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Unnatural Black - Konsequenter Neubeginn

von Dr. S

James sah, aus der Nähe betrachtet, hinreißend gut aus. Seit Wochen hatte Regulus sich gezwungen ihm nicht mehr ins Gesicht zu sehen, und auch wenn er den Anblick nie vergessen könnte, war er doch schwammiger geworden. In der Realität mit dem gleichmäßigen Knochenbau, der leicht gebräunten Haut und den selbst durch die Brillengläser faszinierenden Augen konfrontiert zu werden, war Regulus zu viel.

Er riss den Blick los und griff sein umgestoßenes Butterbier. Konzentriert wischte er die Pfütze mit seinen Zeitungen auf. Die wichtigen Ausschnitte hatte er retten können.

„Was willst du hier?“, zischte er aus dem Mundwinkel. Er wollte gar nicht erst versuchen freundlich zu klingen. So kurz davor über James hinwegzukommen, konnte er sich keinen Fehltritt erlauben. Ein zu lang währender Blick war bereits ein Schritt in die falsche Richtung.

„Ich hab dein Gespräch nicht absichtlich gestört. Ich hätte gewartet, bis Dumbledore gegangen wäre.“ James‘ Stimme, jeder Abfall und Anstieg seiner Tonlage, trieb Regulus weiter in die falsche Richtung. Schauer gefolgt von Gänsehaut flogen über seinen Rücken, und er war froh, dass er lange Ärmel trug, sonst hätte James die Härchen gesehen, die sich seinetwegen dem Stoff entgegenstreckten.

„Was du willst, hab ich gefragt.“ Regulus schob die nassen Zeitungen an den Rand des Tisches und warf Tom am Tresen einen entschuldigenden Blick zu. Dann räumte er die Zeitungsausschnitte ordentlich gefaltet in seine Umhangtaschen. James hatte ihm noch immer nicht geantwortet, als er fertig war. Regulus wagte einen Blick zu James und stellte fest, dass er ohne zu blinzeln angesehen wurde. Ein starrer Blick, aber doch so sanft, dass man sich darin einhüllen wollte.

Regulus musste sich anstrengen mit scharfer Stimme zu sprechen und bekam nur ein Wort heraus: „Potter.“

James blinzelte endlich. Seine Augen hatten gefunkelt wie das Kerzenmeer abends in der Großen Halle. Jetzt, mit lauter geplatzten Äderchen, sahen sie weniger verführerisch aus, redete Regulus sich ein.

„Ich muss mit dir reden. Und zwar…“ James holte ein Pergament aus seiner Tasche und reichte es Regulus, musste es ihm in die Hände drücken, weil Regulus keine Anstalten machte ihn zu berühren. „Es geht um diese Briefe. Du wolltest doch wissen, wer deinem Vater von uns erzählt hat. Hier hab ich ein schriftliches Geständnis.“

Regulus misstraute James‘ Lächeln genauso wie dem Brief, warf aber dennoch einen Blick hinein. Der Brief war an ihn adressiert, von seinem Onkel Alphard.

„Sirius und ich waren gerade in der Wohnung. Ein bisschen klar Schiff machen, und sowas eben. Dabei haben wir den Brief gefunden“, erklärte James noch bevor Regulus nachfragen konnte. Er tat so, als würde ihn das nicht berühren, und überflog den Brief. Alphard hatte ihn nicht nur nie abschicken können, sondern auch nicht fertig geschrieben. Diese durchgestrichenen halben Sätze waren die letzten Worte, die Regulus von seinem Onkel hatte, und sie waren voller Vorwürfe und halbherziger Entschuldigungen.

„Hey…“ James bemerkte Regulus‘ deprimierten Gesichtsausdruck und streichelte tröstend über seine Schulter. „Wenn er die Chance gehabt hätte, dann –“

Regulus rutschte von James‘ aufdringlicher Hand weg. „Es interessiert mich nicht, was du dazu zu sagen hast, Potter. Danke, dass du die Erinnerung an meinen Onkel befleckt hast. Jetzt geh.“

James war nie gut darin gewesen, zu verbergen, wie er sich fühlte, aber gerade entglitt ihm sein Gesichtsausdruck völlig. Sein Gesicht wurde kreidebleich, schlimmer, als während den langen Wintermonaten ohne viel Sonne, und in seine Augen schoss überraschend viel Tränenflüssigkeit. Regulus sah weg. Er würde es nicht ertragen, wenn James jetzt anfing zu weinen. Allein die Vorstellung sollte ihn abstoßen, aber leider wuchs in ihm nur der Drang sich zu entschuldigen und James in den Arm zu nehmen. Er kam sich schrecklich erbärmlich vor.

„Ich… ähm…“ James fing sich schnell wieder. „Verstehst du denn nicht, was das bedeutet? Sirius hat dich nicht verraten. Wir haben uns also wegen Nichts gestritten.“

„Dein Kuss mit Lily Evans war also nichts?“ Regulus blickte weiterhin unbeteiligt auf den Tisch, den ein tanzender Schwamm gerade sauber wischte. Eine ganze Weile war nur das platschende Geräusch des Wassers auf dem Holztisch zu hören, dann schien James sich endlich zu erinnern, warum Regulus nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte.

„Ich wollte das nicht“, sagte er und unternahm einen neuerlichen Versuch Regulus zu berühren. „Ich will dich, Reg.“

Regulus konnte nicht noch weiter zurückweichen, aber er konnte James‘ Hand mit einem verdient hasserfüllten Blick erstarren lassen. „Wenn ich jedes Mal einen Knut bekommen würde, wenn du das sagst, dann wäre ich zu reich für ein Verlies in Gringotts.“

„Du willst mir nicht glauben. Du willst mir nie glauben, wenn ich das sage“, fuhr James ihn an, und damit war das Gespräch für Regulus beendet. Er hatte nichts verbrochen, das James‘ Schreierei rechtfertigen würde.

Regulus steckte den Brief ein und quetschte sich an James vorbei aus der Ecke. An der Theke zahlte er seine Rechnung, und als er sich umdrehte, stand James genau hinter ihm.

„Lass mich doch erklären –“

„Wie deine Zunge in Lily Evans‘ Hals geraten ist? Nein, danke. Bitte verschon mich mit den Details.“ Der Hinterausgang des Tropfenden Kessels führte Regulus direkt in die Winkelgasse. Er hatte dort sowieso noch etwas zu erledigen, und eine Hexe mit einem Kinderwagen und zwei verstörend rothaarigen Kindern, die die Mauer blockierten, erschwerte es James weiter über seine Kusseskapaden zu berichten. Es war zu schade, dass James‘ verschwitzte Stirn wieder trocknete, als die kleine Familie zurückblieb und Regulus eilig die Winkelgasse entlang marschierte.

Vor Qualität für Quidditch blieb er stehen. Der neue Nimbus wurde gleich dreimal im Schaufenster ausgestellt und drängte den Comet in den staubigen Hintergrund. Regulus war verlockt ihn aus reinem Mitleid zu kaufen.

James tauchte in der Spiegelung der Fensterscheibe auf. „Du brauchst einen neuen Besen, nicht wahr? Der Nimbus ist immer eine super Wahl. Alle Profis fliegen ihn seit dem ersten Modell. Hey, du hast doch bald Geburtstag. Ich kauf dir –“

„Ich bin nicht deine Hure, Potter“, stoppte Regulus diesen enthusiastischen Redeschwall eiskalt.

„Scheiße, Reg! Jetzt übertreibst du wirklich. Ich will dich doch nicht kaufen!“, blaffte James.

Regulus ließ James aufgewühlt stehen und betrat den Laden. Die Hexe hinter dem Tresen begrüßte ihn mit einem freudigen Strahlen in den Augen, das erstarb, sobald James an seiner Seite auftauchte. Innerlich war er froh, dass James seine Flirtchancen ruinierte.

„Lass mich dir doch bitte nur in Ruhe erklären, wie das mit Evans passieren konnte“, bat James, während Regulus ganz gelassen die Regale betrachtete. Besen um Besen reihte sich vor ihm auf. Es war das erste Mal, dass Regulus Qualität für Quidditch betrat, und der Laden war von innen viel größer, als von außen. Viel Zubehör hielt er für komplett sinnlos – wer brauchte schon Kordeln an seinem Besenstiel? – und so mancher Sinn entzog sich ihm vollkommen – wozu brauchte man einen Frosch, der quietschte, wenn man drauf drückte, an seinem Besen?

„Wenn es nur darum geht, dann musst du mir verzeihen, weil’s mir gar nicht gefallen hat. Ich hab nur an dich gedacht… Gut. Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt, und das war dumm, aber kannst du das nicht verstehen? Ich hab ihr so lang hinterher gehechelt, und dann wollte sie mich… und du bist nicht gekommen… Wenn du… Ich… Du hörst mir gar nicht zu, oder?“

Regulus hatte das arme verstaubte Comet-Model aus dem Regal genommen. Der mit silberner Farbe aufgemalte Komet auf dem Besenstiel erinnerte Regulus an seinen alten Besen. Erst, als er die Nummer sah, fiel ihm auf, dass es das gleiche Modell war. Sirius hatte so einen Besen vor fast zwei Jahren von Onkel Alphard bekommen und an Regulus abgetreten. Jetzt war er dazu verdammt an diesem Modell zu hängen.

„Den wolltest du doch nicht mehr“, sagte James und wischte die Staubkörner von dem Besenstiel. Das Holz glänzte kaum noch. „Findest du nicht, dass es Zeit für etwas Neues ist?“

Regulus‘ Blick ließ James in Panik geraten.

„Nicht, dass ich will, dass du dir einen neuen Freund suchst. Besen und Freund kann man auch nicht miteinander vergleichen. Ich meine, du reitest auf beidem, aber –“

Regulus drehte sich mitsamt Besen um und marschierte weg von James‘ Versuch ihn weniger mit Gebettel und stattdessen mit fragwürdigem Humor herumzukriegen. An der Kasse legte er den Besen auf die Theke und musste sich von der jungen Kassiererin verwirrt ansehen lassen. Scheinbar sah er nach genauso viel Gold aus, wie er besaß.

„Der Nimbus 1500 ist neu im Sortiment. Möchtest du –“

„Ich möchte den hier.“ Regulus spürte, wie der Besen unter seiner Hand vibrierte, als würde er sich darüber freuen, dass ihn doch noch jemand haben wollte. Auf diesem Besen würde er gut fliegen, darauf würde Regulus wetten.

Die Hexe nickte lächelnd und nahm Regulus für den reduzierten Besen gerade einmal neunundneunzig Galleonen ab. Sie packte den Besen sorgfältig in braunes Papier ein und reichte ihn Regulus dann, verabschiedete sich mit einer kleinen Verbeugung. Regulus trug seinen neuen Besen aus dem Laden, dicht gefolgt von James. An der Türschwelle wurde er von den zwei rothaarigen Kindern von vorhin angerempelt, die diesmal ohne ihre Mutter unterwegs waren. Regulus schaffte es dank den Kindern James abzuhängen – leider nur kurzzeitig.

„Reg! Regulus, warte doch!“ Mitten auf der Straße brüllte James zum Fremdschämen laut. Regulus ging schneller, nur damit James ihn am Arm packte und festhielt. „Sag mir einfach, was ich tun soll, damit du mir verzeihst.“

Es reichte Regulus. Wütend fuhr er herum. „Nimm deine dreckigen Hände von mir! Ich werde dir nicht verzeihen, weil dein Anblick mich nur noch brechen lässt.“

James erstarrte, wie von einem Petrificus Totalus erwischt. Regulus hätte gedacht, dass solche Worte nicht an James‘ Ego kratzen würden, aber da schien er sich komplett geirrt zu haben. Da war schon wieder dieses ungewohnte Funkeln in James‘ Augen, das Regulus nicht sehen wollte.

„Lass mich los“, wiederholte er leise. Die Blicke der Menschen, die sie von überall durchbohrten, waren ihm zutiefst unangenehm. James schüttelte aber den Kopf. „James, bitte. Das ist peinlich.“

„Dann mach ich es noch peinlicher“, sagte James und sank auf die Knie. Regulus fielen fast die Augen aus den Höhlen. Er wurde schon vor den nächsten Worten knallrot. „Verzeih mir bitte, Reg. Ich liebe dich doch.“

Von irgendwoher drang ein Pfeifen an Regulus‘ Ohren, schnell übertönt von empörtem Geflüster. James ließ sich davon nicht aus der Fassung bringen und umklammerte Regulus‘ Hand mit allen zehn Fingern fest. Jeder Versuch sich zu befreien endete nur in einem noch festeren Griff, und Regulus war leider noch nicht volljährig und durfte James nicht wirklich erstarren lassen.

„Hör auf damit. Steh auf.“ Regulus sah jeden Menschen in der Winkelgasse an, aber nicht James. Am Fenster von Qualität für Quidditch klebte die junge Hexe, die ihm seinen Besen verkauft hatte, und lief grün vor Neid an. Regulus würde gerne mit ihr tauschen – grün stand ihm besser als rot.

„Ich steh erst auf, wenn du mir verzeihst… wenn du mir glaubst… wenn du mir zuhörst?“ James merkte wohl, dass er bei Regulus auf Granit biss und suchte sich die weichste Stelle.

Regulus gab seufzend nach, zerrte James auf die Füße und in die Seitengasse zwischen Slug & Jigger’s Apotheke und der Magischen Menagerie. Die Gasse war schmal und bot gerade einmal genug Platz für ein paar Mülltonnen, neben denen James sein Pseudo-romantisches Gefasel hoffentlich verging.

„Du fehlst mir so sehr.“ Scheinbar hatte er da falsch gedacht. Regulus ließ James schnell los und wandte sich den Mülltonnen zu, bei deren Anblick er sich so sehr ekelte, dass die Idee, sich in ihnen zu verstecken, schnell wieder ausgelöscht wurde. James mit Müll zu vergleichen war scheinbar kein brillanter Moment gewesen.

„Ich fehl dir auch, Reg. Das weiß ich.“

Regulus schüttelte den Kopf. James wusste gar nichts. Er wusste nicht, wie es sich anfühlte, wenn man wieder und wieder vor den Kopf gestoßen wurde, bis es irgendwann nicht mehr aufhörte wehzutun.

„Ich hab dich weinen gesehen.“

Das war ja klar. Regulus hatte sich alle Mühe gegeben seine Tränen zu verstecken und James schlich sich einfach in seinen Schlafsaal. Er hatte gewusst, dass dieser Geruch ihn nicht zufällig verfolgte.

James fasste ihn an den Schultern und wollte ihn behutsam herumdrehen, übte etwas mehr Druck aus, als das nicht funktionierte. Regulus musste sich irgendwann mit seinem ganzen Gewicht gegen James‘ Hände drücken. James ließ sich von diesem Widerstand nicht davon abhalten, alles noch schlimmer zu machen. Er schlang die Arme so fest um Regulus, dass ihm die Luft wegblieb.

„Fass mich nicht an“, zischte Regulus, konnte sich aus dem Knoten von James‘ Armen aber nicht befreien. „Zuhören, ja, anfassen, nein!“

„Ich gehe nur sicher, dass du auch jedes Wort hörst“, sagte James so dicht bei Regulus‘ Ohr, dass nicht nur sein Atem ihn verrückt machte, sondern besonders die hauchzarte Berührung seiner Lippen beim Sprechen. „Es tut mir leid. Dieser Kuss hat mir nichts bedeutet. Wir haben eine schwere Zeit durchgemacht; ich hab mich verlassen und nicht gewollt gefühlt, und ich weiß, dass es keine Rechtfertigung ist. Also bitte, verzeih mir.“

Regulus kämpfte gegen James‘ Wärme an, die seine Eingeweide schmelzen ließ. „Du hattest mir versprochen, du würdest nie wieder mit ihr reden, und dann küsst du sie. Das kann ich nicht verzeihen.“

„Dann vergessen wir’s einfach.“

Regulus versuchte James‘ verknotete Hände auf seiner Brust zu lösen, aber seine Finger schienen aneinander zu kleben, und wegen dem Besen konnte Regulus nur eine Hand benutzen.

„Wir sind an einem Punkt, wo alles gut werden kann“, sagte James verträumt. „Keine erpresserischen Briefe, keine Familienprobleme, du und Sirius könnt euch wieder vertragen, und Eifersuchtsdramen wird es auch nie wieder geben. Kannst du dir das vorstellen?“

Regulus hatte aufgegeben James‘ Hände zu lösen und irgendwie endete das darin, dass er sich an seinen Armen festhielt. James‘ Wange presste sich gegen seine, der Brillenbügel drückte sich unangenehm in seine Haut, und Regulus versuchte sich auf dieses Gefühl zu konzentrieren, damit er stark blieb.

„Nein“, sagte er entschieden. „Ich kann mir vorstellen, wie du dich in zwei Wochen noch einmal entschuldigst. Es ist immer dasselbe Drama, und ich habe keine Lust mehr darauf.“

„Diesmal wird alles anders“, versicherte James ihm glaubhaft, trotzdem blieb Regulus standhaft.

„Blah, blah.“ Mit dem Besenstiel stieß er nach hinten, wiederholte das, bis James ihn losließ. Regulus hielt ihn auf sicherem Abstand. „Ich hab mir deine ewig gleichen Erklärungen angehört. Verschwinde jetzt.“

James schüttelte den Kopf. „Ich werde nicht –“

„Ich will dich nicht mehr sehen!“ Regulus rammte den Besenstiel in James‘ Brust und deutete zurück zur Winkelgasse. „Geh mir aus den Augen. Und fang jetzt bloß nicht an zu heulen. Das ist erbärmlich.“

„Damit du’s weißt, du hast mich schon zum Weinen gebracht“, sagte James das, was Regulus nicht wissen wollte. „Ja, ich hab geheult. Wie ein Schlosshund. Deinetwegen. Weil ich dich mehr vermisse, als alles andere auf der Welt.“

Regulus klammerte sich so fest an den Besen, dass das braune Einpackpapier einriss.

James holte tief Luft. „Darauf fällt dir nichts ein? Oder versuchst du einfach nur weiter sauer auf mich zu sein? Ich kenn dich, Reg. Ich weiß, dass wir das wieder hinkriegen.“

„Weil ich ein inkonsequenter Schwächling bin?“

„Nein!“ James‘ Stimme schlitterte vor Empörung nach oben. „Du bist zu konsequent.“

„Dann soll ich mich auch noch für dich ändern?“

„Nein…“ James war so verzweifelt, dass er sich die Haare raufte. „Was mach ich denn falsch?“

„Du bist immer noch hier und stiehlst mir mehr wertvolle Lebenszeit.“ Regulus war zuversichtlich endlich das letzte Wort gesprochen zu haben, als James‘ verletzter Blick ihn traf. Als wäre das nicht schlimm genug, folgte darauf ein Schniefen, und James‘ Augen tränten so heftig, dass er unter seiner Brille entlang wischen musste.

Regulus streckte eine Hand aus, nahm sie aber schnell wieder zurück. Bestimmt hatte James das geplant, wenn Gebettel und fragwürdiger Humor nicht zogen. James Potter weinte nicht.

Seine Darbietung war allerdings sehr überzeugend. Träne um Träne wischte er hastig weg, und begleitet von scharlachroten Wangen wirkte es so, als wäre ihm dieser Auftritt peinlich. James hatte nie zuvor so verletzlich ausgesehen.

Den Besen gegen die Wand legend, kramte Regulus mit einer Hand ein Taschentuch aus seinem Umhang. Er hielt es James hin und wartete. James nahm es nicht, sondern starrte bis zum Haaransatz rot angelaufen auf den Boden, stark darum bemüht, dass ihm nicht mehr als leises Schniefen entwich. Regulus machte einen Schritt vorwärts, dann noch einen und blieb schließlich erst kurz vor James stehen. Er griff James‘ Kinn und hob es an, damit er ihm mit dem Taschentuch unter der Brille die Tränen wegwischen konnte.

James behielt ihn dabei fest im Blick. „Sag bloß, du stehst drauf, wenn ich heule.“

„Jeder steht drauf, wenn James Potters Ego auf die Größe eines Knuts schrumpft. Hier.“ Regulus wollte James das feuchte Taschentuch geben und griff dafür seine Hand. Ein Fehler, den er gleich bemerkte und doch nicht rückgängig machen konnte. Er strich über James‘ Handrücken, seine Finger, und schlug den letzten Nagel in seinen Sarg, als er hoch in James‘ gerötete Augen schaute. Es fiel ihm auf einmal genauso schwer Luft zu holen, wie vorhin in James‘ Umklammerung.

James lehnte sich vor. Seine Lippen kamen bedrohlich nahe, und ehe Regulus es richtig bemerkt hatte, lag James‘ Hand in seinem Nacken und zog ihn nach vorne. Regulus konnte nur noch auf James‘ Mund starren.

Kurz bevor ihre Lippen sich berührten, hallte ein Krachen von den hohen Wänden wieder. Es war ganz nah. Regulus schob James von sich weg und fuhr herum. Auf dem Boden der Gasse lag ein Junge, vermutlich vier oder fünf Jahre alt, mit dem Gesicht im Dreck. Die scharlachroten Haare hoben sich von dem Grau des Kopfsteinpflasters ab. Es war eines der Kinder, die in Qualität für Quidditch herumgetobt hatten.

Wieder lenkte die rothaarige Brut ihn erfolgreich von James ab. Regulus verspürte genug Dank, um auf das schniefende Kind zuzugehen. Dass er James dann stehenlassen konnte und nicht mehr ansehen musste, war ein weiterer Grund.

„Alles okay?“ Regulus half dem Kind hoch und blieb gehockt vor ihm sitzen. Der Junge hatte unzählige Sommersprossen in seinem dreckigen und tränenverschmierten Gesicht. Auf dem Boden lag ein Stofftier, ein Drache aus Plüsch, der nicht minder dreckig von dem Sturz war. „Hast du dir wehgetan?“

Die tränengefüllten Augen des Jungen waren starr auf seine Hände gerichtet. Seine Unterlippe zitterte so heftig, dass es auch nichts nützte, als er sich darauf biss. Regulus griff die kleinen Hände und schaute sie sich an. Unter dem Schmutz waren blutige Schrammen verborgen. Sie brannten wahrscheinlich. Und Kinder fingen ständig an zu weinen…

„Das ist gar nicht so schlimmen. Sieh mal, dein Drache hat sich viel schlimmer wehgetan.“ Regulus hob den Plüschdrachen auf und klopfte den Schmutz ab, gab ihn dann dem Jungen zurück. „Verrätst du mir deinen Namen?“

„Charlie.“

„Okay, Charlie. Wir machen das hier kurz sauber…“ Regulus holte ein anderes Taschentuch heraus, nicht das, das James‘ Tränen durchnässt hatten. Er wischte behutsam über die runden Kinderwagen, bis sie notdürftig sauber waren, und wiederholte das noch vorsichtiger bei den Händen. „Dann suchen wir deine Mutter, ja?“ Er kam sich schrecklich schäbig vor, dass er ein Kind ausnutzte, um von James wegzukommen. Regulus konnte das nicht einmal mit einem Lächeln überspielen, und Charlie schien das zu merken. Er war immer noch kurz davor in Tränen auszubrechen.

„Mein Bruder“, schniefte Charlie. „Er war plötzlich weg. Er hat mich allein gelassen.“

„Oh…“ Regulus war überrascht, wie leicht es ihm fiel, so zu tun, als würde ihn das irgendwie berühren. „Wir finden ihn schon. Komm.“ Er richtete sich auf und nahm Charlies Hand vorsichtig in seine. Mit der anderen konnte er seinen Besen schnappen und unter den Arm klemmen.

„Reg.“ James hielt ihn zurück, das Gesicht ganz sanft und zuversichtlich.

Regulus begegnete dem mit purer Eiseskälte. „Nicht jetzt. Am besten niemals, Potter.“

„Reg, dein Bruder und ich werden noch ein Butterbier im Tropfenden Kessel trinken. Ich hoffe, du überlegst es dir“, sagte James.

Regulus schenkte ihm zum Abschied ein Schnauben. Er musste sich beherrschen seinen lebenden Schutzschild nicht zu eilig mit sich zu schleifen.

„Bruder?“, sprach Charlie ihn an, als sie aus der Gasse traten. Regulus schaute sich suchend nach roten Haaren um.

„Mhm… Mein älterer Bruder hat mich auch im Stich gelassen.“ Regulus bereute das gesagt zu haben. Charlie schniefte schon wieder. „Du darfst das nicht so ernst nehmen. Geschwister lassen sich nie wirklich im Stich. Mein großer Bruder passt auch auf mich auf, wenn er nicht da ist. Er will immer nur mein Bestes.“

Charlie strahlte ihn an und drückte seinen Plüschdrachen an sich. Regulus ließ Charlies Hand kurz los um das widerlich rote Haar zu tätscheln. Genau diese beißende Farbe entdeckte er gleich darauf vor Qualität für Quidditch.

„Charlie?! Charlie, wo bist du?“, brüllte der bestimmt zwei Jahre ältere Junge genauso fremdschämend laut wie James vorhin. Er hatte seinen Bruder noch nicht entdeckt, da ahmte Charlie ihn nach.

„Bill!“ Er rannte mit tapsigen Schritten auf seinen Bruder zu, und Regulus ließ ihn. Der Anblick der wieder vereinigten Brüder ließ ihn lächeln. Es erinnerte ihn an idyllische Tage mit seinem Bruder vor vielen, vielen Jahren.

„Danke, Sir“, rief der ältere Bruder ihm zu. „Wenn unsere Mutter das mitgekriegt hätte… Vielen Dank.“

Warme Verlegenheit kitzelte Regulus‘ Wangen. Sir… Noch nie hatte jemand ihn Sir genannt. Er nickte den beiden Jungen zu und baute Abstand auf, als Charlie den Eindruck machte, er würde ihn umarmen wollen.

„Passt auf euch auf“, sagte er unerwartet heiser und deutete auf den Drachen in Charlies Hand. „Und du passt auf ihn auf, ja?“ Mit dem Anblick von winkenden, strahlenden Rotschöpfen im Kopf drehte Regulus sich um.

Am anderen Ende der Winkelgasse sah er James auf dem Weg zum Tropfenden Kessel zwischen einer Gruppe Hexen verschwinden. Er verspürte das plötzliche Verlangen ihm nachzugehen und sich zu vergewissern, ob James wirklich keinen Schritt ohne Sirius machen konnte.

Vielleicht lag es an dem nostalgischen Aufflammen von Brüderlichkeit, dass er viele Schritte in die falsche Richtung gehen wollte, vielleicht war er aber auch soweit zu verzeihen…

Regulus kämpfte selbst, als er den Tropfenden Kessel betrat, noch mit seiner Unsicherheit. Die Vordertür und der Weg nach Hause waren so verlockend nah, aber ganz vorausschauend hatte James sich an einen Tisch in der Nähe der Tür gesetzt. Nebeneinander hockten James und Sirius da und waren sich fast näher, als Lily Evans und James während ihres Kusses. Sie tuschelten über irgendetwas, das nicht mehr so wichtig war, als Regulus an ihren Tisch trat.

James strahlte von einem Ohr bis zum anderen, keine Spur mehr von seinem Tränenausbruch eben. Er stand auf, die Hände nach Regulus ausgestreckt, und wurde von Sirius gleich wieder auf seinen Platz gezogen. Während die beiden sich zischend ein Wortduell lieferten, bereitete Regulus seine eigenen Worte vor.

Er wollte Sirius sagen, dass er ihm verzieh. Weil sie Brüder waren. Weil Sirius fünfzehn Jahre immer nur sein Bestes gewollt hatte und Regulus niemals verraten hätte.

Und zu James wollte er sagen… Er wollte so viel mehr sagen, als ‚Ich liebe dich‘. Diese drei Worte drückten nicht aus, was er empfand. Sein Herz war geschlagen, gebrochen und zu einem kleinen Klumpen zusammengepresst worden, aber es schlug immer noch für James.

„Ich…“ Regulus war sich sicher, dass es das letzte Mal sein würde, dass er greifbare Zuneigung – so viel mehr als Zuneigung sogar – in James‘ Blick sehen würde. „Ich will, dass du aufhörst mir nachzulaufen, Potter. Wenn du dieses Verhalten nach den Ferien nicht abgelebt haben solltest, dann werde ich mich gezwungen sehen dein Geheimnis auszuplaudern.“

James glaubte ihm natürlich nicht und wenn doch, dann war ihm dieses Risiko egal. Grinsend wollte er antworten, aber Regulus ließ ihn nicht zu Wort kommen.

Er sah seinen Bruder an. „Ein gemeinsames Geheimnis“, sagte er langsam. „Eines, für das ihr definitiv nach Askaban wandern werdet.“

James‘ entsetzter Blick sprang von Regulus zu Sirius und zurück. „Das würdest du nicht tun.“

„Willst du das riskieren?“ Regulus wusste sicher, dass James Sirius‘ Leben niemals riskieren würden, genauso wenig, wie er Regulus über seinen besten Freund stellen würde.

James war sichtlich hin- und hergerissen. Allein das erzeugte ein warmes Gefühl in Regulus‘ Brust. Sollte James das doch riskieren, sollte er seine Gefühle für Regulus über seine Freundschaft zu Sirius stellen, dann würde Regulus nichts mehr gegen den Drang tun können, zu ihm zurückkriechen zu wollen.

Im Moment, jedenfalls, entschied James sich nicht für ihn.

„Überleg es dir gut, Potter“, sagte Regulus und wandte sich dem Ausgang zu. „Du weißt, wie konsequent ich sein kann.“ Er ging, ohne dass James ein weiteres Wort an ihn richtete. Von Sirius kam nicht einmal unzusammenhängendes Stammeln. Regulus verließ den Pub mit einer größeren Portion Enttäuschung, als er erwartet hatte. So wollte er nicht mehr fühlen müssen.

James nannte ihn „zu konsequent“, also würde er konsequent bleiben.

Regulus trat hinaus auf die Muggel-Straßen Londons, wo man ihn wegen seines Besens verstörte Blicke zuwarf. Diese einfältigen Muggel wussten nicht, dass Regulus ein Symbol für einen Neubeginn mit sich herumtrug.

Er hatte einen neuen Besen. Und wenn er das nächste Mal Quidditch spielte, dann würde er es gegen James tun und nicht für ihn.


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