von Dr. S
Sich gleich nach Sirius‘ Ansprache in den Gemeinschaftsraum der Slytherins zu schleichen war ein Fehler gewesen. James war mitten in die Siegesfeier des Quidditch-Teams – eher gesagt des gesamten Hauses – geplatzt. Und die lief vollkommen anders ab, als jede Party oben im Gryffindor-Turm.
James sah sich unter seinem Tarnumhang teils angewidert, teils fasziniert um. Eine dicke Rauchschwade hing unter der gewölbten Decke. Das ohnehin stets grünliche Licht war dumpf und reichte nicht in die hintersten Ecken hinein, was diverse Pärchen ausnutzten um in regelrechte Zungengemetzel zu verfallen.
Als würde das nicht reichen, um James glatt wieder zu vertreiben, war die Musik auch noch unglaublich laut und schlecht. Der Boden vibrierte, die Porträts an den Wänden wackelten, und doch hörte man draußen in den Korridoren der Kerker nichts. Die Geräuschkulisse wurde durch die dröhnenden Konversationen noch unangenehmer.
James hatte immer geglaubt, dass er der große Held war, wenn er Butterbier aus der Küche schmuggelte und Sirius währenddessen im Honigtopf die nötigen Sachen besorgte, damit sie eine vernünftige Siegesfeier werfen konnten, aber das hier widerte ihn nicht nur an, es kratzte auch an seinem Ego.
In jeder Hand bemerkte er Gläser mit jener goldenen Flüssigkeit, die er sich zusammen mit seinen Freunden von Madam Rosmerta hatte erbetteln müssen. Gut, ab und an war auch ein Butterbier dabei, aber wer wollte das schon trinken, wenn es hier die Gelegenheit gab sich an einem schier unendlichen Vorrat Feuerwhiskey zu bedienen.
Slytherins waren wirklich verachtungswürdig.
Und tanzen konnten sie auch nicht, stellte James fest, als er sich den Weg durch die Menge bahnte und dabei einen Haufen kreischender, giggelnder Mädchen passieren musste. Es waren durchaus hübsche Dinger dabei und die konnten bei genauerem Hinsehen auch ganz ansehnlich die Hüften schwingen, aber er zwang sich selbst dort nicht hinzustarren. Regulus konnte zwar gerade nicht sehen, ob James irgendjemanden ansah, aber es ging ums Prinzip.
Er hatte Regulus nicht wehtun wollen, als er mit Lily Evans geredet hatte. Und mehr hatte er auch wirklich nicht getan. Was immer Sirius gesehen hatte, war jedenfalls nicht absichtlich passiert. Lily war deprimiert gewesen und er hatte sie ein wenig aufheitern wollen. Eigentlich müsste Sirius sich dafür schämen, immerhin hatte er ihr diesen Liebeskummer verpasst – und James wusste auch, wie sich das anfühlte.
Deswegen hatte er auch nie wieder zulassen wollen, dass Regulus nochmal derartig leiden musste.
Gerade hatte er einen Teil von Regulus‘ Quidditch-Mannschaft gefunden und wollte sich zu ihnen durchkämpfen, als die tanzenden Mädchen aufkreischten. Niemand sonst schien sich groß darum zu scheren, aber James klingelten die Ohren und er schaute instinktiv zurück.
Ihm klappte die Kinnlade herunter, als er den Grund für den Kreischanfall sah: Regulus. Ein tanzender Regulus. James traute seinen Augen kaum. Regulus hielt eine ganze Flasche Feuerwhiskey in der einen Hand und hatte die andere in die Luft gestreckt. Sein Haar hing ungezähmt vor seinen Augen, flog wild hin und her, ohne dass eine weiße Bandage auch nur kurz aufblitzte. Umgezogen hatte er sich auch. Statt der Quidditch-Robe trug er eine dunkle Hose und ein schwarzes Hemd, das mehr offen als geschlossen war.
James starrte ihn eine geschlagene Minute einfach nur an.
Dann wechselte das Lied. Die Mädchen kreischten erneut auf, was Regulus genauso wenig störte, wie eine Brünette, die sich gegen ihn drückte. Ungerührt nahm er einen großen Schluck aus seiner Flasche und legte einen Arm um das tanzende Mädchen. Auch noch ein verflucht hübsches Mädchen. James hatte gar nicht gewusst, dass Slytherins hübsch sein konnte. Es fiel ihm nur jetzt auf, wo eine Schlange versuchte sich um seinen Freund herumzuschlängeln.
Wütend und mit geballten Fäusten stürmte James vorwärts und wollte Regulus schon aus dem Weg zerren, als ihm auffiel, dass er ja unsichtbar war. Unsichtbar inmitten von leicht angetrunkenen Slytherins. Er sollte vielleicht lieber nicht riskieren sich jetzt zu offenbaren.
„Hey, warum hast du eigentlich keine Freundin?“
James würde es riskieren. Er würde es definitiv riskieren von den Slytherins umgebracht zu werden, wenn diese brünette Schlampe es noch einmal wagte Regulus anzugraben. Glücklicherweise schien Regulus sich mehr für seine Flasche zu interessieren, die er in Sicherheit brachte, als das Mädchen danach griff. Er nahm einen Schluck, während sie sich an sein Ohr hängte.
„Willst du dich nicht verlieben?“, wisperte sie und leckte sich aufreizend über die Lippen.
Regulus grinste sie an. „Ich war schon verliebt. Das wird vollkommen überbewertet.“ Er wich den vollen Lippen geschickt aus, als das Mädchen ihn küssen wollte, und trank stattdessen lieber aus seiner Flasche.
James kochte vor Wut. Er wollte gerade Regulus‘ Handgelenk greifen, als das nach oben schoss. Regulus riss die Hand seiner Tanzpartnerin hoch und drehte sie einmal im Kreis.
„Nicht mehr reden. Lass uns tanzen!“
Hätte Regulus nicht so ausgelassen gelächelt, dann wäre James dazwischen gegangen. Je länger er die hochgezogenen Lippen allerdings betrachtete, desto trauriger wurde er. Bald war da kaum noch Wut in ihm, sondern nur ein beschämendes Gefühl, das seine Schultern herunterzog.
Er hatte das mit Regulus gemacht. Es war seine Schuld, dass Regulus so fertig mit den Nerven war. Wenn er jetzt ein bisschen flirtete, dann war das okay, dann waren sie wieder quitt. Und ein schlechtes Gewissen würde Regulus unweigerlich wieder zu ihm zurück bringen.
James drehte sich um. Er entdeckte Chambers und Rowle, die mit großen Augen durch ihn durchsahen und Regulus anstarrten. Der Anblick schien Regulus‘ Teamkameraden nicht minder zu überraschen, aber sie nahmen das alles mit Humor. James dagegen schlurfte betrübt davon, wollte schon zurück in den Schlafsaal, als ihm einfiel, was Sirius gesagt hatte.
Er durfte nicht riskieren, dass Regulus seinetwegen irgendwelche Dummheiten machte.
James kehrte um und steuerte auf die Treppen zu den Schlafsälen zu. Er konnte sich noch erinnern, wo Regulus‘ Schlafsaal war und fand sogar sein Bett gleich wieder, obwohl es dunkel war. James setzte sich hin und wartete.
Es fiel ihm ausgesprochen schwer ganz alleine in Regulus‘ Schlafsaal geduldig wartend herumzusitzen. Von unten aus dem Gemeinschaftsraum dröhnte die Musik zu ihm herein, der Raum vibrierte im Rhythmus und James ertappte sich trotz des schlechten Musikgeschmacks dabei mit dem Kopf zu wippen.
Mitternacht war lange vorbei, als er sich von Regulus‘ Bett erhob und beschloss sich ein wenig umzuschauen. Würde er sich nicht ablenken, dann hätte er keine andere Wahl, als an die möglichen Szenarien zu denken, in denen Regulus sich dort unten gerade befinden könnte. Und wehe, die ließen sich nicht wieder quitt werden…
Regulus‘ Nachttisch war ordentlich und charakterlos. Keine Bilder seiner Familie, Quidditch-Mannschaft oder von irgendeinem Zauberer, den er toll fand – alias James. Die aktuelle Ausgabe des Abendpropheten, ein paar ausgewählte Exemplare älterer Editionen des Tagespropheten und Bücher über Geschichte und Politik.
James fiel ein, dass er Regulus noch ein Buch schuldete.
Neugierig geworden öffnete er die erste Schublade des Nachttisches. Dort fand er ein paar Rollen Pergament, Federkiele und etwas, das wie ein Schmuckkästchen aussah. James griff die samtene Schachtel und öffnete sie. Regulus trug nie Schmuck, außer seinem Vertrauensschüler-Abzeichen und das war nun wirklich kein kostbares Stück.
Trotzdem fand James einen ziemlich protzigen Ring mit dem Familienwappen der Blacks. Sirius hatte denselben vor gut vier Jahren in den Schwarzen See geworfen. Warum er den nicht hatte tragen wollen, war eindeutig und verständlich, aber Regulus‘ Gründe ein Symbol seiner Familie wegzuschließen erschlossen sich ihm einfach nicht.
Neben dem Ring lag ein altes, recht klobiges Medaillon. James klappte es auf und blickte auf ein scheinbar uraltes Foto der beiden Black Brüder. Sirius zeigte seinem Bruder Hasenohren, was Regulus bemerkte, sich umdrehte und mit einem gezielten Schlag in den Magen Sirius verjagte. Dann rannte er ihm nach und das Bild war leer. James lächelte, klappte das Medaillon zu und legte es wieder zurück.
In der Hoffnung noch mehr niedliche Sachen zu finden öffnete James die untere Schublade. Tatsächlich lag versteckt unter einigen alten Aufsätzen noch ein Foto – und diesmal zeigte es ihn. James grinste breit, bis er bemerkte, dass er nie ein Foto zusammen mit Regulus gemacht hatte, und auf diesem waren sie zusammen zu sehen. Im Quidditch-Stadion saßen sie nebeneinander auf der Tribüne und Regulus wurde ganz wunderbar niedlich rot, als James ihm einen Kuss auf die Wange drückte.
Niedliches Foto, aber wie kam Regulus daran?
James schaute routinemäßig auf die Rückseite und wollte das Foto gleich wieder zurücklegen, blieb aber an der lilafarbenen Tinte hängen. Das war dasselbe grässliche Lila mit dem Lily ihn gezwungen hatte zu schreiben, so etwas vergaß ein Mann nicht einfach, und in dieser widerlichen Farbe stand eine brechreizverursachende Nachricht auf der Rückseite.
Das Foto hing zerknüllt in seiner Faust, bevor James diesen Gedanken verdaut hatte. Da war keine Spur von Scham oder Traurigkeit mehr in ihm, sondern nur noch heiße, kochende Wut.
Jemand erpresste seinen unschuldigen Eisklotz, und Regulus hatte ihm kein Wort gesagt; James wusste nicht, was ihn wütender machte.
Ehe er sich versah, schmiss James das zusammengeknüllte Foto mit voller Wucht in die Schublade und rammte sie zu. Fast gleichzeitig wurde die Tür lautstark aufgestoßen. Die laute Musik schallte herein und wurde von heiserem Lachen begleitet.
James lugte zur Tür. Avery hatte sie mit dem Fuß aufgetreten.
„Machst einen auf Actionheld, was?“, sagte Rosier, der Avery half einen regungslosen Körper in den Schlafsaal zu schleifen. Regulus hatte je einen Arm um Rosiers und Averys Schulter geworfen und hing zwischen ihnen wie ein nasser Sack.
„Maul halten“, grummelte Avery. Er hievte Regulus vorwärts zu dem nächstbesten Bett.
„Alter, das ist nicht sein Bett“, zischte Rosier und zerrte Regulus samt Avery zu dem richtigen Bett. James störte es, dass Rosier wusste, welches das richtige Bett war. „Hier. Komm schon.“
Zusammen warfen sie Regulus bäuchlings auf die Matratze, weckten ihn aber nicht auf. Sein Gesicht verschwand in seinem Kopfkissen und James fürchtete für einen Moment, Regulus könnte ersticken. Er streckte die Hand aus.
„Der erstickt uns noch.“ Avery kam ihm zuvor und drehte Regulus‘ Kopf ein Stück zur Seite.
„Nonsens.“ Rosier war dabei Regulus‘ Schuhe vorsichtig auszuziehen. Er stellte sie ordentlich vor das Fußende des Bettes und griff dann Regulus‘ Hose.
„Schwul ihn nicht an, Evan. Der hat genug getrunken, um das zuzulassen.“
Rosiers Grinsen gefiel James fast so wenig, wie seine Hände an Regulus‘ Rückseite. „Vielleicht hab ich’s da ja drauf abgesehen“, sagte er mit einem Zwinkern, und wäre James nicht unsichtbar, dann würde er Rosier jetzt die dämliche Visage polieren, bis sie strahlender glänzte, als das Geschirr beim Festessen. „Hilf mir jetzt, Mann.“
Avery tat wie ihm geheißen, aber nicht ohne sich noch ausgiebig angewidert zu schütteln. Zusammen zogen sie Regulus die Hose herunter und ließen ihn in Hemd und Boxershorts plus Socken liegen.
„Netten Hintern hat er ja. Kein Wunder, dass die Mädchen da drauf stehen“, murmelte Avery.
Rosier hatte Regulus‘ Hose zusammen gefaltet, hielt jetzt aber inne, um seinem Dreckskerl von Freund einen skeptischen Blick zuzuwerfen. „Soll ich euch zwei alleine lassen?“, fragte er glucksend und duckte sich unter Averys Faust, stolperte auf die andere Seite des Bettes. „Vielleicht wirst du dann ja mal deine Jungfräulichkeit los.“
„Ey, ich bin siebzehn. Niemand hat mit siebzehn… ne?“
„Regulus war heute definitiv kurz davor“, gab Rosier zurück, während er die Decke einfach unter Regulus wegzog und das mit so viel Schwung, dass Regulus fast auf den Rücken rollte. Allerdings wachte er immer noch nicht auf. „Was seine Eltern dazu wohl sagen würden?“
„Gar nichts“, sagte Avery scharf. „Es sagt ihnen ja niemand, dass ihr Musterjunge mal feiern will, dass er ’ne Sportskanone ist. Und trotz Kopfverletzung kann er das super.“
Rosier zuckte die Achseln, warf dann die Decke über Regulus. „Meinst du?“
„Meinst du nicht?“
„Weiß ich nicht.“
„Weißt du nicht?“
„Nerv mich nicht.“
„Leck mich.“
Rosier grinste. „Nein.“
Avery schlug mit den Fäusten in die Luft. „Arschloch“, schnaubte er und stampfte davon.
Rosier wagte es noch Regulus eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu wischen, bevor er Avery folgte. James richtete seinen Zauberstab auf Rosiers Füße und brachte ihn zum Stolpern. Mit voller Wucht knallte Rosier gegen Avery.
„Boah!“, schrie der auf, fuhr herum und stieß Rosier um. „Mach keinen auf Potter und Black, Evan!“
„Ich werd nicht bromantisch, klar? Ich bin gestolpert!“ Rosier trat Avery in den Hintern und beförderte ihn so aus der Tür raus. Averys Antwort kam nur noch dumpf aus dem Treppenhaus. „Jetzt brüll hier nicht so rum. Du weckst dein Spielhäschen noch.“ Damit zog er die Tür hinter sich ins Schloss, aber James glaubte immer noch die beiden Stimmen durch die Wände zu hören, bis sie irgendwann mit dem Dröhnen der Musik verschmolzen.
„Bromantisch?“, murmelte er kopfschüttelnd. Mit einem Schnippen seines Zauberstabes ließ er die Vorhänge von Regulus‘ Bett zufallen und schlüpfte zwischen ihnen durch. Regulus hatte sich immer noch nicht gerührt. Er schlief tiefer, als James es jemals erlebt hatte. Und mit seinen Socken.
James grinste. Er streifte seine Schuhe ab, legte den Tarnumhang ab und stahl sich zu Regulus unter die Decke.
Es dauerte ein bisschen, bis er es sich gemütlich gemacht hatte, dann legte er den Arm um Regulus und zog ihn an seine Brust. Genau diese vorsichtige Bewegung schien Regulus zu wecken – zumindest rührte er sich, kuschelte sich dichter an James‘ Schulter und seufzte leise.
Er sah so unschuldig aus, ganz anders als eben in seinem Gemeinschaftsraum, aber auch nicht ganz wie sein kleiner Eisklotz. James pustete ihm das zerzauste Haar aus der Stirn, versuchte aber nicht ihn zu wecken, auch wenn es ihn nicht stören würde, wenn er sich jetzt erklären könnte.
Ein kleines Lächeln lag auf Regulus‘ Lippen. Unschuld und Schlaf ließen es so viel leichter aussehen, trotzdem viel ungewohnter. Seufzend stellte James fest, dass Alkohol wohl eine extrem lockernde Wirkung auf Regulus hatte.
„James…“ Regulus murmelte im Schlaf, auch etwas, das er sonst nicht tat. Es war aber süß, vor allem, weil er den richtigen Namen sagte. James strich ihm über die Wange, und obwohl es nur ein Finger war, der über die warme Haut fuhr, versuchte Regulus sich ganz instinktiv gegen ihn zu schmiegen.
James küsste ihn auf die Stirn. „Ich liebe dich.“
Regulus seufzte und murmelte gleichzeitig, sodass es schwer war, die Worte zu verstehen: „Ich liebe dich auch…“
James grinste. Er quetschte Regulus an sich und gluckste in sich hinein. Vergessen war der ganze Stress dieses Abends. Regulus liebte ihn, hatte es ihm jetzt endlich einmal direkt gesagt – irgendwie – und genau deswegen konnte er gar nicht lange sauer auf James sein. James würde sich entschuldigen, Regulus großmütig vergeben, dass er sich mit einem ganzen Haufen Mädchen amüsiert hatte, und dann konnten sie sich diesem Foto widmen.
Wer immer es wagte seinen Regulus zu erpressen, der würde den Zorn des James Potter zu spüren bekommen.
Und diese Tinte, derartig hässlich in ihrem grellen Lila, konnten ja nicht so viele Menschen benutzen. Er würde einfach Lily fragen, wo sie die bekommen hatte, und dann jeden einzelnen Schüler, der sie verwendete, in ein monströses Hamsterrad stecken, bis irgendjemand gestehen würde.
James starrte nachdenklich in die Dunkelheit, während er mit Regulus‘ Haaren spielte. Und wenn Regulus jetzt schon wusste, wer dahinter steckte? Wenn er jetzt schon irgendetwas getan hatte, damit niemand von ihnen erfuhr? James wollte gar nicht darüber nachdenken, was man von Regulus verlangen könnte, aber seine Gedanken verselbstständigten sich einfach. Und Regulus war höchstwahrscheinlich bereit gewesen mehr als sein ganzes Sparbuch für die Bewahrung eines so sinnlosen Geheimnisses zu geben. All das auch noch, während James ihn ununterbrochen damit genervt hatte, sich nicht immer so anzustellen.
Andererseits hätte er doch einfach öffentlich sagen können, dass er James mochte, dann hätte er absolut kein Problem gehabt. Gerade in letzter Zeit hatte James sogar das Gefühl gehabt, Regulus würde es zwischen ihnen endlich richtig ernst werden lassen, warum hätte er sonst seinen Eltern von ihnen erzählen wollen?
Er verstand das nicht. Er gab sich wirklich Mühe, und so hatte er letztendlich auch verstanden, warum Regulus so verletzt gewesen war, nur weil er mit Lily Evans einen etwas längeren Blick ausgetauscht hatte. Aber das hier verstand er nicht. Ohne Geheimnis, keine Erpressung. Ohne Erpressung, kein über alle Maßen angespannter Regulus. Ohne Anspannung, kein Nervenzusammenbruch mit Alkoholabsturz. Ohne Nervenzusammenbruch, kein aufflammender Beschützerinstinkt bei Sirius. Ohne Beschützerinstinkt, keine Gefahr für seine Bromanze mit Sirius.
James verdrehte die Augen bei der Erinnerung an diese merkwürdige Bezeichnung. Avery und Rosier waren wohl mächtig neidisch auf die Vorzeige-Freundschaft zwischen Sirius und ihm. Das konnte man natürlich verstehen. Da steckten auch sechs Jahre Arbeit drin. James war zuversichtlich, dass er genauso eine Vorzeige-Beziehung mit Regulus aufbauen konnte.
Wenn der kleine Eisklotz endlich auftauen und mit ihm reden würde, ihm vertrauen würde.
James seufzte auf, ein wenig laut, denn gerade dann hörte er, wie sich die Tür öffnete. Er hielt den Atem an, als Regulus‘ Mitbewohner sich gähnend und schlurfend in ihre Betten verzogen. Bald darauf herrschte Ruhe. Das ewige Dröhnen der Musik war verebbt und erlaubte jetzt auch den armen Erstklässlern zu schlafen, die definitiv nicht Regulus‘ Schlafmittel zu sich genommen hatten.
Mit dem Vorhaben auch ein wenig zu schlafen, nahm James sich die Brille ab und legte sie neben Regulus‘ Kopfkissen. Dann schloss er die Augen und begab sich auf die hoffnungslose Suche nach Schlaf.
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