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Fanfiction

Cassandra - 3)

von käfer

Und hier kommt schon der dritte und letzte Teil dieser eigentlich als Oneshot gedachten, aber dafür etwas zu langen FF.
@Lilian: Vielen Dank für den lieben Kommi! Ich hoffe nur, dass Du über das Ende nicht enttäuscht bist. Aber die Story ist nicht so, dass sie zwangsläufig mit dem hier zu lesenden Ende aufhört. Für den FF-Wettbewerb war eine Maximallänge vorgegeben, die ich in der Originalfassung schon ganz schön überschritten hatte.

Was Cassandra sucht, ist ja eigentlich klar - den Dunklen Lord. Aber was wird sie in Hogwarts finden? - Die Antwort findet ihr hier.


Cassandra verwahrte Lord Voldemorts Zauberstab sicher in ihren Kleidern, stieg auf den Besen und verließ Indien ohne jedes Bedauern.
Nach einer Woche landete sie in einem Park mitten in London; es war kurz nach Mitternacht und nur noch wenige Leute unterwegs. Ohne zu zögern ging sie in die Tottenham Court Road, betrat ein bestimmtes Haus und ging in die Dachgeschosswohnung, die ihr gehörte, seit sie volljährig war. Pussy, die Hauselfe, empfing ihre Herrin mit hunderten von Verbeugungen.
Cassandra fand die Wohnung so vor, wie sie sie verlassen hatte. Ihr blieb allerdings keine Zeit, sich lange auszuruhen, zu viel hatte sie vor, bis sie in Hogwarts antreten musste.
Als erstes suchte sie Gringott´s auf und tauschte ihre Dollars in schöne, goldene Galleonen. Als zweites besuchte sie das Grab ihres Vaters. Wie immer, wenn Cassandra nicht wusste, was sie als nächstes tun sollte, setzte sie sich auf die Einfassung und hielt in Gedanken Zwiesprache mit ihm. Es hatte ihr immer geholfen, sich an die gemeinsamen Stunden mit ihrem Vater zu erinnern, sich seine Worte ins Gedächtnis zurückzurufen. „Wenn dich dein Weg in die Irre geführt hat, dann kehre zum Ausgangspunkt zurück und versuche es noch einmal. Irgendwann findest du die richtige Abzweigung.“ Damals hatte sie nicht verstanden, was er gemeint hatte, doch jetzt wusste sie, dass es im übertragenen Sinne gemeint war. Sie war bei ihrer Suche nach dem Dunklen Lord vollkommen in die Irre gegangen. Niemals war der Meister in Indien gewesen oder hatte das Land auch nur erwähnt – weshalb also sollte er gerade dort etwas für seine Weiterexistenz hinterlassen haben?
Cassandra musste wieder beim Punkt Null anfangen und alle Plätze aufsuchen, von denen sie wusste, dass der Meister dort gewesen war. Allerdings wusste sie fast nichts über das, was er getan hatte, bevor er Lord Voldemort wurde und hatte deshalb keine Ahnung, wo sie suchen sollte.
Der eine oder andere hätte vielleicht erwartet, dass der Meister Cassandra anvertraut hatte, welche Maßnahmen er ergriffen hatte, um seinen Untergang zu verhindern. Sie verstand jedoch vollkommen, warum er das nicht getan hatte: Die überlebenswichtigen Maßnahmen teilte man niemandem im Klartext mit.

Cassandra suchte zunächst Godric´s Hollow auf, jenen Platz, wo die Tragödie passiert war. Sie tarnte sich als harmlose Besucherin und spazierte durch das Dorf. Das Kriegerdenkmal erregte ihre Aufmerksamkeit, als sie im Vorbeigehen Magie spürte. Vor ihren Augen verwandelte sich das Muggelmahnmal in ein Denkmal für James und Lily Potter. Cassandras Beherrschung wurde angesichts dessen auf eine harte Probe gestellt. Die Zauberer verehrten die Potters tatsächlich als Helden! Was mochte aus dem kleinen Bengel geworden sein, dem es zu verdanken war, dass der Dunkle Lord an der vollständigen Machtübernahme gehindert wurde? Cassandra wagte nicht, darüber nachzudenken.
Auch das Haus hatten sie in ein Mahnmal verwandelt. Cassandra spürte nichts als die Übelkeit, die in ihr aufstieg, als sie den Kult registrierte, der um die Potters getrieben wurde. Schade nur, dass sie den Bengel nicht in ihrer Klasse haben würde; wenn sie sich nicht verrechnet hatte, kam er erst im nächsten Schuljahr nach Hogwarts.
Um sich zu beruhigen und abzulenken, apparierte Cassandra zu jener Schlucht, in der sie damals, einen Tag nach ihrem Schulabschluss, das Dunkle Mal erhalten hatte. Viele Anhänger hatte Lord Voldemort zu jener Zeit noch nicht gehabt; er war erst im Aufbau seines Gefolges gewesen. Der Aufnahme war eine harte Prüfung vorausgegangen. Cassandra hatte beweisen müssen, dass sie die Alte Magie beherrschte und sich im Duell zur Wehr setzen konnte. Auch ihre Geduld wurde auf die Probe gestellt, aber mit dem Gedanken an die Lehren ihres Vaters schaffte sie alles spielend. Mit dem letzten Test wollte der Dunkle Lord sicherlich herausfinden, wie weit sie zu gehen bereit war. Er ließ ihr den Stiefvater vor die Füße werfen und befahl ihr, den Mann zu töten. Cassandra glaubte nicht, dass der Meister wusste, welchen Gefallen er ihr damit erwies. Bertram Carrington, dessen Namen zu tragen sie damals noch gezwungen war, hatte den Tod hundert Mal verdient. Er hatte Cassandra geschlagen und ihre Mutter belogen und sie wegen Ausübung Schwarzer Magie angezeigt, nur weil sie an Alten Ritualen teilnahm. Während sie in Askaban saß, hatte er sich mit Muggelfrauen herumgetrieben, dann wollte er sich an Cassandra vergreifen. Sie hatte sich mit dem Zauberstab zur Wehr gesetzt und dabei den Rauswurf aus Hogwarts riskiert. An all dies erinnerte sie sich in dem Moment, als der Mann vor ihr lag. Carrington hatte einen schnellen Tod nicht verdient. Cassandra hätte ihn gern leiden sehen, so wie ihre Mutter gelitten hatte. Doch der Dunkle Lord wollte wissen, ob sie den Todesfluch anwenden konnte und wollte und so musste sie es kurz machen.
Andere Kandidaten, die ebenfalls vor der Aufgabe standen, einen in Ungnade gefallenen Verwandten töten zu müssen, machten ziemliches Theater. Niemand erledigte das so kalt und präzise wie Cassandra, die damit den Grundstein für ihre Karriere beim Dunklen Lord legte. Niemand erfuhr je, wie sie zu ihrem Stiefvater stand; mochten ruhig alle glauben, sie hätten ein gutes Verhältnis gehabt.
In jener Schlucht hatten noch andere Aufnahmerituale stattgefunden, doch je mehr Leute sich dem Dunklen Lord anschlossen, umso kürzer wurde die Probezeit, umso lascher die Prüfungen. Nur das Beseitigen unwerten Lebens blieb.

Zwei Wochen lang reiste Cassandra herum, suchte die Orte auf, an denen sich die Zauberer trafen, stellte Fragen, hörte Antworten und löschte bei ihren Gesprächspartnern die Erinnerung an ihre Fragen.
Es sah nicht gut aus. Etliche der früheren Gefolgsleute saßen noch im Gefängnis; Barty Crouch, in den Cassandra große Hoffnungen gesetzt hatte, war in Askaban gestorben. Igor Karkaroff war in seine Heimat zurückgekehrt. Vor einem Jahr hatte man ihn zum Direktor von Durmstrang gemacht; Cassandra hörte, dass dort jetzt wieder „Schwarze“, also Alte Magie unterrichtet wurde. Ein Lichtblick, doch Cassandra hatte nicht vor, Kontakt zu Karkaroff aufzunehmen. Sie würde niemanden treffen, ehe sie nicht genau wusste, welche Stellung jeder Einzelne inzwischen bezogen hatte.

So kam sie in den Vormittagsstunden des 25. August in Hogwarts an. Als sie das Direktionsbüro betrat, hatte sie für einen Augenblick den Eindruck, dass Albus Dumbledore sie irritiert ansah. Doch sofort zeigte er ihr ein nichtssagend-freundliches Lächeln. Er hielt sich nicht lange bei der Vorrede auf, ließ sich nur in groben Zügen erklären, was sie unterrichten wollte. Dann rief er eine Hauselfe herbei. „Cilly wird für die Zeit in Hogwarts Ihre persönliche Dienerin sein“, erklärte er und wies die Elfe an, Cassandra ihre Wohnung zu zeigen.
Die Räume waren groß und behaglich eingerichtet; Cassandra brauchte nur wenig zu verändern, damit sie es gemütlich fand. Die Wohnung hatte zwei Ausgänge, eine Tür führte in einen abgeschlossenen Gang mit anderen Lehrerwohnungen, durch die zweite gelangte Cassandra über eine schmale Treppe direkt in ihr Büro. „Sie können sich das Büro ruhig ein bisschen wohnlich einrichten“, hatte Dumbledore gesagt, „Es ist üblich, dass sich die Lehrer den ganzen Nachmittag dort aufhalten.“
Cassandra wusste, dass die Gestaltung eines Raumes einiges über seinen Bewohner aussagte. Sie würde das Büro also irgendwie unpersönlich oder nichtssagend dekorieren. Doch damit wollte sie sich erst später befassen, zunächst war es für sie wichtiger, zu schauen, mit wem sie im Lehrerzimmer zusammentreffen würde. Auf dem Weg dorthin kam sie am Büro von Pomona Sprout vorbei. Schau an, die Kräuterhexe war noch da. Und Minerva McGonagall auch. Die alte Schreckschraube war inzwischen sogar stellvertretende Direktorin. Pffft!
Cassandra hatte sich vorgenommen, nicht mehr Kontakt mit den Kollegen zu pflegen als unbedingt notwendig. Und sollte sich versehentlich ein junger Lehrer zu sehr um sie bemühen, würde er sein blaues Wunder erleben…
Ehe Cassandra weiter nach bekannten Namen suchen konnte, ertönte ein Gong. Das bedeutete, dass sich die Lehrer im Nebenraum der Großen Halle zum Mittagessen einfinden sollten.
Als Cassandra eintraf, waren bis auf zwei alle Plätze besetzt. Dumbledore stand auf und stellte sie als neue Kollegin vor. Cassandra lächelte in die Runde und sagte: „Ich freue mich, hier arbeiten zu dürfen.“
Allgemeines Nicken und Lächeln war die Antwort. Die Tür flog auf, herein kam ein Mann mit wehendem schwarzem Umhang. „Tag allerseits“, knurrte Severus Snape.
Cassandra hatte eine Sekunde lang Mühe, ihr Gesicht unter Kontrolle zu halten. Mit Severus war sie damals in eine Klasse gegangen…
Sein Blick war noch stechender als damals. Über seine Züge huschte ein kurzes Zeichen des Erkennens, dann setzte er sich und aß schweigend, ohne Cassandra Beachtung zu schenken.

Cassandra wusste, dass auch Snape ein Todesser gewesen war – er war mit ihr zusammen aufgenommen worden. Doch die Erinnerung an ihre Gefolgschaft hatte sie in den Hirnen aller, die dabei gewesen waren, gelöscht. Sie fragte sich nur, ob Dumbledore wusste, wen er da beschäftigte. Anscheinend war es unbedingt notwendig, dass sie in den alten Zeitungen nachschlug, vielleicht war Snapes Name im Zusammenhang mit den Prozessen gegen die Todesser erwähnt. Cassandra meinte, einmal etwas in dieser Richtung gelesen zu haben.
Zum Glück wurden in der Hogwarts-Bibliothek alle Ausgaben des Tagespropheten aufbewahrt und Cassandra musste lesen, dass Dumbledore für Snape gebürgt hatte. Ihr ging ein Licht auf. Snape hatte Dumbledore ausspioniert. Doch Dumbledore erfreute sich noch immer bester Gesundheit…
„Man begegnet sich immer zweimal im Leben, nicht wahr, Cassandra?“ Snape setzte sich zu ihr an den Lesetisch.
Ihr lief ein Schauer über den Rücken. Als sie das letzte Mal mit Snape geredet hatte, war der noch im Stimmbruch gewesen. Im Laufe der Jahre war seine Stimme zwar männlicher, aber ölig und unangenehm geworden. Cassandra zuckte mit den Schultern. „Scheint so.“
„Verteidigung gegen die Dunklen Künste – wirklich sehr passend für eine Slytherin.“
„Na und?“, sagte Cassandra und dachte: ´Hau bloß ab und lass mich in Ruhe!´
„Vor allem, wenn man bedenkt, wem du dich verpflichtet hattest.“
Cassandra zuckte zusammen. Bluffte er, oder…? „Wen meinst du?“, fragte sie kalt und versuchte, ihre Aufregung zu meistern.
„Du weißt schon, wen. Ich habe gesehen…“ Dabei ruhten seine Augen auf ihrem linken Unterarm. Cassandra fluchte innerlich. Sie hatte Snapes Erinnerung doch auch…?
„In meinem Gedächtnis kann niemand rumpfuschen, auch eine Cassandra Westerman oder Carrington nicht oder wie auch immer du jetzt heißt.“
„Westerman“, sagte Cassandra mechanisch. Ihre Gedanken überschlugen sich. Wollte Snape sie aushorchen? Vielleicht sogar anzeigen? Was wusste er über sie? Wieso erinnerte er sich? Sie schaute ihm in die Augen und suchte die Antwort in seinem Kopf. Doch alles, was sie sah, war die Erinnerung an ihre erste und letzte Vereinigung mit einem Mann. Mit Severus. Angewidert zog sie sich aus seinem Geist zurück. Er grinste ekelhaft.
Da kam ihr die rettende Idee. „Lassen wir die Vergangenheit ruhen. Du-weißt-schon-wer ist weg und ich habe mir ein neues Leben aufgebaut. An einer Wiederholung gewisser Dinge bin ich nicht interessiert.“
„Ich auch nicht“, erwiderte Snape kalt, ohne seinen stechenden Blick von Cassandra zu nehmen.
Sie hatte größte Mühe, ihren Geist verschlossen zu halten und ergriff lieber die Flucht. Betont ruhig stand sie auf. „Wir sehen uns beim Abendessen“, sagte sie leichthin und verließ die Bibliothek.
Cassandra musste ab jetzt doppelt und dreifach auf Tarnung und Täuschung achten. Sie war auf einen ebenbürtigen Gegner gestoßen.


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