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Fanfiction

Ancient History I - Der Verbotene Wald - Madam Arsen

von Kiosk

11. Madam Arsen

Personen:
Elicius Eliassen: Elfjähriger Sohn von Vigdis Eliassen und der Bruder von Emilia. Ein eher ruhiger, zurückhaltender Slytherin. Kam vor seiner Einschulung in Hogwarts kurzzeitig bei den Rathburn unter.

Emilia Eliassen: Zwölfjährige Tochter von Vigdis Eliassen. Eine Slytherin. Sie ist stets aufmerksam und besitzt ein eher verschlagendes Wesen. Kam vor ihrer Einschulung in Hogwarts kurzzeitig bei den Rathburns unter.

Garm McKinstry: Ein jugendlicher Unruhestifter aus Slytherin. Er scheint in Imperia verliebt zu sein. Er und seine drei besten Freunde - Erebus Nott, Veikko Johnson und Prester Perkins - bilden die so genannte Toilettenmafia.

Humphrey Belcher: Ulysses` Klassenkamerad. Ein liebenswürdiger Ravenclaw

Imperia Malfoy: Die ältere Schwester von Lucius. Eine Slytherin und Vertrauensschülerin. Sie wirkt kühl und distanziert und fällt im ersten Moment stets durch ihre Schönheit auf.

Plumbeus Bott: Der Sohn des Bohnenerfinders Bertie. Er fällt besonders durch seine Langsamkeit und Zerstreutheit auf. Ein Hufflepuff

Ulysses Rathburn: Elfjähriger Sohn von Bethesda. Verwöhntes Einzelkind. Ein Ravenclaw. Stellt sich gegenüber Emilia und Elicius auf stur.

Victoria Knight: Eine Erstklässlerin aus Ravenclaw. Sie ist stets munter und aufgeweckt. Ihr Haustier ist ein stinkender, aber handzahmer Vieöfraßrüde namens Rudolph.

William Barkley: Ein Erstklässler aus Ravenclaw. Wie Ulysses stammt auch er aus Hogsmeade, wo er zusammen mit seiner etwas verschrobenen Mutter ein Haus am Rand des Dorfes bewohnt. Er ist ungewöhnlich still und unabhängig

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
September 1961

Es war Freitag und Emilia Eliassen wurde das sichere Gefühl nicht los, dass sie Freitage von nun an für immer verabscheuen würde. Der Grund hierfür war bei den zwei Stunden Benimmunterricht zu finden, der sie am Nachmittag erwarten würde, geleitet von Madam Burgunder, deren zweifelhafter Ruf ihr stets vorauszueilen schien. Emilia hatte sich im Laufe der Woche bei den alteingesessenen Schülern umgehört und herausgefunden, dass die werte Dame Hogwarts in zwei Lager zu spalten schien. Da gab es die einen - meist die adretten, feinen Mädchen aus besserem Hause - die Madam Burgunder nicht beschreiben konnten, ohne dass es dabei in Schwärmerei ausartete. Die anderen - jene Gruppe, zu der Emilia sich selbst zählte - berichteten, Madam Burgunder sei ein personifizierter Alptraum, der einem früheren Jahrhundert entsprungen sein musste - Teezeremonien und Balltänze inklusive.
Beim Mittagessen nutzte Emilia jede ihr verbleibende Sekunde, um sich über die zuckrigen Nachspeisen herzumachen. Sie wollte sich ihr kurzes Leben noch etwas versüßen, ehe man sie zwingen würde, sich in ein Ballkleid mit Spitze zu zwängen und auf hochhakigen Schuhen zu tanzen.
Neben ihr saß Coco Mahiri, eine Erstklässlerin, mit der sich Emilia gut genug verstand, um sich mit ihr über das frustrierende Leben in Hogwarts zu unterhalten. „Benimmlehre ist so …“, verzweifelt suchte Emilia nach einer Vokabel, die ihre Wut genügend beschreiben konnte, „so … völlig sinnlos! Wieso sollte man sich so etwas antun?! Wer denkt sich etwas derartiges aus?!“
Coco, stets ein wenig hyperaktiv und zappelig, verteilte Brocken ihrer halbzerkauten Mahlzeit im Umkreis, als sie den Mund aufmachte, um zu antworten. „Ich hatte das Fach schon gestern“, murmelte sie undeutlich, „und, um dir deine Hoffnung zu nehmen: ja, es ist furchtbar. Die Lehrerin ist so unglaublich … na ja…“ Nun war es an Coco, über ein Wort nachzudenken, der den furchtbaren Charakter der Madam Burgunder am Besten beschreiben konnte. Nachdenklich blickte sie zu Decke und rieb sich dabei das Kinn.
„Wen höre ich da gerade über meine liebste Professorin reden?“ Eine der Jugendlichen, die gerade an Emilia und Coco vorbeigegangen waren, um sich auf ihre Stühle am Ende der Tafel zu setzen, war stehen geblieben. Als Emilia sich verwundert nach ihr umsah, starrte sie direkt in Imperia Malfoys Puppengesicht und in ihre schier unglaublich hellblauen Augen. Ihr Vertrauensschülerabzeichen glänzte und blitzte, als sie sich wieder zu ihrer vollen, recht beeindruckenden Größe aufrichtete und dabei stolz die Brust schwellte.
„Ich möchte an diesem Tisch keine Unwahrheiten über die Professorin hören“, fuhr Imperia streng fort. „Sie ist eine tolle Person.“
„Sie ist doch keine Professorin!“ Entrüstet drehte sich Coco zu der älteren Schülerin um und Emilia glaubte zu sehen, dass sich Cocos ohnehin schon zottelige Mähne förmlich zu sträuben schien. „Das ist bloß irgendeine dahergelaufene Dame mit furchtbarem Geschmack, die irgendwie den Weg vom siebzehnten Jahrhundert hier her gefunden hat. Wir mussten gestern Knickse und Verbeugungen lernen! Knickse! Verbeugungen! Das ist Wahnsinn!“
Imperia warf der vorlauten Coco den wohl mörderischsten aller mörderischen Blicke zu, ehe sie mit eiskalter Stimme sagte: „Oft genug wünsche ich mir das siebzehnte Jahrhundert zurück. Da haben freche, kleine Mädchen wie du nämlich den Mund gehalten und auf Feldern geschuftet.“
Emilia und Coco klappten zeitgleich die Kinnlade herunter, doch noch ehe sie Imperia daraufhin die Meinung sagen konnten, war diese schon hocherhobenen Hauptes an ihnen vorbeigerauscht und gesellte sich nun zu ihren Freundinnen, die das Spektakel beobachtet hatten und hinter vorgehaltenen Händen kicherten.
„Das war klasse, Imperia“, gratulierte die eine, als sich Imperia auf den Stuhl neben ihr setzte. „Du hast die Gören echt gut im Griff!“
„Jaah“, sagte eine weitere von Imperias Freundinnen. Sie war dünn und hager und hatte ein unansehnliches Pferdegebiss. „Und schau mal, wie blöd die beiden nun gucken!“
Ertappt lenkten Emilia und Coco ihre Blicke in eine andere Richtung.
Unglaublich, dass Emilia tatsächlich einmal bewundernd zu Imperia aufgeblickt und sie geradezu für ihre Erscheinung und ihr edles Gehabe verehrt hatte - auch wenn diese Phase nur kurz angehalten hatte, wie Emilia sich selbst versicherte, denn nun war ihre Bewunderung wie weggeblasen, abhanden gekommen zwischen Imperias albernen Plänkeleien und ihrer dreisten, alles anderen als edlen Art.
„Ich hasse dieses Weib!“, zischte Coco ihr zu, ohne dabei die Lippen großartig bewegen zu müssen. „Was fällt ihr ein?! Das war gemein!“
„Das brauchst du mir nicht erst erzählen“, entgegnete Emilia leise.
Den Rest des Mittagessens verbrachte Emilia damit, neugierig das seichte Gespräch von Imperia und ihren Freundinnen zu belauschen.
Das klapprige Pferdegesicht hatte den Anfang bereitet. „Sag mal, Imperia, hat sich eigentlich irgendetwas neues wegen deiner Verlobung ergeben?“, hatte sie voller Neugierde gefragt. Imperia hatte sich mit ihrer Antwort enorm viel Zeit gelassen, so dass Emilia nicht anders konnte, als sie aus den Augenwinkeln heraus zu beobachten. Imperia hatte mit einem merkwürdigen Ausdruck in ihrem Gesicht dagesessen und auf ihr Besteck gestarrt, als ob sie von Messer und Gabel irgendeine Hilfe erwarten würde. Nun, nach gut einer halben Minute, kehrte das kühle Lächeln auf ihre Lippen zurück, doch Emilia glaubte zu wissen, wie gezwungen dieses Lächeln war.
„Nun, mein Vater regelt selbstverständlich die Angelegenheit, Mimosa. Er ist mit einer französischen Zaubererfamilie in Kontakt getreten, dessen ältester Sohn noch verheiratet werden muss und Vater sagte, er sei eine gute Partie.“
„Ist er denn reinblütig?“, erkundigte sich eine andere Freundin, die gerade lustlos an etwas rohem Gemüse herumkaute, sich jedoch beinahe verschluckte, als Imperia ihr einen zornig funkelnden Blick zuwarf.
„Eine sehr dumme Frage, Dorothea. Vielen Dank“, schnarrte sie nun. „Als ob es irgendwelche Zweifel daran geben könnte! Ich sollte dich wohl mal mit meinem Vater bekannt machen, meine Liebe, dann weißt du, was er über Reinblütigkeit denkt.“
„Tut mir Leid“, murmelte Dorothea kleinlaut und sah in diesem Moment kaum besser aus als ein geprügelter Hund.
Imperia, nun erstaunlich boßhaft, nahm die Entschuldigung nicht an. „Falls du es genau wissen willst: Mein Vater lässt den Stammbaum der Familie gerade bis ins fünfzehnte Jahrhundert zurückverfolgen und ist bisher über keinen verdammten Muggel gestolpert. Ich glaube, Dorothea, bei einer solchen Reinheit kannst du nur vor Neid erblassen! Mein Vater sorgt dafür, dass ich in gute Hände komme!“
Emilia hatte im Laufe ihres Lebens ein Gespür für die Stimmungen anderer Menschen entwickelt, eine Notwendigkeit, wenn man von einer Mutter großgezogen worden war, die so unbeständig wie das Wetter in den Bergen war und die von einer Sekunde auf die andere in den Schatten der Nacht verschwunden sein konnte. Und so hatte Emilia die Fähigkeit entwickelt, anhand der Tonlage eines Gegenübers zu erkennen, was in dessen Innersten vorgehen musste, weshalb es ihr leicht fiel, Imperias Worte zu deuten: Da war zum Beispiel diese seltsame Art und Weise, wie sie von ihrem Vater redete, beinahe als ob dieser Mann sie gleichzeitig mit Stolz und mit Schrecken erfüllen würde. Und Emilia beschloss, diese Besonderheit im Hinterkopf zu behalten, denn sie glaubte etwas zu erahnen, dessen sich vielleicht nicht einmal Imperia selbst im Klaren war.

XXXXXXX

Doch nicht nur Imperia Malfoy schien an die Grenzen des Wahnsinns gestoßen zu sein, nein, wie sich herausstellte, galt das Selbe auch für Madam Babette Burgunder. Das erahnte Emilia recht schnell, genau genommen kurz nachdem sie lustlos in den Klassenraum getrottet war und Madam Burgunder ihr und den anderen Schülerinnen ein so falsches Lächeln zugeworfen hatte, wie es sich Emilia in ihren kühnsten Alpträumen nicht hätte vorstellen können.
„Willkommen zurück, meine lieben Schülerinnen“, begrüßte die Madam sie und ihr kirschrot geschminkter Fischmund vollzog ein weiteres, breites Lächeln, so dass man einen Goldzahn aufblitzen sehen konnte. „Es freut mich, Sie wieder zu sehen und in der zweiten Klasse begrüßen zu können. Sie sehen alle so viel versprechend aus! Ich denke, wir werden auch in diesem Jahr wieder eine Menge Spaß miteinander haben.“ Obwohl sich die Frau große Mühe gab, mit zarter Stimme zu ihnen zu sprechen, hörte Emilia deutlich den kratzigen, angestrengten Unterton heraus, der darauf schließlich ließ, dass die Madam es vielmehr gewohnt war, äußerst resolut und laut zu sprechen. Der Körper der Frau war korpulent, dennoch hatte sie es irgendwie geschafft, sich selbst und ihre enormen Brüste in ein ausgeklügeltes, stramm sitzendes Spitzenkleid zu zwängen, dessen violetter Stoff sich furchtbar mit ihren dunkelroten Locken biss. Wenn Emilia den Blick von dieser mächtigen Gestallt in Lila abwandte, hatte sie außerdem gute Sicht auf das Klassenzimmer, welches - wie befürchtet - eher einem Salon aus vorherigen Jahrhunderten glich. Offensichtlich hatte Madam Burgunder weder Kosten noch Mühen gescheut, sämtlichen Prunk vergangener Tage in einem einzigen, kleinen Klassenraum zu versammeln: Es gab Tische aus edlem Mahagoniholz, ein Piano, gut gefüllte Obstkörbe, einen Kronleuchter, viele kleine und große Gemälde an der Wand und überall dort, wo noch Platz war, säumten opulente Blumensträuche und kitschige Porzellanfiguren das Bild. Emilia schätzte, dass die Einrichtung ein kleines Vermögen gekostet haben musste, zu viel, als das es von einem einfachen Lehrergehalt zu bezahlen gewesen wäre.
Während Emilia und die übrigen Zweitklässlerinnen sich setzten, nutzte Madam Burgunder die Gelegenheit, sich mit Hilfe eines Handspiegels kurz die Locken zu richten, ehe sie sich der endgültig Klasse zuwandte.
„Ich hoffe, Sie haben einen wunderbaren Sommer verlebt, Mädchen!“, flötete sie. „Wie überaus gerne würde ich sämtlichen Geschichten lauschen, die Sie mir zu erzählen haben, doch unser Pensum lässt kaum Zeit für Plauscherei.“ Sie seufzte theatralisch und für Emilia klang es wie ein Seufzer der Erleichterung.
„Aber“, fuhr Madam Burgunder fort, „wenn Sie es wünschen, dürfen Sie natürlich ein paar Fragen an mich stellen.“
Langsam hob sich der zierliche Arm von Sybill Trelawney, die direkt neben Emilia saß und normalerweise die Zeit damit verbrachte, in ihr Traumtagebuch zu kritzeln. „Ich hätte tatsächlich eine Frage, Madam.“
Burgunder klatschte in die dicken Hände. „Ausgezeichnet Ms. Trelawney. Obwohl ich Sie bitten möchte, vorher Ihre Brille abzunehmen. Gibt es kein hübscheres Modell für Sie?“
Ein paar der übrigen Mädchen kicherten und auch Emilia konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Sybill ließ sich zwar nicht davon verunsichern, nahm jedoch gehorsam ihre dicke Hornbrille von der Nase.
„Ah, was für eine Wohltat!“, gratulierte Madam Burgunder zuckersüß, obwohl es im Anbetracht von Sybills gewaltigen, starrenden Glubschern, die nun gut zu sehen war, garantiert keinen Grund zur Freude gab. „Also, meine Liebe“, fuhr die Madam fort, „stellen Sie Ihre Frage.“
„Sie tragen inzwischen zwölf Eheringe“, stellte Sybill ruhig fest.
Madam Burgunder winkte ab. „Das sind in dem Sinne keine Eheringe, Schätzchen. Nennen wir es einfach `Exklusive Präsente verblichener Männer´. Ich trage sie lediglich als Andenken, Ms. Trelawney, nur als Andenken.“ Mit einer eleganten Handbewegung zog sie ein Spitzentaschentuch hervor und tupfte sich über die trockenen Augen, während sie schauerlich schluchzte: „Sie können sich nicht vorstellen, wie schwer es für eine Frau ist, zwölf Ehemänner zu verlieren. Eine Bürde, wie sie größer nicht sein kann.“
Sybill Trelawney ließ sich vom künstlichen Tränenanfall ihrer Lehrerin nicht aus der Ruhe bringen, sondern fuhr leise fort: „Ich frage nur, weil Sie vor den Sommerferien nur elf Eheringe trugen.“
Die Madam gab einen elendig gequälten Seufzer von sich. „Ja … ja, der letzte Verlust liegt keine drei Wochen zurück. Mein Ehemann Pubert de Graff … er verwechselte Arsen mit Zucker und so starb er kurz nachdem er seinen Sechs-Uhr-Tee zu sich nahm. Es ist sehr schmerzlich für mich.“
Und während sie sich weiterhin mit ihrem Taschentuch über die trockenen Augen tupfte, warfen ihr einige der Mädchen tröstende Blicke zu. Sybill hatte sich inzwischen wieder ihrem Tagebuch gewidmet; offenbar war sie sich nicht im Klaren darüber, was Madam Burgunder da soeben gesagt hatte; daher rückte Emilia etwas näher an ihre schrullige Tischnachbarin heran und flüsterte: „Dir ist schon klar, was das bedeutet, oder? Ihr Mann hat Arsen mit Zucker verwechselt … wie kann das sein?“
Mit großen Augen wandte sich Sybill ihr zu und Emilia war sich sicher, dass sie ihr etwas sehr wichtiges mitteilen wollte, doch in diesem Moment hatte Madam Burgunder beschlossen, ihren Unterricht aufzunehmen. Mit dem Läuten einer Silberglocke sorgte sie für Aufmerksamkeit.
„Widmen wir uns unseren Lernstoff, meine Lieben. Schlagen Sie bitte alle Ihre Schullektüre auf. Ab Seite fünf wird das Thema Haltung eines Hauselfen behandelt. In Kapitel eins, Pflichten einer Hausherrin, beschreibt die Autorin ausführlich, wie eine Dame mit ihrem Hauselfendiener umzugehen hat. Ich bitte darum, dass Sie dieses Kapitel aufmerksam lesen. Ich lasse währenddessen einen Pralinenteller herumgeben.“
Das Schulbuch, auf das Madam Burgunder so voller Begeisterung hingewiesen hatte, war das einzige, das Emilia bisher nicht einmal aufgeschlagen hatte. Es war ein in rotem Samt eingeschlagenes Werk, auf dem in verschnörkelter Goldschrift der Titel Die Dame von Welt prangte. Bevor Emilia gewusst hatte, dass man sie in Hogwarts mit Benimmunterricht drangsalieren würde, hatte sie naiver weise geglaubt, bei dem Buch würde es sich um eine Art Kodex handeln, der nicht mehr umfasste, als ein paar Verhaltensregeln für Schülerinnen. Doch nun, als sie das Buch aus ihrer Tasche hervorkramte und in den Händen wog, wurde ihr bitterlich bewusst, dass das Werk einige hundert Seiten betragen musste und ihr mit Sicherheit viele unangenehme Stunden bescheren würde.
Das Kapitel Pflichten einer Hausherrin entpuppte sich als eine zuckersüß geschriebene Folteranleitung. Mit schwungvoller, lächerlich heiterer Art beschrieb die Autorin, wie man gegen rebellische Hauselfen vorzugehen hatte. Wobei „Rebellisch“ in diesem Fall ein reichlich überzeichneter Begriff war, wenn es nur darum ging, dass ein Hauself den Teebeutel zu lange ziehen gelassen oder den Rasen nicht zentimetergenau gestutzt hatte. Für all diese Vergehen nannte das Buch die richtigen Mittel und Wege der Bestrafung und während Emilia sich den Absatz über Daumenschrauben genauer durchlas, reichte Madam Burgunder wie versprochen einen großen Teller voller Pralinen herum. Als sie Emilias Tisch erreichte und ihr den Silberteller vor die Nase hielt, stutzte sie. „Nanu, welch Überraschung.“ Madam Burgunder fischte ein Monokel aus ihrem Dekolletés hervor und betrachtete Emilia dadurch eingehender. „Ich kann mich nicht erinnern, Sie schon einmal gesehen zu haben, mein Kind.“
„Ich bin neu in der Klasse“, murmelte Emilia, während sie ihren Blick über die Pralinen gleiten ließ und sich dann für ein mit Mokkabohnen gekröntes Nougatstück entschied.
Madam Burgunder räusperte sich. „Würden Sie sich mir bitte korrekt vorstellen, Miss?“, fragte sie eine Spur schärfer.
Emilia unterdrückte ein Seufzen und zwang sich dazu, der Frau direkt in die kalten Augen zu blicken. „Mein Name ist Emilia Eliassen, Madam, und ich habe zuvor eine Schule im Ausland besucht. Fuglefjell, falls Sie es genau wissen wollen. Die liegt in Norwegen.“
Offensichtlich ungehalten von Emilias schroffen Art, wurde Madam Burgunders Lächeln eisiger, verschwand jedoch nicht völlig von ihrem überpuderten Gesicht. „Nun denn“, sagte sie, „da wünsche ich Ihnen eine angenehme Zukunft in Hogwarts. Natürlich muss ich darauf bestehen, dass Sie sich die Werte und Benimmregeln, die ich meinen Mädchen im Vorjahr vermittelt habe, nachträglich einverleiben werden.“ Mit ihrem roten Fischmund näherte sie sich Emilias Ohr und sie flüsterte: „Und lassen Sie sich Ihre Haare wachsen. Sie sehen lächerlich aus.“
Emilia schaffte es gerade noch, ihrer Lehrerin einen brennenden Blick zuzuwerfen, ehe Madam Burgunder sich auf dem Absatz drehte und, beladen mit ihrem Pralinenteller, weitertrippelte.
Von da an hatte Emilia das sichere Gefühl, Madam Burgunder würde sie mit voller Absicht triezen, denn kaum hatten sie alle das Kapitel zu Ende gelesen, wurde Emilia gebeten nach vorne zu treten und angehalten, eine kleine Demonstration vorzuführen. Mit einem mulmigen Gefühl in der Brust und gesenkten Kopf erhob sie sich von ihrem Platz, trat vor das Lehrerpult und während Madam Burgunder sie voller Gram anfixierte, fühlte sich Emilia in etwa so, wie sich eine Made fühlen musste.
„Ich hoffe, Sie haben das erste Kapitel gebührend verinnerlicht?“, erkundigte sich Madam Burgunder und fügte mit gehässigem Unterton hinzu: „Haben Sie es überhaupt verstanden?“
Wieder kicherten einige der Mädchen hämisch.
Emilia straffte ihre Schultern. Zwar fühlte sie sich unwohl in ihrer Haut, doch sie beschloss, sich ihre Scheu nicht anmerken zu lassen. Vor allem nicht im Angesicht solcher Gemeinheiten. Erneut zwang sie sich, der Lehrerin direkt in ihre umrahmten Augen zu blicken und ihr mit einem gewinnenden Lächeln mitzuteilen, dass ihre englischen Sprachkenntnisse gut genug seien, um Schulbücher für die zweite Klasse zu verstehen. Abgerundet wurden ihre Worte mit einer Briese Abscheu in der Stimme.
„So, so“, schnarrte Burgunder unbarmherzig, „dann wollen wir Ihr Wissen mal auf Herz und Nieren testen, nicht wahr? Setzen Sie sich, Ms. Eliassen.“ Und dabei deutete sie auf einen adretten, kleinen Schemel, den sie wie aus dem Nichts heraufbeschworen hatte. Emilia beeilte sich, sich auf dem Samtkissen niederzulassen, vor allem deshalb, weil ihre Beine vor Wut zu zittern begonnen hatten.
„Gab es auf Ihrer vorherigen Schule Benimmunterricht, Ms. Eliassen?“, erkundigte sich Madam Burgunder und spähte von ihrem erhöhten Pult zu Emilia, die sich an eine Gerichtsverhandlung erinnert fühlte.
Trotz ihres Zornes zwitscherte Emilia süßlich: „Nein, natürlich nicht.“
„Natürlich nicht?!“, echote Burgunder. Sie war empört. So empört, dass sie begann, sich selbst mit der Hand Luft zuzufächern, als kämpfe sie gegen einen ganz besonders heißen Sommertag. Emilia sah eine dicke, pulsierende Ader auf Burgunders Stirn pochen und sie wusste, ihre Lehrerin war ebenso wütend wie sie selbst.
„Was soll das heißen? Natürlich nicht?“
Emilia musste den Drang unterdrücken, der erbosten Frau, die sie über das Lehrerpult hinweg finster anstarrte, nicht die pampige Antwort zu geben, die ihr auf der Zunge lag. Am liebsten wäre es ihr nämlich gewesen, sie hätte Madam Burgunder mitten in ihr dickes Pudergesicht gesagt, dass man in Fuglefjell Wert auf einen „normalen“ und „nützlichen“ Unterricht gelegt hatte, doch dann hätte Emilia sich garantiert selbst ins Aus manövriert. Und da sie nicht vorhatte, den Rest des Tages auf Burgunders Geheiß beim Schuldirektor verbringen zu müssen und dort womöglich die Schulregeln zu pauken, antwortete sie ruhig: „Britische Manieren gibt es nun mal nicht überall. Demnach auch keinen Benimmkursus.“ Sie fand ihre Schlussfolgerung recht stimmig, doch Burgunder starrte sie an, als ob ihr selten etwas so Unerhörtes zu Ohren gekommen war.
„Benehmen, meine Liebe“, begann sie schneidend, „ist etwas Universelles. Lektion Nummer eins: Benehme dich wie eine Dame von Welt, überall auf der Welt.“ Damit wandte sie ihren Kopf Richtung Klasse und fügte gemildert hinzu: „Mädchen, schreiben Sie sich dieses Sprichwort auf. Ich erwarte natürlich graziöse Schönschrift von jedem, Sie wissen, dass Ihr Schriftbild ebenso benotet wird wie sämtliche anderen Leistungen auch.“
Das Geräusch von kratzenden Schreibfedern, die über Pergament huschten, war nur kurz zu hören und als auch die letzte Schülerin schließlich ihre Feder sinken ließ, begann Burgunder mit ihrer Demonstration.
„Ms. Eliassen, wären Sie so gut, einen der Hauselfen herbeizurufen und eine Tasse Tee für sich zu bestellen? Nehmen Sie am Besten frisch aufgebrühten Kümmeltee, damit tun sich die Hauselfen hier am Schwersten.“ Mit dem Ausdruck königlicher Würde im Gesicht, nickte sie Emilia auffordernd zu.
Emilia war ratlos. Hoffnungsvoll ließ sie ein paar Sekunden verstreichen, weil sie meinte, Burgunder würde irgendwann ihr erwartungsvolles Schweigen brechen und die Aufgabenstellung ein wenig präzisieren. Doch schließlich - nachdem bereits mehr als nur ein paar Sekunden ins Land gezogen waren - musste Emilia sich eingestehen, dass sie ihre Mission alleine durchzuziehen hatte. Dumm nur, dass sie keine Ahnung davon hatte, wie man einen Hauselfen zu sich beorderte.
Burgunders Blick wurde ungnädiger und leises Tuscheln breitete sich im Klassenraum aus wie eine ansteckende Krankheit. Still und mit gesenktem Kopf hockte Emilia weiterhin grübelnd auf ihren Schemel und dachte über Telefone und Bestellkarten nach.
„Worauf warten Sie, junge Dame?“, fragte Madam Burgunder schließlich.
„Um ehrlich zu sein“, murmelte Emilia, „habe ich schlicht und ergreifend keine Ahnung von Hauselfen.“
„Sie stammen nicht aus einer magischen Familie?“
„Doch“, gab Emilia eine Spur schärfer als beabsichtigt zurück, sparte sich aber nähere Details zu ihrem Familienleben. Im Grunde war sie sich sogar sicher, dass die restlichen Eliassens sehr wohl Hauselfen besaßen, doch das galt selbstverständlich nicht für die ausgestoßene Vigdis, ihre Mutter. Die hatte sich vielmehr selbst zum Hauselfen degradiert, als sie zeitweise dazu übergegangen war, für ein schmales Gehalt Häuser reicher Muggel zu putzen.
„Wenn Sie aus einer magischen Familie kommen“, fuhr Burgunder voller Ungnade fort, „besitzen Sie zwangsläufig Grundkenntnisse über Hauselfen. Man kann schließlich auch nicht an der Küste aufwachsen, ohne dabei etwas über Seevögel zu lernen. Können Sie meiner Logik folgen?“
Emilia konnte nicht anders, als ihrer Lehrerin einen bitterbösen, wenn auch sehr kurzen Blick zuzuwerfen, doch darüber hinaus schwieg sie verbissen. Inzwischen waren sämtliche Augen auf sie gerichtet und Emilia fühlte sich, als würde man sie von allen Seiten her mit Röntgenstrahlen erfassen und ausleuchten, während sie selbst nichts anderes tun konnte, als hilflos auf ihrem Schemel dazusitzen und in den Handflächen Schweiß zu produzieren. Ihre Lage war ein Desaster.
Schließlich - inzwischen mochte eine schiere Ewigkeit vergangen sein - räusperte sich Madam Burgunder, lenkte ihren alles durchdringenden Röntgenblick weg von Emilia und zurück auf die wartende Klasse. „Mädchen, wäre eine von Ihnen bitte so freundlich, Ms. Eliassen unter die Arme zu greifen? Was ist mit Ihnen, Ms. Pillsworth?“
Agnes Pillsworth, ein kalbsgesichtiges Mädchen aus Emilias Klasse erhob sich von ihrem Platz und trat vor, nicht ohne Emilia ein süffisantes Grinsen zu schenken. Dieses Grinsen konnte Emilia glatt erwidern, als sie Agnes bei dem kläglichen Versuch beobachtete, sich während des Gehens kurz herzurichten - was zwecklos war, denn selbst Agnes` teure Kleidung und ihre langen, dünnen Haare konnten nicht von ihrem wenig ansehnlichen, aufgedunsenen Gesicht ablenken.
„Ms. Pillsworth“, richtete Burgunder das Wort an die Schülerin, „bitte seien Sie so nett und bestellen eine Tasse heißen Kümmeltee. Gerne auch mit Zucker oder Zitrone, wenn Sie möchten.“
„Gerne, Mrs. Burgunder“, zwitscherte Agnes so honigsüß, dass Emilia sich Sorgen machte, Agnes würde sich demnächst verneigen um Burgunders schrille Pömps zu küssen.
Anstatt jedoch Bestellkärtchen auszufüllen oder auf andere muggelhafte Art in Kontakt mit einem Hauself zu treten, musste Emilia dabei zusehen, wie Agnes Pillsworth nichts weiter tat, als dreimal in die Hände zu klatschen. Kaum eine Sekunde später tauchte wie aus dem Nichts heraus ein Hauself neben Agnes auf, zumindest war Emilia sich sicher, dass es sich bei dem dünnen, hunzeligen Geschöpf nur um einen Hauselfen handeln könnte - auch wenn sie immer geglaubt hatte, diese Wesen hätten ein appetitlicheres Erscheinungsbild und keine gelben, überlangen Fingernägel an den gichtgekrümmten Händen.
„Was kann ich für sie tun, Miss?“, fragte der Elf sogleich an Agnes gewandt und betrachtete sie aus übermüdeten Augen heraus. Dass er inmitten einer versammelten Klasse gelandet war, schien ihn nicht zu wundern.
„Kümmeltee mit etwas Zucker“, wies ihn Agnes an, und hatte sie zuvor noch mit glockenheller Anmutsstimme gesprochen, war ihre Stimme nun hart und unfreundlich.
„Präzisieren Sie Ihren Wunsch, Ms. Pillsworth“, ordnete Madam Burgunder an.
„Natürlich, Frau Professorin“, versicherte Agnes mit perfektem Wimpernschlag in Richtung des Lehrerpultes, ehe sie sich wieder dem Hauself zuwandte. „Heißer, mittelstarker Kümmeltee mit zwei Löffeln braunem Zucker und ohne Teesatz in der Tasse.“
Der Hauself nickte kurz und löste sich augenblicklich wieder in Luft auf. Emilia wünschte ihn im Stillen Glück, denn nicht ohne Grund befürchtete sie, man würde den unglücklichen Hauself am nächsten Baum aufhängen, würde sich in Agnes` Kümmeltee zu guter Letzt doch etwas Satz finden.
Einige Minuten später nur tauchte der Elf von neuem auf, wie erwartet mit einer zarten, dampfenden Porzellantasse in der verkrümmten Hand. Er bot Agnes die Tasse mit einer ordnungsgemäßen Verbeugung an, während Madam Burgunder das Vorgehen mit Argusaugen beobachtete, offenbar auf der Suche nach dem weltkleinsten Fehler.
Ohne ein Wort des Dankes nahm Agnes den Tee entgegen, um ihn dann wiederum auf Madam Burgunders Pult zu stellen, wo diese ihn mit detektivischer Genauigkeit untersuchte. Doch wo auch immer sich der weltkleinste Fehler verbergen musste, zumindest schwamm er nicht am Boden der Teetasse, wie Burgunder schließlich feststellte. „Der Tee erscheint mir einwandfrei“, eröffnete sie schließlich. Ihr Monokel, durch das sie während der Inspektion geblickt hatte, war inzwischen durch den Dampf ganz beschlagen. „Ms. Pillsworth, das haben Sie wunderbar gemacht. Der Tee scheint tatsächlich gelungen.“
Emilia beschloss wohlweißlich, Madam Burgunder nicht darauf hinzuweisen, dass Agnes Pillsworth die Lorbeeren für diese Arbeit nicht verdiente. Doch der Hauself, verantwortlich für einen scheinbar überwältigenden Kümmeltee, wurde nicht einmal eines Blickes gewürdigt.
Nachdem Madam Burgunder das noch immer heiße Getränk zusätzlich auf seinen Geschmack getestet und für gut befunden hatte, durfte sich Ages setzen und nun war es an Emilia, eine Bestellung aufzugeben.
„Ms. Eliassen“, wies Burgunder sie an, „bestellen Sie bitte einen Schwarztee mit etwas Milch und dazu Malzbrot. Präzisieren Sie die Bestellung mit Ihren eigenen Worten.“
Emilia wandte sich an den Hauselfen, der in trauriger Haltung vor ihr stand und sie aus tiefroten, hängenden Augen heraus ansah, die selbst einem Bluthund alle Ehre gemacht hätten. Der Anblick ließ sie beinahe stocken und sie beschloss, nichts allzu schwieriges von dem Elfen zu verlangen, auf die Gefahr hin, er würde am Ende des Tages ausgerechnet auf Grund ihrer Bestellung am Galgen baumeln.
„Nun gut“, begann sie, „bringen Sie mir bitte -“
„Wir Siezen keine Untergebenen, Ms. Eliassen“, unterbrach Burgunder sie prompt.
„Gut, in Ordnung.“ Emilia unterdrückte den Wunsch, sich ihre Lippen vor Zorn blutig zu beißen und begann von Neuem. „Also, bring mir einen starken, schwarzen Tee mit einem Schuss frischer Vollmilch. Dazu ein Stück Malzbrot, beschmiert mit viel Butter. Und einen Löffel, damit ich meinen Tee umrühren kann. Ähm. Einen goldenen Löffel.“ Damit hoffte Emilia, irgendwie einen Spagat zwischen einer präzisen und einer nicht allzu aufwendigen Bestellung geschlagen zu haben. Zumindest Burgunder schien in diesem Moment durchaus mit ihr zufrieden.
Wieder verschwand der Hauself und tauchte einige Minuten später erneut auf und wieder hielt er in seinen hässlichen Händen eine dampfende Tasse Tee, und zusätzlich einen Teller mit butterbeschmierten Malzbrot.
Emilia nahm die Bestellung entgegen, versäumte es aber nicht, dem armen Hauselfen ein leises „Danke“ zuzuflüstern, worauf seine Ohren überrascht aufzuckten.
Derweil betrachtete Madam Burgunder den Elfen wie ein Stück Dreck auf der Straße, ehe sie sich Emilia zuwandte. „Ms. Eliassen, ich sehe auf den ersten Blick, das etwas mit der Bestellung nicht stimmt.“
Nervös ließ Emilia den Blick über Tee und Brot huschen, konnte jedoch keinen Fehler entdecken. Der Schwarztee hatte eine helle Farbe, da der Hauself wie angeordnet etwas Milch hinzugetan hatte und auf dem Malzbrot türmte sich geradezu die Butter. Ja, sogar den Goldlöffel in der Tasse hatte der Elf nicht vergessen … - nur, dass der Löffel gar nicht aus golden war.
Er war aus Silber.
„Hatten Sie sich nicht einen goldenen Löffel gewünscht, Ms. Eliassen?“, erkundigte sich Burgunder und klang dabei auf eine zuckersüße Art äußerst gefährlich. Ihre Augen quollen geradezu unter ihren umrahmten Lidern hervor, so erwartungsvoll starrte sie auf den ganz und gar nicht goldenen Löffel.
„Nein, sicher nicht, Ma`am“, versicherte ihr Emilia schnell. Sie war eine gute Lügnerin und wusste, dass ihr Talent am heutigen Tag tatsächlich benötigt werden würde.
„Nun, ich bin sicher, ich hätte Sie `goldenen Löffel´ sagen hören, mein Kind.“
„Nein, Mrs. Burgunder. Ich habe mich ganz bewusst für einen silbernen Löffel entschieden.“
„So? Nennen Sie mir Ihre Gründe.“
Emilia spürte, dass ihr Mund trocken wurde, während ihr Gehirn einer guten Erklärung hinterher jagte. Und in den wenigen Sekunden, die ihr blieben, ehe Burgunder misstrauisch werden würde, fiel ihr tatsächlich etwas ein. „Nun, Ma`am“, sagte sie und schüttelte den letzten Rest Bedenken von sich ab, „zuerst hatte ich tatsächlich über einen goldenen Löffel nachgedacht. Aber dann dachte ich mir, dass Gold eigentlich viel zu übertrieben ist, wenn es nur um eine Tasse Schwarztee und etwas Malzbrot geht. Wenn man seinen Nachmittagstee jeden Tag mit einem Goldlöffel umrühren würde, wäre es irgendwann nichts mehr besonderes, und am Weihnachtsabend oder an seinem Geburtstag hätte man dann gar keine Freude mehr daran.“
Madam Burgunder mochte ihre Worte glauben oder nicht, doch zumindest schien sie verblüfft und obwohl sie die Zeit bisher dazu genutzt hatte, Emilia zu triezen, schenkte sie ihr nun ein gemildertes Lächeln. „Das war eine exzellente Ausführung, Ms. Eliassen. Grandios. Haben Sie das gehört, Mädchen? Emilia Eliassen erklärte uns soeben mit ihren eigenen Worten einen Grundsatz der `Gönnen-und-Verzicht-Regel´ aus Kapitel Sieben und lag damit vollkommen richtig: Eine Dame von Welt sollte sich jeden Tag etwas Gutes jedoch nicht das Allerbeste gönnen, damit sie niemals verlernt, Besonderes besonders wertzuschätzen. Bitte notiert Sie diese Aussage.“
Der weitere Verlauf des Unterrichts verlief für Emilia entspannt und unspektakulär. Nachdem Burgunder sie an ihrem verdrehten Teezeremonie-Experiment teilnehmen ließ und Emilia daraufhin ihre Binsenweißheiten zum Besten gegeben hatte, schien Burgunder ihr etwas Gutes tun zu wollen. Das konnte Emilia nur Recht sein und sie beschloss, die schrullige Professorin für den Rest der Stunde nicht mehr zu provozieren, sondern vielmehr in Ruhe über ihren Text über Daumenschrauben und Peitschenhiebe zu grübeln.
Erst als der Freitagnachmittagsunterricht sein lang ersehntes Ende fand, teilte Burgunder ihr im Stillen mit, dass sie Emilia längst durchschaut hatte. Sie war gerade dabei, ihren schweren Rucksack zu wuchten, als Burgunder wie zufällig an ihr vorbeischlenderte. „Ms. Eliassen“, eröffnete sie ihr leise. „Ich sollte Ihnen mitteilen, dass ich Sie im Auge behalten werde. Es dürfte Sie zwar freuen zu hören, dass ich, trotz Ihrer leicht derben Art Potenzial in Ihnen sehe, Ms. Eliassen, doch es sei Ihnen gesagt, dass ich weitere Lügen nicht dulden werde.“
„Lügen, Ma`am?“, hauchte Emilia und schaffte es, obwohl sie sich ertappt fühlte, unschuldig zu klingen.
„Ich weiß, dass Sie einen Goldlöffel bestellt haben, Ms.Eliassen, jedoch lieber darauf verzichteten, als den Hauself dafür zu verurteilen. Einzig und alleine deshalb, weil Sie sich der `Gönnen-und-Verzicht-Regel´ so vorbildhaft bedient haben, um Ihren Fehler zu vertuschen, habe ich davon abgesehen, Sie hart zu bestrafen. Doch ich werde nicht noch einmal so gönnerhaft sein, Ms. Eliassen, haben Sie das verstanden?“ Und Madam Burgunder musterte sie aus violett umrahmten Augäpfeln kritisch.
„Ja. Es tut mir Leid, Ma`am“, versicherte Emilia artig, obwohl sie jederzeit bereit war, sich mit weiteren Lügen wieder und wieder strafbar zu machen.

Fortsetzung folgt…


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Selbst Muggel wie wir sollten diesen freudigen, freudigen Tag feiern! Jenen nämlich, da sich der Londoner Verlag Bloomsbury entschloss, die Manuskripte der britischen Autorin Joanne K. Rowling zum Druck anzunehmen und sie der breiten, nichtmagischen Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Susanne Gaschke, Die Zeit