Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ăśber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

The good, the bad and the ugly - Katz und Maus

von Polaris

Als Crabbe meine Schritte hinter sich hört, springt er auf wie von der Acromantula gestochen, und bedroht mich mit einem bebenden Zauberstab, den er in seinen zitternden Händen kaum halten kann. Schweißperlen bedecken seine Stirn, trotz des kalten Windes.
„Komm nicht näher! Sonst …“
„Sonst was?“ Ich ignoriere sein Gefuchtel und gehe rasch auf ihn zu, um ihm den Zauberstab aus der Hand zu reißen, doch sein Gesichtsausdruck lässt mich anhalten. Er ähnelt derzeit nicht dem massigen, aber leicht beschränkten Mondkalb wie sonst, sondern erinnert mich vielmehr an einen Stier, der soeben am anderen Ende der Weide den Nebenbuhler erspäht hat.
„Was soll das, Crabbe? Warum machst du dich nicht nützlich und ärgerst Muggel?“ Seine Lieblingsbeschäftigung ist es, Liebespaaren nachts im Park aufzulauern und sie beim Schmusen mit einem Knallzauber zu erschrecken. Kindergartenniveau.
Crabbe grunzt nur und macht unwillkürlich einen Schritt rückwärts, wobei er fast am Klippenrand abrutscht.
Ich versenke vorsichtshalber die Hand in der Umhangtasche, um meinen Zauberstab rechtzeitig hervorholen zu können, bevor mein Mit-Todesser ins Wasser plumpst und sich noch den Hals bricht. Was in Anbetracht von Fallhöhe, den zackigen Felszähnen da unten sowie Crabbes sprichwörtlichem Ungeschick durchaus realistisch erscheint.
„Keinen Schritt, Severus, oder ich …“ Wieder wedelt er wild mit dem Zauberstab, und einige wunderschön schillernde Seifenblasen entschweben der Spitze. „Oh!“
Ich nutze die Gelegenheit, ihm den Zauberstab aus der Hand zu fluchen, und fange diesen auf, bevor er in die brausende Gischt stĂĽrzen kann.
Crabbe sinkt in sich zusammen wie ein Häuflein Elend, und ehe ich mich versehe, hängt er mir schon am Hals. Dicke Tränen rinnen die enormen Hängebacken entlang auf mein Hemd, und aus seiner Nase trieft Rotz auf meinen neuen Umhang. Herrje! Sehe ich neuerdings aus wie der Kummerkasten des Klitterers?
„Severus, du musst mir helfen! Bitte! Du musst!“
Heftig winde ich mich aus seiner täppischen Umarmung und stoße ihn zurück – allerdings Richtung Weg, nicht zur Klippe.
„Ich muss gar nichts.“ Und habe auch nicht vor. Das letzte Mal, als ich mich habe erweichen lassen, jemandem zu helfen, habe ich …
Crabbe schafft es, mich von unten herauf wie ein geprügelter Cockerspanielwelpe anzusehen, obwohl er einen guten Kopf größer ist als ich.
„Pack dich, Crabbe! Du wirst doch sicher irgend etwas zu tun haben, oder? Sonst muss ich den Dunklen Lord bitten …“ Das zieht eigentlich immer.
„Er will mir nicht helfen!“ Crabbe lässt die Hände sinken, mit denen er sich das Haar zerrauft hat.
Ich habe anscheinend ein Hörproblem, oder der Wind heult inzwischen zu laut.
„Wer will dir nicht helfen? Und, bevor du fragst – ich kann und will es auch nicht!“
„Der Dunkle Lord! Er will mir kein Geld geben, dabei hat er versprochen …“
Ach, darum geht es schon wieder.
„Was hast du dir diesmal aufschwatzen lassen? Lass mich raten: Muggelheizdecken? Eine Zuchtfarm für knallrümpfige Kröter? Die Rechte an der Entdeckung des schrumpfhörnigen Schnarchkacklers? Mann, werde doch endlich mal erwachsen!“
Crabbe heult auf, und ich rolle genervt mit den Augen.
„Also gut, bei wem stehst du in der Kreide?“ Eine Idee nimmt vor meinen Augen Gestalt an, und selbst Crabbe ist besser als gar kein Verbündeter. Die Liste meiner Feinde ist so lang wie eine Rolle Toilettenpapier, dagegen recht überschaubar die meiner Freunde. Die Hälfte von ihnen sitzt überdies in Askaban.
„Ich habe von Mundungus Fletcher diese Kessel …“ stammelt er, und ich winke ab.
„Den hat das Ministerium wegen Diebstahls verhaftet, und ich glaube nicht, dass wir ihn so bald wiedersehen!“
„Aber Mundungus hat meinen Schuldschein an die Kobolde verkauft!“ Crabbe reißt sich an den spärlichen Haaren, die ihm noch über den Ohren verblieben sind.
„Oh!“ Das ist in der Tat ein Problem. Mit ihnen ist nicht zu spaßen, wenn`s ums Geld geht.
„Wieviel?“, frage ich, und er nennt eine Summe, die mich davon überzeugt, dass dieses Schaf vor mir tatsächlich Anlass hat, sich die Klippe hinab zu stürzen.
„Wann hättest du zahlen sollen?“
„Vor drei Wochen!“
Erstaunlich dass die Kobolde ihm noch nicht die Ohren lang gezogen haben! Crabbe ist zwar dumm, aber alt genug, selber auszulöffeln, was er sich immer wieder einbrockt. Trotzdem wundere ich mich, dass er offensichtlich noch nicht einmal ein blaues Auge … mir wird irgendwie mulmig.
„Was haben sie dir angedroht?“
„Sie wollen meinen Sohn entführen und ihm so lange Gliedmaßen abschneiden, bis ich bezahle!“
Nun, zuzutrauen wäre es ihnen! Die wertvollen Wandbehänge mit den Darstellungen aus den Koboldkriegen, die unser Meister zusammen mit dem anderen Krimskrams in der Halle hat aufhängen lassen, sind nicht nur für ihre ersuchten Materialien, sondern auch für die plastischen Darstellungen berühmt.
Ich ĂĽberschlage schnell meine Optionen.
„Morgen früh habe ich das Geld aufgetrieben. Schick eine Eule an die Kobolde los und sag ihnen, dass ich für dich bezahlen werde. Aber wenn sie deinem Jungen auch nur ein Haar krümmen, kriegen Sie gar nichts!“
Crabbe macht Anstalten, mir zu FĂĽĂźen zu fallen und den Saum meines Umhanges kĂĽssen zu wollen.
Entsetzt springe ich zurück und mache eine wedelnde Handbewegung. „Los, mach schon, lauf zum Schloss! Worauf wartest du?“
Crabbe rennt los mit einem so glücklichen Gesicht, dass es fast weh tut. Schön, wenn man sich seiner Sorgen mit Geld entledigen kann.

Den Rest des Tages verbringe ich zum größten Teil in meinen Räumen, um mich dem Verwandlungsproblem meines Herren zu widmen, aber ich komme der Lösung keinen Schritt näher, obwohl ich mich durch eine beachtliche Anzahl von Werken aus der hervorragenden Bibliothek durcharbeite. Pünktlich eine Stunde vor Mitternacht erscheine ich in der großen Halle und bin wenig erstaunt, dass mein Herr und Meister noch nicht in Sicht ist. Er lässt seine Gefolgsleute gerne warten; sich zu verspäten, wenn das Dunkle Mal auf deinem Arm brennt, ist hingegen nicht ratsam.
Ich ziehe also ein weiteres Mal „Tausend Tode“ hervor und beginne zu lesen, doch ich kann mich nicht recht konzentrieren. Viel lieber würde ich mit Filius Flittwick Backgammon spielen, mich mit Minerva McGonagall in der Diskussion über unsere Chancen beim nächsten Spiel gegen Gryffindor überwerfen oder über einem von Prof. Vektors Arithmantik-Rätseln tüfteln. Auch eine Schachpartie mit … Nein!
Das Warten wird mir ungewohnt lang, und ich habe allen Grund, nervös zu sein. Unser gestrenger Gebieter schätzt zwar erfolgreiche Todesser – aber noch mehr schätzt er es, seine Überlegenheit deutlich zu machen. Von allen Todessern bin ich – abgesehen von meinem Freund Lucius und, wie ich gestehen muss, Bellatrix Lastrange – einer der wenigen Zauberer, deren magische Fähigkeiten an die des Dunklen Lord zwar nicht heranreichen, die aber trotzdem wenigstens kein Schlachtvieh abgeben wie der Beinahe-Squib Crabbe, der jetzt hoffentlich befreit von der Sorge um seinen Sohn in den Federn liegt und den Schlaf der Einfältigen schläft.
Der Dunkle Lord wird mir heute Abend auch, aber nicht nur ein Stück dunkler Magie näher bringen wollen. Er wird die Gelegenheit nutzen, mir kristallklarzumachen, dass ich nicht einmal davon träumen darf, ihm jemals ebenbürtig zu werden – ja, seinen Kräften auch nur entfernt nahe zu kommen. Gerade weil ich seinen größten und mächtigsten Feind Albus Dumbledore – an den zu denken ich mir nicht erlauben kann – getötet habe: Lord Voldemort muss sicherstellen, dass ich nicht irgendwann versuche, es in grenzenloser Selbstüberschätzung mit ihm aufzunehmen.
Ich sehe der Lehrstunde mit meinem Herrn und Gebieter darum mit dem gleichen Enthusiasmus entgegen wie einer Zahnwurzelbehandlung ohne Narkose.
Um Mitternacht erbeben die Mauern, das Schloss rüttelt hin und her wie ein Karton, den man in den Händen schüttelt, und die Sterne vor den Fenstern verändern ihre Position. Das Glas der unzähligen magischen Spiegel und Vitrinen mit wertvollstem Geschmeide, erlesenem Geschirr und atemberaubenden Kunstwerken, mit denen der Wohnsitz unseres Herrschers bis unter die letzte Zinne voll gestopft ist, klirrt leise, während die Rüstungen in den Scharnieren quietschen und die Waffensammlung blechern scheppert. Babajaga, die Zwingfestung des Dunklen Lords, hat sich auf ihre Hühnerbeine gestellt und wandelt wie in der Mitte jeder Nacht an ihren neuen Platz. Ich bin gespannt, welchen Ausblick mein Zimmerfenster morgen früh bieten wird.
Als der Dunkle Lord weit nach Mitternacht endlich erscheint und mich anweist, ihm in die Kerker hinab zu folgen, bin ich beinahe erleichtert, dass das Warten ein Ende hat.
DrauĂźen vor der Halle steht Pettigrew, stĂĽrzt auf den Dunklen Lord zu, wirft sich zu Boden und klammert sich an seine FĂĽĂźe.
„Herr, das könnt ihr doch nicht ernst meinen! Die Zentauren werden mich umbringen!“, heult er.
Der Herr versetzt ihm einen Tritt, dass Pettigrew durch die Luft geschleudert wird wie ein Putzlumpen, und ich muss schnell zur Seite springen, um nicht umgerissen zu werden.
Pettigrew landet mit einem durchdringenden Quieken direkt vor meinen FĂĽĂźen. Als sein mitleidheischender Blick an meinen Stiefeln hochgeklettert ist und mich erkennt, tritt grenzenloser Hass in die kleinen Rattenaugen.
„Du!“, faucht er schrill, und seine Stimme schlägt Salti, „Du steckst doch dahinter, Snape!“
Ich ziehe spöttisch eine Braue in die Höhe. „Es ist nicht klug, den Dunklen Lord anzuwinseln. Soviel solltest du doch inzwischen begriffen haben, Wurmschwanz!“
Ich steige über ihn hinweg und folge meinem Gebieter, während die Ratte hinter mir unverständliche Schimpfworte in meinen Rücken kreischt. Was kümmert es den Baum, wenn der Hund ihn anpinkelt?
Ich beeile mich, meinen Herrn einzuholen. „Herr, ich habe eine weitere Bitte …“
„Welche?“ Ich amüsiere ihn. Er weiß, wie ungern ich um etwas frage.
„Ich …“, das Thema anzusprechen fällt mir recht schwer, „… bei meiner Flucht aus Hogwarts habe ich alles, was ich besitze, dort zurücklassen müssen. Der Rest meiner Habe befindet sich in meinem Haus, und auch dorthin kann ich nicht zurück. Ich … „
Mein Lord hat schon verstanden, aber er lässt Fische gerne zappeln.
„Ja?“ Seine Stimme ist sanft wie Pfirsichschale.
Augen zu: „…brauche Kleidung zum Wechseln und noch ein paar andere Dinge. Kurz gesagt, ich möchte Euch um Geld bitten.“ Und durch!
Er runzelt die Stirn, um mich noch ein wenig länger strampeln zu lassen. „Hat dir der neue Umhang nicht gefallen?“
„Selbstverständlich.“ Ich lüge natürlich: Zu teuer, zu protzig. Schlicht ist mir lieber.
„Wo liegt dann das Problem?“
Ich straffe die Schultern. „Ich bevorzuge … einen anderen Stil.“, erkläre ich steif.
Mein Herr, fĂĽr den nur das Kostbarste gut genug ist, kann meine Haltung nicht nachvollziehen, nimmt jedoch meine Vorlieben herablassend zur Kenntnis.
„Wieviel also?“
Ich nenne eine bescheidene Summe.
Der Dunkle Lord schnippt mit den Fingern, und sofort kommt eine Hauselfe angerannt.
„Bring einen Beutel mit Gold in Severus Zimmer!“
Ich verneige mich tief und dankbar vor meinem Herrn, denn er kann überaus großzügig sein – sofern er in der Stimmung dazu ist. Darum mache ich mir keine Sorgen: Die Kobolde kriegen ihr Geld, und ein paar neue Umhänge werden sicher auch noch drin sein. Ich habe den leisen Verdacht, dass die Lektionen, die mein Meister mir zu erteilen wünscht, die Kleidung ein wenig strapazieren werden.
Der Kerker, in den er mich führt, hat dicke Wände, die jeden Schrei schlucken. Als sich die Tür hinter mir schließt, wird mir bewusst, dass ich jetzt allein bin mit dem größten Magier, den die Welt je hervorgebracht hat. Mir ist kalt.
Mein Herr dreht sich um, und seine roten Augen glimmen. Er deutet vor sich auf den Boden.
Ich falle gehorsam vor ihm auf die Knie.
Mein Herr holt unvermittelt aus und schlägt mich auf die linke Wange. Nicht allzu hart, nur eben so, dass es schmerzt.
„Bedenke, dass ich der Meister bin!“
Ich beuge mein Haupt. „Ja, Meister!“
Ein zweiter Schlag, noch etwas fester, auf die rechte Wange:
„Bedenke, dass du der Schüler bist!“
Ich verneige mich ein weiteres Mal, noch etwas tiefer. „Ja, Meister!“
„Steh auf!“
Als ich hochkomme, hat der Dunkle Lord bereits seinen Zauberstab auf mich gerichtet.
„Wie steht es mit unserem Verwandlungsproblem, Severus? Ich möchte mich sobald wie möglich für den Posten des Lehrers in Verteidigung gegen die dunklen Künste bewerben!“
„Das sollte Euch keine Sorge bereiten.“ antworte ich.
Er zieht die Brauen hoch. „Schon fertig?“
„Nein.“
„Du meinst also, ich soll mich auf dein Wort verlassen, dass du es rechtzeitig schaffen wirst?“
„Ja.“ Ich sehe keinen Grund, den Blick abzuwenden. Ich weiß, was ich kann und was nicht.
Er lacht, und die Anspannung in meinen Schultern lässt ein wenig nach. Trotzdem halte ich meinen Zauberstab fest umklammert.
Mein Herr wirft mit groĂźer Geste den grĂĽnsilbernen Umhang zurĂĽck und zieht den Zauberstab hervor.
„Ich habe dir versprochen, dich in den Dunklen Künsten zu unterweisen. Nun denn, Severus, pass gut auf!“
Aus der Spitze seines Zauberstabes gleitet eine grauenvolle Kreatur, gleich einer riesigen Schlange. Sie scheint wie aus dichtem Rauch gemacht, der sich kringelt und faltet und dabei seltsam stählern schimmert.
Die Schlange kriecht auf mich zu, und ich weiche hastig zurück, bis mein Rücken an die Mauern des Kerkers stößt. Mein Herz und mein Verstand arbeiteten fieberhaft. Ich reiße den Zauberstab nach oben und rufe: „Expecto Patronum!“
Aus dem Zauberstab schießt mein Patronus heraus – nein! Nein, das ist nicht mein Patronus! Er ist viel kleiner als sonst, und die Schlange fegt ihn mit einem einzigen Hieb des Schwanzes hinweg, um sich auf mich zu stürzen. Sie schlägt ihre schrecklichen Fänge in meinen Leib und hält mich gepackt wie in einer Zwinge, und ich schlage in wilder Panik auf sie ein, als sie mich auch schon mit ihrem Körper ganz und gar umschlungen und zu Boden gepresst hat.
Keine Luft, ich kriege keine Luft mehr, und irgend etwas beginnt an mir zu saugen und zu zerren, und mein Herz rast so schnell, dass mir die Ohren rauschen, und vor meinen Augen sind Nebel aufgezogen. Und das Saugen wird immer unerträglicher, ich fühle, wie etwas unstillbar aus mir herausrinnt, etwas Wichtiges, ohne dass ich nicht, nein, bitte nicht mehr, ihr bringt mich um, nicht, oh Herr, nein, …
Ich wache auf, und der fahrende Ritter hat mich überrollt. Ist einfach über mich hinweggebraust, aber ich weiß nicht, wie das passiert sein kann. Stöhnend wälze ich mich auf die Seite und bin mir sicher, alle Rippen gebrochen zu haben. Die Rippen? Nein, jeden einzelnen Knochen im Leibe, und einige noch dazu, von denen ich bisher nicht wusste, dass es sie gibt.
Jemand tippt mit der FuĂźspitze an meinen Ellbogen, und ich zucke zusammen.
Mein Gebieter steht ĂĽber mir, und sein Schlangengesicht leuchtet vor Genugtuung.
„Schon am Boden, Severus?“
Ich versuche eine Antwort, kann aber nur krächzen. Was, zur Hölle, war das?
Mein Herr wartet geduldig, bis ich es wenigstens auf die Knie geschafft habe, bis er bemerkt: „Ein Patronus? Gute Idee, eigentlich …“
Ich schĂĽttle den Kopf und huste und spucke Blut auf den Kerkerboden und fĂĽhle mich dabei wie eine ausgelutschte Zitrone.
„Er hat sich verändert, meine ich … Hatte dein Patronus nicht früher die Gestalt eines Fuchses?“
Ja, hatte er. Ich schweige unglĂĽcklich.
Mein Herr hingegen scheint unerwartet erfreut. „Was war das für ein Tier? Ein Marder? Ein Frettchen?“
Ich ziehe mich langsam an der Wand hinauf auf die FĂĽĂźe. Mich interessiert im Moment mehr, was mich da eben angefallen hat.
Mein Herr erfreut sich noch einen Moment an meinem bebenden Anblick, bis er mich aufklärt.
„Was du eben gesehen hast, ist tatsächlich das dunkle Gegenstück zum Patronus …“ lässig schwenkt er den Zauberstab und heilt die tiefen Bissmale in meinem Körper, aus denen das Blut wie Wasser strömt „ … und man nennt ihn den Nachtmahr. In manchen Ländern ist er auch als Alb bekannt.“
Ein Nachtmahr also. Ich fröstle und ziehe den Umhang fester um mich herum.
„Der Nachtmahr saugt seinen Opfern die Lebensenergie aus, bevorzugt, wenn sie schlafen. Ich hingegen habe den dunklen Zauber so weit verbessert, dass der Nachtmahr auch Beute im Wachzustand schlagen kann.“
Ich wünsche mir sehnlich keinen weiteren Anschauungsunterricht in Sachen Nachtgeschöpfe, doch mein Herr ist unerbittlich. Noch zweimal hetzt er den Mahr auf mich, und zweimal finde ich mich wimmernd zu einem hilflosen Bündel auf dem Boden eingerollt wieder. Es macht mir nichts aus, dass der, den ich schon immer und über alle Maßen fürchte, mir meine Grenzen aufzeigt. Ich bin ihm allerdings sehr dankbar, dass er kein Publikum dazu eingeladen hat.
Als ich endlich selbst versuchen kann, einen Nachtmahr zu beschwören, bin ich so wacklig auf den Beinen wie ein Kleinkind nach Fieber, und aus meinem Zauberstab kriecht eine mickrige schwarze Wolke.
Mein Herr lacht mich aus und droht, ein weiteres Mal den Mahr auf mich loszulassen, falls mir kein besserer Zauber gelingt.
Ich lehne mich für einen Moment an die Kerkermauern, die wunderbar kühl sind und mein schwer gekränkt Gebein aufrecht halten. Lerne, Severus, und lerne besser schnell.
Ich konzentriere mich mit aller Kraft, und aus dem Zauberstab bricht endlich eine graue Rauchwolke, die sich schnell zu verdrehen und verwinden beginnt und schlieĂźlich Gestalt annimmt: Eine Fledermaus. Sie fliegt eine Runde kreischend durch den Kerker, bevor der Zauber langsam erstirbt.
Erleichtert lasse ich mich die Mauer hinunterrutschen. Kein Heldenstück, aber ausbaufähig.
Mein Herr entlässt mich in bester Stimmung, und ich krieche zu meinem Turm in der Absicht, ins Bett zu fallen wie ein Stein.
Auf dem Weg hinauf treffe ich auf den, der den anderen Teil unseres Todesser-Komikerduos Dick und Doof bildet: Goyle. Er versucht, die Scherben eines Spiegels mit den Händen aufzulesen. Ich nehme diesen ungewöhnlichen Anblick zum Anlass, ein wenig zu verschnaufen und mir die stechenden Seiten zu halten.
Als sich mein Atem beruhigt hat, frage ich: „Goyle, was zum Kuckuck treibst du da eigentlich?“
Sein einfältiges Gesicht starrt mich an: „Ich sammle die Scherben des Spiegels auf!“
Eine beinahe so intelligente Antwort wie „Ich habe die Melone getragen.“
„Das sehe ich selbst. Warum nimmst du nicht einfach einen Zauberstab?“
Er glotzt zu mir hoch wie ein Silvesterkarpfen aus der Wanne.
„Kann man das denn?“
Gegen seinen Vater ist der Sohn Goyle jedenfalls ein Geistesgigant, auch wenn er nur einen ZAG geschafft hat. In Wahrsagen.
Ich ziehe den Zauberstab aus der Tasche und will ihn schwenken, als ich die Stimme des Dunklen Lords hinter mir höre: „Lass ihn das selber machen!“
Da haben wir den Salat.
Gehorsam verstaue ich den Zauberstab und nicke Goyle aufmunternd zu. „Du hast gehört, was der Meister befohlen hat.“ Reparierzauber ist Stoff der ersten Klasse und Goyle kein Squib. Sagt er jedenfalls.
Goyle steht auf, zieht den Zauberstab und schwenkt ihn hoffnungsvoll.
Rein gar nichts geschieht, nicht einmal Seifenblasen.
„Reparo!“ zische ich ihm beinahe unhörbar zwischen den Zähnen zu. „Los, versuch`s!“
Goyle nimmt tapfer einen weiteren Anlauf, fuchtelt wild und linkisch mit dem Stab in der Luft herum und stößt ein verzweifeltes und ohrenbetäubendes „Repello!“ aus.
Eine Spiegelscherbe wird getroffen. Sie bläht sich auf, bis sie die Größe meines Kopfes erreicht hat, dann platzt sie auf und saust wie ein Luftballon mit obszön pupsendem Geräusch dicht am Kopf unseres Herrn und Gebieters vorbei. Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, lässt sich die schlappe Hülle zitternd wie in Zeitlupe auf den Haupte dessen, den wir alle über die Maßen fürchten, nieder, und gibt ihm das Aussehen eines von einem Pfannkuchen gekrönten Narrenkönigs.
Ich beiße mir fast die Zunge durch, um nicht herauszuplatzen, und hoffe inständig, dass Goyle dasselbe tut.
Goyle windet sich vor Scham und hat zu seinem riesengroßen Glück gar nichts verstanden. „Ach, herrje! Jetzt isses kaputt!“ Sein Gesicht leuchtet so rot wie der Sonnenuntergang im Winter.
Unser Gebieter wirft mir einen schnellen Blick zu, und flugs erinnere ich mich an das graue, kühle Meer, das heute morgen unter meinem Fenster wogte. Falls der Herr vor hat, kurz in meinem Kopf spazieren zu gehen und den Verdacht bestätigt sähe, die soeben bezeugte Szene sei komisch, muss ich mir um die Zukunft keine Sorgen mehr machen. Nie mehr.
Der Dunkle Lord hebt die Hand. Ich erstarre zu Eis.
„Ich mochte diesen Spiegel. Er war äußerst wertvoll!“
„Ich kaufe euch einen neuen, Herr!“ Erleichtert von dieser absolut genialen Lösung strahlt ihn Goyle, der Simpel, über alle Backen hinweg treuherzig an.
Mein Lord kocht.
Ich tue so, als sei ich unsichtbar und taubblind.
„Du reparierst diesen Spiegel, und zwar bis morgen früh! Wehe dir, deiner Familie und ganzen Sippe bis ins siebte verfluchte Glied, wenn auch nur ein Splitter fehlt! Und wehe dem …“ er senkt die Stimme, beugt sich zu mir herunter und durchbohrt mich mit einem Blick wie Höllenfeuer, „…der sich berufen fühlt, dir dabei zu helfen!“, donnert der Dunkle Lord, macht auf der Stelle kehrt und rauscht mit wehendem Umhang davon.
Ich stehe kurz vorm Ersticken und wage endlich zu atmen.
„Oh!“ Goyle steht da und lässt die Arme baumeln.
Ich setze mich erst einmal auf die kĂĽhlen Steine. Meine Beine zittern zu sehr.
Goyle setzt sich neben mich. „Der war aber wütend.“, meint er erstaunt.
Mitleidig blicke ich ihn an. Seine Familie, all seine Lieben, sind so gut wie tot. Er weiĂź es nur noch nicht.
Goyle macht sich daran, die Scherben wieder mit den Händen aufzusammeln, und pfeift dabei leise und gänzlich neben dem Ton vor sich hin. Ich packe seinen Arm.
„Warum musstest du das blöde Ding auch fallen lassen, Tölpel!“ fauche ich ihn an.
Er verzieht das Gesicht, und ich fürchte, er bricht gleich in Tränen aus. Memmen, wohin man auch blickt.
„Wurmschwanz hat mich einfach so umgerannt, mit Absicht. Und helfen wollte er mir dann auch nicht! Der hatte so eine Stinklaune …“, meint er traurig.
Goyle ist noch nicht mal wütend auf die Ratte; ihm geht einfach nicht auf, wie tief er jetzt dank Pettigrew im Schlamassel steckt. An dem ich im Übrigen auch nicht völlig unschuldig bin, wenn man es genau nimmt.
Ich seufze tief und müde und blicke mich gewissenhaft um, bevor ich den Zauberstab ziehe und „Muffliato“ sowie „Videonemo“ denke.
„Du musst den Zauberstab so schwenken …“ ich zeige es ihm und korrigiere seine Bewegungen, bis er es endlich einigermaßen selber schafft. Dann bringe ich ihm noch bei, nicht zu nuscheln. Nach endlosen Minuten bin ich mir sicher, dass er wenigstens keinen weiteren Schaden anrichten wird.
„Du musst dir den Spiegel heil und in einem Stück vorstellen, wie ein zusammengesetztes Puzzle.“, erkläre ich noch, aber das ist schon zu hoch für ihn, wie ich an seinem verständnislosen Blick ablese. Mancher lernt es eben nie.
Trotzdem, wir haben keine Zeit mehr, früher oder später wird jemand kommen, und dann …
„Also los, versuche es noch einmal!“ befehle ich und stelle mich hinter ihn, als er „Reh-pa-ha-haro!“ stottert. Die simultane Zauberstabbewegung hinter seinem Rücken hat er natürlich nicht gesehen.
Wie durch ein Wunder segeln die Splitter durch die Luft und setzen sich – nach kurzem Zögern – zu einer tadellosen Spiegelfläche zusammen. Sogar der Rahmen hat nicht einen einzigen Kratzer.
Mit offenem Mund bestaunt er sein Werk. „Oh, toll! Das ist ja klasse!“
Strahlend dreht er sich zu mir um. „Ich wusste gar nicht, das ich so was kann!“ Er ist so niedlich stolz, dass sich mir die Innereien winden.
Ich klopfe ihm aufmunternd auf die Schultern. „Bring das elende Ding dahin, wo du es ursprünglich hintragen solltest!“ Als hätten wir hier nicht schon genug verzauberten Nippes herumstehen, -liegen oder –hängen.
Goyle wuchtet den Zauberspiegel auf seine Schulter und eilt sorglos pfeifend durch die groĂźe Halle, ohne sich noch mal umzudrehen oder sich zu bedanken.
Ich raffe mich auf und schleiche die Treppe zum Turmzimmer hoch. Der Spiegel jedoch verfolgt mich und geistert in meinem Hinterkopf herum. Er will mir irgendwas zuflüstern, aber ich bin viel zu geschafft, um noch klar denken zu können.
Auf dem Tisch in meiner Kammer liegt ein Beutel voller GoldstĂĽcke.
Perfer et obdura.


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
Buch: The World of Ice & Fire: The Untold History of Westeros and the Game of Thrones
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Die tiefere Psychologie, das Netz der Motive und die kriminalistischen Volten erweisen Joanne K. Rowling erneut als Meisterin.
Tagesspiegel