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Fanfiction

Ancient History I - Der Verbotene Wald - Von Kröten und Kieselsteinen

von Kiosk

10. Von Kröten und Kieselsteinen

Personen:
Elicius Eliassen: Elfjähriger Sohn von Vigdis Eliassen und der Bruder von Emilia. Ein eher ruhiger, zurückhaltender Slytherin. Kam vor seiner Einschulung in Hogwarts kurzzeitig bei den Rathburn unter.

Emilia Eliassen: Zwölfjährige Tochter von Vigdis Eliassen. Eine Slytherin. Sie ist stets aufmerksam und besitzt ein eher verschlagendes Wesen. Kam vor ihrer Einschulung in Hogwarts kurzzeitig bei den Rathburns unter.

Garm McKinstry: Ein jugendlicher Unruhestifter aus Slytherin. Er scheint in Imperia verliebt zu sein. Er und seine drei besten Freunde - Erebus Nott, Veikko Johnson und Prester Perkins - bilden die so genannte Toilettenmafia.

Humphrey Belcher: Ulysses` Klassenkamerad. Ein liebenswürdiger Ravenclaw

Imperia Malfoy: Die ältere Schwester von Lucius. Eine Slytherin und Vertrauensschülerin. Sie wirkt kühl und distanziert und fällt im ersten Moment stets durch ihre Schönheit auf.

Plumbeus Bott: Der Sohn des Bohnenerfinders Bertie. Er fällt besonders durch seine Langsamkeit und Zerstreutheit auf. Ein Hufflepuff

Ulysses Rathburn: Elfjähriger Sohn von Bethesda. Verwöhntes Einzelkind. Ein Ravenclaw. Stellt sich gegenüber Emilia und Elicius auf stur.

Victoria Knight: Eine Erstklässlerin aus Ravenclaw. Sie ist stets munter und aufgeweckt. Ihr Haustier ist ein stinkender, aber handzahmer Vieöfraßrüde namens Rudolph.

William Barkley: Ein Erstklässler aus Ravenclaw. Wie Ulysses stammt auch er aus Hogsmeade, wo er zusammen mit seiner etwas verschrobenen Mutter ein Haus am Rand des Dorfes bewohnt. Er ist ungewöhnlich still und unabhängig

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

Sommer 1961

Am Morgen des nächsten Tages bekam Ulysses als erstes einen richtiggehenden Schock.
„Du wusstest nicht, dass wir jetzt Flugunterricht haben?“, erkundigte sich Humphrey erstaunt, nachdem Ulysses beim Betrachten des Stundenplanes laut stöhnend die Hände vor den Kopf geschlagen hatte.
„Nein…“, murmelte Ulysses. „Oder vielleicht habe ich es auch verdrängt, wer weiß?“
Aus großen, unverständlichen Augen heraus starrte Humphrey ihn an, scheinbar unfähig, Ulysses` Frustration zu verstehen. „Warte“, sagte er schließlich matt. „Willst du mir damit etwa sagen, dass du dich nicht auf den Flugunterricht freust?“
Tatsächlich herrschte an diesem Morgen eine ausgelassene Stimmung am Frühstückstisch der Ravenclaws und ein jeder Erstklässler schien sich darüber zu freuen, gleich einen Besen besteigen zu dürfen. Nur Ulysses war von dieser Heiterkeit ausgenommen und hockte wie ein depressiver, schlaffer Kartoffelsack auf seinem Platz.
„Oh, ich hasse Besen!“, murrte er. „Ich hasse alles, was irgendwie damit zusammenhängt. Fliegen ist einfach nichts für mich! Ich frage mich, ob man sich davor drücken kann.“ Zu allem Überfluss absolvierten die Ravenclaws den Flugunterricht mit den Gryffindors und Ulysses wusste, dass diese nicht unbedingt zu Besonnenheit beim Fliegen, sondern vielmehr zu halsbrecherischen Aktionen neigten. Die Chancen standen also schlecht, dass er diesen Tag heil überstehen würde.
Vielleicht hatte Humphrey beschlossen, ihm seine Angst zu nehmen, jedenfalls wurde er nicht müde, seine Begeisterung offen zur Schau zu stellen. „Also ich glaube, Fliegen könnte sogar mein Lieblingsfach werden“, sagte er, bevor er ein großes Stück von seinem Karamellbrötchen abbiss und weiter murmelte: „Bisher fand ich Zauberkunst ja am interessantesten, aber das könnte sich heute ändern. Und tröste dich, Ulysses, denn wenigstens wird der Flugunterricht nicht so schlimm werden wie Geschichte der Zauberei.“
Es stellte sich heraus, dass der Flugunterricht es sehr wohl in Sachen Horrorfaktor mit Geschichte der Zauberei aufnehmen konnte. Die Ravenclaws und Gryffindors hatten sich draußen, unter einem strahlenden Himmel versammelt, der so endlos weit und blau zu sein schien, dass sich alleine durch die Betrachtung leichtes Schwindelgefühl in Ulysses aufbaute. Beim Gedanken daran, dort oben mit einem zerbrechlichen, kleinen Besen Kreise zu ziehen, hätte er am liebsten den Kopf im Sand vergraben.
Geleitet wurde der Unterricht von Ali Bashir, einem Professor mit eindeutig arabischen Zügen und einer Laune, die selbst die Sonne überstrahlen könnte. Professor Bashir hielt nicht fiel von Besen - und das war Ulysses sympathisch - sondern schwärmte von Fliegenden Teppichen, die in seiner Heimat so beliebt waren wie Quidditch in England.
„Natürlich“, sagte Professor Bashir wild gestikulierend und mit einem angewiderten Ausdruck im Gesicht, als er auf die bereitliegenden Besen deutete, „würde ich euch gerne zeigen wie fliegen mit Teppich. Aber Schule sagt, ihr erst lernen Fliegen mit die Besen und Bashir muss sich dran halten, nicht? Also lernt schnell und gut, so dass wir uns widmen können die Fliegende Teppich.“ Er hatte einen fauchenden Akzent, der trotz seiner freundlichen Erscheinung äußert gefährlich klang, dennoch beschloss Ulysses, ihn zu mögen. Ein Lehrer, der ihm dazu riet, auf einem Teppich zu fliegen, war eindeutig angenehmer als ein Besenfanatiker. Die Todesrate beim Besenflug war schließlich mit großer Wahrscheinlichkeit höher.
Nachdem Professor Bashir die Schulbesen verteilt und ihnen kurz die Theorie erklärt hatte, sollten sie die restliche Zeit damit verbringen, mit geringem Abstand zum Boden über der Wiese zu fliegen.
Ulysses` Besen streikte natürlich und als er dieses Problem schließlich gelöst hatte, war es nicht leicht, sich überhaupt auf dem Besen zu halten. Zum Glück war Ulysses in dieser Hinsicht nicht der einzige Schüler in Schwierigkeiten; der größte Teil der Klasse schipperte wankend über den Boden oder flog so langsam, dass sie beinahe auf der Stelle standen, wenn sie nicht gerade so niedrig flogen, dass sie mit den Stiefelspitzen den Rasen frisierten. William Barkley zeigte etwas mehr Talent, indem er es wenigstens zu einer lässigen Linkskurve brachte und Victoria Knight hatte zumindest die Durchschnittshöhe von einem halben Meter deutlich überschritten.
Professor Bashir versuchte zwar, seine Schüler mit Salven des Lobes zu ermutigen, aber es zeigte bei kaum jemandem eine große Wirkung.
Am Ende der Doppelstunde waren drei Mädchen aus Gryffindor spurlos verschwunden und wurden schließlich hoch oben in einer Baumkrone entdeckt, dem sie in ihrem gryffindorischem Übermut etwas zu Nahe gekommen waren. Während der von Professor Bashir ausgeführten Rettungsaktion kicherten sie ununterbrochen vor sich hin.
Nach dem frustrierenden Flugunterricht nahm sich Professor McGonagall ihrem Schicksal an und traktierte sie mit der schwierigen Kunst der Verwandlung.
Die Ravenclaws, nun zusammen mit den Hufflepuffs, gaben sich Mühe, aber ein Streichholz in eine Stecknadel zu verwandeln war offenbar zu viel des Guten.
Nach mehreren spektakulären Zwischenfällen, einer negativen Glanzleistung von Rubeta Cox, mehreren Punkten Abzug und einem viel zu verspätet auftauchenden Plumbeus Bott, entließ Professor McGonagall sie mit den Worten: „Ihr werdet noch viel Schande über eure Häuser bringen.“
Obwohl sie diese Worte nicht ernst gemeint hatte, wussten alle, dass es dennoch irgendwie der Wahrheit entsprachen.
Ulysses hatte die Frustrationsgrenze längst überschritten, als er sich während der Mittagspause in die Große Halle begab, es jedoch einfach nicht schaffte, mehr als einen Teller der köstlichen Bratkartoffeln mit Speck und Zwiebeln zu essen. Ihm war klar, dass ihm seine schlechten Leistungen auf den Magen geschlagen sein mussten und so beschloss er, den Rest der Pause lieber dafür zu nutzen, seinen Eltern einen Brief über das bisher Erlebte zu schreiben. Ganz alleine stieg er also die vielen Treppen bis hin zur Eulerei hinauf, etwas überrascht darüber, dass er den Weg auf Anhieb fand. Die Eulerei entpuppte sich als ein runder Raum mit zahllosen Nischen in den Wänden, wo sich kleine und große Eulen tümmelten, ebenso wie auf dem hölzernen Gebälk. Ulysses versuchte den beißenden Gestank zu ignorieren und durch den Mund zu atmen, während er dem am Boden liegenden Eulenmist großzügig auswich. Blieb zu hoffen, dass sich jemand irgendwann dazu erbarmen würde, die Eulerei kräftig durchzuschrubben.
Auf der Suche nach einer Schuleule ließ Ulysses den Blick schweifen und er war zu tiefst erschrocken, als er schließlich bemerkte, dass er nicht die einzige Person war, die sich während der Mittagspause hierher verirrt hatte. Auf dem Fenstersims saß ein Mädchen; sie hatte das Fenster weit geöffnet und Wind rauschte herein, spielte mit ihren silberblonden Haaren und dem Stoff ihres Schulrockes. Das Mädchen blickte angestrengt hinaus, nach unten, auf die Wiesen direkt unterhalb des Turmes. Vielleicht war ihr etwas hinuntergefallen?
Ulysses wollte augenblicklich umkehren, machte einen Schritt rückwärts und brachte dabei die alten Holzdielen zum knarren, so dass das Mädchen aufblickte. Erst jetzt, als sie ihm das Gesicht zuwandte, bemerkte er, dass es sich um Imperia Malfoy handelte.
„H-hallo“, stammelte Ulysses ertappt.
Imperia legte den Kopf schief, ihr Haar fiel ihr dabei über die Schultern. „Bist du nicht der Junge von vorgestern Abend, der sich zusammen mit seinen Freunden verlaufen hatte?“, fragte sie. Ihre Stimme war sehr sanft, fast lieblich. Als ob sie mit einem gleichaltrigen Jungen sprechen würde, den sie auf ihre Art und Weise sehr schätzte.
„Ja, richtig“, antwortete er, bemüht darum, nun weniger scheu zu klingen. „Du hast mir quasi das Leben gerettet.“
„Hm“, machte sie bloß. Dann, nachdem sie eine Weile ihre Schuhe betrachtet hatte, hauchte sie: „Du hattest gestern einen kleinen Zusammenstoß mit Garm McKinstry und seinen Kumpanen, richtig?“
„Stimmt. Woher - ?“ Doch er unterbrach sich. Erübrigte sich die Frage eigentlich nicht sowieso? Er erinnerte sich an die verliebten Blicke Garms, als er und Imperia gemeinsam durch den Hogwartsexpress gestreift waren. Vielleicht, nein, ganz bestimmt, standen sie sich so nah, dass Imperia einfach von Garms kleinen, kriminellen Fehltritt am gestrigen Tag erfahren haben musste.
Darüber hinaus war sie ja außerdem sogar eine Vertrauensschülerin!
Dennoch wollte Ulysses nicht, dass sich ihr Gespräch einfach im Sand verlief. Obwohl er so viel jünger war als er, hielt er es für vernünftig, sich weiterhin mit ihr zu unterhalten. Sicherlich würde der Altersunterschied nicht ganz so gravierend auffallen, wenn er in der Lage wäre, völlig ungezwungen eine echte Erwachsenenkonversation zu führen. Oder so ähnlich.
„Was tust du eigentlich hier oben?“, erkundigte er sich also tapfer.
„Oh.“ Imperia hatte sich gerade gestreckt wie eine müde Katze und antwortete mit einem leichten Gähnen. „Ich konnte mich für das Mittagessen nicht begeistern und ich bin gerne hier oben.“
„Hast du etwas verloren?“
„Wie?“
„Naja, als ich eben hereingekommen bin, hast du aus dem Fenster geguckt, als wäre dir etwas heruntergefallen.“
„Oh nein, keineswegs. Ich habe die Kröte von meiner Klassenkameradin aus dem Fenster geworfen. Jetzt liegt sie da unten am Boden und ist Matsch.“
Ulysses fühlte, wie sein freundliches Lächeln langsam in sich zusammenfiel. Erst nach einigen Sekunden begriff er vollkommen, welche Worte Imperias so nette, liebliche Stimme gerade geformt hatten, welche Bedeutung sie besaßen. Und Imperia saß weiterhin gemütlich auf ihrem Sims, hatte den Kopf schief gelegt und betrachtete ihn mit engelsgleicher Unschuldsmine.
„Ich - ich glaube, ich habe mich verhört“, stammelte er.
„Nein, das hast du nicht. Ich habe es Ernst gemeint.“
„Aber warum tust du so etwas?“
Imperia legte ihre Stirn in Falten. Sie schien ratlos. „Wie meinst du das?“, fragte sie.
„Warum schmeißt du das Haustier einer Klassenkameradin aus dem Fenster?“
Imperia schien ernsthaft über diese Frage nachzudenken. Dann zuckte sie mit den Schultern und lachte glockenhell auf. „Wo liegt das Problem?“, fragte sie im Gegenzug. „Ich hasse dieses Mädchen ganz einfach. Mal ehrlich, wer trauert schon so einer blöden Kröte hinterher? Sie ganz bestimmt nicht.“
„Und wenn es deine Kröte gewesen wäre?“
„Dann hätte ich mir eine neue Kröte gekauft. Oder eine neue Katze, eine neue Eule, ein neues was-auch-immer. Je nachdem.“
Irgendwie wurde Ulysses das Gefühl nicht los, dass Imperia das Problem grundsätzlich nicht verstand. Hatte ihr nie jemand beigebracht, dass man anderen Menschen Schmerzen zufügte, wenn man ihre geliebten Tiere tötete? Wenn man geliebte Dinge stahl oder mutwillig zerstörte? Hatte man ihr niemals beigebracht, dass Geld nicht alles ersetzen konnte, was einem lieb und teuer war?
„Willst du mitmachen?“, fragte Imperia plötzlich und ihre hellen Augen funkelten katzenartig, als sie ihm einen schnellen, auffordernden Blick zuwarf. Zeitgleich griff sie in die Tasche ihrer Robe und forderte ein sich bewegendes, grob in Servietten eingeschlagenes Päckchen zu Tage. Er konnte sehen, dass sich darin eine dicke Kröte befinden musste.
„Wessen Tier ist das?“, erkundigte sich Ulysses mit unwohlem Gefühl, während Imperia das Tier langsam von den Servietten befreite.
„Oh, von einem anderen Mädchen, Samantha Samson. Aus meiner Parallelklasse.“
„Lass mich raten, du hasst dieses Mädchen ebenfalls, richtig?“
Sie warf ihm einen mahnenden Blick zu, so intensiv, dass er tatsächlich kurz davor war, instinktiv einen Schritt zurückzusetzen. Doch dann entspannte sich Imperias Gesicht wieder und als sie sprach, klang ihre Stimme genauso freundlich wie zuvor: „Nun, wenn man so schön ist wie ich, gibt es natürlich Neider, die versuchen, einem das Leben schwer zu machen. Das verstehst du doch sicherlich, oder?“
Ulysses antwortete nicht. Natürlich konnte er ihr Argument nachvollziehen, doch ihre Methoden empfand er als grausam und unnötig. Aber wie hätte ein elfjähriger Junge seine moralischen Bedenken einer fünfzehn oder sechszehnjährigen Jugendlichen klarmachen können?
„Ein hässliches kleines Biest, nicht wahr?“ Imperia hatte das Haustier von Samantha Samson neben sich auf den Sims gesetzt, wo es tumb und nichtssagend auf ihren vier Krötenbeinen hocken blieb. Ein paar Eulen oben im Gebälk nahmen den amphibischen Leckerbissen genauer in Augenschein, aber abgesehen von erregtem Flügelschlagen blieben sie tatenlos.
Ungeduldig winkte Imperia Ulysses zu sich. „Nun komm schon!“, drängte sie und obwohl er nie und nimmer vorgehabt hatte, sich ihr in diesem Moment auch nur einen Schritt zu nähern, trat er dennoch langsam an sie heran.
Feuriger Eifer stand nun in Imperias sonst so kühlem Gesicht geschrieben, als sie hastig zwei weitere Dinge aus ihrer Robe beförderte und neben der Kröte auf den Sims legte: Ein großer, heller Kieselstein und ein Stück Bindfaden.
„Was hast du vor?“, fragte Ulysses und konnte den entsetzten Ton in seiner Stimme kaum verbergen, als er sich ihren Plan auszumalen begann.
Wie erwartet antwortete sie: „Wenn man einen Stein an sie festbindet, schlagen sie viel härter unten auf.
„Wie oft hast du so etwas denn schon gemacht?“
Sie winkte ab. „Och, fünf oder sechs Mal nur. Ich bin ziemlich erfinderisch, das ist alles. Sag mal, hilfst du mir, den Stein festzubinden? Ich hasse es, diese Viecher anzufassen und wo du schon einmal hier bist, kannst du mir genauso gut behilflich sein, oder?“ Verschwörerisch zwinkerte sie ihm zu.
Das war der Moment, in dem sich Ulysses` kleines, naives Kindergewissen zu sträuben begann, der Moment, in dem er ihr am liebsten den Rücken zugekehrt und aus der Eulerei herausgeeilt wäre, der Moment, in dem er tatsächlich kurz davor war, dies zu tun. Und dennoch … dennoch … er wusste nicht warum, er hätte niemanden je seine Gründe hierfür nennen können, doch er blieb an Ort und Stelle stehen, berauscht davon, ihr so nahe zu sein, obwohl eine unfassbare Angst ihn in Beschlag genommen hatte. Nicht nur Angst vor seiner Mitschuld, sondern auch vor Imperia Malfoy selbst.
Als er vor dem Sims zum Stehen kam, versuchte er, möglichst nicht auf die arme Kröte zu achten, stattdessen betrachtete er die weiten Länderein Hogwarts, die grünen Wiesen und, am Horizont, den düsteren Wald mit seinen teils turmhohen Bäumen. Es war ein herrlicher Septembertag und Ulysses hätte alles dafür gegeben, ihn nicht damit zu verbringen, Kröten aus einem Fenster zu werfen. Warum haute er nicht einfach ab?
„Nun?“, fragte Imperia noch einmal nach und legte dabei wie zufällig ihre Hand auf seine Schulter. „Wirst du mir helfen?“
„N - na schön“, murmelte er schwach. „Ich binde den Stein um die Kröte, aber ich werde sie nicht rauswerfen, klar? Damit will ich nichts zu tun haben.“
Imperia kicherte zur Antwort, sagte aber nichts.
Während Ulysses sich dazu überwinden musste, die warzige Kröte überhaupt anzuheben und sie mit Stein und Bindfaden zu versehen, erkundigte sich Imperia nach seinem Namen.
„Ulysses Rathburn“, sagte er leise.
„Ulysses. Ein hübscher Name. Wie nennen dich deine Freunde?“
„Ulysses.“
„Was? Das ist aber nicht nett. Weißt du, gute Freunde erkennt man daran, dass sie einem Kosenamen geben. Deswegen werde ich dich `Uly´ nennen.“ Feierlich klopfte sie ihm auf die Schulter.
Ulysses konnte nicht anders, als daraufhin die Stirn zu runzeln. Langsam, aber entschlossen hob er den Blick, sah sie an und fragte: „Wie nennen dich denn deine Freunde?“
Da war etwas in Imperias Augen, das ihre Verlegenheit verriet. Er hatte sie ertappt und Imperia reagierte darauf erschreckend zornig. „Meine Freundinnen wissen, dass man den Namen `Imperia Malfoy´ schlecht abwandeln kann“, sagte sie herablassend. „Mein Vater sagt, er hat mich nicht so genannt, damit man mir später einen Kosenamen gibt, sondern um Eindruck zu schinden. So einfach ist das!“
Vielleicht entsprachen diese Worte der Wahrheit, doch Ulysses konnte fühlen, dass Imperia in Wirklichkeit einem netten Spitznamen sicherlich nicht abgeneigt war, es nur niemandem gab, der sie nicht mit ihrem strengen, steifen Namen anredete.
Während Ulysses sich weiterhin abmühte, den Stein richtig festzuschnüren, stand Imperia mit verschränkten Armen neben ihm, schweigend und den kühlen, noch immer zornigen Blick auf den Horizont gerichtet. Ihr Verhalten machte ihn nervös, doch kaum hatte er sein Werk vollbracht, wandte sie sich wieder mit freundlichem Gesicht zu ihm.
„Oh, wunderbar!“, rief sie und klatschte in die Hände. „Eine Kröte die einen Stein Huckepack trägt. Sehr schön! Bist du sicher, dass du nicht derjenige sein möchtest, der das Biest aus dem Fenster wirft?“
„Auf keinen Fall werde ich das tun!“, entrüstete er sich.
„Na schön, dann tu ich es.“ Sie griff die Kröte mit einer Serviette, prüfte noch einmal, ob das Gelände unter ihnen auch wirklich verlassen war und warf schließlich die Kröte aus dem Fenster. Es vergingen mehrere Sekunden oder vielleicht auch eine schiere Ewigkeit - da war sich Ulysses nicht ganz sicher - ehe man den Aufprall des Tieres zu Hören bekam: Ein schmatzendes Platsch.
Imperia hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt und den Flug der Kröte mitverfolgt. Jetzt jubelte sie. „Wunderbar gemacht, Uly! Willst du sie sehen? Schau, dort unten liegt sie!“
Sie griff ihn am Nacken und drängte ihn mit sanfter Gewalt dazu, sich ebenfalls über den Sims zu lehnen und hinab zu blicken. Unten, auf einem breiten, steinernen Weg, hatten sich zwei rote, matschige Flecken ausgebreitet, die erst auf den zweiten Blick als Überreste von Kröten erkennbar waren. Ihm wurde schlecht.
Doch erst nachdem er Imperia versprechen musste, niemandem etwas von dem Krötenmord zu erzählen, erlaubte sie ihm mit einem freundlichen Augenzwinkern, die Eulerei zu verlassen.

XXXXXXX

Humphrey Belcher hatte sich bisher von jedem Fach im Voraus begeistern lassen, aber ganz besonders begeistert war er von Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Unterrichtet wurde dieses Fach von Professor Jarovit, von dem jeder sicher war, ihn bisher noch nicht zu Gesicht bekommen zu haben, nicht einmal beim Festmahl vor zwei Tagen.
Ulysses, Humphrey und die übrigen Ravenclaws - diesmal zusammen mit den Gryffindors - betraten nach der Mittagspause einen abgedunkelten Raum und der Reihe nach suchten sie sich ihre Plätze und verharrten dort still. Die Minuten verstrichen und der Professor ließ auf sich warten. Genau genommen war Poltergeist Peeves für lange Zeit der einzige, der sich in ihren Klassenraum verirrte, die Gelegenheit nutzte und einen der Gryffindors mit Kreide bewarf. Nach diesem Zwischenfall war es jedoch wieder für einige Minuten ruhig.
„Vielleicht schläft Professor Jarovit?“, mutmaßte Humphrey an Ulysses gewandt. Ulysses, gedanklich noch immer mit den Geschehnissen in der Eulerei beschäftigt, schenkte ihm zur Antwort ein nichtssagendes Grunzen.
Schließlich, gut zehn Minuten nach Beginn der Schulstunde, hörten sie polternde Schritte auf dem Korridor, die sich langsam aber stetig nährten. Die Tür zum Klassenzimmer öffnete sich und herein trat ein in Lumpen gehülltes, lederhäutiges Wesen mit immensem Buckel. Bedächtig und ungelenk stapfte es zu seinem Lehrerpult. Im ersten Moment hatte Ulysses geglaubt, Professor Jarovit hatte nicht mehr mit einem normalen Menschen gemeinsam als der aufrechte Gang, doch als er Professor Jarovit` Gesicht sah, war er sich dessen nicht mehr so sicher. Tatsächlich besaß Professor Jarovit deutlich menschliche Züge. Unter seiner lumpigen Kapuze verbarg sich ein rundes, aufgequollenes Gesicht mit gegerbter Haut und mit Augen, die unmöglich schief in diesem hässlichen Gesicht saßen. Seine Pupillen waren dunkel, blutunterlaufen und Jarovit schien Schwierigkeiten zu haben, die Welt jenseits seiner riesigen Knollennase überhaupt richtig zu erkennen.
Als der Professor seine Hände hob, um ein schweres, staubiges Buch auf das Pult zu legen, bemerkte Ulysses jedoch, dass Jarovit nicht die Hände eines Menschen besaß: Er hatte lange, runzelige Finger, die so krumm aus seiner Hand sprossen, als seien sie alte Zweige. Die Finger endeten in scharfen Krallen, die man vielleicht als Waffe hätte nutzen können, wären sie bei Professor Jarovit nicht so rissig und abgenutzt gewesen.
„So …“, murmelte der Professor und blätterte mit einschläfernder Geschwindigkeit in dem Buch herum, „worauf wartet ihr? Eure Bücher liegen noch nicht auf den Tischen.“ Er sprach mit langsamer, rauer Stimme, und einem fremdländischen, osteuropäisch anmutenden Akzent.
„Sind Sie unser Lehrer?“, entfuhr es einem der Gryffindors.
Jarovit blinzelte ihn an. Seine Augen erinnerten Ulysses mehr und mehr an die eines Maulwurfs.
„Wer fragt das?“, rief Jarovit.
„Ulrich Montgomery, Sir.“
„Nun, Mr. Montgomery, die Frage erübrigt sich doch, nicht? Ich wurde von Professor Dumbledore gebeten, in diesem Jahr den Unterricht zu leiten und ich drücke mich nicht vor Arbeit, oh nein.“
„Sie sind nur ein Jahr hier?“, harkte Montgomery weiter nach.
„Hm“, machte Jarovit. „Ich halte nur den Platz für meinen werten Freund und Kollegen Professor Semerov frei. Der ist zurzeit in Sibirien unterwegs und jagd die Werwölfe.“ Vergnügt lachte Jarovit, obwohl es sich für Ulysses eher wie ein schwerer Keuchhusten anhörte. „Eigentlich hatte Professor Semerov zugesagt, schon dieses Jahr in Hogwarts zu lehren, aber nachdem diese Werwölfe angefangen haben, Frauen und Kinder zu reißen, beschloss er, sich lieber darum zu kümmern und bat mich, nach Hogwarts zu reisen.“
Obwohl er es sicherlich nicht beabsichtigt hatte, klebten die Schüler nun an seinen Lippen. Werwölfe. Sibirien. Auch für Ulysses klang das spannend und er stellte sich vor, wie tapfere Männer, mit schweren Armbrüsten bewaffnet, durch einen nordischen Winterwald streiften und den Spuren hässlicher Bestien folgten.
„Was mich angeht“, fuhr Jarovit langsam fort, „bin ich zu alt für die Jagd geworden. Oh, ich habe mit vielen Werwölfen gekämpft in meinem langen Leben.“ Wie zum Beweiß hielt er seine langen, stark in Mitleidenschaft gezogenen Krallenfinger hoch. „Aber nach fast einhundert Jahren auf der Jagd, ist es an der Zeit, das Leben zu genießen, nicht wahr?“
„Tut mir Leid, Professor Jarovit, Sir“, meldete sich wieder Montgomery, „aber was für ein Wesen sind Sie?“
Etwas, das einem Lächeln sehr ähnlich war, legte sich über Jarovit hässliches Gesicht und nach einer kurzen Bedenkzeit antwortete er: „Es gibt Geschöpfe, in denen das Blut vieler fließt. Man sagt, Kniesel können sich in Katzen und Einhörner sich in Kutschpferde verlieben und genauso ist es wohl. Genauso.“
Tatsächlich waren die Schüler so interessiert, an ihrem eigentümlichen Professor, dass Jarovit die nächste Zeit damit verbringen musste, ihnen über sein Leben zu erzählen. So erfuhren sie, dass er aus einer besonders trostlosen Gegend Sibiriens stammte, wo er nicht nur Werwölfe und ähnlich tödliche Bestien gejagt hatte, sondern auch Mitglied eines Wanderzirkus gewesen war. Auf diese Weise war er weit herumgekommen, hatte Dörfer besucht, in denen die abergläubische Menschen lebten und hatte sie so gut es ging von ihren Nöten - beispielsweise spukende Scheunen - befreit. Die Muggel hatten ihn stets für einen besonders hässlichen Menschen gehalten und obwohl er allen erzählt hatte, er sei ein echter Magier, hatten sie ihm nie misstraut oder sich gar vor ihm gefürchtet. Jarovit erklärte den daraufhin verdutzten Schülern, dass es Gegenden auf der Welt gab, in denen Muggel von Haus aus so sehr mit Aberglauben und Hexerei aufgewachsen waren, dass sie einen echten Zauberer ähnlich gut wie Doktoren behandelten - nur für den Fall, man könnte eines Tages ihre Dienste beanspruchen wollen.
Dann, vor zehn oder fünfzehn Jahren ungefähr, war Jarovit einem Russen namens Serge Semerov begegnet, einem Draufgänger und passionierten Kämpfer gegen Anhänger der Dunklen Künste. Laut Jarovit` lebhafter Schilderung waren die russischen Auroren damals wie heute eine Katastrophe gewesen und so hatten sich Zauberer wie Semerov und schlussendlich auch Jarovit selbst kleinen Bürgerwehren angeschlossen, die gleichwohl aus Muggeln wie aus Magiern bestanden hatten. Gemeinsam hatten sie zahllose Schwarzmagier, Vampire und andere Bestien zur Strecke gebracht, nicht ohne hohe Verluste, doch das hatte Jarovit und Semerov bloß enger zusammengeschweißt.
Als Jarovit am Ende seiner langen, ereignisreichen Lebensgeschichte angelangt war, war der Unterricht bereits fast zu Ende. Die restliche Zeit sollten die Schüler nutzen, in dem Buch Dunkle Kräfte. Ein Kurs zur Selbstverteidigung lesen und die Klasse, nun beflügelt durch die Abenteuer tapferer Männer und Frauen, taten es ohne Beschwerde.

Fortsetzung folgt…

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

Kommentar: Hey, sorry dass ich mich schon wieder eine Weile nicht gemeldet habe. Ich war etwas im Uni-Stress und außerdem eine Zeit im Ausland. Aber jetzt habe ich zum Glück ewig lange Ferien!


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Sie kämmt sich ihr Haar offensichtlich schon sehr, sehr lange nicht mehr.
Jamy Temime, Kostümbildnerin, über Prof. Trelawney