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Fanfiction

The good, the bad and the ugly - Dumbledores Söhne

von Polaris

„Der Halbblutprinz!“, spottet Potter und tritt voller Stolz auf die vollbrachte Lebensrettung an die Seite seines Lehrers für Verteidigung gegen die Dunklen Künste.
„Der Halbblutnarr, würde ich meinen!“, berichtigt ihn Voldemort höhnisch und stößt mir den Zauberstab unters Kinn, so dass ich den Kopf heben und Harry Potter ins Gesicht schauen muss: Er ist seinem grausamen, feigen Vater James zum verwechseln ähnlich …
Voldemort legt dem Jungen die Hand auf die Schulter. „Gratulation, Harry – du bist mir gerade noch rechtzeitig zur Hilfe gekommen und hast deine Mitschüler und Lehrer vor diesem feigen Todesser gerettet!“
Potter lächelt geschmeichelt – genau wie sein aufgeblasener Hohlkopf von Vater, wenn ein Lehrer ihn vor der Klasse lobte.
Voldemort wendet sich an die verängstigten Schüler, die sich noch immer eng zusammendrängen, sowie an die Lehrer, die sich schützend vor die Kinder gestellt haben.
„Bringen Sie die jüngeren Schüler in ihre Klassenräume und fahren sie wie gewohnt mit dem Unterricht fort, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde mit der siebten Klasse in das Klassenzimmer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste zurückkehren und mit der begonnenen Stunde fortfahren …“ Er macht eine gewichtige Pause und setzt dann hinzu: „… denn das Schicksal hat uns soeben ein wertvolles Studienobjekt in die Hänge gegeben: Einen lebenden Todesser! Ihr, meine Schüler, werdet in der nächsten Stunde lernen, wie man sich gegen ihn und seine heimtückischen Schliche und hinterhältigen Tricks erfolgreich verteidigt!“
Die der großen Halle verwiesenen Schüler murren und werfen ihren Kameraden neidische Blicke über die Schulter zu, denn sie wären natürlich ebenfalls gerne dabei, wenn Professor Hide ihrem verhassten ehemaligen Zaubertranklehrer das Fell über die Ohren zieht. Ich mache mir da keine Illusionen – ich war als Lehrer nicht beliebter denn als Mensch.
„Mr. Filch – sie haben mich genau wie all meine Vorgänger im Amt des Direktors von Hogwarts …“ – Voldemort hat sich offensichtlich bereits fest in dieses Amt eingeplant und sieht Minerva McGonagall nur noch als lästiges Hindernis – „… bereits mehrfach um Erteilung einer Peitschgenehmigung ersucht. Ich denke, ich kann ihrem Antrag jetzt stattgeben! Holen sie die Ketten und alles, was sie sonst noch brauchen, und bringen sie es in meinen Klassenraum!“
Filch grinst erfreut, macht auf dem Absatz kehrt und schlurft in Richtung seines BĂĽros davon.
Voldemort packt mich am Kragen und stellt mich so mühelos auf die Füße, als sei ich einer seiner Schüler. Gleichzeitig ringeln sich Seile um meine Handgelenke und Knöchel, so dass ich mich kaum rühren und das Gleichgewicht halten kann.
Voldemort winkt nach seinem Assistenten – und Wurmschwanz zwingt mich mit vor Freude leuchtendem Gesicht und vorgehaltenem Zauberstab, langsam durch den schmalen Gang zwischen den Tischen der einzelnen Häuser hindurch zu gehen.
„Ich habe dich vor Nagini gerettet!“, werfe ich Pettigrew im bitteren Flüsterton vor.
Die Ratte zuckt gleichgültig mit den Schultern. „Und wenn schon!“ Er versetzt mir einen Stoß, und ich muss weitergehen.
Schüler wie Lehrer starren mich voller Abscheu und Entsetzen an, und irgendetwas trifft mich am Hinterkopf, während ich von allen Seiten her ausgebuht und ausgepfiffen werde. Nur die Schüler aus Slytherin, deren Hauslehrer ich so lange gewesen bin, schweigen betreten unter den Augen ihres neuen Hauslehrers Slughorn und blicken stumm zu Boden, als ich an ihnen vorbeischlurfe.
Ich hefte konzentriert den Blick auf ein unbestimmtes Objekt in der Ferne und lösche sorgfältig alle Gefühle aus meinem Gesicht. Die Rolle des Hofnarren, die Voldemort mir für den weiteren Verlauf dieses Dramas zugedacht hat, werde ich jedenfalls nicht spielen.
Das Klassenzimmer hat sich verändert. Voldemort in der Verkleidung als Dorian Hide hat seiner Vorliebe für magischen Kitsch freien Lauf gelassen und allerhand Artefakte, Bilder, Wandteppiche und sonstigen Schnickschnack dort drapiert – sogar seinen Zauberspiegel hat er, mit einem schwarzen Samttuch verhüllt, hinter dem Lehrerpult im Klassenzimmer aufgehängt. Ich hoffe nur, dass mein Zauberspiegel irgendwann in Zukunft auch im Unterricht zum Einsatz kommen wird und den Schülern bei Voldemorts Demonstration seiner überlegenen Zauberkunst – die in diesem Falle nicht mal seine eigene ist, sondern von mir und Draco stammt – einen kleinen, unverhofften Einblick in das wahre Ich ihres verehrten Lehrers gewähren wird …
Schade, dass ich Voldemorts Gesicht nicht mehr erleben werde!
Der Dunkle Lord stößt mich grob nach vorne vor die Tafel, so dass alle Schüler mich sehen können. Ich gebe zu, so ruhig, aufmerksam und gespannt wie jetzt waren die Kinder in meinem Unterricht nur selten.
„Nun gut, kommen wir zu unserer Lektion für heute! Alle Schülerinnen und Schüler, die einen oder sogar mehrere Angehörige durch Lord Voldemort verloren haben, heben bitte die Hand!“
Eine erstaunliche Anzahl verschüchterter Kinderhände reckt sich in die Luft.
„Miss Abbott, sie sind aus dem Haus Hufflepuff, nicht wahr?“
Hannah nickt schĂĽchtern.
„Treten sie bitte näher, Miss Abbott – welchen Angehörigen haben Sie durch die Todesser verloren?“
„Meine Mutter!“, flüstert das Mädchen, und ihre Augen füllen sich mit Tränen.
Ich erinnere mich. Das arme Kind wurde aus dem Unterricht herausgerufen und erhielt durch Direktor Dumbledore die niederschmetternde Nachricht, dass man ihre Mutter tot aufgefunden habe. Leider ist es mir damals nicht gelungen herauszufinden, welcher Todesser für den Tod von Mrs. Abbott verantwortlich war; denn der Dunkle Lord betrachtete unangemessene Neugier stets mit großem Misstrauen …
„Dieser Todesser hier – ihr ehemaliger Lehrer Severus Snape – ist unzweifelhaft mit schuldig am Tode ihrer Mutter. Ich werde sie, Miss Abbott, und ihre Mitschüler lehren, ihre Furcht und Trauer zu überwinden!“
Hannah schaut erstaunt auf.
„Wie soll das möglich sein?“
„Indem sie genau das tun, was ich ihnen jetzt zeigen werde!“ Der Dunkle Lord greift in mein langes Haar, zieht mir den Kopf zurück, etwas streicht leicht über meine Haut … und in seiner Hand liegt eine Strähne meines Haares, das er achtlos zu Boden fallen lässt.
„Lassen sie ihrem Zorn auf diesen Mörder freien Lauf und überwinden sie mit seiner Hilfe ihre Angst, Miss Abbott! Schneiden sie ihm eine Strähne seines Haares ab! Glauben sie mir – sie werden sich danach besser fühlen!“ Er grinst anzüglich in meine Richtung und hält der Schülerin einen Gegenstand hin, der aufgrund seiner geringen Größe kein Zauberstab sein kann: Es ist das Rasiermesser meines Vaters …
Unsere Blicke begegnen sich, und die Demütigung, die dieser intime, bittre Scherz für mich bedeutet, lässt ein Zittern durch meinen Körper laufen.
Die HufflepuffschĂĽlerin missdeutet mein unwillkĂĽrliches Erschaudern und zuckt erschrocken zurĂĽck.
„Sei stark, Kleines!“, spricht Voldemort ihr eindringlich Mut zu und umfasst ihre Schultern mit einer väterlichen Geste der Ermutigung. „Fühle den köstlichen Geschmack der Rache auf deinen Lippen und überwinde deine Furcht vor dem Todesser – denk an deine Mutter!“
Hannah gräbt entschlossen ihre Zähne in die Unterlippe, packt mein Haar und schneidet eine weitere Strähne davon ab.
„Für meine Mum, du mieser Feigling!“, schleudert sie mir trotzig und mit wutverzerrtem Gesicht entgegen, lässt die Strähne zu Boden fallen und tritt darauf, als sie sich abrupt auf dem Absatz von mir abwendet und in den Kreis ihrer Klassenkameraden zurückkehrt.
Ich schlucke und konzentriere mich angestrengt darauf, keine Miene zu verziehen und nicht zu blinzeln, als der Dunkle Lord nach Hannah auch ihre Klassenkameradin Susan Bones auffordert, sich stellvertretend für ihre Tante Amelia an mir zu rächen, und auf Susan folgen immer weitere Angehörige von Opfern der Todesser. Erschrocken muss ich feststellen, dass inzwischen kaum eine Familie von Voldemorts Schreckensherrschaft verschont geblieben ist!
Noch mehr entsetzt mich jedoch der grenzenlose Zorn, der mir aus den jungen Gesichtern meiner ehemaligen Schülerinnen und Schüler entgegenschlägt … Ich habe immer gewusst, dass ich zu streng und zu fordernd war, als dass mich meine Schüler gemocht hätten, aber diese Welle von Hass trifft mich doch härter, als ich vermutet hatte. Es ist darum nicht leicht, bei dieser grässlichen Demonstration von Voldemorts Verführungskünsten meine kalte Gleichgültigkeit nach Außen aufrecht zu erhalten.
Als Neville Longbottom an der Reihe ist, seine Eltern an mir zu rächen, wie der Dunkle Lord ihm eindringlich befiehlt, zeigen sich dann doch die ersten Risse in meiner Selbstbeherrschung, denn ich muss zurückdenken an das Baby, dass ich einst vor Voldemort zu retten versuchte und das ich nun am Ende doch nicht aus seinen Klauen befreien kann … Ein paar Funken sprühen aus meinen Fingerknöcheln – das passiert mir manchmal, wenn ich sehr angespannt bin, so wie Crabbes Hand gerne zum Nägelkauen in seinen Mund wandert, ohne das er es bemerkt – und der junge Longbottom schreckt zurück, als hätte ihn Peeves mit einem Eimer eiskaltem Wassers überschüttet.
„Nein! Das kann einfach nicht stimmen …“, murmelt er.
„Na los, Longbottom! Die anderen wollen auch noch drankommen!“, scherzt der Dunkle Lord und wirft mir einen höhnischen Blick zu. „Lass den Todesser deine Überlegenheit schmecken! Es ist doch unter deinen Mitschülern allgemein bekannt, dass dein ehemaliger Zaubertranklehrer Severus Snape dein persönlicher Irrwicht ist! Jetzt kannst du ihm endlich all die Jahre der Angst und des Terrors zurückzahlen - er ist völlig in deiner Hand, Junge!“
Nevilles Hand mit dem Messer darin zittert jedenfalls, dass ich Angst haben müsste, dass er mir versehentlich die Kehle anstatt nur ein wenig Haar durchschneidet, und er nimmt offenkundig mehrere Anläufe, dem Befehl seines Lehrers in Verteidigung gegen die Dunklen Künste Folge zu leisten.
Ich schließe die Augen in der Hoffnung, dass diese schreckliche Sache endlich ein Ende nehmen möge.
Als ich die Augen wieder öffne, hat sich Nevilles freundliches, ängstliches Mondgesicht völlig verändert und einen Ausdruck angenommen, den ich bei diesem Jungen noch nie gesehen habe: Entschlossenheit!
„Nein! Ich kann das nicht und ich werde es auch nicht tun!“, erklärt Neville zum atemlosen Erstaunen aller Anwesenden mit lauter, fester Stimme und schleudert das Messer so heftig auf den Steinfußboden, dass die dünne Klinge in zwei Teile zerspringt. „Niemand sollte jemanden so demütigen dürfen, selbst wenn der ein Todesser ist!“
„Er hat dir deine Eltern gestohlen!“, zischt Voldemort eindringlich. „Und er hat Direktor Albus Dumbledore getötet!“
„Das mag wahr sein oder auch nicht!“, stellt Neville mir bemerkenswerter Ruhe und Klarheit fest. „Ich habe jedoch nicht darüber zu urteilen, sondern das Zaubergamot!“
„Ich bin das Zaubergamot!“, erklärt Voldemort mit eisiger Arroganz. „Ich wurde vor wenigen Wochen zum Vorsitzenden gewählt, wie ihnen durchaus bekannt sein dürfte, Mr. Longbottom! Sie sind ein jämmerlicher Feigling, wenn sie es nicht endlich fertig bringen, ihre Eltern an Snape zu rächen!“
Neville hält dem bohrenden Blick des Dunklen Lords stand und wird nicht mal rot. „Das sehe ich anders, und ich bleibe dabei!“, stellt er gelassen fest und kehrt zurück an seinen Platz unter den fassungslosen Blicken seiner Mitschüler, die ihn anstarren, als habe auch er den Verstand verloren wie seine armen Eltern!
Mich erfasst eine heiße Woge des Stolzes auf den Jungen: Es war seinerzeit die absolut richtige Entscheidung, dieses Kind vor der Mordlust meines Herrn retten zu wollen! Warum kann nicht Neville Longbottom der Auserwählte sein, sondern ausgerechnet James Potters Sohn … Nein, wenn ich anfange, an Dumbledores Wort zu zweifeln und zu glauben, dass Potter es nicht irgendwie hinkriegen wird, Lord Voldemort zu besiegen, dann knicke ich ein wie ein Streichholz …
„Aber ich kann’s tun – und ich bin nicht zu feige!“, sagt eine Stimme mit kalter Wut, und eben jener Harry Potter schiebt sich durch seine Mitschüler nach vorn, den Zauberstab fest umklammert und um die Nase weiß vor Zorn. „SNAPE HAT VOLDEMORT AUF MEINE ELTERN ANGESETZT; WEIL ER MEINEN VATER GEHASST HAT!“
Voldemort wendet sich mit spöttischem Lächeln an mich.
„Nun, willst du diese Tatsache etwa leugnen, Severus?“
Zur Antwort schenke ich ihm einen zornsprühenden Blick, der meine ehemaligen Schüler bis auf Potter allesamt einen Schritt zurückweichen lässt.
Potter holt tief Atem und fährt in seiner Anklage fort: „Und im letzten Sommer habe ich mit eigenen Augen auf dem Astronomieturm gesehen, wie Snape Direktor Dumbledore mit dem Avada Kedavra getötet hat! Dumbledore war schwer verletzt und wehrlos und hat ihn angefleht …“ Seine Stimme versagt.
Ich erstarre zu Eis.
Potter ballt die Faust um den Zauberstab, tritt vor, greift entschlossen die letzte mir verbliebene Haarsträhne und stößt mit mühsamer Selbstbeherrschung hervor: „Für meine Mutter und meinen Vater, du Halbblutbastard! Sectum Sempra!“
Und in seiner vor Anspannung bebenden Faust schüttelt er das Haar triumphierend vor meiner Nase und reckt es dann seinen Mitschülern entgegen, während mir ein wenig Blut von der Stirn in die Augen rinnt und mich zum Blinzeln zwingt.
Potter ist offensichtlich ein aufmerksamer Schüler meines alten Zaubertränkebuches. Ausnahmsweise einmal zu aufmerksam, wie ich schon im letzten Jahr nach dem Angriff auf Draco feststellen musste.
„Na, amüsierst du dich gut, Severus?“, flüstert der Dunkle Lord geschmeidig in mein Ohr, während die Kinder noch mit Potters wildem, Hass erfüllten Triumph beschäftigt sind. „Hast du gehofft, ich ließe dich ein weiteres Mal so leicht davonkommen, mit einem kurzen Crucio, so wie am Eingang der Höhle?“ Er lacht leise, und mir rinnt ein Schauer den Rücken hinab. „Ich habe mir seither tausendfach ausgemalt, was ich mit dir anstellen werde, falls du überlebt haben solltest und endlich doch noch in meine Hände fällst!“
Ich speie ihm mitten ins Gesicht.
Lässig wischt er sich den Speichel ab und fährt mir dann mit den Fingerspitzen über die fast verheilte Narbe von der Schläfe bis zum Kinn, die seine Kralle bei unserem letzten Zusammentreffen hinterlassen hat. „Noch einmal wirst du mir nicht entkommen, Severus – diesmal wirst du vor mir auf dem Boden knien und mich anflehen, dich zu töten!“
„Träum weiter, Riddle!“, gebe ich leise, aber entschlossen zurück.
Die Kinder, die von unserem geflüsterten Schlagabtausch nichts mitbekommen haben, schauen ihren Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste jetzt erwartungsvoll an und wollen wissen, wie es weitergehen soll, nun, nachdem mein langes Haar abgeschnitten ist und meine Frisur, sofern man das noch so nennen kann, jetzt wohl einem Stoppelfeld ähnelt.
Voldemort blickt gebieterisch in die Runde und wartet, bis das Gemurmel verstummt.
„Nachdem ihr Eure Angst vor dem Todesser verloren habt, werde ich euch jetzt zeigen, wie man ihn dazu bringt, euren Befehlen zu gehorchen. Ihr werdet sehen: Snape wird mir bald aus der Hand fressen wie ein Knuddelmuff!“
Ein paar Schülerinnen und Schüler wagen es, ungläubig zu kichern, und ich grinse dazu nur spöttisch und herablassend - ich werde nie wieder irgendjemandes Befehlen gehorchen, jetzt, da Albus Dumbledore tot ist, und auch ein unverzeihlicher Fluch wird nichts daran ändern.
Voldemort zieht seinen Zauberstab und tippt auf meine Fesseln, die unverzüglich klirrend zu Boden fallen und mich freigeben. – Ich staune genauso ungläubig wie die Kinder …
„Nein! Was tun sie da!“, kreischt Lavender Brown und klammert sich an ihre Freundin Miss Parvati Patil, und ich blicke rundum in entsetzte, erschrockene Gesichter.
„Keine Angst!“, beruhigt Voldemort seine Schüler. „Er ist nicht gefährlich!“
Seine Ansicht wird offensichtlich in keiner Weise geteilt …
Bevor ich mich von meiner Überraschung erholt habe, packt der Dunkle Lord plötzlich Draco Malfoy am Kragen, zieht ihn an sich und hält ihm den Zauberstab unters Kinn. „Ich habe hier nämlich noch einen Verräter, nicht wahr, Mr. Malfoy?“
Ich kann mich nicht rĂĽhren vor Entsetzen und Zorn.
Voldemort lächelt höhnisch und stößt Draco ein Stück in Richtung seiner Mitschüler, damit diese ihn besser anstarren können.
„Draco, Sohn des bekannten Todessers Lucius Malfoy, der kürzlich mit Hilfe seines Freundes Severus Snape aus Askaban entkommen konnte, wurde Anfang Dezember von Miss Granger und Mr. Weasley dabei beobachtet, wie er einen Zauberstab am Grabmal von Albus Dumbledore versteckte. Leider waren Miss Granger und ihr Freund nicht in der Lage, den Zauberstab zu bergen, so dass sie schließlich mich benachrichtigten – doch ich kam zu spät. Dieser Todesser hier – Severus Snape – hat diesen Zauberstab, den er offenkundig bei der Familie Malfoy verloren hatte, beim Grabmal seines Opfers Albus Dumbledore verstecken lassen. Miss Granger! Schauen sie nach, ob sein Zauberstab mit demjenigen identisch ist, den Mr. Draco Malfoy für den Freund seines Vaters und Mittodesser Severus Snape versteckt hat!“
Das Mädchen gehorcht und betrachtet prüfend meinen Zauberstab, den Potters „Expelliarmus“ mir aus Hand riss.
„Das ist er. Es ist der gleiche Zauberstab!“, bestätigt sie atemlos.
„Ich hab’s gewusst! Ich habe immer gesagt, dass Draco ein Todesser ist und das Dunkle Mal auf seinem Arm trägt! Und jetzt kann ich auch endlich beweisen, dass ich mich nicht geirrt habe, wie McGonagall meint – Draco wollte tatsächlich Dumbledore umbringen! Jetzt müsst ihr mir endlich glauben!“ Potters Augen funkeln.
Voldemort lächelt und zieht den Ärmel über Dracos Arm hoch, um mit dem Zauberstab darauf zu tippen. Augenblicklich leuchtet das Dunkle Mal glühendrot auf, und die Schlange beginnt sich zu winden und zu zischen …
„Er ist auch ein Todesser!“
„Nein, das glaube ich nicht! Nicht Draco!“
„Das darf doch nicht wahr sein!“
„Nie im Leben! Das ist ein Irrtum!“
Die Schüler sind aufgescheucht wie ein Schwarm Doxys und widersprechen einander je nach Hauszugehörigkeit. Ich freue mich, dass meine Slytherin trotz erdrückender Indizien überwiegend zu ihrem Freund Draco Malfoy halten …
Auch das Mal auf meinem Arm beginnt zu brennen: Voldemort ruft die Todesser zum Angriff nach Hogwarts herbei, um von dieser nicht gewaltsam einzunehmenden Festung aus die Zauberwelt unter seine Knute zu zwingen. Und alle Kinder, die sich zurzeit in Hogwarts befinden, werden ihm als Geiseln dienen...
Der Dunkle Lord wendet sich mit einem falschen Lächeln zu mir um. „Severus – zeig deinen ehemaligen Schülern doch bitte das Mal auf deinem Unterarm! Sie alle sollen mit ihren eigenen Augen sehen, dass du ihr Feind bist!“
Ich kräusle spöttisch die Lippen. „Ich gehorche deinen Befehlen nicht mehr, Tom. Ich dachte, dass hätten wir beide ein für alle Mal klar gestellt!“
Voldemort packt Dracos blonden Haarschopf, biegt ihm den Kopf zurück und zischt sehr leise „Sectum Sempra!“
Draco keucht erschrocken auf, und eine blutige Schramme klafft auf seiner Wange.
„Muss ich fortfahren, Severus?“, fragt Voldemort kalt und drückt Draco noch ein wenig fester an sich, „Oder ziehst du dein Hemd freiwillig aus?“
Mit zitternden Fingern entledige ich mich zuerst meines Umhanges und beginne anschließend die vielen Knöpfe meines Hemdes aufzuknöpfen, während der Dunkle Lord die Schüler dazu aufstachelt, mich mit „Ausziehen! Ausziehen!“-Rufen zu verhöhnen. Dracos vor Angst geweitete Augen flehen zwischen all der Schadenfreude und Sensationsgier seiner Mitschüler verzweifelt nach Rettung und lassen meine Hände ungeschickt werden, so dass ich beinahe ewig brauche, bis ich das Hemd über den Kopf gezogen habe und es neben mir auf den Boden fällt.
„Zeig allen hier das Dunkle Mal auf deinem Unterarm!“
Mit steinerner Miene gehorche ich und zeige den SchĂĽlern Voldemorts Brandzeichen, auf dem sich die Schlange nun in glĂĽhend roter Ekstase um den Totenkopf windet.
Die Jugendlichen erschauern und rĂĽcken unbewusst ein StĂĽck von mir ab und enger aneinander.
Als alle sich satt gesehen haben, fasst Voldemort meinen Arm und tippt mit dem Zauberstab auf das Dunkle Mal. Die Schlange schlägt ihre Fangzähne in meine Haut, während das rote Glühen des Schandmals erlischt: Voldemorts Brandzeichen hat mich zum unabänderlich letzten Mal zu sich gerufen.
„Warum hat Prof... ich meine, warum hat Snape sie vorhin mit „Tom“ angeredet, Professor Hide?“, will jemand in die plötzliche Stille hinein wissen.
„Weil das sein Name ist!“, erkläre ich schnell. „Euer neuer Lehrer in Verteidigung gegen die Dunklen Künste ist nämlich in Wirklichkeit ...“
„Wasch dir den Mund!“, sagt Voldemort „Ratzeputz!“
Sofort quellen rosa Seifenblasen aus meinem Mund, der Schaum bedeckt meinem Lippen, stopft mir die Kehle, und ich würge –
„Lassen sie ihn AUSREDEN!“
Mich trifft fast der Schlag! Diese nachdrückliche Forderung kam nicht von Draco, nicht einmal von einem Slytherin sondern von – Miss Hermine Granger!
„Alles klar, Miss Granger?“, sagt der Dunkle Lord, und seine Stimme klingt plötzlich freundlicher, tiefer, einschmeichelnder.
„Lassen sie ihn aussprechen!“, wiederholt Hermine und blickt ihren Lehrer Professor Hide mit allen Anzeichen tiefer Abneigung an. „Warum lassen sie ihn nicht erklären, warum er glaubt, ihr Vorname sei nicht etwa Dorian, sondern Tom?“
„Nun...“, sagt Voldemort und scheint darüber nachzudenken, „...es ist eher die Tatsache, dass Snape überhaupt das Wort ergreift, ohne dass ich ihm zu sprechen erlaubt habe!“
Viele der umstehenden Schüler lachen, auch Potter, doch sein Freund Ron Weasley, scheinbar in die Betrachtung seiner Fingernägel vertieft, lacht nicht, ebenso wie seine Freundin Hermine.
„Sie glauben, sie wären lustig.“, sagt sie kalt. „Aber sie quälen Snape und Draco, die schutzlos ihrer Willkür ausgeliefert sind. Lassen sie die beiden in Ruhe!“
Voldemorts Brauen ziehen sich unheildrohend zusammen, und ich überlege fieberhaft, wie ich das Mädchen zum Schweigen bringen kann, bevor sie sich weiter um Kopf und Kragen redet.
„Ich brauche keine Hilfe von dreckigen kleinen Schlammblüterinnen wie der!“, fauche ich verzweifelt und spucke Seifenschaum.
Miss Granger blinzelt.
Ron fasst nach ihrer Hand. „Hermine hat Recht! Sie müssen damit aufhören!“
„Was ich tue oder lasse bestimme immer noch ganz allein ich!“, fährt Voldemort die beiden barsch an. „Wenn sie an meinem Unterricht nicht interessiert sind, dann verlassen sie augenblicklich das Klassenzimmer! Und hundert Punkte Abzug für Gryffindor!“
Hermine fasst Rons Hand fester und versucht, Harry Potters Blick aufzufangen.
„Harry?“, fragt sie mit merkwürdig dünner Stimme. „Kommst du mit uns?“
Potter scheint sie jedoch weder zu hören noch zu sehen, sondern starrt nur mich an, als habe er ein Déjà-vue oder einen Poltergeist gesehen.
Als Potter nicht antwortet, presst Miss Granger entschlossen ihre Hasenzähne aufeinander und stürmt aus dem Zimmer. Ron Weasley scheint einen Moment hin und her gerissen zwischen seinen Freunden, folgt dann jedoch mit offensichtlich schlechtem Gewissen Miss Granger. Die Tür wirft er auf gewohnt ungehobelte Weasleymanier hinter sich ins Schloss.
„Na schön!“, sagt Voldemort und sieht jetzt wütend aus. „Schön - dann eben nicht!“ Mit aufgesetzt strahlendem Lächeln wendet er sich an die verbliebenen Siebtklässler. „Wer will sehen, wie ich Sniefelus bis auf die Unterhose ausziehe?“
Und unter dem grölenden Gelächter der Anwesenden - in dem inzwischen ein eindeutig aggressiver, hysterischer Unterton mitschwingt – ritzt Voldemort neuerlich eine Schramme in Dracos Gesicht, so dass ich gezwungen bin, mich tatsächlich bis auf die Unterhose ausziehen.
Im Klassenzimmer ist es kalt, und ich umschlinge meinen dünnen, hässlichen Körper schützend mit den Armen. Mit ist leider nur zu sehr bewusst, welch einen lächerlichen Anblick meine vergraute Unterhose aus Spinner’s End – ich habe noch nicht herausgefunden, warum Hauselfen die Wäsche wieder weiß bekommen und ich leider noch immer nicht - und die mageren Beine, die daraus hervorragen wie Zaunstecken, meinen früheren Schülern bieten. Zögernd taste ich nach meinem Kopf und fühle die ungleichmäßigen Büschel meines Haares, das nun nicht mehr lang und glatt den Rücken herabfällt, sondern in widerspenstigen schwarzen Büscheln in allen Richtungen vom Kopf absteht.
Mein Blick begegnet dem meines ehemaligen Schülers Harry Potter: Satte Genugtuung ist in sein Gesicht gegraben wie einst in dem seines Vaters Vater, und grausame Freunde an meiner Demütigung. Der Funke von Irritation, der sich in Potters Miene eingeschlichen hatte, als seine Freunde Weasley und Granger für mich Partei zu ergreifen wagten – ich kann’s immer noch nicht fassen, das sie das wirklich getan haben! – ist inzwischen völlig verschwunden. Harry Potter hasst mich genau so heftig wie James, und er genießt das Schauspiel, das Voldemort für ihn und seine Kameraden inszeniert, in vollen Zügen.
Die Woge der Enttäuschung, dass Dumbledore sich am Ende doch in diesem Jungen geirrt hat, bricht so gewaltig, heftig und ohne Vorwarnung über mich herein, dass ich die Selbstbeherrschung verliere und die Deckung hängen lasse, so dass meine Augen ihr kaltes, hochmütiges Funkeln verlieren und mich verraten.
Potters Pupillen weiten sich überrascht, und er schluckt. Dann blinzelt er mehrfach heftig, doch bis er mir einen weiteren und diesmal scharfen, prüfenden Blick in den meinen bohren kann, habe ich mich schon wieder im Griff und verziehe die Lippen zu einem höhnischen Grinsen.
Irritiert reibt James Sohn sich die Narbe auf der Stirn, reißt sich dann zusammen und stößt seinen Nachbarn Neville Lestrange den Ellenbogen in die Rippen, um mit dem Finger auf mich zu deuten, während er seinem Klassenkameraden etwas ins Ohr flüstert.
Neville, der blass und krank aussieht und dem offensichtlich furchtbar unwohl ist, verzieht sein Gesicht zu einer Grimmasse des Ekels und wendet sich von Potter und mir ab, wobei er murmelt, ihm sei übel und er müsse mal ganz dringend zur Toilette ... Seamus Finnegan und Dean Thomas schießen sich ihrem Klassenkameraden an. Eigentlich dachte ich immer, nur Mädchen gingen in Rudeln zu den Waschräumen …
Ich bin mir sicher, dass ich für die Klasse eine Witzfigur abgebe wie sie Ollivander vor langer zeit - jedoch mit deutlichem Wohlwollen - beschrieben hat: Zerzaust, abstoßend und nur noch zu heiserem Krächzen fähig wie ein gerupfter Rabe, dessen Schwingen untauglich sind und der auf den Boden der Tatsachen herabgestürzt ist.
Ich ziehe die Schultern hoch und versuche, ihre Blicke und das Gelächter zu ignorieren. Ich hatte nach den Erlebnissen bei der verfluchten Höhle am Meer nicht erwartet, dass mich Voldemorts Rache noch schmerzhafter als dort treffen könnte... Voldemort ist klug und wird meine Schwächen konsequent für seine Zwecke ausnutzen.
Die Türe des Klassenzimmers öffnet sich unvermittelt, und Filch tritt ein, ein paar uralte rostige Ketten und eine verstaubte und mit Spinnweben überzogene Peitsche in der Hand.
„Professor Hide? Hier sind die Sachen für die Peitschgenehmigung ...“, verkündet der Hausmeister in diebischer Vorfreude. „Welchem Schüler geht es an den Kragen? Potter? Weasley? Finnegan?“
Ich erschaudere, und mir schießt der Gedanke durch den Kopf, dass man doch immer noch eine Stufe tiefer fallen kann, wenn man gerade gedacht hat, es könne jetzt wohl kaum noch schlimmer kommen ...
Voldemorts Antlitz erstrahlt, und tief in seinen Augen leuchtet das rote GlĂĽhen, das ich nur zu gut kenne. Erstaunlich, dass niemand auĂźer mir es zu bemerken scheint.
„Hervorragend, Mr. Filch!“, bemerkt Voldemort jovial und zieht den überraschten Hausmeister zu sich heran. „Die Genehmigung ist erteilt – walten sie ihres Amtes!“
Argus Filch blickt sich irritiert um.
„Ich soll selbst ...? Was .. wieso? Aber welchen von den Schülern soll ich denn bestrafen?“
„Severus Snape, den Todesser, natürlich! Na, dann zeigen sie uns mal, was sie können, Mr. Filch!“ Voldemort nickt Filch auffordernd zu, während er Draco am Kragen packt und ihm drohend den Zauberstab unter die Nase hält. „Los, umdrehen, Sniefelus!“
Ich gehorche, doch Argus Filch steht da wie vom Donner gerührt. „Aber das ist doch kein Schüler!“, stammelt er.
„Das ist Dumbledores Mörder!“, erklärt Voldemort mit falscher Liebenswürdigkeit. „Gibt es irgendein Vergehen an dieser Schule, das mehr Strafe verdient hätte, Mr. Filch?“
Aus Filchs hässlichem Gesicht weicht schlagartig alle Farbe. „Sie meinen, ich soll... ausgerechnet Professor Snape ... nein... nein, das kann ich nicht!“ Seine Hände lassen Peitsche und Ketten fallen und fahren hilflos nach Halt suchend durch die Luft.
Voldemorts Augen beginnen wieder zu glĂĽhen.
„Ich bin der neue Direktor in Hogwarts und kann dich jederzeit entlassen, dummer Squib!“, zischt er leise, doch mit unverhohlener Bosheit. „Du wirst nirgends eine Arbeit finden und samt deiner räudigen Katze unter einer Brücke verhungern, wenn du nicht tust, was ich dir befehle!“
Filch zittert und bebt am ganzen Körper, bewegt stammelnd die Lippen, doch er bringt kein Wort heraus.
„Tun sie, was er sagt, Argus.“, sage ich sehr leise. „Er ist der neue Herr in diesem Schloss, und er wird seine Drohung wahr machen!“
Filch starrt mich einen ewig langen Moment lang durchdringend aus seinen gelblichen Augen an, bückt sich dann abrupt und reißt die Ketten und die Peitsche an sich. Dann wendet er sich an den Dunklen Lord, der immer noch Draco am Schopf gepackt hält.
„Das mit der Peitschgenehmigung war doch nur eine Drohung - ein Versuch, diesen Rotzgören Respekt beizubringen, die mich all die Jahre verhöhnt und ausgelacht haben!“, schreit der Hausmeister wild und schleudert Voldemort sein antikels Folterwerkzeug vor die Füße. „Aber so was Grausames würde ich nie im Leben tatsächlich jemandem antun, nicht einmal einem Todesser! - Ich KÜNDIGE!“
Und mit diesen Worten verlässt eine weitere Person Türen schlagend das Klassenzimmer...
Mr. Hides Augen glühen nun eindeutig wie Kohlen, und er bleckt das schöne, ebenmäßige Haifischgebiss. „Wenn dieser Squib zu feige ist, den Verräter Snape zu bestrafen, dann werde ich es eben selbst erledigen: Crucio!“
Die Welt versinkt ein weiteres Mal, und ich möchte sterben, alles, wenn es nur endlich aufhören möge - doch diesmal hat Voldemort seinen Jähzorn besser unter Kontrolle als bei jener verfluchten Höhle am Meer, und ich treibe haltlos knapp unter der Schwelle zur Ohnmacht dahin, bis … Mir scheint, als löse sich ein Teil meines Selbst vom Körper wie ein widerspenstiges Heftpflaster, und ich stünde gleichsam neben mir. Mir dämmert, dass es mir soeben ergehen könnte wie Alice und Frank Longbottom, deren Seelen sich durch die Folter bereits endgültig und unwiderruflich von ihren Körpern gelöst haben, jedoch nicht in das Land des Todes hinübergehen gelangen können, weil ihre Körper noch nicht gestorben sind. Und so sehe ich unbeteiligt auf mich selbst herab, während dort vor mir auf dem Boden mein hässlicher nackter Körper in der lächerlichen grauen Unterhose in Agonie zuckt und sich windet wie ein hässlicher dünner und bleicher Wurm, der auf einem Angelhaken aufgespießt wurde.
Voldemorts Gesicht ist zu einer Fratze höchsten Genusses verzogen, während die Schüler mit Ekel in den jungen Gesichtern auf mich herabstarren – einen Abscheu, den ich ihnen bei diesem abgrundtief hässlichen Anblick nicht verdenken kann.
Abrupt endet der Schmerz, und ich werde zurückgerissen in meine jämmerliche Existenz auf dem Boden des Klassenzimmers zu Füßen meiner ehemaligen Schüler. Wurmschwanz nutzt die günstige Gelegenheit, um mir noch schnell unter den wohlgefälligen Augen seines Herrn einen Tritt zu versetzen.
Eine halbe Ewigkeit lang herrscht Totenstille, während ich zitternd und bebend versuche, die Kontrolle über meine Körperfunktionen zurückzugewinnen.
„Nein!“, sagt Potter endlich in das Schweigen hinein und legt seine Hand auf die seines Lehrers in Verteidigung gegen die Dunklen Künste, um ihn daran zu hindern, den Zauberstab wieder zu erheben. Der Junge sieht merkwürdig blass aus, so, als müsse er sich gleich übergeben.
„Nein, Sir! Snape hat genug, das seht ihr doch…“ Potters Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern.
„Genug?“ Voldemort lacht schallend. „Sniefelus ist zäh! Wir beide können noch viel Spaß mit ihm haben!“
„Spaß? Nein, das ist alles andere als das!“ Potters Gesicht scheint fahl und irgendwie eingefallen, und Schweiß glänzt auf seiner Stirn. „Bitte, Sir, hören Sie auf damit!“
Voldemort ist offensichtlich wenig erfreut, dass Potter sein grenzenloses BedĂĽrfnis nach Rache nicht teilt, doch er reiĂźt sich beim Anblick der entsetzten, angeekelten Mienen ringsum zusammen.
„Gut, ich gebe zu, sein Anblick ist ein wenig unappetitlich, aber eine Schönheit war Sniefelus ja nie.“ Der Dunkle Lord lächelt bösartig. „Schade, dass ihr noch nicht so weit seid, derartig spezielle Vergnügen auskosten zu können … Nun gut …“ Er packt Harry Potter an den Schultern, schiebt ihn nach vorne, so dass er mir direkt gegenüber steht und ich zu James’ Sohn hinaufblinzeln muss, und klopft seinem Lieblingsschüler mit väterlichem Verständnis aufmunternd auf den Rücken. „Dann sollten wir jetzt wohl herausfinden, wie weit der junge Malfoy in Snapes geheime Machenschaften verwickelt war. Der Cruciatusfluch wird Draco sicher die Zunge lösen, und er wird singen wie eine Nachtigall …“
„Nein, nein, bitte, tu ihm nicht weh! Es ist alles meine Schuld! Tu mir weh, aber nicht ihm!“, bricht es aus mir heraus, und meine Stimme überschlägt sich.
Voldemort lächelt triumphierend in die Runde seiner Schüler, die mich mit aufgerissenen Augen anstarren, als hätten sie mich noch nie zuvor gesehen.
„Habe ich euch nicht vor wenigen Minuten versprochen, dass der gefürchtete Todesser und Mörder Severus Snape mir aus der Hand fressen wird?“
Die Kinder bleiben stumm – und es ist eine sehr tiefe, betretene, unangenehme Stille, in der niemand einem der anderen ins Gesicht blicken mag.
„Crucio!“, sagt Voldemort in das Schweigen herein vernehmlich, und im nächsten Augenblick windet sich Draco in schrecklichsten Schmerzen auf dem Boden, und er schreit, schreit und schreit …
„Nein! Nein! Bitte, hört auf … nicht Draco!“ Ich falle vor Voldemort auf die Knie und taste nach einem Zipfel seines Umhangs, den ich kaum erkennen kann, weil mir Rotz und Wasser wie Bäche über das Gesicht laufen, doch ich schäme mich nicht einmal mehr deswegen. „Herr, ich flehe euch an … oh, bitte, Herr, bestraft mich, ich habe es verdient, aber lasst den Jungen los!“
Voldemort lässt von Draco ab und schaut auf mich herab. Dann lächelt er, legt seinen Arm um Harry Potters Schulter, der neben ihm wie versteinert da steht und ebenfalls auf mich und seinen verhassten Mitschüler Draco Malfoy herabstarrt, und zieht seinen Musterschüler zu sich heran.
„Du gestehst also, Sniefelus, dass du James Potter, den Vater dieses jungen Mannes hier, gehasst hast?“
„Ja.“, flüstere ich kaum hörbar.
„Und es ist wahr, dass Harrys Eltern durch deine Schuld sterben mussten?“
„Es ist wahr.“, bestätige ich tonlos.
„Direktor Albus Dumbledore, der dir immer bedingungslos vertraute, starb durch deine Hand, obwohl er wehrlos war und dich anflehte, ihn zu verschonen?“
Ich schlucke, um sprechen zu können.
„Ja.“
Voldemort strahlt und wendet sich mit weit ausholender Geste an sein Publikum. „Lauter, Sniefelus, das interessiert hier alle nämlich brennend!“
„Ja.“, wiederhole ich heiser.
Voldemort schwenkt den Zauberstab in Dracos Richtung.
„Ja!“, schreie ich, und meine Stimme kippt. „Ja! Ja! Es ist alles meine Schuld! - Wie oft wollt ihr das noch hören?!“ Ich schlage die Hände vors Gesicht und krümme mich verzweifelt zusammen wie ein geprügelter Hund.
Von Voldemort ist keine Gnade zu erwarten. Ich fasse nach Potters Umhang und erhebe flehend meine Augen zu ihm.
„Bitte, verschont euren Klassenkameraden, Mr. Potter! Hätte Draco Voldemorts Befehlen nicht gehorcht, so wären seine Mutter, seinen Vater, die ganze Familie getötet worden … Bitte, macht mit mir, was ihr wollt, aber lasst nicht zu, dass der da…“ ich werfe einen flüchtigen Seitenblick auf Voldemort „…meine Fehler an Unschuldigen rächt!“, flehe ich inständig und füge eingedenk eines heftigen Zusammenstoßes, den ich mit Potter während des letzten Jahres hatte, hinzu: „Bitte, Sir!“
Potter zuckt zurück, als habe ich mich in eine Schlange verwandelt, und mut- und hoffnungslos lasse ich die Hand sinken. Ich habe niemals versucht, den Vater James Potter anzubetteln, und beim Sohn erweist sich sogar dieses allerletzte Mittel als wertlos …
Voldemort packt den wie versteinert dastehenden Harry bei der Schulter und zieht den Widerstrebenden besitz ergreifend zu sich heran.
„Ich bin der oberste Richter und Vorsitzende des Zaubergamots! Dies befugt mich, dir, lieber Harry, als dem besten und begabtesten Schüler, den ich jemals hatte, ein ganz besonderes Geschenk machen: Töte Severus Snape!“
Harry Potter schwankt, und alles Blut scheint aus seinem Gesicht gewichen.
„Nein!“, flüstert er.
„Aber ja doch!“, widerspricht Voldemort mit einem tiefroten Leuchten in den Augen. „Severus Snape hat sich doch soeben schuldig bekannt, den Tod deiner Eltern verursacht und Albus Dumbledore heimtückisch ermordet zu haben! Darüber hinaus hat er dir jeden Menschen genommen, der dir jemals etwas bedeutet hat – denk nur an deinen Paten Sirius Black!“
Die TĂĽr des Klassenzimmers fliegt auf, und Hagrid stĂĽrzt herein, gefolgt von Professor Flittwick, Hausmeister Argus Filch sowie Miss FrageinBuch Hermine Granger, dem schlechtesten Torwart, den Gryffindors Quiddichmanschaft je hatte, Mr. Ronald Weasley, und schlieĂźlich auch noch ihren MitschĂĽlern, die uns vor wenigen Minuten verlieĂźen, um die Toiletten aufzusuchen: den Herren Longbottom, Finnegan und Thomas.
„Professor Hide – was machen sie da?“, ruft Hagrid und sieht sich mit wildem Blick im Klassenzimmer um.
Der kleine Filius Flitwick – als Nachkomme eines Kobolds von eher geringer Körperlänge – erweist sich als deutlich größer, als sein Äußeres vermuten ließe, und stellt sich mit ausgebreiteten Armen schützend vor die Schüler. „Ich bitte unverzüglich um eine Erklärung, Direktor Hide!“, fordert Flitwick so energisch wie höflich.
Voldemort richtet sich langsam und mit Bedacht zu seiner vollen Größe auf, und selbst durch den tarnenden Fluch des Zauberspiegels hindurch, der hinter meinem Rücken an der Wand des Klassenzimmers hängt und mit einem schwarzen Samttuch verhüllt darauf harrt, die äußere Erscheinung des Dunklen Lords seinen Mitmenschen gegenüber immer wieder aufs Neue zu verschleiern, ist die entsetzliche, unüberwindliche Macht Lord Voldemorts nun ganz deutlich und fast mit Händen greifbar zu spüren.
„Ich …“, verkündet er mit eiskaltem Blick in die Runde, „… habe den Todesser Severus Snape zum Tode verurteilt. Das Urteil wird sofort vollstreckt – und ich habe meinen Musterschüler Harry Potter dazu ausersehen, das Urteil zu vollstrecken!“
James Potters Sohn wirkt unentschlossen, und seine Hand zittert so stark, dass er kaum zielen kann.
Hagrid macht einen Schritt auf Harry zu, bleibt jedoch stehen, als Voldemort seinen Zauberstab drohend auf ihn richtet.
„Du darfst Snape nichts antun, Harry! Dumbledore hat ihm vertraut, weil …“
„Nein!“, schreien Potter und ich wie aus einem Munde.
„Bedenke, was du mir versprochen hast!“, erinnere ich Hagrid mit einem eindringlichen Flüstern, während ich mir Rotz und Wasser mit dem Unterarm vom Gesicht wische, und funkle den Halbriesen zornig an - Voldemort würde ihn und Neville Longbottom ebenfalls töten, sollte er jemals davon Kenntnis erlangen, dass die beiden bezeugen können, warum ich meinen ehemaligen Herrn verraten habe und Dumbledore mir sein Vertrauen schenkte. „Das ist privat, Hagrid – was damals vorgefallen ist, ging ausschließlich Dumbledore und mich etwas an!“
Hagrid ringt verzweifelt die riesigen Hände. „Du musst mich von meinen Versprechen entbinden! Sobald Direktor Hide erfährt, dass …“
„Nein!“ Ich schnaube verächtlich und werfe einen halb mitleidigen, halb ungläubigen Blick in die Runde. „Habt ihr alle denn immer noch nicht verstanden? – Mein Tod ist seit langem beschlossene Sache! Es gibt nichts, was daran etwas ändern könnte.“ Ich schließe kurz die Augen und atme tief durch. „Passt lieber auf, dass keinem der Schüler etwas zustößt!“, ergänze ich leise.
Potter ist bleich wie mit Kalk bestrichen und umklammert mit weißen Fingerknöcheln den Zauberstab, als halte er sich an ihm fest und nicht umgekehrt.
Ich wische mir über das Gesicht, um die letzten Spuren meines grauenhaft peinlichen Gefühlsausbruches auszulöschen, und frage den Sohn meines alten Feindes mit höflicher Distanziertheit, als betrieben wir leichte Konversation auf einer Teeparty: „Gewähren Sie mir einen letzten Wunsch, Mr. Potter?“.
„Ja.“, krächzt er.
„Danke. Das ist sehr großzügig.“, antworte ich ohne jedwede Ironie. „Dann warten sie bitte mit dem Avada Kedavra, bis ich mich vom Boden erhoben habe – ich würde gerne stehend sterben.“
Ich fühle die furchtsamen, mitleidigen, entsetzten, rachedurstigen oder erschrockenen Augen der Anwesenden auf mir ruhen, während ich mich mühsam an der Wand hinauf auf die Füße ziehe und dabei nach Halt suchend nach dem schwarzen Samttuch greife, dass den Zauberspiegel verhüllt …
Das Tuch fällt herunter, und über Professor Dorian Hides Schultern sowie Harry Potters und meinen schwarzen Haarschöpfen hinweg blicken die Anwesenden in die wahren Gesichter unserer Seelen …
„Nein!“, kreischen Lavender Brown und Parvati Patil unisono und fallen gleichzeitig in Ohnmacht. Neville Longbottom, Dean Thomas und ihr Freund Seamus Finnegan tun das, wofür sie eigentlich die Toiletten aufsuchen wollten. Susan Bones und Hannah Abbott halten sich an den Händen, als wolle der Boden sich öffnen und eine von ihnen verschlingen. Justin Finch-Fletchley presst die Fäuste auf die Augen, während Morag McDougal in Tränen ausgebrochen ist. Millicent Bullstrode, eine Slytherin, und Terry Boot aus Ravenclaw wetteifern wohl darum, welches Haus am lautesten mit den Zähnen klappern kann. Vincent Crabbe und Gregory Goyle glotzen mit offenen Mündern dumpf wie zwei junge Trolle. Professor Flitwick und Hagrid schließlich klammern sich aneinander wie das merkwürdigste siamesische Zwillingspaar, das die Welt je gesehen hat.
Voldemort, der nur sein eigenes Antlitz in der verlogenen Version des Zauberspiegels erblickt, versteht nicht, warum alle dermaĂźen gebannt ihn und sein Abbild im Zauberspiegel anstarren.
„Also, Harry, schnell! Töte Snape!“, zischt er wütend.
Harry Potter, der im Gegensatz zu seinen MitschĂĽlern nicht ĂĽber Voldemorts Schultern und in dessen entzĂĽckende Seele blicken kann, starrt abwechselnd seinen Lehrer in Verteidigung gegen die Dunklen KĂĽnste und mich mit weit aufgerissenen Augen an.
„ER ist Lord Voldemort!“, flüstert er beinahe unhörbar.
„Schön, dass auch Sie das endlich begriffen haben, Mr. Potter!“ Ich lächle ihn halb mitleidig, halb spöttisch an. „Und jetzt entscheiden sie sich bitte, ob sie Voldemort die Drecksarbeit abnehmen und mich umbringen wollen - mir ist nämlich kalt, und ich warte nicht gerne.“
Tatsächlich drohen meine Beine jeden Moment damit einzuknicken, und wenn ich’s irgendwie vermeiden kann, möchte ich nicht vor Voldemort auf den Knien sterben.
Potter fasst den Zauberstab fester und wendet sich zum Dunklen Lord, um hinauf in sein Antlitz zu blicken.
„Sie sehen anders aus als bei unserer letzten Begegnung im Zaubereiministerium, Tom Vorlost Riddle!“, stellt Harry mit seltsam ruhiger, beherrschter Stimme fest, so dass ich erstaunt die Augenbrauen hebe. Selbstbeherrschung war jedenfalls bisher noch nie eine der hervorstechenden Eigenschaften der Familie Potter.
Riddle lächelt kalt.
„Mag sein, Potter. Wenigstens können wir jetzt das Versteckspiel beenden!“ Er lacht höhnisch, und ein paar von den Schülern, die sich bisher noch recht tapfer gehalten haben, beginnen zu kreischen wie am Spieß.
„So sieht es aus.“, entgegnet Potter und richtet – ich traue meinen Augen nicht! - seinen Zauberstab, den er mit weißen Fingerknöcheln umklammert hält, auf Lord Voldemort!
„Ergeben sie sich, Voldemort, und …“
Harry Potters Zauberstab wird ihm aus der Hand geschleudert, und Voldemort schĂĽttelt sich vor Lachen.
„Du Wurm willst mir Befehle erteilen? Aus dem Weg, Kleiner! Ich habe im Moment wichtigere Dinge zu erledigen …!“
Ăśber Harrys Kopf hinweg fixiert er mich mit seinen rotglĂĽhenden Augen, und ich straffe die Schultern.
„Nein!“ Potter schiebt sich zwischen uns. „Das lasse ich nicht zu!“
„Du bist eine dumme Göre, ganz wie deine Mutter Lily - ich ließ ihr die Wahl, sie hätte sich retten können! Aber nein, sie wollte lieber sterben als dich preiszugeben …“ Der Dunkle Lord verzieht den Mund zu einem verächtlichen Grinsen. „Ich lasse auch dir die Wahl: Geh aus dem weg, Harry, und ich werde dein Leben verschonen. Oder möchtest du für einen unsympathischen, arroganten Mistkerl wie den da…“, er deutet auf mich, „… tatsächlich sterben?“
Der Junge kneift konzentriert die Augen zusammen und scheint angestrengt zu überlegen. Zum ersten Mal überhaupt fällt mir auf, dass er zwar die Gesichtszüge seines Vaters geerbt hat – aber seine Augen sind grün und dieselben wie die seiner Mutter Lily …
„Wenn ihr Snape umbringen wollt, dann müsst ihr zuerst mich töten.“, erklärt er unfassbar und tritt zwischen den Lord Voldemort und mich.
Ich beginne zu zittern. „Sein sie nicht so verrückt gryffindor, Potter – gehen sie aus dem Weg! Es nützt niemandem, wenn wir alle beide sterben!“, flüstere ich heiser zum Rücken des Jungen.
Der Junge ballt die Fäuste. Ich sehe, dass auch seine Hände zittern.
„Nein! Ich bleibe!“, antwortet er, und seine Stimme ist flach vor Angst.
„Elender Dummkopf!“, fauche ich, als Voldemort langsam den Zauberstab hebt und mit vor Bosheit verzerrter Fratze die Vorfreude auf den nun absolut unausweichlichen, triumphalen Moment auskostet, in dem er seine beiden gefährlichsten Feinde töten wird. „Die Prophezeiung – ich kennen den zweiten Teil nicht, aber Dumbledore war sich absolut sicher, dass nur sie die Zauberwelt vor Voldemort retten können, Potter! Sie müssen an ihre Freunde, ihre Mitschüler, all die Menschen da draußen denken!“
In meine Stimme hat sich am Ende doch noch so etwas wie Flehen eingeschlichen. Das darf doch nicht wahr sein – Dumbledore hatte Recht, James Potters Sohn Harry ist tatsächlich kein grausames, heimtückisches Monster wie sein grässlicher Vater, und jetzt verschwendet er seinen gryffindorschen Heldenmut ausgerechnet auf mich!
Lord Voldemort deutet mit dem Zauberstab auf Potters Brust und zischt: „Ava-“
Ich werfe mich mit letzter Kraft nach vorne und reiße Potter mit mir zusammen zu Boden. Etwas Heißes zischt an meinem Ohr vorbei und versengt mir Haut und Stoppelhaar, wird vom Zauberspiegel in direkter Linie reflektiert, trifft auf Potters Stirnnarbe, versengt dann die Stelle an meinem Unterarm, an der sich das Dunkle Mal befindet, und wird von dort aus weiter zurückgeworfen in die Richtung, aus welcher der Fluch seinen Ursprung nahm …
Ein grauenvoller Schrei tiefster Qual und Pein gellt durch den Raum, so grässlich und nervenzerfetzend als reiße man jemandem bei lebendigem Leibe das Herz heraus …
Als ich den Kopf hebe, bin ich auf das Schlimmste gefasst: Potter zerschmettert in meinen Armen, über mir das hämische Grinsen Lord Voldemorts …
Doch Voldemort liegt zusammengesunken wie ein großer Haufen Lumpen am Boden und regt sich nicht – im Gegensatz zu demjenigen, den ich im Fallen unter mir begraben habe und dessen Hand jetzt zwischen all den Spiegelscherben, die wie glitzernde Eiskristalle überall den Boden bedecken, nach seiner Brille tastet, die ihm von der Nase gerutscht ist.
„Was war das denn?!“, fragt der Junge außer Atem. „Wo ist …?“
Das regungslose Bündel, das Potter und mir gegenüber am Boden kauert, erwacht zu neuem Leben: Voldemort ist also immer noch unter den Lebenden, obwohl es Potter und mir nach meiner Rechnung doch gelungen sein muss, alle Horkruxe zu vernichten …
Ich rolle mich zur Seite und stemme mich hoch auf die Ellenbogen, doch ich habe keine Kraft mehr, zu Voldemorts Zauberstab hinĂĽber zu kriechen.
Harry Potter hingegen ist vom Sturz noch halb benommen, sieht ohne seine Brille nichts und handelt darum nicht schnell genug - und Voldemort schnappt ihm den Zauberstab um den Bruchteil einer Sekunde vor der Nase weg!
Die schrecklichen Schlangenaugen glühen wie brodelnde Lava und seine grausames Gesicht ist in unermesslichem Zorn zur Fratze des Wahnsinns verzerrt, als er den Zauberstab auf uns beide richtet und zischt: „Avada Kedavra!“
Und hilflos und hypnotisiert starren Potter und ich gemeinsam dem tödlichen grünen Strahl entgegen …
Nein, kein Todesfluch bricht aus Voldemorts Zauberstab, nicht einmal ein Rauchwölkchen oder auch nur ein armseliger Funke.
Der Dunkle Lord schüttelt den Zauberstab, richtet ihn abermals auf uns beide und zischt, diesmal laut und glasklar für jeden der Anwesenden vernehmlich: „Avada Kedavra!“
Und – wieder geschieht rein gar nichts …
Voldemort verliert jegliches Maß. „AVADA KEDAVRA! AVADA KEDAVRA!“, kreischt er in höchstem Diskant und schwenkt dabei begleitet von wüsten Beschimpfungen den Zauberstab in unsere Richtung: „Verreckt endlich, ihr verdammtes Pack, ihr verfluchten Schlammblüter, ihr Söhne Dumbledores!“
„Tom Vorlost Riddle kann nicht mehr zaubern!“, flüstere ich ungläubig. „Der Zauberspiegel hat seinen Todesfluch auf ihn zurückgeworfen – und ihm anstatt das Leben seine Zauberkraft genommen!“
Potter entledigt sich, den Blick fest auf den in ohnmächtiger Wut tobenden Tom Riddle geheftet, seines schwarzen Zauberumhangs und legt ihn mir - noch immer ohne mich anzusehen - um die nackten Schultern. „Wir haben ihn besiegt! Gemeinsam, so wie es der sprechende Hut gefordert hat!“, sagt Potter leise.
Hermine Granger tritt wortlos zu uns, und ihr Freund Ronald Weasley reicht mir meinen Zauberstab.
„Bitte, Sir!“, sagt er verlegen.
Ich habe keine Zeit zu antworten, denn in diesem Moment öffnet sich die Tür des Klassenzimmers ein weiteres Mal, und hinein tritt unter Hufgeklapper der Zentaur Firenze mit der Direktorin von Hogwarts, Minerva McGonagall, auf dem Rücken. „Saturn, Mars und Venus in Opposition!“, ruft der Lehrer für Wahrsagen aus. „Ich war mir sicher, dass der Zeitpunkt gekommen ist – und ich hatte Recht!“
McGonagall – offensichtlich weitestgehend von ihrer Krankheit genesen - gleitet für ihr Alter erstaunlich elegant vom Rücken des Zentaurs. Streng, aufrecht und respekteinflößend wie eh und je wirft sie einen taxierenden Blick in die Runde, stemmt die Arme in die Hüften und sagt: „Fünfzig Punkte für denjenigen, der mir erklärt, was hier vorgefallen ist!“
Der nun ausbrechende Tumult kümmert mich nicht – denn ich stelle soeben fest, dass das Zeichen meiner Schande, Voldemorts Dunkles Mal auf meinem Unterarm, nicht nur verblasst, sondern auf immer und ewig verschwunden ist!

*****

Ich habe ein weiteres Mal Fahnenflucht begangen, und zwar diesmal eindeutig aus Feigheit. Ansonsten hätte ich möglicherweise doch noch Dolores Umbridges fetten Krötenhals umdrehen müssen oder mich mit Rufus Scrimgeour duelliert, sobald einer der beiden versuchen wollte, mich zu den jüngsten Vorgängen in Hogwarts zu befragen … an Rechtfertigungen war mir noch nie gelegen, und mir reicht schon aus, was sich Rita Kimmekorn im Tagespropheten über die Ereignisse zusammen fantasiert hat …
Auch habe ich keine Lust, mir Potters Gejammer und Ausflüchte darüber anhören zu müssen, wie er nur so unglaublich dumm, blind und verbohrt sein konnte, so lange auf Voldemorts Täuschung hereinzufallen! Ich habe mit dem Grübeln über diese Frage immerhin sechzehn Jahre zugebracht und überhaupt keine Lust, ihm bei seiner speziellen Antwort zu helfen. Ich kann James Sohn genauso wenig ausstehen wie den Vater, und ich werde meine Meinung darüber auch niemals ändern. Was der Bengel denkt, fühlt oder sich fragt ist mir völlig schnuppe – er und seine ganze Bagage soll bleiben, wo der Pfeffer wächst, und mich einfach in Ruhe lassen.
Ich weiß, ich sollte jetzt wohl mit allen Mitgliedern des Phönixordens Frieden schließen und ganz besonders mit Remus Lupin und seiner Verlobten Tonks, die er im nächsten Monat zu ehelichen gedenkt. Falls man in der Kirche die Anwesenden Gäste auffordern sollte sich zu melden, falls jemand gegen diese Verbindung etwas einzuwenden hätte, sähe ich mich vielleicht gezwungen aufzustehen und dem Bräutigam Remus Lupin eine blutige Nase zu verpassen. Mich beschleicht hin und wieder der Verdacht, Andromeda könne hinsichtlich der Vaterschaft für Nymphadora seinerzeit gelogen haben ... nein, diesen Gedanken denke ich besser nicht zu Ende.
Ich bleibe lieber gleichermaßen ungesellig wie unversöhnlich und suche mir auch in Zukunft meine Freunde selbst aus: Lucius Malfoy beispielsweise rettete mich Merlin sein Dank rechtzeitig vor den anstehenden gesellschaftlichen Komplikationen und befreite mich aus Madame Pomfreys Krankenstation – mittels des langweiligen, aber bewährten Vielsafttranks statt mit Gleitfallschirmen, versteht sich. Zusätzlich besorgte er mir neue Ausweispapiere auf den Namen „Tobias Prince“ sowie Muggelkleidung - Andromeda hatte Recht, sie steht mir besser als Zauberumhänge. Mein langes Haar ist natürlich Geschichte, obwohl ein paar Zentimeter davon während meines Schlafes auf mysteriöse Weise nachgewachsen zu sein scheinen. Jedenfalls war Tricky so freundlich und hat aus der Verwüstung so etwas wie eine Frisur retten können. Als ich nach den Bemühungen der Hauselfe in den Spiegel sah, war ich überrascht, dass mir ein neuer, offenbar jüngerer und viel weniger angespannter Mann daraus entgegenblickt. Ich habe mich selbst nicht wieder erkannt, und ich hoffe, anderen wird es ebenso ergehen.
Tricky übernimmt übrigens in der Winkelgasse eine Apotheke, und ihr um-ich-weiß-nicht-wie-viele-Ecken-Verwandter Dobby eröffnet ein Sockengeschäft – ich bin mir sicher, dass die neue Nachbarschaft die blasierten Eigentümer von Borgin & Burkes in den Wahnsinn treiben wird. Nun, dagegen hilft beispielsweise Eis aus dem wiedereröffneten Straßencafe von Florestan Fortescue, dass mein Freund Geoffrey Goyle unter dem Namen des ehemaligen Inhabers weiterführen wird. Nicht nur Kinder sind sicher ganz verrückt nach Eiscreme, bei der man beim Schlecken von Schmetterlingen umschwärmt wird oder die ein wundervolles Aroma wie von wilden Blumen, sonnenwarmem Gras oder knackigen Äpfeln verströmen ... Victor Crabbe will seinen Jugendtraum verwirklichen und des Honigtopf um seine schmackhaften Creationen bereichern. Beide meiner Freunde werden sicherlich unter den gestrengen Geschäftsführeraugen von Lucius Malfoy mit ihren Talenten große Erfolge in der Zauberwelt feiern.
Ich habe hingegen beschlossen, der Welt der Magie eine Zeit lang den Rücken zu kehren und mir eine Zeit lang den Wind um die Nase wehen zu lassen, bevor ich entscheide, was ich zukünftig tun will. Eines habe ich bereits nachdrücklich abgelehnt: Minerva McGonagalls freundliches Angebot, wieder als Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste in Hogwarts zu arbeiten. Ich mag keine Kinder, und jetzt, da ich niemandem auf der Welt mehr etwas schuldig bin, werde ich mich ganz bestimmt nicht mehr mit dieser begriffsstutzigen, nervtötenden und anstrengenden Spezies zusammen einsperren lassen!
Die Luft, die ich atme, schmeckt nach Salz und Freiheit: Mein Geburtstagsgeschenk an mich selbst – wir schreiben inzwischen den neunten Januar. In diesem Moment, in dem ich noch die letzten Sätze meines Berichtes auf das Pergament kritzle, sitze ich auf dem Überseekai im Hafen von Liverpool. Gleich wird die Kerze neben mir erlöschen und eine eisige Wintersonne aufgehen. Sobald ihre ersten Strahlen mir ins Gesicht fallen, wird der Trawler, auf dem ich ohne sein Ziel zu kennen angeheuert habe, auslaufen und mit mir zusammen in unbekannte Gewässer, zu unendlichen Horizonten und zu neuen Abenteuern aufbrechen.

Ich bin leider nicht so optimistisch wie Albus Dumbledore, der den Tod für ein weiteres Abenteuer hielt – ich glaube, mit dem Tod ist alles zu Ende. Voldemort hat mir die Hälfte meines Lebens gestohlen. Mit dem Rest aber bin ich frei zu tun, was auch immer mir beliebt, und ich werde den Kelch des Lebens genießen bis zum letzten Tropfen, egal, ob er bitter oder süß schmecken wird.
So, ich bin fertig, die Kerze ist erloschen und die Sonne schickt ihre ersten Strahlen über das weite Wasser. Ich rolle nun das ellenlange, von meiner spitzen kleinen Handschrift bedeckte Pergament auf und stecke es in die Elfenweinflasche, die Hagrid mir ans Krankenbett mitgebracht hatte, und werfe mein Tagebuch als Flaschenpost ins Meer – mag es jemand durch Zufall finden und lesen oder auch nicht.
Ruhm und Ehre, Lord Voldemort endgĂĽltig vernichtet zu haben, gebĂĽhren jedenfalls zu Recht Harry Potter, denn ich bin nicht der Held dieser Geschichte und hatte auch nie vor, es zu werden.
In fini initium – and, finally, future is wide, wide open …

*****

Epilog

Der Fremde, der nach einer langen Zeit von Verlassenheit, Verfall und Ödnis wieder in das verwaiste Gutshaus der Familie Riddle bei Little Hangleton eingezogen ist, soll dem Hörensagen nach ein entfernter Verwandter der ehemaligen Besitzer sein. Nach Meinung seiner Nachbarn aus dem Dorf ist der Alte in jedem Falle ein äußerst merkwürdiger Kauz und scheint auch nicht ganz bei Trost zu sein: Er hüllt sich in weite, wehende Umhänge und brabbelt unermüdlich - die Kapuze tief in das hässliche, beinahe nasenlose Gesicht gezogen - in einer fremden Sprache vor sich hin, die in den Ohren der Dorfbewohner wie Schlangengezischel klingt, während er ruhelos auf den Ländereien der Familie Riddle umherirrt, den für einen Wanderstab viel zu kurzen Stecken in seiner Hand gen Himmel reckt und mal hier, mal dort auftaucht – wobei der Friedhof und das Grabmal der Familie Riddle sein bevorzugter Aufenthaltsort zu sein scheinen.
Sobald die Dorfkinder beim Spielen seinen Weg kreuzen, so ruft eines von ihnen dem wunderlichen Alten unweigerlich hinterher:
„Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“
„Niemand!“, erschallt der vielstimmige Antwortchor der Kinder.
„Und wenn er kommt?“, fragt frech der Anführer.
„Dann laufen wir!“
Und spätestens jetzt trifft den alten Mann ein Matschklumpen, ein Stein oder ein Schneeball am Kopf, und die Kinder rennen unter spöttischem Hohngelächter in alle Richtungen davon, während der seltsame Fremde in ohnmächtigem Zorn hinter ihnen seine knorrige Faust mit dem nutzlosen Stab darin in den blutroten Abendhimmel reckt …


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