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Fanfiction

Ancient History I - Der Verbotene Wald - Donnerwetter über Halden

von Kiosk

Personen:
Bethesda Rathburn: Freiwillige Beauftragte für Muggelstämmige Kinder

Elicius Eliassen: Elfjähriger Sohn von Vigdis

Emilia Eliassen: Zwölfjährige Tochter von Vigdis

Ulysses Rathburn: Elfjähriger Sohn von Bethesda. Verwöhntes Einzelkind

Valkyrie Eliassen: Großtante von Emilia und Elicius. Rabiate Norwegerin

Vigdis Eliassen: Eine Squib. Mit ihrem Leben scheinbar durchgehend überfordert

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

Sommer 1961

Emilia Eliassen hatte ihre Schuhe und ihre schmuddelige, abgetragene Strumpfhose ausgezogen, um ihre Beine im Wasser baumeln zu lassen. Im ersten Moment fühlte sich das kühle Nass wie ein Nadelkissen an, prickelnd und stechend auf ihrer warmen Haut und sie musste unwillkürlich nach Luft schnappen, so geschockt reagierte ihr Körper auf den plötzlichen Temperaturwechsel. In dem dunklen Wasser des Hafens schimmerten ihre Beine geisterhaft hell, geisterhaft untot, was Emilia an Nils Tronstad, dem stadtbekannten Trinker, erinnerte, der erst vor einigen Wochen dabei beobachtet worden war, wie er während des Sturms stockbesoffen auf eben diesem hölzernen Steg entlang spaziert und am Ende ins Wasser gestürzt war. Wegen der starken Strömung hatte man seine Leiche noch immer nicht geborgen und sicher war es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich Nils Tronstads aufgeblähter Körper in dem Netz eines Fischers verfangen würde. Doch während Emilia ihre Beine im finsteren Wasser baumeln ließ, kam ihr der Gedanke, Nils Tronstads Leiche könnte vielleicht noch unter diesem Steg vor sich hintreiben, mit klauenartigen Händen, die ihre Füße in der Dunkelheit streifen würden. Ein angenehmes Gruseln erfasste das Mädchen und sie spähte noch etwas gründlicher in die salzigen Wogen, um irgendwo dort unten vielleicht ein Totengesicht zu erkennen, das so hell schimmerte wie der Mond.

Sie konzentrierte sich so sehr darauf, in das Wasser zu starren, dass sie die schweren Schritte, die den Steg erschütterten, zwar deutlich wahrnahm, aber trotz allem nicht aufblicken wollte. So schwer und erschütternd konnte ohnehin nur ihre Großtante Valkyrie Eliassen stampfen und bei Valkyrie Eliassen war es nun mal besser, den Kopf grundsätzlich gesenkt zu halten, da ihre Großtante dazu neigte, Blickkontakt als Provokation aufzufassen.
„Zieh dich sofort wieder an, Emilia!“, fauchte die resolute Stimme Valkyries auf Norwegisch. „Du wirst langsam zu alt, um deine nackten Beine im Meer baumeln zu lassen, Mädchen!“
Ohne aufzublicken erhob sich Emilia und sie sah auch dann noch vorsorglich nicht auf, als sie sich ihre Strumpfhose erneut unter den Rock zog und nach ihren dicken, gefütterten und äußerst mitgenommenen Wanderstiefeln griff.
„Hast du deine Sachen gepackt?“
„Ja.“
Emilia hatte praktisch ihren gesamten Besitz in zwei kleine Koffer gequetscht und all die Dinge, die ihrer Meinung nach entbehrlich waren, in die Mülltonne des Nachbarhauses geworfen. Für ein zwölfjähriges Mädchen besaß Emilia ohnehin nicht besonders viel: betagte Kleidung, einige Gegenstände von persönlichem Wert und hier und da auch ein paar Dinge, die sie im Laufe der Jahre zusammengesammelt hatte – wobei „geklaut“ in so manchem Fall ein weitaus treffenderer Begriff gewesen wäre.

Großtante Eliassen stieß einen genervten Seufzer aus und griff Emilia bei den Schultern, um sie vorwärts zu treiben. Emilia verbarg die Hände in den Taschen ihres Anoraks, während sie krampfhaft versuchte, die Gefühle zu erfassen, die ihr durch die Brust schwirrten wie ein Haufen aufgeschreckter Vögel. Beim Blick auf die vorgelagerten Inseln und Boote im Meer, den windverzerrten Gewittertürmen am Horizont und mit dem salzigen, strengen Geruch des Hafens in der Nase, war es sehr schwer sich vorzustellen, ihre Heimat verlassen zu müssen. Dabei kannte Emilia Großbritannien nur zu gut und sie hatte insgesamt drei ganze Jahre dort verbracht – immer dann nämlich, wenn ihre liebesberauschte Mutter Vigdis das unsinnige Bedürfnis verspürt hatte, ihrem Liebhaber hinter herzureisen, bloß um sich dann wenige Monate später wieder mit ihm zu zerstreiten. Doch trotz des ewigen Pendelns zwischen Großbritannien und Norwegen, Emilia hätte sich niemals vorstellen können, einmal in Schottland zur Schule gehen zu müssen.
Sie und Valkyrie tauchten bald nachdem sie den kleinen Steg verlassen hatten in das geschwätzige Stadtleben der Muggel ein; Valkyrie eilte voran wie eine Dampflok und rempelte die Muggel nicht nur mit großer Effizienz, sondern auch mit großer Dreistigkeit zur Seite. Stumm folgte ihr Emilia und warf verschwommene Blicke in die Schaufenster und auf Ladenschilder, in der Hoffnung, den aufgeschreckten Vogelschwarm in ihrer Brust irgendwie ablenken zu können. Sie fühlte sich losgelöst von allem, aber nicht im positiven Sinn.

Schließlich kamen sie vor einem kleinen Steinhaus zum Stehen, das seltsam gequetscht zwischen den mächtigen Nachbarbauten wirkte. Die Fassade war rissig und aus der Regenrinne leckte es und Emilia verspürte bei seinem Anblick nicht gerade ein Anflug von Heimatgefühl. Es hatte viele dieser schäbigen und preiswerten Muggelhäuser in ihrem Leben gegeben, denn ihre Mutter Vigdis gehörte nicht gerade zu den wohlhabendsten Squibs und abgesehen davon, hatte sie es selten lange an einen Ort gehalten, wodurch ihr Komfort stets zweitrangig erschienen war.
„Wir reisen per Flohpulver“, stellte Valkyrie klar, während Emilia vortrat und die Haustür mit dem altmodischen Schlüssel aufschloss, den sie immer um den Hals getragen hatte. Es war ein säuerlicher Gestank von Müll, der ihnen aus dem Hausflur entgegenschlug. Zuvor hatte Emilia ihn kaum bewusst wahrgenommen, doch nun, wo sie noch den lebhaften und frischen Salzgeruch des Meeres in der Nase hatte, fiel es ihr auf. In dem schmalen, fensterlosen Hausflur stand eine Reihe schlecht verschnürter Müllsäcke, die eigentlich längst hätten weggeschafft werden müssen. Doch seit Vigdis Eliassen vor knapp zwei Wochen das Weite gesucht hatte, hatte Emilia nicht die Muße gehabt, sich um so nichtige Dinge wie den Müll zu kümmern. In der Haushaltskasse hatte Vigdis gerade mal acht Kronen zurückgelassen und Zaubergeld befand sich schon gar nicht in ihrem Besitz. Daher hatte sich Emilia mehr um die tägliche Nahrungsration als um den Müll gesorgt und dementsprechend stank es nun auch in dem beengten Hausflur.
Valkyrie Eliassen sagte ausnahmsweise einmal nichts, obwohl ihr zum Thema schlampige Hauhaltsführung sicherlich hunderte bissige Kommentare eingefallen wären. Stattdessen aber trieb sie Emilia voran in Richtung Wohnungstür, die einen Spalt offen stand. Emilia schlüpfe hindurch und Valkyrie ließ die mitgenommene Tür beinahe aus den Angeln fliegen, als sie sich ebenfalls ihren Weg bahnte.

In der Wohnung selbst herrschte vergleichsweise wenig Unordnung. Vigdis Eliassen hatte nie genug Besitz anhäufen können, um den Boden auch nur ansatzweise mit Krimmskrams zu bedecken. Stattdessen beherrschte Staub die kleine Wohnung, der sich auf all den leeren Ablageflächen, den Schränken und den Fensterbänken angesammelt hatte. Die Tapeten waren vergilbt und in den Zimmerecken hatte sich grüner Schimmel gebildet, der sich schnell ausbreitete und immer neue Muster formte.
„Da liegt ein ganzer Haufen unbezahlter Rechnungen“, eröffnete Emilia ihrer Großtante beiläufig und deutete auf den Schminktisch ihrer Mutter, auf dem sich unzählige Briefe stapelten und all die alten Lippenstifte und Puderquasten längst unter sich begraben hatten.
Valkyrie rümpfte die Nase, griff nach einer Rechnung und überflog sie. Alleine die muggelhafte Schreibmaschinenschrift schien sie fast zur Weißglut zu treiben. „Na sieh sich das mal einer an“, knurrte sie und ihre boshaften Äuglein verengten sich voller Gram. „Eure arme, arme Mutter bestellt sich beim Versandhaus Schuhe. Nicht ein Paar Schuhe, nicht zwei Paar Schuhe, sondern gleich fünf Paar Schuhe. Aber sie sah sich offenbar nicht dazu gezwungen, diesen Schund zu bezahlen. Unerhört!“ Kaum hatte sie das letzte Wort ausgespuckt wie Gift, zerriss Valkyrie die Rechnung in viele kleine Papierschnipsel, wobei die Druckerschwärze Flecken auf ihre Finger malte.
„Du bezahlst die Rechnungen nicht?“, fragte Emilia etwas empört. Ihre Mutter hatte nicht nur Mietschulden und Schulden beim Versandhaus gemacht, sondern auch bei vielen gutgläubigen, netten Nachbarn. Nachbarn, die Emilia und ihren jüngeren Bruder Elicius im Sommer mit kaltem Fruchteis und im Winter mit wärmendem Kakao versorgt hatten. Es gefiel Emilia daher nicht besonders, all diese Leute betrügen zu müssen, auch wenn es einzig und alleine die Schuld ihrer Mutter war.

„Mit diesen Muggelquittungen werde ich mich ganz sicher nicht befassen!“, murrte Valkyrie mit ausgesuchter Arroganz. Wie die meisten Mitglieder der reinblütigen Eliassen-Sippe, eine der ältesten skandinavischen Zauberfamilien, scherte sich Valkyrie nicht besonders um Muggel und deren Angelegenheiten. Auch wenn es ihr auf keinen Fall gefiel, dass ihre Squib-Nichte Vigdis einen Schulden- und Müllberg zurückließ, denn egal ob in der Muggel- oder Zauberwelt, Vigdis` Verhalten war überall von Dreistigkeit beherrscht.
„Aber was passiert mit dieser Wohnung?“, fragte Emilia weiter und konnte nicht verhindern, dass sich ihre Stimme dabei vor Aufregung überschlug.
„Nichts. Was soll schon mit diesem Drecksloch hier passieren?“
„Wir machen und einfach so aus dem Staub? Du schickst Elicius und mich einfach so nach England und wir lassen alles so, wie es ist? Was ist, wenn die Nachbarn denken, man hätte uns entführt?!“
Valkyrie lachte bellend auf. „Du hast eine übertrieben bunte Fantasie, Emilia!“ Damit schien sich das Thema für sie erledigt zu haben. Statt weiter auf Emilias Befürchtungen einzugehen, zog sie ihren Zauberstab und ließ den Papierhaufen mit den unbezahlten Rechnungen in Flammen aufgehen. Magisches, blaues Feuer fraß sich in Sekundenschnelle durch die Briefe und mit seiner Hitze brachte er die darunter liegenden Lippenstifte zum Schmelzen. Rote, fettige Kleckse breiteten sich auf dem Schminktisch aus wie flüssiges Wachs, und nicht ohne grimmige Genugtuung zu verspüren, beobachtete Emilia, wie der zurückgelassene Teil von Vigdis` Schminksammlung in Flammen aufging. Als Valkyrie dem Feuer mit einem Schlenker ihres Stabes Einhalt gebot, stieg nicht einmal Rauch oder Glut von den verkohlten Überresten auf. Ein weiterer Schlenker und der Schminktisch war auch von der Asche befreit.

„Wo ist dein Bruder?“, erkundigte sich Valkyrie, während sie ihren Zauberstab mit einem Tuch säuberte und wieder zurücksteckte.
Mit einem Kopfnicken deutete Emilia auf das Zimmer ganz am Ende des Flures. „Er hat seinen Hamster verloren“, sagte sie schleppend. „Ist abgehauen und hockt jetzt irgendwo in der Wohnung.“
„Entlaufende Hamster interessieren mich nicht, Kind.“
„Das weiß ich selbst.“
„Werd nicht frech.“
Valkyrie schob Emilia beiseite und stapfte in Richtung Kinderzimmer, wo sie ein weiteres Mal fast die Tür aus den Angeln riss. Mit den Händen auf den Hüften stand die wuchtige Frau da und spähte in das kleine, Schimmel zerfressende Zimmer, als wollte sie eine aufmüpfige Mücke mit ihrem Blick durchbohren. „So wie es hier riecht, glaube ich eher, dass der Hamster schon längst irgendwo verrottet!“.
Als Emilia es endlich geschafft hatte, sich durch Türrahmen und Hüftspeck ihrer Großtante hindurch in das Zimmer zu quetschen, sah sie Elicius flach auf den Boden liegen, wie er versuchte, hinter eine Regalwand zu spähen. Aus lauter Sorge um seinen Hamster hatte er am Abend zuvor eigenhändig sämtliche Möbel der Wohnung verrückt, doch wo immer sein Haustier sich verkrochen haben mochte, bisher blieb es unauffindbar.

Nun, wo Elicius seine Großtante vor sich hatte, sprang er auf und klopfte sich den Staub von der Kleidung. „Tante Eliassen! Ich wollte bloß meinen Hamster – ich meine – Guten Tag, Tante!“
„Vergiss deinen Hamster, Kind“, sagte Valkyrie resolut, griff aber überraschenderweise nach der Hand, die Elicius ihr höflich hingehalten hatte, und schüttelte sie kurz. „Wir haben es eilig. Eure Gastfamilie wartet bereits mit Kaffee und Kuchen.“
Diese Worte nährten Emilias Hungergefühl auf erstaunlich effiziente Weise. Plötzlich kam es ihr vor, als hätte sie vor Wochen die letzte Mahlzeit gesehen, obwohl Valkyrie sie erst vor ein paar Stunden mit einer ganzen Hand voll Salzkekse ruhig gestellt hatte.
„Ist die Familie nett?“, forschte Elicius vorsichtig nach.
„Hab nur die Mutter kennen gelernt – ach, und ihren pummeligen Sohn, der oben auf der Treppe saß und uns belauscht hat. Aber der Kuchen schmeckt.“
„Kuchen ist nicht die Hauptsache!“,
gab Emilia völlig entgegen ihrem manischen Kuchenappetit zu bedenken, worauf ihr Valkyrie einen mörderischen Seitenblick zuwarf. Dennoch fügte Emilia etwas kleinlauter hinzu: „Es könnte sich schließlich um eine Familie geistesgestörter-“
„Selbst wenn!“
, giftete Valkyrie ihr entgegen. „Selbst wenn der Kuchen schlecht wäre und die Familie von Grund auf böse, ihr habt keine andere Wahl! Und du, Emilia, du solltest dich glücklich schätzen, dass du überhaupt eine zweite Chance bekommst. Nachdem man dich hochkant aus Fuglefjell hinausgeworfen hat, ist Hogwarts deine allerletzte Möglichkeit, du dummes Ding!“
Missmutig biss sich Emilia auf die Unterlippe. Der Rausschmiss aus der norwegischen Zauberschule würde innerhalb ihrer Familie nicht vergessen werden. Und offen zugeben, dass sie sich insgeheim sehr wohl über den Neuanfang in Hogwarts freute, wollte sie natürlich auch nicht.

„Genug geredet!“ Valkyrie schnaubte und sah sich nach Elicius` Koffern um, die in der schimmelbefallenden Ecke standen. „Nimm deinen Kram, Junge. Wir müssen los. Der Kamin? Wo ist der Kamin?“
„Gibt`s hier nicht“
, sagte Emilia mit vorgetäuschter guter Laune, aber bissigem Unterton. „Vigdis konnte sich keine Wohnung mit eigenem Kamin leisten. Mit ein wenig finanzieller Unterstützung von ihrer Familie wäre das natürlich möglich gewesen, vor allem, da die Eliassens ja so unheimlich viel Zaubergold besitzen.“
„Ach, sei still. Was weißt du denn schon, Mädchen?! Deine Großmutter hat Vigdis mit Geld versorgt, bis sie irgendwann bemerkt hat, dass Vigdis alles zum Fenster rauswirft und sich mit Männern herumtreibt, wie mit euerm Vater zum Beispiel. Du kannst der Familie nichts vorwerfen, Emilia. Deine Mutter ist diejenige, die sich schämen muss!“

Daraufhin wusste Emilia nicht, was sie antworten sollte. Etwas ratlos blickte sie zu ihrem jüngeren Bruder Elicius, der offenbar vorhatte, vor lauter Scham Löcher in seine Schuhe zu starren. Tatsächlich hatte Emilia nicht gewusst, dass die Eliassens einmal für Unterstützung gesorgt hatten. Vigdis hatte eine völlig andere, sehr einseitige Sicht der Dinge gehabt…

„Kommen wir zurück zu dem Kamin! Was denkt sich eure Mutter dabei, in eine Wohnung ohne Kamin zu ziehen?! Schändlich und verquert ist das Gehirn eines Sqiubs! Sag mir, Emilia, wo ist der nächste Kamin?“
„Die Frau neben uns hat einen“,
antwortete sie.
„Das muss reichen. Beeilung, schnappt euch eure Koffer – Elicius, trödel nicht rum, nimm deine Sachen und dann los!“
Elicius hatte sich aus irgendeinem Grund in Richtung des Fensters gewandt, doch mit Großtante Valkyrie im Nacken, wuchtete er schließlich doch seine Koffer hoch. Valkyrie verließ das Zimmer, Emilia folgte ihr, nicht ohne sich davor aber noch ein letztes Mal umzudrehen. Elicius hatte seine Koffer wieder abgestellt, huschte leise zum Fenster und öffnete es. Eine frische Meeresbriese drang in das Zimmer und nahm der dichten, schimmelpilzverseuchten Luft ein wenig von seiner stickigen Wirkung. Etwas verwundert sah Emilia ihrem Bruder dabei zu, wie er ein langes, mit Sprossen versehendes Brett unter seinem Bett hervorzog und es wie eine Rampe an die Fensterbank lehnte. Erst jetzt entdeckte Emilia die beiden großen Schüsseln vor dem Fenster: In der einen befanden sich allerlei Grünzeug, Kartoffelschalen und Körner, die andere war bis zum Rand mit frischem Wasser gefüllt.
„Ich möchte nicht, dass mein Hamster verhungert“, erklärte Elicius mit einem flüchtigen Lächeln im Gesicht nachdem er sein Werk verrichtet hatte und wieder nach seinen Koffern griff. „Wenn er irgendwann aus seinem Versteck herauskommt, kann er sich satt fressen und das Haus verlassen wann immer er will. Auf der anderen Seite vom Fenster habe ich auch eine Rampe hingestellt, damit er in den Garten laufen kann.“
Erst jetzt begriff Emilia erst richtig, wie sehr Elicius seinen Goldhamster geliebt haben musste.

Zutritt zum Nachbarhaus verschaffte sich Valkyrie durch einen Schlenker ihres Zauberstabes, der den übrigen Passanten unmöglich auffallen konnte, da Valkyries immense Körperfülle die Sicht auf Tür und Schlüsselloch gänzlich verwehrte. Während sie zu dritt die knarrende und leicht altersschwache Treppe hinaufstiegen, die zur Wohnungstür ihrer Nachbarin führte, brach ein Sommergewitter über der Stadt aus, begleitet vom lautstark prasselnden Regen. Emilia nahm sich die Zeit, um aus dem einzigen Fenster des Treppenhauses zu spähen, hinaus auf die gewundene Strasse und dem Kopfsteinpflaster, das bereits so nass glänzte wie die Schuppen eines Fisches. Dicht und schwer hingen die Wolken über der Stadt, dem Meer und den nahen Inseln und Blitze funkten in dieser bleigrauen Masse umher, gefolgt von heftigem Donner. Der Inbegriff eines Gewitters.
„Donnerwetter“, fluchte Valkyrie, als sie endlich, nach langer Schufterei, die oberste Treppenstufe erreicht hatte. Emilia fragte sich, ob sie nun über das Wetter oder über die Treppe fluchte, beschloss jedoch, nicht nachzufragen.
„Ist die Nachbarin anwesend?“ Valkyrie beäugte mit ihren blauen, zusammengekniffenen Glubschaugen das Klingelschild. A. Norderhaug stand darauf.
„Keine Ahnung“, sagte Emilia gedehnt, trat aber beherzt einen Schritt vor und klingelte. Augenblicklich fing der Papagei der alten, leicht zerstreuten Frau Norderhaug an zu krakeelen, doch die Frau selbst kam nicht an die Tür. Die Wohnung hinter der gläsernen Türscheibe blieb dunkel.
„Also nicht“, entschied Valkyrie, griff wieder nach ihrem Zauberstab und ließ die Tür mit einem vornehm leisen Klick aufspringen. Die drei Eliassens standen auf der Türschwelle und blickten in eine altmodische Wohnung mit Spitzenvorhängen, Großvateruhr und einem Käfig, in dem ein schreiender Roter Ara hockte und missmutig mit den Flügeln schlug.
Valkyrie stapfte als erste in die Wohnung und brachte dabei den Holzfußboden mit ihrem Gewicht zum Knarren. Suchend huschte ihr Blick umher, bis sie endlich den Kamin entdeckte, geschäftig machte sie sich daran zu schaffen, zog einen Beutel mit Flohpulver hervor und bereitete ihre Reise per Kamin akribisch vor.

Emilia stellte ihre Sachen in das Wohnzimmer der alten Dame und machte sich mit dem vorherrschenden Geruch in der Wohnung vertraut: eine Mischung aus alten Keksen und Vogelgefieder. Als sie vor den Käfig trat, stellte der Ara sein Geschrei ein um den Kopf schief zu legen und ihr aus seinen hellen Augen heraus entgegenzublinzeln. Er schien auch dann noch missmutig gestimmt, als Emilia vorsichtig ihren Finger durch die Stäbe steckte und dem Vogel den Nacken kraulte. Beim Anblick des überdimensionalen Schnabels musste sie sich unwillkürlich fragen, ob ein Ara einen Finger entzwei beißen könnte, doch ihre Überlegungen wurden wie schon so oft von Valkyrie unterbrochen. Ihre Großtante hatte den Kamin zum Brennen gebracht und auch das Flohpulver lag bereit. „Wer will zuerst?“, fragte sie die beiden Kinder, ohne dabei den miesepetrigen Ton in ihrer Stimme zu verlieren. „Schon mal per Flohpulver gereist, Emilia? Emilia?! Nimm deinen Finger aus dem Käfig oder er ist ab!“
Schnell trat das Mädchen von dem Papagei weg. „Ist schon mal vorgekommen!“
„Wie bitte?“, fragte Valkyrie leicht verblüfft.
„Ich meine, Reisen per Flohpulver. Ist bei mir schon vorgekommen. Elicius kennt den Mist auch.“
„Mist? Soso.“
Wieder grunzte Valkyrie und ihre Mundwinkel krümmten sich gen Erdboden. „Dann hoffe ich, dass du es schaffst, zum richtigen Zeitpunkt auszusteigen, Kind. Denn ich werde nicht den halben Erdball nach dir absuchen, bloß weil du irgendwo in Tuvalu, Swasiland oder wo auch immer gestrandet bist.“
Emilia wusste zwar nicht, wo auf dem Erdball Tuvalu oder Swasiland lagen, aber es hörte sich nach einen beachtlichen Entfernung zu Norwegen oder Großbritannien an.
Valkyrie schickte sie vor zu dem Kamin, der so geräumig war, dass selbst die dicke Großtante und ihre zahlreichen Fettpolster daran platz finden würden. Smaragdgrüne Flammen loderten und schlängelten sich mit angenehmer Wärme Emilias Beine empor, als sie beherzt hineintrat.
„Sprich klar und deutlich“, mahnte Valkyrie sie, während sie Emilia ihre Koffer reichte. „Die Adresse lautet: Hogsmeade, Kamin der Rathburns, Großbritannien.“
Emilia holte tief Luft und versuchte so sauber und dialektfrei wie möglich die Worte zu wiederholen. Kaum hatte ihr Mund den letzten Laut in die aschegeschwängerte Kaminluft entlassen, zeigte das Flohpulver seine Wirkung und die grünen Zauberflammen nahmen Emilia mit auf ihren kurzen Weg nach Britannien, ihrem neuen vorläufigen Zuhause.

Fortsetzung folgt…


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