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Fanfiction

Ancient History I - Der Verbotene Wald - Der Schädel und die Stimme

von Kiosk

18. Der Schädel und die Stimme

Personen:
Elicius Eliassen: Elfjähriger Sohn von Vigdis Eliassen und der Bruder von Emilia. Ein eher ruhiger, zurückhaltender Slytherin. Kam vor seiner Einschulung in Hogwarts kurzzeitig bei den Rathburn unter.

Emilia Eliassen: Zwölfjährige Tochter von Vigdis Eliassen. Eine Slytherin. Sie ist stets aufmerksam und besitzt ein eher verschlagendes Wesen. Kam vor ihrer Einschulung in Hogwarts kurzzeitig bei den Rathburns unter.

Garm McKinstry: Ein jugendlicher Unruhestifter aus Slytherin. Er scheint in Imperia verliebt zu sein. Er und seine drei besten Freunde - Erebus Nott, Veikko Johnson und Prester Perkins - bilden die so genannte Toilettenmafia.

Humphrey Belcher: Ulysses` Klassenkamerad. Ein liebenswürdiger Ravenclaw

Imperia Malfoy: Die ältere Schwester von Lucius. Eine Slytherin und Vertrauensschülerin. Sie wirkt kühl und distanziert und fällt im ersten Moment stets durch ihre Schönheit auf

Madam Burgunder: Sie unterrichtet den Benimmunterricht für die Mädchen. Trotz ihres miesen Charakters scheinen ihr die Männer zu Füßen zu liegen

Plumbeus Bott: Der Sohn des Bohnenerfinders Bertie. Er fällt besonders durch seine Langsamkeit und Zerstreutheit auf. Ein Hufflepuff

Professor Jarovit: Ein entfernt menschlicher Mann. In Russland jagte er unter anderem Wewölfe, Vampire und Schwarzmagier. In Hogwarts unterrichtet er Verteidigung gegen die Dunklen Künste

Rubeta und Arachne Cox: Zwei elfjährige Zwillingsschwestern mit großem Herz füt exotische Tiere. Rubeta ist eine Ravenclaw-Schülerin, Arachne eine Slytherin

Ulysses Rathburn: Elfjähriger Sohn von Bethesda. Verwöhntes Einzelkind. Ein Ravenclaw. Stellt sich gegenüber Emilia und Elicius auf stur.

Victoria Knight: Eine Erstklässlerin aus Ravenclaw. Sie ist stets munter und aufgeweckt. Ihr Haustier ist ein stinkender, aber handzahmer Vielfraßrüde namens Rudolph.

William Barkley: Ein Erstklässler aus Ravenclaw. Wie Ulysses stammt auch er aus Hogsmeade, wo er zusammen mit seiner etwas verschrobenen Mutter ein Haus am Rand des Dorfes bewohnt. Er ist ungewöhnlich still und unabhängig

Bisherige Handlung:
Während einer Exkursion in den Wald wird Professor Kesselbrand von einem wild gewordenen Tier verletzt und büßt einen seiner Finger ein. Victoria Knights Haustier, der Vielfraßrüde Rudolph, nutzt das allgemeine Chaos, um sich von der Leine loszureißen und in dem Wald zu verschwinden. Victoria folgt ihm ohne zu zögern. Emilia, Elicius, William und Rubeta beschließen, das Mädchen zu suchen. Sie finden jedoch nicht nur Victoria und ihren Vielfraß, vielmehr entdeckt Emilia auf einem hohen Quader liegend einen menschlichen Totenschädel. Da die Kinder glauben, es könnte sich um den Schädel eines vermissten Menschen handeln, beschließen sie, ihn nach Hogwarts zu schaffen und ihm dort einem Professor zu präsentieren.

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

September 1961

Kaum hatte sich die fünfköpfige Gruppe wieder in Bewegung gesetzt, da ging ein eisiges Rauschen durch den Wald, ganz so, als ob sich ein arktischer Wind mit einem Mal in die Lüfte erhoben hätte, um die toten Zweige und Blätter der Bäume ein letztes Mal in Bewegung zu setzen.
Seltsam, wenn man bedachte, dass es innerhalb des Waldes zuvor gespenstig still gewesen war.
Rudolph, der wieder artig an Victorias Leine lief, schien die plötzliche Böe in Panik zu versetzen, denn mit einem fast schmerzhaft klingenden Laut stob das kräftige Tier nach vorne, und hätte die schmächtige Victoria womöglich mit sich gerissen, wenn William nicht geistesgegenwärtig nach seiner Leine geschnappt hätte. Von den beiden Kindern zurückgehalten, duckte sich Rudolph flach an den Waldboden und - noch immer schrecklich jaulend - stieß seine Nase in die Erde. Auf Emilia wirkte das Tier verzweifelt, doch unglücklicherweise stellte sie keinen direkten Zusammenhang zu dem Wind her, der auf einmal aufgekommen war.
„Hat ihn ein Insekt in die Nase gestochen?“, fragte sie stattdessen an Victoria gewandt. „Ich habe mal einen Hund gesehen, der sein Maul auch in den Boden gegraben hat, nachdem er von einer Wespe erwischt worden ist.“
Victoria zuckte ratlos mit den Schultern. Der kräftige Wind wühlte sich durch ihre vielen blonden Haare, zerrte an ihrer Kleidung und wehte Partikel in ihre Augen. Emilia und den anderen ging es nicht unähnlich.
Das Heulen des Sturms hätte ihre Stimme fast verschluckt, als Emilia durch das Getöse hinweg rief: „Wir müssen weiter! Beeilt euch!“
Die ersten gebrechlichen Zweige wurden aus den Wipfeln der Bäume gefegt und regneten - ebenso wie Laub - auf sie herab, als sich die fünf Kinder weiter in Richtung Waldrand bewegten. Nun hatten sie beständigen Rückenwind, denn der Wind wechselte nicht ein einziges Mal seine Richtung. Er blies direkt aus dem Herzen des Waldes, als würde der Ort selbst ihn ausatmen und damit versuchen, die Eindringlinge zu vertreiben.
Mit vereinten Kräften zogen Victoria, William und nun auch Elicius den Vielfraß mit sich, der angstvoll vor sich hin wimmerte. Es waren furchtbare, fremdartige Laute, die Emilia einen Schauer über den Rücken laufen ließen. Sie wusste, dass Tiere - zumal Rudolph einer wilden Art angehörte - in den seltensten Fällen solch wehleidige Schreie von sich geben würden, selbst im Tod schwiegen die meisten von ihnen noch. Rudolphs Benehmen war also entweder vollkommen theatralisch und übertrieben - und ein Insektenstich war der Auslöser - oder er hatte einen triftigen Grund, so panisch und verzweifelt zu reagieren.
„Wir müssen ihn tragen!“, schlug Elicius vor. „Wenn wir ihn weiterhin ziehen, erwürgen wir ihn noch!“
„Er wiegt an die sechzig Pfund! Ich weiß nicht, ob wir ihn einfach so tragen können!“, gab Victoria zu bedenken.
Elicius und William versuchten es dennoch und zu zweit schafften sie es, das Tier anzuheben und zu tragen. In ihren Armen wurde Rudolphs Körper schlaff, doch trotz dieses Schwächeanfalls schien er zufrieden damit, nicht mehr selbst zu laufen und gegen die Leine ankämpfen zu müssen.

Auf Grund ihres verstauchten Knöchels war Rubeta nun die einzige, die nicht Schritt halten konnte. Emilia beschloss, an ihrer Seite zu bleiben und sie zu stützen, doch kaum hatte sie das Mädchen erreicht, musste sie feststellen, dass es nicht nur an dem schmerzenden Fuß lag, dass Rubeta sich so langsam durch das Unterholz bewegte.
Rubeta stand wie angewurzelt zwischen zwei der wuchtigen Bäume, durch die der Wind geräuschvoll heulte, und spähte über ihre Schulter hinweg in das finstere Herz des Waldes.
Nur, dass es in dieser Richtung längst keine Finsternis mehr herrschte.
Denn als Emilia Rubeta endlich erreicht hatte und ihrem starren Blick folgte, erkannte sie in der Ferne einen leichten Schimmer, der hinter den Bäumen hervortrat. Das fahle Licht war bläulich und flackerte unbeständig, doch es war hell genug, um die Düsternis zu vertreiben, die zuvor wie ein Leichentuch über den gesamten Wald gelegen hatte.
„Könnten das Madam Sprout und die anderen sein?“, rief Rubeta hoffnungsvoll. „Ist das vielleicht das Licht ihrer Zauberstäbe?“
Und ohne eine Antwort von Emilia abzuwarten, humpelte Rubeta in die entsprechende Richtung. Emilia folgte ihr ohne zu zögern, doch sie wusste, dass dieses Licht unmöglich von der restlichen Gruppe stammen konnte, denn der Pfad, auf dem sie sich während der Exkursion bewegt hatten, lag rechts von ihnen und in einiger Entfernung. Dieses Licht hingegen bewegte sich jedoch direkt vor Emilia und Rubeta.
Schnell hatte Emilia das Mädchen eingeholt und fasste sie am Oberarm, um sie zurückzuhalten. „Das ist nicht der richtige Weg, Rubeta!“, brüllte sie über die Sturmböen hinweg. „Und das sind auch nicht die Zauberstäbe der anderen!“
Doch Rubeta schien bereits selbst begriffen zu haben, wie falsch sie gelegen hatte, denn das geisterhafte Leuchten, das zwischen den Bäumen hindurch erstrahlte, hatte sich mit großer Geschwindigkeit von ihr entfernt, während Rubeta darauf zu gerannt war. Mehr wie lebendiges, fließendes Wasser als echtes Licht hatte sich die Erscheinung wegbewegt, wie eine Flut, die sich unweigerlich zurückzog.
„Es ist zu schnell, als dass es von Menschen stammen könnte“, fügte Emilia hinzu.
„Aber war könnte es sonst sein?“, zweifelte Rubeta. Es war ihr anzusehen, dass sie hin- und hergerissen war zwischen Furcht und Hoffnung.
„Außerdem - ich meine, wenn das wirklich unsere Gruppe wäre - wäre es nicht gut, einfach so darauf zu zu rennen“, meinte Emilia mit bangem Blick auf den flackernden Schein, der zwischen den fernen Bäumen loderte. „Du weißt doch, dass sie uns nicht auf diese Weise erwischen dürfen. Wir müssen uns der Gruppe unauffällig anschließen und sie nicht einfach umrennen.“

Doch Emilia war sich nicht sicher, ob Rubeta ihre Worte gehört hatte. Ob sie die Worte überhaupt hören konnte. Denn Emilias Stimme war von dem Wind fort getragen worden, so wie das herumwirbelnde Laub um sie herum. Doch die kräftigen Böen rissen nicht bloß alles mit sich, nein, Emilia hatte das deutliche Gefühl, als ob der Wind von einem fernen Echo begleitet werden würde.
Ein Echo wie das einer Stimme.
Und ebenso kalt wie das Licht vor ihnen.
Doch Emilia war sich nicht sicher. Es könnte eine Sinnestäuschung sein und so laut, wie der Sturm um ihre Ohren wehte und züngelte, wäre es eigentlich unmöglich, überhaupt etwas zu hören - abgesehen von dem Wind selbst natürlich.
Und dennoch hatte sich eine Gänsehaut auf ihrem Körper gebildet, als sie daran dachte, womit sie dieses Echo verband: An die Stimmen verlorener Menschen, die durch einen eisigen Schneesturm hindurch nach Rettung schrieen und flehten, jedoch einzig der Widerhall ihrer Stimmen mit dem Wind fortbestand, während ihre Körper längst erfroren waren.
Einige von Emilias Familienmitgliedern hatten Schauermärchen darüber erzählt, dass der arktische Wind in kalten Winternächten die Menschen aus ihren Häusern lockte, indem es mit den Stimmen der Toten nach ihnen rief. Besonders Vigdis Eliassen war der Meinung gewesen, der Wind würde sich - weil er ihre Leichen nicht mit sich tragen konnte - die letzten, flehenden Laute der Todgeweihten einverleiben und mit ihrem Echo bis in alle Ewigkeiten spielen. Als Erinnerung an seine schrecklichen Sturm - und Wintermorde.
Hatte ihre Mutter zu guter Letzt recht gehabt?
Steckte hinter der Geschichte von den mordlustigen Stürmen der Arktis doch ein Fünkchen Wahrheit?
Ein Fünkchen Tatsache?
„Unmöglich“, sagte Emilia zu sich selbst. Sie sprach leise, doch es machte keinen Unterschied, denn selbst wenn sie gebrüllt hätte, hätte der plötzlich stark zugenommene Sturm ihre Worte erneut mit sich gerissen. „Ich muss mich täuschen. Das Echo stammt von keinem Menschen.“ Obwohl sie den Klang ihrer Stimme nicht hören konnte, stimmten ihre Worte sie zuversichtlicher.
Ja, und wenn sie so darüber nachdachte, klang der Wind tatsächlich bloß wie Wind, der durch das Dickicht und den Farn rauschte und sich links und rechts an den Bäumstämmen vorbeidrängte und dabei die markanten, aber dennoch typischen Geräusche verursachte.
Es waren keine Stimmen.
Ganz bestimmt nicht.

Langsam versiegte Emilias Furcht vor dem Unbekannten und der nerven-nagende Horror, der sich in ihrem Kopf verschanzt hatte, verflüchtigte sich. Sie griff Rubeta an der Schulter und brachte sie dazu, ihr in Richtung Waldrand zu folgen. Knapp fünf Minuten später holten sie die drei anderen Kinder ein, die neben einer hügelartigen Verwerfung stehen geblieben waren und offensichtlich voller Unruhe auf die Nachzügler gewartet hatten.
Elicius versteinertes Gesicht hellte sich auf, als Emilia schließlich aus dem Unterholz huschte. „Wo warst du nur?“, fragte er. „Wir dachten, irgendetwas wäre passiert!“
Sie gönnte sich eine kurze Verschnaufpause und stützte die Hände auf die Knie, ehe sie antwortete: „Keine Sorgen. Rubeta kam mit ihrem verletzten Fuß nicht so schnell voran und -“
„Emilia“, unterbrach Victoria sie. „Sag, was ist das für ein merkwürdiges Licht dort hinten?“ Und sie deutete über Emilias Schulter hinweg in Richtung der Erscheinung, die zwar in einiger Entfernung hinter den Bäumen umherwanderte, jedoch noch immer recht gut zu sehen war.
„Es ist uns schon vor einer ganzen Weile aufgefallen“, fügte William hinzu. Seine Stimme klang lahm und alles andere als aufgeregt, dennoch sah man ihm an, dass ihm die Situation nicht geheuer war: er musterte das Licht voller Argwohn und seine Augen zuckten dabei unruhig hin und her.
Aus irgendeinem Grund hatte Emilia gehofft, der merkwürdige Schein zwischen den Bäumen würde ihren restlichen Begleitern nicht aufgefallen sein. Nun hatte sie das Gefühl, sich für das, was sich dort hinten, im Herzen des Waldes, abspielte, rechtfertigen zu müssen.
„Rubeta und ich haben es auch bemerkt“, sagte sie und kaschierte ihre Sorge mit einem kalten Unterton in der Stimme. „Doch dieses Licht ist ungefährlich. Es hat sich von uns entfernt, statt uns zu folgen und deshalb -“
„Aber wenn man sich dem Licht nährt“, unterbrach sie Rubeta, „sind da plötzlich Stimmen im Wind.“
Als hätte man ihnen einen furchtbaren Schreck versetzt, waren Elicius, Victoria und William buchstäblich einen Schritt vor Rubetas Bemerkung zurückgewichen.
Rubeta hatte ihre Worte in einen harmlos klingenden Plauderton gekleidet. So harmlos, als ob sie über ihre Kleidergröße oder den Zustand ihrer Schulbücher gesprochen hätte.
Doch Rubeta hatte von den Stimmen im Wind erzählt, ein Thema, das Emilia eigentlich dem Reich ihrer Phantasie zugeschrieben hatte. Aber wenn Rubeta diese Stimmen ebenfalls vernommen hatte, wie konnte Emilia dann noch an eine Sinnestäuschung glauben?
„Wie bitte?!“, entfuhr es Victoria und ihre übermäßige Haarpracht schien sich regelrecht vor Angst zu sträuben. Auch ihr Tonfall war ungewohnt: heller und so ungesund rau, als hätte die Panik selbst an ihrer Stimme geschmirgelt.
Rubeta wiederholte ihre Worte mit der selben Arglosigkeit wie zuvor: „Wenn man sich dem Licht nährt, hört man Worte im Wind.“ Dabei wandte sie sich an Emilia. „Du hast es sicherlich auch gehört, nicht wahr?“
Emilia musste zugeben, dass sie überrumpelt war, und sie war sich sicher, inzwischen so kalkweiß im Gesicht zu sein wie ein Geist. Am liebsten hätte sie abgestritten, ebenfalls Stimmen gehört zu haben, doch aus Erfahrung wusste sie, dass es unmöglich war zu lügen, wenn einem der Schrecken bereits anzusehen war.
„Nun“, sagte sie deshalb, „ja, ich habe etwas gehört. Aber ich bin mir nicht sicher, was es war. Genauso gut hätte es der Wind selbst sein können. Der spielt einem halt manchmal Streiche.“
„Es ist mir völlig egal was es war!“, rief Victoria. „Ob es nun Stimmen sind oder nur der Wind. Ich will jetzt auch nicht wissen, was es mit diesem Licht dort drüben auf sich hat! Ich will einfach nur aus diesem Wald raus!“

Und damit hatte Victoria ausgesprochen, was sich wohl jeder bereits längst gewünscht hatte, weshalb ihre Bitte auch wortlos in die Tat umgesetzt wurde. Ohne weiteres herumrätseln oder lange Diskussionen, wandten sich die fünf Kinder ab und schritten eilig weiter in Richtung Waldrand, bis sie - kaum fünf Minuten später - auch auf den Pfad stießen, den sie zuvor zusammen mit der Exkursionsgruppe entlang gewandert waren.
Hier war der Wind, der ihnen zuvor noch wie ein wildes Tier an der Kleidung gezerrt hatte, zu kaum mehr als einer lauen Herbstbrise verkommen, der das muffige Unterholz auffrischte. Und auch das Licht war am Horizont nicht mehr erkennbar, egal wie sehr sich die Kinder bemühten, es irgendwo zwischen den Bäumen zu erspähen.
„Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wo Madam Sprout und der Rest der Gruppe sind“, sagte Elicius ernst und wandte sich dem Pfad zu, an dessen Rand sie wie Zinnsoldaten aufgereiht standen. „Ist die Gruppe vielleicht schon an uns vorbeigegangen? Oder kommen sie noch?“
Emilia wusste darauf keine Antwort. Sie blickte von einer Richtung zu anderen, doch nirgends sah oder hörte sie etwas Verdächtiges. Schließlich leuchtete sie mit ihrem Zauberstab gen Boden und untersuchte die unzähligen Fußspuren, die das Laub und den Erdboden aufgewühlt hatten, doch die Spuren waren unmöglich einzuordnen.
Es war Rudolph, der erneut den entscheidenden Hinweis lieferte, denn er war es, der plötzlich damit begann, seine Schnauze interessiert den Boden auf - und abwandern zu lassen. In einigen Metern Entfernung stoppte Rudolph und gab begeisterte Laute von sich, woraufhin die Kinder näher traten. Im Licht ihres Zauberstabes entdeckte Emilia etwas frisches Blut, das auf dem toten Laub klebte.
„Könnte Professor Kesselbrands Blut sein“, mutmaßte William und sprach damit Emilias Verdacht aus. „Demnach müsste die Gruppe schon an uns vorbei gegangen sein.“
„Es könnte auch das Blut einer anderen Person sein“, meinte Victoria. „Irgendein Schüler, der in einen Dornenbusch gegriffen oder sich das Knie aufgeschlagen hat.“
„Das ist richtig, Victoria.“ Emilia nickte ihr zu. „Es könnte viele Erklärungen dafür geben, warum ein paar Tropfen Blut auf dem Waldboden liegen. Trotzdem würde ich vorschlagen, dass wir trotzdem in Richtung Waldrand gehen. Eine Alternative haben wir nicht. Schließlich können wir nicht ewig hier stehen bleiben.“
„Außerdem sieht das Blut frisch aus“, wusste William zusätzlich einzuwerfen. „Der Besitzer muss erst vor kurzem hier entlanggegangen sein, deswegen denke ich nicht, dass das Blut von einer Verletzung stammt, die sich jemand auf dem Hinweg zugezogen hat. Es muss auf dem Rückweg passiert sein. Logischerweise muss die Gruppe deshalb schon an uns vorbei gelaufen sein.“
Williams Schlussfolgerung leuchtete allen ein und ebenso stillschweigend wie zuvor, setzten sich die fünf Kinder und der Vielfraß wieder in Bewegung und eilten so schnell waldauswärts, wie es ihnen möglich war.
Es dauerte nicht lange, da hörten sie vor sich im Dunkeln die ersten Stimmen. Es waren bedrückte, ernste Stimmen, die jedoch eindeutig von Menschen stammten - und nicht etwa Sinnestäuschungen oder Lockrufe waren, so wie Emilia es bei den vom Sturm getragenen Stimmen angenommen hatte.
Auf einen stummen Befehl hin löschten sie ihre Zauberstäbe und schlichen sich näher an ihre Gruppe heran, bis sie die ersten Personen erkennen und einzelne Worte verstehen konnten. Zu Emilias Erleichterung hörte sie die meisten Kinder bloß leise über Professor Kesselbrands Verletzung reden und nicht etwa über fünf Schulkameraden, die im Wald verschwunden waren. Das musste bedeuten, dass ihr Fehlen noch immer nicht aufgefallen war.

Rubetas Zwillingsschwester Arachne bildete das Schlusslicht der Gruppe, ein Zufall, der Emilia sehr behagte, denn so würden sie sich einfach hinter Arachne einreihen können, ohne dass es einem anderen Schüler auffallen würde. Und Emilias Plan ging auf. Zwar zuckte Arachne heftig zusammen, als sie und die anderen plötzlich an ihrer Seite auftauchten, doch darüber hinaus gab sie keinen Mucks von sich. Sie strahlte bloß stolz, als sie Rubeta erblickte, die - abgesehen von den Spuren ihrer dornigen Gesichtsbehandlung und des leichten Humpelns - munter und gesund war.
„Hat jemand bemerkt, dass wir weg waren?“, fragte Emilia noch einmal sicherheitshalber.
Arachne schüttelte den Kopf und flüsterte zurück: „Nein, keine Sorge. Bisher hatte Madam Sprout noch nicht die Gelegenheit, die Gruppe durchzuzählen, weil sie so mit Professor Kesselbrands Verletzung beschäftigt war. Sie hat uns bloß angewiesen, dicht beisammen zu bleiben und auf keinen Fall zu trödeln.“
Wenig später erreichten sie den Waldrand. Emilia war überrascht, dass sie, als sie unter den schattigen Bäumen heraustrat, einen strahlendblauen Herbsthimmel über sich sah, der sie nach der langen Dunkelheit schmerzhaft blendete. Der rotgoldene Schimmer am Horizont verriet, dass die Dämmerung bald einsetzen würde und als Emilia in der Ferne Hogwarts entdeckte, wurde ihr bewusst, dass sie während der Wanderung einen unglaublichen Hunger entwickelt hatte. Unwillkürlich griff sie sich an den Bauch, der zu knurren begonnen hatte und Rudolph dabei ernsthafte Konkurrenz machte.
Erst jetzt holte Madam Sprout die Gelegenheit nach, die Anwesenheit der Schüler zu überprüfen und sie durchzuzählen. Sie kam zu dem Schluss, dass alle vollzählig um sie versammelt waren.
Im Tageslicht sah Madam Sprout blass und abgekämpft aus. Die überraschenden Geschehnisse im Wald schienen ihr zugesetzt zu haben. Doch im Gegensatz zu dem herumjammernden Professor Kesselbrand, der seine Hand in blutige Mullbinden eingewickelt hatte, behielt Madam Sprout dennoch die Fassung.
„Ich entschuldige mich noch einmal für das, was im Wald passiert ist“, sagte sie ehrlich und seufzte daraufhin. „Doch vielleicht wird euch diese Erfahrung fortan dazu ermahnen, den Wald nie ohne Aufsicht zu betreten. Ich kann es nur hoffen.“
Mit diesen Worten setzte sie sich wieder in Bewegung, gefolgt von Professor Kesselbrand und dem Rest der Gruppe.
Als sie Hogwarts schlussendlich erreichten, stand das Abendessen kurz bevor. Doch die meisten der Exkursionsteilnehmer schienen nach den Geschehnissen nicht an Essen denken zu wollen und verschwanden in Richtung ihrer jeweiligen Gemeinschaftsräume, während Madam Sprout Professor Kesselbrand zum Krankenflügel begleitete.
Auch Emilia beschloss die Zeit zu Nutzen und huschte hinab in die Kerker, hinein in den Gemeinschaftsraum der Slytherins und von dort aus in ihren Schlafsaal. Sie ließ ihre Tasche von den Schultern und holte vorsichtig den gefundenen Schädel daraus hervor. In dem leeren, düsteren Saal, der nur von einigen tropfenden Wachskerzen erhellt wurde, wirkte der Schädel auf Emilia ähnlich unheimlich wie zuvor im Wald. Morgen würde Emilia den Schädel einem der Professoren zeigen und fragen, was es damit auf sich haben könnte. Am Besten, so entschied sie, wäre es, Professor Jarovit zu fragen. Der sah zwar aus wie eine Mischung zwischen buckligem Mann, Gnom und einer braunen Kartoffel, doch als Lehrer für das Fach Verteidigung gegen die Dunklen Künste hatte er sicherlich Ahnung von Knochen, Schädeln und Leichen.
Doch bis dahin würde Emilia den Schädel unter ihrem Bett verwahren, wo er sicher zwischen ihren Kleidern und Büchern und in einem Tuch eingewickelt liegen und ihr hoffentlich keine allzu furchtbaren Alpträume bescheren würde.

Fortsetzung folgt…


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