von käfer
Bellatrix und Rodolphus Lestrange wurden zu einer Privataudienz zum Dunklen Lord gerufen.
„Habt ihr ein Verließ bei Gringott´s?“
„Selbstverständlich, Mylord. Es ist eines der ältesten, ganz unten“, antwortete Bellatrix, noch ehe ihr Mann Luft geholt hatte.
„Gut. Ihr gehört zu meinen treuesten Dienern, auf euch ist Verlass.“
„Ihr seid zu gütig, Mylord“, hauchte Bellatrix.
„Diesen wertvollen Pokal sollt ihr für mich aufbewahren. Bringt ihn sofort in das Verließ und sagt niemandem etwas davon, denn man versucht, ihn mir zu stehlen.“
Bellatrix verneigte sich kurz und griff vor Rodolphus nach dem Pokal. „Ihr könnt Euch auf uns verlassen, Mylord.“
Keine Stunde später stellte Bellatrix den Pokal zu Lestranges Sammlung koboldgearbeiteter Gegenstände. Während sie danach in einer Truhe mit Schmuck wühlte, sagte Rodolphus: „Wir sollten das Verließ mit einigen zusätzlichen Zaubern schützen. Man kann nie wissen.“
„Meinetwegen. Aber zeig mir genau, was du machst. Ich muss ja auch an das Geld herankönnen.“
Bellatrix steckte einen Ring mit einem funkelnden Smaragd an ihren Finger und füllte einen Beutel mit Galleonen, dann gingen sie wieder.
Draußen auf der Treppe begegnete ihnen Snape.
„Du hier in Gringott´s?!“, höhnte Bellatrix. „Hast du dich verlaufen?“
„Ganz zufällig“, erwiderte Snape und kräuselte die Oberlippe, „ganz zufällig besitze ich ein eigenes Verließ.“
Bellatrix schnaubte verächtlich. „Bestimmt nur ein kleines und ganz oben. Dir würde der Dunkle Lord nie etwas zum Aufbewahren geben.“
Rodolphus zog Bellatrix weg. „Bist du verrückt geworden?! Halt die Klappe!!!“
Bellatrix starrte ihren Ehemann an. So hatte sie Rodolphus noch nie erlebt.
„Du warst drauf und dran, ihm von dem P… dem Ding zu erzählen! Was, wenn du Recht hättest und Snape doch ein Verräter wäre?“
Bellatrix gab sich zerknirscht. „Ich wollte doch bloß ein bisschen angeben.“
„Du magst ihn nicht, oder?“
„Sein bloßer Anblick treibt mich zur Weißglut.“
„Aber du bist die einzige, die meint, er könnte ein Verräter sein. Alle anderen vertrauen ihm, weil der Dunkle Lord ihm vertraut. Pass auf, was du tust; wer den Liebling des Dunklen Lords angreift, greift den Dunklen Lord selber an.“
„Schon gut, schon gut. Allerdings sollte man keinem von den anderen zu sehr vertrauen. Das macht angreifbar.“
Rodolphus grinste, aber er ließ Bellatrix nicht erkennen, was er dachte. „Komm, lass uns die alte Lady noch ein wenig bezirzen. Schließlich wollen wir sie beerben.“
Seufzend folgte Bellatrix ihrem Gatten. Wenigstens zu etwas war Rodolphus´ braves, langweiliges Wesen gut: alte Damen fielen ihm reihenweise vor die Füße, er brauchte nur ein bisschen schön zu tun und vorzutäuschen, dass er die Omas mochte und schon stand sein Name im Testament…
Nichts deutete auf die sich nahende Katastrophe hin. Der Dunkle Lord schien auf dem Höhepunkt seiner Macht, das Zaubereiministerium befand sich bis auf wenige Ausnahmen in seiner Hand. Wer sich ihm nicht freiwillig beugte, wurde unter den Imperius-Fluch gesetzt oder ganz schnell ausgetauscht. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis der Widerstand des Zaubereiministers und einiger weniger Getreuer gebrochen war. Doch der Meister würde sich nicht selbst an den Schreibtisch setzen. Lord Voldemort wollte im Hintergrund die Fäden ziehen, den höchsten Posten in der Zauberergemeinschaft sollte einer von seinen treuesten Todessern bekommen. Insgeheim vermutete jeder von ihnen, dass der nächste Zaubereiminister Severus Snape heißen würde und hoffte doch, selber der Auserwählte zu sein.
Bellatrix selbst hatte keine Lust, täglich arbeiten zu müssen, aber die Frau des Zaubereiministers wäre sie gern geworden. „Streng dich an“, mahnte sie Rodolphus. „Wenn Snape Zaubereiminister wird, wandere ich aus.“
Halloween verbrachten Bellatrix und Rodolphus auf einem Ball, den ein Cousin von Rodolphus gab. Eine Einladung zu den Malfoys hatten sie ausgeschlagen. Die Gesellschaften, die Lucius und Narzissa veranstalteten, waren immer langweilig. Außerdem redete Narzissa dauernd und von nichts anderem als den Fortschritten, die ihr nunmehr anderthalbjähriger Sprössling machte, was bei Bellatrix ein Gähnen bewirkte und bei Rodolphus die Frage nach eigenen Kindern. Bellatrix wollte lieber tanzen, Champagner trinken und Komplimente sammeln. Von all dem bekam sie auf dem Ball der Lestranges reichlich und als einer der Kavaliere ihr zu verstehen gab, dass er mehr wollte als nur tanzen, zeigte sie sich nicht abgeneigt.
Ein starker Schlummertrunk sorgte bei Rodolphus für süße Träume und taube Ohren, so konnte Bellatrix sich unbemerkt herausschleichen. Im Morgengrauen ließ derselbe Trank den Liebhaber das Abenteuer mit Bellatrix vergessen. Innerhalb der Verwandtschaft wollte sie kein Risiko eingehen.
Als der erste Sonnenstrahl durch einen Spalt im Vorhang lugte, kroch Bellatrix höchst befriedigt zu ihrem Gatten ins Bett. Als sie gegen Mittag aufwachte, lag Rodolphus immer noch im Tiefschlaf. Bellatrix rief einen Hauselfen, ließ sich ein Bad vorbereiten und orderte ein Sektfrühstück an den Wannenrand.
Genüsslich plantschte Bellatrix im warmen Wasser und betrachtete liebevoll ihren linken Unterarm. Plötzlich fuhr sie in die Höhe, dass das ganze Badezimmer überschwemmt wurde. Nackt und nass wie sie war, rannte sie ins Schlafzimmer, zog Rodolphus die Decke weg und zerrte seinen linken Arm heraus. In einem Anflug von Panik rüttelte sie ihren Mann: „Rodolphus! Aufwachen! Wach! Auf!“
Verschlafen murmelte er: „Was ist denn?“
„Das Dunkle Mal!“, schrie Bellatrix. „Es ist weg!“
Nun fuhr auch Rodolphus in die Höhe.
Mit bleichen Gesichtern und aufgerissenen Augen starrten sich die Eheleute an.
„Warum ist es weg?“, flüsterte Bellatrix und wusste doch die Antwort. Aber sie konnte, sie wollte sich nicht eingestehen, dass der Dunkle Lord gefallen war. Es konnte nicht sein. Hatte der Meister nicht gesagt, er sei so gut wie unsterblich? Er habe Vorkehrungen getroffen, auf ewig auf der Erde zu wandeln? So hatte er es doch selbst gesagt, oder?
Es war ein Irrtum. Es durfte nicht sein.
„Das kann nur eines bedeuten: Der Dunkle Lord ist gefallen“, sprach Rodolphus mühsam die Wahrheit aus.
„Wie… wie kann das sein?“, fragte Bellatrix.
„Ich weiß es nicht. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen. Wer sollte jemanden wie den Dunklen Lord besiegen können?“
„Snape?“, schlug Bellatrix vor.
„Das glaube ich einfach nicht, nein, nicht Snape, niemand von uns.“
Wieder schwiegen sie erstarrt. Bellatrix begann zu frösteln und erinnerte sich daran, dass sie nackt und nass war. Sie wickelte sich in ein Handtuch und setzte sich mit angezogenen Beinen aufs Bett.
„Was machen wir jetzt?“, fragte sie tonlos.
Rodolphus antwortete nicht.
Was war geschehen? Wo war der Meister jetzt? Alle Todesser wussten von der
Beinahe-Unsterblichkeit des Dunklen Lords. Bellatrix dachte an Patrick Ackroyd, der versucht hatte, Lord Voldemort mit einem großkalibrigen Gewehr zu erschießen. Die Kugel war ihm selber ins Herz gedrungen. Regulus Black hatte seine bloße Abkehr vom Dunklen Lord mit dem Leben bezahlt. Seine Leiche hatte man zwar immer noch nicht gefunden, aber Kreacher, der Hauself hatte wohl etwas gewusst, jedenfalls war Regulus für tot erklärt worden. Nero Cartwright hatte versucht, den Meister mit einem Todesfluch umzubringen – der Dunkle Lord hatte nur gelacht und Cartwright zu langsamem Sterben verurteilt.
Nein, den Dunklen Lord konnte man nicht so einfach töten. Aber wieso war dann das Dunkle Mal weg?
„Lumos Maximus!“ Bellatrix beleuchtete ihren Arm mit dem gleißend hellen Licht ihres Zauberstabes. Waren da nicht noch ganz fein die Umrisse erkennbar?
„Erst wenn von dem Mal rein gar nichts mehr zu sehen ist, erst dann werde ich ganz gegangen sein. Aber das werden vielleicht nicht einmal eure Enkel erleben.“ Hatte der Meister nicht genau diese Worte gebraucht? Waren da nicht hauchdünn die Konturen des Mals zu sehen? Nein, der linke Unterarm war genauso glatt und weiß wie der rechte.
„Heißt das, er ist wirklich – tot?“ Bellatrix schaffte es kaum, das Wort auszusprechen.
„Nein“, antwortete Rodolphus. „Ich glaube nicht, dass er tot ist. Ich weiß, dass er noch existiert, irgendwo auf der Welt, schwach und hilflos.“
Bellatrix schöpfte wieder ein bisschen Hoffnung. Doch dann traten ihr die Tränen in die Augen. Ihr geliebter Meister schwach, hilflos – oder doch tot? „Was heißt ´irgendwo auf der Welt´?“
„Genau das“, erwiderte Rodolphus matt. „Er hat sich Überlebensmöglichkeiten für den schlimmsten Fall geschaffen. Das hat er mir einmal gesagt. Aber er hat mir nicht anvertraut, wohin er flüchten wollte.“
„Wer auch immer das getan hat – er wird es mir büßen!“, schrie Bellatrix zornig, dann bekam sie einen Weinkrampf.
Als sie sich wieder beruhigt hatte, fragte sie nochmals: „Und was machen wir jetzt?“
„Abwarten, was als nächstes passiert. Und dann beginnen wir schnell mit der Suche nach dem Meister, damit wir diejenigen sind, die ihm helfen, zurückzukehren.“
Ãœberlassen wir Rodolphus und Bellatrix erst mal ihrer Verzweiflung.
Aber keine Panik, die Geschichte geht nächste Woche weiter!
Ein schönes Wochenende wünscht Euch
käfer
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