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Fanfiction

Black Petals - Ein schwarzer Valentinstag

von Dr. S

Louis hatte sich nie etwas aus dem Valentinstag gemacht, bis jetzt.

Valentinstag war immer nur eine Methode gewesen, damit Leute wie sein Onkel George mehr Gold scheffeln konnten, andererseits war es aber auch ein Ansporn für romantisch veranlagte Menschen wie Scorpius, sich endlich dem einen Menschen zu offenbaren. Jemand wie James hingegen empfand den Valentinstag als Verpflichtung die Stärke und Größe seiner Liebe zu beweisen, indem er extrem große, grässlich rosarote Pralinenschachteln in Herzchenform kaufte, was Fred wiederum auch tat, weil Leute wie Fred Valentinstag aufgrund der süßen Versuchung liebten – zu schade nur, dass er bisher noch kein einziges Valentinsgeschenk in seinem ganzen Leben bekommen hatte. Fred kaufte sie sich selbst, weil er fand, dass die Schokolade am Valentinstag irgendwie besser schmeckte, als würde sich die Maschine, die sie anrührte, plötzlich mehr Mühe geben.

Im Großen und Ganzen war Valentinstag also, was man aus ihm machte. Louis konnte nicht aufhören darüber nachzudenken, was er denn aus diesem Tag machen wollte, je länger er die Schachtel Pralinen auf Freds Pult anstarrte.

Der Unterricht war noch nicht vorbei und eigentlich war Louis nie der Typ gewesen der genervt, gelangweilt oder so verträumt wie jetzt Löcher in die Luft starrte, aber das passierte ihm in letzter Zeit sehr oft. Professor Lupin, wie sich der Ex seiner Schwester so gern schimpfte, seit er sich das Fach Verwandlungen aufgrund von seinen Genen unter den Nagel gerissen hatte, sah ihn jetzt schon wieder so warnend an, was Louis zwar aus den Augenwinkeln mitbekam, sich aber nicht dafür interessierte. Am Valentinstag passte sowieso nur ein kleiner Teil auf und in Teddys Unterricht machte nicht einmal so ein Tag einen Unterschied.

James neben ihm bekam natürlich nicht den kleinsten bösen Blick geschenkt, solange er damit beschäftigt war, die Schleife um Scorpius‘ Geschenk zu perfektionieren. Immerhin war Scorpius Teddys kleiner, niedlicher Cousin und auch wenn Scorpius es nicht bemerkte, so wurde er doch genau deswegen bevorzugt. Louis wunderte sich nur, wie viele Weihnachten Teddy mit Draco verbracht hatte, um so eine Zuneigung zu dieser Familie aufzubauen und… und ein Teil von ihr zu werden. Er sehnte sich danach, auch einfach bei Draco vorbeischauen zu können, wann immer die Sehnsucht wieder einmal besonders groß wurde.

Und schon nach nur einem Monat verzehrte er sich ungemein nach Draco, wurde sogar schon zu einem eifersüchtigen Menschen, so wie James einer war, wenn er Teddy schon hasste, weil der mehr Zeit mit Draco hatte verbringen dürfen, anstatt dafür, dass er seine Schwester verlassen hatte. Sicherlich würde er Draco aber nicht schildern, was für ein Mistkerl Teddy war, wenn sie sich wiedersahen, weil er dann schneller wieder alleine vor Sehnsucht verging, als er sich vorstellen konnte.

Er seufzte auf, gerade als James leise jubelte und die letzte Stunde zum Glück endlich vorbei war. Teddy versuchte der Hälfte der Klasse noch Hausaufgaben zu geben, aber so schnell wie die Schüler verschwanden, könnte man meinen, dass das Apparieren in Hogwarts plötzlich möglich war.

„Perfekt, oder?“ James schob seine wirklich fürchterlich große Pralinenschachtel auf das Pult und wartete darauf, dass Louis seine bauchige Schleife lobte, die sich mit dem dunklen Rot wunderbar von dem zur Abwechslung einmal angenehmen Rosa abhob. Es war trotzdem unerträglich kitschig.

„Scorpius wird es lieben.“ Louis hatte sich ein Beispiel an Draco genommen und nicht gelogen. Nicht, dass das James interessieren würde, der stolz auf sein Werk schaute, während er seine Tasche einräumte. Die Schleife rekelte sich leicht und gab ein leises Seufzen von sich, was Fred glucksen ließ. Bevor er allerdings die Hand nach dem seidenen Band ausstrecken konnte, schlug James ihm auf die Finger.

„Pfoten weg, Fresssack“, knurrte James und hob seine Pralinenschachtel schnell hoch, ehe Fred sich an ihr vergreifen konnte. „Ich hab die ganze Nacht in der Küche verbracht um Schokolade zu schmelzen, zu füllen und in Herzchenform zu pressen. Niemand außer Scorpius wird Hand an diese Schachtel legen, verstanden?“

„Das Band hast du aber aus dem Laden von meinem Vater“, murrte Fred und rieb sich die Hand, während er James hinterher schlurfte, überdeutlich enttäuscht, weil er jetzt nicht einmal von James Schokolade bekam. Louis würde ihn nachher trösten, indem er ihm etwas von seinem Haufen spendete.

„Da hab ich die ganze Schachtel her, aber eingepackt und so hab ich ja selbst…“ James zuckte mit den Schultern, die Schachtel fest umklammernd. Scorpius würde damit ganz und gar nicht dämlich aussehen, aber James mit einer rosa Herzschachtel im Arm sah einfach nur urkomisch aus.

Louis musste sich wirklich sein Lachen verkneifen, aber es verging ihm in einem Sekundenbruchteil, als eine Hand sich auf seine Schulter legte. Er musste sich nicht umdrehen, um erahnen zu können, wer ihn da gerade antatschte.

„Hast du einen Moment, Louis?“ Teddy lächelte erst ihn, dann James und Fred an.

„Wir warten draußen“, rief James ihm zu, bevor er sich mit dem Herz in der Hand herumdrehte und aus der Tür schwebte, dicht gefolgt von Fred.

„Was denn?“ Genervt die Arme vor der Brust verschränkend drehte Louis sich zu Teddy und tat sich den widerlich besorgten Blick an.

Teddy lehnte sich mit der Hüfte gegen ein Pult, während Louis blieb wo er war. „Du bist leicht abwesend und unkonzentriert in letzter Zeit.“

„Meine Leistungen leiden da nicht drunter. Ich schreibe immer noch einwandfreie Aufsätze und gebe die richtigen Antworten. Was willst du bitte von mir?“ Dass er Teddy duzte wurmte den Pseudo-Professor unheimlich, aber er konnte sich einfach nicht durchsetzen und hatte Louis‘ Respekt damit nicht verdient.

„Dass du dem Unterricht folgst!“ Teddy schüttelte enttäuscht den Kopf. „Ausgerechnet du, Louis. Wenn du mir das mit Victoire übelnimmst, dann zeig mir das anders, aber meinen Unterricht zu ignorieren, bringt dich ganz und gar nicht weiter.“

„Entschuldige bitte, dass ich dich enttäuschen muss, aber es geht zur Abwechslung mal nicht um dich“, sagte Louis trocken, strich sich locker ein paar Haarsträhnen aus den Augen. „Du bist nicht mehr wichtig genug, als dass ich viel darum geben würde, wie du dich fühlst.“ Damit drehte er sich auf der Stelle um, schulterte seine Tasche und marschierte schnurstracks auf die Tür zu.

„Was wollte Teddy?“, fragte Fred sofort, hörte jetzt endlich damit auf James in den Wahnsinn zu treiben, weil er es nicht lassen konnte, an der Schleife herumzuzupfen und damit natürlich den Untergang der Welt provozierte.

„Ficken.“ James‘ Rache für Freds Gezuppel an seiner Schleife war sich äußerst ordinär auszudrücken und die arme Jungfrau damit hochrot werden zu lassen – nun, eher gesagt Freds Ohren. Das hatte er wohl von Onkel Ron, wie auch immer das gehen sollte. „Aber Louis hat abgelehnt, weil Teddy immer an seine Schwester denken will.“

„Teddy hat doch gar keine Schwester.“ Dafür bekam Fred glatt James‘ Hand gegen den Hinterkopf, worauf Louis sich eine Hand gegen den Mund presste, um nicht zu lachen. „Kein Grund mich zu schlagen.“

„Heul doch“, gab James genervt zurück, drehte sich um und winkte seine Cousins hinter sich her, bevor er eilig den Korridor durchquerte. „Hat er dich genervt, weil du neuerdings ständig seufzend auf deinem Pult herumliegst?“

Louis zuckte mit dem Schultern, Freds fragende Blicke ignorierend. „Nein, er wollte wirklich eine Nummer auf deinem Pult schieben, Fred.“ Damit brachte er James und Fred zum Stehenbleiben und sie zeigten sogar beide einen verdächtig ähnlichen Gesichtsausdruck, der Louis aber nicht an irgendjemanden aus seiner Familie, sondern eher an Der Schrei von Edvard Munch erinnerte. „Merlins Bart, ich muss mir ernsthaft Gedanken um mein Auftreten machen, wenn ihr das wirklich glaubt.“

Fred legte vollkommen konfus die Stirn in Falten, während James tatsächlich erleichtert aufatmete, sich dann wieder in Bewegung setzte. Er stupste Louis leicht mit dem Ellenbogen in die Seite, achtete aber schön darauf, dass seine Pralinenschachtel nicht herunterfiel.

„Du benimmst dich ja schon ein bisschen merkwürdig in letzter Zeit, und dann starrt Teddy dich immer so komisch an…“ James fing sich diesmal einen verwirrten Blick von Louis, während Fred sich damit beschäftigte, eine noch verpackte Schachtel Pralinen aus seiner Tasche zu kramen, damit er etwas hatte, mit dem er sich vollstopfen konnte, bevor sie gleich zum Abendessen gingen. „Na ja, entweder will er dich wohl mit bloßen Händen umbringen, oder eben leidenschaftlichen Sex.“

„Da ist auch ein sehr feiner Unterschied, James.“ Louis verdrehte die Augen, als James sich nachdenklich am Hinterkopf kratzte. „Das war Sarkasmus.“

„Das stimmt aber“, erwiderte James und grinste wissend. „Ich hab Scorpius auch immer so angesehen und er hat gedacht, ich würde ihn umbringen wollen.“

„So oft, wie du ihm wortwörtlich Sachen an den Kopf geworfen hast, wundert mich das nicht im Geringsten.“ Amüsiert glucksend bog Louis um die Ecke, bevor James ihn dafür ebenfalls leidenschaftlich hasserfüllt anschauen konnte.

Hinter der Ecke tauchte vor ihm so plötzlich ein Mädchen auf, dass Louis fast sein Lächeln verlor. Geradeso eben konnte er die Mundwinkel wieder hochziehen, was die, der Größe nach zu urteilen, Drittklässlerin aber gar nicht mitbekam, weil sie stur auf den Boden starrte, während sie ihm ihre Schokolade hinhielt. Sie murmelte etwas, das vollkommen unverständlich blieb, weil sie die Zähne nicht auseinander bekam.

Seufzend nahm Louis die Schokolade und lächelte sein übliches, charmantestes „Danke“, bevor er sich vorlehnte und einen Kuss auf eine sowieso schon glühendheiße Wange drückte. Das Mädchen versteifte sich in ihrem Glücksschock vollkommen, was Louis Zeit gab einen Blick auf das Kärtchen und damit den Namen zu werfen. „Das ist sehr lieb von dir, Lisa.“

Er wurde aus großen Augen angestrahlt, als hätte er gerade die Sonne nur für das arme Ding aufgehen lassen. „D-Du kennst meinen Namen?“

„Natürlich.“ Und er würde ihn gleich wieder vergessen, so gewöhnlich waren er und seine Trägerin, die jetzt schwer aufseufzte. „Ich fühle mich genauso geschmeichelt, darauf kannst du wetten.“

Lisa wurde rot wie das Band von James‘ Schachtel, nickte immer noch strahlend und murmelte schon wieder irgendetwas Unverständliches, bevor sie sich mit wackeligen Knien umdrehte und quietschend zu ihren Freundinnen zurücklief, die Hand fest auf ihre Wange gepresst. Louis wartete, bis sie sich noch einmal umdrehte, um lächelnd zu winken. Damit brachte er die ganze Horde Schülerinnen zum Giggeln und auch dazu wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen davonzulaufen.

„Meine Fresse, das ist so widerwärtig…“ James stützte den Ellenbogen auf Louis‘ Schulter aus und beobachtete angewidert, wie die kleinen Mädchen bei ihrem Abgang fast eine Rüstung umwarfen. Dass Louis sie mit einem Wink seines Zauberstabes auf den Beinen halten konnte, löste ein erneutes Aufseufzen in der Gruppe auf. „Ja, du bist so toll, Louis. Wir haben’s kapiert.“

„Du bist nur eifersüchtig“, sagte Louis, grinsend den Zauberstab wieder wegsteckend. Sogar die Rüstung dankte ihm dafür, dass er sie gerettet hatte, als sie an ihr vorbeiliefen. Louis‘ Grinsen wurde daraufhin breiter und James‘ Augenrollen offensichtlicher. „Man sollte nicht barsch sein, wenn ein Mädchen derartig viel Mut aufbringt.“

„Und die eben brauchte einen ganzen Kessel voll Mut. Die ist ja fast an die Decke geflogen, als du sie geknutscht hast.“ James würgte. „Und das ist schon die siebte heute. Dass die nicht merken, dass du es bei allen gleich machst.“

„Ich bin zu allen gleich nett“, sagte Louis lächelnd. „Davon solltest du dir etwas abschneiden, anstatt die armen Mädchen auszulachen, nur weil sie dir nicht hübsch genug sind.“

„Wir leben in einer oberflächlichen Welt. Mädchen, die unter meinem Niveau sind, sollten einfach realistisch sein und ihre Schokolade… Fred geben.“ James verzog das Gesicht, als Fred einknickte. „Sorry, Alter, aber du bist zu braun für die roten Haare, wirklich. Und dann bist du voll klein… Ehrlich, mittlerweile ist Scorpius größer als du.“

„Schön für Scorpius“, seufzte Fred und zuckte schließlich mit den Schultern. „Mein letzter Valentinstag in Hogwarts und ich krieg immer noch keine Schokolade. Letztes Jahr, da hatte ich noch Hoffnungen einen Meter neunzig groß zu werden.“

„Hätte dir auch keine Schokolade gebracht“, murmelte James, holte aus und klatschte Fred gegen den Bauch. „Ist vielleicht auch besser so. Die setzt an, Fred. Wenn dein Besen unter dir zusammenbricht, während Finbar Quigley sich das Spiel ansieht, dann kannst du jede Karriere als Sportler knicken.“

„Du meinst wohl eher, dass du deine Profi-Karriere knicken kannst, Kapitän.“ Louis grinste James fies an, lehnte sich über seine Schulter und reichte Fred die Schokolade. „Hier, mein Leckermäulchen. Oben hab ich noch viel mehr für dich.“

„Danke… aber das zählt nicht als Valentinsgeschenk.“ Fred nickte sich entschlossen zu, riss das Papier der Schokolade ab und biss hungrig hinein. „Männer schenken sich ja gegenseitig nichts, oder Jane?“ Es war vielleicht nur ein kleiner Stich, aber der tat James‘ Ego ganz schön weh, weil das sich ohnehin schon ganz fürchterlich davor fürchtete, seine Männlichkeit einzubüßen, da er ja mit einem anderen Jungen ausging. Dass die rosa Pralinenschachtel seiner Männlichkeit mehr schadete, schien er dafür komplett auszublenden.

„Mann, ihr seid so…“ James stoppte und sein ärgerlicher Gesichtsausdruck verwandelte sich in einen verträumten, als er am Ende der Großen Treppe Scorpius auf einer Stufe sitzen sah. „Wie sehen meine Haare aus?“

Louis gönnte sich einen kleinen Blick auf die schwarzen Strähnen, die James sich aus der Stirn strich, und fragte sich, wann er angefangen hatte, blondes Haar schöner zu finden. Schwarz hatte er immer präferiert, aufgrund des seidigen Glanzes und der faszinierenden Reflexe, aber gegen diese eine spezielle Nuance Blond konnte man einfach nichts Schlechtes sagen.

„Ganz okay“, sagte Louis leicht abwesend, den Blick nach unten zum Fuß der Treppe wandern lassend, wo Scorpius immer noch in ein Buch vertieft war. Es war hart jetzt so viel Zeit mit Scorpius zu verbringen, der seinem Vater so verflucht ähnlich sah, aber eben einen komplett anderen Charakter hatte. Louis konnte sich nicht einmal einreden, dass Draco ihn so anlächeln würde, wie Scorpius es immer tat, weil Draco immer nur dieses arrogante Grinsen auf den Lippen hatte, das Scorpius absolut nicht stehen würde.

„Hey, Louis…“ James fasste ihn am Arm und zog ihn beiseite, Fred entschuldigend anlächelnd. Aber der konnte sich gut mit seiner Schokolade beschäftigen. „Du… Du starrst aber nicht die ganze Zeit seufzend aus dem Fenster wegen… wegen Scorpius, oder?“, wollte James wissen, als er Louis mit dem Rücken in eine Ecke gedrängt hatte, damit er ja nicht abhauen konnte.

„Was?“ Louis schüttelte den Kopf. „Wie kommst du da jetzt drauf?“

„Weil du ihn gerade ziemlich direkt angestarrt hast – schon wieder.“ James wurde schon wieder eifersüchtig, was man überdeutlich an der hervorstechenden Kiefermuskulatur sowie den rötlichen Flecken in seinem Gesicht erkennen konnte. „Seit wir Neujahr bei ihm waren, verhältst du dich so komisch. Und dann hast du mich auch noch extrem merkwürdige Dinge gefragt… äh… du weißt schon.“

„Wenn ich dir jetzt live demonstrieren soll, was ich für eine Niete in Sachen Oralsex bin, dann lässt Scorpius dich wohl wirklich nicht ran.“ Louis grinste etwas steif, als James jetzt vor Scham rot um die Nase wurde. Da hatte er genauso einen wunden Punkt getroffen, wie Fred vorhin, aber Louis war jetzt nicht in der Stimmung, um darauf herumzureiten.

„Hast du’s… Hast du’s Scorpius gezeigt?“ James‘ Miene wurde ernst und das machte die Situation noch viel amüsanter, aber Louis‘ Grinsen machte James nur wütend. „Jetzt lach nicht, klar? Ich zähle nur eins und eins zusammen, wobei ich aber leider auf mehrere Ergebnisse komme.“

„Dann bist du aber sehr schlecht im Kopfrechnen“, gluckste Louis, auch wenn James das gar nicht lustig zu finden schien.

„Entweder hattest du was mit Scorpius –“ Louis‘ schallendes Lachen hielt James nicht davon ab, noch einen draufzulegen. „– oder mit Teddy.“

Das war schon so absurd, dass Louis gar nicht laut genug darüber lachen konnte. James lag immer meilenweit daneben, wenn er irgendwelchen Verdächtigungen auf den Grund gehen wollte, und wäre das nicht so goldig und alles andere als bedrohlich, dann würde Louis ihm wahrscheinlich die Wahrheit sagen. Aber bis jetzt gehörte Draco nur ihm und er wollte, dass das noch eine Weile zu blieb.

„Das ist das einzig Logische“, schmollte James, weil Louis sich vor Lachen nicht mehr einkriegte. „Sonst war da niemand in Malfoy Manor, der in Frage käme. Außer Mrs. Malfoy hat dich vergewaltigt, aber das wäre ein bisschen sehr… bizarr.“

„Dass ich mit Teddy rummache nicht?“ Louis tippte sich gegen die Stirn. „Der Kerl ist mehr hetero als mein Vater.“

„Hey, ich hab Bilder gesehen, da hat dein Vater längere Haare als Lily.“ James ließ die Augenbrauen hüpfen, als würde eine Frisur alles über seinen Vater aussagen.

„Schau dir meine Mutter an und dann Victoire, schon hast du das Beuteschema eines ganz normalen, heterosexuellen Mannes.“ Louis hob die Schultern, setzte eine betont enttäuschte Miene auf. „Da kann wohl nicht einmal ich was dran ändern.“

„Louis.“ James umklammerte überraschend fest seinen Oberarm, bis Louis ihn ansah. „Hast du vergessen…“ Er schaute sich verstohlen um, wollte sichergehen, dass niemand sie belauschte und lehnte sich deswegen auch vor, damit er Louis fast direkt gegen die Lippen sprach: „Hast du verdrängt, was ich mal gesehen habe? Ausgerechnet du, Louis?“

„Musst du davon wieder anfangen?“ Louis riss sich mit einem Ruck los, rieb sich den Oberarm. „Nein, ich habe nicht vergessen, dass du meinen Vater mit einem verfluchten Mann im Bett erwischt hast, aber nun mal ehrlich, ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass er während des Vollmonds eben ein bisschen wuschig ist. Da hat er sogar mich schon mal mit Victoire verwechselt. Und darum geht’s hier jetzt auch gar nicht. Nicht jeder ist gleich schwul, wenn er einmal aufs andere Ufer rutscht. Teddy ist es ganz sicher nicht und selbst wenn… Er ist der Ex meiner Schwester! Ich trage nicht mal ihre alten Sachen auf, wenn sie mir passen würden.“

„Ach, dann also doch mein Scorpius?“ Die Augen zu schmalen Schlitzen verengend versuchte James Louis mit seinem Blick regelrecht zu durchbohren, brachte ihn damit aber nur zum Lachen. „Hör auf dich lustig zu machen, sonst erzähl ich rum, dass du enttäuscht darüber bist, dass dein Vater dich nicht angrabbelt.“

„Uh, dein Kopf ist neuerdings aber voller inzestuöser Gedanken, wenn du sogar deinen eigenen Cousin um einen Blowjob anbettelst. Vielleicht sollte ich das Scorpius erzählen?“ Louis verschränkte schmunzelnd die Arme vor der Brust, als James‘ Augen sich vor Entsetzen weiteten. James wusste ganz genau, dass er Louis jetzt lieber nicht mehr mit irgendwelchen Fragen nervte, aber es lag ihm trotzdem noch überdeutlich auf der Seele.

Louis konnte diesen Blick aus James‘ Augen auch nicht lange ertragen und irgendetwas in ihm flüsterte, dass James das ganz genau wusste. „Hey, es hat überhaupt nichts mit Scorpius zu tun, okay?“, hielt Louis James noch einmal zurück, als der sich wie ein getretener Hund von ihm wegdrehte. „Es… Ja, da ist jemand, den ich mag, und ich vermisse diese Person momentan ganz widerlich schrecklich, aber… James, steiger dich da doch nicht rein. Das ist meine Sache.“

James legte den Kopf leicht schief, musterte Louis kurz und suchte nach einem Anzeichen für eine Lüge. „Du weißt aber, dass wir nicht umsonst Freunde sind. Wenn du reden willst…“

„Dann kann ich zu dir kommen, ja, ja.“ Louis verdrehte die Augen leicht, wandte aber den Blick gleich darauf ab, damit er James nicht ansehen musste.

„Ich sag ja nur… Das muss ja auch nicht bei dir immer gleich alles wie am Schnürchen klappen.“ James legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter, dabei brauchte Louis gar keinen Trost. Es war ein Fehler gewesen, James Futter in diese Richtung zu geben. „Glücklich verliebt sieht nämlich anders aus.“

Louis schaute James verwirrt an, öffnete den Mund, nur um ihn dann ohne ein Wort wieder zu schließen. James hatte zur Abwechslung sogar einmal Recht. Er war nicht glücklich verliebt. Das Gewicht von Dracos Gold war schwer in seiner Hosentasche und von den letzten Worten, die sie miteinander gewechselt hatten, wollte er lieber gar nicht erst anfangen. Es reichte, dass er nachts immer wieder von ihnen verfolgt wurde. Die Gewissheit, dass Draco ihm absolut nicht vertraute, schmerzte fast so sehr wie die Tatsache, dass sie viel zu weit voneinander entfernt waren, als dass Louis mal einfach so wieder Dracos Lippen spüren konnte. Und er wollte Dracos warme, weiche Lippen jetzt sofort. Wollte sie nicht nur auf seinem Mund, sondern auf seinem ganzen Körper fühlen.

Und ein kleiner, naiver Teil von ihm hatte gehofft, dass dieser Wunsch ihm vielleicht doch heute erfüllt werden würde. Dass Draco es nicht mehr aushalten können würde und ihm wenigstens einen Brief schickte, aber… aber da hatte er sich schmerzhaft tief geschnitten. Draco kam wunderbar ohne ihn klar und er… er fühlte sich, als würde sein Herz mit jedem Tag schwächer schlagen und wenn er Draco nicht bald sah, dann würde es ganz damit aufhören.

„Ich mein, es ist doch Valentinstag. Der perfekte Tag, um jemanden seine Gefühle mitzuteilen.“ Damit hatte James ihm indirekt gesagt, womit er Scorpius gleich überraschen wollte. Soweit er wusste, fehlten diese drei Worte nämlich noch, waren seiner Meinung nach aber auch vollkommen unnötig, weil James und Scorpius sich so überdeutlich anschmachteten, dass das offensichtlich war. Andererseits war diese darauf resultierende Gewissheit ja auch eine Bestätigung, die nicht nur die beiden, sondern sehr viele Menschen brauchten.

Draco vielleicht auch.

Louis schluckte leicht und ließ sich von James wissend angrinsen – dabei wusste er gar nichts. Er konnte jeden Tag mit demjenigen verbringen, den er um sich haben wollte, und Louis wusste nicht einmal, ob Draco ihn wirklich um sich haben wollte. In einem Moment schien es einfach nur perfekt zu sein und dann wurde er plötzlich als geldgierige Hure abgestempelt.

Ein Teil von ihm hätte da wirklich gerne mit James drüber geredet, aber ein größerer Teil war davon überzeugt, dass ihm das nichts bringen würde. James würde sich über so viele Dinge aufregen und vor allem darüber, dass Louis für eine komplett aussichtslose Sache Scorpius‘ Verhältnis zu James aufs Spiel setzte. Wenn der Kleine rausbekam, was Louis mit seinem Vater gemacht hatte, dann würde für ihn eine Welt zusammenbrechen.

Er war damals auch sauer auf seinen Cousin gewesen, als James ihm von dem Fehltritt seines Vaters erzählt hatte – jedenfalls bevor er gemerkt hatte, dass seine Mutter das absolut nicht ernst nahm. Sie hatte das ganz merkwürdig realistisch und kalt betrachtet, als würde es sie einfach nicht berühren. Solange Bill seinen Frust dann nicht an ihr ausließ, ließ sie ihn machen, was eben nötig war, um zu Hause einen perfekten Ehemann zu haben.

Vielleicht war seine Einstellung zu Liebe damals so extrem abgekühlt. Und vielleicht hatte er deswegen manchmal, in einer ruhigen Minute, auch Angst vor seinen Gefühlen für Draco.

Scorpius war in dieser Hinsicht allerdings ganz einfach gestrickt. Seine Vorstellung von Liebe war noch so unschuldig und rein, dass er sich gar nicht vorstellen konnte, welche Abgründe dieses Gefühl mit sich bringen konnte. Wenn, dann würde er James die Schuld geben, dass er Louis in Dracos Nähe gebracht hatte und damit die nach außen hin perfekte Ehe seiner Eltern zerstört hatte. Und dafür würde James wiederum ihn zu Recht hassen, ganz davon abgesehen, dass Scorpius ihn verachten würde, weil er sich auf seinen Vater eingelassen hatte, und Draco würde ihn verabscheuen, weil er zugelassen hatte, dass Scorpius davon erfuhr.

Er konnte hierbei gar nichts gewinnen. Außer ein paar Momente mit Draco. Und das war es absolut wert.

„Jaah… vielleicht hast du Recht“, murmelte Louis kaum verständlich, aber James klopfte ihm trotzdem auf die Schulter. Wenigstens schien er jetzt davon auszugehen, dass es wirklich nicht Scorpius war, auch wenn Louis lieber vorsichtig das weißblonde Haar anschmachten würde, wenn er wieder einmal nicht widerstehen konnte. „Jetzt geh aber endlich deinen Freund nerven.“ Louis schubste James von sich weg und trottete ihm hinterher zu Fred, der ihnen gelangweilt zugesehen hatte.

„Und? Beziehungsprobleme geklärt?“, wollte er mit vollem Mund wissen.

„Louis ist verliebt“, haute James eiskalt raus.

Louis stöhnte genervt auf, weil er sich jetzt mit zwei dreckig grinsenden Gesichtern konfrontiert sah. „Dir erzähl ich nochmal was, James.“ Sein Blick schweifte nach unten zu Scorpius, der etwas näher an die Mauer gerutscht war, als mehr und mehr Schüler zum Abendessen wollten. Allzu viel unterschied ihn vielleicht doch nicht von seinem Vater. Draco konnte es nur gut überspielen, dass er genauso verloren und einsam war – vielleicht hatte er sogar einmal dieselbe Meinung von Liebe vertreten, wie Scorpius. Es war schwer vorstellbar, aber nach allem, was ihm in seinem Leben so passiert war… der Krieg, dann dieses Arschloch namens…

Louis blinzelte. „William?“

Fred und James neben ihm erstarrten, obwohl es Fred sichtlich Spaß gemacht hatte, James nach unten zu schieben, weil Letzterer sich plötzlich für seine Herzschachtel zu schämen schien und nicht zu Scorpius heruntergehen wollte.

„Was?“, fragten sie gleichzeitig.

Louis schüttelte den Kopf. „James, du bist so ein Mistkerl. Du beeinflusst meine Gedanken mit uralten Geschichten.“ Er lachte etwas heiser auf und wischte sich lose Ponysträhnen aus der Stirn. Der Gedanke, der ihm eben durch den Kopf geschossen war, war fast so absurd, wie James‘ Vermutung, er würde für Teddy Lupin auf die Knie gehen. Sein Vater hieß vielleicht William, aber es gab dutzende Zauberer, die denselben Namen trugen. Jeder kannte wahrscheinlich einen William.

„Louis? Was ist denn…“ James wurde unterbrochen, als sein Blick auf Scorpius fiel. „Oh, na toll…“

Louis versuchte noch einmal die Gedanken loszuwerden, indem er den Kopf schüttelte. James war schon halb die Treppe herunter, als Louis sich endlich auf Scorpius fixieren konnte. Vor ihm hatten sich ein paar frustrierte Kerle aufgebaut, die nichts zum Valentinstag bekommen hatten und etwas zum Herumschubsen suchten. Scorpius bot die perfekte Zielscheibe, so wie er da ganz alleine saß und bekanntlich niemanden hatte, der ihn beschützen würde.

Gut, neuerdings hatte er dafür natürlich James. Louis konnte nicht anders, als zu schmunzeln, nachdem James die herzförmige Pralinenschachtel über den Kopf eines Kerls zog, weil der Scorpius am Kragen hochgezogen und fast stranguliert hatte. Allerdings ließ er James nicht lange herumbrüllen und bedeutete Fred ihm zu folgen, polierte noch einmal sein Schulsprecherabzeichen, damit er es den beiden Gryffindors aus Scorpius‘ Jahrgang unter die Nase halten konnte.

„Ernsthaft, Leute. Ihr seid eine Schande für unser Haus.“ Kopfschüttelnd stellte Louis sich vor Scorpius, der Fred dabei zu helfen versuchte, James von einem Doppelmord abzuhalten. Sein Gesicht war fast so rot wie das von Scorpius, nur eben aus Wut und nicht Verlegenheit. Noch dazu brüllte er ununterbrochen etwas davon, dass die Kerle sein Valentinsgeschenk ruiniert hätte, dabei hatte er es ja selbst als Schlagmittel benutzt.

Louis legte den Kopf schief und lächelte. „Also, wie soll ich euch jetzt bestrafen? Hm…“ Er schaute zu James, dessen Venen in seinen Schläfen kurz vorm Explodieren waren. Als er wieder seine beiden Opfer anschaute, verstörte ihn das leicht aufgeregte Funkeln in einem Augenpaar doch sehr, aber das ließ er sich lieber nicht anmerken. „James braucht sicher zwei starke Kerle, die ihn beim Training unterstützen.“ Damit schenkte er James zwei Zielscheiben zum Abreagieren und die Aussicht, seine Rache doch noch zu bekommen, was James endlich wieder ruhiger werden ließ.

„So unfair. Ihr habt das doch selbst immer gemacht“, knurrte ihn der eine Kerl an und stampfte davon, während der andere sich langsam über die Lippen leckte. Louis war sich nicht sicher, ob er mitbekommen hatte, dass er sich gerade eine Strafarbeit eingefangen hatte.

„Möchtest du noch mehr?“, fragte er glucksend.

„Äh…“ Mit zittrigen Fingern holte der Gryffindor – irgendetwas mit L, wenn Louis sich richtig erinnerte – Pralinen und eine Karte heraus, drückte sie Louis in die Hände. „Schö-Schönen Valentinstag!“, brüllte er richtig und drehte sich dann so schnell wie möglich herum, um seinem Freund nachzustolpern.

Seufzend drehte Louis sich herum und musste sich jetzt aus drei Gesichtern anstarren lassen, als hätte er gerade in aller Öffentlichkeit ein Ballettröckchen übergezogen und sich mehrmals im Kreis gedreht.

„Wenigstens musstest du den nicht knutschen“, presste James angewidert hervor. Seine Finger drückten immer noch die ausgebeulte Pralinenschachtel, aber das machte auch nichts mehr. Jedenfalls änderte es nichts an Scorpius‘ Blick, der sich jetzt voller funkelnder Sterne auf James fixierte. Leider bekam James das gar nicht mit, sondern betrachtete deprimiert sein ruiniertes Geschenk für Scorpius, der überdeutlich schon damit zufrieden war, dass James ihn so todesmutig gerettet hatte.

„Knutschen?“, fragte Scorpius verwirrt nach, weil er natürlich keine Ahnung hatte, wovon James redete.

„Ah, ja. Genau…“ James lehnte sich runter zu Scorpius und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. „Hallo.“

„Äh…“ Scorpius blinzelte verwundert, aber James schien das gar nicht zu bemerken, sondern trauerte wieder seinem Herzen nach. „Für wen ist das?“, wollte Scorpius wissen, deutete auf den rosaroten Karton.

„Ach, das?“ Während James so tat, als hätte er das Herz erst jetzt bemerkt, öffnete Louis seine Karte und versuchte die Schrift zu entziffern. „Ja, das hab ich geschenkt gekriegt.“

Louis stöhnte auf, worauf James ihm einen warnenden Blick zuwarf. „Das war nicht, weil du dein Herz verleugnest“, verriet er James gleich eiskalt, was Scorpius natürlich lächeln ließ und die Unsicherheit wegwusch, die sich ausgebreitet hätte, wenn James von jemand anderem so ein großes Herz bekommen hätte. „Der Name William verfolgt mich heute richtig…“

„Warte…“ Fred lugte kurz in die Große Halle. „Das war doch aber Liam.“

„Woher soll ich das wissen? Ich merk mir nicht die Namen jedes Schülers auf Hogwarts.“ Louis drückte Fred die Pralinen in die Hand und lugte erneut in die Karte. „Außerdem ist Liam die irische Form von William. So wie Bill die Kurzform von William ist.“

Scorpius war sichtlich verwirrt, wollte aber nichts sagen und deutete deswegen auf das Herz. „Für mich?“, fragte er vorsichtig und so hoffnungsvoll, dass nicht einmal James es übersehen können würde.

„Also… äh…“ James wurde richtig rot und hielt Scorpius das Herz hin. „Es war nicht dafür ausgerüstet, hohle Köpfe verprügeln zu müssen.“

„Oh, James. Das ist so süß von dir…“ Scorpius legte die Hand auf James‘ Wange und gab ihm das wahrscheinlich schönste Valentinsgeschenk, das er sich vorstellen konnte: einen Kuss direkt auf die Lippen.

Louis wollte da nicht hinschauen, weil es ihn daran erinnerte, wie lange es schon her war, dass er Draco geküsst hatte, aber man sah ja auch bei einer Sonnenfinsternis nicht weg, nur weil es gefährlich sein konnte. So ein immer noch absolut unschuldiger Kuss auf den Mund war bei James und Scorpius eine Rarität. An James lag das allerdings ganz und gar nicht, aber er hatte inzwischen gelernt sich an Scorpius‘ Schneckentempo anzupassen und deswegen wurde Louis gerade Zeuge des längsten Kusses ohne Zunge, den er jemals in seinem Leben gesehen hatte.

Und er wurde schon wieder eifersüchtig. Louis riss sich von dem Anblick los und drehte sich um, fixierte sich auf die Karte, die er bekommen und nur schwer hatte lesen können. Er wollte Draco. Jetzt sofort. War es schwach, dass er sich nach so wenigen Wochen schon dermaßen nach einem Menschen sehnte? Nein, aber es wäre schwach, wenn er weiterhin so offensichtlich zeigte, wie sehr er Draco brauchte. Das wollte Draco doch testen. Er wusste ganz genau, was er riskierte, wenn er sich mit einem Freund seines Sohnes traf, der auch noch viel jünger war als er, und da konnte Draco es nicht gebrauchen, wenn Louis von ihm die große Liebe forderte.

Die würde er definitiv nicht bekommen. Jedenfalls nicht so schnell, wie er sie wollte. Aber allein dass Draco ihn wiedersehen wollte, sollte ihm Bestätigung genug sein, damit er ausreichend Energie hatte, um das hier durchzustehen. An einem Tag wie diesem hier war es einfach nur besonders schwer.

„Meine Fresse, das ist fast so nervig, wie deine vielen Verehrer“, raunte Fred ihm entgegen, worauf Louis wieder über die Schulter zu James und Scorpius schaute, die jetzt sogar beim Küssen – Knutschen wollte er dazu nicht sagen – Händchen hielten.

„Ach, ich finde es irgendwie schon süß.“ Und es weckte in ihm das Bedürfnis auch ein Valentinsgeschenk zu verschicken. Das wäre dann aber das erste in seinem Leben und er hatte gar nichts vorbereitet. Draco hatte ihm aber nicht gesagt, dass er nichts wollte, also… „Du, ich muss nochmal…“

„Hey, lass mich nicht mit denen alleine!“ Fred griff mit beiden Händen Louis‘ Arm. „Du hast mir noch gar nicht gesagt, in wen du verknallt bist.“

„James hab ich das auch nicht gesagt. Jetzt lass mich los!“ Louis versuchte verzweifelt Fred abzuschütteln, aber der klammerte sich an ihn, als würde er sonst in ein bodenloses Loch fallen.

„Du willst auch knutschen gehen! Wie alle heute. Ich will aber nicht alleine sein!“, maulte Fred und deutete dabei auf James und Scorpius, die sich schon längst voneinander gelöst hatten. Nun ja, mehr oder weniger gelöst. Scorpius schmiegte sich verträumt lächelnd gegen James‘ Brust und umklammerte dabei das große Herz, während James das Kinn auf dem weißblonden Haarschopf abgestützt hatte und mit gehobenen Augenbrauen beobachtete, wie Fred an Louis zerrte.

„Hey, Fred!“ James winkte seinen Cousin zu sich. „Wir haben Hunger. Willst du nicht mitessen?“ Das überdeutliche Zwinkern für Louis hielt James davon ab zu bemerken, wie enttäuscht Scorpius aussah. Anscheinend hatte er tatsächlich auf ein bisschen Zeit alleine mit James gehofft. Wenn Louis das später erwähnte, dann würde James glatt vom Astronomieturm springen, weil er sich diese Gelegenheit hatte entgehen lassen, nur damit Louis Draco etwas schicken konnte.

„Ja, aber… ähm…“ Fred zuckte mit den Schultern. „Okay. Viel Spaß beim Knutschen, Lou.“

„Ich…“ Louis stöhnte genervt auf. „Halt’s Maul, Fred. Und du erst Recht, James.“ Er lächelte Scorpius an und strich ihm zu James‘ Entsetzen über die Wange. „Dir noch einen schönen Valentinstag, Dummerchen.“ Er hauchte einen flüchtigen Kuss auf Scorpius‘ Wange und drehte sich dann mit einem Winken um, James‘ ärgerlichen Blick ignorierend.

Es war kalt auf den Ländereien. Der Schnee war noch nicht ganz geschmolzen, besonders nicht hier oben in Schottland, aber die frostigen Temperaturen waren immer irgendwie angenehm gewesen, als er bei Draco hatte sein können. So ganz alleine den Weg zur Eulerei zu gehen behagte ihm nicht. Er wollte Draco an seiner Seite. Wollte die leicht schnarrende Stimme hören, die ihm so verworrene Geschichten Stückchenweise servierte. Wollte wissen, wie viele Menschen mit dem Namen William Draco kannte…

Louis blieb auf der Treppe der Eulerei stehen und drehte den Kopf, warf einen langen Blick über die Baumwipfel des Verbotenen Waldes. Es wurde bereits dunkel und wenn er wüsste, wo genau Draco jetzt war, dann könnte er den Zeitunterschied berechnen. Vielleicht hatte Valentinstag bei ihm ja gerade erst angefangen und Louis‘ Geschenk kam nicht viel zu spät. Aber wirkte er dann nicht zu übereifrig?

Und er konnte ja schlecht in einem Brief fragen, ob Draco mal mit seinem Vater geschlafen hatte. Das war auch viel zu absurd. Das konnte einfach nicht sein. Tief durchatmend setzte Louis sich wieder in Bewegung. Er musste ganz unauffällig versuchen herauszufinden, ob es wirklich so absurd war, sonst ließ ihm das keine Ruhe.

Verheiratet. Draco hatte gesagt, sein William wäre verheiratet gewesen. Louis‘ Eltern waren seit über fünfundzwanzig Jahren miteinander verheiratet.

Louis presste sich eine Hand gegen seine plötzlich pochende Stirn. Sein Herz schmerzte sowieso ununterbrochen und jetzt auch noch sein Kopf, weil er nachzudenken versuchte. Er steigerte sich da sicherlich in etwas rein. Sein Vater war nicht so jemand. Familie ging ihm über alles

Familie, ja, aber nicht irgendeine dämliche Affäre. Es war irgendwie plausibel, dass er etwas haben wollte, wo er sich hinflüchten konnte, damit er Aggression und Frustration loswerden konnte, und somit weiterhin in der Lage war den Muster-Papa zu spielen.

„Nein, kompletter Schwachsinn.“ Louis fuhr sich fahrig durch die Haare, steckte die Finger in den Mund und pfiff kurz, damit seine Eule endlich ihren Hintern auf seine Schulter bewegte.

James hatte ihm das eingeredet, aber nur deswegen durfte er jetzt nicht anfangen genauso konfus zu denken. Ein Name. Was war denn schon ein Name? Sein Vater hasste es, wenn man ihn William nannte. Louis konnte sich überdeutlich daran erinnern, wie oft er eine Ohrfeige kassiert hatte, weil er in seiner Pubertät nicht hatte aufhören können, seinen Vater damit in den Wahnsinn zu treiben.

Eine Feder segelte zu ihm herunter, als seine Schneeeule sich endlich auf seine Schulter setzte. Louis streckte die Hand aus und fing die blütenweiße Feder auf, betrachtete sie einen Moment, bevor er den Zauberstab zückte. Jetzt könnte er Teddy wunderbar beweisen, dass er in Verwandlungen nicht aufpassen musste, aber er wenn er seinem Lehrer eine Rose schickte, dann würde James wieder seinen verschwörerischen Blick aufsetzen und das wollte er gerne vermeiden.

Louis lächelte bei dem Gedanken daran und seine sich bessernde Stimmung wirkte sich auch auf das Produkt aus. Der Kiel der Feder wurde grün, wuchs und wollte Dornen bilden, was Louis aber nicht zuließ, stattdessen konzentrierte er sich darauf, dass die Fahne sich in wunderschöne, bauchige blutrote Blüten verwandelte.

Eine Rose. Er hatte sie ganz alleine gemacht und sie war sicherlich nicht zu viel.

„Perfekt.“ Louis kramte Pergament und Feder aus seiner Tasche und setzte sich auf die Fensterbank, schrieb nur eine kurze Nachricht, damit Draco sich auch ja nicht bedrängt fühlte. „So…“ Das Pergament faltend band Louis es zusammen mit der Rose an das Eulenbein und stand wieder auf. „Beeil dich ein bisschen, okay?“ Liebevoll strich er über das weiße Gefieder und ließ seine Eule dann fliegen, schaute ihr nach, bis er sie hinter den schneebedeckten Berggipfeln nicht mehr erkennen konnte.

Es war dunkel und kalt, aber der Gedanke, dass er Draco vielleicht irgendwo gerade den Tag versüßte, entzündete ein kleines Feuer in seinem Brustkorb. Der Rückweg war so gleich viel angenehmer und forderte vor allem seine Phantasie, als er versuchte sich Dracos Gesichtsausdruck vorzustellen. Er war so nervös wie schon lange nicht mehr in seinem Leben, aber er wollte es nicht rückgängig machen.

Dafür bereute er umso mehr jeden Gedanken an seinen Vater.

Wenn Draco ihn nur benutzte…

Nein… Er hatte Emotionen die Eisschicht in Dracos Augen schmelzen lassen sehen. Draco hatte Gefühle für ihn. Sicherlich nicht so starke wie Louis, aber…

Und wenn Draco ihn für viel primitivere Zwecke benutzte, als er sich gerade ausmalte? Wenn er nicht mehr war, als ein hübscher Bettwärmer?

Louis‘ Schritte verlangsamten sich. Das Licht des Schlosses reichte nicht um seine nähere Umgebung zu erleuchten, aber Louis fühlte sich immer schon im Dunkeln wohler. Vor allem, wenn er gerade realisierte, was er für einen verflucht großen Fehler gemacht hatte. Er war nie mehr als ein Betthäschen gewesen und jetzt ging er Draco mit so einer Gefühlsduselei auf den Keks.

Was hatte dieser Tag nur aus ihm gemacht? Als ob er jemals mit einer Rose eine ähnliche Reaktion wie James mit seinem Herz bei Scorpius auslösen könnte. Das gute Gefühl war bis auf den letzten Rest verschwunden und dementsprechend schleppend bewegte er sich vorwärts.

Er war komplett durchgefroren, als er die Große Halle erreichte und sich neben Fred setzen musste, weil Scorpius natürlich neben James saß – oder besser gesagt schon fast auf James.

„Hab dir Pudding aufgehoben“, murrte Fred und schob Louis eine Schale vor die Nase. „Hast du genug geknutscht?“

„Ich hab gar nicht… Ach, vergiss es…“ Louis steckte den Löffel in seinen Pudding und rührte darin herum, warf einen Blick zu James und Scorpius, die ihn nur halb bemerkten. Genauer gesagt bemerkte Scorpius ihn, während James damit beschäftigt war die Größe ihrer Hände zu vergleichen – so oft wie er das tat, sollte er aber mittlerweile wissen, dass Scorpius‘ Hände kleiner waren.

„Du siehst blass aus“, sagte Scorpius und legte besorgt die Stirn in Falten. „Und deine Lippen sind ganz blau.“

„Das ist der Beweis dafür, dass ich sicher nicht rumgeknutscht habe, Fred.“ Louis lehnte sich zu seinem Cousin und deutete auf James. „Die von James dagegen sehen aus, als hätte er wiedermal Lilys Lippenstift benutzt.“

Dieser Kommentar schreckte James auf und er wollte sich sofort rechtfertigen: „Das war Lippenbalsam. Der schimmerte eben nur rosa.“

Louis‘ Löffel drehte eine Runde nach der anderen in seinem Pudding, während er die anderen Tische absuchten. Hier und da blickte jemand verlegen auf seinen Teller, als er dabei ertappte wurde, Louis angestarrt zu haben. Besonders heute war es kaum auszuhalten, wie er voller Hoffnung angegafft wurde. So viele Menschen würden sich für ein Date mit ihm duellieren und Draco könnte es freiwillig haben, wollte aber nicht mehr Zeit als nötig mit ihm verbringen.

Louis lächelte und winkte Towler am Hufflepuff-Tisch zu, den James so gerne als seinen Stalker bezeichnete. Er wusste noch nicht so genau, wie er seinen Valentinstag jetzt ausklingen lassen wollte. Vielleicht nahm er lieber etwas Neues, damit er mehr Abwechslung hatte, die ihn ablenken würde. Towler war schon so durchgelegen. Aber wirklich in der Stimmung für ein Mädchen und das dazugehörige Drama, nachdem er ihr ihren Valentinstagswunsch erfüllt hatte, war er auch nicht, also…

„Aber er hat deine Lippen ganz weich gemacht.“ Die anderen beschäftigten sich immer noch mit James‘ Vorliebe für Lippenbalsam, aber erst Scorpius‘ sanfte Stimme bekam seine Aufmerksamkeit. Die rosigen Lippen, die sich zu einem Lächeln formten, als James gegen sie stupste, und die rötlichen Flecken auf den blassen Wangen erinnerten ihn haargenau an Draco in dem erschöpft aber glücklichen Moment, bevor er nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht eingeschlafen war.

„Solange du sie dann länger küssen willst, würd ich sogar Lippenstift tragen“, raunte James gegen Scorpius‘ Lippen, die sich verführerisch öffneten, als er daraufhin lachen musste. Scorpius lehnte sich leicht zurück, bevor James seinem Mund zu nahe kam, und grub blendendweiße Zähne in seine Unterlippe. Louis musste den Blick abwenden und die Augen fest schließen, damit er nicht auf dumme Gedanken kam.

Ausgerechnet Scorpius so anzusehen… Nein, so tief war er noch nicht gesunken. Er würde Scorpius nicht als Ersatz für Draco missbrauchen.

„Mann, ey…“ Fred rammte ihm den Ellenbogen in die Seite, worauf Louis sich zu ihm drehte und ans Ende des Tisches lugte. „Dieser Fiesling von vorhin glotzt dich ununterbrochen an, Lou. Voll nervig, oder?“

„Jaah…“ Louis grinste leicht. „Ja, extrem nervig. Wie war sein Name nochmal? Liam?“

Fred kratzte sich an der Schläfe, dachte sich aber nichts dabei, als er nickte. „Roxy stand mal auf den, glaub ich, aber na ja, er ist eben… nicht interessiert an Mädchen.“

„Er ist eben interessiert an mir.“ Sich langsam mit der Zunge über die Lippen fahrend musterte Louis sein Zielobjekt, war aber nicht genug abgelenkt, um die bohrenden Blicke seiner Freunde zu spüren. „Was?“, fragte er James, der Scorpius‘ Hand ziemlich fest quetschte, als er seine Wut auf Louis zu unterdrücken versuchte.

„Der wollte eben meinen Scorpius vergewaltigen und jetzt belohnst du ihn dafür?“ James räusperte sich und drehte sich hastig zu Scorpius, der ihn aus großen Augen schockiert ansah. „Er hat dich angefasst und er ist schwul – natürlich wollte er dich hinter die nächste Säule ziehen und… Ich will gar nicht dran denken. Du bist zu niedlich für diese gefährliche Schule.“

Fred gluckste amüsiert über James‘ dramatisches Seufzen, während Scorpius dafür tatsächlich leicht gegen James‘ Wange schlug, die Hand aber liegen ließ und zärtlich über die erhitzte Haut strich, als er sich Louis zuwandte.

„Du… Du willst…“ Scorpius ließ die Hand in James‘ Nacken fahren und deutete über die Schulter seines Freundes auf Louis‘ Opfer. „…den… ähm… abschleppen?“

Louis zuckte leicht mit den Schultern. „Sieh es als Rache. Ich werde ihn benutzen, weil er dich belästigt hat“, sagte er und schaute zu James. „Ist es dann in Ordnung?“

„Das ist nicht in Ordnung“, mischte Scorpius sich hastig ein, die freie Hand auf den Tisch legend und sich zu Louis vorlehnend. „Du… Du magst doch jemand anderen. Nicht den da, oder?“

„Deswegen muss ich ja nicht gleich deinen Keuschheitsgürtel anprobieren. Der passt mir nicht“, schmunzelte Louis und schüttelte den Kopf, als Scorpius zu schmollen begann.

„Ich find das auch nicht so gut“, murmelte Fred und grinste schief, fühlte sich merklich unwohl, als Louis ihn entsetzt fixierte. „Na, hör mal… Ich weiß zwar nicht, wen du magst, aber niemand findet es toll, wenn du dich weiterhin durch die Betten rollst. Da nimmt dich doch keiner mehr ernst.“

„Ein Tipp von der Jungfrau in Sachen Liebe, das nehm ich mir sicherlich zu Herzen“, sagte Louis augenrollend und mit schneidendem Sarkasmus, der Fred auch richtig verletzte. Das hatte er jetzt nicht gewollt. Aber genauso wenig wollte er sich reinreden lassen. Draco war es doch egal, wie und vor allem mit wem er sich die Zeit vertrieb.

„Mann, jetzt lasst ihn doch“, bekam er tatsächlich Unterstützung von James, der dafür wiederum einen entgeisterten Blick von Scorpius kassierte. „Wenn er Ablenkung braucht, dann –“

„Ablenkung?“ Scorpius schüttelte den Kopf. „Das ist doch keine Ablenkung. Das ist etwas Besonderes zwischen zwei Menschen, die zumindest Gefühle füreinander haben sollten. Und dieser Junge mag dich doch, Louis. Du kannst das nicht ausnutzen.“

„Doch.“ Und ganz sicher würde er es sich nicht von Scorpius ausreden lassen. „Außerdem solltest du nicht so tun, als wäre Sex dir wichtig, wenn du deinen Freund nicht ranlassen willst. Oder hast du gar keine Gefühle für James?“

Scorpius schnappte überrascht nach Luft, öffnete den Mund und schaute zu James, der abwehrend die Hände hob und sich abwandte, damit er nicht noch einmal seine Meinung sagen musste. „D-Doch… aber… ich…“

„Scorpius, jetzt stell dich nicht so an. Sex ist Spaß, mehr nicht.“ Louis seufzte auf. „Na ja, und überlebensnotwendig, aber das hat absolut nichts mit Liebe zu tun. Liebe ist dafür viel zu schwer zu definieren. Es gibt schon so viele Arten von Liebe. Romantische oder platonische Liebe, um die populärsten Formen zu nennen… und vielleicht solltest du mal darüber nachdenken, ob deine Gefühle für James nicht eher platonisch sind, wenn du gar kein Bedürfnis nach intimer Nähe hast.“

Scorpius‘ Augen wurden so groß, dass man jedes geplatzte Äderchen und die kleinen Tränchen auf der grauen Iris glitzern sehen konnte. „Ich…“ Er drehte den Kopf langsam zu James und schluckte hart, als er einem herausfordernden Blick ausgeliefert war. „Das ist nicht… James, das stimmt nicht.“

„Jaah, du hast natürlich einfach so kein Valentinstagsgeschenk für mich.“ James verschränkte schmollend die Arme vor der Brust und ließ sich auch nicht davon beeindrucken, dass Scorpius verzweifelt an seinen Armen zog.

Louis hatte das auch nicht gewollt. Er stand richtig neben sich, heute. Es war besser, wenn er sich schnell abreagierte, bevor er noch allen anderen den Valentinstag ruinierte.

„Das stimmt auch nicht, James. Ich hab… Ich hab extra für dich…“ Scorpius wurde puterrot im Gesicht und senkte den Blick. „Ich hab doch was für dich.“

„Ach, und wo?“ James löste langsam die Verschränkung seiner Arme und seine Mundwinkel zuckten verräterisch, als Scorpius so schnell wie möglich seine Hand griff. Vielleicht war es doch nicht so schlecht, dass Louis mal ausgesprochen hatte, was James sich nicht zu sagen traute. Jedenfalls verließen Scorpius und James wenigstens Hand in Hand die Große Halle.

Fred stöhnte auf. „Toll, jetzt muss ich stundenlang im Gemeinschaftsraum alleine rumhängen, weil alle irgendwen abschleppen…“

„Dafür kriegst du meinen Pudding“, sagte Louis und schob die Schale zu Fred, der augenblicklich wieder glücklicher aussah. „Und ich bin rechtzeitig wieder da, um dir Gesellschaft beim Zeitvertreiben zu leisten – sollte das notwendig sein.“

„Na ja, wie du meinst…“ Fred grinste immer noch sehr steif, anscheinend wirklich nicht angetan von Louis‘ Einstellung. „Viel Spaß.“

„Warten wir’s ab…“ Louis winkte und bekam noch Freds überraschten Gesichtsausdruck mit, als er auf den Ausgang der Großen Halle zusteuerte und nicht zu irgendeinem Kerl. Sobald er draußen war lehnte er sich mit dem Rücken gegen die Wand und atmete tief durch. Bei seiner schmerzenden Brust war das keine gute Idee. Die Luft schien seine Lungen regelrecht zu zerschneiden und dicke Knoten in seinem Hals blockierten seine Luftröhre.

Louis presste eine Hand vor Augen und Stirn, versuchte einen Moment lang wieder klar im Kopf zu werden. Seine Gedanken wirbelten durcheinander, als würde ein Tornado in seinem Schädel toben. Vielleicht hatte er gar nichts falsch mit einer unbedeutenden Rose gemacht. Draco würde das vielleicht amüsant oder niedlich finden, aber ihn nicht gleich komplett abschießen, weil er dachte, dass Louis ihn irgendwann dazu bringen wollen würde, seine Frau zu verlassen.

Aber so wie er Draco kannte, würde der sich das schlimmste Szenario perfekt ausmalen. Und damit hatte er also wirklich alles ruiniert.

Louis seufzte schwer auf und fuhr sich frustriert durch die Haare, stieß sich gerade von der Wand ab, als jemand ihn am Arm fasste.

„Hey, Louis.“ Towler drängte ihm genau dieses Lächeln auf, das James immer dazu brachte, ihn fast zu verprügeln. „Gut, dass ich dich noch erwische. Wollt ich dir eigentlich schon früher geben, aber… na ja, Potter macht mir ein bisschen Angst…“

„Towler…“ Louis schüttelte den Kopf, als der Hufflepuff in seine Tasche griff. Noch mehr Pralinen oder schlechte Gedichte wollte er einfach nicht. Er war zu der Entscheidung gekommen, dass er Valentinstag nicht ausstehen konnte. Der Tag versetzte einen in diese merkwürdige romantische Stimmung und hatte ihn so dermaßen durcheinander gebracht, dass er alles falsch gemacht hatte, was man falsch machen konnte. „Ich hab dir schon letztes Jahr gesagt, dass ich…“

„Dass du nicht auf diese kitschige Scheiße stehst, ja, ja…“ Towler zückte stattdessen ein mäßig verpacktes Geschenk, das höchstwahrscheinlich ein Buch war. Auf jeden Fall praktischer, als Haufenweise Schokolade. „Ich hab’s nach der Arbeit bei Flourish & Blotts gefunden. Flint hat mir nur einen Vorschuss gegeben, weil gerade ein Freund von ihm da war. Er ist immer so ungerne geizig, wenn Malfoys Vater da ist – kennst du, oder?“

Louis musste an Weihnachten denken, als er das erste Mal wirklich mit Draco hatte sprechen können und das ausgerechnet in der Bar, in der sein Lieblings-Hufflepuff arbeiten musste. Dass der Besitzer ein Freund von Draco war, wusste Louis, auch wenn er nicht verstand, wie jemand wie Draco Malfoy sich mit so einem Troll-Verschnitt abgeben konnte.

„Warte… heute?“ Louis ignorierte, dass Towler ihm immer noch sein Geschenk hinhielt. „Hast du heute gearbeitet?“

Towler schluckte hart, schaute sich kurz um, bevor er sich vorlehnte. „Nicht so laut. Du weißt, dass ich rausfliege, wenn die mitkriegen, wie oft ich unerlaubt das Schulgelände verlasse.“

„Ja… Sorry…“ Louis lächelte, bis Towler nicht anders konnte, als das zu erwidern. „Du hast aber heute gearbeitet, oder?“ Wenn Draco heute seinen alten Freund besucht hatte, dann war er ja gar nicht so weit weg und hätte sich sicherlich mit Louis treffen wollen, wenn er mehr als ein bisschen Interesse an ihm hätte. Hatte er also eindeutig nicht.

„Ist Valentinstag. Da ist eine Menge los…“ Towler nickte. „Ähm…“ Etwas unwohl trat Towler von einem Fuß auf den anderen und schien in Betracht zu ziehen, dass Louis ihn jetzt sofort verpetzen würde. „Du weißt, dass ich das Gold brauche, oder? Ich würde sonst nicht…“

„Ich weiß, dass du furchtbar darunter leidest, ständig die Regeln zu brechen.“ Grinsend steckte Louis das Geschenk in seine Schultasche und strich Towler das dunkle Haar aus der Stirn. Nicht so perfekt schwarz wie das von James, aber eben dunkel und auf jeden Fall mehr sein Geschmack. „Und dann gibst du dein Gold für mich aus. Wirklich, Towler…“

„Du weißt, warum.“ Wenn die überdeutlichen Herzchen in Towlers Augen es nicht sagen würden, dann könnte Louis sich vielleicht einreden, dass er ein Buch geschenkt bekam, weil er gerne las. „Ich…“

Louis beugte sich vor und unterbrach Towler mit seinen Lippen, küsste ihn nur ganz kurz. „Ich weiß“, hauchte er mit einem Grinsen, das sich wie eine Maske auf seinem Gesicht anfühlte. „Wie wär’s, wenn ich mich wenigstens ausgiebig revanchiere, hm?“ Er suchte Towlers Hand und umklammerte sie fest, drehte sich um, sobald er sich das Nicken angetan hatte.

Etwas in ihm sträubte sich dagegen Towler durch das halbe Schloss zu ziehen in der Hoffnung, dass der Raum der Wünsche nicht von irgendjemanden besetzt worden war. Dieses Etwas fing sogar richtig an zu schreien und protestierte in Form seines Herzens, das unangenehm schnell und heftig gegen seinen Brustkorb schlug.

Von da an hätte es jeder sein können, den er in irgendeinen genauso unwichtigen Raum stieß, um sich auf eine ganz primitive Art und Weise abzulenken. Mit jedem Kleidungsstück, das er verlor, drifteten seine Gedanken mehr und mehr zu Draco, schienen durch die wie einstudiert wirkenden Bewegungen in eine verstörend perfekte Ordnung zu kommen.

Ein anderer Körper unter ihm, über ihm, auf den Knien und nur nicht mit dem Gesicht zu ihm, da fühlte er sich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder wohl und konzentriert. Er war auch geschaffen dafür, andere Menschen Dinge fühlen zu lassen, die sie nie wieder etwas Besseres finden lassen würden.

Und genau das war der Grund, warum sein Vater niemals jemand anderen als seine Mutter brauchen würde. Er hätte sie niemals verlassen. Erst Recht nicht für einen Jungen, der sicherlich fürchterlich geklammert hatte, weil er kurz nach dem Krieg mit allerlei Antipathien zu kämpfen hatte. Da hätte es Draco auch nichts ausgemacht, dass das Gesicht von Louis‘ Vater aussah, als wäre jemand mit einem Rasenmäher darüber gefahren.

Es passte perfekt. Nun, jedenfalls, wenn er sehr weit in einige Richtungen dachte, aber er konnte relativ schnell auf einen verdächtig richtig wirkenden Pfad kommen.

Und der würde bedeuten… dass er nicht mehr als Dracos Rache war.

Dracos Zuneigung, die sich manchmal so erzwungen anfühlte, würde dann wenigstens plausibel erscheinen.

Tränen prickelten in Louis‘ Augen, als er ohne zu blinzeln in die Dunkelheit starrte, neben sich einen schlafenden Jungen, der genauso benutzt worden war wie er, und ihm auch noch genauso ehrliche Gefühle entgegenbrachte wie er Draco.

Ob Draco sich hinterher genauso schmutzig gefühlt hatte?

Louis‘ Haut war mit einer unangenehmen Gänsehaut überzogen, als er seine Sachen einsammelte und sich klammheimlich davon machte, nicht einmal einen Blick zurück auf seinen Fauxpas werfend. Im Nachhinein kam ihm das alles vollkommen surreal vor. Seine Gedanken waren plastischer, als das Körperliche.

Die Korridore waren leer und dunkel, nicht einmal, als Louis sich seinen Weg zum Gemeinschaftsraum bahnte, zündeten die Fackeln sich an, ganz so, als würden sie ihn gar nicht wahrnehmen. So viele Gedanken waren eben noch in seinem Kopf gewesen und jetzt schien er komplett leer gefegt zu sein.

Der Gemeinschaftsraum war nicht ganz leer. Fred war auf der Couch eingeschlafen, schnarchte vor sich hin und zitterte leicht, weil das Kaminfeuer lange erloschen war. Louis beschwor eine Decke zu sich und legte sie über seinen Cousin, bevor er sich auf die Armlehne der Couch setzte, auf die nur noch schwach glühenden Kohlen schauend. Das Schwarz hatte sich weißgrau verfärbt und war durchzogen von feuerroten Rissen, ein Anblick, der Louis schon wieder an Draco erinnerte. Aber irgendwie erinnerte ihn alles an Draco.

Er durfte nur nicht zulassen, dass seine Gefühle ihn zu sehr verwirrten. Für heute war das einfach alles zu viel. Er würde morgen darüber nachdenken, wie er Draco dafür zahlen lassen würde, ihn nur benutzt zu haben. Und natürlich würde er seinem Vater heimzahlen, dass er alle Ideale verraten hatte, die er seinem Sohn immer einzutrichtern versuchte. Ja, dann hatte Bill vielleicht Bedürfnisse gehabt, die seine Frau und Familie ihm nicht erfüllen konnten, hatte sich damals vielleicht schon genauso fehl hinter einem Schreibtisch gefühlt wie jetzt und nur ein bisschen Risiko, Abwechslung oder Freiheit gesucht, aber all das war kein Grund einem zehn Jahre jüngeren Mann, der vielleicht noch eine Zukunft gehabt hätte, derartig das Herz zu brechen, dass es nie wieder repariert werden konnte.

Aber genauso wenig war das ein Grund für Draco, dasselbe mit Louis zu machen.

Louis ballte die Hände schmerzhaft fest zu Fäusten und spürte wie sich seine Fingernägel tief in sein Fleisch gruben, hätte sicherlich mehr als ein paar halbmondförmige Abdrücke hinterlassen, wenn ein Klopfen ihn nicht abgelenkt hätte.

Die Stirn runzelnd schaute er sich um und blieb am Fenster hängen, bemerkte überrascht, dass seine Eule mit dem Schnabel gegen die Scheibe piekte. Louis öffnete das Fenster und ließ die Eule herein, damit er ihr den Brief und die Rose vom Bein binden konnte. Zuerst dachte er, dass die Blütenblätter nur aufgrund der Dunkelheit schwarz wirkten, aber als er mit dem Zauberstab Licht entzündete, wurde ihm klar, dass er sich da geirrt hatte.

Ein bitteres Lächeln legte sich auf seine Züge und er ließ seine Eule wieder wegfliegen, hatte nicht vor, auf diese offensichtliche Abfuhr zu antworten. Seine Rose schwarz zu färben war mehr als deutlich. Dracos Gefühle waren nicht einmal dabei zu Liebe zu werden und jetzt versuchte er ihn mit der lockeren Affäre zu halten, aber da unterschätzte er Louis Weasley gewaltig.

Fred gab ein lautes Schnarchen von sich, worauf Louis lieber nach oben in den Schlafsaal ging, neugierig, was Fred wohl unten gehalten hatte.

Als er die Tür öffnete, klappte ihm fast der Mund auf. Scorpius hatte sich wirklich Mühe gegeben, den Schlafsaal romantisch herzurichten. Wann und wie er das gemacht hatte, blieb wohl sein Geheimnis und das beeindruckte Louis am meisten. Er hätte das merken müssen, aber anscheinend hatte Scorpius auch ein paar unentdeckte Talente, die ihm erlaubten, hunderte Rosenblätter und Kerzen ungesehen hier hoch zu schmuggeln – oder er hatte Hilfe gehabt. Vielleicht sogar von Fred oder James‘ Geschwistern, letzten Endes war das auch egal.

Die Kerzen waren heruntergebrannt und die romantische Atmosphäre verflogen, aber die Vorhänge von James‘ Bett waren nicht zugezogen, sodass das Resultat sehr offensichtlich zu begutachten war und Louis eine große Portion Neid spüren ließ. Friedlich aneinander gekuschelt lagen sie da, James mit dem Arm fest um Scorpius geschlungen, der wiederum das Gesicht in James‘ Halsbeuge vergraben hatte. Louis konnte nicht anders, als sie einen Moment zu beobachten, bevor er die Vorhänge mit einem Wink seines Zauberstabes schloss und sich auf sein Bett setzte, Rose und Brief neben sich werfend.

Wollte er sich jetzt wirklich so kalte Worte antun?

Louis, du hattest mir doch kein Drama versprochen.

Louis, du bist genauso ein klammerndes Etwas, wie ich geahnt habe.

Louis, du bist nicht dein Vater und ich werde dich nie lieben können…


Die Beine in den Schneidersitz ziehend zog Louis sich die Robe wieder über den Kopf, fühlte sich auch von seinem Hemd eingeengt und warf es auf den Boden, wo er eine grün-silberne Krawatte aufblitzen sah. Es war wenigstens gut für James und Scorpius, wenn er Draco einfach nicht wiedersah. Noch hatte er wenigstens nicht genügend Beweise, als dass er seinen Vater nie wieder würde ansehen können, also war es das Beste, jetzt jeglichen Kontakt abzubrechen.

Louis‘ Blick fiel trotzdem immer wieder auf das teure Pergament. Draco musste – wenn vielleicht auch nur für einen Tag – wieder zu Hause gewesen sein, sonst wäre die Eule nicht so schnell gewesen, aber Louis hätte sich gewünscht, dass sie nie mit einer Antwort zurückgekommen wäre.

Erneut seufzend griff er den Brief und öffnete ihn vorsichtig. Das Pergament roch nach Draco, war vielleicht das Blatt, das er immer mit sich herumtrug, für Notizen oder eben um schmerzhafte Abfuhren formulieren zu können, wo immer er sich befand.

Erneut brannten seine Augen, als er sich den Zeilen stellte, die in einer geraden, schwungvollen Schrift darauf warteten, ihm die Bruchstücke seines Herzens zu zertreten.

Louis musste trotzdem schmunzeln, als er wenigstens in der Anrede ein bisschen Liebe geschenkt bekam.

„Lieber Louis…“ Er ließ es richtig über seine Lippen rollen, stellte sich vor, wie es wohl klingen würde, wenn Draco ihm diesen Brief vorlesen würde. „Ich hatte gehofft, dass du…“ Louis runzelte die Stirn, rieb sich über die Augen, als er nicht fassen konnte, was er da gerade las. „Ich hatte gehofft, dass du dich melden würdest, hätte mir aber gewünscht, dass deine Eule schneller gewesen wäre. Zufälligerweise war ich nämlich zu Hause… Hab ich’s mir doch gedacht.“

Enthusiastisch rutschte Louis nach hinten an sein Kopfende und lehnte sich gegen sein Kissen, las selbst mit vom Grinsen schmerzenden Wangen weiter: „…und hätte ehrlich gesagt nichts gegen ein kurzes Treffen einzuwenden gehabt.“ Louis versuchte die nächsten Worte auszusprechen, aber sie klangen so unwirklich, waren sicher nicht ernst gemeint.

Draco vermisste ihn.

Das konnte nicht sein. Ein Brief voller Lügen, mehr war das nicht.

Louis‘ Grinsen verschwand allmählich, zog aber wieder an seinen Mundwinkeln, als er weiterlas: „Über Gefühle zu reden fällt mir – wie du sicherlich gemerkt hast – sehr schwer. Darüber zu schreiben ist etwas anderes, aber weil so etwas schnell kitschig enden kann…“ Louis atmete tief durch, versuchte die Erinnerung an die wenigen Liebesbriefe, die er einmal in seinem Leben geschrieben hatte, zu verdrängen. Weil der Zufall und das Schicksal ihn gleichermaßen hassten, hatte Teddy die natürlich in die Finger bekommen und sich jahrelang darüber lustig gemacht. In der Hinsicht konnte er Draco auf jeden Fall verstehen.

Louis räusperte sich, las aber nur in einem Flüsterton: „…habe ich lieber an deinem Präsent herumgespielt. Sei lieb zu den Blüten und sie zeigen dir, was du mit mir gemacht hast.“

Den Brief sinken lassend griff Louis nach der Rose, strich sanft über die schwarzen Blüten, aber nichts passierte. Lieb sein… Wie sollte er das denn interpretieren? Louis schaute vorsichtig zu James‘ Bett, hörte und sah aber nichts, weshalb er sich vorlehnte und die Lippen sanft gegen die weichen Blüten presste.

Als er sich zurücklehnte konnte er im Licht seines Zauberstabes beobachten, wie das Schwarz sich langsam wie Tinte seinen Weg nach innen bahnte und dabei die blutrote Farbe zurückließ, die Louis vor einigen Stunden erzeugt hatte. Nur schien sie irgendwie mehr zu leuchten und Louis konnte nicht anders, als zu lächeln. Die Augen schließend sog er den lieblichen Duft der Rose ein und stellte sich vor, dass Draco genau dasselbe getan hatte, als er Louis‘ Valentinstagsgeschenk bekommen hatte.

Jeder schlechte Gedanke wurde von dem Rosenduft vertrieben, der sich bis in jede Zelle seines Körpers auszubreiten schien und eine kribbelnde Glücksspur hinterließ. Seufzend hob Louis mit der Rose immer noch in einer Hand den Brief wieder hoch und gluckste amüsiert bei den nächsten Zeilen:

„Ich gehe davon aus, dass du meine kleine Metapher verstehst, erklären werde ich sie genauso wenig, wie du mir erklärt hast, warum du keine richtige Rose genommen hast, sondern eine Feder. Ein Teil von mir möchte es darauf schieben, dass du einer von diesen Teenagern bist, die ständig pleite sind, aber andererseits gefällt mir die unterschwellige Botschaft, die ich dort hineininterpretiere, zu gut, als dass ich sie ignorieren könnte.“ Louis lachte leise auf und schüttelte den Kopf. „Wenn du dir nichts dabei gedacht hast, dann hast du genügend Zeit, dir noch einen tieferen Sinn zu überlegen, falls ich dich in zwei Wochen danach fragen werde.“

Louis liebte diesen Brief. Das war nicht sein erster Liebesbrief und vielleicht ging er auch nicht als solcher durch, aber gerade das gefiel ihm so sehr. Zu oft hatte er lesen müssen, wie er jemandes Welt zum Stillstehen brachte und Atemstillstände verursachte, da bedeutete es ihm viel mehr, so bildlich veranschaulicht zu bekommen, dass er Draco wieder zeigte, wie schön Liebe sein konnte – außer er interpretierte es falsch, wenn er eine schwarze Rose wieder rot färben konnte.

Die erneute Versicherung, dass Draco ihn vermisste, am Ende des Briefes, las Louis sich unzählbare Male durch. Valentinstag war der schönste Tag im Jahr, wenn man dann sogar Draco Malfoy dazu bekam, solche Worte zu formulieren. Wie war er bloß auf den Gedanken gekommen, dass Draco ihn nur benutzte? Er hatte sich extrem lose Fakten so zusammengesetzt, damit das Puzzle ein vollkommen falsches Bild ergab.

Vielleicht wollte er sich nur einreden, dass Draco einen solchen Grund haben musste, ihm nahe kommen zu wollen. Er hatte immer Probleme damit gehabt, wirklich zu akzeptieren, dass jemand ihn wegen anderer Qualitäten als seinem Äußeren schätzen könnte, aber Draco wollte ihn, weil er ihn wieder glücklich machte. Nach all dem Leid, das ihm in seinem Leben zugestoßen war, würde er doch nicht ernsthaft seine Tage damit verschwenden, irgendeine perfide Rache zu planen.

Den Brief dicht an seine Brust gepresst legte Louis sich hin, die Rose auf seinen Nachttisch legend, sodass er sie im Blickfeld hatte, sich aber nicht im Schlaf versehentlich auf sie rollen würde.

Außerdem hatte er das Offensichtliche vollkommen außer Acht gelassen. James hatte seinen Vater vielleicht einmal mit einem anderen Mann gesehen, aber das war vor zwei Jahren gewesen. Ein einziges Mal. Dracos letztes Mal schien viel länger her gewesen zu sein, sonst wäre es schwieriger für Louis gewesen. So reagierten sonst nur hormongesteuerte Teenager ohne Willensstärke auf ihn – oder eben Menschen, die lange einen ähnlich engen Keuschheitsgürtel wie ihr Sohn getragen hatten.

Louis‘ Lächeln verschwand bei dem Gedanken an hormongesteuerte Teenager – so wie er einer war. Ein Schaudern durchfuhr seinen Körper, als er sich daran erinnerte, was für ein Arschloch er war. Sein Draco saß irgendwo am Fenster und versuchte nicht allzu offensichtlich schmachtend in die Nacht hinaus zu starren, und er suchte sich sogar jemanden, mit dem er eine widerlich intensive Nummer schieben konnte. Gut, Draco schmachtete ihm sicher nicht nach, aber sehnte sich nach ihm, so wie Louis es gewollt hatte, und seine eigenen Selbstzweifel trieben ihn dazu verzweifelt einen Grund zu suchen, damit er Draco verachten konnte.

Aber hatte er dazu wirklich keinen Grund? Draco hatte sehr offensichtlich mit ihm spielen wollen. Wieso sollte er das tun, wenn er nicht persönliche Gründe hätte?

Louis setzte sich wieder auf, zog die Knie an seine Brust und schlang die Arme um seine Beine, immer wieder Blicke auf das Pergament auf seiner Matratze werfend. Wieso konnte er das nicht einfach wieder vergessen? Nur weil er bloß einen einzigen William kannte hatte er sich jetzt so ein Gedankenkonstrukt aufbauen müssen, das einfach nicht einstürzen wollte, egal, wie kräftig er daran rüttelte.

Und es war auch noch sehr wahrscheinlich, dass er gerade versuchte, sich davon abzulenken, dass er Dracos Vertrauen in ihn schamlos missbraucht hatte. Wer wusste schon, wie schwer es ihm fiel so offen zu Louis zu sein, ihm solche Dinge zu sagen und zu schreiben, und er suchte sich bei nächstbester Gelegenheit jemand anderen zum Ablenken. Er hätte es verdient, wenn Draco ihn nur benutzen würde, weil er es gar nicht wert war, ehrliche Zuneigung von ihm zu erfahren.

Draco wollte doch einen Neuanfang, wollte noch einmal probieren jemanden zu lieben, und selbst wenn er es selbst noch nicht realisiert hatte, waren die Anzeichen dafür doch offensichtlich. Dafür hatte er jemand besseren als Louis verdient.

Nicht länger in der Lage dazu, einen Schluchzer zu unterdrücken, presste Louis das Gesicht fest gegen seine Knie. Er war so erbärmlich. Er könnte alles haben, was er sich wünschte, und machte es sich selbst kaputt, weil er nicht in der Lage war einfach den Moment zu genießen, ohne einmal groß nachzudenken.

Und jetzt jammerte er sogar so laut, dass er James doch noch seinen Valentinstag ruinierte. Auf die raschelnden Vorhänge folgte ein verschlafenes „Louis?“ und kurz darauf schlurfte James auch schon mit rutschender Hose auf ihn zu, ließ sich neben ihn fallen. Mehr als ein paar heisere Schluchzer bekam er aber nicht für seine Aufmerksamkeit.

James legte eine Hand auf Louis‘ Kopf und zog ihn an den Haaren hoch, sodass er ihn ansehen musste. „Was’n los?“ Die Hand auf Louis‘ Wange fahren lassend wischte James die Tränen weg, was im Nachhinein aber nichts brachte – dafür hatten sich einfach zu viele angestaut. Louis‘ Augen brannten von der salzigen Flüssigkeit, die ohne Unterlass über seine Wangen zu laufen schien.

„Sieh mich nicht… ich… Lass mich in Ruhe…“ Louis vergrub schluchzend das Gesicht in den Händen, nachdem er James‘ Hand unglaublich barsch weggezogen hatte. Es war wohl unvermeidlich gewesen, dass er Scorpius mit seinem Rumgeheule auch noch weckte, aber egal wie sehr er sich dafür vor sich selbst ekelte, er konnte einfach nicht aufhören.

„Hey…“ Scorpius‘ Stimme war ganz heiser und er hatte eindeutig in der Eile James‘ Hemd übergezogen, das ihm viel zu groß war. Louis hatte allerdings kaum Gelegenheit, sich dieses normalerweise putzige Bild lange anzusehen, weil Scorpius schnell die Arme um ihn schlang und ihn an sich drückte. „Ich hab doch gesagt, dass das keine gute Idee war“, murmelte er in Louis‘ Ohr.

Louis warf einen Blick zu James, nahm ihn zwar nur verschwommen aufgrund seiner tränenüberfluteten Augen war, aber wenigstens sah James nicht so aus, als wolle er Louis dafür umbringen, dass Scorpius ihn im Arm hielt. Stattdessen fuhr James sich durch die zerzausten Haare und legte die Hand dann wieder auf Louis‘ Kopf, zog ihn an seine Schulter, während Scorpius sehr beschäftigt seinen Rücken tätschelte.

„Ich wollte doch nur…“ Ein Hickser unterbrach Louis, der dumpf gegen James‘ Schulter nuschelte. „Ich weiß gar nicht mehr, was ich mir gedacht habe. Ich bin so… so…“ Er versuchte tief Luft zu holen, als Scorpius ihm ein beruhigendes „Pscht“ ins Ohr hauchte. So umschlossen von Wärme, Scorpius auf der einen und James auf der anderen Seite, fühlte er sich wie in einer warmen Schale, die ihn vor allem Bösen beschützen würde. „Ich bin verwirrt.“

„Dass das nochmal passiert“, murmelte James, hörbar grinsend, fuhr als Entschuldigung aber tröstend durch Louis‘ Haar. Scorpius schien ihm einen bösen Blick zuzuwerfen, da James sich hastig räusperte und hinzufügte: „Dann bist du wohl wirklich richtig verliebt, ne? Bringt die Liebe nämlich so mit sich.“

„Nein…“ Louis hob den Kopf und schüttelte ihn, wich den teilnahmsvollen Blicken aus. „Ich bin verwirrt, weil ich nicht weiß, ob ich verzweifelt versuche, die Augen vor der Wahrheit zu verschließen, oder ob ich irgendwo hier drinnen glaube, dass ich es nicht wert bin und deswegen versuche, alles kaputt zu machen…“ Er legte die Hand auf seine Brust, spürte den unregelmäßigen, aber heftigen Herzschlag und versuchte durch eine ruhigere Atmung ihn wieder zu verlangsamen.

„Hey…“ Scorpius‘ Hand legte sich auf seine und zog sie von seiner Brust, bevor Louis sein Herz wieder beruhigen konnte. „Reden, Louis. Rede doch einfach mit ihr… oder ihm… Das kannst du doch so gut.“

James seufzte auf. „Ach, Scorpius. Louis redet nur über Dinge, bei denen er sich hundertprozentig sicher ist.“ Ein etwas ramponiert aussehendes Taschentuch aus seiner Hosentasche ziehend wischte James erst Louis‘ Wangen trocken, bevor er es ihm gegen die Nase hielt. „Schnäuzen.“

Louis tat nichts dergleichen, weshalb James nach einer kleinen Ewigkeit aufgab und seine Hand zurückzog. Mit glasigem Blick starrte er zwischen James und Scorpius hindurch, schniefte ab und zu noch, aber als neue Tränen über seine Wangen liefen, blieb er weiterhin vollkommen stumm.

„Willst du uns nicht mehr erzählen?“, fragte James ungewöhnlich sanft. Anscheinend machte er sich ernsthaft Sorgen und schien froh darüber zu sein, dass Scorpius Kuscheltier für Louis spielte und ihn wieder im Arm hielt.

Louis schüttelte leicht den Kopf, worauf James erneut aufseufzte. „Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, dass ihr mich dafür nicht hassen werdet.“

„Unsinn…“ Scorpius schlang die Arme fester um Louis‘ Oberkörper und drückte sich dicht gegen seine Brust.

James akzeptierte diese Umarmung zur Abwechslung einmal ohne komplett auszurasten und nickte zustimmend. „Du kannst mit uns über alles reden“, sagte er, ebenfalls einen Arm um Louis legend. „Und wenn’s mit der großen Liebe nicht klappt, dann haben Scorpius und ich immer noch ein Plätzchen zwischen uns für dich übrig.“

„James…“ Scorpius holte aus und klatschte James gegen den Bauch, versuchte sein Schmunzeln zu unterdrücken. „Also wirklich… Wie unpassend…“

„Ach, und ich dachte, du wärst endlich ein bisschen aufgetaut.“ James‘ Augenbrauenwackeln brachte Louis ganz automatisch zum Lachen und auch Scorpius lächelte schief, nachdem er seine Fassung wiedergewonnen hatte. Grinsend klopfte James Louis gegen die Wange. „Alles wieder gut?“

„Besser. Ein bisschen zumindest.“ Louis umklammerte Scorpius fest und zog ihn an sich. „Für ‚gut‘ musst du mir Scorpius zum Schmusen da lassen.“

Scorpius quietschte dumpf, konnte keine klaren Sätze formulieren, weil sein Gesicht gegen Louis‘ Brust gequetscht wurde.

„Ich finde ‚besser‘ schon ausreichend.“ James griff Scorpius‘ Hüfte und zog ihn wieder zu sich, schien aber lockerer mit der Situation umgehen zu können, als man es von ihm gewohnt war. Scorpius‘ Valentinstagsgeschenk schien eine extra große Portion Sicherheit für James beinhaltet zu haben. „Aber wenn du nicht schlafen kannst…“ Er nickte zu seinem Bett. „Wir sind ganz in der Nähe.“

Louis zog anzüglich eine Augenbraue nach oben. „Ein Angebot?“

„Nein!“ Scorpius schien das zu viel zu werden und er schüttelte heftig den Kopf, brachte sowohl James als auch Louis zum Lachen. „Ihr seid so pervers…“

„Deswegen liebst du mich so…“ James drückte einen dicken Schmatzer auf Scorpius‘ Scheitel und schlang seine Arm so fest um Scorpius‘ Hüfte, dass er ihn hochheben konnte. „Wir lassen dich schlafen.“

Scorpius klammerte sich mit Armen und Beinen an James und winkte Louis über die Schulter seines Freundes, als der ihn zurück ins nebenan liegende Bett trug. „Schlaf gut, Louis. Und überleg dir das mit dem Reden. Macht alles viel unkomplizierter.“

„Dann hast du noch nie mit Louis geredet“, gluckste James, warf Scorpius aber zurück auf sein Bett, bevor der etwas antworten konnte.

Louis beobachtete sie einen Moment lang lächelnd, bevor er die Vorhänge seines Bettes zuzog und sich unter seine Decke verkroch. Mit der Fingerspitze fuhr er über das Pergament von Dracos Brief und zeichnete die Linien seines Namens nach, besonders das verschnörkelte ‚L‘ hatte es ihm angetan.

Reden… in diesem Fall würde das alles nur komplizierter machen. Wenn er einfach aufhören würde zu denken und lernte zu genießen, dann würde seine Beziehung zu Draco die glücklichste in seinem ganzen Leben werden.

Stellte sich nur die Frage, ob er aufhören konnte zu viel zu denken…


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