von Dr. S
Im Kopf ging James wieder und wieder durch, was er Sirius denn sagen wollte, aber er konnte sich schlecht konzentrieren, wenn in ihm der Drang aufkochte, ein MĂ€dchen zu⊠na ja, nicht nett zu behandeln, nur weil es in Siriusâ NĂ€he gekommen war. Er hatte ja auch gehofft, dass Schniefelus ihn einfach nur Ă€rgern wollte â woher sollte der Kerl denn auch wissen, wie MĂ€nner nach Frauenkontakt aussahen? Sirius hatte vielleicht auch einfach verschlafen. Er hatte dafĂŒr zwar keine Zeit gehabt, aber⊠Merlins Bart, er war Sirius Black. Der schaffte so einiges in zehn Minuten, wofĂŒr andere acht Stunden brauchten.
Allerdings musste James sich spĂ€testens dann diese wunderbar logischen Gedanken wieder ausreden, als sein kleiner Sirius-Punkt auf der Karte Besuch von einem weiblichen Punkt bekam. Zwar war der siebte Stock um diese Uhrzeit alles andere als leer und damit absolut nicht fĂŒr romantische Zweisamkeit geeignet, aber GerĂŒchten zufolge â hatte James sie jetzt mitbekommen oder nicht â hatten sowohl Sirius als auch Dorcas Meadowes nicht viel fĂŒr sowas ĂŒbrig.
James wĂ€re fast gegen eine SĂ€ule gerannt, als dieser widerwĂ€rtige Punkt direkt vor Sirius auf- und abhĂŒpfte. Er hatte doch gewusst, dass es nicht Dearborns Haare gewesen waren, die Siriusâ Herz so hatten schlagen lassen. Aber er hatte eben gehofft, dass Siriusâ Niveau noch nicht vom Astronomieturm gesprungen war, nur weil ein passabel aussehendes MĂ€dchen mit kurzem Rock vorbeigehĂŒpft kam. Und der Punkt hĂŒpfte! James kam sich vor, als wĂŒrde er bei einem Ping-Pong Match zusehen mĂŒssen.
Sirius war sicherlich auch schon genervt. James nickte sich entschlossen zu und hastete die letzten Treppen hoch, musste doch erst einmal Luft holen, bevor er sich wieder auf die Suche nach Sirius begab. Wenigstens hatte er die Karte, die so ein Unterfangen weitaus leichter machte, aber ohne Remus hĂ€tte er das vorhin beinahe vergessen. Irgendetwas in ihm hatte so hitzig auf den Kommentar von Schniefelus reagiert, dass er fast blindlings losgestĂŒrmt wĂ€re.
Und auch jetzt war es die heisere, aber sanfte Stimme, die in seinem Kopf widerhallte und ihm riet, doch erst einmal vorsichtig um die Ecke zu schauen, damit er sich vergewissern konnte, dass Sirius nicht aus Langeweile ein armes MĂ€dchen von einer Wand gegen die andere hexte, was wenigstens das HĂŒpfen plausibel erklĂ€ren wĂŒrde.
James erreichte den offenen Torbogen und schaute nach oben, wĂ€hrend er tief durchatmete und sich gegen die Wand drĂŒckte. Dabei entdeckte er noch mehr von diesem verfluchten GrĂŒnzeug, dass Sirius hoffentlich keinen Schlag auf die Nase von dieser dĂ€mlichen, gewalttĂ€tigen Kuh einbrachte. Wenn doch, dann wĂŒrde James ihn auslachen, weil das sozusagen Karma war, nachdem Dearborns blutige Nase Sirius gefĂŒhlte Stunden unterhalten hatte.
ââŠhoffe, du nimmst mir das nicht ĂŒbelâ, hörte er Siriusâ Stimme heraus. Von irgendwo weiter hinten konnte man Bertram Aubrey lauthals ĂŒber Professor Slughorn ablĂ€stern hören, und das tat er so enthusiastisch, dass James wirklich Schwierigkeiten hatte, sich auf das in normaler LautstĂ€rke gehaltene GesprĂ€ch nur wenige Meter von sich entfernt zu konzentrieren.
Laut der Karte saĂ Sirius auf der Fensterbank, wĂ€hrend dem klackernden GerĂ€usch von AbsĂ€tzen nach zu urteilen, Meadowes eher auf- und abging, anstatt zu hĂŒpfen, aber das tat sie merkwĂŒrdigerweise ziemlich schnell. Vielleicht musste sie aufs Klo.
âWieso?â Sie klang auch typisch genervt und dabei durfte sie doch mit Sirius sprechen! Was wĂŒrde James momentan fĂŒr ein paar ungestörte, ruhige Minuten geben, und Dorcas Meadowes warf das einfach so weg.
âNa, weil du Verwandlungen geschwĂ€nzt hast.â Sirius lieĂ sich von so einem Ton natĂŒrlich nicht aus der Fassung bringen.
âHĂ€tte ein bisschen merkwĂŒrdig ausgesehen, wenn du so den Klassenraum betrittst und ich gleich hintendran. Reicht mir, dass ohnehin jeder denkt, man könnte mich unter den nĂ€chstbesten Mistelzweig zerren.â
James schluckte hart. Dann hatte Schniefelus wohl doch richtig gesehen.
âVor allem Potter hĂ€tte das wohl in den falschen Hals gekriegt, SchĂ€tzchen.â
Noch dabei sich ĂŒber Dorcasâ Wagnis, Sirius âSchĂ€tzchenâ zu nennen, aufzuregen, realisierte James langsam, was dieser Satz auch bedeuten könnte. NĂ€mlich dass Sirius Angst hatte, James könnte ihn fĂŒr so ein frauenfressendes Monster halten, wie der Rest der Schule.
âDu behĂ€ltst das bloĂ fĂŒr dich, Dorcas. Sonst gibtâs richtig Ărger.â
James lugte vorsichtig um die Ecke, wo Dorcas gerade stoppte und vor Sirius die HĂ€nde in die HĂŒfte stemmte. Er konnte sich ihren Blick gut vorstellen. Seine Mutter und so gut wie jede Frau hatten diesen Blick drauf, und er beneidete Sirius nicht darum, ihm jetzt schutzlos ausgeliefert zu sein.
âVor Drohungen von dir hab ich jetzt wirklich keine Angst mehr. Du kannst zusammen mit Caradoc in den Waschlappen-Club eintreten.â Oh, wenn sie weiter so fies grinste, dann wĂŒrde James ihr von hinten den Rock hochhexen. âHast duâs ihm wenigstens gesagt?â
Das Pochen seines Herzens wurde etwas zu laut, weshalb James Probleme hatte sich auf das GesprĂ€ch zu konzentrieren. Mit allmĂ€hlich warm werdenden Wangen zog er sich wieder hinter die Ecke zurĂŒck und versuchte sich die glĂŒhende Haut an der steinernen Mauer zu kĂŒhlen.
Sirius hatte ihm etwas sagen wollen. Und Lily hatte sich ausgerechnet dann neben ihn setzen mĂŒssen. James fluchte innerlich. Wieso war sein Leben auf einmal so kompliziert geworden?
âNa ja, so halbâ, riss Siriusâ Stimme ihn aus seinem innerlichen Schimpf-Marathon. So halb? Sollte das heiĂen, er hatte gerade falsch gedacht? âEr konnte sich immerhin schneller ablenken als ich.â Eifersucht. Definitiv. James wusste nicht, ob er grinsen sollte, oder ob er sich zu frĂŒh freute.
âNur weil Lily neben ihm saĂ, fĂ€ngst du aber nicht wieder zu flennen an, oder?â
âIch hab nicht geflennt. Ich hatte einen schwachen Moment. Und wenn du irgendwem auch nur ein Sterbenswörtchen davon erzĂ€hlst, dannâŠâ
âDann krieg ich Ărger, ja, jaâŠâ Dorcas winkte gerade ab und dann zum Abschied, als James wieder um die Ecke schaute. âIch geh mal Lily fragen, was wir in der Stunde gemacht haben, dann hast du genug Zeit richtig zu machen, was du halb getan hast.â
âDorcasâŠâ Sirius schien genervt.
âSonst tratsch ich herum, dass du schlimmer heulst, als die Maulende Myrte.â Daraufhin hĂŒpfte Dorcas davon, kassierte aber einen lĂ€ngeren Blick von Sirius, was James ausnutzte, um sich an ihn heranzupirschen, wie ein Raubtier an die ahnungslose Beute. Dementsprechend starrte Sirius ihn auch an, als er die Schritte endlich bemerkte und herumfuhr.
âScheiĂe, hast du mich erschreckt.â Sirius rutschte nĂ€her an die Wand, als James sich neben ihm auf die Fensterbank setzte. âHast du gelauscht?â
âWĂ€râs dir unangenehm, wenn ichâs hĂ€tte?â James packte die Karte wieder ein und bekam Siriusâ Schulterzucken nur aus den Augenwinkeln mit. âStehst du doch auf Meadowes?â
âFrag doch, was du fragen willst, anstatt um den heiĂen Brei herumzureden, Kroneâ, sagte Sirius etwas sehr grummelig, damit James sich ermutigt fĂŒhlte, sein Herz auszuschĂŒtten.
âBist du sauer? Weil Evans auf deinem Platz gesessen hast?â, fing James deswegen an.
Sirius stĂŒtzte sich nach hinten ab und begann mit den Beinen zu baumeln. âWenn ihrâs in einer Doppelstunde nicht geschafft habt, euch beim Vornamen zu nennen, dann hab ich keinen Grund sauer zu sein â eher enttĂ€uscht von dir, Krone.â Siriusâ Mundwinkel zuckten, als James ihn fragend ansah. âSo eine Chance und du glotzt lieber mich an.â
âJetzt fang nicht wieder damit an. Ich könnte auch woanders hingesehen habenâ, antwortete James, die Finger unruhig ineinander verschrĂ€nkend. Er fĂŒhlte sich ungewöhnlich nervös, dabei berĂŒhrte sein Oberschenkel nicht einmal den von Siriusâ. Trotzdem war ihm, als wĂŒrden kleine Blitze von einem Muskel zum anderen zucken, ein prickelndes GefĂŒhl auslösend, das gleichzeitig angenehm und verstörend war.
âJa, du hast sicherlich Snape angestarrt.â Siriusâ Grinsen wurde etwas breiter, als James ihm dafĂŒr auf die Finger schlug. Das BedĂŒrfnis, die andere Hand fest zu umschlieĂen, durchzuckte ihn schlagartig, aber er unterdrĂŒckte es.
âSnape ist total sexy, Sirius. Er ist mein Ersatz fĂŒr dich, seit ich bemerkt habe, dass ihr in etwa die gleiche Frisur habt.â Sirius hatte ebenfalls keine Skrupel James auf die Finger zu hauen, aber er zog seine Hand auch wieder weg, platzierte sie auf seinem Oberschenkel, den er zu kneten begann, als hĂ€tten die Blitze vorhin nicht nur in Jamesâ Kopf existiert.
âHat Regulus dir noch nicht das Band gegeben?â, wollte Sirius wissen und seufzte schwer auf, als James den Kopf schĂŒttelte. âDann ist Snape wahrscheinlich grad auf dem Weg zu Evans. Er ist extrem angefressen gewesen, weil sie dich nicht wie den letzten Dreck behandelt hat.â
âIst mir egalâ, sagte James und fixierte den Blick auf seine FuĂspitzen, als Sirius ihn verwirrt anschaute.
âPlötzlich ist dir das egal?â Sirius rutschte nĂ€her, worauf James die ganze Umgebung komplett egal wurde. âNach all dem ScheiĂ, den wir dafĂŒr durchgemacht haben?â
âMir ist⊠unsere Freundschaft einfach wichtiger.â James hob die Hand, um sich durch die Haare zu fahren, aber Sirius kam ihm zuvor und machte sich etwas ĂŒbermotiviert an die Aufgabe, die schwarzen StrĂ€hnen durcheinander zu bringen.
âMir doch auch, Idiotâ, gluckste Sirius und schubste Jamesâ Kopf zur Seite. âEndlich siehst du das einâŠâ
James sah wieder zu Sirius, der endlich mal wieder ganz ehrlich zu lĂ€cheln schien, als wĂŒrde durch das Fenster dort die Sonne ihre Strahlen direkt auf sein Gesicht werfen. Dann ging es Sirius anscheinend doch genauso wie ihm. Aber warum strĂ€ubte er sich sonst so dagegen und jetzt auf einmal nicht mehr?
âIch seh das doch schon die ganze ZeitâŠâ Die Hand nach Sirius ausstreckend beugte James sich vor, fasste seinen besten Freund an der Schulter und zog ihn zu sich herum, sodass er seine Lippen nĂ€her zu Siriusâ Mund bringen konnte. Leider entfernte der sich sofort ruckartig, und Sirius wich mit abwehrend gehobenen HĂ€nden an die Wand zurĂŒck, die Beine fast schĂŒtzend auf die Fensterbank gezogen.
âWoah, was soll das jetzt werden?â, presste Sirius sichtlich blass um die Nase hervor.
James schĂŒttelte verwirrt den Kopf. âDu hast doch gesagt⊠dass unsere Freundschaft dir wichtig ist.â
âIst sie auchâ, sagte Sirius sofort, bewegte sich jetzt wieder in eine normalere Position, die James sich nicht fĂŒhlen lieĂ, wie ein Sexualverbrecher. âAber⊠Mann, das zĂ€hlt nicht zu Freundschaft. Das ist⊠na ja, nichts weiter als komplizierte ScheiĂe, die nie lange hĂ€lt. Ich will das nicht, James. Hör einfach auf damit.â
âAberâŠâ Schnaubend riss James sich die Brille von der Nase und rieb sich mit einer Hand ĂŒbers Gesicht, bevor er sich Siriusâ schwammigen Anblick antat. âDu hast Schiss, Tatze. Das ist es, oder?â
âVielleicht auch die Tatsache, dass ich nicht schwul bin?â Sirius machte irgendeine Bewegung mit den HĂ€nden, aber James konnte ohne Brille nichts erkennen und momentan war ihm das auch lieber.
âDu hast mich auch gekĂŒsst, ja? Als niemand sonst da war. Warum tust du das denn sonst?â, wollte James wissen, unternahm einen aussichtslosen Versuch Siriusâ Handgelenk zu fassen zu kriegen und setzte sich daraufhin die Brille wieder auf, konnte Sirius gerade so eben noch auf die Fensterbank zurĂŒckziehen. âHau jetzt nicht wieder ab, Sirius. Das macht dich fertig. Das seh ich doch. Du wĂŒrdest sonst niemals freiwillig zu deinen Eltern gehen wollen! Wenn wir einfach reden ââ
âIch versuche doch die ganze Zeit zu reden!â, platzte es aus Sirius heraus. âAber du willst mir ja anscheinend nicht zuhören. Es geht hier reinâŠâ Er klopfte James etwas sehr hart gegen das linke Ohr. ââŠund da wieder raus.â James zog seinen Kopf weg, bevor Sirius noch das andere Ohr schlagen konnte. âDu machst alles kaputtâŠâ
âAch, ich ganz allein?â James schenkte Sirius einen vorwurfsvollen Blick, der ihn auch zur Seite schauen lieĂ. âWas hast du denn zu Meadowes gerade gesagt? Das hörte sich fĂŒr mich so an, als⊠als wĂŒrde dir das hier was bedeuten.â
Den RĂŒcken leicht krĂŒmmend, verschrĂ€nkte Sirius die Arme vor dem Bauch, als hĂ€tte er dort Schmerzen. âEs bedeutet mir doch was⊠Mehr als alles andere auf der WeltâŠâ Als er James kurz anblickte, glitzerten die grauen Augen ungewohnt traurig. âIch hab fast geheult, weil du mich dazu zwingst, solche Sachen zu tun oder so fies zu dir zu sein, weil du nicht damit aufhörst zu behaupten, dass da mehr sein könnte. Wieso brauchen wir denn mehr? Uns gingâs doch gutâŠâ
âWarâs das, was du mir âso halbâ gesagt hast?â James scherte sich nicht darum, dass Sirius sich mit jedem Zentimeter, den er nĂ€herrutschte, unwohler zu fĂŒhlen schien. âDass du nur ein feiger Slytherin bist, wennâs um sowas geht? Wie der Rest deiner Familie?â
âHaltâs Maulâ, knurrte Sirius ihn an, den Kopf von James wegdrehend. âDu weiĂt doch gar nicht, wovon du redest. Liebe ist voller Probleme und schnell vorbei, wĂ€hrend Freundschaft⊠das ist doch was fĂŒr die Ewigkeit. Ich wĂŒrde mich immer fĂŒr Freundschaft entscheiden.â
âUnd dann knutschst du also einfach mal mit Meadowes rum, damit du dermaĂen zerwĂŒhlt im Unterricht auftauchen und vor meiner Nase auftauchen kannst, ich versteh schon.â Ărgerlich die Augenbrauen zusammenziehend hielt James Siriusâ Blick stand, der ihn trotzdem hart und unerwartet traf, wie ein Klatscher beim Quidditch.
âIch hab mit niemanden rumgeknutscht, okay?â Sirius bewegte sich keinen Millimeter, als James ihn daraufhin genauer musterte, besonderen Wert auf Kragen und Hals legend.
âSnape saĂ direkt neben dir. Er wirdâs wohl gesehen habenâ, presste James immer noch angefressen hervor.
Sirius hob eine Augenbraue, lieĂ die andere aber schnell folgen. âUnd du glaubst dem mehr als mir?â Er schnaubte empört auf. âSiehst du, James? Eifersucht! Macht die besten Beziehungen wegen nichts kaputt. Und du bist ohnehin so fĂŒrchterlich besitzergreifend, dass du Lily Evans doch schon immer einschweiĂen und stundenlang angaffen wolltest.â
âAh, wunderbar, Sirius. Beleidige mich, weil ich keine FreudensprĂŒnge wegen dir und Meadowes macheâ, gab James genervt zurĂŒck.
âBestes Beispielâ, murrte Sirius, zwar etwas ruhiger, aber immer noch alles andere als zugĂ€nglich. âNur, damit du beruhigt schlafen kannst. Sie hat mir nichts weiter als ihre Schulter geliehen. Weil ich die von dir ja nicht mehr kriege.â Der Vorwurf kam aus heiterem Himmel und Sirius wandte sich genauso schnell ab, sodass James ihn gar nicht genauer mustern konnte. Der leicht zittrige Atem, der Sirius entfuhr, lieĂ seinen ganzen RĂŒcken beben, und weckte in James das BedĂŒrfnis Sirius in seine Arme zu ziehen.
Sich die Lippen befeuchtend rĂŒckte James wieder nĂ€her, eine Hand langsam ĂŒber Siriusâ Schulter gleiten lassend. âDu könntest so viel mehr von mir haben, Siriusâ, sagte er, schob seine Hand auf Siriusâ Brust und drĂŒckte sich von hinten an ihn. Behutsam bettete er die SchlĂ€fe in Siriusâ Nacken, als sein bester Freund sich diesmal nicht sofort losriss.
âIch kann gar nichts von dir haben, James. In deinem Kopf ist doch nie jemand anderes als Lily Evans. Von einer Sekunde auf die andere macht es peng und nichts anderes interessiert dich mehrâŠâ Sirius griff Jamesâ Hand, aber nur um sie zu lösen und sich umzudrehen. âWas ich seit den Sommerferien mit mir herumtrage interessiert dich gar nicht. Du bemerkst es nicht einmal, weil in deinem verfluchten SchĂ€del nicht mehr ist, als ein Haufen tanzender Hormone.â
âAch, du hast sie doch nicht mehr alle! Jetzt bin ich⊠ichâŠâ James stoppte, als Sirius schwer schluckte und den Blick aus dem Fenster wandte, den goldenen Streifen am Horizont fixierte, der sich in seinen Augen spiegelte. âTatze?â
âLiest du denn nie Zeitung, James? Ich hab⊠Ich hab das GefĂŒhl, dass es falsch ist, sich mit solchen Lappalien zu beschĂ€ftigen.â Sirius legte eine Hand auf die Fensterscheibe und seufzte so schwer, dass sie beschlug. âIch kann doch nicht hier fröhlich durch die Gegend hĂŒpfen und mir ĂŒber wer mit wem Gedanken machen, wĂ€hrend irgendwo eine verrĂŒckte Gruppe Menschen FreudentĂ€nze auffĂŒhrt, wenn ein Muggel draufgeht.â
âSirius⊠Du bist so ein Idiot.â James konnte sich schwer beherrschen Sirius nur die Hand auf die Schulter zu legen, so hilflos sah der aus. âWillst du deswegen zurĂŒck zu deiner Familie?â
Sirius senkte ertappt den Blick. âSie sind doch meine Familie. Ich habâŠ ĂŒberlegt, dass ich vielleicht⊠wenn ich es ihnen ruhiger erklĂ€re und nicht immer so schnell ausraste, dann wĂŒrden sie vielleicht verstehen, was sie alles falsch machen. Immerhin⊠Regulus hilft dir doch auch, James.â Hoffnungsvoll schaute Sirius ihn an, aber James konnte ihm jetzt ja schlecht sagen, dass Regulus das nicht unbedingt freiwillig tat. âDa gibtâs doch noch Hoffnung. Zumindest bei meinem Bruder. Und ich fĂŒhl mich so unglaublich scheiĂe, weil ich ihn da allein gelassen hab. Besonders, weil er stĂ€ndig versucht, mich zu ĂŒberzeugen, wieder nach Hause zu kommenâŠâ
James hob einen Mundwinkel und schlang den Arm um Siriusâ Schulter, zog ihn gegen seine. âGenau deswegen hab ich dich gern, Tatzeâ, sagte er, jetzt leicht lĂ€chelnd und die Hand in Siriusâ Haaren vergrabend, um ihn ja in seiner NĂ€he zu halten. âDu bist ein verlorenes weiĂes Schaf.â
âDas heiĂt, du willst nur mit mir schmusen, weil mein Fell ganz flauschig und weich ist?â Sirius stupste ihm mit dem Ellenbogen in die Seite, wĂ€hrend James zu lachen begann. Allerdings verstummte er schnell wieder, als Sirius fortfuhr: âAber ich will trotzdem, dass es zwischen uns wieder so wird wie frĂŒher.â Sirius schob Jamesâ Arm von seiner Schulter und suchte seinen Blick. âIch weiĂ nicht, was auf einmal los mit dir ist. Wenn du was zum Knutschen brauchst, dann findest du jemanden â wenn du einen Kerl haben willst, solltest du Caradoc trösten gehen. Der ist ein leichtes Opfer gerade. Wir⊠Wir sind doch Freunde, BrĂŒder⊠Seelenverwandte.â Siriusâ Mundwinkel zuckten, als James sich verlegen rĂ€usperte. âKomm schon⊠Ich bin doch kein Experiment. DafĂŒr steht zu viel auf dem Spiel.â
James zuckte seufzend mit den Schultern. âIch wollt ja ausprobieren, obâs nur eine Phase ist. Aber Regulus zu knutschen war da nicht die beste Idee.â
Sirius hob die Augenbrauen und versuchte sich anscheinend ein Grinsen zu verkneifen. âEr war mir zu Ă€hnlich?â
âĂhâŠâ James rĂ€usperte sich erneut, wĂŒnschte sich ein Glas Wasser um den Frosch in seinem Hals gnĂ€dig zu stimmen. âJa.â
Das bellende Lachen hallte von den WĂ€nden wider und das in einer LautstĂ€rke, die James zusammenzucken lieĂ. Er rammte seinen Ellenbogen in Siriusâ Seite, aber das Lachen stoppte dadurch auch nicht. Es wurde sogar richtig ansteckend und sie kassierten schon komische Blicke vom anderen Ende des Korridors, wo Bertram Aubrey endlich einmal aufhörte kein gutes Haar an Professor Slughorn zu lassen.
âScheiĂe, KroneâŠâ Sirius schlug ihm die Hand auf den Oberschenkel, lachte jetzt nur noch alleine, weil James keinen Ton mehr heraus bekam, wenn sich diese Finger in sein Fleisch gruben. âDu willst mir weismachen, mein kleiner Bruder wĂŒrde genauso⊠oh, scheiĂeâŠâ
âNa ja, nicht genauso, aber⊠verstörend Ă€hnlich.â James schob sich die Brille hoch, die Augen stur auf Siriusâ Hand fixiert, die seinen Muskel richtig schön durchknetete â und das hatte der bitter nötig, nachdem James das halbe Treppenhaus hochgerannt war.
Sirius atmete tief durch und grinste James an. âDann knutsch doch weiter mit ihm, bis dir die Lust auf sowas vergangen ist. Besser fĂŒr uns.â
âWieso denkst du das?â Jamesâ Augen huschten zwischen Siriusâ Gesicht und seiner Hand hin und her, aber anscheinend hatte der Hut einen Fehler gemacht, weil James nicht genĂŒgend Mut zusammenkratzen konnte, um die andere Hand zu greifen. âSirius, deine Schaf-Version ist weniger weiĂ, als ich gedacht habe, wenn du so feige bist. Du willst nichts riskieren.â
âNichts⊠vollkommen Unnötiges!â Sirius wollte die Hand wieder wegnehmen und das war der Auslöser, damit James seine Finger zwischen seinen HĂ€nden einklemmte. âWasâŠâ
âNiemand kennt mich so gut wie du. Ich wusste auch mal alles ĂŒber dich, bevor du angefangen hast zu glauben, du mĂŒsstest mir was vormachenâ, sagte James und ignorierte einfach, dass Sirius versuchte seine Hand aus Jamesâ festem Griff zu befreien. âDas musst du nicht, Sirius. Niemals. Du siehst doch, was passiert, wenn du versuchst mir was vorzuspielen.â
âIchâŠâ Sirius schienen die richtigen Worte zu fehlen, aber wenigstens lieĂ er seine Hand jetzt genau dort, wo sie hingehörte.
âMann, es wird mich nicht umbringen, wenn du nichtâŠâ James holte tief Luft, bevor er weitersprach: âWenn du nicht so empfindest wie ich. Solange du einfach bei mir bleibst. Nicht mit dir zusammen sein zu können, das wĂŒrde mich umbringen.â
âSchmalzbackeâ, presste Sirius mit schiefem Grinsen hervor.
James löste nur eine Hand von Siriusâ und klopfte seinem besten Freund gegen die Wange, lieĂ seine Finger dort liegen. âGeht dir doch genauso, sonst hĂ€ttest du nicht ebenso geflennt wie ich. Auch wenn Remusâ Schulter sicherlich gemĂŒtlicher war.â
âUh, es geht nichts ĂŒber Moonys Schulterâ, seufzte Sirius mit vertrĂ€umtem Blick, den James ebenfalls aufsetzte, aber noch ein schweres Seufzen drauflegte. âJames? Deine HandâŠâ Sirius umschloss die Finger, die immer noch auf seiner Wange lagen, zog sie dann aber nicht weg. Sich leicht auf die Unterlippe beiĂend suchte er Jamesâ Blick und löste mit dem Glitzern in seinen Augen fast einen Herzinfarkt bei James aus.
âSie liegt da doch gutâŠâ James schluckte sein Herz wieder herunter, das ihm bis zum Hals schlug, als Sirius sich langsam mit der Zunge ĂŒber die Lippen fuhr. âFindest du nicht?â
âHĂ€ltst du das fĂŒr eine gute Idee?â, fragte Sirius leicht heiser, senkte seine Stimme so sehr, dass James ihn fast nicht verstanden hĂ€tte.
âIch haltâs fĂŒr eine verdammt schlechte Idee, es nicht zu versuchenâ, sagte James, wartete darauf, dass Siriusâ LĂ€cheln es bis zu seinen Augen schaffte, und lehnte sich hastig vorwĂ€rts. Eine Hand in Siriusâ Nacken schiebend und in den schwarzen Haaren vergrabend zog er Sirius so heftig gegen sich, dass der Rahmen seiner Brille beim Aufprall ihrer Kiefer wohl ihnen beiden wehtat.
Trotzdem spĂŒrte James Siriusâ Grinsen auf seinen Lippen und fĂŒr einen Moment fĂŒhlte sich das hier an, wie das Happy End, dass er sich schon eine halbe Ewigkeit gewĂŒnscht hatte. Sirius hatte endlich eingesehen, dass sie zusammen gehörten, und natĂŒrlich hatte er seine Liebe zur Risikofreude wiedergefunden. Jetzt wĂŒrden sie Weihnachten auch in trauter Zweisamkeit bei Jamesâ Eltern verbringen können, die gar nicht bemerken wĂŒrden, wenn James nachts in ein anderes Bett schlĂŒpfen wĂŒrde.
Und so enthusiastisch wie Sirius seinen Kuss erwiderte, musste Jamesâ gröĂter Wunsch ja wahr werdenâŠ
Allerdings holte ein RĂ€uspern ihn wieder in die RealitĂ€t, die grausam kalt war ohne Siriusâ Lippen auf seinen oder die BerĂŒhrung der anderen HĂ€nde. James schaute sich gar nicht um, als Sirius sich von ihm löste, sondern war in Gedanken schon wieder lĂ€ngst anderweitig beschĂ€ftigt.
Wer auch immer sie gestört hatte, schien es aber wohl auf Jamesâ Aufmerksamkeit abgesehen zu haben, da ihn irgendetwas Hartes am Kopf traf. Siriusâ Glucksen noch im Ohr fuhr James herum und rieb sich die SchlĂ€fe, schenkte Regulus Black einen Ă€rgerlichen Blick.
âHast du sie noch alle?â, schnaubte er ungehalten.
Regulusâ Wangen waren leicht rosa angelaufen. Wer wusste schon, wie lange der Spanner dort gestanden hatte⊠âIch habe dein Band, Potterâ, sagte er kalt und deutete auf die Fensterbank, wo das kleine Rechteck gelandet war.
James schnappte es sich schnell und schob es sich tief in die hintere Hosentasche, worauf Sirius die Augenbrauen skeptisch hob.
âWas?â James grinste breit. âDa wird Schniefelus sicher nicht hinfassen.â
Sirius winkte ab und drehte sich zu seinem Bruder. âHat er Kopien?â Ah, was wĂŒrde er nur ohne Siriusâ allwissenden Verstand tun⊠Gut, James redete sich innerlich damit raus, dass sein Gehirn sich gerade in einer PfĂŒtze von emotionalem Schmalz am Boden sammelte, was es ihm nicht erlaubte einen klaren Gedanken zu fassen.
Regulus griff anscheinend leicht widerwillig in seine Umhangtasche und warf seinem Bruder das Tonband wenigstens gegen die Brust, wo es weniger schmerzhaft war. Sirius rĂ€usperte sich, lieĂ das Band in Jamesâ SchoĂ fallen und streckte abwartend die Hand nach seinem Bruder aus, worauf der die Augen verdrehte.
Seine Schultasche öffnend offenbarte Regulus noch drei weitere BĂ€nder, fĂŒr die Sirius sich sĂŒĂlich lĂ€chelnd bedankte.
âIch wollte sie dir eigentlich als Weihnachtsgeschenk zukommen lassen, Potterâ, behauptete Regulus, aber James war sich mittlerweile nicht einmal mehr sicher, ob der kleine Slytherin da nicht noch mehr VorrĂ€te von versteckt hatte.
âAuf anonyme Liebesbriefe hĂ€tte ich in deiner Situation verzichtetâ, antwortete James amĂŒsiert.
âWie hast du die bekommen?â, wollte Sirius wissen.
Regulus verschrĂ€nkte die Arme vor der Brust. âSeverus war nicht ganz bei sich. Er saĂ lethargisch auf seinem Bett und hat mich obskurerweise fĂŒr Evan Rosier gehalten, was durchaus hilfreich schien, als ich nach seinen⊠nun ja, Hausaufgaben gefragt habe.â
âDann weiĂt du gar nicht, ob das alle waren?â, fragte Sirius, aber James stupste ihm vorher glucksend in die Seite.
âSnape scheint mehr als berĂŒhrt von eurer intimen Zweisamkeit in Verwandlungen gewesen zu seinâ, witzelte James und bekam dafĂŒr einen tödlichen Blick geschenkt, den er trotzdem in sein Herz schlieĂen und bis in alle Ewigkeit aufbewahren wĂŒrde.
âHaltâs Maulâ, schnaubte Sirius, konnte sein Schmunzeln aber nur schwer unterdrĂŒcken.
Regulus rĂ€usperte sich erneut. âDein Privatleben mag ja Ă€uĂerst interessant und aufregend im Moment sein, Sirius, aber ich empfehle dir, es nicht beim Weihnachtsessen auszubreiten.â
Auflachend schĂŒttelte James den Kopf. âAusgetrĂ€umt, Black. Sirius und ich sind wieder ein Herz und eine Seele, weshalb er deine schmierige Familie nicht mehr nötig hatâ, sagte James, die Hand auf Siriusâ Knie legend. Dort durfte er fĂŒr die schönsten Sekunden seines Lebens in dem Glauben leben, wirklich das Wichtigste fĂŒr Sirius zu sein â plus den Bonus ein Slytherinâsches Herz gebrochen zu haben.
âJamesâŠâ Siriusâ Tonfall löschte das GlĂŒcksgefĂŒhl aber gleich wieder aus und als wĂ€re das nicht schon schlimm genug, schob Sirius Jamesâ Hand auch noch von seinem Knie. âIch fahr nach Hause. Daran Ă€ndert sich nichts.â
Das triumphierende Flackern in Regulusâ Augen interessierte James nicht, der entsetzt herumfuhr und fĂŒr den Hinweis auf einen Scherz in Siriusâ Gesicht suchte. Als er keinen fand kochte Wut in ihm auf und er ballte die HĂ€nde Ă€rgerlich zu FĂ€usten, schlug auch eine direkt gegen Siriusâ Schulter.
âDas ist nicht dein Ernst, oder?â James wiederholte das, als Sirius den Blick senkte. âDu willst zurĂŒck zu diesem Pack, die dich behandelt haben wie sie einen Muggel behandeln wĂŒrden? Denkst du ernsthaft, du könntest daran irgendetwas Ă€ndern? Idiot!â
âJamesâŠâ Sirius zischte schmerzhaft auf, als James ihn zornig und mit voller Kraft gegen die Wand schubste.
âKannst du noch was anderes sagen?â, schnauzte er und rutschte von der Fensterbank, hob abwehrend die HĂ€nde, als Sirius nach ihm greifen wollte. Jamesâ Gehirn befand sich zwar nicht mehr in der rosaroten Traumblase, aber leider hatte es noch nicht den Weg zurĂŒck in seinen Kopf gefunden, sonst hĂ€tte er sicherlich nicht solche Dinge an Siriusâ momentan so verwirrten SchĂ€del geworfen. âMeinetwegen lass dir doch eine GehirnwĂ€sche verpassen, aber komm dann nicht wieder angekrochen und heul mich voll, wie scheiĂe die dich behandeln.â
Der verletzte Ausdruck in Siriusâ Augen war das letzte, was James noch sah, bevor er sich umdrehte und sich die Brille von der Nase riss, damit er Regulus nicht ansehen musste. Er rempelte ihn trotzdem absichtlich an, in der Gewissheit, dass sein groĂer Bruder ihm ja auf jeden Fall aufhelfen wĂŒrde, falls dieser Wurm sich nicht alleine aufrecht halten konnte.
Oh, wie er diese Schlangen hassteâŠ
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