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Fanfiction

Ancient History I - Der Verbotene Wald - Vielfraß Rudolphs Knochenfund

von Kiosk

17. Vielfraß Rudolphs Knochenfund


Personen:
Elicius Eliassen: Elfjähriger Sohn von Vigdis Eliassen und der Bruder von Emilia. Ein eher ruhiger, zurückhaltender Slytherin. Kam vor seiner Einschulung in Hogwarts kurzzeitig bei den Rathburn unter.

Emilia Eliassen: Zwölfjährige Tochter von Vigdis Eliassen. Eine Slytherin. Sie ist stets aufmerksam und besitzt ein eher verschlagendes Wesen. Kam vor ihrer Einschulung in Hogwarts kurzzeitig bei den Rathburns unter.

Garm McKinstry: Ein jugendlicher Unruhestifter aus Slytherin. Er scheint in Imperia verliebt zu sein. Er und seine drei besten Freunde - Erebus Nott, Veikko Johnson und Prester Perkins - bilden die so genannte Toilettenmafia.

Humphrey Belcher: Ulysses` Klassenkamerad. Ein liebenswürdiger Ravenclaw

Imperia Malfoy: Die ältere Schwester von Lucius. Eine Slytherin und Vertrauensschülerin. Sie wirkt kühl und distanziert und fällt im ersten Moment stets durch ihre Schönheit auf

Madam Burgunder: Sie unterrichtet den Benimmunterricht für die Mädchen. Trotz ihres miesen Charakters scheinen ihr die Männer zu Füßen zu liegen

Plumbeus Bott: Der Sohn des Bohnenerfinders Bertie. Er fällt besonders durch seine Langsamkeit und Zerstreutheit auf. Ein Hufflepuff

Professor Jarovit: Ein entfernt menschlicher Mann. In Russland jagte er unter anderem Wewölfe, Vampire und Schwarzmagier. In Hogwarts unterrichtet er Verteidigung gegen die Dunklen Künste

Rubeta und Arachne Cox: Zwei elfjährige Zwillingsschwestern mit großem Herz füt exotische Tiere. Rubeta ist eine Ravenclaw-Schülerin, Arachne eine Slytherin

Ulysses Rathburn: Elfjähriger Sohn von Bethesda. Verwöhntes Einzelkind. Ein Ravenclaw. Stellt sich gegenüber Emilia und Elicius auf stur.

Victoria Knight: Eine Erstklässlerin aus Ravenclaw. Sie ist stets munter und aufgeweckt. Ihr Haustier ist ein stinkender, aber handzahmer Vielfraßrüde namens Rudolph.

William Barkley: Ein Erstklässler aus Ravenclaw. Wie Ulysses stammt auch er aus Hogsmeade, wo er zusammen mit seiner etwas verschrobenen Mutter ein Haus am Rand des Dorfes bewohnt. Er ist ungewöhnlich still und unabhängig

Bisherige Handlung:
Während einer Exkursion in den Wald, wird Professor Kesselbrand von einem wild gewordenen Tier verletzt und büßt einen seiner Finger ein. Victoria Knights Haustier, der Vielfraßrüde Rudolph, nutzt das allgemeine Chaos, um sich von der Leine loszureißen und in dem Wald zu verschwinden. Victoria folgt ihm ohne zu zögern. Elicius, William und Rubeta beschließen, das Mädchen zu suchen.

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

September 1961

Nach zehn Minuten des Wartens war Professor Kesselbrands Wunde noch immer nicht richtig versorgt und stets spritzte neues Blut hervor, floss über seine Hand und von dort aus tropfte es auf das alte, hinfällige Laub am Boden.
Madam Sprout war außer sich und musste sich um Fassung bemühen, dennoch konnte man ihr ansehen, wie sehr sie mit dieser außerplanmäßigen Situation überfordert war. Mitten in einem als gefährlich geltenden Wald und umgeben von einer Schar entsetzter und aufgewühlter Schüler versuchte sie vergeblich, die Blutung ihres Kollegen zu stillen und ganz nebenbei auch den nächsten Schritt zu planen.
„Wir werden sofort umkehren, sobald es Professor Kesselbrand wieder besser geht“, versicherte sie den jüngeren Schülern, die sich um sie herum drängten und die stämmige Lehrerin mit angstvollem Rehblick beobachteten.
„Mir geht es gut!“, bellte Professor Kesselbrand sogleich. Dass man ihn für so pflegenswert hielt, schien ihm wenig zu gefallen und inzwischen hatte sich ein zorniges Tomatenrot auf seinem Gesicht breitgemacht. Vom erhöhten Blutdruck angestachelt, spritzte auch sogleich wieder frisches Blut aus der Wunde.
Emilia wandte sich von der Szenerie ab und ließ ihren Blick suchend zwischen jenen Bäumen hin und herstreifen, zwischen denen ihr Bruder, William und Rubeta verschwunden waren. Längst konnte sie keine Spur mehr von ihnen entdecken und auch die fernen, heimlichtuerischen Geräusche, die ihre Schritte noch eine ganze Weile verursacht hatten, waren verklungen. Dort, wo die drei verschwunden waren, herrschte erneut diese ganzheitliche Stille, so als hätte sich ein eiserner, schalldichter Sarkophag über den Wald gelegt, der kein Geräusch preisgeben wollte.
Emilia war unruhig. Gute zehn Minuten lang war ihr Bruder nun schon verschwunden und allmählich wurde ihr klar, dass es unvernünftig von ihr gewesen war, ihn gehen zu lassen. Die Verantwortung für ihn oblag noch immer bei ihr und obwohl es natürlich Momente gab, in denen sie das nicht wahrhaben und lieber das Leben einer unbedarften Zwölfjährigen leben wollte, war sie sich immer ihrer Rolle bewusst gewesen.
Wenn ihm hier und heute etwas zustoßen würde … wäre es dann nicht auch ihre Schuld?
Und wäre sie nicht auch der Mensch auf der Welt, der am meisten um ihn trauern würde?
Noch immer ruhelos trag Emilia von einem Fuß auf den anderen, lugte durch das Unterholz und versuchte, etwas in der Ferne zu erkennen. Doch die Ferne blieb düster, still und menschenleer.
Schließlich wandte sich Emilia an Arachne Cox, die dicht hinter ihr stand und mit ebenso bangem Blick das Dickicht untersuchte. Auch sie hatte allen Grund dazu, nervös zu sein: Ihre Zwillingsschwester Rubeta war genau wie Elicius und William aufgebrochen, um Victoria und ihren ausgebüchsten Vielfraß zu finden.
„Arachne“, raunte Emilia ihr zu. „Ich werde nachsehen wo sie stecken und sie dann zurückholen.“
„Und wenn du an ihnen vorbeiläufst und dich nur selbst verirrst?“
„Keine Sorge. Ich habe einen guten Orientierungssinn“, beteuerte sie. Das stimmte. Wann immer Emilia in ihrem Leben das Gefühl bekommen hatte, sich verlaufen zu haben, hatte ihr Gehirn sie an dem Wunderwerk eines uralten und unübertroffenen Instinktes teilhaben lassen, der Emilia stets sicher zum Zielort geführt hatte.
Auf diesen Instinkt würde sie sich heute vielleicht mehr denn je verlassen müssen, aber das tat sie ohne zu zögern.
Nach einem letzten, prüfenden Blick in Richtung der Lehrer und restlichen Schüler - die jedoch allesamt viel zu sehr mit ihrer misslichen Lage beschäftigt waren, um auf Emilia zu achten - schlich sie leise davon. Ihren noch immer fahl leuchtenden Zauberstab hielt sie fest in der Hand, doch ließ sie die leuchtende Spitze in der Tasche verborgen, so dass sein Licht nicht doch die Aufmerksamkeit der Zurückgebliebenen auf sich ziehen konnte. Demnach war sie fast blind, als sie sich einen Weg durch das Unterholz bahnte und jeder brechende Zweig oder falscher Schritt hätte Emilia verraten können. Erst als sie sich eine ganze Weile einhändig tastend durch den Wald bewegt hatte, wagte sie es, ihren Zauberstab wieder hervorzuziehen.
Sie war umzingelt von gigantischen Bäumen, deren Stämme furchig waren und beinahe eisenfarben glänzten. Die Wipfel der Bäume ließen sich nicht ausmachen. Zwar legte Emilia ihren Kopf in den Nacken, aber das Licht ihres Zauberstabes war viel zu schwach, um die Welt oberhalb der fünfzehn oder zwanzig Meter Marke zu erhellen. Hoch, hoch über ihr verloren sich die Stämme in formloser Schwärze. Bei dem Anblick wurde ihr schwindelig.
Nachdem sie sich gute fünf Minuten lang durch einen fast kniehohen Teppich alten Laubes bewegt hatte, stieß sie immer wieder auf vereinzelte Steine. Anfangs waren diese meist klein, so klein, dass sie, unter all dem Laub begraben, nicht zu sehen waren und Emilia unwillkürlich über sie stolperte. Doch dann entdeckte sie größere und wuchtigere Steine, die grob behauen waren und kreuz und quer auf dem Erdboden oder an den mächtigen Baumstämmen angelehnt herumlagen. Weitere Steine waren weniger planlos verteilt, sondern lagen in Reih und Glied, wie die Grundrisse alter Bauten.
Doch dafür konnte sie sich wenig interessieren. Emilia wollte ihren Bruder und die drei anderen Kinder finden. Hauptsächlich jedoch ihren Bruder. Doch um sie herum war es so still, als hätte der gesamte Wald den Atem angehalten.
Ohne einen verdächtigen Laut und ohne einer Spur am Boden würde ihre Suche wahrscheinlich ergebnislos bleiben, das wusste sie.

Emilia folgte einigen Mauerresten, die aus der Laubschicht ragten und sagte sich, dass Elicius dieses Gebiet mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls vor einigen Minuten durchquert haben musste. Und da sie ihren Bruder kannte, ahnte sie, dass Elicius diese verstreuten Steine und Mauerreste wahrscheinlich unwiderstehlich gefunden hätte, und - falls er keinen triftigen Grund gehabt hätte - diesem Ort zumindest nah geblieben sein musste, lieferten die Steinformationen in dem sonst so unwegsamen, fremden Ort schließlich Orientierungspunkte, die Gold wert waren.
Wie verstreute Riesenschädel schälten sich immer neue, immer gewaltigere Steine aus der Dunkelheit hervor, sobald Emilia kaltes Lumoslicht sich ihnen nährte. Wie Mahnmale erhoben sie sich aus ihrem toten, vergilbten Laubbett, so gespenstisch, dass sich Emilia in ihren Schatten unwillkürlich unwohl fühlte. Sie war nicht dumm und wusste, dass weder diese Steine, noch die Mauerreste um sie herum Zufallsprodukte der Natur waren, sondern dass sie einst einen Sinn erfüllt hatten. Mehr noch. Die Mauern zeigten eindeutig, dass sich hier vormals Gebäude oder ähnliches befunden haben mussten.
Wer immer einst dafür verantwortlich gewesen war, er oder es musste einen sehr gewichtigen Grund gehabt haben, um eine solche Masse an Steinen und Quadern freiwillig in diesen dichten, gespenstischen Wald zu befördern.
Zwischen all dem halbzerfallenen und kaputten und kaum mehr zu identifizierenden Überbleibseln vergangener Baukunst, war der nachfolgende Anblick für Emilia umso erschütternder. Denn als sie zwischen zwei der gewaltigen, eisenfarbenen Bäume hindurch trat, hatte sie freie Sicht auf eine Ruine aus weißem Stein, die zwar über und unter von Grünzeug überwuchert aber dennoch fast vollkommen unbeschädigt war. Die Ruine war recht groß und aus dem rundlichen Baukörper ragten allerlei schiefe Türmchen hervor, die Emilia an die Türme von Hogwarts erinnerten, die ebenso willkürlich und gekrümmt aus dem Schloss herauszuwachsen schienen.
Die Fensterscheiben der Waldruine waren zwar längst zerschlagen und stattdessen spross Efeu aus dem Gebäudeinneren, doch als sich Emilia nährte, konnte sie einige Glasscherben entdecken, die trotz ihres Alters allesamt von einer schönen, rauchgoldenen Farbe waren.
Emilia entdeckte auch die Eingangstür. Sie bestand aus altem Holz und war, obwohl ihr anzusehen war, dass sie seit einiger Ewigkeit Wind und Wetter trotzte, noch in einem guten Zustand. Ein Bronzeemblem, das fünf verschiedenfarbige Wölfe bei der Jagd zeigte, war in das Holz eingelassen worden. Ansonsten war das Portal einen Spalt breit geöffnet, da sich eine urige Baumwurzel unlängst dazwischen geschoben hatte und die Tür über die Jahre hinweg aufgestemmt zu haben schien. Emilia lugte in die Dunkelheit des Gebäudeinneren und nahm den unangenehm muffigen Geruch wahr, der daraus entwich. Neugierig trat sie näher und stützte sich dabei mit einer Hand an der Tür ab, die prompt nachgab und sich, laut über den Boden kratzend, einige Zentimeter weiter öffnete.
Es musste wohl an diesem schauerlich schabenden Geräusch gelegen haben: Unweit von Emilia entfernt hörte sie ein entsetztes Quieken und als sie sich umsah, entdeckte sie in einem Gebüsch versteckt das den Körper eines zusammengekauerten Mädchens. Emilia erkannte an den widerspenstigen dunklen Locken, die sich fast kaum von dem Zweiggewirr des Dornenbusches unterschieden, dass es sich bei dem Mädchen um Rubeta Cox handeln musste.
Im ersten Moment war sie zugegebener Maßen enttäuscht, bloß Rubetas breit gebauten Hintern zu sehen und nicht ihren Bruder, der inzwischen zum Anfang und Ende all ihrer Gedanken geworden war. Einen weiteren Moment später aber schämte sich Emilia bereits für ihren Egoismus.
Sie nährte sich Rubetas Versteck und nahm an, das Mädchen mit den drahtigen Locken würde sie früh genug bemerken. Dass dies aber nicht der Fall war, zeigte sich, als Rubeta mit spitzem Aufschrei in die Höhe schoss, nachdem Emilia sie beim Namen ansprach.
„Rubeta, ich bin es!“, versuchte Emilia die völlig hysterische Schülerin zu beruhigen. Rubeta aber hatte die Augen zusammengepresst, hielt sich die Hände vor die Ohren und versuchte verzweifelt, tiefer in das Dornengestrüpp zu kriechen, das sie als Versteck auserkoren hatte und winselte etwas vor sich hin.
„Verdammt, hör auf damit!“, bellte Emilia, griff das Mädchen bei den Fußknöcheln und zog sie so weit sie konnte aus ihrem Unterschlupf heraus. Rubeta kämpfte wie ein wild gewordenes Tier dagegen an, grub ihre Finger in die Erde und versuchte ihre Füße frei zu treten, ehe sie endlich bemerkte, dass sie es mit keiner Bestie sondern mit Emilia zu tun hatte.
„Um Himmels Willen!“, brüllte Rubeta mit Tränen in den dunklen Augen. Jegliche Farbe war aus ihrem Gesicht verschwunden und ihre Unterlippe zitterte; die Frage war nur, ob es Emilia gewesen war, der sie in diesen Schock versetzt hatte, oder ob zuvor etwas vorgefallen war. Immerhin musste es ja einen Grund gegeben haben, warum sich das Mädchen überhaupt in diesem Gestrüpp versteckt hatte.
„Hier, nimm das“, sagte Emilia und reichte ihr ein Taschentuch. „Dein Gesicht ist von den Dornen ganz zerschnitten.“
Während sich Rubeta fahrig die blutigen Stellen sauber tupfte, fragte Emilia: „Wo sind die anderen? Warum sind sie nicht bei dir?“ Sie schaffte es, ihre Worte beherrscht klingen zu lassen, obwohl ihre Beine sich längst wie bleigefüllt anfühlten und sich nasser Angstschweiß an Füßen und Händen gebildet hatte.
„Da war irgendwas zwischen den Bäumen“, schniefte Rubeta. Kümmerlich saß das Mädchen auf dem belaubten Waldboden und knetete mit ihren pummeligen, kurzen Fingern das Taschentuch. Bei dem Anblick wurde Emilia schwer ums Herz. Sie sollte aufhören, sich nur um ihren Bruder zu sorgen und stattdessen alles daran setzen, dass sämtliche der vier Kinder gesund und heil nach Hogwarts zurückkehrten.
„Etwas zwischen den Bäumen?“, echote Emilia und sah sich unbeeindruckt um. „Bist du sicher? Du kannst es dir eingebildet haben. Wenn man Angst hat, dann -“
„Nein!“, schnitt Rubeta ihr überraschend energisch das Wort ab. „William und Elicius haben es auch gesehen. Es war groß, fast wie ein Pferd und es ist dort vorne auf und ab gelaufen und hat dabei immerzu geschnauft.“
Dabei deutete sie in Richtung des fernen Waldrandes.
„Dann“, fuhr sie fort, „sind wir weggelaufen. Ich bin über einen dieser Steine gestürzt und konnte nicht mehr weiter. Mein Fuß tat mir weh. William und Elicius wollten mir aufhelfen, aber dieses Wesen muss uns gehört haben und ist näher gekommen. Da habe ich mich hier versteckt und die Jungs sind weiter gelaufen, an dieser Ruine vorbei.“
„Schön“, murmelte Emilia, den Blick auf die genannte Ruine gerichtet. „Wenigstens gab es bisher keine Toten.“
„Und was ist mit Victoria? Wir haben sie noch nicht gefunden und wer weiß, was mit ihr passiert ist!“
„Eins nach dem anderen.“ Emilia trat vor, griff mit ihren Armen unter Rubetas Achseln und zog sie so auf die Beine. Dann besah sie sich den schmerzenden Knöchel des Mädchens flüchtig.
„Sieht nicht so aus, als wäre er gebrochen“, konnte Emilia sie schließlich beruhigen. „Wahrscheinlich verstaucht.“
„Sicher?“
„Mein Bruder hat sich schon ein Dutzend Mal die Knöchel verstaucht. Glaub mir, damit kenne ich mich aus.“
Gemeinsam trotteten die beiden Mädchen an der Ruine vorbei und hielten Ausschau nach Elicius und William. Noch immer lag große Angst in Rubetas Augen und da sie bei jedem kleinsten Geräusch heftig zusammenschreckte, vermutete Emilia, dass sie sich noch immer vor dem Geschöpf fürchtete, das sie angeblich gesehen haben wollte. Auch Emilia hatte dieses pferdegroße Wesen im Hinterkopf, während sie durch den Wald schritt, aber diesbezüglich machte sie sich kaum Sorgen. Wahrscheinlich, so nahm sie an, hatten Elicius, Rubeta und William die Flucht ergriffen, nachdem sie den Schatten eines Zentauren gesehen hatten, denn eine gefährlichere Kreatur - ein Mantikor zum Beispiel - hätte keines der Kinder lebend entkommen lassen.
Nun, und falls doch ein gefährliches Geschöpf sein Unwesen getrieben hatte, so hätte Emilia dennoch nicht davor zurückgeschreckt, ihren Bruder zu finden.
Sie fanden Elicius und William schließlich zusammengekauert hinter einem der großen Steinquader, wo sie sich - wahrscheinlich zur Tarnung - behelfsmäßig mit Laub bedeckt hatten, was jedoch ein recht klägliches Bild abgab.
Fast als hätte Elicius sie bereits erwartet, blickte er Emilia unbeeindruckt entgegen, als sie vor ihm zum stehen kam.
„Gut, du hast Rubeta mitgebracht“, murmelte er und begann, die Blätter mit der Hand von seinem Körper zu fegen, ehe er sich aufrichtete.
„Du solltest mir nicht nur dafür dankbar sein“, schnarrte Emilia unbarmherzig. „Wir riskieren hier ziemlich viel und wenn die Professoren erfahren, dass wir uns hier herumtreiben und diesem gottverdammten Vielfraß hinterher jagen, fliegen wir bestimmt von der Schule. Und ganz besonders ich kann mir das nicht erlauben.“
Während Elicius daraufhin so wirkte, als wäre er sich seiner Mitschuld bewusst, murmelte William zerknirscht: „Rudolph ist ganz sicher kein gottverdammter Vielfraß. Victoria hat mir die Verantwortung für ihn übergeben und er hat sich losgerissen, weil ich eine Sekunde lang nicht aufgepasst habe.“
Emilia betrachtete ihn kalt. „Na dann weiß ich ja, bei wem ich mich bedanken muss, falls ich heute Abend nach Hause geschickt werde.“
Elicius jedoch hatte nettere Worte für den sonst so schweigsamen, unnahbaren Jungen parat. „Du solltest dir nicht die Schuld dafür geben, William. Wir alle waren geschockt, als dieser Kniesel den Finger von Professor Kesselbrand abgebissen hat. Es war Zufall, dass Rudolph genau in diesem Moment losgestürmt ist“, sagte er und klopfte William auf die Schulter, ehe er ihn auf die Beine zog.
„Wir müssen uns beeilen“, erinnerte Emilia sie mit Blick auf die Armbanduhr. „Seit der Vielfraß weggelaufen ist, sind über zwanzig Minuten vergangen und sicherlich sind Madam Sprout, Professor Kesselbrand und die anderen bereits auf den Rückweg Richtung Hogwarts. Wahrscheinlich werden sie recht langsam gehen, damit das Blut vor lauter Anstrengung nicht wieder anfängt aus der Hand des Professors zu schießen. Theoretisch könnten wir sie also noch einholen, wenn wir Victoria schnell finden und Rubetas verstauchter Fuß nicht zu sehr wehtut.“
„Macht euch um mich keine Sorgen“, versicherte Rubeta schnell. „Da habe ich lieber heute ein paar Schmerzen, anstatt von der Schule zu fliegen.“

Zu viert setzten sie ihre Suche schließlich fort, doch Emilias Vorschlag, einfach laut nach Victoria zu rufen, traf auf immense Gegenwehr.
„Bist du verrückt?!“, knurrte Elicius. „Wer weiß, was wir anlocken, wenn wir anfangen hier rumzubrüllen.“
„Ja“, fügte Rubeta händeringend hinzu. „Wahrscheinlich wieder dieses schnaufende Ungetüm, nur dass es uns diesmal mit Haut und Haaren auffressen wird.“
Wie immer wenn sie eingeschnappt war, reagierte Emilia gereizt. Sie warf Rubeta einen eiskalten Blick zu. „Weißt du noch, wie laut du eben gekreischt hast, als du unter diesem verdammten Dornengebüsch hocktest? Wenn tatsächlich irgendein Untier mit Appetit auf kleine Kinder in der Nähe gewesen wäre, wären wir inzwischen schon längst gefressen.“
„So laut habe ich nun auch nicht gekreischt“, verteidigte sich Rubeta mit Blick auf Elicius und William, die das Mädchen beinahe empört angesehen hatten.
„Also bitte! Du warst so laut, dass meine Großmutter wahrscheinlich vor Schreck aus ihrem Ohrensessel geplumpst ist, und meine Großmutter lebt nicht einmal in diesem Land“, machte sich Emilia weiterhin über sie lustig.
Kurz darauf waren sie der Ruine wieder recht Nahe gekommen und Emilia wanderte am Rande eines gewaltigen Dornengestrüpps entlang, das sich wie ein netzartiges und undurchdringliches Geflecht über die Gegend gelegt hatte.
Fünf Meter von ihr entfernt lief Elicius und ließ seinen Blick suchend hin und herschweifen. „Fast unmöglich, in diesem riesigen Wald ein Mädchen zu finden“, rief er irgendwann gedämpft zu ihr herüber. „Was tun wir, wenn wir sie nicht finden?“
Wieder konsultierte Emilia die Zeiger ihrer Muggel-Armbanduhr. „Nun“, antwortete sie schließlich, nachdem sie im Kopf ein paar Zahlen hin- und hergeschoben hatte. „Am besten wäre es, wenn wir uns langsam in Richtung Waldrand bewegen, um mit den Professoren in etwa auf derselben Höhe zu sein. Wenn wir Victoria in zehn Minuten immer noch nicht gefunden haben, schließen wir uns wieder heimlich der Gruppe an und berichten Madam Sprout, dass Victoria in den Wald gerannt ist, um ihren entlaufenden Vielfraß zu suchen.“
„Ja, aber dann bekommt Victoria gewaltigen Ärger!“, warf Elicius entrüstet ein.
Daraufhin fiel Emilia keine bessere Antwort als ein Schulternzucken ein.
„Aber das können wir doch nicht machen!“ Zornesröte hatte sich auf Elicius` Wangen gebrannt und er betrachtete Emilia mit einem fast schon angewiderten Ausdruck in seinen sonst so verständnisvollen, braunen Augen.
„Elicius, denk nach. Wenn wir Victoria in zehn Minuten nicht gefunden haben, steckt sie womöglich wirklich in Schwierigkeiten und für Schwierigkeiten sind die Professoren zuständig. Wir können ihnen nicht verheimlichen, dass sich ein Mädchen in den Wäldern verlaufen hat und ewig nach ihr suchen können wir auch nicht, sonst erklärt man uns am Ende auch noch für vermisst.“
In diesem Moment hörten sie Rubeta ihre Namen rufen. Sie war zusammen mit William ein Dutzend Meter entfernt von ihnen entlang geschritten und beide Kinder hatten zusammen eine Formation eng beisammen stehender, höhlenartig anmutender Steinquader untersucht.
Nun sah Emilia Rubeta auf einem der kleineren Quader stehen und eifrig zu Elicius und ihr hinüberwinken.
„Sie haben irgendetwas entdeckt!“, jubelte Elicius und stürmte los. Emilia folgte ihm.
Rubeta vollführte auf ihrem Stein beinahe so etwas wie einen spontanen Freudentanz und deutete dabei aufgeregt auf einen kleinen Unterschlupf, der zwischen zwei Quadern lag. „Da drin hocken das Knieselbaby und ihre Mutter!“, rief sie aufgeregt. „Und vor ihrem Versteck sind überall Kratzspuren. Bestimmt stammen sie von Rudolph, der versucht hat, sie auszubuddeln.“
Rubeta hatte Recht. In dem Zwischenraum gut geschützt, hockten die beiden Kniesel mit vor Wut funkelnden Augen und fauchten Emilia an, als sie sich das Versteck und die Kratzspuren genauer besah.
„Wenn Rudolph hier gewesen war, dann wahrscheinlich nicht ohne Victoria“, mutmaßte William. Er war auf den höchsten der gigantischen Quader geklettert und schien von dort oben Ausschau zu halten.
„Wenn sie Rudolph gefunden hat“, fuhr Emilia seine Gedanken fort, „wird sie wahrscheinlich umgekehrt sein, um die Gruppe wieder einzuholen.“
„Müssten wir sie dann nicht längst gefunden haben?“, fragte Rubeta und sah sich unsicher um, als ob sie davon ausgehen würde, Victoria würde jeden Moment mitsamt ihres Haustiers hinter einem der Steine hervorspringen.
„Wohl kaum“, antwortete William düster. „Victoria hat es bisher nicht einmal geschafft, sich in Hogwarts zu Recht zu finden. Ich bin sogar ziemlich sicher, dass sie sich selbst noch im Blumengarten ihrer Mutter verläuft. Wie soll sie also alleine zurückfinden können?“
Die Vorstellung einer im Garten herumirrenden und heillos verzweifelten Victoria Knight amüsierte Emilia und sie lachte leise in sich hinein.
„Also, was machen wir nun?“, wollte Elicius von den anderen wissen. „Kehren wir um oder suchen wir weiter?“
Die Frage erübrigte sich überraschend. Kaum hatte Elicius die letzte Silbe seines Satzes geformt, ertönte unweit von ihnen entfernt ein begeistertes Knurren. Die Köpfe der vier Kinder fuhren herum und William, der dank seines erhöhten Standpunktes eine glänzende Sicht über das Gelände hatte, rief: „Rudolph ist dort hinten gerade aus dem Gebüsch gestürmt! Und - ja, das ist sie! Victoria ist direkt hinter ihm!“
Während sich Elicius, Rubeta und William mit halsbrecherischer Geschwindigkeit auf den Weg zu ihrer verschwunden geglaubten Klassenkameradin machten, ließ sich Emilia mehr Zeit und schlenderte gelassen in Richtung Victoria. Sie fand die vier Erstklässler in einem Kreis stehend vor, wo sie aufgeregt miteinander redeten und hin und wieder aufgeregt zu lachen begannen.
Unglaublich wie schnell Menschen ihre Sorgen vergessen konnten.
„Rudolph ist vollkommen verrückt geworden!“, erzählte Victoria soeben mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Er ist den Knieseln hinterher und als die sich dann versteckt haben, war Rudolph absolut verwirrt. Zuerst hat er natürlich versucht, sie auszugraben und ich hatte nicht genug Kraft, um ihn davon abzuhalten, aber dann - ganz plötzlich! - scheint er die Kniesel total vergessen zu haben. Er ist aufgesprungen und hat angefangen, die ganze Gegend abzusuchen, hat sich die Pfoten an den Steinen blutig gekratzt.“
„Vielleicht kann er Kniesel nicht von Steinen unterscheiden!“, lachte Rubeta.
Emilia sah sich nach dem Vielfraß um. Wie Victoria angedeutet hatte, saß Rudolph auch jetzt vor einem der großen, rechteckigen Quader und hatte seinen Marderkopf in den kräftigen Nacken gelegt. Es schien, als beobachtete er irgendetwas.

Während sich Victoria, Elicius, Rubeta und William noch immer ausgiebig über die vermeintliche Dummheit des Tieres unterhielten, beschloss Emilia, den wahren Grund für Rudolphs Verhalten herauszufinden. Sie wusste, dass der Raubtierinstinkt eines Vielfraßes zu mächtig war, als dass Rudolph unbewegte Steine mit Knieseln verwechseln würde; es musste also einen wichtigen Grund geben, warum ein Vielfraß größeres Interesse verspürte, einen Stein zu untersuchen, anstatt Beute zu machen.
Von den anderen unbemerkt, kletterte sie auf einen benachbarten Quader, um von dort aus freie Sicht auf Rudolphs Objekt der Begierde zu haben. Der große Brocken vor dem Rudolph so gespannt saß, war gekrönt mit einem sehr viel kleineren, dreckig-weißen Stein.
Neugierig geworden klaubte sich Emilia einen längeren Stock vom Erdboden und - nachdem sie Rudolph abgelenkt hatte, indem sie so tat, als würde sie etwas werfen - stieß den eigenartigen, fast melonengroßen Stein mit der Stockspitze von dem Quader. Federnd landete er in der dicken Laubschicht und ehe Rudolph antraben und sich seinen Fund wegschnappen konnte, hatte Emilia den Gegenstand aufgehoben.
Als erstes fiel ihr auf, dass der Stein leichter als angenommen war. Sie wog ihn in den Händen, spürte die raue Oberfläche auf ihrer Haut und drehte ihre Entdeckung schließlich von einer Richtung in die andere, bis ihr plötzlich zwei ausgehöhlte Augen entgegenstarrten.
Sie hielt einen menschlichen Schädel in den Händen.
Nackt und blass und grinste er ihr entgegen.
Zwar konnte sie einen Aufschrei vermeiden, dennoch war Emilia so entsetzt, dass sie den Schädel beinahe fallen gelassen hätte - was Rudolph wohl sehr glücklich gemacht hätte, denn er saß inzwischen direkt vor Emilias Füßen und blickte grimmig zu ihr hoch.
Emilia würgte. Angeekelt hielt sie den Knochenkopf in ihren zitternden, verschwitzten Händen, nahm das Gefühl in sich auf, das der Kontakt des rissigen, porös anmutenden Schädels auf ihrer glatten Haut verursachte und wünschte sich, dieses Gefühl so schnell wie möglich wieder loswerden zu können. Doch hätte sie ihre Entdeckung losgelassen, hätten Rudolphs mächtige Kiefer den Schädel schnell zersplittert.
Das wollte Emilia auf keinen Fall.
Elicius musste das seltsame Verhalten seiner Schwester sofort aufgefallen sein. „Was ist los?“, rief er ihr zu und trug dabei noch immer sein unbedarftes Lächeln im Gesicht.
Trotzdessen sich ihre Finger so versteinert anfühlten, als wären sie von einer dicken Schicht Zement umgeben, gelang es Emilia, den Schädel in ihren Händen zu drehen, damit Elicius freie Sicht auf die leeren, starrenden Augenhöhlen hatte.
Elicius erblasste schlagartig. Leise vor sich hin murmelnd, klopfte er auf die Schultern der anderen Kinder, um die Aufmerksamkeit auf Emilias schrecklichen Fund zu richten.
„Was ist das?!“, keuchte Rubeta entsetzt, kaum dass sie den Schädel erblickt hatte. Ihr Gesicht war schauerlich Weiß geworden und sie begann, ihre schmutzigen Hände auf ihren Mund zu pressen, als ob sie so einen Schrei zurückhalten wollte.
„Ein Totenschädel“, sagte William überflüssigerweise.
„Oh, um Himmels Willen!“, stammelte Victoria an seiner Seite. „Das sehen wir auch! Aber - aber was macht er hier im Wald?!“
„Emilia, lass das Ding fallen!“, flehte Elicius und machte eine Bewegung, als wollte er den Schädel selbst aus fünf Metern Entfernung aus ihren Händen fegen.
„Nein!“ Sie war überrascht, wie entschieden sie ihm daraufhin antwortete. Obwohl Emilia in Wirklichkeit nichts lieber getan hätte, als ihre Finger endlich von diesem Ding zu lösen, kam es ihr dennoch unrecht vor. „Elicius, was ist, wenn das der Kopf eines Menschen ist?“
„Das ist eindeutig der Kopf eines Menschen“, warf William ein.
„Ich weiß!“, fuhr sie ihn an, ehe sie sich wieder an ihren Bruder wandte. „Was ist damit sagen will, ist, dass ein Menschenkopf mit Sicherheit nicht grundlos in einem einsamen Wald herumliegt. Was ist, wenn er zu einer vermissten Person gehört?“
Das Argument zeigte Wirkung. Zwar hatte er noch immer unwohlen Ausdruck im Gesicht, dennoch zeigte sich Elicius verständnisvoll. „Wenn das so ist“, murmelte er, „müssten wir diesen Schädel natürlich mitnehmen.“
„Nein!“, sagte William bestimmt. „Wenn wir das tun, könnten die Professoren herausfinden, dass wir uns abseits der Wege aufgehalten haben!“
Seine Worte lösten banges Entsetzen aus, besonders bei Elicius und Rubeta. Einzig Victoria blieb besonnen. „Warum? Genauso gut könnten wir den Schädel irgendwo am Wegesrand entdeckt haben“, sagte sie.
William bedachte sie mit einem unterkühlten Blick. „Falsch“, meinte er. „Denn wenn sich die Professoren am Ende auf die Suche nach weiteren Skelettteilen begeben und diese fernab der Wege finden - hier irgendwo zum Beispiel - werden sie mit Sicherheit misstrauisch werden.“
„Warum?“, warf nun Rubeta ein. „Ein Tier hätte den Schädel doch bis zum Wegesrand tragen können!“
„Genau! So etwas tun Tiere ständig und die Professoren können unmöglich nachweisen, dass es in diesem Fall nicht auch so war“, stimmte Elicius dem Mädchen zu.
Emilia hatte ruhig abgewartet, bis sämtliche der Kinder ihre Meinungen und Argumente vorgebracht hatten. Und nun, wo sich Elicius, Victoria, William und Rubeta Blicke zuwarfen, die von Unverständnis bis hin von Zorn zeugten, beschloss Emilia, sie mit den Tatsachen vertraut zu machen. „Der Schädel“, begann sie, „lag auf dem großen Steinquader. Rudolph hat ihn aufgespürt und ich habe ihn mit einem Stock heruntergeholt. Es ist ganz genau so, wie Victoria erzählt hat: Rudolph hat von den Knieseln abgelassen und hat angefangen, einen Steinquader nach dem anderen zu untersuchen. Aber er tat es nicht grundlos.“
„Das stimmt“, murmelte Victoria mit Blick auf ihr Haustier, das noch immer zu Emilias Füßen lag und den Schädel betrachtete. „Rudolph hat immer wieder vor einigen Quadern haltgemacht und hat sie beschnüffelt. Genau wie er es bei diesem Stein dort auch getan hat.“ Und sie deutete auf den Brocken, der kurz zuvor noch mit dem mysteriösen Totenschädel gekrönt gewesen war.
„Würde das nicht bedeuten, dass es noch mehr von diesen Köpfen gibt?“ Fragend blickte Elicius zu seiner Schwester.
Sie nickte ihm düster zu. „Es ist mehr als wahrscheinlich. Der Vielfraß hat sich nicht nur für einen der Steine interessiert, sondern für mehrere. Und deshalb wäre es möglich, dass mit all diesen Steinen etwas nicht stimmt.“
„Aber warum lag überhaupt ein Kopf auf diesem Quader?“, wollte Rubeta wissen und auch sie sah fragend zu Emilia, als wüsste sie sämtliche Geheimnisse dieses Waldes.
„Schwer zu sagen“, gab sie zu. „Doch zumindest weiß ich, dass der Schädel nicht auf den Quader geweht worden ist. Also muss irgendjemand oder irgendetwas -“
„Und genau das ist ja das Problem!“, fuhr ihr William dazwischen. „Der Schädel lag nicht irgendwo zufällig am Wegesrand, sondern er wurde absichtlich an genau diesen Ort hier platziert. Wenn wir den Professoren also von unserer Entdeckung erzählen und behaupten, wir hätten ihn zufällig entdeckt, werden sie uns auf die Schliche kommen und herausfinden, dass wir hier gewesen sind.“
„Aber es ist doch nicht verboten, hier zu sein“, hielt Victoria dagegen. „Die Wälder gelten als gefährlich - das stimmt! - und die Schüler werden davor gewarnt, allzu weit hineinzugehen - aber verboten ist deshalb noch längst nicht!“
„Stimmt“, sagte Emilia. „Aber in diesem Fall ist es anders, Victoria.“
„Warum?!“
„Weil wir mit einer Gruppe und zwei Professoren unterwegs waren. Und Madam Sprout und Professor Kesselbrand haben uns nun mal strikt verboten, den Pfad zu verlassen. Das heißt, wir sind hier praktisch illegal. Und genau dafür wird man uns bestrafen. Sofern sie herausfinden, dass wir uns von ihnen entfernt haben.“
„Das werden sie auch mit großer Sicherheit herausfinden!“ William hatte die Arme vor der Brust verschränkt und einen Gesichtsausdruck aufgesetzt, aus dem nicht nur reine Unnachgiebigkeit sondern auch volle Selbstüberzeugung sprach. „Hört mir mal alle kurz zu: Wir haben zwei Möglichkeiten. Entweder wir lassen den Schädel hier, kehren zu der Gruppe zurück und tun so, als wäre nie etwas passiert - wir vergessen die Sache also vollkommen! Oder wir nehmen den Schädel mit, zeigen ihn den Professoren und hoffen, dass sie nicht herausfinden, an welchem Ort wir ihn genau gefunden haben.“
„Du solltest noch hinzufügen, dass es sich bei diesem Schädel um den Kopf eines vermissten Menschen handeln könnte“, erinnerte Emilia ihn spitz. „Wenn wir ihn also hier lassen, wird er vielleicht nie gefunden und bestattet werden können.“
„Ich kaufe dir nicht ab, dass du dir darüber Gedanken machst.“ Vollkommen überraschend war es ausgerechnet ihr Bruder Elicius, der ihr nun in den Rücken fiel. In seinen Augen erkannte Emilia deutlich, dass er sie längst durchschaut hatte; sie war entrüstet darüber, wie er sie vor den anderen Bloß stellte.
„Was soll das heißen?“, erkundigte sich Emilia und bemühte sich um eine neutrale, unverdächtige Tonlage.
„Ich will damit sagen, dass du dich in erster Linie für den Schädel selbst interessierst, Emilia. Du willst nicht, dass er hier im Wald verrottet, weil du sonst nichts hättest, in das du deine Nase stecken und herumschnüffeln könntest.“
„Das ist vollkommen übertrieben!“, blaffte sie.
„So böse, wie du es vielleicht verstanden hast, meine ich es nicht“, beschwichtigte er sie, jedoch ohne seine Worte an Explosivität einbüßen zu lassen. „Jedoch finde ich es unfair, wenn du den anderen ein schlechtes Gewissen einredest, wenn du selbst nicht wirklich an der Bestattung eines vermissten Menschen interessiert bist.“
Wütend auf der Innenseite ihrer Wangen herumkauend, schwor sich Emilia, es ihrem heimtückischen Bruder bei der nächst besten Gelegenheit heimzuzahlen. Nein, so schnell würde sie diese Sache nicht vergessen können…
Umso dankbarer war sie, als Rubeta unerwartet für Rückenwind sorgte. „Es ist doch egal, was Emilia sich gedacht hat“, sagte sie. „Ich bin dankbar, dass sie überhaupt erwähnt hat, dass es sich um einen Vermissten handeln könnte. Und daher bin ich der Meinung, wir sollten den Professoren von dem Schädel erzählen.“
Victoria nickte zustimmend. „Ja, das sehe ich auch so. William, du bist anderer Meinung oder?“
„Ganz genau. Meiner Meinung nach sollten wir den Totenschädel einfach hier lassen, anstatt eine Strafe zu riskieren. Was ist mir dir, Elicius?“
„Ich bin auf Rubetas Seite. Wir nehmen den Schädel mit.“
Es stand vier zu eins gegen William und es war damit beschlossene Sache, dass der Kopf nicht im Wald bleiben, sondern sein klägliches, totes Dasein für die nächste Zeit in Hogwarts fristen würde. Emilia ließ ihre Tasche herunter gleiten, leerte die Brote, die sich im Inneren befanden und verstreute sie - sehr zu Vielfraß Rudolphs Behagen - auf dem Waldboden. Nun, da wieder genug Platz in ihrer Schultasche vorhanden war, stopfe sie den Schädel hinein, darüber erleichtert, endlich nicht mehr den nackten Knochen unter ihren Fingerspitzen fühlen zu müssen.
„Jetzt sollten wir uns aber wirklich beeilen“, teilte sie den anderen mit. „Wir sind spät dran.“

Fortsetzung folgt…


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