Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Black Petals - Gebrochene Herzen

von Dr. S

Nie in seinem Leben hatte Louis sich so schlecht gefühlt. Sein Magen schlug einen Salto nach dem anderen und seine Hände, nein, sein ganzer Körper war schweißnass. Seine Kleidung klebte unangenehm und sein Haar lag ihm strähnig vor den Augen. Sein Vater sah nicht weniger schlimm aus, konnte im Gegensatz zu Louis aber nicht ruhig sitzen bleiben, sondern ging den Gang auf und ab, schreckte bei jedem Geräusch herum und schaute sich hoffnungsvoll nach Scorpius um.

Sie waren nun mal nicht mit Draco verwandt und würden kein Wort über Dracos Zustand erfahren, egal wie sehr sie den Heilern des St. Mungos vorheulen, was Draco ihnen bedeutete. Und selbst wenn er so dumm wäre in aller Öffentlichkeit herumzuschreien, was er für Draco empfand, dann hatte er doch eigentlich gar kein Recht mehr dazu. Immerhin war es seine Schuld, dass Draco jetzt hier war.

Schnelle Schritte ließen jetzt aber auch Louis hochfahren. Es wurde bereits dunkel und das spärliche Licht im Gang des St. Mungos ließ ihn Scorpius nicht sofort erkennen, aber wer sonst würde sich so in seine Arme werfen? Und Scorpius fing sofort an zu schluchzen, das Gesicht so fest gegen Louis‘ Schulter gedrückt, dass er nicht verstehen konnte, was Scorpius zu sagen versuchte.

Sich mit einer Hand das nasse Haar aus der Stirn streichend nutzte Louis den freien Arm um Scorpius zu umarmen, obwohl er selbst jetzt am liebsten mehr bekommen hätte, als eine Hand auf der Schulter. Und ganz sicher wollte er dort nicht die seines Vaters liegen haben.

„Scorpius?“ Bill lehnte sich über Louis‘ Schulter und wartete geduldig darauf, dass Scorpius hochschaute, war Louis dabei aber viel zu nah. Am liebsten hätte er Bill von sich gestoßen und die ganze Wut, die er hauptsächlich für sich selbst empfand, an ihm ausgelassen. Sein Vater hätte das auf jeden Fall besser verkraftet als Draco.

Louis schämte sich bei dem Gedanken an so viel Dummheit. Es war doch überdeutlich gewesen, dass es Draco ohnehin nicht gut ging und er ließ sich derartig gehen, nur weil er bestätigt bekommen hatte, was sowieso die ganze Zeit eindeutig gewesen war.

„Scorpius, ich konnte deine Mutter leider noch nicht erreichen“, sagte Bill mit leiser aber fester Stimme. Wie konnte er so ruhig bleiben, während Louis schon wieder kurz davor war komplett durchzudrehen?

Scorpius schniefte auf, drückte Louis weg von sich, als er wohl realisierte, dass er in seinen Armen nicht viel Trost finden würde. „Vielleicht ist sie schon weg. Sie wollte mit Tante Daphne in die Schweiz.“ Sich die Tränen von den Wangen wischend rückte Scorpius endlich mit dem heraus, was interessant war. „Es geht Vater wohl wieder ganz gut.“ Sehr überzeugt klang das aber nicht und Louis bezweifelte, dass Scorpius überhaupt verstanden hatte, was ihm irgendein unfähiger Heiler aufgeschwatzt hatte, um ihn zu beruhigen.

„Setz dich doch erstmal“, sagte Bill und schob Scorpius dorthin, wo Louis eben gesessen hatte. Aber natürlich war Bill die Mini-Version von Draco wichtiger als sein eigener Sohn. „Was haben die Heiler denn gesagt?“ Er setzte sich neben Scorpius, während Louis die Arme vor der Brust verschränkte und Scorpius mit seinem Blick regelrecht durchbohrte, damit er mit mehr Informationen rausrückte.

Scorpius schrumpfte unter seinem Blick leicht zusammen und schniefte erneut, während er nachdenklich die Stirn runzelte. „Transiente links…vertikale… linksventrikuläre… äh… Kardiomeuchelpathie… ähm… Nein, das war das andere… Ich… weiß nicht, was sie gesagt haben“, gab Scorpius schließlich zu und schaute schnell zu Bill, als Louis‘ Blick ihm vorkommen musste, als würden zwei Todesflüche auf ihn zufliegen.

„Sie werden ja wohl noch was anderes gesagt haben“, presste Louis hervor, klang dabei ganz widerlich hochnäsig und abfällig, weshalb Scorpius ganz schuldig nickte, bevor er tatsächlich näher an Bill rutschte um dort eine Schulter zum Anlehnen zu finden.

„Irgendwas mit seinem Herzen“, sagte Scorpius leise. „Stress oder… ähm… Sie haben mich nach irgendeiner emotionalen Belastung gefragt, aber es ging Vater gut, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Ich weiß nicht, ob… Vielleicht hat er sich mit Mutter gestritten. Aber weil das so unwahrscheinlich ist, wollen sie noch irgendwas anderes untersuchen.“

Bill ließ sich sein leichtes Zucken bei der emotionalen Belastung nicht weiter anmerken, aber Louis wusste nur zu gut, dass Bill sich jetzt wenigstens innerlich auch ein paar Vorwürfe machte. Und ganz grob gesehen war er auf jeden Fall verantwortlich für Dracos Zustand. Louis wäre ja nicht ausgerastet, wenn Bill es niemals für nötig befunden hätte, seine Ehe zu brechen.

„Es kö-könnte ein Fluch sein, vermuten sie.“ Scorpius hob seine Hand, während er immer noch verdächtig nah bei Bills Schulter in einer Position verharrte, die danach schrie in den Arm genommen zu werden. „Vater hat irgendwas an der Hand. Ich dachte immer, die Handschuhe gehören… zu seinem Outfit. Er hat so viele davon. Aber sie haben da eine Verletzung gefunden, die nicht sehr… gut aussieht.“

Louis wischte sich den neuen Schweiß von der Stirn. Er hätte in dieser Sache hartnäckiger sein müssen. Es hätte Draco den Handschuh einfach wegnehmen müssen und fragen sollen. Er hätte einfach mehr Interesse an Draco zeigen sollen, anstatt ihn nur rumkriegen zu wollen und dann zu glauben, dass alles perfekt werden würde.

„Und dann…“ Allmählich wünschte Louis sich aber, dass Scorpius genug mit der Sprache rausgerückt hatte. „Er hat überall irgendwelche Fluchnarben. Sie sagen, wenn er das nie richtig hat untersuchen lassen, dann könnte das Spätfolgen haben. Aber… er war doch sicher im St. Mungos und hat…“

„Scorpius, dein Vater war hier nicht gern gesehen früher“, unterbrach Bill Scorpius und legte ihm endlich einen Arm um die Schulter, worauf Scorpius sich endlich etwas entspannte und ein paar Tränen auf Bills Hemd tropfen ließ. „Eigentlich war er nirgendwo gerne gesehen… Das ist sicher nichts Neues für dich. Aber mach dir keine Sorgen, die werden ihn schon nicht sterben lassen.“

Scorpius verbarg das Gesicht jetzt lieber in den Händen. „Und wenn sie ihm einfach nicht helfen können? Sie lassen mich gar nicht zu ihm. Ich… kann hier nur sitzen und warten.“

Wenigstens konnte er dabei seinen Gefühlen freien Lauf lassen. Und Bill schien ja auch schon kurz davor zu sein, öffentlich zu bekunden, was für ein Dreckskerl er war. Kaum drohte er also Draco zu verlieren, da fiel ihm ein, dass er ihn einmal gemocht hatte. Ja, vielleicht mochte er ihn immer noch. Vielleicht liebte er ihn sogar, auch wenn Louis das bezweifelte, wo er doch so mit ihm gespielt hatte, aber alles, was Bill jetzt empfand, beruhte nur auf der Bedrohung, Draco vielleicht verlieren zu können.

Louis versuchte sein Herz wieder herunterzuschlucken, das ihm bis in den Hals schlug. Er könnte Draco auch verlieren.

Es war, als hätte ein heftiger Windstoß seinen Kopf plötzlich komplett leer gefegt. Louis drehte sich um und ließ sich auf den Stuhl neben Scorpius fallen, bevor er nur noch stur nach vorne starrte. Das beruhigende Gelaber seines Vaters drang nur dumpf an sein Ohr und er wollte es auch gar nicht hören, genauso wenig, wie Scorpius‘ Schluchzen. Er wollte jetzt am liebsten Dracos Stimme hören, die ihm sagte, dass alles wieder gut werden würde.

Er wusste nicht, wie lange er so da saß, aber es gab wahrscheinlich nur noch diese eine andere Stimme, die ihn aus diesem Zustand befreien konnte, und die rief nicht einmal seinen Namen.

„Scorpius?“ James‘ Stimme zu hören gab Louis für einen Moment die Hoffnung auch Trost finden zu können, aber dass er Geheimnisse vor seinem besten Freund gehabt hatte, wurde jetzt mit Ignoranz gestraft.

„James?“ Scorpius stand so schnell auf, dass er zu stolpern anfing und von James aufgefangen werden musste. „Was machst du denn hier?“

„Onkel Bill hat mir Bescheid gesagt.“ James lächelte Bill zu, bevor er sich wieder voll und ganz Scorpius widmete, anstatt eine Sekunde darauf zu achten, dass Louis überdeutlich mehr als betroffen war. Er hätte es ihm sagen sollen. Dann hätte er nicht nur jemanden gehabt, mit dem er über all seine Ängste, Zweifel und natürlich auch die positiven Gefühle hätte reden können, sondern jetzt auch jemanden, der einen mitleidigen Blick für ihn übrig hätte.

Louis rutschte auf und bekam die Hand seines Vaters auf den Kopf gelegt, wo sie die verschwitzten Haare durcheinander brachte. „Das war nett von dir… Ich hätte da nicht dran gedacht“, sagte er mit rauer Stimme, weil er sie so lange nicht mehr benutzt hatte.

„Wenn du jetzt nach Hause willst, dann geh ruhig“, sagte Bill, die Hand von Louis nehmend, als der ruckartig den Kopf drehte.

„Ich gehe jetzt nicht.“ Louis grub die Zähne tief in seine Unterlippe, als Bill abwehrend die Hände hob und nickte. Die Augen leicht verengend musterte er seinen Vater und holte sich mit einem Räuspern seine Aufmerksamkeit wieder. „Aber du kannst gehen.“

Bill schüttelte den Kopf. „Solange kein anderer Erwachsener…“

„Scorpius ist volljährig.“ Louis hielt den Blick seines Vaters fest, setzte dabei den kältesten Gesichtsausdruck auf, den er in dieser Situation zustande brachte. „James ist volljährig. Ich bin es. Du wirst hier nicht gebraucht.“

„Ja, aber auf dem Papier volljährig zu sein macht euch noch lange nicht zu –“

„Gib doch einfach zu, dass du ihn gefickt hast.“ Louis schnaubte abfällig, als deutlich ein Rotschimmer zwischen den grotesken Narben auf dem Gesicht seines Vaters zu sehen war. Was Draco an so einem Monster jemals attraktiv gefunden hatte, war Louis ein Rätsel. Draco musste unglaublich verzweifelt gewesen sein. „Aber das gibt dir nicht das Recht, dich jetzt hier aufzuspielen, du widerwärtiger, verlogener Bastard.“

„Louis.“ Bills Tonfall machte mehr als deutlich, dass keiner seiner unzähligen Fehler ihn derartig beschämte, dass er so mit sich reden lassen würde. „Ich werde da jetzt nicht drüber reden.“

Louis ballte die Hände in seinem Schoß zu Fäusten und spürte Tränen aufsteigen, als sein Vater einfach wegsah. „Und du denkst, damit hat es sich?“

„Louis, du hast absolut keine Ahnung, wovon du sprichst und ich werde das hier jetzt nicht ausdiskutieren“, sagte Bill schärfer aber mit gesenkter Stimme und den Blick auf James und Scorpius fixiert, die sich nicht weit genug weggestellt hatten, um Louis komplett seine Kontrolle verlieren zu lassen. „Aber wenn ich rauskriege, dass du zu irgendeiner emotionalen Belastung beigetragen hast, dann kannst du dich auf etwas gefasst machen.“

Dass James und Scorpius nicht weit von ihnen entfernt standen, änderte aber nichts daran, dass Louis‘ Fass kurz vorm Überlaufen war. Vor allem, als sein Vater die Schuld auf ihn abwälzen wollte. Ja, er hatte Fehler gemacht, aber nicht so extreme.

„Wage es nicht mir Vorwürfe machen zu wollen, nachdem du jahrelang mit einem Menschen gespielt hast. Du hast gelogen, damit du einen Bettwärmer für deine Freizeit hast.“ Louis verspürte das große Bedürfnis seinem Vater vor die Füße zu spucken, als der ihm nur einen warnenden Blick schenkte. „Hat dir nicht gereicht, dass du schon eine wunderschöne Frau hattest, die dein Narbengesicht ohne Murren ertragen hat, was? Nein, du musstest auch noch einen Jungen in meinem Alter zu einem emotionalen Krüppel machen. Was würdest du mit einem Mann machen, der mir das antun würde, obwohl er mehr als ein Jahrzehnt älter ist?“

„Louis, bitte, nicht jetzt.“ Bill presste sich eine Hand vors Gesicht, bevor er sich abwandte und Louis mit tränenden Augen wieder nur an die Wand starren ließ.

Louis schwenkte den Blick zu James und Scorpius und wünschte sich, James hätte längere Arme, damit er auch noch dort hinein passen würde. Er richtete sich auf und entschuldigte sich mit der Ausrede, dass er auf die Toilette musste.

Sich selbst in den Arm nehmend wanderte er stattdessen aber vollkommen ziellos durch die unheimlich sterilen Korridore, die bis auf wenige Lampen zur Orientierung im Dunkeln lagen. Es war spät, aber er war nicht müde. Seine Augen brannten, weil er nicht weinen konnte. Was er gerade empfand ließ sich nicht durch Tränen oder Schläge in das entstellte Gesicht seines Vaters ausdrücken.

„Entschuldigung?“ Eine junge Frau sprach ihn an und der limonengrüne Umhang reichte aus, um sie als Heilerin zu identifizieren. „Sind Sie nicht…“ Sie musterte ihn kurz, blieb an den blonden Haaren hängen. „…Draco Malfoys Sohn, ja? Schauen Sie nicht so betrübt. Ich habe Sie schon gesucht.“

„Was… Ich… Nein…“ Louis presste die Lippen aufeinander, als die Heilerin ihn sanft aber bestimmt vorwärts schob. „Äh… jaah…“ Er sollte sich schämen. Aber dafür hatte er später noch genug Zeit. Jetzt kam er erst einmal in die Nähe von Dracos Zimmer und sogar hinein.

„Bitte nur kurz. Er braucht Ruhe.“ Die Heilerin lächelte ihn an. „Sobald wir genauere Informationen haben sind Sie der Erste, der sie erfährt.“ Damit verließ sie das Zimmer und Louis stürmte auf der Stelle zu dem einzigen Bett. Ohne eine größere Lichtquelle konnte er nicht mehr viel erkennen, aber Draco war immer noch kreideweiß im Gesicht und es lag nicht an unvorteilhaften Schatten, dass seine Wangen so hohl und die Ringe unter seinen Augen so tief schienen.

„Draco…“ Louis griff die eiskalte Hand, die leblos auf der Matratze lag und setzte sich auf die Bettkante. Er lächelte, als Draco mit einem Stöhnen den Kopf drehte und langsam die Augen aufschlug. Schnell blinzelnd versuchte er die Tränen zurückzuhalten, als Draco ihn ansah. „Ich bin so froh, dass es dir gut geht.“

Draco krächzte eher, anstatt er lachte. „Gut ist etwas anderes… Ich bin ein medizinisches Rätsel.“ Seine Finger zuckten in Louis‘ Hand. „Wo ist Scorpius?“ Seine Stimme war schwach und er nuschelte stark, aber Louis hätte ihn auch zahnlos verstanden und er wäre auch noch da, wenn Draco seine Zähne verlieren würde. Er war ja nicht sein oberflächlicher Vater, der selbst nichts zu bieten hatte und dann jedes Geschenk, das er bekam, auch wieder wegwarf, sobald es ihn langweilte.

„Ich… Ich versprech, ich geh gleich wieder und hole ihn, aber…“ Louis hob Dracos Hand zu seinem Mund und drückte einen festen Kuss auf die bloßen Finger. Sein Blick wanderte auf die andere Hand, die in eine dicke Bandage eingewickelt war und nicht von einem Handschuh versteckt wurde.

„Ist schon gut…“ Dracos Mundwinkel hoben sich leicht. „Du siehst fertig aus…“

Louis lachte zwar, musste sich aber mit dem Arm über die Augen wischen, damit er jetzt doch nicht zu heulen anfing. „Es tut mir so leid…“ Er beugte sich vor und lehnte sich gegen Dracos Schulter, versteckte so die paar Tränen, die er nicht mehr zurückhalten konnte. „Das ist meine Schuld, oder? Ich bin die emotionale Belastung.“

Eine Hand auf seinem Hinterkopf ließ ihn wieder hochschauen und er wünschte sich mehr denn je das eisige Grau von Dracos Augen besser lesen zu können. Hatte er jetzt Mitleid mit ihm und stieß ihn deswegen nicht weg, oder traf Louis gleich geballter Zorn, den Draco bis jetzt nur versteckte? Er konnte nicht mehr glauben, dass Draco mehr für ihn empfand als Sympathie, und ehrlich gesagt hatte Draco auch nie etwas anderes behauptet.

„Es geht dir ohnehin schon nicht gut… wegen meinem Vater und all… dem Scheiß in deinem Leben und ich spiel Psychospielchen mit dir.“ Louis senkte das Kinn, worauf Dracos Hand auf seine Wange fuhr und sein Gesicht wieder anhob. Die Bandage von Dracos Hand kratzte auf seiner Wange, aber Louis lehnte sich trotzdem in die Berührung. „Es tut mir leid.“

„Wenn ich wieder gesund bin, dann darfst du es wieder gut machen“, sagte Draco mit halb geschlossenen Augen.

Louis runzelte die Stirn. „Ich dachte, du willst mich eher nie wieder sehen.“

„Kann auch sein, dass ich zu viele Zaubertränke geschluckt habe, die meine Gedanken verwirren, aber ich kann mich daran erinnern, dir irgendeinen widerwärtigen schwarzen Klumpen geschenkt zu haben.“ Dracos Hand drohte von seiner Wange zu rutschen, aber Louis konnte sie schnell dort festhalten. „Vorausgesetzt, du willst ihn noch haben.“

Louis nickte hastig, würgte ein „Natürlich“ hervor, das fast von einem Schluchzen unterlegt worden wäre.

Dracos Gesicht zeigte daraufhin wenigstens etwas Belustigung. „Du siehst zu goldig aus, wenn du versuchst nicht zu weinen.“

Sich wieder über die Augen wischend grinste Louis schief. „Blödmann…“

Schwerfällig blinzelnd streichelte Draco noch eine Weile Louis‘ Wange, bevor sein Daumen lieber über die bebende Unterlippe fuhr. „Weißt du…“ Er seufzte schwer auf. „Ich hab dich nie singen hören.“

„Schulchor zeugt auch nicht unbedingt von viel Talent. Da darf jeder mitmachen“, sagte Louis und griff Dracos Hand, zog sie von seinem Gesicht um sie fest zu umschließen.

„Solche wie du haben das in den Genen…“ Draco bedeutete Louis mit der freien Hand näher zu rutschen. „Komm schon… Oder bist du plötzlich schüchtern?“

Louis drehte sich herum, sodass er neben Draco saß und einen Arm um seine Schulter legen konnte, als Draco sich gegen ihn lehnte. Das leichte Hemd, das er trug, ließ Louis mehr als deutlich spüren, wie dünn Draco geworden war. Er hatte fast Angst, dass er zerbrechen würde, wenn er Draco zu fest in den Arm nahm.

„Sing etwas für mich…“ Dracos Stimme war zu leise um wirklich verlangend zu klingen und vielleicht war es auch mehr eine Bitte. „Oder summ meinetwegen. Das letzte Mal, als ich Veela-Gesang gehört habe, war ich vierzehn.“

„Ich hab nicht… nicht viel richtige Veela-Magie. Dafür ist das Blut zu verwaschen. Ich meine, es ist verwaschen genug, damit ich ein Junge werden konnte, also…“ Louis stoppte in seinem Redeschwall, als Draco ein murrendes Geräusch von sich gab.

„Ausrede…“ Draco atmete tief durch und schloss die Augen. „Ich bin so müde…“

„Ich geh Scorpius –“

„Komm schon. Sing irgendwas…“ Draco schmiegte sich dichter an Louis‘ Brust. „Meinetwegen auch ein Schlaflied.“

Seufzend gab Louis nach und stimmte einen Mischmasch von Versen an, die ihm gerade in den Sinn kamen. Er konnte irgendwann nicht mehr als leise summen, so sehr waren seine Gedanken mit anderen Dingen beschäftigt. Draco hätte ihn wahrscheinlich angefleht aufzuhören, wenn er nicht eingeschlafen wäre. Ganz ruhig atmend ließ er sich von Louis das Haar aus der Stirn streichen und rührte sich auch nicht, als Louis ihm einen Kuss auf den zurückgehenden Haaransatz drückte.

„Ich liebe dich“, flüsterte er leise um Draco nicht zu wecken, aber da hatte er die Rechnung leider nicht damit gemacht, dass Draco gar nicht geschlafen hatte.

Schmunzelnd schlug Draco die Augen auf und amüsierte sich anscheinend prächtig über Louis‘ blitzschnell hochrot werdendes Gesicht. So wie die aufgesprungenen Lippen sich verzogen, glaubte Louis wirklich, Draco würde ihm ein spöttisches Kommentar reindrücken, aber da Louis auch so schon am liebsten im Boden versunken wäre und auch so aussah, verkniff er sich das wohl.

„Die Jugend heutzutage… Spricht sowas immer zu den unpassendsten Gelegenheiten und viel zu schnell aus.“ Draco tätschelte leicht Louis‘ Oberschenkel. „Musst dir nicht peinlich sein… Ist mir auch schon passiert…“

Louis schüttelte den Kopf. „Es ist die Wahrheit.“

Draco schaute ihn einen Moment lang an und ließ Louis‘ Wangen so noch heißer werden.

„Du musst es mir ja nicht sagen“, murmelte Louis nach einer halben Ewigkeit voll unangenehmer Stille und wandte den Blick ab.

„Kann ich auch nicht“, sagte Draco etwas heiserer als zuvor. „Aber das heißt nicht, dass ich nicht auf dem Weg dahin bin.“ Er tätschelte erneut Louis‘ Oberschenkel, damit der ihn ansah. „Louis, Liebe und Vertrauen, das ist harte Arbeit. Wir haben es uns nicht leicht gemacht in dieser Hinsicht, aber wenn wir nochmal von vorne anfangen… mit offenen Karten spielen…“

Louis hatte so viele Fragen und er wollte so viel besprechen, aber als Draco wieder schwer zu atmen begann presste er seinen Finger auf die rauen, trockenen Lippen, die sich wie Pergament auf seiner Haut anfühlten. „Wir reden da später drüber.“ Er befeuchtete sich seine Lippen damit er Dracos Mund wieder angenehm weich werden lassen konnte, als er ihm einen betont liebevollen Kuss gab. Die Hand auf der erschreckend kalten Wange liegenlassend schaute er Draco einen Moment lang in die Augen und wollte sich eigentlich gar nicht mehr lösen, als er doch noch einen kleinen Funken in dem trüben Grau entdeckte.

„Mein Sohn?“ Draco hob erwartungsvoll die Augenbrauen, worauf Louis sich leicht verlegen löste.

„Entschuldige.“ Er richtete sich auf und ließ die Finger noch einmal durch Dracos Haare fahren. „Ich geh ihn holen. Aber glaub nicht, dass ich weggehen werde.“ Winkend bewegte er sich rückwärts auf die Tür zu und wollte sich gerade umdrehen, als er noch einmal zurückgehalten wurde.

„Ich träum von dir“, raunte Draco und brachte Louis so zu seinem glücklichsten Lächeln an diesem Tag.

„Hoff ich doch.“ Strahlend drehte Louis sich herum und atmete tief durch, als er wieder alleine in dem düsteren Korridor stand. Er hatte sich unnötig Sorgen gemacht. Alles würde gut werden. Sich eine Hand auf die Brust legend versuchte Louis seinen Herzschlag wieder zu beruhigen, damit er nicht auch noch umfiel und hier sein eigenes Zimmer bekam.

Damit er sich seine Erleichterung nicht ansehen ließ legte er sich noch einmal die Hände auf die Wangen und hoffte, dass sie weniger rot waren, als er zurück bei James, Scorpius und seinem Vater war.

„Scorpius?“ Er griff Scorpius am Arm und zog ihn von James weg. „Dein Vater liegt wieder in seinem Zimmer. Ich…“ Louis kam gar nicht dazu seinen Satz zu beenden, so schnell hatte Scorpius sich losgemacht und rauschte den Gang herunter. Sein schlechtes Gewissen, dass er Scorpius länger dieser Sorge ausgesetzt hatte, obwohl es Draco doch wieder gut ging, verkleinerte sich so nicht gerade.

„Ich lass ihn lieber erstmal“, sagte James, als hätte Scorpius ihm eine Wahl gelassen. Seufzend drehte er sich zu Louis und runzelte die Stirn, als er Louis länger ansah. „Du trägst aber nicht das passende Gesicht für diese Situation. Hat der Süßigkeiten-Automat zu viel ausgespuckt?“

„Ich freu mich einfach, dass es Scorpius‘ Vater wohl wieder besser geht.“ Damit setzte Louis sich wieder mit einem Stuhl Abstand neben seinen Vater, der das gar nicht zu bemerken schien, so sehr versuchte er seine Erleichterung zu verbergen. James beäugte das ein bisschen skeptisch, ließ sich aber trotzdem zwischen Louis und Bill nieder.

„Dann heißt es jetzt wohl warten.“ James verkreuzte die Arme hinter seinem Kopf. „Ihr könntet ja gehen…“ Er schaute von Bill, der den Kopf schüttelte, zu Louis, der seinem Vater zumindest in seiner Haltung gerade ähnlicher denn je war.

Immerhin hatte er auch keinen Grund mehr, seinen Vater als Konkurrenz zu sehen. Bill hatte seine Chance verspielt und die neue Generation war nun einmal intelligent genug, Draco nicht wieder gehen zu lassen. Louis lächelte zufrieden. Wahrscheinlich hatten Draco und er genau so ein Ereignis gebraucht, um ihrer Beziehung den richtigen Dreh zu geben.

Bill hatte verloren. Damit hatte Louis einen viel wichtigeren Sieg für sich entschieden. Gut, Dracos Gefühle für Bill waren vielleicht immer noch vorhanden, aber Louis hatte mehr als genug Zeit um das zu ändern.

„Louis, kommst du mit? Ich will mir was zu trinken holen.“ James griff Louis‘ Ärmel und riss ihn so hoch, fragte Bill noch, ob er ihm etwas mitbringen sollte, bevor er seinen Cousin hinter sich herschleifte. Allerdings wollte er wohl wirklich nur alleine gehen, weil er Louis nicht auf seinen plötzlichen Stimmungswandel ansprach, sondern den Wasserspender fast austrank, bevor er Louis überhaupt wieder Aufmerksamkeit schenkte.

„Ich wollte dir Zeit geben, mir zu erklären, was los ist, aber so viel Wasser kann ich auch wieder nicht trinken.“ James lehnte sich gegen den Spender und spielte mit seinem Becher. „Ich hab über Scorpius‘ Schulter gesehen, weißt du? Was wollte die Heilerin von dir? Mit aufs Klo gehen bestimmt nicht.“ Er runzelte die Stirn. „Na ja… Wenn ich genauer drüber nachdenke…“

„James…“ Louis verdrehte die Augen leicht. „Hör zu, ich… denke nicht, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um so etwas zu besprechen.“

„Es ist Scorpius‘ Vater, oder?“ James schaute ihn genau an, weshalb Louis versuchte sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen und er wusste, dass er das normalerweise gut konnte, aber momentan war er einfach immer noch extrem aufgewühlt. Und dann lag James zur Abwechslung auch mal richtig. Das war einen perplexen Blick wert.

„Was?“, stellte Louis sich trotzdem dumm, obwohl er James eigentlich gerne erzählen wollte, was zwischen Draco und ihm war. Einfach, weil ein Geheimnis nicht mehr so schwer wog, wenn man es teilen konnte. Aber es würde James belasten. Vor allem seine Beziehung zu Scorpius.

„Deine heimliche Liebe“, sagte James theatralisch, seufzte dann schwer auf. „Vielleicht hätte ich nicht darauf tippen sollen, dass Mrs. Malfoy dich vergewaltigt hat.“

„Draco hat mich nicht…“ Louis schloss ertappt die Augen, als James grinste. Sein Cousin wusste eben doch, wann man ausnutzen konnte, wenn er nicht ganz bei sich war. Und er musste wirklich komplett neben sich stehen, wenn er auf so etwas reinfiel.

James reichte ihm deswegen wohl auch seinen neugefüllten Becher. „Ich hab überlegt… und eigentlich hätte es mir gleich am Neujahrsmorgen auffallen müssen. Du hast dich am Abend davor ja schon darum gerissen, zu Scorpius zu gehen, obwohl du diese Einladung zu irgendeiner anderen Party hattest. Und dann schläfst du nicht in deinem Bett und Malfoy Senior grabbelt dich so komisch an am Morgen.“

Louis spürte seine Wangen warm werden. James würde nicht lange so ruhig bleiben. Die Konsequenzen von Louis‘ Verhalten hatte er sich sicherlich schon durch den Kopf gehen lassen, als er in einem seiner absurdesten Gedankengänge auf diese Idee gekommen war.

„Scorpius‘ Geburtstag hast du auch für ihn platzen lassen, nachdem du am Valentinstag schon total fertig warst.“ James hob die Schultern und schüttelte den Kopf. „Ich ärger mich darüber, dass ich das nicht früher geschnallt habe.“

„Was soll ich dir jetzt sagen, James?“ Louis trank das Wasser aus und warf den Becher in den Papierkorb, bevor er sich mit den Händen in den Hosentaschen umdrehte.

„Eigentlich… dass ich mich irre“, gab James zu. „Louis, ich muss dir nicht sagen, dass der Mann dein Vater sein könnte, dass er…“

„Dass er was mit meinem Vater hatte.“ Wenn schon, denn schon… Louis drehte sich wieder um, damit er zusehen konnte, wie die ganze Farbe aus James‘ Gesicht wich. Aber James derartig zu schocken war besser, als weiter Geheimnisse vor ihm zu haben. „Was glaubst, was mich so fertig gemacht hat? Nicht die Tatsache, dass er älter als ich ist, oder dass er Scorpius‘ Vater ist… Das sind alles Sachen, die ich schon richtig einschätzen kann.“

„Das hab ich auch nicht bezweifelt. Auch wenn…“ James fuhr sich immer noch um seine Fassung bemüht durch die Haare. „Liebe macht blind, Louis. Und du weißt, was man von Draco Malfoy hört. Ich hatte mir sonst was ausgemalt…“

„Das will ich gar nicht genauer wissen“, sagte Louis, während er begann langsam auf- und abzugehen.

James beobachtete jeden seiner Schritte. „Onkel Bill und Scorpius‘ Vater?“ Louis nickte nur knapp. „Bist du sicher, dass du kein Platzhalter bist? Bist du… Ich meine… Louis, ich mach mir bloß Sorgen um dich. Der Kerl ist fertig. Wer weiß, wie schnell’s ihn wieder umhaut und dann landet er hier, während du deine Zeit damit verschwendest dich zu sorgen.“

Geschockt blieb Louis stehen und drehte sich fassungslos zu James um. „Ist es falsch, dass ich eine menschliche Seite habe?“

„Natürlich nicht“, wollte James ihn beruhigen und streckte eine Hand aus, aber Louis machte einen Schritt zurück, bevor James seine Schulter berühren konnte. „Aber meine Fresse, hast du mal in den Spiegel geguckt? Du bist… Du siehst extrem fertig aus. Dein Verhalten lässt auch zu wünschen übrig. Scorpius hat sonst was gedacht.“

„Ja, weil’s mir zufällig an die Nieren geht, okay?“ Louis schüttelte den Kopf, als James erneut nach ihm greifen wollte, und marschierte den Gang herunter.

„Louis… Verdammt, Louis!“ James rannte ihm hinterher und griff seinen Arm.

„Fass mich nicht an!“ Mit einem kräftigen Ruck machte Louis sich wieder los. „Was weißt du schon? Du hast absolut keine Ahnung, wie ich mich gerade fühle! Deine verfluchte Teenager-Verliebtheit kann da nicht mithalten!“

James presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen, während Ärger sein Gesicht mit hässlichen Linien entstellte. „Ja, Louis. Natürlich bist du so furchtbar erwachsen, weil du ausnutzt, dass ein alter, einsamer Mann bei dir nicht Nein sagen kann.“ Sich die Stirn massierend versuchte James die Falten wieder loszuwerden, als Louis beschämt den Blick senkte. „Wieso hab ich das Gefühl, dass du nicht ganz unschuldig an dieser Situation bist?“

Louis blinzelte schnell, wollte James aber nicht sagen, dass er Recht hatte. Sich auf den eintönigen Boden fixierend ließ er James‘ Hände endlich seine Schultern greifen und verspürte so aber nur noch mehr den Drang zu weinen. Er ballte die Hände zu Fäusten und kniff die Augen fest zusammen, damit er nicht noch den letzten Rest seiner Würde verlor.

„Du weißt, dass du immer mit mir reden kannst, ja? Ich will nicht wieder zusehen, wie du monatelang irgendetwas mit dir herumschleppst.“ James drückte seine Schultern, worauf Louis ihn ansah. „Wenn du dir die Schuld daran gibst, dass Scorpius‘ Vater… Wenn er die Nacht jetzt nicht übersteht und du –“

„Es geht ihm gut!“ Louis wischte James‘ Hände von seinen Schultern und schüttelte verzweifelt den Kopf. „Ich hab mit ihm geredet. Alles kommt wieder in Ordnung. Red mir jetzt nichts ein, nur weil du… du…“ Er atmete tief durch und schluckte noch einen beleidigenden Satz herunter. Auch James ließ das nicht ewig mit sich machen und allmählich sollte er sich wirklich wieder einkriegen.

„Okay, wie du meinst“, lenkte James ein und streckte den Arm aus, legte ihn um Louis‘ Schulter, damit er ihn wieder zurück zu ihrem Sitzplätzen bringen konnte. Louis wollte sich gerne entschuldigen, aber vielleicht sparte er sich das lieber für später auf, wenn er wieder richtig denken konnte. So ließ er sich wieder einen Sitz von seinem Vater entfernt fallen und strafte nur ihn mit eisigem Schweigen, während James sich wieder zurücklehnte und tatsächlich die Augen schloss um ein kleines Schläfchen zu halten.

Vielleicht sollte er auch einen Moment lang seine Augen ausruhen. Den Kopf an James‘ Schulter lehnend genoss er die Dunkelheit hinter geschlossenen Augen und hoffte darauf, dass das schmerzhafte Gedankenchaos verschwunden wäre, wenn er die Augen wieder öffnete.

Allerdings schienen seine Kopfschmerzen sich nur zu verstärken und er konnte auch gar nicht sagen, ob er wirklich geschlafen hatte, aber es war ein wenig heller geworden, als er sich aufsetzte, weil seine Stütze verschwunden war. James war verschwunden und Bill hatte sich auch davon gemacht. Sich über die Augen reibend überlegte Louis ernsthaft, ob sein Verhalten so eine Behandlung wert war, und er hier einfach zurückgelassen worden war.

Er streckte sich, als er aufstand und schaute sich suchend um. Es war totenstill. Nicht einmal irgendein Jammern oder Schluchzen war zu hören. Die Stille wusch jedes kleine gute Gefühl, das sich in Louis‘ Brustkorb geschlichen hatte, wieder weg und er sah sich wieder mit den schrecklichsten Befürchtungen konfrontiert.

Wenn Liebe nur nicht so viel Leid mit sich bringen würde, dann könnte er verstehen, warum alle immer so begeistert von ihr waren…

Louis fuhr sich fahrig durch die Haare, als er den Korridor hastig durchquerte und um die Ecke schlitterte, nur um James und Scorpius dort am Boden sitzen zu sehen. Scorpius‘ Kopf lag auf James‘ Schulter und er schlief anscheinend, die Hände fest mit denen seines Freundes verknotet. James war wach und schaute hoch, als er Louis‘ Schritte bemerkte. Er war blass und sah schrecklich übermüdet aus, aber was Louis ganz und gar nicht gefiel war der mitleidige Blick, den er von seinem Cousin geschenkt bekam.

„Warum sitzt ihr auf dem Boden?“ Louis warf einen Blick auf Dracos geschlossene Zimmertür. „Bei mir war noch frei.“

„Louis… Hat dein Vater nicht mit dir gesprochen?“ James hatte die Stirn in tiefe Falten gelegt, als Louis ihn wieder ansah. Sein Kopfschütteln ließ James seufzen. Louis‘ Blick ausweichend löste James Scorpius‘ Hände von seinen und stand ächzend auf. Er rollte mit den Schultern und produzierte so ein unangenehmes Knirschen, das von der unbequemen Position herrührte.

„Ich hab Papa nicht gesehen“, sagte Louis, als er genug von der immer noch bedrückenden Stille hatte. „Warum hast du mich nicht geweckt? Ich komm mir ein bisschen ausgeschlossen vor.“

James kratzte sich am Hinterkopf, ein Gesicht machend, als hätte Louis ihm gerade einen Schlag in den Magen verpasst. „Ich will dir das nicht sagen…“ Als würde das Louis sich nicht noch schlechter fühlen lassen, schaute James auch noch überdeutlich zu Dracos Zimmer.

Louis antwortete nicht und ließ James stehen, öffnete die Tür um ein komplett dunkles Zimmer zu betreten. Das Zufallen der Tür ließ den rothaarigen Mann, der an Dracos Bettkante saß, hochsehen und trotz Louis‘ Anblick schien Bill sich seiner Tränen gerade nicht zu schämen. Kein Wort an seinen Sohn richtend senkte er den Kopf wieder und presste die blasse Hand, die er zwischen seinen hielt, gegen seine Stirn.

Louis wollte den Kopf gar nicht drehen, um Draco anzusehen, aber sein Körper tat einfach, was er wollte. Und wenn Draco nicht so schrecklich blass gewesen wäre, seine Lippen so ungewöhnlich blau und seine Züge so verhärtet, dann hätte er ausgesehen, als würde er nur schlafen. Jedenfalls versuchte Louis sich lieber das vorzustellen, als das kaum zu ertragende Bild, mit dem er sich hier konfrontiert sah und von dem er sich schnell abwandte.

Ob sein Vater noch etwas zu ihm sagen wollte oder einfach froh war, dass sein Sohn ihn alleine ließ, bekam Louis gar nicht mehr mit. So schnell er konnte verließ er das Zimmer wieder und ging zügig an James vorbei um die Ecke, lief einfach weiter, als er hastige Schritte hinter sich hörte.

„Louis! Louis, jetzt warte doch mal!“ James holte ihn ein und fasste ihn an der Schulter, brachte ihn aber erst zum Stehen, als er ihn mit einem kräftigen Ruck gegen die Wand rammte.

Louis fixierte einen unsichtbaren Punkt hinter James und lehnte sich gegen die Wand, damit er den Halt nicht verlor. „Ich versteh das nicht“, hauchte er fassungslos und schüttelte den Kopf. „Ich versteh’s nicht. Es ging ihm doch gut. Er hat mit mir geredet.“

„Es ging ihm auch wieder schlechter…“ James wusste wohl nicht, was er sagen sollte und zuckte einfach mit den Schultern, als Louis ihn hilfesuchend ansah. „Louis, der Mann hatte einen schweren Herzanfall. Das steckt man nicht so leicht weg, vor allem, wenn man physisch und psychisch total fertig ist. Hast du nicht gesehen, wie er ausgesehen hat?“

Louis schüttelte ungläubig den Kopf, was James wohl falsch verstand.

„Er war doch nur noch Haut und Knochen. Der hat das wahrscheinlich einfach nicht mehr gewollt… konnte nicht mehr…“ James umfasste sein Gesicht, als Louis nur noch den Kopf hängen lassen konnte. „Hey, du kannst doch nichts dafür, dass er geglaubt hat, es gäbe nichts mehr für das es sich zu leben lohnt.“

„Doch…“ Louis rieb sich über die schmerzhaft brennenden Augen, spürte wie Tränen seine Wimpern verklebten. „Ich hab ihm nicht früh genug gezeigt, was er mir bedeutet. Ich wusste nicht… dass das so wichtig sein kann… Ich hab nur daran gedacht, mich nicht…“

„Hey…“ James wischte schnell die Träne weg, die Louis über die Wange rollte, aber so schnell wie neue nachkamen, konnte er gar nicht sein, also gab er schließlich auf und schlang die Arme um Louis, zog ihn in die feste Umarmung, die er so lange gewollt hatte.

„Ich… Ich war so kindisch…“ Louis vergrub das Gesicht in genau der Stelle, die Scorpius‘ Tränen schon arg durchweicht hatten, was zwar schon wieder getrocknet war, aber deutlich sichtbar aufgrund von knitterigen Falten und deutlichen Tränenspuren. „Ich wollte spielen. Aber mit kaputtem Spielzeug macht man das nicht…“

James tätschelte ihm sanft den Rücken. „Es ist nicht deine Schuld.“

„Doch“, wiederholte Louis matt. „Ich hab nur an mich gedacht und nicht geglaubt, dass ihn das vielleicht auch fertig machen könnte. Dabei hätte ich es merken müssen. Es war doch offensichtlich… Sein schlechtes Gewissen hat ihn fast umgebracht.“ Louis gab ein heiseres Lachen von sich. „Es hat ihn umgebracht.“

James ließ ihn los und suchte vergeblich in seiner Tasche nach Taschentüchern, aber Scorpius hatte die wohl alle schon verbraucht, weshalb Louis seinen Ärmel benutzte, um seine Tränen zu trocknen. Unter James‘ mitleidigem Blick fiel es ihm schwer sich wieder gerade hinzustellen, aber wenigstens hatte er eine Wand im Rücken als Stütze.

„Ich war so blind.“ Sich die Falten aus der Kleidung streichend drehte Louis sich um und ging den Gang zurück, achtete nicht darauf, ob James ihm folgte. Er betrat Dracos Zimmer um seinen Vater bitterlich weinend das Gesicht in der Bettdecke vergraben zu sehen.

Louis griff in seine Umhangtasche und zog den Zauberstab, machte so leise Schritte auf das Bett zu, dass sein Vater ihn gar nicht bemerkte. Erst das leise Zischen, das Louis entfuhr, als er sich ein Haar ausriss, ließ Bill aus rotverquollenen Augen hochsehen. Stirnrunzelnd beobachtete er, wie Louis den Zauberstab über die einzelne Strähne fahren ließ, sie grün verfärbte, dicker werden ließ und schließlich eine Knospe an der Spitze aufgehen ließ. Schwarze Blütenblätter öffneten sich zu einer Rose, die eine letzte Träne von Louis auffing, bevor sie ihren Platz auf Dracos Brust fand.

„Es tut mir leid.“ Louis warf einen letzten Blick auf Dracos Gesicht und wünschte sich, er hätte genügend Courage um ihm das Haar aus der Stirn zu streichen. So drehte er sich aber wieder um und verließ mit vor Scham hängenden Schultern und Bills Blick im Nacken das Zimmer.

Draußen im Gang hatte James sich wieder neben Scorpius auf den Boden gesetzt und Louis ließ sich neben ihn fallen, um auch die noch freie Schulter mit weiterem schwerem Gewicht zu belasten. Er schloss die Augen, als James ihm eine Hand auf den Kopf legte, und suchte mit den Fingern die Stelle seines Brustkorbs, wo er spüren konnte, wie sein Herz brach und nur einen hässlichen schwarzen Klumpen zurückließ.

Ende


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht

Twitter
HPXperts-Shop
Buch: The World of Ice & Fire: The Untold History of Westeros and the Game of Thrones
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Während der vier Stunden, die ich in dem verspäteten Zug verbrachte, sprudelten mir alle diese Ideen nur so im Kopf herum.
Joanne K. Rowling