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Fanfiction

The good, the bad and the ugly - Das Dunkle Mal

von Polaris

Ich nahm mir noch einen Hitzedrops aus Crabbes Tüte und räusperte mich verlegen.
„Damit ihr versteht, warum ich zum Verräter an unserem Herrn, dem Dunklen Lord, werden konnte, müsst ihr zuerst wissen, zu welchem Menschen ich wurde, nachdem ich mich ihm anschloss.“
Die Gesichter meiner Freunde sehen mich erwartungsvoll an, obwohl Crabbe und Goyle das Wichtigste ja bereits intuitiv erfasst hatten. Lucius schiebt mit einer eleganten Geste sein silbernes Haar hinters Ohr – ein Zeichen höchster Konzentration.
Ich spucke ein paar Funken, als der Hitzedrops seine Wirkung entfaltet, und freue mich über die wohlige Wärme, die sich in meinem Körper ausbreitet - ich werde sie noch brauchen.
„Die Bibliothek, in der ich bei meiner Vorstellung auf das Erscheinen des Dunklen Lords warten sollte, war angefüllt mit schwarzmagischen Büchern und Artefakten aller Art. Da ich mich auf eine längere Wartezeit gefasst machte – bei hohen Herren lautet die Regel: je unwichtiger der Gast, desto länger lassen sie einen gewöhnlich schmoren – nahm ich eine wertvolle Erstausgabe von „Maleus Maleficorum“, des Hexenhammers, aus dem Regal und begann interessiert darin zu lesen.“
„War es bei dir auch so schrecklich heiß und stickig in dem Zimmer?“, fällt Crabbe in meine Geschichte ein. „Ich bin vor Durst fast gestorben!“
„Stimmt! Aber da war so ein Brunnen, aus dem man hätte trinken können ...“, ergänzt Goyle. „Aber da waren doch diese Wächter, diese absolut identischen Zwillinge. Einer log immer und einer sprach die Wahrheit. Beide boten mir einen Becher an …“
Crabbe nickt heftig. „Mir auch. Der vom Lügen-Zwilling enthielt Gift, der andere Wasser. Und der Ausgang war versperrt! Eigentlich wollte ich ja … Aber ich durfte doch nur eine einzige Frage an die Zwillinge stellen!“
Lucius grinst spöttisch. „Und – wie hast du bekommen, was du wolltest, Victor?“
Victor Crabbe läuft trotz der eisigen Kälte, die eben noch seine Wangen und Lippen blau färbte, tiefrot an und wechselt einen betrübten Blick mit Geoffrey Goyle.
„Ich habe gefragt, wo bitte die Toiletten sind.“
Unser aller Anspannung bricht sich in Gelächter Bahn, und wir lachen, bis uns die Tränen in den Augen schwimmen, und Lucius und ich klopfen Victor abwechselnd anerkennend auf den Rücken.
„Und?“, japst Malfoy endlich, „Was hat der Zwilling geantwortet?“
„Was ist denn daran lustig? Ich musste wirklich dringend!“, mault Victor. „Der Mistkerl hat mich natürlich angelogen, das passier mir ja immer – die Tür, auf die er zeigte, führte nur zu einer Rumpelkammer mit alten Büchern drin!“, ergänzt er tapfer. „Darum habe ich kein Wasser aus dem Wasserhahn trinken und mir auch nicht die Hände waschen können - also habe ich einfach in die Topfpflanze gepinket, die in der Ecke stand.“
Lucius und ich brechen wieder in Gelächter aus, und wir versichern Crabbe und Goyle, dass man es nicht besser hätte machen können. Tatsächlich – so dusselig sind die beiden gar nicht, und niemand bringt mich jemals so zum Lachen wie Victor und Geoffrey. Und der tausendjährige Killerkaktus des Dunklen Lords, an den ich mich als einziges pflanzliches Objekt in der Bibliothek zu erinnern vermag und der niemals gegossen werden darf, hat Crabbes Problemlösungsstrategie wohl nicht lange überlebt …
Lucius wird wieder ernst. „Das war ein Test, nicht wahr? Der Dunkle Lord hat uns beobachtet, während wir warteten!“
Ich nicke. „Er war die Schlange, die sich um die Statue des Laokoon ringelte.“
Lucius runzelt die Stirn. „Die hinter der Säule?“
„Genau.“
„Woher wusstest du das?“
„Zuerst gar nicht. Aber als ich meinen Becher austrank, blinzelte die Schlange … echte Schlangen haben keinen Lidschlag.“
Lucius hebt erstaunt die Brauen.
„Du hast tatsächlich einen Zwilling gefragt und seinen Becher ausgetrunken? Wenn du den Lügner erwischt hättest, wärst du an dem Gifttrunk gestorben!“
Ich grinse arrogant. „Es gab kein Risiko - du musstest nur die richtige Frage stellen, Lucius!“
Malfoy wirft sein Haar in den Nacken und hebt herausfordernd das Kinn. „Na, dann bin ich ja mal gespannt! Ich jedenfalls habe auf die Möglichkeit, den Schierlingsbecher zu erwischen, lieber verzichtet …“
Alle warten gespannt, wie ich das Problem wohl gelöst haben mochte. Dabei ist die Auflösung sehr einfach, aber Halbblüter wie ich haben hin und wieder einfach Vorteile. Ich grinse in mich hinein und erkläre: „Ich habe einen der Zwillinge gefragt, was mir sein Bruder wohl antworten würde, wenn ich ihn frage, wer den Wasserbecher hat.“
Meine Freunde starren mich ratlos an.
„Der wahrheitsliebende Zwilling wusste, dass sein Bruder lügt.“, erläutere ich bereitwillig. „Auf die Frage, wohin also der Lügner deuten würde, wenn ich ihn nach dem Wasser frage, würde der Lügner auf den Giftbecher weisen. Das ist die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, so wie sie der ehrliche Zwilling verkünden muss.“
„Aber der Lügner?“, fragt Goyle und zupft angestrengt nachdenkend an seiner Unterlippe.
„Der Lügner weiß, dass sein wahrheitsliebender Zwilling das Wasser besaß. Also würde er lügen und auf sich selbst deuten.“, erkläre ich geduldig und ziehe sanft Goyles Hand von seiner Lippe, damit er sie nicht blutig zupft wie seinerzeit in Hogwarts, wenn er ein Problem nicht begreifen konnte.
„Beide Zwillinge würden also auf das Gift deuten, und du brauchtest nur den anderen Becher zu wählen und konntest trinken.“, meint Lucius nachdenklich, während sich sein Gesicht schlagartig erhellt. „Sehr klug, Severus!“
Ich verbeuge mich ironisch. „Man nennt es Logik. Eine Muggeldisziplin übrigens.“
Malfoy lacht und knufft mich in die Seite. „Ich hasse Muggelkram. Aber ich muss zugeben, dass sich die Schlammblüter ganz gut ohne Magie durchs Leben schlagen können! Vielleicht ist an deinem Rat, sogar vom Feind zu lernen, etwas dran …“
Ich nicke. Malfoy muss man nie mit der Nase auf etwas stoßen – er kommt von ganz allein darauf.
„Hat dich der Dunkle Lord auch mit dem Irrwicht zu Tode erschreckt?“, fragt Victor. „Ich hätte mir in die Hose gemacht vor Angst, wenn ich nicht vorher …“ Er wird wieder rosarot und verstummt verlegen.
Ich lege ihm tröstend den Arm um die Schulter.
„Jeder hat Angst vor Irrwichten, sogar ich. Das ist völlig normal und liegt in ihrer Natur.“
Crabbe grinst schief.
„Na, dann ist ja gut. Ich dachte schon, ich sei eine richtige Memme.“
„Bestimmt nicht!“
Zum Glück haben nur Crabbe und Goyle eine Ahnung davon, was für ein Feigling ich wirklich bin. Ich kann mich an kaum eine Zeit erinnern, in der ich mal nicht vor irgendetwas oder irgendwem Angst gehabt habe. Außer den wenigen Jahren, in denen der Dunkle Lord verschwunden war und ich hoffen konnte, ihn vielleicht nie wieder zu sehen … nein, eigentlich habe ich immer gewusst, dass er wiederkommen würde. Am Ende müssen wir alle unsere Rechnungen bezahlen, so oder so.
„Als der Irrwicht in Gestalt der ollen McGonagall erschien, habe ich mich vor Angst unter dem Tisch versteckt!“, unterbricht Geoffrey meine Gedanken. „Was habt ihr gemacht?“
„Patronus.“, antwortet Lucius knapp. „Womit sonst kann man einen verrückten Hippogreif zurückschlagen? Die Biester sind gefährlich!“
„Oh, toll! Ein gestaltlicher Patronus! Das würde ich auch gerne können!“, staut Victor und gönnt uns eine weitere Runde Aufwärmleckereien. „Wie sieht deiner aus?“
Malfoy lächelt. „Es ist ein Polarfuchs. Severus Patronus ist ein Rotfuchs; unsere Schutzzauber sind einander sehr ähnlich!“
Leider nicht mehr, aber dieses Thema möchte ich lieber nicht vertiefen, darum fahre ich mit meiner Erzählung fort: „Nachdem ich meinen Irrwicht in Gestalt eines Dementors abgewehrt hatte, tauchte der Dunkle Lord hinter der Säule auf und entschuldigte sich für die Unannehmlichkeiten, die er mir bereitet habe. Ich müsse verstehen, dass er schließlich nicht Krethi und Plethi in die Reihen der Todesser aufnehmen könne und darum den Kandidaten gerne ein wenig auf den Giftzahn fühle …“
„Nachvollziehbar.“, nickt Lucius. „So hat er mir seine Spielchen, die er da heimlich mit uns getrieben hat, auch erklärt. Und dann hat er gefragt, ob ich bereit sei für ein wenig Legelimentik – der Dunkle Lord wollte wissen, was mich zu ihm führt und ob er mir vertrauen könne.“ Die Linien um Malfoys Mund werden hart, und eine steile Falte zwischen den Augen verrät, dass ihm der Gedanke, jemanden in seinem Kopf herumspazieren zu lassen, genauso wenig behagte wie mir.
„Hast du zugestimmt?“, frage ich.
„Natürlich! Sonst wäre ich wohl schneller wieder draußen gewesen wie ich blinzeln kann. Ich brauchte das Geld für einen Neuanfang, nachdem mich mein Vater ohne einen Knut aus dem Haus gejagt hat. Außerdem hattest du mich ja vorgewarnt, dass der Dunkle Lord Sicherheiten fordern würde. Alte Kaufmannsregel: Nichts ist umsonst.“
Auch ich wollte etwas vom Dunklen Lord: die Mittel für meine Rache an all denen, die mir so übel mitgespielt hatten, und diese Mittel würde Lord Voldemort mir nur gewähren, wenn ich ihm meine Gedanken und Gefühle preisgab.
An dieser Stelle wäre ich beinahe umgekehrt, denn ich kann schon unerbetene Berührungen nur schwer aushalten – und jemandem alles preisgeben zu müssen, was ich denke und was mich bewegt, war mir unerträglich … Doch ich kochte vor Zorn über die erlittenen Demütigungen und Ungerechtigkeiten, und mein Rachedurst siegte über all meine Bedenken und sogar über den Widerwillen, meine Gedanken einem Fremden ausliefern zu müssen. Der Preis war hoch, doch ich war bereit, ihn zu zahlen.
Ich erschaudere bei der Erinnerung an das Gefühl von kalten, schleimigen Finger mit spitzen Krallen, die sich bei diesem ersten Mal noch vorsichtig tastend in meine Gedanken schoben und bald hier, bald da etwas hervorzogen. Natürlich versuchte ich, so gut ich konnte, meine schlimmsten Erinnerungen zu verbergen, aber der Dunkle Lord war weitaus stärker als ich und verschlang gierig die Bilder von Donovan Dursley, der mich in der Muggelschule in der Toilette ertränken wollte, oder die Sache mit Bertha Jorkins. Bertha war eine hässliche Klatschbase und einen Kopf größer als ich, brachte einen halben Zentner mehr auf die Waage und befand sich schon in ihrem letzten Jahr in Hogwarts, während ich mich noch auf die ZAGs vorbereitete. Am Vortag hatte ich Lily Evans meinen Silberdolch geliehen, damit sie den Saft besser aus ihrer Schlafbohne pressen konnte. Evans hatte sich höflich bei mir bedankt und mich über den Kessel hinweg freundlich angelächelt – ich war so überrascht, dass ich ihr Lächeln schüchtern erwiderte und ihr unaufgefordert einen Vorschlag zur Verbesserung ihres Trankes machte.
Potter und Black hatten unsere zaghafte Annäherung offensichtlich mitbekommen. Am nächsten Morgen mischten die Rumtreiber aus Slughorns Unterricht gestohlenes Amortentia in Berthas Kürbissaft, lauerten mir dann auf dem Gang auf und sperrten mich zusammen mit der Siebtklässlerin in Filchs Besenkammer ein.
Damit mir so was nie wieder passierte, erfand ich „Muffliato“.
Nach den diversen Späßen der Gryffindorbande erfreute sich der Dunkle Lord noch an meinem Rauswurf aus St. Mungos, der Demütigung in der Gerichtsverhandlung und meinem Hass auf den vorsitzenden Richter Albus Dumbledore.
Als Lord Voldemort seine Gedankenkrallen endlich aus meinem Kopf zurückzog, schien er sehr erfreut über das, was er dort erfahren hatte, und mein neuer Herr strich mir in einer beinahe zärtlichen Geste mit den Fingerspitzen über das Gesicht von der Schläfe bis zum Kinn. „Ein Vulkan unter Eis!“, flüsterte er so leise zu sich selbst, dass ich ihm die Worte von den Lippen lesen musste. „Welch unglaubliches, völlig unerwartetes Geschenk! Es muss mir nur gelingen, ihn zu beherrschen, damit ich ihn benutzen kann …“
Nein, es war nach Ansicht des Dunklen Lords kein Problem, dass mein Vater ein Muggel war, für fähige Leute wie mich machten die Todesser selbstverständlich eine Ausnahme in ihren strengen Auswahlkriterien – das Wort Lord Voldemorts sei Gesetz!
Ich war sehr erleichtert, denn ich hatte es für richtig gehalten, sofort mit der Wahrheit über meine Abstammung herauszurücken. Das ist immer einfacher, als sich später für eine Lüge rechtfertigen zu müssen.
Der Dunkle Lord erwies sich als unendlich großzügig und liebenswürdig: er gewährte mir jedwede Mittel, die ich für meine Rache benötigen würde, gleichgültig, ob sie finanzieller, personeller oder schwarzmagischer Natur seinen. Um die Rückzahlung solle ich mir keine Sorgen machen, für einen wachen Verstand und großes Zauberpotential habe er immer Verwendung … Ob ich es mir zutrauen würde, es mit Albus Dumbledore aufzunehmen?
Ich brannte darauf!
Wir einigten uns sicherheitshalber darauf, dass ich das Dunkle Mal erst dann erhalten sollte, wenn ich mich bei Dumbledore erfolgreich als Spion eingeschlichen hätte.
Mit einem wilden Hochgefühl kommender Triumphe und dem Stolz im Herzen, einem Herren dienen zu dürfen, der meine Fähigkeiten hoch schätzte und mit dessen Unterstützung ich mich künftig vor den Übergriffen meiner Feinde besser schützen konnte, kehrte ich nach Spinners End zurück. Ich würde der Welt bald zeigen, wer Severus Snape war!
Katzenjammer blieb mir schon damals nicht erspart: Obwohl ich mich zuhause in Spinner’s End duschte, bis Warmwasser und Duschgel aufgebraucht waren und mir die Haut schrubbte, bis sie flammendrot leuchtete, fühlte ich mich auf unerklärliche Weise schmutzig. Als mir aufging, dass dieses Gefühl eher inwendige denn äußerliche Gründe hatte, gab ich auf und ging zu Bett. Das Blut, das mir während meines unruhigen Schlafes aus dem Ohr sickerte, befleckte mein weißes Kopfkissen mit purpurnen Malen.
Ich wechselte die Bettwäsche und beschloss, mit aller mir zur Verfügung stehenden Kraft die Kunst der Okklumentik zu studieren, und zwar so lange, bis auch der Dunkle Lord nicht mehr in meinem Kopf würde lesen können wie in einem Buch.

Als erstes knöpfte ich mir Bozo Brute vor. Ich brach nachts in St. Mungos ein und veränderte dezent die Unterlagen für die in der gesetzlich vorgeschriebenen Erprobungsphase befindlichen Studien über die Drachenpocken, so dass Bozos Versuchsergebnisse ein Desaster zur Folge hatten. Niemand, am wenigsten Bozo Brute selbst, konnte sich erklären, wie ein so viel versprechendes Projekt so kläglich scheitern konnte …
Als nächstes erbat ich Geld von meinem neuen Herrn. Zusammen mit Lucius Malfoy – der inzwischen auf meine Empfehlung hin den Todessern ebenfalls beigetreten war – entwickelte ich einen Plan, die gesamte Familie Brute systematisch in den Ruin zu treiben: Über Strohmänner und fingierte Nachrichten an der Koboldbörse bewegten wir Bozo Brutes reichen Vater zu riskanten Investitionen, indem wir ihn mit hohen Gewinnen, gefälschten Referenzen und nur auf dem Papier existierenden Sicherheiten köderten. Wie zu erwarten wurde der alte Brute bald so unvorsichtig wie gierig, und er setzte immer höhere Summen ein, bis wir schließlich zum finalen Schlag ausholten und er buchstäblich Haus und Hof verpfändete, um sein Vermögen durch das todsichere Geschäft mit uns ins Unermessliche wachsen zu lassen. Tatsächlich flog der Schwindel wie geplant auf, Malfoy fuhr einen exorbitanten Spekulationsgewinn ein und die Gläubiger gaben sich bei Brutes die Klinke in die Hand. Da sich Brute Senior im Vertrauen auf die bisherige gute Geschäftsbeziehung zu Malfoy und mir sogar bei den Kobolden hoch verschuldet hatte, dauerte es nicht lange, bis den Brutes das Dach über den Köpfen versteigert wurde und die ganze Familie sich im Obdachlosenasyl wiederfand.
Ich verkleidete mich als Muggel und warf Brute Senior ein paar kleine Münzen in den Hut, den er vor sich auf der Straße aufgestellt hatte, um von mitleidigen Seelen ein wenig Geld zu erbetteln. Er betrachtete die Münzen verwundert, als könne er es nicht fassen, so schnell die gesellschaftliche Leiter hinab gefallen und auf dem Boden meiner früheren Realität der Armut und Hoffnungslosigkeit gelandet zu sein. Ich steckte dem Alten eine Flasche Feuerwhisky in die Jacke, zwinkerte ihm verschwörerisch zu und beobachtete aus sicherer Entfernung, wie er sein Elend zu ertränken begann.
Ihm fehlte meine Erfahrung: Sorgen sind gute Schwimmer. Der alte, einstmals steinreiche Muggel versank im Suff wie später Rodolphus Lestrange.
Das Geld, dass Malfoy und ich bei diesem perfiden Spiel gewannen, interessierte mich nicht die Spur – ich trat den auf mich entfallenden Anteil an der Beute komplett an Lucius ab und freute mich nur am Rande, dass ich damit den Grundstock für Lucius späteres Vermögen legen konnte, mit dem er sich von seinem Vater Abraxas und dessen Firma unabhängig machen und seiner jungen Frau das unbeschwerte Leben bieten konnte, das Narcissa als verwöhnte Tochter des alten und gar fürnehmen Hauses Black gewohnt war.
Ich konzentrierte mich ganz auf meine Rache. Obwohl der Direktor von St. Mungos, Nathanael Robbespiere, nicht erbaut über seinen so plötzlich und unerwartet verarmten Schwiegersohn in Spe war, so bestand seine Tochter trotzdem auf der Hochzeit, denn sie liebe Bozo Brute.
Ich schickte dem glücklichen Brautpaar eine Veela auf die Hochzeitsfeier, die dem Bräutigam derartig den Verstand benebelte, dass er seine frisch angetraute Ehefrau noch in der Hochzeitsnacht betrog. Die Veela befolgte artig meine Instruktionen, so dass die versammelten Hochzeitsgäste Bozo Brute mit heruntergelassenen Hosen erwischten …
An das Leid, dass ich Bozos Mutter und seinen Geschwistern, der zutiefst gekränkten Braut oder den entlassenen Arbeitern der bankrotten Bruteschen Unternehmen zufügte, verschwendete ich nicht einen einzigen Gedanken.
Klinikdirektor Robbespiere erlegte ich durch einen neidischen Konkurrenten für den Posten des Chefs von St. Mungos. Ich half dem Rivalen bei der Fälschung von Forschungsunterlagen, und plötzlich stand der etablierte Heiler vor all seinen Berufskollegen als Betrüger da. Besondere Schadenfreude zog ich aus dem Trick, die selben gekauften Zeugen, die mir in meinem Prozess das Genick gebrochen hatten, vor der Heilerkomission gegen ihren ehemaligen Chef aussagen zu lassen …
Ich stellte fest, dass Rache zwar sehr süß ist – aber leider nicht satt macht. Der Triumph über Brute und den Klinikdirektor war wild und brauste in meinem Blut wie bester elfengemachter Champagner, doch die Befriedigung darüber hielt nicht lange vor. So hatte ich nichts dagegen, dass der Dunkle Lord mir immer neue Herausforderungen stellte, mit denen ich meinen nie enden wollenden Rachedurst stillen konnte. Ich brachte meine Opfer mit wachsender Perfektion und lässiger Elenganz zur Strecke. Nichts und niemand setzte meinem Tun Grenzen, ich allein entschied mit einem einzigen Federstrich über die Schicksale von Schlammblütern und Blutsverrätern. Wer sich mir in den Weg zu stellen wagte, den trickste ich gnadenlos aus, und Widerspruch duldete ich von niemandem, nicht einmal von Lucius oder meinen alten Freunden Crabbe und Goyle, deren Gesellschaft mir immer mehr zuwider war. Einzig das Wort des Dunklen Lords galt mir etwas, denn nur mein Herr und Gebieter war noch mächtiger als ich, und er betrachtete mein Tun in seinen Diensten mit Wohlgefallen.
Endlich fühlte ich mich stark genug, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden: Um dem Dunklen Lord meine Treue und Dankbarkeit zu beweisen, erbot ich mich, seinen alten und größten Feind Albus Dumbledore auszuspionieren. Ich schlug vor, mich in Hogwarts auf den alle Jahre wieder frei werdenden Posten als Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste zu bewerben. Der Dunkle Lord versprach mir, im Falle eines Erfolges endlich sein Dunkles Mal in meinen Arm zu brennen.
In mir wütete unbändiger Zorn auf Dumbledore und seinen zweifachen Verrat. Mir war bewusst, dass der alte Mann keine leichte Aufgabe sein würde. Doch er besaß eine Schwachstelle, die ich auszunutzen gedachte: Der alte Trottel glaubte zwanghaft an das Gute im Menschen, und ein Elender, der an seine Türe klopfte und um Hilfe bat, wurde nicht abgewiesen.
Zur Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch im Eberkopf kramte ich meine alten, schäbigen Kleidungsstücke aus Spinner’s End hervor und trieb mich allein und ohne Obdach auf Londons Straßen herum. Den Hunger und die Verwahrlosung, die sich naturgemäß durch dieses Leben sehr schnell einstellten, verbarg ich für das Gespräch mit Dumbledore so sorgfältig, wie ich es unter echten Umständen auch getan hätte, aber ich war mir sicher, die Anzeichen würden dem aufmerksamem Auge des alten Heuchlers nicht verborgen bleiben.
Meine Schauspielkunst und die anstrengende Vorbereitung zahlten sich aus, denn der alte Mann schien mir meine Mitleid erregende Geschichte, die ich sehr vorsichtig und dosiert auftrug, tatsächlich abzukaufen. Tatsächlich erwies sich meine und des Dunklen Lords Vorsicht hinsichtlich des Dunklen Mals als begründet: Dumbledore, der Führer des Phönixordens, erwies sich als nicht so naiv, wie manche glauben, denn er ließ sich meine Unterarme vorzeigen zum Beweis, dass ich nicht den Todessern beigetreten war …
Nachdem ich diese Probe bestanden hatte, zeigte Dumbledore sich sehr betroffen. Ich hatte sogar den Eindruck, er fühle sich in irgendeiner Weise mitschuldig an der hoffnungslosen Situation, die ich ihm so gekonnt vorgelogen hatte. Trotzdem bekam ich die begehrte Stelle nicht – Dumbledore erklärte, ich sei noch zu jung und mir fehle die Erfahrung im Umgang mit Schülern. Als ich entmutigt den Kopf hängen ließ, gab er mir eine Adresse, bei der ich bis zum nächsten Jahr um Arbeit und Obdach bitten könne, im nächsten Sommer würde man weitersehen.
Ich ließ dezent meine Enttäuschung durchschimmern, während ich mich angemessen bescheiden beim Schulleiter für sein großzügiges Angebot bedankte – doch ich war durch die Abfuhr nicht ganz so enttäuscht, wie ich es hätte sein sollen: Es war mir gelungen, den ersten Teil einer Prophezeiung zu belauschen, die der alten Spinatwachtel Sybill Trelawney unwissentlich entschlüpft war … Und das beste daran war: Dumbledore hatte offensichtlich keinen Verdacht geschöpft!
Der Dunkle Lord nahm zu meiner Überraschung die Prophezeiung überaus ernst, obwohl ich ihren Wortlaut nicht vollständig erlauschen konnte. Wir gerieten fast in Streit darüber, denn ich habe noch nie eingesehen, warum das Gebrabbel einer alten Schwätzerin und nicht ich allein über mein Schicksal entscheiden soll …
Der Dunkle Lord beharrte jedoch auf seiner Ansicht, der Gefahr müsse unbedingt begegnet werden. Aufgrund unserer Meinungsverschiedenheit betraute er mich jedoch nicht mit einer diesbezüglichen Aufgabe, und da ich Prophezeiungen ohnehin für Blödsinn halte, insistierte ich nicht weiter …
Trotz der erstmalig aufgetretenen Differenzen zwischen mir und meinem Herrn und trotz des Scheiterns meiner eigentlichen Mission, mich bei Dumbledore als Spion einzuschleichen, war der Dunkle Lord über die Maßen erfreut über meine Leistung: Er brannte mir das Dunkle Mal unwiderruflich und für alle Zeiten in meinen Unterarm, und der flammende Schmerz erfüllte mich mit wildem, wildem Stolz …

Als letztes, bisher unerfĂĽlltes Ziel blieb, mir Andromeda zurĂĽckzuholen.
Ich erschien in einer finsteren, mondlosen Nacht in Begleitung einer Gruppe von Todessern vor dem kleinen Häuschen, in dem meine Andromeda und das Schlammblut Ted Tonks seit ihrer Hochzeit hausten.
Wir erwischten die beiden tief und friedlich schlafend in ihren Betten. Avery hielt Andromeda fest, während ich Ted Tonks aus dem Bett zerrte. Das Schlammblut zitterte, und sein Pyjama schlotterte um seine schlaksige Gestalt, als ich den Zauberstab hob …
„Wenn du Ted etwas antust, dann …!“, kreischte Andromeda, und ihr hübsches Gesicht verzerrte sich zur Fratze der Angst.
„Dann tust du - was?“, spottete ich. „Dir die Haare raufen? Mich böse anstarren?“
Sie spuckte vor mir auf den Boden, und ich lachte amĂĽsiert.
„Du hättest besser nicht auf deine Zauberkräfte verzichtet, Andromeda! Jetzt wirst du mit mir kommen und tun, was immer ich dir befehle!“
„Niemals!“, schleuderte Andromeda mir entgegen, biß Avery in die Hand und hätte sich seinem Griff beinahe entwunden.
„Natürlich wirst du mir gehorchen!“, bemerkte ich höhnisch. „Denn als Preis für deine Fügsamkeit lasse ich diesen Schlappschwanz, den du mir in deinem Wahn vorgezogen hast, vielleicht am Leben.“
Andromeda schlug die Hände vors Gesicht. „Du bist … ein Monster geworden, Severus!“, flüsterte sie tonlos.
„Ich bin geworden, wozu du mich gemacht hast.“, versetzte ich kühl, packte Ted Tonks am Kragen und hob abermals den Zauberstab.
„Ich hasse dich, Severus!“, fauchte Andromeda. „Hörst du? Ich hasse dich! Ted ist kein Zauberer, du Feigling!“
Ich ließ den Zauberstab sinken. Sie hatte Recht, die Kräfte zwischen Ted Tonks, dem Schlammblut, und Severus Snape, dem Todesser, waren zu ungleich verteilt. Ein Sieg über einen hilflosen Mann ist nichts wert.
Ich steckte meinen Zauberstab in den Umhang, warf diesen über einen Stuhl und drehte mich ruhig zu Ted Tonks um. Als das Schlammblut mich mit baumelnden Armen ängstlich und ratlos anstarrte, schlug ich dem Rivalen mit aller Härte meine Faust mitten ins Gesicht.
Der Kampf war auch jetzt ungleich, obwohl Ted ein wenig größer und schwerer war als ich. Doch er hatte niemals um sein Recht kämpfen müssen, und auch auf dem Muggelschulhof hatte er anscheinend nie gelernt, sich seiner Haut zu wehren. Er empfand Sorge um Andromeda und Angst um ihrer beider Leben, aber das ist nichts gegen die mörderische Wut, die in mir loderte und die von mir forderte, Ted für all das bezahlen zu lassen, was jemals in meinem Leben schief gelaufen war.
Ted bezahlte für Donovan Dursley, James Potter, Sirius Black, Peter Pettigrew und Albus Dumbledore. Das Schlammblut zahlte alles auf Sickel und Knut genau zurück, obwohl nichts davon auf sein Konto ging, doch ich hatte jegliche Kontrolle verloren: Alle Dämme brachen, und zum ersten Mal fiel nicht ein Gegenstand wie ein Glas in Giftsumach eingelegtes Schlangenhirn meinem Jähzorn zum Opfer, sondern ein Mensch …
Ich schlug auf Ted ein wie im Rausch, und ich fĂĽhlte keinerlei Regung, keinen Schmerz auĂźer dem, der in mir wĂĽtete und der endlich, endlich das bekam, wonach er so lange vergeblich geschrieen hatte.
Ich hätte Ted Tonks wahrscheinlich umgebracht, wenn Andromeda sich nicht aus Averys Armen losgerissen und schützend über ihren Ehemann geworfen hätte.
„Wenn du meinen Mann umbringst, dann will auch ich sterben!“
Ich blinzelte benommen und blickte hinunter auf die beiden Liebenden zu meinen Füßen und die aufgeplatzten Knöchel meiner Hände.
Ted Tonks stöhnte leise und versuchte, sich auf den Ellenbogen hochzustemmen. Ich kannte seine Perspektive von da unten nur zu gut, und der glühende Zorn in mir verlosch so plötzlich, wie er gekommen war.
„Zieh dir was an, Blutsverräterin!“, zischte ich Andromeda zu. „Du solltest beten, dass ich nicht so schnell genug von dir bekomme und mit dem jämmerlichen Schlammblut beende, was ich begonnen habe!“
Andromeda blickte mir geradewegs in die Augen, und etwas darin ĂĽberzeugte sie, dass ich es ernst meinte. Wortlos griff sie nach ihrem Bademantel und warf ihn sich ĂĽber die Schultern.
„Ich liebe dich, Ted. Vergiss dass nicht!“, flüsterte sie ihrem verletzten Ehemann zu, der sich noch immer stöhnend auf dem Boden wand.
Ich packte Andromeda grob beim Handgelenk und riss sie zu mir, als … - jemand weinte. Ein sehr dünnes, sehr hohes Jammern.
Blitzschnell umrundete ich das Zimmer, riss die Tür zum Nebenraum auf …
Ein Baby lag in seiner Wiege und nörgelte leise vor sich hin. Als es mich erblickte, verstummte das Kind und musterte mich mit einem wachen, beinahe erwachsenen Ausdruck der Neugier. Nach einigen langen Sekunden begann das Haar des Babys in wildestem Pink zu leuchten; der Säugling gluckste glücklich und streckte mir seine winzigen Hände entgegen, damit ich ihn aus seinem langweiligen Bett und auf den Arm nehmen sollte, von wo aus das Kleine sich einen unterhaltsameren Ausblick versprach.
Ich trat auf die Wiege zu, als ein grässlicher Laut hinter mir mich zusammenfahren ließ.
Schlappschwanz Tonks, der während unserer Prügelei höchstens linkische, halbherzige Schläge zu seiner Verteidigung austeilen wollte, hatte sich schwankend vom Boden erhoben und stürzte mit angstverzerrtem Gesicht an mir vorbei, um das Kind in seine Arme zu reißen, während Andromedas hysterische Schreie durch Averys Hand auf ihrem Mund erstickt wurden.
„Lass meine Tochter in Ruhe, du Scheusal!“, brüllte Ted Tonks mit lodernden Augen. Alle Sanftmut, alle pazifistische Zurückhaltung war von ihm abgefallen, und er schien plötzlich von einem ganz neuen Mut beseelt, den ich ihm nie zugetraut hätte.
Ich rechnete schnell nach, ob das Balg in seinen Armen …
„Sie ist Teds Tochter, nicht deine, Severus!“, schrie Andromeda und kratzte Avery beinahe die Augen aus, als sie sich aus seinem Griff zu befreien versuchte.
Ich wandte mich zu meinem Rivalen um.
Das Schlammblut bleckte die Zähne wie ein Tiger. „Es ist mir egal, wer von uns beiden das Kind gezeugt hat, Snape. Sie wird immer allein meine Tochter sein, nur damit du’s weißt!“, erklärte Ted mit felsenfester Ruhe in der Stimme, als betrieben wir Konversation auf einer Teeparty, während er die Kleine sanft in den Armen schaukelte.
Ich lachte kalt. „Wenn dem so ist, Schlammblut - was sollte mich daran hindern, dich und das Balg zu beseitigen und mir deine Frau zu nehmen? Andromeda wird noch mehr Kinder haben – meine nämlich!“
Andromeda lachte wild. „Niemals! Eher bringe ich mich um!“
„Nur zu – aber natürlich erst, wenn ich mit dir fertig bin!“, spottete ich und gab Avery einen Wink, Andromeda endlich fortzuschaffen, damit ich der schnuckeligen kleinen Bilderbuchfamilie den Rest geben konnte. Andromeda kämpfe wild und entschlossen, während meine Todesser sie aus dem Schlafzimmer zu zerren versuchten.
„Gib mir das Balg!“, befahl ich dem Schlammblut Tonks und streckte gebieterisch den Arm aus. „Sofort!“
Ted drehte sich zur Seite, um die Tochter auf seinem Arm zu schĂĽtzen.
„Nenn mein Kind nicht Balg – sie ist ein Mädchen!“, schrie Andromeda zwischen all den Todessern über die Schulter in die Stille hinein. „Und ich habe ihr den Namen Nymphadora gegeben!“
Ich erstarrte.
Nymphadora – die Wasserjungfrau vom Seerosenteich. Unsere erste Nacht, tausend Ewigkeiten und noch nicht einmal ein Jahr her. Das Baby - nicht meine Tochter, aber das Kind, dass meines sein würde, wenn ich mich für ein Leben mit Andromeda und gegen den Dunklen Lord entschieden hätte …
Mein Herz setzte ein paar Schläge lang aus, und die Welt begann in einem wilden Tanz um mich zu kreisen. Andromeda hatte nie aufgehört mich zu lieben, im Gegenteil: sie liebte mich genauso heftig und hoffnungslos wie ich sie, und obwohl sie Ted geheiratet hatte und ihre Tochter von meinem Rivalen stammte, hatte sie dem für sie Kostbarsten und Liebsten auf der Welt den Namen geschenkt, der sie für alle Zeiten an mich erinnern musste …
Ich schluckte mĂĽhsam.
In Teds verständnislosem Gesicht erkannte ich, dass ihm seine Frau niemals den Grund für den seltsamen und mehr als ungewöhnlichen Namen verraten hatte, den sie für ihre Tochter ausgesucht hatte.
Avery machte sich Andromedas Innehalten zu Nutze, um sie am Schopf zu packen und zur TĂĽr zu schleifen.
Ich hob die Hand.
„Halt. Lass sie los, Avery!“
„Was?!“
„Lass die Frau los. Sofort! Alle Todesser verlassen auf der Stelle das Haus!“, flüsterte ich heiser.
Sie glotzten mich an, als habe ich den Verstand verloren – und so fern von der Wahrheit lagen sie wohl nicht.
Andromeda hatte mich besiegt, und zwar in dem Moment, als mir der Triumph über sie und das dreckige Schlammblut schon sicher war. Alles, was ich mit der Macht des Dunklen Lords jetzt noch erobern konnte, war die leere Hülle der Frau, die ich liebte – und das war ganz sicher nicht das, was ich mehr als alles andere auf der Welt begehrte. Ich hatte Andromedas Liebe leichtfertig aufs Spiel gesetzt und gegen einen Schlappschwanz wie Ted Tonks verloren, dessen einzige Schuld darin bestand, dieselbe Frau zu lieben wie ich.
Ich hatte es vermasselt, ich allein - und zwar so grauenhaft, endgĂĽltig und grĂĽndlich, wie nur ich eine Sache in den Sand setzen kann.
Ich würde Andromeda niemals wieder in die Augen sehen können.
Avery und die anderen Todesser standen herum wie Salzsäulen, starrten mich unsicher an und warteten darauf, dass ihnen jemand meinen plötzlichen Sinneswandel erklären möge.
Ein wütendes Funkeln in die Runde genügte, und alle Todesser verließen fluchtartig den Raum, wobei sie vor Eile beinahe übereinander stolperten. Ich blieb allein zurück mit Ted Tonks, der die Welt nicht mehr verstand, Andromeda, die plötzlich nicht mehr die Fratze der Angst um ihre Familie trug sondern das unsterblich schöne Gesicht, nach dem ich mich so verzweifelt sehnte, und zuletzt das Baby Nymphadora Tonks auf dem Arm des Vaters. Das Haar der Kleinen begann in allen Regenbogenfarben zu oszillieren, als sie am Daumen zu nuckeln begann und dabei leise schmatzte.
„Ihr werdet sicher sein. Solange ich Todesser bin, wird niemand es wagen, euch zu behelligen.“, erklärte ich so beherrscht ich konnte, doch meine Stimme knirschte sandig. „Niemand wird euch oder dem Baby etwas antun, das verspreche ich.“
Zwischen Andromeda und mir dehnten sich AbgrĂĽnde so weit und unĂĽberwindlich wie die Distanz zwischen den Gestirnen: Manche Doppelsterne sehen nur so aus, als stĂĽnden sie nahe beieinander, dabei sind sie Lichtjahre voneinander entfernt.
„Danke, Severus.“, akzeptierte Andromeda leise meine Kapitulation und nahm die zappelnde Nymphadora aus Teds Armen. „Ich vertraue auf dein Wort.“
„Der Kerl ist ein Todesser!“, protestierte Ted so verwirrt wie aufgebracht. „Du siehst doch, wie er mich zugerichtet hat! Er wollte mich umbringen! Was kann man auf das Wort einer solchen … KREATUR schon geben?“ In hilfloser Wut ballte Tonks die Fäuste.
Ich schwieg, bis Andromeda ihrem Ehemann schlieĂźlich die Antwort gab.
„Er ist nicht nur ein Todesser – er ist auch Severus Snape, der Mann, den ich vor langer Zeit einmal kannte. Er wird sein Wort halten!“
Wortlos nahm ich Umhang und Zauberstab vom Stuhl und verlieĂź das Haus der Familie Tonks, ohne mich noch einmal umzudrehen.

Auf den Stufen vor der Haustür eilte ein Todesser herbei und fragte unterwürfig: „Sind die Blutsverräterin und das Schlammblut tot? Darf ich jetzt das Dunkle Mal über dem Haus aufsteigen lassen?“
Mein Schockzauber schleuderte den Mann die vielen Stufen hinab, an deren Ende er mit dem Gesicht nach unten reglos liegen blieb. Ich stieg achtlos über ihn hinweg, während mir die übrigen Todesser angstvoll und eingeschüchtert wie eine Horde Kinder im verbotenen Wald folgten, bemüht, nur ja nicht aufzufallen. Die Todesser lebten in Angst und Schrecken vor mir wie vor unserem Meister, den wir dienten.
An diesem Abend belog ich meinen Herrn zum ersten Mal, als er in meinem Kopf nach dem Grund für meine üble Laune und abweisende Schweigsamkeit forschte. Ich gab vor, Andromeda habe sich durch das selbst gewählte Leben als Muggel stark verändert und entspräche nicht mehr meinen Erwartungen. Ich hätte von Frauen im Allgemeinen und Andromeda speziell die Nase voll, und der Mann, den ich in meinem Jähzorn so beiläufig die Treppen hinab geschleudert hatte, bekam in meiner falschen Erinnerung das Gesicht von Ted Tonks. Das Ted und Andromeda eine Tochter hatten, unterschlug ich meinem Herrn zur Gänze.
„Also von dir stammt das Gerücht, wer einen Metamorphmagus verletze, der würde bis an sein Lebensende vom Polymorphusfluch verfolgt! So hast du es geschafft, Nymphadora Tonks bis heute vor den Todessern zu schützen, obwohl sie ausgerechnet Aurorin geworden ist!“, bemerkt Lucius staunend. Winzige Schneekristalle glitzern in seinem Haar und lassen es sanfter schimmern als sonst, während der Raureif in seinen dichten Wimpern dem eisigen Blau der Augen die Härte nimmt.
Erst jetzt, als Malfoys Stimme mich aus den schwarzen Tiefen meiner Erzählung wieder in die Realität des Wintermorgens im Kreise meiner Freunde zurückholt, bemerke ich, wie unendlich kalt mir ist.
Lucius, Crabbe und Goyle sind unbewusst näher aneinander und weit von mir abgerückt, und in ihren Gesichtern stehen Entsetzen und Abscheu geschrieben.
Mir sinkt der Mut, denn ich verstehe sie. Niemand will mit einem „Gewürm, das sich in faulem Fleische windet“, wie Lucius mich so treffend beschrieben hat, etwas zu tun haben. Manches ist einfach unverzeihlich und kann niemals wieder gut gemacht werden, so sehr man sich auch bemüht - und von dieser Art von Fehlern habe ich eine ganze Menge angesammelt …
Als ich mich gerade erheben will, um der drückenden Stille zu entkommen und mich von denen zu verabschieden, die einst meine Freunde waren, legt Lucius sanft wie eine Feder seine Hand auf die meine. Die Wärme, die von ihm ausgeht, durchglüht mich wie ein Zauber.
„Darum also weigert sich Ted Tonks bis zum heutigen Tag, deinen Namen auszusprechen.“, meint Lucius leise und mehr zu sich selbst. „Aber Andromeda, die heimlich mit Narcissa per Eulenpost korrespondiert – was beide Schwestern natürlich vor mir geheim halten wollen - erkundigt sich in ihren Briefen manchmal nach dir!“
Ich beginne zu zittern, und Crabbe reicht mir zaghaft einen Riegel Chili-Fudge.
„Ist sehr scharf, Severus. Aber davon wird dir wieder wärmer!“
Ich zögere.
„Mach schon. Hat Victor extra für dich mitgeschleppt!“, ergänzt Geoffrey und haut mir auf die Schulter, dass ich husten muss.
Ich versuche mich an einem sehr vorsichtigen Lächeln in seine Richtung, und Goyle grinst zurück.
„Herje - das mit Lucius Schwägerin war echt mies von Dir! Den Besen hast du so richtig vor die Wand geflogen!“, meint er mitfühlend. „Aber du bist so klug, Severus, da sind deine Fehler sicher auch schlimmer als Victors und meine!“
Die Weisheit der Narren – Dumbledore pflegte ähnliches zu bemerken …
„Ich verstehe jetzt, warum du mir damals immer unheimlicher wurdest.“, erklärt Lucius und rückt zu mir herüber. „Ich gestehe, dass dieses rote Leuchten in deinen Augen, wie man es sonst nur beim Dunklen Lord sieht, mich zu beunruhigen begann. Aber irgendwann ist es erloschen, und du wurdest sehr ruhig und nachdenklicher als sonst. Damals war ich ja ganz mit meiner kleinen Familie beschäftigt. Narcissa hatte eine schwere Schwangerschaft, ihr war neun Monate lang übel! Und dann, einige Zeit nach Dracos Geburt, da muss etwas passiert sein…“
Neugierig blickt Lucius mich an.
Ich puste eine Schneeflocke von dem Chili-Fudge, teile ihn in vier Stücke, und während die anderen kauen, fahre ich fort in meiner Geschichte.
„Ja, etwas ist passiert: Ich fand nicht nur über mich selbst, sondern auch über Dumbledore und den Dunklen Lord etwas heraus, was ich vorher nicht wusste …“
Amor vincit omnia.


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Klaus Fritz