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Fanfiction

Lily und James - ihre Geschichte - Bittersüß

von Sternengreifer

A/N: Am Anfang vielleicht etwas anders, als ihr es erwarten würdet (ich hab auch nicht damit gerechnet…) Kennt ihr das auch mit diesen Szenen oder Figuren, die ohne Einladung in eure Geschichte marschieren und erzählt werden wollen? Tja, der erste Abschnitt zählt zu diesen Szenen. (und die Geschichte wird dem relativ hohen Rating nach siebenundzwanzig Kapiteln ausnahmsweise mal so halbwegs gerecht.)

Danke an LittleMissCullen, Dumbledore,Albus, MIR, sirius' widow, maren-jo, hermine-luna-lily, BlackVanilla und mrs.black, die mir mit ihren hinreißenden Reviews jedes Mal die Zeit versüßen =) Danke (: Ich ziehe meinen Hut vor euch, werte Menschenkinder (; Rekommis gibts HIER (Ihr müsst nur ein bisschen runterscrollen ;) )
Tut mir leid, dass es mit dem Posten nach wie vor so schleppend voran geht, aber irgendwie fahre ich gerade über einen recht holprigen Weg in meinem Leben und hoffe einfach mal, dass ich irgendwann mit einem atemberaubenden Ausblick belohnt werde (: Ich geb mein Bestes!
Euch allen einen wunderschönen Sommer und beste Grüße! (und an all diejenigen unter euch, die noch keine Sommerferien haben (also von der jüngeren Generation ^^): Nehmt’s nicht so schwer ^^ Wenn ihr dann endlich Ferien habt, ist das Ende meiner nur noch einen Wimpernschlag von mir entfernt *schnief*)
Viel Spaß beim Lesen, auch wenn’s diesmal etwas trauriger wird, falls es mir denn gelungen ist…


Kapitelbild: Klick

________________________________________________________________



- 27 -


Bittersüß



Egal wie schwarz die Wolken sind, hinter ihnen wird immer die Sonne scheinen.






Ein lauter Knall riss sie unsanft aus dem Schlaf.

Schwer atmend und mit weit aufgerissenen Augen lag sie da und lauschte in die Dunkelheit, während ihr Herz einen Schlag lang aussetzte, nur um wenige Sekunden später den Betrieb doppelt so eifrig wieder aufzunehmen.

Gefahr.

Es hätte genauso gut der Vorbote eines der Gewitter sein können, die in dieser Jahreszeit oft Londons Vorstädte heimsuchten und alles durcheinander brachten. Vielleicht ein heftiger Donnerschlag, der das Glas in den Fenstern zum vibrieren brachte und sich grollend im ganzen Haus ausbreitete. Dann würde es zu regnen beginnen. Geräuschvoll und stetig schlüge er auf dem Dach auf, zerbräche in tausend Tröpfchen und rauschte die Regenrinne hinab, in eines der drei großen, blauen, zur Hälfte gefüllten Fässer, die bald darauf überlaufen und den Garten mit sprudelndem, klarem Wasser durchfluten würden.

Doch sie war sich sicher, dass es nicht so war.

Gefahr.

Intuitiv wusste sie, dass sie von unfassbarem Glück sprechen konnte, sollte sie den nächsten Morgen noch in seiner vollen Pracht erleben und unbeschadet von den ersten hellen Sonnenstrahlen geweckt werden.

Thomas würde sie für dieses Gefühl vermutlich verspotten und ihr liebevoll in die Wange kneifen - vielleicht all ihre Sorgen einfach wegküssen - doch sie wusste, dass sie sich nicht täuschte.

Ein zweiter ohrenbetäubender Knall wie ein Kanonenschlag und ihr Mann richtete sich kerzengerade im Bett auf.

“Was war das?”, alarmiert sah er sich im Schlafzimmer um und versuchte, in der klammen Dunkelheit irgendwelche bedrohlichen Umrisse auszumachen.
Als er die Nachttischlampe einschalten wollte, hielt sie ihn ängstlich davon ab.

“Schatz, was zum -” Ein dumpfer Aufschlag unterbrach sein leises Geflüster, gefolgt von gedämpftem Gemurmel und Schritten. Leisen, fremden, trippelnden Schritten, die sich zielsicher und selbstbewusst durch das Haus - ihr Haus - bewegten.

Die beiden saßen in ihrem Ehebett und wagten kaum zu atmen. Ihre Herzen pumpten viel zu schnell Blut und Adrenalin durch ihre Adern, während die Schritte immer lauter wurden.

“Einbrecher!”, wisperte ihr Mann und stieg aus dem Bett.
Er tastete sich bis zum Wandschrank auf der anderen Seite des Zimmers vor, zog mit einem leisen Knarren eine der unzähligen Schubladen auf und wühlte scheinbar planlos darin herum. Die Schritte entfernten sich wieder.

Seine Frau saß weiterhin im Bett und beobachtete ihn, die Decke wie zum Schutz bis zum Hals gezogen, die Augen weit aufgerissen.
Irgendetwas lief hier furchtbar falsch. Ihr Atem kam zu hektisch und ihr Herz trommelte verzweifelt gegen die Rippen. Gott sei Dank waren wenigstens ihre Kinder außer Haus.

“Die Alarmanlage!”, ungewollt laut und kratzig rutschte ihr dieses Wort über die Lippen. “Wieso ist die Alarmanlage nicht angesprungen?”

Aus dem unteren Stockwerk war ein weiterer Knall zu hören, gefolgt von einem lauten, irren Lachen.

Dann geschah etwas Merkwürdiges: Ein beinahe zarter Windhauch fuhr durch das Zimmer, streifte die Wangen der Frau und schien sie zu umhüllen. Ihrem Mann schien es ähnlich ergangen zu sein. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit und sie konnte seine ängstliche, verwirrte Miene ausmachen, da sich sein schmales Gesicht fahlweiß von dem dunklen Grau des Schrankes abhob.

Das Ehepaar erstarrte. Automatisch lenkten beide ihren Blick zur Tür.
Schritte.
Näher kommende Schritte und die knarrenden Stufen der Treppe erfüllten ihr Denken mit Panik und durchzogen wie wabernder Nebel ihren Verstand.

Dann eine Stimme, die so unglaublich nah klang und gleichzeitig den Eindruck erweckte, sie käme von überall zugleich. Wie bei einer Lautsprecheransage am Bahnhof füllte sie scheinbar das ganze Haus aus.

“ABSCHAUM!”, ein schriller Ton, der in den Ohren wehtat und ihnen durch Mark und Bein ging. “Wenn ihr glaubt, wir wissen nicht, dass sich da oben ein paar dreckige Muggel herumtreiben, dann irrt ihr euch gewaltig. Aber versucht nur, abzuhauen oder uns irgendwas entgegenzusetzen, das macht die ganze Sache wesentlich schmackhafterund spaßiger. Wir haben Waffen und Mittel, die ihr euch nicht einmal vorstellen könnt und wir kriegen euch, darauf könnt ihr euer verdammtes, dreckiges Blut verwetten.”

Die Frau war in der Zwischenzeit zitternd aus dem Bett gesprungen und presste sich Halt suchend an ihren Mann, der vor Angst und Wut wie erstarrt war und dem merkwürdigen Nachhall der Stimme lauschte.

“VERDAMMT, WAS FÜR KRANKE SCHWEINE SEID IHR?! VERSCHWINDET AUS MEINEM HAUS UND LASST MEINE FAMILIE IN RUHE! ICH HETZT EUCH DIE BULLEN -”, sie presste ihm ihre Hand auf den Mund, als es um sie herum bedrohlich still wurde, er biss die Zähne zusammen und ein wütendes, hysterisches Lachen war zu hören.
Sie waren vor ihrer Tür.

Dann ein lautes, heftiges Pochen, jemand schlug mit unmenschlicher Kraft gegen das dünne Holz. Die Tür erzitterte bedrohlich. Holz knackte, doch sie hielt den Schlägen stand.
Die Frau begann hysterisch zu weinen. Der nächste Knall ließ sie herumfahren. Das Fenster bebte wegen der Erschütterung immer noch.

“Die Scheißkerle wollen uns nur Angst machen!”, ihr Mann hatte sie fahrig an sich gedrückt, fuhr ihr unbeholfen über den Rücken. Und zitterte dabei. Dann richtete er sich auf und bedeutete ihr, am Boden zu bleiben.

Wieder ein lauter Knall.
Wir kriegen euch!” zuckrig süß und hoch klang die Stimme nun. Allem Anschein nach war es eine Frau, die sprach. Sie ließ erneut ein gackerndes Lachen hören, dann wurde es still.

“WER SEID IHR, VERDAMMT NOCH MAL? WAS WOLLT IHR VON UNS?”, sie schrie, ihre Stimme überschlug sich, während ihr Mann versuchte, die Kommode vor die Tür zu schieben. Sie bereute, kein Telefon im Schlafzimmer zu haben.
Wieder war ein Lachen zu hören.

Was wollt ihr von uns? Wer seid ihr? Was wollt ihr von uns? Wer seid ihr?”, in einem spöttischen, immer schneller werdenden Singsang äffte die Frau sie mit einer furchtbar klingenden Babystimme nach. Lautes Gejohle ertönte. Gejohle, das sich nach verdammt vielen anderen Menschen anhörte.

“Ihr langweilt mich so. Immer die gleichen Fragen. Als würdet ihr alle einem geheimen Skript folgen, von dem wir nichts wissen. Aber wir sind hier die Spielleiter. Ihr wollt Antworten? Dabei ist es doch so offensichtlich. Aber ihr Muggel seid blind und taub für die Welt, die euch umgibt, der ihr untertan seid. Dreckiger Abschaum, widerliche Gossenkinder! Die Jagd ist eröffnet”, kreischte sie.

Dann ein Schrei, der von überall herkam, undefinierbare Worte, die in all ihrer Absurdität beinahe wie ’Abra Kadabra’ klangen und der Situation somit etwas Groteskes verliehen, ein schrilles Lachen und das Fenster zerbarst.

Ein grüner Lichtstrahl raste surrend auf ihren Mann zu.
Er traf ihn mitten in den Rücken.

“THOMAS!”, kreischte sie, er hielt verwirrt inne und dann war es schon vorbei.
Ohne einen Ton von sich zu geben, sackte er auf der Stelle zusammen, wie ein Kartenhaus, von einem beiläufigen, kalten Luftzug berührt.

Sie schrie auf und hechtete zu ihm.
Brüllte seinen Namen, schüttelte ihn.

Sie fasste an die Stelle, wo ihn der Strahl getroffen hatte, um seine Blutung zu stoppen. Doch da war nichts.
Es konnte nicht wahr sein. Sie hatte doch genau gesehen, wie ihn der Strahl getroffen hatte. Irgendeine kranke, neue Waffe.
Er war zusammengebrochen, ohne die winzigste Verletzung. Was war hier los? Millionen Möglichkeiten kamen ihr in den Sinn und gleichzeitig war ihr Kopf so unglaublich leer, dass ihr schummrig wurde.
Das konnte doch alles nicht wirklich passieren!

Hysterisches, euphorisches Lachen flutete die Wände. Blut schien an ihnen hinab zu rinnen. Zugleich wurde der Raum immer weiter und länger und größer.

Sie wusste nicht, wie lange sie ihn hielt, ihren Kopf in seinen weichen Pyjama gepresst hatte und wie viele Küsse sie auf seinem immer noch warmen Gesicht verteilt hatte. Irgendwann wurde es um sie herum ganz still.

Ihr wurde schwindlig, als sie schließlich versuchte sich aufzuraffen.

Der Schrank! Sie kroch auf allen vieren zu ihm hin, öffnete ihn und griff nach dem erstbesten Ding, das ihre Finger streifte. Nur am Rande realisierte sie, dass sie einen schwarzen Stöckelschuh mit einem mörderisch hohen Absatz in den Händen hielt.
Das war ihre Chance. Sie musste zum Telefon in der Küche gelangen, sich dort verstecken, um Polizei und Krankenwagen herzuordern.
Sie lief zur Tür, stieß sie auf und -

Nichts.

Stille hatte sich über das Haus gelegt, drang in ihre Ohren ein und ließ in ihrer Brust einen bestialischen Schrei entstehen. Sie wollte auf die Knie sinken und weinen, doch riss sie sich zusammen und schritt langsam die Treppen herunter, den Schuh wie einen Baseballschläger in erhobener Hand.

Schrittchen für Schrittchen für Schrittchen. Tränen flossen ihr übers Gesicht, bis sie glaubte, daran zu ersticken. Kein Ton. Nicht mal der leiseste Atemzug war zu hören, nur ihr eigenes, mühsam gedämpftes Röcheln, das langsam aber sicher zu einem panischen Keuchen anschwoll.

Sie erreichte die Küche unversehrt, warf einen zaghaften Blick aus dem Fenster. Nichts. Nur berstend laute Stille und vollkommene Dunkelheit. Nicht einmal die Straßenlaternen waren eingeschaltet und tauchten die Straßen wie sonst in ein sanftes, orangerotes Licht.
Sie griff mit schwitzigen Händen nach dem Telefon auf der Anrichte, ließ sich mit dem Rücken zum Kühlschrank zu Boden sinken und wählte die Notrufnummer.

“Hallo?”, eine helle Stimme ertönte nach dem Freizeichen. Sie schrie in den Hörer, hysterische, merkwürdige Satzungetüme verließen ihre Kehle, doch auf der anderen Seite der Leitung schien sie niemand zu hören.

“Hallo? Hallo? Wer ist da? Bitte schildern Sie mir ihre Situation und nennen Sie ihren Aufenthaltsort! Hallohallohallohallohallo?!”, sie schluchzte in den Hörer und schrie die Frau am anderen Ende der Leitung an.
Hilfehilfehilfehilfehilfehilfehilfehilfehilfehilfehilfehilfehilfehilfehilfehilfe!
Sie ließ den Hörer langsam aus ihrer Hand gleiten und schlug den Kopf gegen die Kühlschranktür.
“Das ist nur ein Traum, nur ein Traum, nur ein Traum!”, sie hickste leicht auf und schlang die Arme um ihre Knie. Sie musste hier irgendwie rauskommen!

Ein Knall ertönte und die Frau erstarrte, unfähig, sich umzudrehen und den Urheber der lauten Atemzüge, die nun ihre Gedanken beherrschten und ihre Angst schürten, anzustarren. Der seidene Faden, an dem das Unheil bisher wie ein Damoklesschwert über ihr gehangen hatte, zerriss wie ein modriges, rissiges Blatt Pergament, packte sie im Nacken und saugte alle Kraft aus ihr heraus. Wie gebannt saß sie da, starr und ging alle lächerlich optimistischen Rettungsmöglichkeiten gedanklich durch.

“Es ist zwecklos Mäuschen.”, die Gestalt stand plötzlich vor ihr, ein schwarzer Umhang, tief ins Gesicht gezogen, eine bleiche, silbrige Maske mit zwei schmalen Augenschlitzen und sie fühlte sich in einen billigen Horrorfilm versetzt. Eine Aura von freudiger, ja beinahe euphorischer, atemloser Erregung umgab die Gestalt. Sie konnte den nächsten Schritt kaum abwarten.

“Niemand kann dich hören oder sehen. Oder gar retten.”, mehr Gestalten erschienen hinter ihr mit einem leisen ‘Plopp‘. Sie strich der schwer atmenden Frau am Boden sanft über die Wange. “Aber, aber… Wer wird denn weinen, Kleines?”, fragte sie und der viel zu süße Unterton in ihrer Stimme jagte ihrer ’Beute’ einen eisigen Schauer über den Rücken. Die Maskierte kniff ihr in die Wange und verpasste ihr eine schallende Ohrfeige. Die Frau taumelte zurück, schmeckte Blut im Mund und sah ihre Angreifer hasserfüllt an.

“Schade, dass du ihren Mann schon getötet hast, Rodolphus!”, meinte die Maskierte nun “Wir hätten bestimmt unseren Spaß an den beiden gehabt. Wie kleine, zappelnde Würmer. Fische, die man aus dem Wasser genommen und aufs Land geschmissen hat”, sie seufzte theatralisch auf.

“Hör auf, deine hochmütigen, lächerlichen Reden zu schwingen”, murrte der Angesprochene missmutig, “du wirst schon noch deinen Spaß haben, Bella!”

Die Frau, die bis dahin bewegungslos in ihrer Starre am Boden verharrt hatte, richtete sich plötzlich wie eine Schlange auf und stieß ’Bella’ den Stöckelschuh mit dem Ansatz voran, so fest sie konnte in die Wange.

Blut spritze und die Maskierte schrie, gellend und klar. Ein endlos lang gezogenes, haltloses Gebrüll. Wutentbrannt, nicht schmerzvoll.
“Bella!“ kreischten einige der Anwesenden erschrocken auf.

Mit dem Stöckelschuh in der Hand nutzte die Frau die Schrecksekunde, um zur Küchentür zu robben. Doch einer der Maskierten schaltete schnell genug und trat ihr auf den Arm.
Ein hässliches Knacken war zu hören, der Schuh fiel achtlos aus der nutzlosen Hand, die sich nicht mehr bewegen ließ und sie keuchte auf vor Schmerz.

Bella hatte sich indessen wieder gefasst, richtete den dünnen Holzstab, den sie in der Hand hielt, auf ihre Wange, wo der tiefe Einstich, aus dem immer noch Blut quoll, sofort verheilte, und ließ einen wütenden Schrei hören. Er hinterließ auf beiden Seiten Stille, auf der einen Seite angereichert mit Anspannung, knisternder Erwartung und auf der anderen Seite durchwoben von reiner, unverfälschter Angst.

“Das hättest du besser nicht getan, die widerliche, dreckige Schlampe!”, kalt und klar und mit diesem merkwürdigen, fanatischen Wispern in der Stimme richtete Bella den Stab nun auf die Frau am Boden, die anderen Maskierten taten es ihr gleich.

“Crucio!”

Als die Lichtblitze auf sie zu surrten, schloss die Frau ergeben die Augen und rollte sich zu einer Kugel zusammen, in der Hoffnung, dass es, wie bei ihrem Mann, schnell und schmerzlos gehen würde.



~ * ~



~ James ~


Am nächsten Morgen weckte mich eine eingeschnappte Madam Pomfrey noch vor dem Frühstück.

Mein Schädel brummte und meine Muskeln fühlten sich so an, als hätte ich die ganze Nacht über Berge von Büchern gestemmt.

Unwirsch zog sie die Vorhänge zur Seite, riss mein Kissen hinter meinem Nacken hervor, schüttelte es aus, gab es mir zurück und blieb dann abwartend vor meinem Bett stehen.
“Trinken Sie das!”, bellte sie mich an und deutete auf ein Tablett, das mit einem dumpfen Aufschlag, der die Ampullen und Tassen, die darauf standen und mit den unterschiedlichsten Getränken gefüllt waren, zum Klirren brachte, auf meinem Nachttisch landete.

Ich kniff die Augen zusammen, um sie vor der plötzlichen Helligkeit zu schützen und streckte mich aus. Mein Hals knackte dabei zwar merkwürdig, aber Schmerzen blieben diesmal aus.
Während ich nach einem der Becher griff, der eine dampfende, braune, dickflüssige Substanz enthielt, warf ich einen Blick aus dem gegenüberliegenden Bogenfenster.

Die helle Morgensonne hing noch nicht sehr hoch am wolkenlosen Himmel, schien aber bereits mit voller Kraft und tauchte die Ländereien in ein frisches, klares, beinahe grelles Licht.

“Na los, trinken Sie schon!”, fauchte Madam Pomfrey, die mich nach wie vor belagerte, ungeduldig.

“Aber Poppy!“ meinte ich gespielt entrüstet und fuhr genüsslich langsam über den rauen Rand des Bechers. “Nur mit der Ruhe, sonst überarbeiten Sie sich noch. Stress ist nicht gut für die Gesundheit, wussten Sie das etwa nicht?”, fragte ich herausfordernd und ließ mich, den Becher mit beiden Händen umklammernd, wohlig seufzend in mein frisch aufgeschüttetes Kissen sinken und während mein Blick durch den steinernen Raum wanderte.

Die weißen Messingbetten waren weitgehend leer, nur Regulus’ Bett am Ende des Saales war immer noch mit langen, weißen Vorhängen verhüllt.

Statt auf mich einzugehen, zog die Krankenschwester ihren Zauberstab, richtete ihn auf den Becher in meiner Hand, der sich nun meinen Händen entriss, von selbst zu meinem Mund schwebte und so penetrant gegen meine Lippen tippte, dass ich ihn ohne Widerrede mit einem einzigen, großen Schluck trank.

“Bei Merlin! Was ist das?”, brachte ich keuchend und mit Tränen in den Augen hervor, als das Gesöff brennend meine Speiseröhre hinab lief.

Madam Pomfreys Lippen umspielte ein listiges, kleines Grinsen. “Warmes Bier mit rohem Ei. Alte Muggelrezeptur. Dieses ‘Gesöff’, wie Sie es so schön nennen, soll eine stärkende Wirkung an den Tag legen…”

“Sie hätten mir auch einen ganz einfachen Stärkungstrank geben können!”, empörte ich mich, während ich krampfhaft versuchte, das Zeug im Magen zu behalten.

“Hätte ich.”, sie zupfte meine Decke zu Recht, während ihre geschürzten Lippen ein leichtes Lächeln umspielte.
„Morgens ein Bier und der Tag gehört dir.“, murmelte sie mit einem ungewöhnlichen, zynischen Unterton, bevor sie mit ihrer üblichen autoritären Stimme fortfuhr: „Na los, trinken Sie die restlichen Tränke!”

Misstrauisch und mit einem widerlichen Geschmack im Mund, griff ich beleidigt nach der nächsten, um ein vielfaches kleineren Ampulle.

Aber Madam Pomfrey war wohl der Ansicht, dass ich für heute genug gelitten hatte; die anderen Tränke schmeckten zwar ungewohnt bitter, lagen aber noch im erträglichen Bereich.

“Ich denke, Sie können gehen!”, meinte sie schließlich, als ich auch die letzte Ampulle heruntergewürgt hatte und hielt mir meine Klamotten und meinen Umhang hin.

Ich sprang auf, nahm ihr die Sachen aus der Hand und machte dann die Andeutung einer Verbeugung vor ihr.

“Sie sind und bleiben einfach die beste Heilerin, die Hogwarts je gesehen hat, Ma’am!”, ich setzte mein breitestes, charmantestes Lächeln auf und sie konnte sich ein leichtes Kichern nicht verkneifen.

“Na, na, jetzt verschwinden Sie schon, bevor ich es mir anders überlege!”, sie machte eine abfällige Handbewegung.

Ich blieb stehen und grinste sie herausfordernd an: “Flirten Sie etwa mit mir?”

Sie schüttelte nur lachend den Kopf und scheuchte mich zur Tür.

“Und Potter?”, sie hielt mit gezücktem Zauberstab kurz inne und betrachtete mich eingehend. Ihre graue Hogwartsheilertracht mit dem merkwürdigen, weißen Spitzhut, verlieh ihrer Gestalt im grellen Sonnenlicht der frühen Morgensonne etwas Surreales. Das Bett, in dem ich gelegen hatte, bezog sich bereits von selbst.

“Ja?”, ich setzte meine Unschuldsmiene auf. Madam Pomfrey wuselte schon wieder weiter in Richtung Regulus’ Krankenstätte.

“Das Schuljahr hat noch exakt vier Wochen. Meinen Sie, dass Sie und Ihre Freunde Black und Pettigrew es schaffen, hier vorher nicht noch einmal aufzukreuzen?”, sie musterte mich abwartend, halb belustigt, halb besorgt.

Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
“Ich verspreche nichts, was ich nicht halten kann!”, ich zuckte entschuldigend mit den Schultern. “Also halten Sie uns unsere Stammbetten besser frei, wir wollen uns schließlich noch einmal gebührend von unserer Lieblingsheilerin verabschieden!”

Dann huschte ich schnell durch die schwere Holzpforte in Richtung Gryffindorturm und hinterließ eine Madam Pomfrey, die nicht so recht zu wissen schien, ob sie nun lachen, weinen oder in wüste Beschimpfungen ausbrechen sollte.

*


Eine halbe Stunde später saß ich frisch geduscht und fertig angezogen neben den Rumtreibern am Gryffindortisch und lud meinen Teller gut gelaunt mit Schinken, Toast und gebackenen Bohnen voll.

Remus stocherte missmutig in seinem Haferbrei herum, während Peter und Sirius ebenso zulangten wie ich und Lily über ihrem Verwandlungsbuch nicht einmal bemerkte, dass ihr der Honig von ihrem Brötchen, das scheinbar vergessen in ihrer Hand ruhte, auf den Schoß tropfte.

An diesem Montagmorgen sah man überraschend viele Schüler, die es ihr gleich taten und anstatt Toast und Brötchen Schullektüre in sich hineinstopften.

Mit einem belustigten, fragenden Blick beugte ich mich vor, nahm ihr vorsichtig das immer noch tropfende Brötchen aus der Hand und küsste ihr einen Tropfen Honig aus dem Mundwinkel.

Sie verdrehte lächelnd die Augen, stieß mich grinsend weg und pustete sich ungeduldig eine rote Strähne aus ihrem unordentlich gebundenen Pferdeschwanz aus dem Gesicht.

“Ich weiß genau, was du jetzt denkst, also verkneif es dir! Prüfungsstress”, sie wedelte mit ihrem Verwandlungsbuch vor meiner Nase herum. “Auch wenn dir das wohl völlig fremd zu sein scheint. Weißt du, es gibt Leute, die müssen für einen guten Abschluss etwas tun. In einer Woche geht’s schließlich los!”, sie nahm mir ihr Honigbrötchen aus der Hand und biss herzhaft hinein, bevor sie sich wieder den Verwandlungsformeln widmete.

“In einer Woche schon?!”, Wurmschwanz war ganz blass geworden und schob seinen vollen Teller von sich. “Bei Gryffindor, wie die Zeit vergeht!”

“Na? Wollen euch die Abschlussprüfungen auch töten?”, fragte Kathy Frobisher, die sich mit ihrer besten Freundin Mary McDonald zu uns gesellte und zwischen Lily und einem immer noch sehr stillen Moony Platz. “Ich hab gestern bestimmt fünf Stunden Zauberkunst am Stück gebüffelt und trotzdem bin ich mir zu hundert Prozent sicher, dass ich die praktische Prüfung verhauen werde. Das wird nächsten Dienstag einfach nur die größte Blamage der letzten sieben Jahre glorreicher Schulzeit für mich…”

“Also ich lass’ mich da gar nicht erst drauf ein!”, meinte Tatze lässig und schüttete sich Kürbissaft nach.

“Jaah, warum sollte man sich damit auch vor Dienstag herumschlagen?”, fügte ich grinsend hinzu. “Zwei Freistunden vor der Prüfung reichen locker zum Lernen.” Ich lud mir Würstchen auf den Teller und biss herzhaft in mein Toastbrot hinein.

Kathy warf uns einen halb abschätzigen, halb belustigten Blick zu, griff nach einem Brötchen und meinte dann leise zu Lily: “Alice ist übrigens wieder da. Sie ist uns in der Eingangshalle zusammen mit McGonnagall entgegengekommen. Ich dachte nur, dass du das bestimmt gern wissen würdest…”

Lily ließ ihr Honigbrötchen zurück auf den Teller sinken, stopfte das ramponierte Verwandlungsbuch in ihre braune, mit den Jahren leicht schäbig gewordene Umhängetasche und stand so hastig vom Tisch auf, dass sie Sirius’ Kürbissaftkelch umstieß.

“Schon okay, Evans!”, rief er ihr ärgerlich hinterher, während er die klare, orangefarbene Flüssigkeit, die sich über seinen gebratenen Speck ergossen hatte und auf dem dunklen Tisch eine große Pfütze hinterließ, vorsichtig mit dem Zauberstab beseitigte.

Lily verließ wortlos die Halle, und hätte Kathy nicht beschwichtigend mein Handgelenk gepackt und mitleidig den Kopf geschüttelt, wäre ich ihr wohl hinterher gelaufen.



~ Lily ~


Alice stand viel zu plötzlich vor mir.

Ich stoppte abrupt, als ich ihre vertraute Silhouette erkannte und rannte beinahe in Professor Slughorn hinein, der mir ein kleines, väterliches Lächeln schenkte und mir sachte auf die Schulter klopfte.

“Alice!”, ich hauchte ihren Namen nur, ein bisschen erschrocken und erleichtert, doch sie hatte mich dennoch gehört.

Das Gespräch zwischen McGonagall und ihr erstarb, die Professorin wandte sich mit einem sanften Wuschen ihres dunkelgrünen Samtumhangs Frank zu, der merkwürdig verloren neben seiner Freundin aussah. Alice suchte meinen Blick.

Sie sah merkwürdig aus. So vertraut und doch so fremd.

Alice.
Unscheinbare, glückliche, beliebte Alice. Immer ein warmes Blitzen in den Augen. Federmädchen. Franks Alice.
Kindische, verspielte, witzige Alice. Das alles war ihr irgendwie abhanden gekommen.
Sie sah so erwachsen aus. Und so verdammt ernst.

“Oh Alice!”, ich überwand die wenigen Schritte zwischen uns, während mir das schlechte Gewissen die Leviten las und drückte sie an mich. Alice ließ ein leises Glucksen hören, halb Schluchzen, halb Lachen und tätschelte mir unbeholfen den Rücken.

“Lily, es ist in Ordnung. Ich komme klar”, ich konnte nicht anders und merkte, wie mir die Tränen über die Wangen liefen. Ich kam mir so lächerlich vor und konnte dennoch nicht umhin, sie noch fester zu umarmen.

“Es tut mir so leid! Ich bin eine schreckliche Freundin, die schrecklichste, mieseste, egoistischste, blöd-”

“Lily, Lily!”, brachte sie gepresst hervor. “Ich komme klar, wirklich. Und du zerquetschst mich gerade.”

“Oh”, sagte ich verlegen und ließ von ihr ab. Sie schenkte mir ein mattes Lächeln.

“Schon okay…”

Dann schwiegen wir einen Augenblick und lauschten Frank und McGonagall, die sich über die Verwandlungs-UTZe unterhielten. Die Sonne fiel durch die leicht geöffnete Eingangspforte, traf das Stundenglas der Hufflepuffs und brachte die beachtliche Anzahl der Opale darin zum Funkeln, bis die ganze gegenüberliegende Steinwand mit hellgelben, glitzernden Sprenkeln versehen war.

Ich fing Alices Blick auf.
“Es tut mir so leid”, sagte ich schlicht und meinte es auch so.

Sie sah mich fest an. “Danke. Ich weiß”
Wir umarmten uns erneut.

“Morgen ist ihre Beerdigung.”, fing sie leise an, als wir uns voneinander lösten. Ihre Stimme stockte beim dem letzten Wort und sie starrte auf die funkelnden Sprenkel an der Wand. “Dumbledore entschuldigt uns vom Unterricht und ich wollte… dass ihr mitkommt. Du und James und die Rumtreiber. Und Kathy, Mary und Daphne… Vor allem Mary. Mein Bruder und sie sind vor zwei Jahren zusammen gewesen, weißt du noch?”, die Worte verloren sich in ihrer haspelnden Aussprache. Sie wirkte erschöpft und blieb trotzdem so standhaft.
Ich bewunderte sie. Nichts konnte sie wirklich unterkriegen . Sie hatte einen starken Geist und ein großes Herz.
Alice war etwas Besonderes.

Ich nickte sanft und strich ihr über den Arm. “Natürlich Alice! Alles, was du für richtig hältst”

Plötzlich sammelten sich Tränen in ihren Augen und sie wisperte: “Ihre Körper sind verschwunden, Lily, kannst du dir das vorstellen?”

Ich erstarrte.

“Sie haben uns gar nichts von ihnen gelassen, vorgestern waren sie noch da und dann sind sie mit allen anderen Leichen plötzlich weg gewesen! Der Ministeriumsbeauftragte, der sie bewachen sollte, hat schreckliche Dinge erzählt”, sie flüsterte es nur und ihre leise Fistelstimme jagte Gedanken und Vorstellungen durch meinen Kopf, die mir vor Angst den Atem stocken ließen.

“Ich will nicht, dass es so enden muss! Die letzte Ruhe, Lily! Verstehst du? Sie dürfen nicht mal schlafen. Das ist nicht fair”, sie schluchzte leise und Frank eilte zu ihr, bevor ich auch nur die Hand ausstrecken konnte. “Nicht fair!”

*


Der Tag verging schleppend langsam.

Zaubertränke war eine Tortur.
Alles lief mechanisch ab und zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich mich an dem Ergebnis nicht erfreuen.

Weder die Farben des Trankes bis zu seiner Fertigstellung faszinierten mich, noch entfaltete die Zubereitung ihre beruhigende Wirkung auf mich. Ich liebte dieses Fach und hatte den Sinn für die Schönheit der sanften Rauchschwaden und dem leisen Blubbern der Tränke schon vor langer Zeit für mich entdeckt.

Slughorn hielt mich am Ende der Stunde auf und versuchte, mir zu entlocken, was denn nur los sei. Ich schenkte ihm ein kleines Lächeln, nahm ihm dankend ein Stückchen kandierte Ananas ab und antworte mit einer ausweichenden, fadenscheinigen Nichtigkeit, von wegen ‘Prüfungsstress und Schulsprecheraufgaben’.
Er nickte mir aufmunternd zu und drückte mir einen samtroten Briefumschlag in die Hand.

“Um Sie auf andere Gedanken zu bringen!”, meinte er wohlwollend und ich grinste ihm matt zu.
“Danke”, sagte ich tonlos und verließ fluchtartig das Klassenzimmer.

*


Als der Tod zum ersten Mal meinen Weg kreuzte, war ich vier.

Ein kleiner, schillernd bunter Vogel war damals gegen unser Küchenfenster geflogen, davon abgeprallt und lag mit merkwürdig verdrehtem Köpfchen zwischen Lilien und Petunien gebettet in Mums Vorgarten.

Er sah so friedlich aus. Klein, verletzlich, als würde er schlafen. Mum legte ihn in eine Schuhschachtel und vergrub ihn mit einem bedauernden Kopfschütteln von Petunia und mir begleitet genau an dieser Stelle. Wir streuten Rosenblätter über sein frisch ausgehobenes Grab, bastelten aus zwei dünnen Zweigen und Kordband ein kleines Kreuz und spielten Beerdigung - damals war der Tod nicht mehr als ein Spiel. Ein flüchtiger Bekannter, der mal eben kurz Hallo gesagt hatte und keine bedrohliche, schwarze Wand, die Leere und Stille hinterließ.

Als er mir zum zweiten Mal begegnete, war ich zehn.

Meine Großmutter war gestorben und in der kleinen Kirche, in der sie beerdigt wurde, hatte man sie in ihrem schwarzen Sarg aufgebahrt.
Wir sollten alle nach vorne treten und ihr ‘die letzte Ehre’ erweisen.

Als ich vor ihr stand, wusste ich nicht so recht, was ich von dem ganzen Theater halten sollte.

Wie sollte ich traurig sein, wenn das in der Kiste gar nicht meine Granny war?
Granny hatte immer ein Strahlen im Gesicht gehabt, ihre Augen hatten gefunkelt, wenn sie wild gestikulierend von irgendwelchen Ereignissen erzählt hatte, die schon viele, viele Jahre zurück lagen. Meine Granny war immer in Bewegung gewesen, nie konnte sie still sitzen, sie raubte Mum damit oft den letzten Nerv, obwohl sie in dieser Beziehung ganz genauso war.
“Jetzt halt doch endlich still, Mutter!”, hatte sie dann immer ausgerufen, die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen und verärgert gezischt: “Du machst hier noch alle nervös!”

Die Person in der Kiste wirkte so unglaublich steif, wie sie da auf weißen Seidenkissen gebettet war, und kam mir so unfassbar unecht vor, in der Tat hatte ich niemals etwas gesehen, was bewegungsloser und stiller ausgeschaut hatte. So unheimlich leblos.

Ich zuckte zusammen, als ich in den Zügen Granny erkannte. Hastig trat ich einen Schritt zurück.
Einer meiner Großonkel legte mir beschwichtigend seine Hand auf die Schulter.

Und plötzlich war sie da.
Angst.

Ich fürchtete mich vor diesem Ding namens Tod, von dem ich schon so viel gehört hatte.
Ich fürchtete mich vor dieser kühlen Endgültigkeit, mit der Granny da lag, in ihrem schwarzen Sonntagskleid und dem hochgesteckten, grauen Haar, das früher einmal rot gewesen war, auf glänzendem Stoff, von dem ein beißender, chemischer Gestank ausging.

Warum stand sie nicht auf? Warum lachte sie nicht über mein verdutztes, ängstliches Gesicht, kniff mir liebevoll in die Wange und sagte tadelnd: “Na, na Kindchen? Wer wird denn weinen?”
Warum? Warum? Warum?
Es wollte einfach nicht in meinen Kopf passen. Schien zu groß und sperrig.

Ich suchte in der Menge nach Petunias Blick.
Sie weinte und quetschte Dads Hand so fest sie nur konnte.

Es war komisch, den Tod plötzlich vor sich zu haben.
Er schien so unnahbar, und gleichzeitig lag da in Form von Granny der greifbare Beweis für seine Existenz.

Hinter mir hörte ich ein lautes Schluchzen.
Überrascht drehte ich mich um und blickte genau in Mums verweintes Gesicht. Sie hielt sich ein Taschentuch vor den Mund und hatte die Augen weit geöffnet. Tränen flossen wie kleine Sturzbäche über ihre Wangen und wurden von dem Tuch nur notdürftig aufgefangen. Ein paar rote Flecken zierten ihre Wangen.

“Was hast du, Mummy?”, fragte ich leise und griff nach ihrer Hand. Sie lächelte sanft und strich mit dem Daumen über meinen Handrücken. Dann hickste sie leicht.

“Nichts, Liebling, es ist nur so, dass ich meine Mum furchtbar vermissen werde.”

Damals hatte ich zwei Dinge gelernt;

Erstens: Auch Mums konnten ihre Mütter, ganz unabhängig davon, wie alt sie waren, furchtbar vermissen.
Zweitens: Der Tod war viel mehr als nur ein flüchtiger Bekannter, der ab und an vorbei schaute, um ‘Hallo’ zu sagen.

*


Seitdem waren gut neun Jahre vergangen, doch mit Beerdigungen konnte ich noch immer nicht viel anfangen.

Wir standen auf einem kleinen Friedhof im Süden Englands. Neben mir James und die Rumtreiber, gefolgt von den anderen Mädchen aus meinem Schlafsaal.

Es war ein frischer, klarer Frühsommermorgen. Möwen kreischten lauthals über uns und zogen ihre Kreise in dem stahlgrauen Himmel. Der Rasen wirkte bereits gelblich und verdorrt und die dunklen Grabsteine verliehen dem ganzen eine düstere Atmosphäre.

Irgendeine junge Hexe hielt eine endlos lange Rede über Alex, musste einige Male an sich halten, um nicht in Tränen auszubrechen. Stockend langsam und schniefend erzählte sie von ihm, bis sie irgendwann aufgab, ihre Pergamentblätter zusammenklaubte und sich mit einem kleinen Hicksen von den leeren Särgen entfernte, die in einem wahren Blumenmeer zu schweben schienen.

Dann herrschte Stille.

Es war wirklich merkwürdig, wenn so viele Menschen auf einem Haufen standen und einfach nur schwiegen. Es ist eine erdrückende, laute Stille und doch ist sie erwünscht und angebracht. Und schwer. Schwer zu ertragen, weil alles, was vorher von Worten übertönt wurde, plötzlich vor einem steht.

Ihr Schmerz lag auf einmal so greifbar in der Luft, ihre Trauer war plastisch geworden, sodass ich das Gefühl hatte, jeden Moment daran zu ersticken - und doch war es nicht mein Schmerz, nicht meine Trauer. Höchstens ein kleiner Teil davon.

Ich sah zu James auf, dessen Gesichtszüge zu einer starren Maske verzogen waren. Remus, der neben ihm stand hatte den gleichen Ausdruck aufgelegt und Sirius und Peter wussten nicht, wo sie hinschauen sollten, so hektisch strichen ihre Blicke über den Friedhof. Mir wurde schon vom Zusehen ganz schlecht.

Vielleicht war es ja wirklich diese Stille, die mit uns Dinge machte, die wir selbst nicht einmal verstanden. Sie lag auf unseren Ohren, schrie uns schrill Wahrheiten entgegen, die wir einfach nicht ertragen konnten und trieb mir die Tränen in die Augen.

Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass sie aus bloßem Mitgefühl entstanden, aber dem war nicht so.

Alice und Mrs. Prewett standen in der ersten Reihe und wurden von mitleidigen Blicken bombardiert. Alice aufrecht und starr, ihre Mum gebeugt und verkrampft.

Der kleine Zauberer, der schon die Beerdigungszeremonie von James’ Eltern durchgeführt hatte, stand nun vor einem kleinen Rednerpult und sprach mit seiner leiernden Stimme von Verlust und unserem Umgang damit, von Liebe und Loslassen können und von Zeit, die irgendwann alle Wunden heilen würde.

Es dauerte einen Augenblick, bis ich begriff, dass ich weinte.
Ich weinte um Alices Dad und ihren Bruder, um James’ Eltern und die Menschen, die wegen Voldemort bereits gestorben waren oder es vielleicht noch tun würden. Ich weinte um James, Sirius, Remus und Peter. Um Severus, meine Vergangenheit und meine Familie. Und vor allem weinte ich um mich und meine Zukunft. Wegen der dunklen Ungewissheit, die sich vor sie geschoben hatte und sie nun umhüllte, wie undurchdringlicher, schwarzer Rauch es mit der Sonne tat.

James’ Arme fingen mich auf. Merkwürdig zaghaft und angenehm kühl fuhren seine Finger über meinen Rücken, strichen tröstend meine Wirbelsäule entlang. Sein vertrauter Duft hüllte mich ein, ließ mich für einen Augenblick die Angst vergessen, die plötzlich so verdammt präsent war, ihre Klauen in meine Gedanken geschlagen hatte und in meinem Kopf endlose Kreise zog, bis ich mich wie ein kläglicher, verklebter Klumpen Elend fühlte, der vor Panik fast verging.

Ich kam mir so widerlich vor. Auf einer Beerdigung von anderen Menschen Selbstmitleid zeigen und daran zerfließen. Heuchlerische, elende, kleine Lily…

Tod ist etwas Gewaltiges, Unfassbares, das all unsere Vorstellungskräfte sprengt und einfach keinen Platz in uns finden kann.

>>Nie wieder<<
Wer kann schon behaupten, den Sinn dieser Worte jemals wirklich erfassen zu können oder die Endgültigkeit, die dahinter steckte, auch nur ansatzweise zu verstehen?

Spüren konnte man sie.
In diesem Augenblick war sie allgegenwärtig und jede Faser meines Körpers sehnte sich danach, ihr nicht so schutzlos und unwiderruflich ausgeliefert zu sein.

Todesangst.
Warum müssen wir sterben, wenn sich alles in uns nach dem Leben verzehrt?

Ich hatte mich noch nie so schwach gefühlt. Mit aller Kraft versuchte ich, die Angst nach hinten zu schieben und mich den Tatsachen mutig entgegen zu stellen.

James presste seine Stirn gegen meine, hielt mein Gesicht nun in beiden Händen und hatte ergeben die Augen geschlossen. Meine Hände lagen schlaff an seiner Brust und versuchten seinen Herzschlag zu erspüren.
Bis endlich das Zeichen, dass die Wirklichkeit im hier und jetzt statt fand und wir beide noch am Leben waren, zögerlich gegen meine Fingerkuppen pochte, vergingen endlos lange, quälende Sekunden.

Sein warmer Atem lag wie eine Feder auf meinen Lippen und mich überrollte eine riesige Welle der Erleichterung und Dankbarkeit.

Er. Ich.
Wir.
Es ist noch nicht so weit.
Noch nicht.

“Nicht mal ihre Hüllen haben sie uns gelassen!”, Mrs. Prewett heiserer Schrei schnitt eine unordentlich Krakellinie durch die Stille. Sie zerbrach. Unruhiges Gemurmel, während sich ihre Stimme anklagend auf dem großen Friedhofsgelände verlor. Aufgesogen von dunklen Mamorgrabsteinen, Denkmälern und Buchsbaumhecken. Bestürzte Blicke.

Sie begann haltlos zu weinen und verlangte flehend nach der Leiche ihres Sohnes. Man möge ihr doch zumindest ihr Kind zurückgeben.

Ihre Knie gaben nach.
Ein paar Gäste schrien erschrocken auf.
Alice und Frank taten ihr Bestes, um sie auf den Beinen zu halten, doch sie ließ sich nicht beruhigen.

Eine der Hexen, die unmittelbar in Dumbledores Nähe stand, löste sich von der Gruppe und trat von zwei rothaarigen Männern mit freundlichen, von Lachfältchen geprägten Gesichtern, auf denen sich nun ein schattenhafter, müder Ausdruck breitgemacht hatte, flankiert auf sie zu.

“Dorcas Meadowes”, erklärte mir James leise, während ich unschlüssig und mit Tränen in den Augen die Szene beobachtete. Er verflocht seine Finger mit meinen und übte einen sanften Druck auf meine Hand aus. “Sie ist Heilerin im Mungos und Ordensmitglied. Die beiden Männer neben ihr sind Fabian und Gideon Prewett, Alices Großcousins dritten Grades. Ebenfalls Ordensmitglieder.”

Dorcas, eine etwa dreißigjährige Hexe mit blassem, runden Gesicht, viel zu ernsten Augen und hellbraunen Haaren sprach nun beruhigend auf Mrs. Prewett ein, während Gideon und Fabian, augenscheinlich Zwillinge, einen Stuhl und ein Glas Wasser mittels Aguamenti für sie heraufbeschworen.

Erschrocken beobachtete ich sie. Mein Gesicht fühlte sich hart und glatt an und in meinem Magen rumorte es.

Mrs. Prewett beruhigte sich irgendwann. Stumm presste sie sich ein Taschentuch vor die Lippen, während sie ihre Augen starr und ohne zu blinzeln auf die Särge gerichtete hatte. Ihr Blick sprach Bände und es tat weh, zu sehen, was darin alles wütete.

Alice presste Franks Hand.
Ich konnte sehen, wie sie zitterte, aufrecht, gerade und so schrecklich zerbrechlich, kam sie mir in diesem Moment vor, als der kleine Zauberer, der seine Rede nun beendet hatte, vortrat und einen Zauber über die Särge sprach.
Für einen Augenblick wurde alles um uns herum in lichten, weißen Nebel gehüllt und dann war es vorbei.

Nacheinander traten die Gäste nun vor und legten ihre Grabbeigaben auf das dunkle Grabdenkmal, auf dem in einfachen, geraden Buchstaben die Namen der Verstorbenen eingraviert waren.
Die Vorstellung, dass sich nichts in den Särgen befand machte mich seltsam traurig. Und der Gedanke an das, was mit den Leichen wohl passiert war, jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken.

Ich legte eine Strauß Sonnenblumen auf das Grab.

Danach schritt ich zügig auf Alice zu und schloss sie in die Arme. Sie ließ sich beinahe fallen und erwiderte meine Umarmung mit sanftem Druck. Etwas Nasses lief meine Halsbeuge hinab.

Franks Hand ließ sie keinen einzigen Augenblick los.


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Winziger Teaser:


“James!”, sie stand plötzlich vor mir, kalkweiß im Gesicht, die Augen unnatürlich weit aufgerissen und von Furcht durchwoben. “Dumbledore - meine Eltern!”

Tja ja, und jetzt dürft ihr euch selbst zusammenreimen, was denn da wohl passiert sein könnte :p

*


Das war’s dann auch schon wieder von mir. Ich bin mit dem Kapitel einigermaßen zufrieden, würde ich sagen. Ich habe endlich Verwendung für ein paar Szenen gefunden, die schon seit Wochen (wenn nicht sogar Monaten) auf meiner Ideenliste herumschwirren und das finde ich ausgesprochen gut ;) Hmm, die Hogwartszeit neigt sich allmählich dem Ende zu *seufz* Noch zwei, höchstens drei Kapitel und dann fängt der Ernst des Lebens für unsere Helden an. Irgendwie traurig, gerade weil ich über Hogwarts geschrieben habe, war es ein bisschen so, als würde ich selbst dort zur Schule gehen - und es hat wirklich Spaß gemacht (= Aber noch ist es ja noch nicht ganz vorbei und auf den neuen Lebensabschnitt bin ich ebenfalls ziemlich gespannt ;) (und die ersten Kapitel bräuchten, unter uns gesagt, eine Komplettsanierung… )

Ihr glaubt mir gar nicht, wie sehr ich hoffe, das euch dieses Kapitel gefällt.
Es wäre wirklich schön, von euch zu hören…
Wie fandet ihr die Anfangsszene?
Wie fandet ihr die Beerdigung?
Wie haben die verschiedenen Reaktionen auf euch gewirkt?
War das alles einigermaßen authentisch oder grottenschlecht?
Was glaubt ihr, was es mit dem Teaser auf sich hat?
Und mögt ihr die Lily - Alice - Wiedersehenszene? (Ich hab sie nicht so ausführlich gestaltet, weil ich es irgendwie unangebracht finden würde - schließlich haben die beiden sich in letzter Zeit wirklich etwas auseinander gelebt… )

Ich bin unglaublich gespannt, was ihr von diesem Kapitel haltet und freue mich auf eure Rückmeldung...

Liebste Grüße

Yana aka lunAa alias Sternengreifer <3


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