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Fanfiction

Ancient History I - Der Verbotene Wald - Ein Gefühl für Familie

von Kiosk

25. Ein Gefühl für Familie

Personen:

Elicius Eliassen: Zwölfjähriger Sohn von Vigdis Eliassen und der Bruder von Emilia. Ein eher ruhiger, zurückhaltender Slytherin. Kam vor seiner Einschulung in Hogwarts kurzzeitig bei den Rathburn unter.

Emilia Eliassen: Zwölfjährige Tochter von Vigdis Eliassen. Eine Slytherin. Sie ist stets aufmerksam und besitzt ein eher verschlagendes Wesen. Magisch unbegabt. Kam vor ihrer Einschulung in Hogwarts kurzzeitig bei den Rathburns unter.

Garm McKinstry: Ein jugendlicher Unruhestifter aus Slytherin. Er scheint in Imperia verliebt zu sein. Er und seine drei besten Freunde - Erebus Nott, Veikko Johnson und Prester Perkins - bilden die so genannte „Toilettenmafia“.

Humphrey Belcher: Ulysses` Klassenkamerad. Ein liebenswürdiger Ravenclaw

Imperia Malfoy: Die ältere Schwester von Lucius. Eine Slytherin und Vertrauensschülerin. Sie wirkt kühl und distanziert und fällt im ersten Moment stets durch ihre Schönheit auf

Madam Burgunder: Sie unterrichtet den Benimmunterricht für die Mädchen. Trotz ihres miesen Charakters scheinen ihr die Männer zu Füßen zu liegen

Plumbeus Bott: Der Sohn des Bohnenerfinders Bertie. Er fällt besonders durch seine Langsamkeit und Zerstreutheit auf. Ein Hufflepuff

Professor Jarovit: Ein entfernt menschliches Wesen. In Russland jagte er unter anderem Werwölfe, Vampire und Schwarzmagier. In Hogwarts unterrichtet er Verteidigung gegen die Dunklen Künste

Rubeta und Arachne Cox: Zwei elfjährige Zwillingsschwestern mit großem Herz für exotische Tiere. Rubeta ist eine Ravenclaw-Schülerin, Arachne eine Slytherin

Samantha Samson: Jugendliche Ravenclaw. Mit Hilfe von Ulysses schummelt ihr Imperia täglich jenen Trank unter, der ihr die Haarpracht auf Dauer ruinieren wird.

Ulysses Rathburn: Elfjähriger Sohn von Bethesda. Verwöhntes Einzelkind. Ein Ravenclaw. Stellt sich gegenüber Emilia und Elicius auf stur und ist Imperia Malfoy hoffnungslos verfallen.

Valkyrie Eliassen: Die Großtante von Emilia und Elicius

Victoria Knight: Eine Erstklässlerin aus Ravenclaw. Sie ist stets munter und aufgeweckt. Ihr Haustier ist ein stinkender, aber handzahmer Vielfraßrüde namens Rudolph.

Vigdis Eliassen: Die Mutter von Emilia und Elicius. Eine Squib. Aufgrund ihres desolaten, verantwortungslosen Lebensstils von der Familie verachtet

William Barkley: Ein Erstklässler aus Ravenclaw. Wie Ulysses stammt auch er aus Hogsmeade, wo er zusammen mit seiner etwas verschrobenen Mutter ein Haus am Rand des Dorfes bewohnt. Er ist ungewöhnlich still und unabhängig

Bisherige Handlung:
Während einer Exkursion in den Wald, geleitet von Madam Sprout und Professor Kesselbrand, kommt es zu einem blutigen Zwischenfall, bei dem Kesselbrand einen Finger verliert. Zudem finden Emilia und ihre Freunde abseits der Wege einen mysteriösen Schädel, der auf einem Stein platziert lag. Da sie befürchten, es könnte sich hierbei um die Überreste eines Vermissten handeln, nehmen sie ihn mit und zeigen ihren Fund Professor Jarovit, der das Fach Verteidigung gegen die Dunklen Künste unterrichtet. Dieser jedoch stuft die Entdeckung als unwichtig ein, da es sich lediglich um den Schädel eines unverwandelten Werwolfes handelt, nicht aber um den Schädel eines Menschen. Die genauen Fundumstände verschweigt Emilia dem Professor jedoch. Derweil zeigt sich Elicius aufgrund seiner Familienverhältnisse und seiner oft abspenstigen Mutter sehr depressiv, so dass ihn auch sein Geburtstag nicht aufheitern konnte. Gegenüber Ulysses äußerte er sich, dass er womöglich nach Norwegen zurückkehren möchte, um die dortige Zauberschule zu besuchen. Aber auch Ulysses leidet: als Werkzeug von Imperia Malfoy sieht er sich gezwungen, einem älteren Mädchen aus Ravenclaw, Samantha Samson, täglich heimlich giftige Tränke zu verabreichen. Inzwischen stellt Emilia auf eigene Faust Nachforschungen bezüglich des Schädels an, wobei sie im Gemeinschaftsraum einschläft, und einen wirren Traum über einen Tiergeist durchlebt. Als sie mitten in der Nacht erwacht, belauscht sie ein Gespräch zwischen Garm und Imperia, in dem auch Ulysses eine Rolle spielt …

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

Oktober 1961

Trotz Emilias Verdacht, Elicius könnte sich hinter ihrem Rücken heimlich zurück nach Norwegen und hinter die Schulbänke der dortigen Zauberschule sehnen, verkniff sie es sich mittels eiserner Disziplin, ihn allzu voreilig darauf anzusprechen. Statt einer Aussprache also ebnete Emilia den Weg mitten hinein in ein tagelang anhaltendes unterkühltes Verhältnis und Distanziertheit, die Elicius darauf aufmerksam machen sollten, dass er sich irgendeinen Frevel erlaubt hatte. Sollte ihr Bruder ruhig vorsichtig nachfragen, was er verbrochen hatte!
Doch Elicius fragte nicht nach, geschweige denn, dass er sich das gespannte Verhältnis anmerken ließ. Statt sich darüber Gedanken zu machen, den normalen geschwisterlichen Umgang zu ihr wieder herzustellen, war Elicius damit beschäftigt, emsig seine schulischen Fortschritte zu vergrößern. Oft beobachtete ihn Emilia dabei, wie er ganze Nachmittage damit verbrachte, Hausaufgaben zu erledigen, seine handschriftlichen Unterrichtsnotizen in Reinschrift zu bringen, und die gelernten Dinge immer und immer wieder zu pauken. Sein Ehrgeiz verblüffte sie wenig - Elicius war nun mal alles andere als arbeitsscheu -, doch sie beschlich die leise Ahnung, dass er so, da ständig gefesselt an seinen Arbeitsplatz, bewusst versuchte, ihr aus dem Weg zu gehen.

Der Oktoberanfang überraschte sie alle mit den ersten, heftigen Wintereinbruch des Jahres und für Tage gingen Schneefälle auf das Schloss hernieder, der, gepeitscht von den Herbstwinden, einem aus jeder Himmelsrichtung zugleich die Sicht zu rauben schien. Gut, den Schneeflocken selbst machte der Ritt auf den starken Böen wohl wenig aus, sehr wohl aber den Posteulen, die, hin- und hergerissen vom heulenden Sturm, oftmals gegen die Mauern des Schlosses krachten, anstatt durch eines der Fenster zu entschwinden. Umso überraschter war Emilia daher, dass am Donnerstagmittag ein besonders zerrupftes Exemplar Eule den Weg hinein in die Große Halle fand und - Emilia knapp verfehlend - direkt in der mageren Suppe von Agnes Pillsworth bauchlandete.
Während Agnes hyperventilierte zog Emilia so diskret wie möglich Suppenteller und Eule zu sich, denn der Vogel kam ihr unangenehm bekannt vor: Es war die alte Posteule ihrer Mutter Vigdis, die unlängst zur halbwilden Selbstversorgerin verkommen war. Weder Emilia noch Elicius hatten je den Namen den alten Eulendame erfahren, noch hatten sie je danach gefragt. Warum auch? Treulos wie sie war, war der Vogel schnell eigene Wege geflattert, nachdem Vigdis Eliassen begonnen hatte, mehr oder weniger vollkommen ihr Leben in der unmagischen Welt der Muggel zu bestreiten. Nur manchmal, meist in den Wintermonaten, war die Eule aufgetaucht, hatte Vigdis stets mit jener unheimlichen Fähigkeit aufgespürt, die so typisch für Posteulen war, nur um sich dann bei Vigdis kurzzeitig einzunisten und sich durchfüttern zu lassen - im Gegenzug aber war der Vogel für eine handvoll Mäuse durchaus bereit, Briefe zu überbringen.

Durch die ungeschickte Landung war der Umschlag am Bein des Vogels zwar von Zwiebelsuppe durchweicht, aber Vigdis` kümmerliche Handschrift war noch immer gut lesbar. Wasserfeste Muggelstifte waren einfach nicht zu unterschätzen. Dennoch: Emilia wäre es fast lieber gewesen, die Flüssigkeit hätte das Geschriebene endgültig getilgt und ihr sank das Herz, als die sah, dass der Brief sowohl an Elicius als auch an sie selbst adressiert war. Emilia erwartete eine erneute Aufforderung ihrer Mutter, die sie darum bat, die Weihnachtsferien bei ihr zu verbringen. Vorsichtig spähte sie zu ihrem Bruder, der über sein Mittagessen gebeugt war und sich so aufgeregt mit einem seiner Klassenkameraden über den Unterricht unterhielt, dass er den ungelenken Anflug der Posteule offenbar nicht einmal bemerkt hatte. Emilia verspürte auch keine besondere Lust, ihn darauf hinzuweisen, sondern machte sich stattdessen daran, den Brief ihrer Mutter als Erste zu lesen. Die Finger klebrig von Agnes` Zwiebelsuppe, schlug sie das Papier auf und überflog eilig die Zeilen:

Vielen dank für die zusage Elizius. Hole euch am Bahnhoff ab. Eure Großtante Valkyrie hat außerdem gesagt das sie uns besuchen komen wird. Freue mich darauf euch wider zu sehen.

Vigdis

Bloß ein paar kurze Sätze, doch diese reichten aus, ungeahnten Zorn zu beschwören, der in Emilias Brust hämmerte wie ein wildes Tier. Zu diesem Zorn gesellte sich mannigfache Enttäuschung: Elicius hatte hinter ihrem Rücken eine Abmachung mit ihrer Mutter getroffen und diese Abmachung betraf auch Emilia! Wie konnte sich ihr Bruder so eiskalt über sie hinwegsetzen? So eiskalt Dinge in die Wege leiten, von denen Emilia nichts wissen wollte?
Ähnlich große Enttäuschung verspürte sie gegenüber Vigdis. Es war ein hässlicher, beschämender Schmerz festzustellen, dass ihre Mutter erneut Elicius` Namen falsch geschrieben hatte. Ähnlich schrecklich empfand Emilia das Verhalten ihrer Mutter, die ungeschickt und dennoch berechnend versuchte, ihre Kinder wieder für sich zu gewinnen. Vigdis war kein Unmensch, sie besaß ein Gewissen. Und um dieses Gewissen zur Ader zu lassen und zu erleichtern, lud sie Emilia und Elicius zu sich nach Hause ein, um ihre Ausrutscher in der Vergangenheit wieder gut zu machen, um sich dafür zu entschuldigen, dass sie sich zuvor einfach aus dem Staub gemacht hatte.
Doch war diese Form von Entschuldigung Ernst zu nehmen? Emilia hätte diese Frage jederzeit mit einem klaren „Nein“ beantwortet, gleichzeitig wusste sie aber, dass Elicius ganz anderer Meinung war: So gutgläubig wie er sich teilweise gab, konnte er gar nicht anders, als immer und immer wieder über das schäbige Verhalten seiner Mutter hinwegzusehen.

Mit bebenden Fäusten - und ihre Finger hätten in diesem Augenblick nichts lieber getan, als in den Brief in kleine Stücke zu zerreißen - ließ Emilia ihr Mittagessen stehen und erhob sich von ihrem Platz. Am anderer Ende der Slytherintafel saßen die Jungen sämtlicher Jahrgangsstufen, mitten unter ihnen Elicius, der noch immer in ein hitziges Gespräch mit einem Gleichaltrigen vertieft war. Ihr Geplapper handelte von Kräuterkunde und Pflanzenaufzucht und diese belanglose Schwätzerei strapazierte Emilias Geduld nur noch mehr. Sehr viel härter als ursprünglich geplant schlug sie ihrem Bruder die Faust in die Schulter. Elicius, der sich sowohl an seinen Essen - ein Löffel Suppe mit Sellerie - als auch an seinen Worten - „… immer regelmäßig gießen, auch wenn kein Unterricht ist …“ - verschluckte, fuhr keuchend herum.
„Was sollte das denn?!“, rief er zerknirscht, während er sich die schmerzende Schulter rieb.
Kurzangebunden antwortete sie: „Komm mit! Ich muss mit dir reden. Sofort!“
Die gute Laune wurde schlagartig aus Elicius` Gesicht gefegt. Er war alarmiert, schien aber keine genaue Vorstellung zu haben, warum sie ihn so dringend sprechen wollte. Kurz huschte sein Blick zum Lehrertisch, dann bemerkte er mit gedämpfter Stimme: „Wir können noch nicht aufstehen. Das Mittagessen ist nicht vorbei, die Professoren essen noch.“
„Ist mir egal! Es ist wichtig!“, zischte Emilia. Sie hatte das Gefühl, lebendig in all ihrer Wut zu verglühen, die sich in ihr aufstaute, daher konnte sie einfach nicht warten, bis sich auch der letzte Professorenteller geleert hatte!
Etwas zögerlich erhob sich schließlich Elicius von seinem Stuhl. „Na schön“, flüsterte er. „Aber wenn wir deswegen Strafarbeiten bekommen, wirst du gefälligst meinen Anteil erledigen.“
„Das ist jetzt völlig unwichtig! Jetzt komm endlich!“

Gemeinsam versuchten sie so unauffällig wie möglich die Große Halle zu durchqueren und tatsächlich hatten sie Glück, denn auch die Professoren schienen ihrerseits ausnahmsweise so in Gespräche vertieft zu sein, dass keiner von ihnen die beiden flüchtigen Schüler bemerkte.
Kaum hatten sie die Vorhalle erreicht und die schwere Tür hinter sich geschlossen, bedrängte Elicius sie mit der offenbar wichtigsten Frage: „Ist etwas passiert? Ist etwas mit unserer Mutter?“
Zu Emilias bebenden Fäusten gesellte sich eine kurze Gänsehaut. Sie fühlte sich wie ein Stachelschwein, das seine Dornen vor Schreck aufrichtete. „Warum fragst du das zuerst?!“, rief sie und fuhr zu ihm herum. „Machst du dir solche Sorgen um sie?!“
Elicius blieb verblüfft stehen. Sein Mund schnappte auf, doch aus irgendeinem Grund schien ihn der Vorwurf seiner Worte beraubt zu haben. Dann, nachdem einige Sekunden zäh verflossen waren, antwortete er: „Sie ist unsere Mutter.“ Es klang kleinlaut.
„Aha“, machte Emilia.
„Und … es ist normal sich Sorgen um seine Mutter zu machen!“, verteidigte er sich. Statt kleinlaut klang er nun gereizt. „Was ist denn nun los? Ist ihr etwas zugestoßen?“
Kommentarlos drückte Emilia ihm den kurzen Brief in die Hand, von dem noch immer etwas Zwiebelsuppe tropfte. Elicius las ihn - sogar mehrmals. Und während er las, mischte sich ein sehr weicher Ausdruck in sein zuvor noch angespanntes Gesicht. „Unsere Großtante kommt auch zu Besuch“, merkte er schließlich anerkennend an. „Toll.“
Argwohn beschlich Emilia. „Warum ist das toll? Valkyrie ist ein Biest.“
Elicius starrte sie an, als könne er ihre harten Worte nicht nachvollziehen. „Ich weiß nicht … klar, sie ist etwas schwierig, aber … in Ordnung.“
„Nein, es reicht jetzt, Elicius! Was zum Henker verheimlichst du?!“
„Nichts!“
„Was ist so toll daran, dass diese Frau bei uns auftaucht?!“
Betreten senkte Elicius den Blick. „Vergiss was ich gesagt habe“, bat er, „Es ist nicht wichtig. Ich finde es nur schön, dass wir Besuch von Verwandten bekommen. Wenn Valkyrie noch ihren Sohn mitbringt, wird es richtig eng bei uns. Fast wie bei echten Familien.“
Emilia war sich nicht sicher, wie sie Elicius` Erklärung einschätzen sollte. Sagte er die Wahrheit und war es tatsächlich ein Wunsch von ihm, im größeren Kreise die Weihnachtszeit verbringen zu können? Oder steckte im Kern seiner kindischen Worte pure Berechnung? Ein Vertuschungsversuch?

„Du sagst mir nicht die Wahrheit, richtig?“, fragte sie energisch.
Er fixierte sie mit düsterem Blick. „Nur weil du ständig lügst, heißt das nicht, dass andere auch ständig lügen!“
Zielgenau hatte er ins Schwarze getroffen. Und Emilia siedende Wut explodierte. „DU bist der Lügner, Elicius! DU! Du hast HINTER MEINEM RÜCKEN entschieden, wo wir unsere Ferien verbringen! Aber weißt du was?! Ich werde nicht mitkommen! Ich habe NIE vorgehabt, mitzukommen!“ Ihre Lautstärke hatte sich immer höher und höher geschraubt und nun dröhnte ihr Echo in der Vorhalle, bis es schließlich ins Treppenhaus entwich. Ihr war bewusst, dass die Lehrer in der Großen Halle sie vielleicht hören könnten, doch daran verschwendete sie keinen weiteren Gedanken.
„Du bist undankbar!“, giftete Elicius ihr entgegen. „Mutter hat uns eingeladen, du brichst ihr das Herz -“
„Mutter?!“, zischte sie. „Unsere Mutter kann nicht mal deinen verdammten Namen richtig schreiben!“ Zuvor hatte sie deshalb noch entsetzliches Mitleid ihrem Bruder gegenüber verspürt, doch in diesem Moment nistete nur Häme in ihr. Sie nahm den Briefumschlag, der an „Emilia und Elizius Eliassen“ adressiert war und hielt ihn wie eine Trophäe vor die Nase ihres Bruders. „Breche ich wirklich Vigdis` Herz, wenn ich nicht bei ihr auftauche?“, erkundigte sie sich und fügte spitzfindig hinzu: „Dein Herz hat sie längst gebrochen!“
Elicius war schrecklich erbleicht. Der falsch geschriebene Name ging ihm sichtlich nah und Emilia glaubte beinahe, buchstäblich das brennende Messer sehen zu können, das sich in seine Brust bohrte.
Dennoch konnte er nicht anders, als seine Mutter zu verteidigen. „Sie kann halt nicht gut schreiben … sie kann es einfach nicht! Sie ist kaum zur Schule gegangen! Sie ist nicht klug!“
„Sie ist auch keine gute Mutter!“, erinnerte Emilia ihn.
„Sie ist aber kein schlechter Mensch! Sie macht Fehler, ja, aber wer macht das nicht?! Sie kann es einfach nicht besser!“
„Hör auf, dir die Welt schönzureden!“, befahl sie schroff.
„Das tu ich nicht! Ich gebe ihr eine Chance, denn jeder hasst sie! DU hasst sie, Emilia!“

Diese Anschuldigung erwischte Emilia eiskalt. Unfähig das Gesagte entweder zu bestätigen oder zu von sich abzuweisen - denn tief in ihrem Herzen wusste sie tatsächlich nicht, ob sie ihre Mutter hasste oder trotz allem respektierte -, konnte sie nur wehrlos dastehen, während Elicius aus ihr einen Sündenbock machte.
„Du hast Mutter von Anfang an nur Sorgen gemacht, Emilia! Du hast nie auf sie gehört, hast sie vor allen Leuten lächerlich gemacht, hast sie angeschwärzt! Du hast immer ABSICHTLICH alles getan, um ihr das Leben noch schwerer zu machen!“, brüllte er. „Du wolltest ihr nie eine Chance geben und DESHALB war sie so überfordert!“
Für einen Moment hatte Emilia das schreckliche Gefühl, Elicius` harte Worte müssten der Wahrheit entsprechen. Denn es stimmte: Egal wie weit sie sich gedanklich zurück in die Vergangenheit tastete, Emilia musste feststellen, dass sie sich, egal welchen Alters, immer quer gestellt hatte! Ihre Mutter hatte ein schwieriges Leben zu bewältigen gehabt und Emilia hatte dieses Leben noch unendlich mühseliger werden lassen. Es war wie ein roter Faden gewesen, der sich durch den Alltag der Eliassens spannte …
„Siehst du es ein?!“, hakte Elicius nach und bedrängte sie mit dieser Frage regelrecht. „Verstehst du das?!“

Emilia verstand es sehr wohl, doch umso länger sie die Vergangenheit an sich vorüberziehen ließ, desto schärfer zeichnete sich auch die Kontur eines weiteren roten Fadens ab, der maßgeblich ihr Leben beeinflusst hatte: Vigdis Eliassens chronische Überforderung bezog sich nicht bloß auf Emilia, sondern auf das gesamte Dasein dieser Frau. Vigdis war mit der Zauberei überfordert gewesen, mit ihrer Familie, mit der Arbeit und der Muggelwelt, mit der Wahl eines anständigen Lebenspartners - und ja, zu guter Letzt war sie auch mit ihren Kindern überfordert gewesen. Doch hatte das den Braten wirklich fetter gemacht? Mit oder ohne Emilia und Elicius: war Vigdis` Leben nicht schon von Beginn an verkorkst genug gewesen?
„Ich gebe zu, dass es nicht immer einfach mit mir war“, beantwortete Emilia die Fragen ehrlich. „Aber Vigdis hat es mir auch nie einfach gemacht. Und wenn jemand von Anfang an lernt, dass es einerseits besser ist, auf sich selbst aufzupassen, ist es schwierig, andererseits gehorsam zu sein. Aber was verstehst du schon davon, Elicius? Du hattest immer jemanden, entweder Vigdis oder mich, der für dich da war und der dir sagte, was zu tun ist.“
Aber natürlich ließ Elicius nicht so leicht locker. „Ich sehe das anders“, startete er einen neuen Versuch, sie zu überrumpeln. Emilia beschloss, dem einen Riegel vorzuschieben, indem sie ihn zornig unterbrach: „Dann siehst du es halt anders!“, rief sie. „Es ist mir egal was du denkst! Und weißt du was? Du wirst dich gleich hinsetzen und unserer Mutter einen Brief schreiben, dass wir beide nicht zu Besuch kommen werden!“
Die heftige Gegenwehr war abzusehen gewesen. Elicius warf die Arme in die Luft, vielleicht war er kurz davor, Emilia zu packen und zu schütteln. „WIE BITTE?!“, fuhr er sie an. „VERGISS ES!“
Emilia war seine Reaktion egal. Für sie war nur wichtig, ihre Weihnachtsferien in Hogwarts und fernab des Familienlebens zu verbringen. Und was Elicius anging, so hatte sie nicht vor, ihn alleine nach Norwegen reisen zu lassen, wo es ihm möglich sein würde, hinter ihrem Rücken familiäre Kontakte mit den übrigen Eliassens zu knüpfen. Natürlich wusste Emilia, wie egoistisch es war, ihrem Bruder zu verbieten, das Weihnachtsfest bei seiner Familie zu verbringen, und dafür schämte sie sich. Andererseits - und dieses Gefühl wog sehr viel mehr als die Scham - fürchtete sie sich davor, Elicius könnte tatsächlich planen, zurück zu ihrer Mutter zu ziehen. Und es war diese Furcht, die ihr dazu riet, Elicius möglichst fern von Norwegen und der restlichen Familie zu halten.

Emilia stand mit verschränkten Armen vor ihrem Bruder und bemühte sich darum, möglichst ausdruckslos seinem wütenden Gefühlsausbruch standzuhalten, ihm ruhig dabei zuzusehen, wie er tobte, schrie und bettelte. Ihr Entschluss stand fest und an ihrem Willen rüttelte nur die Angst, Elicius könnte sich trotz allem über sie hinwegsetzen. Irgendwann würde der Augenblick kommen, in dem er begreifen würde, dass er mehr war, als nur Emilias jüngerer Bruder, dass er größer war als sie und stärker - und vielleicht sogar vernünftiger. Aber bitte, flehte sie gedanklich, lass ihn wenigstens heute noch auf mich hören!
„Ich verstehe es nicht!“, rief Elicius weiterhin aufgebracht. Zornesröte hatte sich in sein sonst so blasses Gesicht geschlichen, seine Wangen schienen zu glühen. „Warum kannst du nicht einmal klein beigeben?! Was ist so schlimm daran, die Ferien bei unserer Mutter zu verbringen? Du machst zuhause doch eh immer was du willst! Du gehst ihr doch eh ständig aus dem Weg! Und außerdem können wir zu Hause Dinge machen, die in Hogwarts unmöglich sind. Fernsehen zum Beispiel! Ins Kino gehen! Draußenbleiben solange wir wollen! Sieh doch einfach mal die positiven Seiten!“
Elicius` Überredungskünste waren schon immer unter die Kategorie „Armselig und Überflüssig“ gefallen, dennoch musste Emilia zugeben, dass sie viele Aspekte des Muggellebens sehr wohl vermisste. Dennoch sträubte sie sich bei dem Gedanken, ein klägliches Weihnachtsfest bei ihrer Mutter verbringen zu müssen und kein Kinofilm der Welt konnte eine verkohlte Festtagsgans und einen schrumpeligen, schmucklosen Weihnachtsbaum wettmachen.
Also blieb sie hart und erinnerte Elicius kurz daran, dass sie bereits „Nein“ gesagt hatte.
„Aber ich will nach Hause!“, flehte Elicius klagend. „Ich will Mama wieder sehen!“
„Elicius, ich habe Nein gesagt!“
„Aber -!“
Matt und verloren senkte Elicius den Blick und fixierte den kurzen Brief in seinen Händen an, während sich ein verdächtiger feuchter Schimmer in seinen dunklen Augen ausbreitete. „Dann lass wenigstens mich alleine gehen“, bat er.
„Keine Chance!“
Er hob den Blick und starrte ihr voller Unverständnis entgegen. „Warum nicht?!“
„Weil ich nicht will, dass du alleine zu Hause bist, okay?!“, fuhr Emilia ihn in einem besonders aufbrausenden Tonfall an, mit dem sie ihre verzweifelte Notlüge etwas zu vertuschen versuchte. „Was ist, wenn Vigdis dieser ganze Familienmist nach einer Woche zu viel wird und sie sich wieder aus dem Staub macht? Jaah, dann sitzt du nämlich ganz schön blöd alleine da, richtig Elicius? Weißt du dann, was zu tun ist?!“ In Wirklichkeit hielt Emilia ihren Bruder längst für selbstständig genug, um eine solche Situation mit Bravour zu meistern, doch das sagte sie ihm natürlich nicht.
Elicius selbst schien jedoch auch ohne ihre Einschätzung der Meinung zu sein, er sei alt und weise genug, um mit ihrer verfahrenen Familiensituation umgehen zu können. „Ich wüsste sehr wohl was zu tun ist!“, erklärte er ohne jegliche Unsicherheit in der Stimme. „Ich kann sehr gut auf mich aufpassen. Schließlich bin ich bloß ein Jahr jünger als du!“
„Wird dir bloß nicht viel nützen, denn trotzdem lasse ich dich nicht nach Hause fahren.“

Das war der Moment, in dem die Situation eskalierte: Elicius hob seine Hände, als ob er Emilia an den Schultern packen wollte - dass er nicht vorhatte, sie zu schlagen, wusste Emilia, denn dazu war ihr Bruder zu friedfertig, doch sie hatte durchaus das Gefühl, dass er sie, sobald er zugepackt hatte, kurz durchschütteln würde - und Emilia hob reflexartig ihr rechtes Knie, das sie ihm mit aller Kraft in den Magen rammte. Der Tritt beendete ihr Streitgespräch.
Elicius wich keuchend vor ihr zurück und hielt sich den Bauch. Offenbar hatte sie zielsicher direkt sein Mittagessen getroffen, Elicius würgte kurz, übergab sich zum Glück aber nicht. Stattdessen spiegelte sich blanker Zorn in seinen Augen wieder, er ballte seine Fäuste und spuckte ihr mit einer sich überschlagenden Stimme genau die Worte entgegen, die sie nicht hören wollte: „Ist mir egal was du tust, Emilia, aber ICH WERDE HEIMFAHREN!“
Damit war alles gesagt und alles getan. Elicius machte auf dem Absatz kehrt und stürmte die Treppe hinab in Richtung Gemeinschaftsraum. Emilia blieb schweigend zurück, verblüfft über die bittere Erkenntnis, dass ihr endgültig die Kontrolle entglitten war und dass sie am heutigen Tage all das erreicht hatte, was sie niemals erreichen wollte.

Fortsetzung folgt …


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Das, was Harry so liebenswert macht, sind, glaube ich, seine charakterlichen Stärken, die wir selbst gerne hätten, und es sind auch seine Schwächen, die wir nur allzu gut verstehen.
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