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Fanfiction

ToAR - Die gejagten Drei - Mea anima clamat - Meine Seele schreit

von horizon92

Soooo, meine Lieben. Ein letztes Kapitel ist noch ĂĽbrig.
Vielen Dank fĂĽr eure Reviews und nur damit ihr es wisst: Lorkan sterben zu lassen war mit Abstand das Schlimmste, das ich bisher schreiben musste!!! Hat mir selbst soooooooo leid getan...*snieeeeef* Der Kleine war mir schon ans Herz gewachsen, und dann das.
Aber leider war es nötig, denn ohne triftigen Grund würden Amys Schatten (ihr eigener und Severus' Teil) nicht erwachen - hier also kommt das letzte Kapitel.
Das allerletzte.
Und da ist wirklich alles nochmal drin, ich hoffe, ihr seid zufrieden damit, da es...nun ja...man KĂ–NNTE es irgendwie als eine Art sehr gemeinen Cliffhanger betrachten....muss man aber nicht ^^
Also, bitte nicht hauen, ja?
Liebe Grüße und nehmt euch irgendwas zu futtern, damit ihr das ganze richtig genießen könnt^^
horizon




Kapitel 31
- Mea anima clamat -



(lateinisch *Meine Seele schreit*)


Severus:

Er hatte, wie Igor bereits angemerkt hatte, seit ihrer letzten Begegnung tatsächlich trainiert. Stundenlang, und dabei war er damals einer der verlässlichsten und mächtigsten Todesser gewesen.
Das Training hatte sich deutlich ausgezahlt, denn Severus war im Kampf mit dem Vampir eindeutig überlegen, was nicht nur am Erschöpfungszustand seines Gegners lag. Allerdings hatte er keinen Blick für Amy und bemerkte auch nicht, wie schmerzhaft das gerade Erlebte für seine Mitkämpferin war.
Ebenso wenig war dem Tränkemeister aufgefallen, wie sich die Augen der jungen Frau von traurigem Dunkelblau in einen hasserfüllten Grünton verwandelten und sie für einen Moment ganz eindeutig die Kontrolle verlor.
Ihr Blick ging ins Leere, für wenige Sekunden sah man das Entsetzen in dem schönen Gesicht, ehe sich ein vollkommen emotionsloser Ausdruck darauflegte.

Severus bemerkte erst, das etwas absolut nicht stimmte, als ein Teil in ihm sich plötzlich aufbäumte. Er wurde von Hass, Wut, Trauer und uralter Verzweifelung überschwemmt und wusste sofort, dass seine Schattenseite an die Oberfläche drängte.
Auf was sein zweites Ich da reagierte, begriff der Ex-Todesser allerdings zu spät, denn als er sich umwandte, stand vor ihm bereits Amy. In ihrer Hand lag der Zauberstab, der vorhin noch so unauffindbar im Gras gelegen hatte. Severus trat vor, auch die beängstigende Kälte in ihren Augen hielt ihn nicht auf.
„Amy. Komm zu dir! Du musst dagegen kämpfen!“, beschwor er sie und legte alle Überzeugungskraft in seine Stimme. Sie sah ihn nicht einmal an. Ihr Blick führte an ihm vorbei und dem Tränkemeister war klar, dass ihre volle Aufmerksamkeit - oder besser, die Aufmerksamkeit ihres Schatten-Ichs - auf Igor gerichtet war.
Seine Worte schienen die wahre Amy nicht zu erreichen.
Es darf nicht zu spät sein…lass es nicht zu spät sein!
Severus ging zur Seite, um scheinbar aufzugeben, ehe er vorsichtig versuchte, in den Geist der Halbvampirin einzudringen. Es war die einzige Möglichkeit, Amy, so wie er sie kannte, zu erreichen! Die einzige Möglichkeit, sie wieder zu sich kommen zu lassen.
Das Schatten-Ich rührte sich nicht von der Stelle, während Severus beharrlich gegen die gedankliche Barriere ankämpfte, die sich fest um Amys Geist schloss.


Dann trat er endlich ein und bemerkte sofort, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Wo immer sich sein Geist gerade befand…er hatte sich auf jeden Fall verirrt. Denn in Amys Seelenleben war es stockdunkel. Keinerlei Emotionen füllten den Raum, keinerlei Gedanken überfluteten ihn.
Es herrschte Totenstille. Beängstigende Stille.
Aber schließlich wäre er nicht Snape, wenn er jetzt panisch reagiert hätte. Sein Geist drang vorsichtig in diesen Sumpf des Nichts vor und suchte nach einem Anzeichen von Leben, von ihr, von irgendetwas.
Schließlich sah er keine andere Möglichkeit mehr, als sich ihr zu offenbaren. Denn in diesem Nichts schien sogar seine eigene Seele sich nach und nach aufzulösen…es war beängstigend. So bündelte er seine Konzentration, wie nur Severus es konnte, und schickte ihr einen Ruf, den sie wahrnehmen musste.
„Amy!“


Keiner hätte ihn auf das vorbereiten können, was nun geschah. Sein Körper war plötzlich nicht mehr mit ihm selbst verbunden, Severus war in Amy, er teilte sich mit ihrem Geist ihren Körper, während seine eigene körperliche Hülle vor Igors erstaunten Augen einfach in sich zusammenbrach.

Igor:

Snapes Beine knickten, von keinem Willen mehr gehalten, plötzlich zur Seite, der Körper schlug dumpf auf dem Boden auf, ohne auch nur den geringsten Versuch zu unternehmen, den Sturz abzufangen. Er zuckte nicht einmal mehr.
Die schwarzen Augen starrten blicklos ins Leere, der Umhang bauschte sich um den hageren Tränkemeister auf dem Waldboden. Es geschah vollkommen plötzlich, und aus Sicht des Vampirs war keine Sekunde vergangen, seit Snape zur Seite getreten war.
Selbst für den Rumänen, den Snapes Schicksal nicht im Geringsten juckte, war es unheimlich, mit anzusehen, wie ein völlig gesunder Mensch ohne jede weitere Verletzung und ohne, dass ein Fluch ihn getroffen hatte, einfach tot umfiel.
Denn dass er tot war, das bewiesen die leblosen Augen zur GenĂĽge.
Igor hatte das beunruhigende Schauspiel starr beobachtet, doch nun sah er wieder zu dieser Halbvampirin, dieser Missgeburt, die seinen Blick ohne das geringste GefĂĽhl erwiderte.
Diese Kälte in ihrem Blick.
Allein die Augen schienen ihm mit Tod zu drohen.
Und sie stand einfach da und starrte ihn an.
Er versuchte, sich seine Beunruhigung nicht anmerken zu lassen, und griff auf das einzige Hilfsmittel zurĂĽck, das ihm einfiel.
„Was ist, Roberts? So gefühlskalt? Gerade habe ich deinen lieben kleinen Freund um sein Herz erleichtert und du stehst nur hier und rührst dich nicht? Ich warte! Oder soll ich lieber zuerst angreifen?“
Der Vampir hatte keine Ahnung, wie gefährlich die Schatten waren, die ihm gerade aus den sonst so lebhaft funkelnden Augen entgegensahen. Er hatte keine Ahnung, dass sie nur aus einem Grund stehen blieb: weil der Schatten Amys noch vollkommen unerfahren war. Es war der Teil von Snapes Schatten, der sein Hauptziel bereits kannte: Schmerz und Tod.
Die langen, schwarzen Haare der Hexe begannen plötzlich, zu wehen, als würde ein starker Wind hindurch fahren, obwohl die Nacht praktisch windstill war.
Igor trat in eine kampfbereite Position. Egal, wie beängstigend diese neue Amy Roberts auch wirkte, er würde sie heute Nacht töten. Er würde endlich seinen Bruder rächen. Was sollte ein so schwaches Wesen wie sie auch schon ausrichten können? Sie konnte ihm nicht mehr entkommen. Die Zeit war reif, sie anzugreifen.

Severus:

Während sein Körper nutzlos im Gras lag, erlebte Severus Amys Geist.
Er war gefangen in einem Teil ihrer Erinnerungen, der dank der Schatten gerade allen Schmerz ihres Lebens abspielte.
Und die Amy, die er so liebte, war nirgends mehr zu spüren. Dieser Schatten war kalt und dunkel und mächtiger, als Severus es in Rumänien gespürt hatte.
Kein Wunder, denn seitdem hatte Amy noch einiges mehr an schmerzvollen Erfahrungen mitmachen mĂĽssen. Nicht zuletzt den Verrat ihres eigenen Onkels.
Welche Erlebnisse sie wohl davor hatte machen mĂĽssen?

Prompt wurde Severus in einen Wirbel gezogen, der ihn an den Ort zog, an dem Amy zum ersten Mal erlebt hatte, was seelischer Schmerz bedeutete.

Das kleine Mädchen hockte wie so oft vor dem Fenster in der Wohnung ihrer Pflegeeltern und summte leise vor sich hin, als ein älterer Mann eintrat und sie nachdenklich betrachtete.
„Amy, Liebes, was summst du denn da?“
Die Schwarzhaarige drehte sich sofort um und sprang freudig auf, um den Mann zu umarmen: „Papa! Endlich bist du mal wieder da! Wo warst du denn die ganze Zeit? Mama und ich haben uns schon Sorgen gemacht!“
Severus stand neben dem Mädchen und konnte ein sanftes Lächeln nicht unterdrücken. Amy musste ungefähr zehn Jahre alt gewesen sein. Ihre Augen leuchteten genauso wie zu der Zeit, zu der er selbst sie kennengelernt hatte.
Demnach musste ihr „Papa“ wohl Alfons McKinnon sein, der damals für den Orden des Phönix gearbeitet hatte.
„Habt ihr das? Na, nun bin ich ja wieder hier. Ich habe mich nur ein bisschen in England umgeschaut.“
„England?“, Amys Augen leuchteten alleine bei der Erwähnung ihres Heimatlandes auf. „Darf ich das nächste Mal mitkommen und meine Freunde besuchen? Ich hab doch versprochen, denen den Umgang mit Dietrichen beizubringen! (A/N: Kleiner Hint auf den Oneshot: Warum Schweine pink tragen^^)“
Alfons McKinnon sah kurz traurig auf das Mädchen hinunter und schüttelte sanft den Kopf: „Tut mir Leid, Liebes, aber…das geht leider nicht.“
„Warum nicht?“, quengelte Amy enttäuscht und ließ sich auf einen Sessel plumpsen.
„Weißt, es ist nicht so, dass ich dir diesen Wunsch nicht erfüllen will, sondern…“, begann er ruhig zu erklären, doch in diesem Moment kam Marlene McKinnon ins Zimmer und warf ihrem Mann einen warnenden Blick zu: „Amy, es ist schon sehr spät. Würdest du bitte nach oben gehen, ins Bett. Morgen wolltest du doch unbedingt wieder fliegen gehen, dafür brauchst du Schlaf!“, ermahnte die strenge Frau ihr Pflegekind und Amy ließ etwas den Kopf hängen und lief rasch hinaus. Severus folgte ihr automatisch, doch sie blieb stehen, nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, und schien zu überlegen, ob sie nicht doch noch mal kurz nach draußen gehen sollte, als Marlenes aufgebrachte Stimme durch die Tür drang: „Du weißt doch genau, dass er uns gebeten hat, sie von allem, was mit England zu tun hat, fernzuhalten, und dann erzählst du ihr auch noch, dass du dort warst!“
„Marlene, das Mädchen hat Heimweh. Was glaubst du, warum sie jeden Abend hier sitzt und aus dem Fenster starrt, seitdem ich ihr gesagt habe, dass England in dieser Richtung liegt? Ich kann nicht nachvollziehen, was er sich dabei denkt, sie von ihrer Heimat fernzuhalten.“
„Er hat sicher seine Gründe!“, ertönte die hohe Stimme der aufgebrachten Frau. Amy hatte sich seit Beginn des Gespräches nicht mehr gerührt.
„Trotzdem mache ich mir Sorgen. Amy hat eine glückliche Kindheit verdient. Sie ist ein so liebes Mädchen.“
„Hör auf, zu schwafeln. Sie ist anders, Alfons. Du redest, als wäre sie unser Kind. Ich habe sie nur hier aufgenommen, weil er uns darum bat. Vergiss nicht…mit wem sie verwandt ist!“
Severus sah zu dem Mädchen hinüber. Es war blass im Gesicht und zitterte. Offenbar hielt Amy es nicht mehr aus, denn sie drehte sich um und riss die Türe wieder auf: „Mit wem bin ich verwandt? Sag mir, mit wem ich verwandt bin?“
Ihre bettelnde Stimme wurde nicht erhört, denn Marlene McKinnon sah sie mit zornigem Gesicht an und packte grob in die schwarzen Locken: „Wie kannst du es wagen, uns zu belauschen? Ab, verschwinde in dein Bett, sofort!“
„Aber ihr wisst doch, wer meine Familie ist! Sagt es mir! Papa! Sag es mir, bitte!“, schrie Amy unter Schmerzen, denn ihre Pflegemutter zerrte sie hinaus.
Alfons McKinnon sah auf, sein Gesicht war kalkweiĂź. Severus wusste, dass Alfons McKinnon seine Geschwister durch Voldemorts Hand verloren hatte.
Nun sah der Mann das kleine Mädchen an, und in seinen Augen war nichts Väterliches mehr zu finden. Seine Stimme war hart wie Stahl.
„Wag es nie wieder, dieses Thema anzusprechen!“
Der so eiskalte Tränkemeister erkannte im Gesicht der zehnjährigen Amy ihr Entsetzen über das Verhalten der Erwachsenen. Ihm war, als könnte er sehen, wie ihr kleines Herz die ersten feinen Risse bekam. Er konnte es ihr genau nachempfinden, auch wenn er diese Erfahrung noch früher hatte mitmachen müssen.

Die Erinnerung endete, doch mit einem Mal stĂĽrmten Gedanken auf ihn ein. Amys Gedanken.
Sie ist anders, haben sie gesagt. Warum bin ich anders? Und warum verurteilt sie mich wegen dem, was ich bin?
Warum darf ich nicht erfahren, wer meine Familie ist? Habe ich kein Recht darauf, zu wissen, ob es noch jemanden von meinem Blut gibt?
Also haben sie mich nur aufgenommen, weil irgendwer sie darum bat. Ich bin ein notwendiges Ăśbel fĂĽr sie. Dabei habe ich die beiden doch lieb! Warum hassen sie mich?
Was habe ich falsch gemacht?
Während dieser Gedankenfetzen, die Severus trafen, flossen ihre Gefühle auf ihn ein.
Ungläubigkeit, Verwirrung, Unsicherheit, Selbstzweifel, Enttäuschung, Unverständnis und schlussendlich Selbsthass ließen den Tränkemeister in schmerzhafter Erkenntnis zurück.

Er hatte immer gedacht, dass Amy zwar Waise gewesen war, aber ansonsten eine mehr oder weniger glĂĽckliche Kindheit verbracht hatte. Zwar war ihm klar gewesen, dass sie in der Schule oft schlecht behandelt wurde, doch er schob das auf ihre rebellische Ader und maĂź dem keine groĂźe Bedeutung bei. Jeder Mensch machte schlechte Erfahrungen.
Nun erst begann er zu begreifen, dass Amy als Kind in ständigem Zweifel um ihre Identität gelebt hatte und dass ihr die Kontrolle über die Magie, die ihr gegeben war, oftmals schwer gefallen sein musste.
Damit fiel er auch schon in ihre nächste Erinnerung, in der sich seine Erkenntnis bewahrheiten sollte.

Das elfjährige Mädchen mit den kurzen, schwarzen Strubbelhaaren setzte sich wie alle Erstklässler auf einen der freien Plätze im Speisesaal und sah sich neugierig um. Von Nervosität ließ sie sich nichts anmerken, und unwillkürlich bewunderte der erwachsene Tränkemeister sie dafür. Wie ängstlich war er gewesen, als er in Hogwarts an den Slytherintisch getreten war!
„He, bist du nicht dieses Mädchen, das bei den McKinnons wohnt?“, fragte ein braunhaariger, kleiner Junge plötzlich. Die Verachtung in seiner Stimme war kaum zu überhören.
„Allerdings. Hast du damit irgendein Problem, Klugscheißer?“, konterte das schmale Mädchen sofort und die Augen blitzten kampflustig.
Jetzt trat ein älteres Mädchen hinzu und warf die langen, braunen Haare nach hinten: „Ich an deiner Stelle würde mir überlegen, wie ich mit Leuten wie uns umgehe, Kleines. Wir Reinblüter haben es nicht gerne, beschimpft zu werden und gegen uns hast du sowieso keine Chance.“
„Reinblüter, ja? Ihr unterscheidet euch kein bisschen von mir, abgesehen vielleicht von eurer Arroganz. Also, warum sollte ich Angst vor euch haben?“, fragte die kleine Amy und Severus erkannte einige Parallelen zu der ihm wohlbekannten Frau.
„Was ist hier los? Was soll dieser Auflauf?“, ertönte eine gebieterische Stimme, die der Tränkemeister unter tausenden widererkannt hätte. Ein sehr viel jüngerer Igor Karkaroff betrat den Schauplatz und sein Blick blieb an den beiden Mädchen hängen.
„Direktor, wie gut, dass Sie grade vorbeikommen!“, schmeichelte das ältere Mädchen und deutete auf Amy, die mit verstrubbelten Haaren am Tisch saß. „Diese Neue hier hat mir gerade gedroht und ihn da beleidigt!“ Der braunhaarige Junge nickte nur stumm. Karkaroffs Augen wandten sich der „Missetäterin“ zu: „Was hast du dazu zu sagen?“
„Ich habe nur reagiert, weil er mich beleidigt hat und sie hat sich eingemischt. Außerdem hat sie mir zuerst gedroht. Und die beiden sind arrogante Reinblüter.“
„Wie heißt du, Mädchen?“
„Amy McKinnon.“ (A/N: Damals hat Amy noch den Nachnamen ihrer Pflegefamilie getragen!)
Karkaroffs Augen weiteten sich leicht: „Du stammst von den McKinnons ab? Dann musst du aus England sein!“
„Allerdings, das bin ich. Aber ich stamme nicht von ihnen ab, ich bin nur bei ihnen in Pflege. Bin Vollwaise“, die Leichtigkeit, mit der Amy das sagte, täuschte Severus nicht. Es tat ihr nach wie vor weh, nichts über sich selbst zu wissen.
Die Tatsache, dass sie wahrscheinlich keine Reinblüterin war, ließ Karkaroff sofort Partei ergreifen: „Nun denn, Miss McKinnon, Ihre Pflegeeltern werde ich von diesem ungebührlichen Verhalten natürlich in Kenntnis setzen. Ach und, morgen Abend erwarte ich Sie zur Strafarbeit in meinem Büro.“
„Was?! Aber…!“, wollte Amy fassungslos widersprechen, doch der Schulleiter wandte sich nur ab und marschierte außer Sicht.
Amy rauchte mittlerweile praktisch der Kopf.
Dies schien die Geburtsstunde des Hasses zwischen Karkaroff und ihr zu sein, stellte Severus fest. Und somit hatte Amy hier ihre zweite Lektion gelernt: Ungerechtigkeit.
Man verhielt sich ihr gegenĂĽber abweisend und herablassend, weil sie nicht mit einem langen Stammbaum prahlen konnte.
Es folgten viele kurz aufblitzende Bilder von einer weinenden, zähneknirschenden, wütenden Amy, einer Amy, die von einem Mitschüler ein Bein gestellt bekam, einer Amy, die von ihrer Lehrerin trotz einer hervorragenden und ganz offenbar arbeitsintensiv selbst hergestellten Apparatur einfach ignoriert wurde, zu einer Amy, die mitten in einem Duell mit einem Mitschüler steckte und schließlich einer Amy, die mit blutendem Schienbein im hintersten Winkel eines Klassenzimmers zusammengekrümmt am Boden hockte.
Severus, der bei solchen Bildern in seiner Schule sonst immer steinhart blieb, trieben diese Bilder beinahe zur Raserei. Er hatte Ähnliches erlebt. Aber es waren immer ein, zwei Slytherins dagewesen, mit denen er hatte reden können. Zukünftige Todesser, zugegeben, doch sie hatten mit ihm geredet und ansonsten hatte er selbst die Einsamkeit vorgezogen. Außerdem hatte er die meiste Schulzeit über auch noch Lily gehabt.
Doch der Tränkemeister kannte Amy und wusste genau, dass sie ein geselliger Mensch war und gerne von vielen Leuten umgeben. In Durmstrang aber hatte man sie zur Einsamkeit gezwungen. Sowohl Schüler als auch Lehrer hatten sie wie eine Geächtete behandelt.
Und doch…und doch war Amy standhaft geblieben. Hatte sich niemals selbst aufgegeben. War nie an dieser erzwungenen Einsamkeit zerbrochen. Sie hatte gekämpft, wieder und wieder, ob gegen Mitschüler oder um fairere Behandlung.

Es war eine Tortur fĂĽr ihn, sich Amys Schmerz anzusehen. Er wollte einfach nur noch verschwinden, er wĂĽnschte sich sogar, wieder in der vollkommenen Leere ihres Geistes zu sitzen und nichts zu spĂĽren. Alles war besser als hilflos danebenzustehen und bei solchen Ungerechtigkeiten zuschauen zu mĂĽssen.
Er vermutete stark, dass die Hälfte seines Schattens, die sich nun in Amy befand, für diese Läuterung verantwortlich war. Hätte er seine eigenen Erinnerungen vorgeworfen bekommen, er hätte sie ohne weiteres ertragen. Doch bei Amy hatte man seinen wunden Punkt getroffen -den einzigen, den Severus besaß.
Und sein Schatten wusste das, schließlich gehörte er zu Severus, und war nur durch Zwang in Amys Körper gesperrt worden.

Igor:

Die Zeit ist reif, sie anzugreifen.
Mit diesem Entschluss bleckte der blonde Vampir die Zähne und ging mit ausgestreckten Armen auf sie zu. Er versuchte, ihren nächsten Schritt abzuschätzen, doch Amy rührte sich um keinen Millimeter. Ihre wehenden Haare waren das Einzige, das sich bewegte.
Sie scheint aufgegeben zu haben. Sie wartet nur darauf, dass ich ihrem Leben ein Ende setze.
Durch diesen Gedanken angespornt, warf sich der Vampir ihr entgegen, die Hände nach ihrem Kopf ausgestreckt. Er würde sie zerschmettern und sie damit von allem erlösen, das geschehen war.
Der Tod Lorkans hatte sie aufgeben lassen.
Sie wollte sterben.

Doch Igor hatte Unrecht. Alles in ihr schrie nach Tod, das war die reine Wahrheit. Doch es war nicht ihr Tod, nach dem es die Schatten verlangte.
Es war seiner.
Der Vampir war wenige Zentimeter von seinem Ziel entfernt, als ihn plötzlich eine Energie traf, die ihn über den gesamten, freien Platz schleuderte. Als ein Baum seinen schmerzhaften Flug beendete, entlockte der Aufprall ihm ein Keuchen. Ein Mensch wäre allein durch die Magie der Druckwelle zerfetzt worden, dessen war Igor sich sicher.
Vollkommen zittrig auf den Beinen starrte er das Wesen an, das er fĂĽr eine wehrlose junge Hexe gehalten hatte.
Mit langsamen Schritten kam dieses Wesen nun auf ihn zu und er versuchte, sich soweit aufzurichten, dass er sie noch einmal angreifen konnte.
„Crucio“, sprach eine Stimme, so kalt, so grausam, dass sie nur noch wenig mit der gewöhnlichen Stimme Amys zu tun hatte.
Und der Vampir stand innerlich in Flammen. Er schrie, schrie aus Leibeskräften, während seine Arme, so fühlte es sich an, abgerissen wurden und seine Beine langsam schmolzen in dem Feuer, in dem er brutzelte…
Dann war es vorbei. Zu keinem Laut mehr fähig lag Igor, der blonde Racheengel, am Boden. Alle Gliedmaßen ausgestreckt, die Augen weit aufgerissen, starrte er seine Peinigerin an.
„Ich will dich alles fühlen lassen. Du sollst erfahren, was es heißt, Schmerzen zu leiden.“
Er starrte einfach weiterhin in diese toten, gefühlskalten Augen. Die Stimme erreichte seine Ohren, doch ihr Sinn verschloss sich ihm, dafür klangen die Schmerzen noch zu sehr nach. Wie lange war es her, dass er auch nur einen ähnlichen Schmerz hatte ertragen müssen? Nicht einmal das Silber in seinem Gesicht hatte so sehr wehgetan.
Sie wandte erneut den Cruciatus-Fluch an. Und noch einmal…und noch einmal.


Albus, Hogwarts:

Der Schulleiter sah erstaunt auf, als plötzlich der Zaubereiminister Cornelius Fudge aufgebracht in sein Büro stürmte.
„Cornelius! Bitte sagen Sie mir jetzt nicht, ich wäre an der Sache mit Seidenschnabel oder Sirius Black Schuld! Diese Debatte haben wir, wie ich hoffte, vor einigen Stunden beendet!“
„Schweigen Sie, Dumbledore, ich muss mit Ihnen reden! Gerade eben traf eine Eilnachricht aus dem Ministerium ein. Hier in der Nähe wurde einer der Verbotenen Flüche ausgeführt! Kurz vor dem Hogwartsgelände!“
Die blauen Augen weiteten sich kurz, ehe Albus sich wieder unter Kontrolle hatte.
Sollte Sirius doch nicht so unschuldig sein wie gedacht?
„Nun, dann denken Sie, Sie erwischen ihn noch?“
„Ihn?“, fragte Fudge verwirrt. Er schien vollkommen aufgeregt und lief dauernd auf und ab, während er fahrig die Hände rang.
„Oh nein, Dumbledore, deshalb bin ich ja hier. Es handelte sich nicht um Black! Der Auslöser des Zaubers war - und das steht sicher fest - Amy Roberts!“
Knacks.
Die Feder in Albus` Hand brach entzwei und er sah ungläubig darauf: Nanu, sowas ist mir ja lange nicht mehr passiert!
„Das ist vollkommen unmöglich. Ihre Leute müssen einen Fehler gemacht haben, Cornelius“, entgegnete Albus ruhig. In seiner Stimme schwang ein leicht mahnender Unterton mit.
„Wenn ich es doch sage! Es war Roberts, daran besteht kein Zweifel! Die Auroren sind bereits unterwegs, um sie festzunehmen, ich wollte Sie nur davon in Kenntnis setzen, falls Sie mit ihr reden wollen, ehe sie nach Askaban kommt…“
„Ich glaube, Sie hast mich eben nicht ganz verstanden, Minister“, unterbrach der Schulleiter den pummeligen Mann kühl, „Amy würde diesen Zauber niemals ausführen.“
Sein Blick huschte kurz und unbemerkt zu dem großen Bild der vier Gründer von Hogwarts. Der Löwe, der unscheinbar im Hintergrund stand, schüttelte träge den Kopf.
Fudge öffnete empört den Mund, als ein Patronus in Form eines Adlers durch das Fenster schoss und auf dem Schreibtisch in Richtung Minister landete.
Die Stimme Kingsleys ertönte: „Sind an besagter Stelle appariert, kommen jedoch nicht zum Ziel, eine Wand aus Magie hindert uns daran. Tun unser Möglichstes, das Ziel zu erreichen und unschädlich zu machen. Schreie sind zu hören, offenbar wird jemand zu Tode gequält. Bitten dringend um Verstärkung Dumbledores!“
Ohne ein weiteres Wort packte der Schulleiter seinen Zauberstab, steckte ihn in den Umhang und apparierte hinaus, während er einen ziemlich dumm dreinblickenden Fudge in seinem Büro zurückließ.
„Erst diese mysteriöse Flucht des Hippogreifes, dann Blacks Verschwinden, und nun das. Eine Wand aus Magie? Was ist nur hier los?“, murmelte dieser verwirrt vor sich hin.

Severus:

Sein Geist schrie mittlerweile nach Erlösung, doch er konnte einfach keine finden. Immer neue Szenen tauchten vor ihm auf, die Amys schlechteste Erfahrungen zeigten. Auch ihre Gefühle überspülten ihn nahezu, die Emotionen waren durchweg schlechter Natur.
Er erlebte hautnah mit, wie sie ahnungslos ihr verbranntes Haus betrat und entdecken musste, dass ihre geliebten Pflegeeltern als unkenntliche Leichen im Speisesaal am Kronleuchter baumelten. Das war ein absolut traumatisches Erlebnis, nach dem das Mädchen Hals über Kopf aus Russland verschwand und begann, herumzureisen.
Severus erlebte ebenfalls ihren Schmerz und ihre Enttäuschung, nachdem Sirius Black sie im Stich gelassen hatte. Ihren steigenden Selbsthass und die ständige Frage, warum sie nicht bemerkt hatte, dass ihr Freund ein potenzieller Massenmörder war.
Danach reiste sie von einem Land ins nächste. An keinem Ort war Amy viel länger als ein Jahr geblieben, wie Severus feststellte. Sie zog meist alle paar Monate in eine andere, heruntergekommene Wohnung und sammelte Erfahrungen, die meist schlimm und niederschmetternd waren.

Nachdem Severus all das miterlebt hatte, fühlte er sich, als wäre zumindest sein Geist um Jahre gealtert. Wie nur konnte er diese Tortur beenden? Wie konnte er Amy unter all diesen vergrabenen Erinnerungen finden und die Schatten aufhalten, die sie kontrollierten?
Was er ihr in Rumänien angetan hatte, wurde ihm erst jetzt voll bewusst. Vermutlich hätte er sie eher sterben lassen sollen, als einen Teil seines Schattens in ihr zurückzulassen.
Denn nun hatten sein und ihr Schatten jede Kontrolle übernommen und er kannte sich zu gut. Er wusste, zu was er (oder besser, sein unsympathisches Ich) ihre zweite Hälfte anstacheln würde.
Hätte Igor einen Freund getötet, der ihm so nahe gestanden hatte, hätte Severus ihn ohne wenn und aber jeden Funken Schmerz erleiden lassen, den er aus ihm herauspressen konnte.


Igor:

Er hatte sich heiser geschrien, er hatte gefleht, gebettelt, gedroht, er hatte sogar geweint, was er seit Ewigkeiten nicht mehr getan hatte.
Doch sie war hart geblieben. Hatte ihn gefoltert, immer weiter.
Nun, nachdem sie offenbar eine Pause einlegte, um ihn den Schmerz langsam auskosten zu lassen, bevor die nächste Welle kam, versuchte er noch einmal, zu sprechen.
„Bitte…warum beendest du es nicht einfach.“
„Es ist wirklich wahr“, erklärte die tote Stimme zusammenhanglos. „Um einem Menschen richtigen Schmerz zuzufügen, muss man ihn hassen. Hass macht viele Dinge leichter. Zum Beispiel töten.“
„Ja, ja, richtig. Töten! Wenn du mich so sehr hasst, dann töte mich doch!“, röchelte Igor und versuchte, nicht auf die Gliedmaßen zu sehen, die bereits komplett und unheilbar verstümmelt waren.
„Wir müssen den Hass in ihr nähren. Da ist dieses Licht…dieses Etwas…es will uns aufhalten. Wir müssen den Hass schüren, damit das Licht verlöscht.“
Der Vampir verstand nicht im Geringsten, wovon sie sprach…oder besser sprachen, denn Amy sprach nun in der Mehrzahl.
Wer waren „wir“?


Severus:

Er musste sich stark zusammenreißen, als die nächste Szene vor ihm auftauchte.
Denn dieses Mal war sein eigenes Ich mit von der Partie.
Er erinnerte sich schwach. Es war einer ihrer ersten Abende und sie hatte einem kleinen Mädchen etwas erklärt, während Dumbledore daneben gesessen hatte.
Severus war damals der festen Überzeugung gewesen, dass Amy sich nur beim Schulleiter hatte einschmeicheln wollen und er hatte sie abgefangen, um sie dafür zu verhöhnen. Nun sah Severus genau dieser Szene zu - mit dem Unterschied, dass er diesmal Amys Gedanken und Gefühle mitbekam.
(Auszug: Amy Roberts - Das Jahr zuvor)
„Großartig, Roberts. Glauben Sie wirklich, dass diese kleine Einlage den Direktor einwickeln konnte?“, höhnte Snape kühl, während die junge Frau sich auf der Treppe schwungvoll zu ihm umdrehte.
Na toll, jetzt hält dieser Idiot mich auch noch vom Schlafen ab. Hallo, schon mal dran gedacht, dass ich nach meinem ersten Unterrichtstag müde bin?
„Was wollen Sie mir damit unterstellen, Snape?“
„Es war zu offensichtlich, was Sie mit Ihrer Hilfeleistung für die Kleine bezweckt haben: Sie wollten doch bloß Dumbledore beeindrucken. Ach ja und Ihre Selbstlosigkeit, von wegen, Sie hätten keinen Hunger mehr!“, antwortete er noch höhnischer. Innerlich kochend, wies Amy seine Anschuldigungen eiskalt zurück: „Sie benehmen sich völlig kindisch! Ich wollte dem Mädchen bloß helfen, aber das zu verstehen kann man von Ihnen wohl nicht erwarten!!!“ Doch als er den Mund öffnete, um zurück zu feuern, wurde es der jungen Frau zu bunt.
Was interessiert ihn eigentlich daran? Als ob er sich je um das Wohl eines anderen Menschen gekümmert hätte!
Es tat dem Severus, der zusah, sehr weh, diese harten Gedanken zu hören - doch er wusste, damals hatte er nichts anderes verdient.
„Wenn Sie drauf bestehen zu denken, was Sie denken, soll's mir recht sein, ich hab es nicht drauf angelegt, Ihnen zu gefallen!“, schrie Amy nun wütend. Die Miene Snapes blieb steinern - so wie immer.
Dieser verdammte…grrr, der treibt mich noch mal ins Grab mit seiner arroganten Ader! Und diesem Gesichtsausdruck, als wäre ihm alles scheißegal!
„DAS würde Ihnen ohnehin nie gelingen, also versuchen Sie's gar nicht erst!“, erwiderte der alte Snape prompt mit höhnischer Stimme und verschwand mit wehendem Umhang im Kerker.
In diesem Moment überschwemmte Traurigkeit und das Gefühl, mal wieder völlig unverstanden zu sein Amys Erinnerung. Sie sah dem verschwundenen Snape noch lange nach, und Severus schämte sich beinahe, als er ihre Gedanken hörte.
Na toll. Und ich dachte, hier würde es endlich anders ablaufen. Keine Vorurteile mehr, keine unumstößlichen Meinungen.
Was hab ich ihm getan? Warum hasst er mich so?
Aus demselben Grund, aus dem mich schon in Durmstrang alle gehasst haben?
Warum denke ich ĂĽberhaupt soviel ĂĽber ihn nach? Wenn er mir nicht mal eine Chance geben will, ist er genauso verbohrt und bescheuert wie Karkaroff.
Und trotzdem…ich wünschte, er wäre anders.

Auch die nächste Szene hatte mit ihm zu tun. Severus hätte, wenn es ihm möglich gewesen wäre, seine Augen geschlossen und die Ohren zugehalten, um wenigstens diesmal nichts mitzubekommen.

Ein sehr wĂĽtender Snape stand vor einer leicht verunsicherten Amy, die in einer Nische gesessen hatte. Vor ihr auf dem Boden lagen haufenweise Scherben.
Seinen Zauberstab an ihren Hals stechend, wurde Amy von dem Tränkemeister in die Nische zurückgedrängt.
„WAS MACHEN SIE HIER?“, fauchte er.
Der hat ganz offenbar noch nie vom in die Ecke gedrängten Tier gehört!
„ICH war auf Streife, werter Kollege, das ist ja wohl kein Verbrechen, oder? Außerdem habe ich mich darüber mit Professor McGonagall heute beim Frühstück bereits unterhalten, vielleicht sollten Sie in Zukunft ein bisschen besser zuhören! Wenn Sie jetzt bitte ihren Zauberstab von meiner Kehle nehmen und aufhören würden, mich zu zerquetschen!“, zischte die junge Hexe ihm entgegen.
Oh mein Gott…ganz ruhig bleiben, Amy. Er tut dir nichts. So finster auch aussieht, er würde es nicht wagen…niemals!
Für Severus waren ihre Gedanken die reinste Hölle. Natürlich tue ich dir nichts, hätte er am liebsten geschrien, du bist doch das Wichtigste in meinem ganzen, verdammten Leben!
Tatsächlich war der Snape der Erinnerung ihr aber mittlerweile so auf die Pelle gerückt, dass Hände und Beine sich ganz leicht berührten. Doch anstatt Amys Bitte nachzukommen, lehnte er sich noch ein Stück nach vorne und raunte ihr böse zu: „Sie haben doch nicht etwa Angst vor mir?“
Sofort spürte Severus, wie falsch seine damalige Provokation gewesen war. Amy fühlte sich in diesem Moment so furchtbar verletzlich und ängstlich, dass ihr Denken praktisch aussetzte.
VERSCHWINDE! KOMM MIR NICHT ZU NAHE, DU MONSTER!
Sauber und treffsicher platzierte die junge Hexe in ihrer Panik ihre Faust in Snapes Magen.
Sofort lieĂź er los und taumelte, mehr ĂĽberrascht als vor Schmerzen keuchend, zurĂĽck.
„Ich habe keine Angst vor Ihnen, wann geht das bloß endlich in Ihren verdammten Holzkopf rein??“, brüllte Amy herum.
Oh mein Gott, was habe ich getan? Ich habe ihm wehgetan! Ich habe ihn geschlagen! Er wird mich umbringen! Nein, vielleicht nicht, aber meinen Job werde ich bestimmt verlieren. Ich bin so dumm, ich versaue mir einfach alles! Mein ganzes Leben, immer mache ich alles falsch! Ich hätte ihn nicht schlagen dürfen…oh man, wie wütend er jetzt aussieht…!

Schon spulte sich die nächste Erinnerung ab, und auch diesmal war Severus der Dreh- und Angelpunkt von Amys seelischen Schmerzen.
Hatte er vorhin geglaubt, eine Tortur durchstehen zu müssen, so waren diese Erinnerungen nun doppelt so furchtbar. Es war ein Teil der Erinnerung, die sie gemeinsam im Denkarium betrachtet hatten. Amy hatte den Liebestrank intus und saß auf ihrem Schreibtisch, während ein schwer genervter Snape im Raum stand und nachdachte.

„Severus?“ Er zuckte zusammen und drehte sich um, denn es war das erste Mal, dass sie ihn beim Vornamen ansprach. Dort saß ein Häufchen Elend auf dem Schreibtisch, das mit den langen Beinen herum wackelte. „Was ist?“, fragte er schroffer als gewollt. Er war es einfach nicht gewöhnt, tröstend klingen zu müssen. „Du hasst mich.“
Es war eine Feststellung, keine Frage, und die junge Frau ließ traurig den Kopf hängen und verdeckte ihr Gesicht so mit einem Vorhang schwarzer Haare.
Severus runzelte die Stirn. Diese Frau war ja ziemlich sensibel, wenn ihr das so zugesetzt hatte.

Die nächste Szene wiederum war selbst für ihn ziemlich schmerzhaft. Denn er hatte einen schweren Fehler gemacht, und das wusste Severus auch, ohne diese Erinnerung noch einmal anzusehen. Nur diesmal erlebte er ihre eigenen Gefühle noch intensiver mit, denn es war, als würde sie es ihm erzählen...

„Mögen Sie Holunder, Miss Roberts?“ Er war mir jetzt so nah, ich hätte jede einzelne Sommersprosse in seinem Gesicht zählen können - wenn er denn welche gehabt hätte.
Mein Denken hatte längst ausgesetzt…
„Kommt drauf an…“, hauchte ich. Er beugte sich hinunter und sah in meine fuchsroten Augen. Wie unter Zwang legte ich meinen Kopf ein winziges bisschen schief.
Noch nie, noch nie hatte ein Mann solche Gefühle in mir ausgelöst, allein mit seiner Stimme und dem Feuer seiner Augen.

SIRIUS.
Nein, denke jetzt nicht an ihn. Er ist weg, fĂĽr immer.
Ich habe ihn geliebt! Und geschworen, ihn immer zu lieben.
Er hat dich verlassen. Er wurde zum Verräter an seinen besten Freunden.
Ich habe es ihm aber geschworen…
Du warst sechzehn, jung und naiv!
Ich weiĂź doch gar nichts ĂĽber Snape. Ich kenne ihn gar nicht richtig!
Aber das hat dich nicht davon abgehalten, für ihn zu töten.
Wir brauchen ihn. Nur deshalb habe ich es getan.
Nein, DU brauchst ihn.
Unsinn! Warum sollte ich?
Weil ER deine Bestimmung ist.

Snapes lange Haare fielen mir ins Gesicht, mein Atem stockte. Mein Herz setzte aus. Ich konnte seinen Atem auf meiner Wange spüren…
Mit einem Ruck entfernte er sich wieder und sah mich an, mit einem Blick, der mir durch und durch ging. Dann grinste er höhnisch, die schmalen Lippen verzogen sich und er stichelte: „Sie haben doch nicht wirklich gedacht, dass ich mich darauf einlasse, oder?“
Ich starrte ihn an, konnte noch nicht so ganz begreifen, was passiert war.
Doch mit der Erkenntnis kehrte auch die Wut zurĂĽck.
Snape hatte nur geblufft.
Er hatte mich ausgetrickst, hatte so getan, als ob. Das Fuchsrot meiner Augen verwandelte sich langsam in ein strahlendes GrĂĽn - Hass ĂĽberflutete mein Denken.
Ich HASSTE ihn!
Meine Hände zitterten, ich hatte keinerlei Kontrolle mehr über mein Handeln. Ich war schon einige Male mehr als wütend auf ihn gewesen. Aber dieses Mal übertraf alles - ich hatte mich benutzen lassen, für seine abscheulichen Psychospielchen. Noch nie hatte mich etwas so gedemütigt. Und das Schlimmste war, dass ich wahrscheinlich auch noch zugelassen hätte, dass Snape mich küsste!

„Sie haben doch nicht wirklich gedacht, dass ich mich darauf einlasse, oder?“
Immer wieder fuhren Snapes Worte mir durch den Kopf, wie ein Karussell aus Wörtern, das sich, anstatt aufzuhören, immer schneller und schneller drehte. Ich drängte die Schluchzer zurück, die mir in der Kehle steckten. Jetzt nur nicht rumheulen. Nicht seinetwegen.
Aber ich konnte die Tränen nicht einfach aufhalten. Zu der Demütigung Snapes mischten sich jetzt immer häufiger Bilder von Sirius, verschüttete Erinnerungen, die hervorkamen und mich quälten, bis ich keine Ahnung mehr hatte, wo ich hinlief.
Warum traf es mich so? Er hatte mit mir gespielt. Gut, aber ich war schlieĂźlich dumm genug gewesen, um mich darauf einzulassen.
Dumme, dumme Amy! Ich hätte mich ohrfeigen können.

Severus hatte genug gesehen. Hatte er nicht schon genug gelitten? Warum mussten die Erinnerungen immer intensiver werden? Ihn immer weiter quälen?
Er wollte sie nicht mehr leiden sehen. Nie mehr!
Er wollte ihr nie wieder wehtun.

Schließlich kam die Erinnerung, vor der er sich am meisten fürchtete…die Gruft, in der sie von Voldemort erfuhr, dass eine Hälfte ihres Ichs ein Vampir war.
So hart, so unnachgiebig und gefühllos Severus Snape auch immer war…das brachte alles in ihm zum Einsturz. Ihre Gefühle zu diesem Zeitpunkt waren von solcher Verzweiflung durchtränkt, dass es ihm schwerfiel, seine eigene Fassung zu bewahren.

Aufhören!
AUFHĂ–REN!
SCHLUSS DAMIT!
Seine Seele, seine Gedanken, alles in ihm schrie so laut er konnte in die Tiefen ihres Bewusstseins hinein.
Amy, bitte komm zurĂĽck.
Bitte komm zu mir.
Ich kann dich nicht auch noch verlieren.
Amy, ich liebe dich…
Ich liebe dich…verlass mich nicht.


Igor:

Er war kaum noch am leben, als Amys Verhalten sich plötzlich änderte. Die starre Maske des hübschen Gesichtes verzerrte sich plötzlich, sie schloss die Augen, ihre Hände krallten sich in die Kopfhaut und sie stieß einen Schrei aus.
Dann beruhigte sie sich wieder, fĂĽr einen Moment tauchte wieder die gefĂĽhllose Maske auf, ehe sie sich erneut krĂĽmmte.
Es war, als kämpfe sie mit allen Mitteln.
Und plötzlich empfand Igor keinen Hass mehr auf dieses Mädchen.
Amy war, so wie sie wirklich war, kein böses Geschöpf.
Keine Mörderin.
Sie hatte seinen Bruder getötet, das stimmte, und Igor war nicht bereit, ihr das zu verzeihen.
Doch sie kämpfte gerade, kämpfte gegen was immer von ihr Besitz ergriffen hatte mit aller Macht an.
Und schien auch nicht zu scheitern.

Amy:

Amy…

Amy….

AMY!
Ich liebe dich….verlass mich nicht
Zusammenhanglose Wörter fielen mir zu, während ich müde und erschöpft im Schnee lag und die Wolken über mir beobachtete.
Warum sollte ich dich verlassen?, fragte ich die Stimme träge.
Und dann plötzlich, sah ich ihn vor mir. Er kniete vor mir, sein Gesicht von einem Schmerz gezeichnet, der nicht sein eigener war.
„Endlich…“, ertönte seine Stimme, wobei seine Lippen sich nicht einmal bewegten.
Und ich begriff.
Er war in meinem Geist!
Aber wie kam er hierher? Hatte er mir nicht schon einmal versichert, dass das unmöglich war?
-Es ist nicht unmöglich, solange du von den Schatten kontrolliert wirst.
-Schatten?, fragte ich verwirrt.
MEIN Schatten?
-Und die Hälfte von meinem, die ich dir gegeben habe. Sie….sind außer Kontrolle…wehr dich dagegen!
-Aber wie denn?
Ich saĂź immer noch hier im weiĂźen Schnee, eine vollkommen friedliche Landschaft, und vor mir kniete ein vollkommen fertig aussehender Severus.
Was zum Teufel war denn nur los? Warum konnte ich mich nicht erinnern?
-Du…bist selbst eingesperrt worden. Kämpfe dagegen an, Amy! Ich weiß, was du ertragen musstest. Ich habe…alles gesehen…
-ALLES?
-Alles. Und…es war grausam…
-Das tut mir Leid, Severus. Ich wollte dir nicht wehtun.
-Amy. Konzentriere dich! Du musst wieder das Ruder übernehmen. Du musst deine Schatten zurückpfeifen! Beeil dich…sonst kommst du nie wieder hier heraus…so wie ich.
-Was meinst du damit? So wie du? SEVERUS!
-Geh schon.
Sein Blick sprach von soviel Zuneigung in diesem Moment, dass er mir die Kraft gab, mich zu konzentrieren.

Ich spürte meinen Arm. Meine Hand, die den Zauberstab hielt. Magie pulsierte überall um mich herum. Kam sie von mir? Nein, es waren die Schatten. Sie besaßen wirklich eine gewaltige Macht…
Etwas fraß sich erneut in meinen Geist, wollte mich zurückdrängen.
Aber ich wusste genau, was es bedeutete, jetzt aufzugeben. Dann wäre Severus verschwunden. Einfach verschwunden. Für immer.
Und das wĂĽrde ich nicht zulassen, wie ich mir vorhin erst geschworen hatte. An Lorkans Leichnam.
Keiner wĂĽrde mehr fĂĽr mich sterben. Und ich wĂĽrde diese Schatten nie wieder die Kontrolle ĂĽbernehmen lassen.
Nie mehr.
Darum kämpfte ich. All meine Konzentration bündelte sich darauf, das Dunkel zurückzudrängen. Ich konnte mich fühlen….
Meine zweite Hälfte schrie und versuchte alles, um zu verhindern, wieder eingesperrt zu werden.
„Du wirst uns nicht vernichten können! Du wirst es nicht schaffen! Ergib dich dem Schmerz! Du bist längst verloren, genauso wie der, der dich schon so sehr hat leiden lassen. Er ist so gut wie tot. Er wird sterben, egal was du tust.“


Igor:

Es war unglaublich, diesen Kampf mit anzusehen. Und doch wünschte sich der Vampir nichts sehnlicher, als endgültig erlöst zu werden.
Während ihres Kampfes um ihren Körper verkrampfte Amy sich immer und immer wieder, sie schrie laut, fiel auf die Knie und nahm ihren Kopf krampfhaft zwischen die Hände.
Die Augen waren geschlossen und sie schrie aus vollem Hals, kämpfte, wollte sich gegen was auch immer ihren Körper kontrollierte wehren…
Dann ließen ihre Hände abrupt den Kopf los und sie richtete den Zauberstab auf ihren Arm.
Ein langer Schnitt erschien darauf und Blut floss zu Boden.
Erst, als sie keuchte und die Augen aufschlug, die dem Vampir nun dunkelblau entgegen strahlten, wusste er, dass es vorbei war.
Sie hatte sich selbst verletzt, um durch den Schmerz wieder die Kontrolle zurĂĽckzuerlangen.
Er sah sie aus seinen vorher so kalten, hasserfĂĽllten Augen gebrochen an.
„Roberts…bitte“, krächzte er heiser und erst jetzt schien sie zu realisieren, was geschehen war.

Amy:

Nein. Das kann ich nicht gewesen sein. Das hätte ich nie getan.
Doch es war einfach nicht zu leugnen, denn das Opfer meines Hasses lag zu meinen Füßen - verstümmelt und unfähig, noch viel mehr zu tun als mich anzuflehen.
Es war nicht ich gewesen, die Igor das angetan hatte. Aber es war meine Hand gewesen, die die FlĂĽche auf ihn gerichtet hatte.
Vor mir lag nicht mehr das Objekt meiner Furcht, vor mir lag nicht mehr der Igor, der kaltblütig den Mord seines Bruders rächen wollte. Vor mir lag eine verstümmelte Gestalt. Das Gesicht war kaum noch als solches erkennbar, Arme und Beine waren kreuz und quer in unmöglichen Winkeln abgespreizt, Blut sickerte aus unzähligen Wunden zu Boden. Nur den Bereich um sein Herz hatten die Schatten verschont.
Um ihn möglichst lange am Leben zu lassen, damit sie ihn leiden sahen.

In diesem Moment begann ich, mich vor mir selbst zu fürchten. Sicher, ich hatte schon früher gewusst, dass in mir mächtige Magie floss, dass ich in magischen Dingen begabter war als manch anderer, was wiederum ausgeglichen wurde durch meine unsagbare Tollpatschigkeit in allen anderen Bereichen. Doch erst als ich das Ausmaß sah, mit dem mein Schatten präzise gefoltert hatte, begann ich zu begreifen, dass meine Magie die der meisten Zauberer bei weitem übertraf. Und dass ich niemals, niemals die Kontrolle über diese Magie verlieren durfte, denn jedes Mal, wenn ich die Kontrolle verlor, starben Menschen.
Igor krächzte erneut etwas und riss mich damit aus der entsetzten Starre, in der ich immer noch kniend verharrte.
„Rob-Roberts…bring es endlich zuende. Bitte“, keuchte er und spuckte Blut.
Ich sah ihn lange an, zu lange.
Mit einem Mal tauchten Gestalten auf der Lichtung auf: Albus, in Begleitung von Fudge, dazu noch mindestens zehn Auroren in langen, blauen Umhängen.
Ich sah hoch und in Albus` Gesicht.
Er starrte zurück, während Fudge hysterisch kreischte: „Schnappt sie euch! Na los, schnell, schnappt euch die Mörderin!“
„Albus…“, flüsterte ich, meine Stimme bebte. Ich bebte. „Ich wollte das nicht…ich wollte es nicht!“
Jetzt wimmerte ich regelrecht, stand kurz davor, völlig zusammenzubrechen. Und die Auroren kamen auf mich zu.

Doch in diesem Moment war es mein Onkel, der sich auf meine Seite schlug. Mein Onkel, der sich - obwohl absolut jeder Beweis gegen mich sprach - fĂĽr mich einsetzte.
Er zog in einer leichten Bewegung seinen gewundenen Zauberstab und vollfĂĽhrte eine komplizierte, umfassende Bewegung.
Ohne einen Laut von sich zu geben, fielen Fudge und die Auroren ins Gras.
„Sie schlafen erst mal für eine Weile“, bestimmte Albus ruhig.
Wäre die Situation eine andere gewesen, hätte ich jetzt gelacht. Aber ich hatte nicht das Gefühl, je wieder irgendetwas lustig zu finden.
„Warum hilfst du mir?“, flüsterte ich, doch Igor stieß ein rasselndes Geräusch aus und stieß zwischen Würgen und Gurgelgeräuschen hervor: „Amy…bitte…ende…sterben…“

Wieder drehte ich mich unwillig zu meiner Schandtat herum und sah dem Vampir in die Augen.
Leicht legte ich meine Hand auf seinen Kopf: „Es tut mir unendlich Leid. Nicht nur deinetwegen. Du sollst wissen, dass dein Bruder in einem Kampf gestorben ist. Ich hätte ihn nicht getötet, wenn er mir die Wahl gelassen hätte.“
Ich konnte nicht genau erkennen, was seine Kopfbewegung zu bedeuten hatte, doch ich deutete es als ein Nicken, denn in einem Nicken lag zumindest ein Hauch von Vergebung.
Nein, ich hatte Lorkan nicht vergessen. Ich wĂĽrde ihn niemals vergessen. Doch Igor hatte genug gebĂĽĂźt.
EndgĂĽltig.

„Du solltest auch…schlafen gehen“, hauchte ich und zog Severus` Geburtstagsgeschenk aus den Tiefen meiner Robe: den Silberdolch.
Eine Hand legte sich fest auf meine Schulter: „Willst du das wirklich…selbst machen?“, hörte ich Albus` Stimme besorgt fragen, doch ich antwortete ihm nicht.
Ich hatte keine Stimme mehr.
Mit einem letzten Ruck und dem Durchbohren seines Herzens erlöste ich Igor von seinen Schmerzen, als mir ein Satz in den Sinn kam.

Ihre Erlösung ist Mord. Ihr Mord geschieht aus Mitleid.

Prophezeiungen hatten wirklich oft die Eigenheit, auf schlimmste Weise wahr zu werden.
Dann erinnerte ich mich, mit groĂźem Entsetzen, an noch einen Satz:
Dein Geliebter stirbt und unser Erbe geht verloren.

„Severus!“, schrie ich auf und krallte mich fest in Albus` Roben, der mich nun stützte.
„Kindchen, er…er sieht relativ…ähm…ungesund aus.“
„Nein…nein, nein, nein…ich hab nicht verloren…das kann nicht sein, ich hab gewonnen! Ich hab doch gewonnen!“, heulte ich und glaubte, vor Schuld, Schmerz und Selbsthass vergehen zu müssen.
Albus wollte mich noch daran hindern, doch ich lieĂź Igors Leiche liegen, wo sie war, und kroch zwischen den tief schlafenden Ministeriellen hindurch zu Severus hinĂĽber.
Das Gesicht war kalkweiß, die schwarzen Augen konnte man unter den geschlossenen Lidern nicht erkennen. Schwarze, verwirrte Strähnen verdeckten zur Hälfte seine gebogene Adlernase.
Die Lippen bildeten wie so oft einen einzigen, dĂĽnnen Strich.
„Albus…du musst Legilimentik an mir anwenden!“, befahl ich meinem Onkel scharf, der mich nur traurig ansah.
„Na los, mach schon! Reiß meinetwegen den Vampirschutz ein, tu irgendetwas, aber geh da rein und zerr ihn raus!“, schrie ich wild.
„Amy…er kann nicht in deinem Kopf sein.“
„Die Schatten haben meine Barriere einstürzen lassen, als sie die Kontrolle übernommen haben. Sie haben ihn mit meinen Erinnerungen gefoltert. Sein Geist wurde dabei vom Körper getrennt, er ist bestimmt noch da drin irgendwo!“

Severus:

Wunderschön friedlich.
Wunderschön.
Ein einziger Traum.
Er konnte nicht mit Worten beschreiben, was es ihm bedeutete, plötzlich von Amys Erinnerungen überflutet zu werden. Von Amys anderen Erinnerungen. Den glücklichen Erinnerungen.
Denn Severus konnte es selbst kaum glauben, aber: hier war er noch viel öfter der Mittelpunkt als bei ihren schlechten.

Er sah wieder die Lichtung vor sich, auf der sie lag und ihn voller Schnee im Gesicht anlachte, während er mit finster drohender Miene halb über ihr thronte. Dann ihre unwahrscheinlich starken Gefühle, als die beiden Gestalten sich küssten.
Severus zählte nicht die Sekunden, doch er erahnte auch so, dass dies mit Abstand der längste Kuss gewesen war, den er je erwidert hatte.
Und ihre Gedanken nach diesem Kuss waren ebenso eindeutig wie fĂĽr ihn selbst unfassbar:
Ich liebe dich.
Es klang wie ein erleichtertes Seufzen, ein glĂĽckliches Seufzen.
Und er konnte trotzdem nicht ganz glauben, dass sie seine Gefühle tatsächlich so intensiv erwiderte.
Dass Amy wirklich in der Lage war, einen so verschlossenen, mĂĽrrischen, schwierigen und emotional instabilen Mann wie ihn zu lieben.

Ich liebe dich.
Komm zurĂĽck zu mir.
Es war eine Aufforderung, die ihn so deutlich traf, als hätte man ihn ins Gesicht geschlagen. Severus starrte immer noch wie gebannt auf die Szene. Und der Kuss wiederholte sich und wiederholte sich und wiederholte sich.
Immer wieder sah er sich diesen wunderbaren Moment an und wollte gar nicht mehr loslassen, bis…
„Wie es scheint, habt ihr beiden mir einiges zu erzählen, mein Junge!“
Er fuhr herum und starrte verwirrt dem Schulleiter ins Gesicht, dessen blaue Augen nicht strafend, sondern vielmehr amĂĽsiert glitzerten bei dem Anblick, der sich ihm bot.
„Albus!“, stieß Severus hervor, sah zu den beiden Gestalten im Schnee (von denen eine er selbst war, der gerade wieder begann, Amy zu küssen) und lief hochrot an.
„Das…ist…das war…“
„Nein, nein, ist schon okay. Ich frage einfach nicht weiter. Amy wird ganz ungeduldig, sie hatte panische Angst um dich. Komm mit, ich zeige dir den Weg zurück.“
Und damit nahm sein Mentor ihn am Arm und der Tränkemeister fühlte sich plötzlich wieder fortgezogen, fort in die Dunkelheit, fort in die leere Kälte…


Amy:

Ich musste mich unheimlich anstrengen, um nicht automatisch an eine Abwehr zu denken, als Albus wirklich mit einer Mordsgewalt durch mein Bewusstsein preschte. Er war wie ein Messer, wie abgesprochen verschwendete er keine Zeit damit, sanft oder vorsichtig zu sein.
Dann war es vorbei und Albus sah mich wieder an.
„Und?“, fragte ich und mein Herz klopfte wie wild. Meine Hand ruhte auf Severus Brust, die sich sanft hob und senkte, wie schon die ganze Zeit über. Nur dass eben der Geist gefehlt hatte.
„Ich weiß nicht genau…so eine komplizierte Geist-Körper-Zusammenführung habe ich noch nie gewagt. Und ich glaube, wohl auch niemand vor mir!“, erwiderte er besorgt.
„Severus! Bitte, sei wieder der Alte! Bitte, wach auf! Ich hab nämlich auch gekämpft, wie du gesagt hast. Bitte…denk an unsere Patroni. Komm wieder. Wach auf!“, bettelte ich, meinen Kopf auf seinem Herzen. Die schwarze Robe war warm und ich sog, um mich wieder etwas abzuregen - es war einfach alles zu viel auf einmal - seinen so vertrauten Geruch tief ein.
Wie automatisch wanderte meine Hand und fuhr ihm in das Haar, strich es zur Seite und klammerte sich daran, während unter meinen geschlossenen Lidern die Tränen hervor sickerten, als mir klar wurde, dass er sich nicht bewegte.
Albus begann hinter mir lautlos zu schmunzeln, doch er unterdrückte jede Regung, denn besonders lustig würden die Konsequenzen dieses ganzen Wirrwarrs an Geschehnissen nicht werden, das wusste er. Ich jedoch ertrug die Vorstellung einfach nicht, dass an einem einzigen Abend…einem einzigen Abend…drei Menschen meinetwegen hatten sterben müssen.
Und ganz besonders nicht mein Tränkemeister.


Sirius:

Vollkommen erschöpft und mit zerrissener Kleidung betrat er das offene Waldstück und schrak kurz zurück bei dem Anblick, der sich ihm bot: Lorkan, mit einem Loch in der Brust und offensichtlich tot, auf der anderen Seite die Leiche Igors, verstümmelt, mit unappetitlich einsichtigen Knochenteilen an Armen und Beinen und einem Silberdolch mitten in der Brust.
Und ĂĽber die Lichtung verteilt Auroren und der Zaubereiminister, die offenbar gerade ein Nickerchen eingelegt hatten.
Aber Sirius` Blick wurde viel stärker von der kleinen, vollkommen zerstört wirkenden Gestalt angezogen, die über dem reglosen Körper seines Erzfeindes lag und leise Worte hervorstieß.
Er trat stumm näher und begegnete kurz dem wissenden Blick Dumbledores, dem er kurz zunickte - immerhin war dieser es gewesen, der es Harry ermöglicht hatte, ihn, Sirius, aus dem Turm zu holen.
Abgelenkt wurden die beiden erst von dem Schauspiel, das sich nun ereignete.


Amy:

Ich lag immer noch halb ĂĽber ihm und war ernsthaft am Verzweifeln. Keiner meiner Sinne war momentan auf etwas anderes als auf Severus gerichtet, weshalb ich auch den zurĂĽckgekehrten Sirius nicht wahrnahm.
Ich war gerade wirklich dabei, mich in meiner Verzweiflung zu verlieren und krallte mich noch fester in Severus` schwarzen Fettvorhang, der gar nicht mehr so fettig war.
„Nicht meine Haare!“, ertönte eine aufgebrachte Stimme.
„Ach, halt den Mund, ich bin am Trauern!“, erwiderte ich aufgelöst.
Stille.
Dann ein leises, immer lauter werdendes Geräusch: ein brummiges, dunkles, abgehacktes Lachen. Meine Kopfstütze begann unvermutet, äußerst unbequem auf und ab zu schwingen.
„Du kleines, vertrotteltes Ding, mach gefälligst die Augen auf und sieh mich an, wenn du mich schon unbedingt zurückhaben wolltest!“
Severus.
Mein Hirn begann langsam, zu begreifen.
Ich hatte unendliches GlĂĽck gehabt.
Er war nicht verloren.
Er war wach…und er hatte mich grade als vertrotteltes Ding beleidigt und rumgemotzt, weil ich seine Haare anfasste.
Das war ganz der Snape, den ich kannte.
Ich hörte sofort auf, stumm zu weinen und sah hoch, in die schwarzen Augen, die mich wie magisch anzogen, bis ich zu seinem Gesicht hochgekrochen war.
„Oh Gott!“, keuchte ich und konnte die Gefühle, die jetzt in mir tobten, gar nicht fassen.
„Eigentlich reicht Snape. Aber du darfst auch Severus sagen“, konterte er ruhig, doch anhand des leisen Untertones in seiner Stimme konnte ich heraushören, dass er glücklich war.
„Oh Gott!“, hauchte ich wieder und krallte mich dann unbarmherzig an seiner Robe fest, während ich jeden Zentimeter des Gesichtes, den ich erreichen konnte, abküsste.
„Tu…mir…das…nie…wieder…an…du…du…!“
Er versuchte vergeblich, meinen Klauen zu entkommen, doch ich hörte erst auf, als ich unsere Zuschauer wieder realisierte, und das auf einen Kommentar Sirius` hin.
„Ich glaub, ich muss gleich kotzen. So eine Verschwendung deiner schönen Lippen!“
Das versetzte dem Ganzen einen ziemlichen Dämpfer und ich ließ Severus los und versuchte mit wackeligen Beinen, aufzustehen.
Zwei warme Hände halfen mir von hinten - Sirius` Hände.
Innerhalb weniger Sekunden hatte auch der Tränkemeister sich jetzt erhoben und zog mich mit wütend gen Black funkelnden Augen in seine Arme.
Albus mischte sich nun ein, und seine Stimme ließ kaum ein Gefühl zu: „Meine Lieben, was heute hier passiert ist, weiß wohl keiner von uns vollständig. Aber wir müssen jetzt handeln, denn ewig schlafen die Ministeriellen auch nicht und Amy wird nun als Kriminelle im ganzen Land gesucht!“
Ich zuckte zusammen, mein Blick huschte zu dem verstümmelten Vampir, doch ich wandte ihn rasch wieder ab…mir war schlecht.
„Willkommen im Club!“, meinte Sirius nur, verstummte aber bei Severus` Mörderblick.
„Wie auch immer, es wäre besser, wenn Sirius dich für's Erste mitnimmt, Amy, solange deine Schuldlosigkeit noch nicht geklärt ist. Ich bin sicher, es wird eine ganze Weile dauern, das Ministerium von deiner Unschuld an diesem…Vorfall…zu überzeugen.“
„Was? Ich soll…ich soll euch verlassen?“, flüsterte ich geschockt und drehte mich zu Severus um, in der Hoffnung, er würde Albus widersprechen.
Doch er enttäuschte mich, denn sein Blick drückte große Besorgnis aus: „So wenig es mir gefällt…ich fürchte, dass ist für dich momentan die sicherste Lösung. Wir werden uns wiedersehen, doch für den Moment geht deine Sicherheit vor. Und Black ist…so ungern ich das jetzt zugebe! - ein Meister des Versteckens. Und er wird dafür sorgen, dass dir nichts passiert….weil er weiß, dass ich ihn andernfalls ohne mit der Wimper zu zucken umbringen werde!“
Die letzten Worte waren mit eindeutiger Drohung an Sirius gegangen, der so cool wie immer nur erwiderte: „Ich beschütze Amy nur, weil ich selbst es mir nie verzeihen könnte, wenn ihr was passiert. Das ist kein Gefallen für dich, Snape!“
Albus trat zwischen die Fronten und sah mich eindringlich an: „Liebes, ich weiß, dass du das, was du getan hast, nicht aus freiem Willen getan hast. Und ich werde dich nicht noch einmal im Stich lassen, wie ich es damals gemacht habe. Ich bin auf deiner Seite, und das solltest du wissen, wenn ihr jetzt fliegt!“
„Fliegt?“, fragte ich verwirrt und wie auf Kommando tauchte nun Seidenschnabel zwischen den Bäumen auf und schüttelte den stahlgrauen Federkopf.
„Ja. Und nun los, beeilt euch! Severus und ich kümmern uns um alles. Wir bleiben immer in Kontakt!“, drängte Albus und schob mich zum Hippogreif, doch ich drehte noch einmal um und gab Severus einen raschen, gehetzten Kuss mitten auf den Mund, was diesen leicht aus der Fassung geraten ließ.
Dann lief ich zu Lorkan und fuhr ihm ein letztes Mal in einem erneuten Anflug von Trauer durchs Haar.
„Mach's gut. Und danke für alles. Ich werde dich niemals vergessen, Lork.“
Dann wandte ich mich gehetzt an meinen Onkel: „Du musst ihn zu unserer Familie bringen! Sag Billy und Brooks und den anderen, dass es mir unendlich leid tut und dass ich sie alle lieb habe! Sie sollen ihn nicht ohne mich beerdigen. Ja?“
„Natürlich. Jetzt geh, geh!“, drängte Albus und strich mir ein letztes Mal durchs Haar, als ich hinter Sirius auf Seidenschnabel sprang.
„Pass auf dich auf. Und tu nichts Unüberlegtes, wir regeln das schon.“
Nun trat Severus, der sich offenbar wieder gefangen hatte, kurz vor und sah mir in die Augen: „Du weißt, was ich dir jetzt sagen würde?“
Ich lächelte kurz und nickte dann: „Wir sehen uns wieder. Bald.“
Damit sah ich Sirius an und legte vorsichtig meine Arme um ihn, als er dem Hippogreif die Fersen in die Flanken stieß und dieser mit zwei mächtigen Anlaufsprüngen gen Himmel schoss.

Die beiden Gestalten unter uns verschwanden schnell und ich sah ein letztes Mal zurück auf die im Licht der gerade aufgehenden Sonne glänzenden Turmspitzen meines Hogwarts.
Harry, Ron und Hermine würden morgen in der Zeitung lesen, dass ich eine Mörderin war. Jeder würde es lesen. Würden sie es auch glauben?
Irgendwann würde ich zurückkommen…und ich würde allen beweisen, dass ich nicht das Monster war, als das man mich hinstellen wollte.
Halbvampirin, ja.
Aber kein Monster.









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