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Unnatural Black - In Erinnerungen

von Dr. S

„Das kitzelt.“

James zog grinsend die dritte Erinnerung aus Regulus‘ Schläfe. Sie sah aus, wie ein silbriger Faden und schlang sich spiralförmig um James‘ Zauberstab. Regulus sah fasziniert zu, wie James den Faden zu den anderen beiden in eine Phiole gleiten ließ.

„Wie fühlst du dich sonst?“, fragte James.

Regulus massierte sich die Schläfe. „Ich weiß nicht. Irgendwie schwindelig.“

„Kannst du dich noch erinnern, was das hier für Erinnerungen sind?“

Regulus nickte.

„Dann ist alles gut“, sagte James. „Deinem Bruder hab ich aus Versehen nicht einen Abdruck der Erinnerung, sondern die ganze Erinnerung entnommen. Hat Peter fast zum Heulen gebracht.“

Schön, dass James ihm das jetzt erst erzählte. Regulus sparte sich diesen Kommentar allerdings, war zu angetan von den glitzernden Fäden. Er hatte noch nie Erinnerungen gesehen und hätte sie gerne genauer betrachtet, aber James schüttelte die Phiole beherzt.

„Dadurch können wir sie alle hintereinander betrachten“, erklärte er in diesem arroganten Tonfall, den jeder andere ihm übel genommen hätte. Regulus könnte stundenlang zuhören, wie James sich selbst gerne reden hörte. „Zeitlich hab ich sie begrenzt, damit wir nicht noch morgen früh hier festsitzen. Vielleicht können wir dann ja noch… reden.“ James schaute sich wie in Zeitlupe um, blieb dabei sehr auffällig an der gepolsterten Bank hängen, die er vor einem Jahr gezaubert hatte, damit ihr Kellerloch gemütlicher wurde.

„Ich mag es, wenn du reden so sagst.“

„Und ich rede einfach unheimlich gerne.“ James gab Regulus einen langen Kuss und strich ihm über die Stelle, aus denen er eben die Erinnerungen gezogen hatte. „Wenn du sicher bist, dass es dir gut geht, dann können wir anfangen.“

„Du kannst so süß sein“, sagte Regulus. „Da muss ich aufpassen, dass ich nicht an Überzuckerung sterbe, wenn ich dich küsse.“

James verweigerte ihm diesen Kuss. „Das will ich ja nicht riskieren.“ Er goss den Inhalt der Phiole in eine Schale mit dickflüssigem Wasser und murmelte dabei: „Klaut der mir doch ernsthaft meine Sprüche. So eine Frechheit.“

Regulus gluckste und küsste James‘ Wange, schmiegte sich gegen seine Schulter. Lange konnte er dort nicht verweilen. James drückte ihn auf die Schale zu.

„Kopf rein“, sagte er noch, bevor Regulus die Wasseroberfläche durchbrach. Er schloss die Augen. Es fühlte sich an, als würde er fallen. Den Aufprall spürte er nie, also öffnete er irgendwann vorsichtig ein Auge, dann das andere. Um ihn herum baute sich das Quidditch-Stadion auf, wirkte aber irgendwie verschwommen und gräulich.

James tauchte hinter ihm auf und zog Regulus auf die Beine. „Das mit den Farben hab ich nie kapiert. Na ja, was soll’s… Da bist du.“

Regulus drehte sich um und bekam einen erbärmlichen Slytherin zu sehen, der alleine und gekrümmt auf der Tribüne saß. Er blickte hinaus auf das Spielfeld, wo die Kandidaten für das Auswahlspiel durch die Lüfte sausten. Es war später Nachmittag. Auf den Tribünen war nichts los.

„Ich hab dich gesucht.“

Regulus erschrak, als James‘ Stimme plötzlich von hinten kam, obwohl er direkt neben ihm stand. Aber da war noch ein zweiter James, einer mit hellen Streifen in den Haaren, der sich neben die deprimierte Version von Regulus setzte.

„Mann, seh ich heiß aus“, sagte James grinsend.

„Dann rede doch mit dir selbst.“ Regulus nahm James‘ Hand und zog ihn weg, bevor er noch einen abstrusen Dreier oder – Merlin bewahre – Vierer vorschlug.

„Weißt du, wenn wir eine Erinnerung, zum Beispiel von heute Nachmittag, nehmen würden, dann könnten wir uns beim Reden zusehen.“

Regulus konnte nicht fassen, dass James das gerade gesagt hatte. Entrüstet zog er ihn durch die Ränge, so weit wie möglich von seiner anderen Version weg. Er war nicht eifersüchtig auf sich selbst, das wäre unsinnig, aber sie hatten etwas Wichtiges zu tun und James schwelgte in Erinnerungen.

„Oh, sieh mal wie süß wir sind!“ James sah auch beim Gehen immer wieder nach hinten und ließ sich selbst gar nicht mehr aus den Augen. Regulus war wohl doch ein bisschen eifersüchtig, dass James so selbstverliebt war, aber erst einmal eingesehen amüsierte es ihn mehr. Er behielt James‘ Hand fest im Griff und achtete darauf, dass James nicht stolperte, als sie die Treppen von den Rängen herunter nahmen. Hier unten konnte James sich dann auch nicht mehr anstarren.

„Also… Wir suchen Lily Evans mit einer Kamera. Das kann ja nicht so schwer sein.“

Regulus stupste James mit dem Ellenbogen an, ohne seine Hand loszulassen. „Wir suchen jemanden mit einer Kamera. Vielleicht sollten wir uns lieber aufteilen?“

„Nee. Ich lass deine Hand in dieser Erinnerung nicht mehr los.“

Regulus lächelte. James‘ Finger schoben sich zwischen seine und brachten eine Wärme mit, die Regulus kurzzeitig davon ablenkte, dass er in einer Erinnerung herumwanderte. Das war ein merkwürdiges Gefühl. Er verstand gar nicht, wie es möglich war, dass in seinem Kopf Erinnerungen an Gespräche vorhanden sein sollten, die er gar nicht gehört hatte. Aber als sie ihren Weg unter den Tribünen fortsetzten, drang von draußen deutlich Averys Stimme zu ihm durch. Und er konnte verstehen, was sein Kapitän da brüllte. Als sie wieder nach oben auf die Ränge stiegen, konnte er sogar sehen, wofür er damals keine Augen mehr gehabt hatte, sobald James neben ihm gesessen hatte.

„Das ist merkwürdig“, flüsterte er.

„Ja, wenn man so darüber nachdenkt, wie viele Menschen das mit uns so rausgekriegt haben könnten… Oder die ganzen anderen privaten Dinge. In fünfzig Jahren könnte jemand in deinem Denkarium rumschnüffeln und dabei ein Gespräch zwischen Snape und Rosier belauschen, oder so etwas.“

„Das wäre wohl doch etwas aufwändig“, sagte Regulus. „Und in fünfzig Jahren brauch ich hoffentlich noch kein Denkarium.“

James grinste ihn an. „Denkst du da manchmal drüber nach? Was in fünfzig Jahren sein wird?“

„Im Moment denk ich nicht einmal daran, was nächste Woche sein wird.“

Sie stiegen wieder nach unten und umrundeten den zweiten Turm, bevor es wieder nach oben ging. Unter diesen Rängen war es dunkler, die untergehende Sonne erreichte diesen Platz nicht mehr ganz und ließ den Schatten genug Raum um alles zu verschlingen.

Der blonde Haarschopf, der sich hier verborgen hielt, fiel trotzdem auf. Regulus hielt James fest, der wieder auf die Ränge hatte klettern wollen. Er deutete auf den Jungen, der unterhalb der Tribünen kauerte. Die blonde Dauerwelle war unverkennbar.

„Nein.“ James‘ Hand zuckte, er ließ aber nicht los. „Das kann nicht sein.“

Die Kamera, die Lockhart gerade in seinem Schoß ablegte, machte es aber ziemlich möglich. Er hatte sich mit dem Rücken an die Wand gelehnt und sortierte Fotografien.

„Scheinbar doch“, sagte Regulus.

James seufzte. „Also… Du hattest Unrecht, Regulus. Was krieg ich dafür?“

„Keine pornographische Erinnerung von mir“, erwiderte Regulus mit einem Lächeln, das breiter wurde, als James schmollte. „Lass uns schauen, ob er wirklich uns fotografiert hat.“

„Für mich ist das ziemlich offensichtlich. Können wir ihn nicht gleich fertig machen?“

Regulus achtete nicht auf James und bewegte sich auf Lockhart zu. Weil James ihn nicht loslassen wollte, zerrte er ihn mit sich.

Lockhart seufzte. Er schien nicht zufrieden mit seinen Spionageergebnissen. Ein Bild jedoch weckte sein Interesse. Regulus konnte sich denken, worüber Lockhart da gerade so grinste.

„Interessant“, murmelte er sich selbst zu und erwartete wohl genauso wenig wie Regulus eine Antwort.

„Willst du’s dann nicht mal rumzeigen?“ Von den Stufen zu den Rängen sprang jemand direkt in Lockharts Weg. Eine Flucht schien aussichtslos. Lockhart drückte Kamera und Fotos gegen seine Brust.

James sprach zuerst aus, was Regulus nicht genau erkennen konnte. „Sirius?“

Das schwarze Haar und die Schatten machten es schwer Sirius überhaupt in der Dunkelheit wahrzunehmen. James war mit seiner Brille wohl im Vorteil. Oder er kannte Sirius einfach besser.

Regulus trat näher ran. Seine Hand rutschte aus James‘ Umklammerung. Irgendwie beunruhigte ihn das mehr, als Sirius‘ Anwesenheit.

„Bisschen spioniert, hm? Was hast du denn da?“ Sirius klang, als würde er gleich vor Wut platzen. Als Lockhart sich nur unverständlich rauszureden versuchte, riss Sirius ihm die Fotos aus den Händen. Die Kamera krachte zu Boden. Lockhart quietschte entsetzt, was Sirius grinsen ließ.

„Sieh an, sieh an…“ Sirius blätterte durch die Fotos. „Wie würde es Avery und seinen Spielhäschen wohl gefallen, wenn ich ihnen das hier zeige? Die haben ihren eigenen Spielern mit den Unverzeihlichen Flüchen gedroht. Dich könnten sie als Beispiel verwenden.“

„Zeig’s ihnen doch“, sagte Lockhart überraschend mutig. „Am besten das Foto, auf dem dein Bruder mit James Potter knutscht.“

Sirius erstarrte, allerdings nur für einen Moment, dann suchte er in Windeseile besagtes Foto heraus. Sein Gesicht verzog sich in eine angewiderte Grimasse, die Regulus nur zu gut von seinem Vater kannte. Lockhart bekam diesen angsteinflößenden Ausdruck frontal ab. Sirius zog seinen Zauberstab.

„Ich werde dir diese Idee aus deinem Lockenkopf hexen, weil ich mir sicher bin, dass du zu blöd bist, um dich verbal überzeugen zu lassen.“

Lockhart schluckte hörbar. Sein Haar richtete sich langsam auf, wie bei einem Pudel, der nach dem Regen trocken geföhnt wurde.

„So viel Haarspray zu benutzen ist ein Risiko. Sehr leicht entflammbar.“

„Oh, Gott, bitte nicht!“ Lockhart faltete die Hände. „Alles außer meinen Haaren, bitte. Ich werde niemandem etwas sagen. Ich find deinen Bruder ganz okay.“

„Ups.“ Scheinbar war das die falsche Antwort gewesen, denn Sirius ließ Funken aus seinem Zauberstab schießen. Sie landeten in Lockharts Haar und glühten dort munter vor sich hin. Sirius drehte seinen Zauberstab herum und die Funken brachen in kleine Flammen aus. Lockhart schrie panisch auf.

Von hinten ertönten schnelle Schritte.

„Sirius? Gott, was machst du denn da?!“ Die weibliche Stimme gehörte Lily Evans, das wusste Regulus, ohne sich umzudrehen. Dass sie gleich darauf durch ihn durch rannte, machte nichts davon besser. Um ihn herum verschwamm alles, wie die von einem Stein getroffene Wasseroberfläche. Er konnte nur vage erkennen, wie Lily den Brand in Lockharts Haaren löschte.

„Was machst du hier?“ Sirius‘ Stimme klang genauso verschwommen.

„Dir Nachsitzen für diesen Unsinn geben“, fauchte Lily, dann wurde sie freundlicher. „Ich hab mir Sorgen gemacht, nachdem du so wütend abgehauen bist. Und was hast du da in der Hand?“ Lily griff nach den Fotos, aber Regulus konnte nicht erkennen, was danach passierte. Das Bild verschwamm zu einer gräulichen Masse und als es sich wieder beruhigte, stand er in der Bibliothek von Hogwarts.

Regulus fuhr herum.

James stand leichenblass in der nicht weniger farblosen Umgebung. Regulus hatte gar nicht bedacht, was dieser Anblick für ein Schock gewesen sein musste. Für James. Regulus hatte es ja die ganze Zeit gesagt. Trotzdem wünschte er jetzt, dass es anders wäre.

„Hey…“ Er hastete auf James zu und umarmte ihn.

James erwiderte das. „Es ist nicht so, wie es aussieht“, wisperte er Regulus ins Ohr. James umklammerte ihn so fest, dass es wehtat. „Es kann nicht so sein. Er würde mir das nicht antut.“

„Er muss es nicht gewesen sein“, sagte Regulus und überraschte sich selbst damit am meisten. Er würde alles sagen, damit James‘ Stimme nicht mehr zittern musste. „Wir schauen uns jetzt an, woher das Pergamentvögelchen kam.“

James drückte einen Kuss in Regulus‘ Nacken, bevor er ihn losließ. Er sah immer noch sehr blass aus. Regulus fing an sich Sorgen zu machen. Vielleicht war das keine gute Idee gewesen.

James lächelte schwach. „Du siehst süß aus, wenn du lernst.“

Regulus schaute sich nicht um. Er mochte es nicht, sich selbst von außen zu betrachten. „Ich schau mal hinter den Regalen…“

James wandte sich ganz interessiert der lernenden Version von Regulus zu. Das war noch merkwürdiger, als sich selbst zu sehen.

Regulus ging durch die Regalreihen und entdeckte Madam Pince, zwei Schülerinnen, die kichernd auf der Suche nach dem Rezept für einen Liebestrank waren, und die Graue Dame, die am Eingang herumschwebte – kein Wunder also, dass keiner sich traute noch reinzukommen. Regulus traute sich nicht einmal in der Erinnerung durch einen eiskalten Geist zu gehen. Es war schlimm genug gewesen, Lily Evans für einen Moment in sich zu spüren.

Verwirrt kehrte er zu James zurück.

„Ich hab niemand verdächtigen gesehen. Vielleicht… James!“

James lag mit dem Oberkörper auf dem Tisch und starrte den falschen Regulus an. Regulus zerrte ihn in eine aufrechte Position.

„Aber du bist so goldig“, rechtfertigte James sich. „Warum lernen wir nie zusammen? Ich würde dich die ganze Zeit anstarren.“

„Eben.“ Regulus würde trotzdem lieber mit James, als mit Snape lernen, der die ganze Zeit nur seine Scherzbriefe las. „Es ist niemand hier“, kehrte Regulus zum Thema zurück. „Kein Lockhart, Sirius oder Lily Evans.“

James legte die Stirn in nachdenkliche Falten. „Wir kamen aus dem Bad, nicht wahr? Lockhart ist Vertrauensschüler. Er hätte reinplatzen können…“

„Ohne, dass wir das bemerken?“

„Sirius war oben bei mir“, sagte James. „Lily war auch oben. Aber ich hab ihr reingewürgt, dass ich ein Date hätte. Sie könnte also gleich danach hier herunter gelaufen sein.“

„Sirius hast du auch von unserem Date erzählt.“

„Und Lockhart steht auf Lila.“

Regulus hatte nicht mit dem patzigen Tonfall eines beleidigten Kindes gerechnet. James schien das selbst unangenehm zu sein. Er grinste entschuldigend und setzte sich auf den Tisch, wo Regulus Hausaufgaben machte. Die Möglichkeit, dass Sirius doch hinter all dem stecken könnte, schien ihm wirklich nahe zu gehen. So nah, dass sein rationales Denken sich wohl gerade verabschiedet hatte.

„Ich mein doch nur… Die Tinte ist lila gewesen, und du hast gesagt, dass das Vögelchen fliederfarben gewesen ist“, sagte James.

„Und was hätte Lockhart für ein Motiv?“

„Er hat mich immer angeschleimt. Vielleicht steht er auf mich.“ James klopfte sich auf eine ziemlich feminine Art imaginären Staub von seinem Umhang. „Schwul ist der definitiv“, näselte er.

Regulus schmunzelte. „Nur, weil er ein bisschen extravagant ist, muss er nicht schwul sein. Dumbledore ist auch extravagant und nicht schwul.“

„Ich hoffe, dass Dumbledore gar nichts ist.“ James schüttelte sich und atmete tief durch. „Okay, was machen wir jetzt?“

Regulus wusste es nicht. Er sah sich nach dem Pergamentvögelchen um. Eigentlich müsste es bald auftauchen.

„Wie weit können diese Vögel fliegen?“, fragte er.

„Keine Ahnung. Ich könnte Dorcas mal fragen. Sie benutzt die ständig.“

„James…“ Gerade wollte Regulus erklären, dass es sinnlos war, den Verdacht jetzt noch auf jemand vollkommen anderen zu lenken, als das Vögelchen durch das gegenüberliegende Fenster geschossen kam. Es flatterte aufgeregt herum und dann auf Regulus zu. James stürzte nach vorne ans Fenster und sah sich nach dem Absender um.

Regulus sah zu, wie er das Vögelchen auffaltete und erbleichte. Er war froh, dass er sich nicht lange so sehen musste. Der Anblick verschwamm und die letzte Erinnerung baute sich vor Regulus auf. Der Krankenflügel. Der Ort, von dem er ganz genau wusste, dass Sirius im richtigen Moment dort gewesen war. Und er verstand das erste Mal wirklich, dass er Sirius gar nicht sehen wollte. Er wollte sichergehen, dass er seinem Bruder wirklich vertrauen konnte.

Auch James zuliebe.

„Verflucht.“ James schlug gegen den Fensterrahmen des Krankenflügels und drehte sich zu Regulus um. „Ich hab niemanden gesehen. Hast du…“

„Dieser Avery ist so ein Feigling. Klettert einfach aus dem Fenster. Dämlicher geht’s ja wohl nicht.“ Seine eigene Stimme brachte James zum Verstummen.

Regulus sah auf das Bett, neben dem er gelandet war. James saß dort und streichelte Regulus‘ Hand.

„Danke, dass du wiedergekommen bist.“ Regulus fand, dass er ganz schrecklich klang. Er hoffte, dass das nur daran lag, dass er gerade einen Sturz hinter sich hatte, der ihm einen hässlichen Kopfverband beschert hatte.

„Du darfst dich später dafür bedanken. Oder besser nicht“, sagte James mit Blick auf ebendiesen Kopfverband.

Der richtige James stellte sich neben ihn und nahm Regulus‘ Hand.

„Wie wär’s, wenn ich mich anders bedanke? Wenn ich zum Beispiel die Weihnachtsferien nutze, um meinen Eltern von uns zu erzählen?“

Regulus drehte sich von seiner Erinnerung weg, als diese Worte einen plötzlichen Brechreiz erzeugten. Ihm wurde so schlecht, dass er sich schon nach einem Mülleimer oder so etwas umsah – aber konnte man sich in einer Erinnerung übergeben?

„Ich fand das sehr süß von dir“, wisperte James ihm zu, als würde er die Unterhaltung nebenan nicht unterbrechen wollen.

Regulus lächelte, auch wenn ihm immer noch schlecht war. „Ich wünschte, ich hätte es ihnen selbst sagen können. Hätte wahrscheinlich nichts geändert, aber einfach einmal etwas für mich selbst entscheiden zu können… das wäre nett gewesen.“

James zog ihn in seine Arme. Neben ihnen redeten jüngere Versionen über die Weihnachtsferien, schmiedeten Pläne, die in eiskaltes Wasser fallen würden, und Regulus verspürte mit jedem Wort ein stärkeres Bedürfnis, sich übergeben zu müssen.

„Mir ist schlecht“, warnte er James, aber der ließ ihn nicht los.

„Kotz mir ruhig auf die Füße.“

Regulus gluckste. Er lehnte sich in James‘ Umarmung und schaute über seine Schulter zum Eingang des Krankenflügels. Lily Evans schlurfte herein. Sie sah grauenvoll aus, aber warum sie sich nicht um ihr Aussehen gekümmert hatte, wusste Regulus nicht mehr. Es war ihm auch egal. Das Wichtige war, dass sie ihm James wegnahm und dabei keinen kleinen Zettel fallen ließ.

„Du klaust meinen Tarnumhang?“ James löste die Umarmung, griff aber nach Regulus‘ Hand. Er würde sie bestimmt loslassen, sobald Sirius kam. Erst einmal verschwand der andere Regulus unter dem Tarnumhang.

„Jetzt müsste er gleich kommen“, flüsterte Regulus und hoffte dabei so sehr, dass Lockhart sich vor seinen Bruder hier reinschleichen würde.

Tat er nicht. Sirius betrat den Krankenflügel. Wie zu erwarten zuckte James‘ Hand und verschwand dann ganz plötzlich. Regulus stellte verdutzt fest, dass gar kein James mehr neben ihm stand.

Er versuchte das noch zu verarbeiten, während Sirius sich im Krankenflügel nach ihm umsah. Dann packte ihn jemand am Kragen und riss ihn nach oben.

Regulus schnappte erschrocken nach Luft, als sein Kopf aus der Wasseroberfläche brach und er doch überhaupt nicht nass war. Er war wieder in dem feuchten Kellerloch. Keuchend fuhr er herum, um zu sehen, wer ihn gepackt hatte, aber vorher fiel ihm James auf. James, der auf dem Boden lag und sich nicht rührte. Er blutete am Hinterkopf.

Regulus stürzte auf ihn zu und suchte nach seinem Zauberstab. Er fand ihn nicht.

„Suchst du den hier?“ Sirius trat vor ihn. Er hielt Regulus seinen Zauberstab unter die Nase.

Regulus interessierte sich da nicht mehr für und sprang auf. „Hast du den Verstand verloren?! Was soll das?! Hast du ernsthaft deinen besten Freund niedergeschlagen?!“

„Er hat schon Schlimmeres abgekriegt“, sagte Sirius, klang aber, als würde er sich in Grund und Boden schämen. Leider war das noch nicht genug. „Ich kann das hier nicht zulassen, das verstehst du doch, oder Regulus?“

„Dann warst du es?“ Regulus hatte geglaubt, er würde traurig oder enttäuscht sein, aber er spürte einfach nur eine unbändige Wut in ihm aufsteigen, die den Brechreiz verpuffen ließ. „Wie sollte ich das verstehen?! Ich bin dein Bruder, verfluchte Scheiße.“

Sirius zog überrascht eine Augenbraue hoch. „Du solltest dich nicht so aufregen, Regulus. Du bringst das Licht zum Flackern.“

Regulus interessierte sich wenig dafür, ob er Sirius gleich zum Flackern bringen würde. „Wieso?!“

„Ich wollte immer nur dein Bestes. Du bist mein kleiner Bruder und du warst im Begriff eine falsche Entscheidung zu treffen. Ich –“

„Du hast mich verraten!“ Das Licht erlosch für einen Augenblick und ein Knirschen füllte die Stille zwischen ihnen. Sirius schwang seinen Zauberstab und brachte so Licht ins Dunkel. An den bodenlangen Fenstern des Kellerlochs hatten sich Risse gebildet. Das Glas war so dick, dass es dennoch kein einziger Tropfen Wasser hindurchschaffte.

Sirius blieb ganz ruhig. „Ich habe Vater kein Wort gesagt. Ich habe niemals irgendwem von deinen Eskapaden erzählt.“

Regulus entfuhr ein hysterisches Lachen. „Wenn du wüsstest, wie du dich gerade anhörst. Wie Vater. Du bist ihm so verflucht ähnlich.“

„Halt die Klappe“, knurrte Sirius. „Ich habe ihm nichts gesagt. Ich habe dir diese Nachrichten geschrieben, ja, aber nur um dich zum Nachdenken zu bringen.“

Regulus holte aus und schlug Sirius ins Gesicht. Dann noch einmal und noch einmal, bis er endlich Blut fließen sah. Sirius scherte sich nicht um seine aufgeplatzte Lippe.

„Ich kann nicht zulassen, dass du James davon erzählt“, fuhr Sirius ungerührt weiter, als wären Regulus‘ Schläge nicht mehr als Streicheleinheiten mit einer Feder. „Er ist alles, was ich noch habe, und ich werde nicht einmal riskieren, dass er nie wieder ein Wort mit mir redet.“

„Das hättest du dir vorher überlegen sollen!“ Regulus brachte schon wieder das Licht zum Flackern. Das Knirschen der Fensterscheiben beunruhigte nur Sirius.

„Reggie, komm runter. Das ist doch nicht mehr wichtig. Lass uns das einfach vergessen, okay?“ Sirius presste die Zauberstabspitze gegen James‘ Kopf und zog einen silbrigen Faden heraus, den er in einer Phiole unterbrachte.

Regulus ballte die Hände zu Fäusten. Hätte er seinen Zauberstab, dann würde er Sirius in die Luft jagen.

„Wir können jetzt einfach ganz von vorne anfangen. Du hast genug von der Familie und James liebt dich so oder so.“ Sirius wagte es zu grinsen. Regulus holte erneut aus, aber diesmal ließ Sirius seine Faust gegen einen magischen Schild krachen. Es fühlte sich an, als wären seine Fingerknöchel gebrochen. „Wieso musst du da denn so ein Drama draus machen?“

„Wieso löschst du nicht einfach auch mein Gedächtnis, wenn dir das hier zu dramatisch ist?!“, schnauzte Regulus. Er war so wütend, dass er die Tränen in seinen Augen gar nicht bemerkte.

Sirius ließ schuldbewusst die Schultern hängen. „Hör zu, ich… Reggie, ich hab hier doch nur die Erinnerung an euren kleinen Erinnerungsausflug. Wenn ich das mit dir mache… Du würdest das Thema doch nicht ruhen lassen. Deswegen red ich doch mit dir.“

„Du bist so ein verflucht egoistischer Bastard! Glaubst du wirklich, dass ich dir das durchgehen lasse? Du hast mich verraten und James auch. Er hat ein Recht darauf, das zu erfahren.“

„Regulus, ich habe niemals mit Vater oder Mutter oder irgendeinem anderen Verwandten über dich und James gesprochen. Wieso glaubst du mir nicht?“

„Weil du mich hintergangen hast.“

„Ich habe dich nicht –“

„Du bist ein Verräter, Sirius! Eine miese kleine Ratte, mehr nicht! Wenn James das –“

„Ich bin kein Verräter!“ Und diesmal knirschte das Glas wegen Sirius. Es klirrte sogar und verlor Splitter, die steinernen Wände wackelten und von der Decke rieselte Staub. Aus Sirius‘ Zauberstab und dem von Regulus schossen rote Funken.

Das flackernde Licht machte es nicht einfacher, einen Blick auf die Fenster zu werfen. Hinter den Scheiben rumorte es, als würde Sirius‘ Ärger den ganzen See aufwühlen.

„Du hast keine Ahnung, wie ich mich gefühlt habe. Ich hätte alles getan, um das rückgängig zu machen. Um euch beiden noch eine Chance zu verschaffen –“

„Sirius.“ Regulus deutete auf die Fensterscheiben und endlich hörte sein Bruder auf herumzuschreien. Keiner traute sich mehr einen Mucks von sich geben, Regulus atmete nicht einmal mehr. Er bereute das unglaublich, als keine fünf Sekunden später das Glas brach und tonnenweise Wasser auf ihn krachte.


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