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Der Squib und die Katze - 12)

von käfer

„Heißt das, Murdoch will dich umbringen, nur weil du die Scheidung eingereicht hast und nicht er selber?“
„Ich weiß nicht, ob er wirklich zum Mörder werden würde. Obwohl – damit gedroht hat er. – Ich war Murdochs zweite Frau; davor, dazwischen und daneben gab es etliche Affären, die alle er beendet hat, wenn er der Frauen überdrüssig wurde. Dass diesmal die Initiative von mir ausging, gefällt ihm natürlich überhaupt nicht.“
„Aber Mord?“
Sarah zuckte mit den Schultern. „Ich traue ihm alles zu. Natürlich wird er nicht einfach kommen und mich mit einem Todesfluch erledigen. Die Gelegenheit dazu hätte er längst gehabt, aber so ein Todesfluch ist rückverfolgbar. Glaube ich jedenfalls. Er wird es wie Selbstmord oder einen Unfall aussehen lassen.“
„Und wenn wir nun einfach ins Ausland gehen?“
Sarah schüttelte den Kopf. „Ich wüsste nicht, wie wir das anstellen sollen, so ganz ohne Geld und Pässe. Außerdem glaube ich nicht, dass unser Problem damit wirklich gelöst wäre.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Murdoch uns wirklich aufspüren könnte, wenn wir ganz weit weg gehen.“
Sarah seufzte. „Ich fürchte doch. Es gibt einen Zauber, er ist ziemlich aufwändig, aber wirkungsvoll, mit dem man jemanden ausfindig machen kann, egal wo auf der Welt er sich aufhält.“
Jetzt war es an Argus, ungläubig mit dem Kopf zu schütteln. „Meinst du wirklich, Murdoch würde diesen Aufwand treiben, nur um dich aufzuspüren und zu … zu ärgern?“
Sarah nickte. „Murdoch ist zu allem fähig, wenn er sich auf den Schlips getreten fühlt.“
„Ich kann mir einfach nicht vorstellen…“
Wieder einmal drehte sich ihre Unterhaltung im Kreis. Wenn Murdoch wirklich so gemein war, wie Sarah glaubte, gab es für sie kein Entrinnen…
Vor lauter Sorgen schlief Argus schlecht und bekam Magenschmerzen.

Wann immer Argus aus dem Fenster sah oder auf die Straße ging, stand Murdoch da – groß, dunkel, drohend. Die Muggel und wohl auch die übrigen Hexen und Zauberer eilten vorüber, ohne Notiz von ihm zu nehmen.
Sarah verließ das Haus nur noch, indem sie im Hof disapparierte. Sie erledigte die Einkäufe in einem anderen Stadtviertel und versuchte, so wenig wie möglich gesehen zu werden.
Argus entging nicht, dass Sarah immer bleicher und schmaler wurde. Er machte sich große Sorgen und kam zu dem Schluss, dass sie handeln mussten.
„Das ist genau das, was Murdoch erreichen will“, sagte er eines Abends, als Sarah lustlos im Essen stocherte. „Wir machen uns selbst fertig.“
Sarah warf die Gabel hin. „Du hast Recht. Wenn es so weiter geht, triumphiert er doch noch über mich. Das gönne ich ihm aber nicht. Ich werde ihn noch vor unserer Hochzeit zum Duell fordern. Gewinne ich, muss er mich in Ruhe lassen.“
„Und was ist, wenn du verlierst?“ Argus hatte plötzlich einen dicken Kloß in der Kehle und einen Bleiklumpen im Magen. Er kannte die Regeln des Zaubererduells zwar nur ungefähr, aber so viel wusste er: der Sieger hatte ALLE Rechte. Und noch eines wusste er: Zaubererduelle waren verboten.
„Es ist die einzige Möglichkeit“, sagte Sarah dumpf. „Wenn ich gewinne, haben wir Ruhe und können heiraten. Verliere ich…“
„Nein!“, schrie Argus. „Nein, nein und nochmals nein! Das ist nicht richtig!“
„Was willst du denn sonst machen?“
Darauf hatte Argus keine Antworten als die, die er schon unzählige Male gegeben und selbst wieder verworfen hatte.
An diesem Abend sprach keiner der beiden noch ein Wort, sie hingen ihren trüben Gedanken nach.
Wie Argus es auch drehte und wendete, es gab keine bessere Möglichkeit, klare Verhältnisse zu schaffen als ein Duell.
Was allerdings passieren würde, wenn Sarah verlor, daran wagte er nicht zu denken.

Argus zweifelte nicht daran, dass Maximilian Murdoch unfair kämpfen würde. Ganz vorsichtig hatte er sich über Murdoch erkundigt und erfahren, dass der Besenfabrikant nicht nur seine Frauen und Mitarbeiter schlecht behandelte, sondern auch seinen Lieferanten und Kunden gegenüber äußerst unfaire Methoden anwandte. Murdochs Reichtum begründete sich vor allem auf seine Skrupellosigkeit.
Wenn Argus ganz ehrlich zu sich selbst war, musste er zugeben, dass er Sarah keine allzu großen Chancen einräumte, das Duell zu gewinnen. Einen unabhängigen Schiedsrichter, der dazwischen gehen musste, wenn einer der Duellanten unfair wurde, würde es bestimmt nicht geben. Argus biss sich auf die Unterlippe, bis er Blut schmeckte.
Er war nicht ganz ein Squib, nur beinahe. In der Schule hatte er mit viel Üben manchmal einen Zauber hingekriegt, vor allem dann, wenn er wütend gewesen war, weil die anderen hinter seinem Rücken gelacht hatten. Entschlossen packte Argus seinen Zauberstab und begann, einiges von dem, was er noch wusste, zu wiederholen und zu üben.
Sich vorzustellen, dass der Mülleimer Maximilian Murdoch war, gelang Argus noch ganz gut, er schaffte es jedoch nicht, auch nur ansatzweise ein Schutzschild zwischen den Mülleimer-Murdoch und einem Foto von Sarah aufzubauen.


*Anmerkung: Recherchen haben ergeben, dass in Großbritannien zwischen ca. 1960 und 1984 Zaubererduelle zur Beilegung von Streitigkeiten verboten waren.*


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