von iome
4. Mal verliert man, mal gewinnt man
Die nächsten Tage schlichen dahin. Das Schneetreiben draußen wurde dichter und die Kälte drang weiter ins Schloss vor. Alle Bereiche, die derzeit nicht gebraucht wurden, waren nun nicht mehr beheizt. Da insgesamt nur eine Handvoll Schüler über Weihnachten geblieben war, waren nur wenige Räume warm. Manche Flure glitzerten, weil die Feuchtigkeit, die sich oft in alten Gemäuern befindet, gefror und alles mit einer dünnen Eisschicht überzog.
Obwohl Hogwarts, wie immer um diese Jahreszeit, festlich geschmückt war, wollte diesmal nicht so richtig Weihnachtsstimmung aufkommen.
Ron und Harry waren jeder auf seine Art den ganzen Tag beschäftigt. Ron spielte gegen sich selbst Schach und wenn Harry sich mal wieder überreden ließ, auch gegen ihn. Harry verschlang ein Buch nach dem anderen. Die meisten handelten vom Quidditch. Das eine Buch, was sich nicht um den Zauberersport drehte, handelte von Kunstflugfiguren und besonders gefährlichen Flugmanövern mit Besen.
Hermine sahen sie fast nur beim Essen und auch dann nur kurz. Sobald sie aufgegessen hatte, ging sie zurück in den Schlafsaal. Die beiden Jungs waren hilflos. Sie bekamen noch nicht einmal die Gelegenheit sie zu fragen, was eigentlich los war. Nun ja, das kam zumindest ihrem Vorsatz, sie ein paar Tage in Ruhe zu lassen, entgegen.
Hermine war sehr dankbar, dass die Jungs sie nicht fragten was mit ihr sei. Mittlerweile war sie zwar so weit, dass sie nicht mehr bei jeder Kleinigkeit losheulte, doch so richtig verdaut hatte sie die ganze Sache noch nicht. Jede Mahlzeit war ihr ein Greul. Und es half ihr nicht gerade, dass sie mit dem Rest der dagebliebenen Schüler und Lehrer an einem Tisch saß. Am aller wenigsten half es ihr jedoch, dass Snape ihr genau gegenüber saß.
Sie hob bei keinem Essen den Kopf und redete nur das Nötigste mit Harry und Ron, die links und rechts von ihr saßen. Um nichts in der Welt hätte sie Snape ins Gesicht sehen können.
Noch waren Ferien, aber wenn der Unterricht wieder losging, musste sie das im Griff haben und das wusste Hermine nur zu genau.
Was Hermine jedoch verwunderte, war, dass auch Snape kaum ein Wort sprach und vor allem keine schnippischen Bemerkungen machte. Nach seinem letzten Auftritt war es schwer vorstellbar, dass er das aus Rücksichtnahme tat. Vielleicht befürchtete er nur, dass sie dann den Mund nicht mehr halten würde.
Darüber brauchte er sich jedoch keine Gedanken zu machen, dachte Hermine. Sie würde bestimmt keinem auf die Nase binde, dass sie vier Abende miteinander verbracht hatten. Zum einen deshalb, weil Hermine vermutete, dass das den Rauswurf aus Hogwarts für sie zur Folge hätte, zum anderen aber auch, weil sie nicht wollte, dass jemand erfuhr, dass sie etwas mit dem meistgehassten Menschen dieser Schule angefangen hatte.
Ihre Enttäuschung über die abrupte Beendigung ihrer 'Beziehung' verdaute Hermine, indem sich ihre Gefühle ganz langsam in Wut verwandelten. Am ersten und zweiten Tag war sie noch enttäuscht von Severus, am dritten Tag begann sie wieder als Snape an ihn zu denken und allmählich konnte sie sich sogar wieder mit dem Begriff übergroße Fledermaus gewöhnen.
Am Abend vor Weihnachten ging Hermine das erste Mal wieder zu Harry und Ron in den Gemeinschaftsraum. Die beiden spielten Zauberschach gegeneinander und wenig überraschender Weise war Ron gerade dabei zu gewinnen.
Harry hob eine Augenbraue - eine Geste, die Hermine nur zu sehr an Snape erinnerte - und warf Ron einen scheinbar bösen Blick zu.
"Weißt du Ron, eigentlich hätte ich wirklich von dir geglaubt, dass du ein guter Mensch bist und mich wenigstens an Weihnachten nicht völlig fertig machst, aber da liege ich wohl falsch."
Ron machte seinen letzen Zug und Harrys König ergab sich dem Springer von Ron.
"Schachmatt." sagte dieser und verschränkte in Siegerpose die Hände hinter dem Kopf. "Och Harry, sei nicht traurig. Ich bin so stolz auf dich, weil du diesmal schon zwei Züge vorher erkannt hast, dass du verlierst. Weißt Du, dass ist eine echte Verbesserung." neckte er seinen besten Freund.
Hermine lachte über diese wohl vertraute Szene, die sich in dieser oder ähnlicher Form mindestens einmal pro Woche abspielte. Ron und Harry sahen sie beide recht entgeistert an. Damit hatten sie jetzt am wenigsten gerechnet.
"Geht's dir wieder gut, Mine?" fragte Ron.
"Mir ging es nie schlecht, ich musste nur über ein paar Sachen nachdenken und in der Weihnachtszeit werde ich immer etwas melancholisch. Keine Angst, mir geht's gut." "WIRKLICH!" setzt sie hinzu, als die beiden sie immer noch zweifelnd ansahen.
"Okay, dann bist du mein nächstes Opfer. Los, sag Deinen Figuren, dass sie sich aufstellen sollen."
Ron befahl dem kleinen König, der stolz über seinen letzten Sieg auf dem Schachbrett umherspazierte, sich und die andern Figuren für die nächste Runde bereit zu machen.
"Gut, wenn Du unbedingt auch mal verlieren willst, dann los." meinte Hermine und wies auch ihre Figuren an, sich aufzustellen.
Eine halbe Stunde später verschränkte Ron wieder siegessicher die Hände hinter dem Kopf, doch zwei Züge später nahm Hermine diese Pose ein und Harry gratulierte ihr zu ihrem überraschenden Sieg.
TBC
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