferne klang’s: ‚Kuckuck’. Im Laub raschelte es. Was verbarg sich dort? Ein Igel? Eine Blindschleiche? Oder?

Sie holte tief Luft, hob den Kopf, nahm die meterhohen Bäume war, die nur einen schmalen Streifen blauen Himmels preisgaben. Leise strich der Wind durch ihre Kronen, so als wolle er sie zum Spiel auffordern. Und sie wiegten sich in ihm, wie träumende Kinder.

Sie fühlte sich frei, lächelte und fing den Blick des Anderen auf. Seine Augen leuchteten und er wies ihr den Weg. Sie schritten Seite an Seite, Hand in Hand. Sie spürte seine Nähe, seine Wärme. Mehr wollte sie nicht. Nur dieser Augenblick zählte. Dieser Augenblick, da die untergehende Sonne den Wald in ein grün-orangeleuchtendes Meer verwandelte. Sie wäre am liebsten stehengeblieben und hätte sich diesem Schauspiel ergeben, doch er führte sie weiter. Sie folgte ihm. Immer tiefer ging’s in diesen Wald hinein. Dunkler wurde es mit jedem Schritt und bald schien’s ihr so, als habe das Grün sie beide vollkommen verschluckt. Die Geräusche erstarben. Stille trat ein. Doch Angst hatte sie nicht, denn die Hand, die sie führte war warm und rauh, geradeso wie der Finger, der sie im Nacken berührt und gestreichelt hatte.

Ein Schauer lief ihr den Rücken hinab und unwillkürlich blieb sie stehen, wandte sich dem Anderen zu, zwinkerte. Wer war’s, der da neben ihr ging? Ihr Herz wusste es, doch sehen konnte sie ihn noch immer nicht. Sie biss sich auf die Unterlippe. Ihre Augen waren offen, sie erahnte seine Gestalt, die sich schemenhaft gegen den Wald abzeichnete, aber die Dunkelheit nahm ihr die Sicht. Sie schüttelte den Kopf, kämpfte mit den Tränen. Sie erkannte ihn und sah ihn doch nicht.

Und so als hätte der Fremde ihre Gefühle erraten, trat er näher heran, strich ihr über die Wange und flüstere: „Du hast wunderschöne Augen, Hermione.“

„Lass mich dich sehen“, brachte sie nur hervor, ehe sie seine weichen Lippen zart auf den ihren spürte. Es war nur der Hauch einer Berührung, der sie beide für Augenblicke einte, denn schon schnaubte ein Pferd in der Nähe und der Fremde löste sich aus dem Kuss. Sie spürte seinen tiefen Blick. Und ihre Seele öffnete sich ihm, weil sie den Anderen kannte, ihm vertraute. Nur ihre Augen, - gleichwohl offen, sahen ihn nicht. Sie spürte seinen warmen Atem auf den Wangen, roch seinen würzig herben Duft. Sie wollte ihn berühren, doch er umfasste ihre Hände, drückte sie leicht.

„Ich muss gehen, Hermione. Aber ich komme wieder.“

Mit diesen Worten wandte er sich um und nach wenigen Schritten hatte ihn die Dunkelheit verschluckt. Und diese Welt schien sich selbst aus den Angeln zu heben, ja aufzulösen.

„O, Miss Granger, wie ich sehe, lieben Sie die Natur. Wälder ziehen sie besonders an.“

Sie wirbelte herum, öffnete die Augen, zwinkerte und wurde von einem schiefen, wenn auch jungenhaften Grinsen empfangen. Sie holte Luft, ließ ihren Blick kurz durch den Raum gleiten. Kein Zweifel, sie befand sich in der großen Halle und stand Müller-Wohlfahrt gegenüber. Seine tiefbraunen Augen drangen noch immer in die ihren, so als wollten sie auf den Grund ihrer Seele blicken. Und bei Gott! Sie zuckte zusammen, wich zurück ... Er hatte ihr Inneres gesehen! Mit leicht geöffnetem Mund starrte sie ihn an, wußte nicht, was sie fühlen und denken sollte. Tränen schossen ihr in die Augen. Sie spürte nur eine unartikulierbare Scham in sich. Er kannte ihre Sehnsüchte und Wünsche und ... ja, sie fühlte sich beschmutzt, missbraucht. Mit bebenden Lippen wollte sie sich abwenden und die Bühne verlassen, als er ihr plötzlich näher kam, die Hand erhob und sie sacht an der Wange berührte. Er neigte den Kopf, lächelte und flüsterte: „Miss Granger, auch ich liebe den Wald. Und vielleicht sehen wir uns dort einmal.“

Sie zuckte zusammen und einen Lidschlag lang meinte sie, ihn zu erkennen. Ihr Herz begann zu toben, als sie die Bühne wortlos verließ. Sie stolperte nicht, gleichwohl sie spürte, dass der Boden unter ihren Füßen schwankte. Blind für ihre Umwelt ließ sie sich neben Ron nieder, erahnte seinen fragenden Blick und konnte ihn doch nicht erwidern. In ihr wühlte es und in ihrem Magen tanzten die Schmetterlinge. Wieder und wieder erschien ihr der Ritter und sie spürte seine Nähe, seine Wärme, seine rauen Hände. Sie befeuchtete sich die Lippen, schmeckte diesen sachten, beinahe schüchtern anmutenden Kuss. Er hatte sie diesmal nur leicht berührt, ihr deutlich gemacht, dass er da sei. Er hatte sein Versprechen gehalten. Und er wolle wiederkommen. Wann? Das hatte sie vergessen zu fragen. Wann? Hätte er ihr eine Antwort gegeben? Sie schniefte. Nein, wohl nicht.

„O, kommen Sie, bereiten Sie mir die Freude. Schließlich habe ich es Ihnen zu verdanken, dass ich hier, vor Ihnen stehen darf ...“

„Nein.“

„Ich bitte Sie.“

„Also ... gut.“

Hermione nahm diese Wortfetzen auf, hörte ein amüsiertes Schnauben, doch interessierte es sie nicht. Vage nahm sie wahr, wie Fudge die Bühne betrat. Der Bann war gebrochen. Sie richtete ihren Blick nach innen und ließ ihren sich überstürzenden Gedanken freien Lauf. Sie war wieder in diesem Wald gewesen. Anfangs hatte sie noch geglaubt, an der Hand Müller-Wohlfahrts zu gehen, doch je dunkler es um sie beide wurde, desto mehr war sie davon überzeugt gewesen, dem Fremden ihrer Träume, diesem Ritter gegenüberzustehen.

„Konzentrieren Sie sich ...“, hörte sie’s von Ferne her.

Sie warf einen Blick zur Bühne, sah wie Müller-Wohlfahrt wiederum die Hand auf die Schulter seines Gegenübers legte und die Augen schloss. Hatte er’s bei ihr auch so gemacht? Und dann?

Er war in ihre Träume gedrungen und sie hatte diesen leicht ziehenden Kopfschmerz verspürt, den sie seit einiger Zeit immer dann hatte, wenn sie sich ihren Tagträumen hingab. Heute Nachmittag aber und auch jetzt waren die Schmerzen um einiges intensiver gewesen.
Sie schloss die Augen, sah, wie sie den Wald mit ihm zusammen betreten hatte. Er hatte sie dorthin gefĂĽhrt. Aber dann war er verschwunden, und an seine Stelle war dieser Ritter getreten, dessen Gesicht sie nicht erkennen konnte.

„Nun, kommen Sie schon. Geben Sie sich Mühe, mein Freund. Welche Zahl denke ich mir?“

Wie unwichtig das war! Sich eine Zahl auszudenken, die ein Anderer erraten sollte. Hermione hätte lachen mögen, wenn ihr der Fremde nicht soeben begegnet wäre. Wer war’s, der sie in ihren Träumen heimsuchte?

Der Wald ... Hermione presste die Lippen fest aufeinander, ließ ihren Blick zur Bühne gleiten. Was möglich? Nein! Und doch ... Der Wald und die Berührungen an der Wange. Unwillkürlich hob sie die Hand, meinte, diesen rauen Finger noch immer auf der Haut zu spüren und dann der leicht ziehende Kopfschmerz ... Ihr Herz begann zu flattern.

„Ich kann auch in Ihnen nichts sehen.“

„Sehen Sie, ich habe Sie gewarnt. Aber machen Sie sich nichts draus, das kommt in den besten Familien vor“, schnaubte Fudge amüsiert und schlug Müller-Wohlfahrt auf die Schulter.

Dieser schĂĽttelte den Kopf, rieb sich die Augen. Er wirkte mĂĽde.

„Ein, zwei Stunden bei unserem Tränkmeister und Sie werden es können“, gurgelte Fudge und zwinkerte Müller-Wohlfahrt belustigt zu.

Aber hinter ihrem Rücken hörte sie ein leises Zischen, das ihr verriet, wie Fudge’s Bemerkung aufgenommen worden war.

„So“, Fudge klatschte in die Hände, rieb sie einige Male aneinander und ließ seinen Blick durch die große Halle kreisen, ehe er sich wieder seinem Gegenüber zuwandte.

„Nun gucken Sie nicht so betrübt. Vielen Dank für Ihre kleine Demonstration Ihrer Kunst. Wie gesagt, der Feinschliff fehlt noch, aber das gibt sich, sobald ...“

Er blickte hinauf zu Snape und unterließ es, den Satz zu vervollständigen.

„Äh, ja ...“, brachte er statt dessen hervor, berührte seine Unterlippe, um den Faden wieder zu finden und bemerkte dann: „Morgen wird Ihnen der Orden des Merlin zweiter Klasse überreicht, dann gibt’s einen Ball, an dem alle ...“

Er lieĂź wieder seine wasserblauen Augen durch die groĂźe Halle kreisen, zog den Mund zu einer Schnute und grinste dann, als er bemerkte, wie sich die SchĂĽler neugierig aufrichteten.

„Alle und ich sagen alle Schüler aus den oberen Klassen teilnehmen dürfen.“

Das langgezogene ‚Och’ der Kleineren noch im Ohr, versuchte sich Hermione wieder in ihre Gedanken zu vergraben. Doch es gelang ihr nicht, die Unruhe um sie her war zu groß.

„Und nun habe ich die große Ehre, Sie lieber Freund, in die Reihen derer aufzunehmen, die sich Magier nennen. Man reiche mir bitte den Trank.“

„Wohl bekomm’s“, drang’s an ihr Ohr.

Sie wirbelte herum, starrte in zwei höhnisch blitzende Augen. Just in dem Moment hörte sie von der Bühne her ein Schnauben, ein ersticktes Gurgeln und ein röchelndes Husten.


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
DVD: Game of Thrones - 3. Staffel
[DVD] [Blu-ray]
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Was mir von Anfang an an Harry Potter gefiel, war diese Mischung aus Fantasie und Realität.
Stephen Fry