von käfer
„Und nun, meine Freunde, setzt eure Masken auf, denn ein neuer Anwärter wird in euren Kreis treten. Prüft ihn, ob er würdig ist, das Dunkle Mal zu tragen, und prüft ihn hart.“
Über den Rücken von Bellatrix Black rann ein Prickeln. Ein verlangendes Lächeln erschien auf ihren Lippen, von niemandem gesehen unter der Totenkopfmaske. Sie begehrte den Dunklen Lord wie keinen zweiten Mann auf der Welt.
Eines Tages würde der Meister sie in sein Bett holen. SIE würde die Gefährtin des Dunklen Lords und er ihr zu Willen sein.
Doch noch strafte der Meister ihr Angebot mit Missachtung, noch war Bellatrix zu jung, noch hatte sie sich kaum Verdienste erworben.
Bis es soweit war, übte sie ihre Verführungskünste an anderen Männern. Bis jetzt hatte ihr noch keiner widerstehen können. Eines Tages würde ihr auch der Dunkle Lord zu Füßen liegen.
Nun richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf den hochgewachsenen, bleichen Jüngling, der in der Mitte des Kreises kniete. Das war doch – tatsächlich, Severus Snape kniete dort, der Kerl, der mit Narzissa in die Klasse gegangen war. Wenn sie den Worten ihrer jüngeren Schwester glauben durfte, hatte sich Snape in Hogwarts nicht für Mädchen interessiert. Er hatte nur diesem rothaarigen Schlammblut aus Gryffindor nachgestarrt, aber die hatte sich am Ende mit James Potter eingelassen. Leider war der etwas zu jung für Bellatrix gewesen, aber Zissy war inzwischen achtzehn und dieser Potter ebenfalls. Vielleicht ergab sich eine Gelegenheit, Potters Treue auf die Probe zu stellen… Einstweilen konnte Bellatrix es mit Snape versuchen. Der war bestimmt noch Jungfrau. Vielleicht würde er ihr genauso dankbar sein wie Rodolphus Lestrange, den sie vor kurzem in die Geheimnisse der körperlichen Liebe eingeweiht hatte.
Das Prickeln wurde stärker. Bellatrix leckte sich die Lippen. Der Abend versprach, interessant zu werden.
Die Fragerunde war in vollem Gange; Mulciber hatte das Wort: „Bei wie vielen Weibern hast du schon gelegen?“
„Mit Verlaub, mein Herr, das zähle ich nicht.“
Bellatrix lachte laut auf. Dieser Severus Snape war doch ein eiskalter Lügner! Wer sollte ernsthaft glauben, dass er es nicht zählen konnte! Und Mulciber sondierte wohl das Terrain. Der Dunkle Lord duldete keine Männer mit abnormen sexuellen Neigungen unter seinem Gefolge, aber Mulciber war stockschwul. Bellatrix wusste das genau, sie hatte ihn getestet. Sie kannte auch den Knaben, mit dem er es trieb und so hatte sie Mulciber fest in ihrer Hand…
Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen im Kreis und dachte über eine möglichst geistreiche Frage nach. Erst wollte ihr nichts einfallen, und als sie endlich eine Frage überlegt hatte, war die Runde zu Ende, ohne dass sie zu Wort gekommen wäre.
Der Dunkle Lord hatte das Verhör schweigend und mit unbewegtem Gesicht beobachtet; er ließ niemanden in seine Gedanken schauen.
Die nächste Prüfung war die Fluchabwehr. Reihum musste jeder einen möglichst ungesagten Fluch auf Snape abfeuern, nur „Imperio“, „Cruzio“ und „Avada Kedavra“ waren selbstverständlich verboten.
Snape rührte sich kaum vom Fleck, seine Zauberstabbewegungen waren sparsam und doch traf ihn kein einziger Fluch. Mulcibers grünem Schleim wich er einfach aus, beinahe hätte Bellatrix die eklige Masse an den Kopf bekommen.
Sie selber wollte es mit einem neuen Zauber versuchen, von dem ihr Narzissa erzählt hatte. Es würde ein Spaß werden, wenn Snape kopfunter in der Luft baumelte und herzeigte, was er unter dem Umhang trug.
Kaum hatte der Zauberstab des Meisters auf Bellatrix gezeigt, hatte sie den ihren auch schon auf Snape gerichtet und ´Levicorpus´ gedacht, doch Snape schien echt auf alles vorbereitet zu sein. Bellatrix wurde von den Füßen gerissen, ihr ´Finite incantatem´ kam gerade noch rechtzeitig, bevor sie selber in die Luft ging. Unterdrücktes Kichern ringsum. Bellatrix wurde wütend. Das würde Snape ihr büßen müssen.
Für die dritte Probe sollte Snape zeigen, dass er einen Verdächtigen erst zum Reden, dann zum Schweigen bringen konnte. Die niedere Aufgabe, den Gefangenen aus dem Käfig zu holen, fiel auf Bellatrix. Hochaufgerichtet ging sie gemessenen Schrittes durch den Kreis. Vor dem Dunklen Lord hielt sie inne und lächelte ihn mit ihrem verführerischsten Lächeln an, all die Glut, die in ihr war, in den Blick legend. Dann machte sie einen Knicks, so wie sie es von Großmutter Black gelernt hatte und erfüllte ihren Auftrag.
Es war nicht zu erkennen, was Snape mit dem Gefangenen machte, aber nach ein paar Sekunden wälzte der sich am Boden und gestand unter Jaulen und Schluchzen, wie er in ein großes Landhaus eingestiegen war, sich in der Speisekammer bedient hatte und schließlich vom Hausherrn überrascht wurde.
Der Dunkle Lord sprach das Urteil: „Du hast von einem der Unseren genommen, ohne zu fragen. Dein Leben ist verwirkt.“
Der Meister gab ein Zeichen und Snape handelte sofort. Der Zauberstab, den er auf den Verurteilten richtete, zitterte nicht; mit unbeteiligter, ruhiger, sicherer Stimme sprach er den Todesfluch: „Avada Kedavra“, der grüne Blitz fand sein Ziel mit tödlicher Präzision und die Zaubererschaft hatte ein Schlammblut weniger.
Auf dem Gesicht des Dunklen Lords malten sich Erstaunen und Zufriedenheit. Bellatrix´ Zorn auf Snape wuchs. Der Bubi hatte das beinahe unmögliche geschafft und den Dunklen Lord zum Lächeln gebracht.
„Bei unserem nächsten Treffen lasse ich euch wissen, ob ich ihn mit dem Dunklen Mal auszeichne. Erwartet meinen Ruf.“ Mit diesen Worten pflegte der Dunkle Lord alle Treffen zu beenden. Einer nach dem anderen verneigten sich die dunklen, maskierten Gestalten vor dem Meister und disapparierten. Nur der Kandidat sollte noch bleiben.
Bellatrix konnte es nicht fassen. Dieser Snape besaß jetzt schon die Gunst des Dunklen Lords! Wer war er?
Bellatrix konnte sich nicht erinnern, dass Snape in Hogwarts jemals etwas über seine Eltern erzählt hatte. Und heute Abend hatte ihn niemand nach seiner Abstammung gefragt!
Bellatrix wartete, bis alle anderen weg waren, dann schritt sie so würdevoll, wie sie es in ihrer Aufregung vermochte, auf den Dunklen Lord zu, fiel vor ihm auf die Knie und führte den Saum seines Umhangs an ihre Lippen. „Verzeiht, Mylord, dürfte ich Euch ein paar Worte unter vier Augen sagen?“
Der Dunkle Lord knurrte unwillig, führte Bellatrix aber ein paar Schritte beiseite. „Was gibt es?“
„Meister, dieser Proband hat gelogen. Ich bin sicher, dass er noch nie mit einer Frau geschlafen hat, obwohl er behauptet, das nicht mehr zählen zu können.“ Bellatrix holte tief Luft. „Und nach seiner Abstammung hat auch niemand gefragt.“
Die Augen des Meisters verengten sich und glühten gleichzeitig heller auf. „Ob einer mit einer Frau schläft oder mit dreien gleichzeitig, ist mir egal. Severus Snape ist schlagfertig und nur das zählt. Was seine Abstammung betrifft: ich kenne seine Mutter, das reicht. – Stiehl mir nicht noch mehr Zeit, verschwinde!“
Eilig knickste Bellatrix, machte drei Schritte rückwärts und disapparierte. Das war nicht gut gelaufen.
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