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Fanfiction

Zwei Jahre und ein ganzes Leben - 16)

von käfer

Vorab: Heute konnte ich wieder Kommis lesen - vielen lieben Dank! Eure Reviews gehen mir ´runter wie Sahnetorte, nehmt als Dank von mir eine virtuelle Praline!



Wie Ihr leicht erraten könnt, nähern wir uns dem Ende von HP7 und damit auch dem Ende meiner FF...




Das Gegengift in meinem Kessel war fertig gereift. Ich füllte es in eine Flasche und passte eine Gelegenheit ab, in der ich unbemerkt von Schülern und Kollegen zu Snapes Büro gehen konnte. Ich reichte ihm die Flasche. „Können Sie das bitte prüfen? Ich habe es nach Ihrem Rezept hergestellt, Sie wissen schon, das, was ich in dem Buch gefunden habe.“
Snape sah mich erstaunt an, er musste sich wohl erst erinnern. Dann stand plötzlich ein Glasschälchen vor ihm auf dem Tisch, er goss etwas von der Substanz hinein, bewegte die Schale, roch daran, tippte mit den Fingerspitzen hinein und rieb sie aneinander. „Perfekt.“
„Behalten Sie es, ich schenke es Ihnen. Und nehmen Sie es, bevor es zu spät ist.“
Snape nickte nur, er sagte nicht danke, lehnte nicht ab, gar nichts.
Ärgerte sich der Tränkemeister etwa, weil jemand ihm einen Zaubertrank schenkte?
Achselzuckend verließ ich das Büro, Dumbledores Porträt blinzelte mir zu.

Obwohl der Unterricht „normal“ weiterging, spürten wohl zumindest die meisten Lehrer, dass etwas in der Luft lag. Ohne dass jemand sie aufgefordert hätte, verstärkten McGonagall, Flitwick, Sprout, Hooch, Sinistra und Vector die Wachdienste; auch ich war in jeder freien Minute, geschützt durch einen Desillusionierungszauber, in der Schule unterwegs. Es gab keinerlei Hinweis darauf, dass man Potter nach seiner Flucht aus Malfoy Manor je wieder gesehen hatte. McGonagall musste mehr wissen, ich hörte sie ab und an mit Flitwick und Sprout tuscheln. Mehr als einmal fiel dabei die Bezeichnung „Potter watch“. Was war das? Ich konnte es nicht herausfinden, denn obwohl ich unsichtbar war und geräuschlos ging, verstummte McGonagall jedes Mal, wenn ich mich näherte. Anscheinend hatte sie die Fähigkeit, die Präsenz einer Person zu spüren oder zu riechen, was auch immer. Ich konnte nicht fragen, was es mit „Potter Watch“ auf sich hatte oder ob sie etwas von Harry Potter wusste. McGonagall behandelte mich nicht anders als die Carrows. Warum nur? Sie musste doch wissen, dass ich keine Schüler folterte, dass ich Muggelstämmigen half. Niemand hatte Malfoy und seinen Gesellen in den vergangenen Monaten mehr Punkte abgezogen als ich. Warum mied sie mich trotzdem? Sie musste doch wissen, auf welcher Seite ich stand, oder nicht? Sie war in Dumbledores Orden, Dumbledore hatte ihr vertraut, warum durfte ich Minerva nicht sagen, was ich über Snape wusste? Wann immer ich mit ihr darüber reden wollte, hallte Dumbledores Stimme in meinem Kopf: „Niemand darf etwas erfahren!“ und meine Zunge gehorchte mir nicht. Welchen Zauber hatte der alte Schulleiter da nur in meinen Kopf gepflanzt?
Ich hätte mich McGonagall gern anvertraut, aber es ging einfach nicht und so musste ich ihre Ablehnung ertragen und weiter machen, Snapes Auftrag ausführen: Potter finden, bevor ihn die anderen fanden. Allein.
Dabei hatte ich in jenen Tagen keine Lust zu nichts. Ich fühlte mich ausgebrannt, leer, kaputt und wollte nur noch schlafen. Ging ich zu Bett, schlief ich sofort wie ein Stein, um anderntags noch erschöpfter zu erwachen. Beinahe täglich kämpfte ich mit Kopfschmerzen und Schwindelgefühl. Hinter allem, was ich tat, stand ein unerbittliches MUSS. Mein Tag schien nur noch aus Pflichten zu bestehen, ich hatte überhaupt keine Zeit mehr für Dinge, die ich gern tun wollte.
Aufstehen, Nahrung für den Eberkopf beschaffen, Kontrollgang durch die Schule, Unterricht, Potter suchen, Arbeiten korrigieren, Potter suchen, schlafen, Potter suchen…
Ich bat meine kriechenden Freunde um Hilfe und ging jeden Abend bei Einbruch der Dämmerung hinaus, um ihre Botschaften zu hören.
Einmal folgte mir Minerva McGonagall, ohne dass ich es bemerkte. „Was tun Sie hier draußen?“, fuhr sie mich an.
„Spazierengehen“, antwortete ich so unbefangen wie möglich, „ein bisschen frische Luft schnappen.“
„Und mit wem haben Sie da gerade gesprochen?“
Ach du meine Güte! „Da war ein Gartengnom“, log ich nicht sehr überzeugend.
„Gartengnom!“, schnaubte McGonagall verächtlich. „Sie suchen Harry Potter und wollen ihn an Snape ausliefern!“
„Nein, ich…“
„Das werde ich zu verhindern wissen und wenn es das letzte ist, was ich tue!“ Damit drehte sie sich um und rauschte davon.
Warum konnte ich es ihr nicht sagen? Hätte ich damit das viele Blutvergießen verhindern können?
Wahrscheinlich.
Vielleicht.
Aber McGonagall war gegangen, die Chance verpasst. Also musste ich auch meine Abendspaziergänge unter dem Desillusionierungszauber erledigen.
Eine furchtbare Woche später war es dann Ermini, eine kleine, wendige Kreuzotter, die mir die Nachricht brachte: „Potter ist heute Abend in den Eberkopf gegangen.“
Am liebsten hätte ich Ermini geküsst, aber die Schlange war im nächsten Erdloch verschwunden. Ich eilte zum Schloss zurück. Als ich gegangen war, hatte ich gesehen, dass Snape in seiner Wohnung verschwunden war. Also rannte ich dorthin, vergewisserte mich, dass niemand in der Nähe war und trommelte das vereinbarte Signal an die Tür. Er antwortete sofort und stand eine halbe Minute später angekleidet vor mir.
"Wo ist er?“
„Er ist bei Einbruch der Dunkelheit in den Eberkopf gegangen und…“
Snape unterbrach mich mit einer Handbewegung. „Dann ist er jetzt längst in der Schule. Bleiben Sie unter dem Desillusionierungszauber und folgen Sie mir in Dumbledores Büro.“
In diesem Augenblick zuckte er zusammen und fluchte. „Verdammt. Einer der Carrows hat Potter entdeckt. Kommen Sie!“ Und schon rannte er los. Im Gehen gab er mir Anweisungen: „Ich brauche nur eine halbe Minute Augenkontakt zu Potter, dann räume ich das Feld, damit Minerva die Schule evakuieren kann.“
Im Vorbeihasten sah ich aus einem Fenster, wie sich ein feurig-orangener Fleck von Hogwarts entfernte. Fawkes verließ die Schule, ausgerechnet jetzt, wo er dringend gebraucht wurde. Nie zuvor war mir so klar wie in diesem Augenblick, dass Fawkes immer noch Dumbledores Phönix war, nicht meiner.
Mit Mühe schloss ich zu Snape auf, bereit, mit den Carrows um Potter zu kämpfen. Aber wir trafen nicht auf die Carrows, sondern auf eine sehr wütende Minerva McGonagall. „Potter ist hinter ihr unter dem Tarnumhang“, raunte Snape mir zu, bevor er sich an McGonagall wandte.
„Haben Sie Harry Potter gesehen, Minerva? Wenn ja, muss ich dringend darauf bestehen –„
Weiter kam Snape nicht. McGonagall preschte mit gezücktem Zauberstab vor. Flüche flogen in der Gegend herum, Putz bröckelte. Ich konnte Potter lokalisieren, er musste dort sein, wo ein Zauberstab von Zeit zu Zeit auftauchte, einen Fluch abschoss und wieder verschwand. Aber ich kam nicht an ihn heran. Außerdem hätte Snape wohl kaum Ruhe für einen Augenkontakt bekommen, einige Lehrer waren McGonagall zu Hilfe geeilt.
Was wäre passiert, wenn sie gewusst hätte, warum Snape Potter haben wollte? Müßig, jetzt noch darüber nachzudenken, was passiert ist, ist passiert.
Ich bekam etwas auf den Kopf und fiel in ein großes schwarzes Loch.
Als ich wieder zu mir kam, war es still bis auf ein unangenehmes Sirren in meinen Ohren. Mühsam rappelte ich mich auf und tastete über meinen Kopf. Da, wo mich was auch immer getroffen hatte, prangte und schmerzte eine dicke Beule.
Eine Klassenzimmertür stand offen, im Fenster erkannte ich ein mannsgroßes Loch. War Snape etwa aus dem Fenster gesprungen? Ich raste nach unten und suchte den Rasen ab, fand aber nicht einmal Spuren eines Aufpralls. Also war er wohl noch am Leben. Ich atmete tief die frische Nachtluft ein und überlegte. Potter musste Snape begegnen; aber dazu musste Potter das erst einmal wissen! Also machte ich mich auf die Suche nach Harry Potter, aber der war nirgendwo zu finden.
Dreimal begegnete mir jemand, von dem ich wusste, dass er zu Du-weißt-schon-wem gehörte. Ich jagte ihnen Schockzauber und Ganzkörperklammern auf den Hals und fesselte sie. Mit grimmigem Vergnügen zog ich die Fesseln bei Spencer Selwyn besonders fest. Er hatte Tante Annas Testament vergebens angefochten und versuchte seitdem, mir das Haus abzuluchsen.
Laut und schaurig ertönte die Stimme des Dunklen Lords, die Potter eine Stunde Zeit gab, um sich zu stellen. Mir lief es kalt den Rücken hinunter und ich jagte von neuem durch die Gänge. Irgendwann kam mir der Gedanke, dass das völlig sinnlos war. Vielleicht fand ich im Direktionsbüro eine Möglichkeit, Potters Standort zu bestimmen.
Der Wasserspeier war beiseite geglitten, auf der Treppe kam mir Potter entgegen. Erleichtert atmete ich auf. Es war noch nicht zu spät. „Potter, auf ein Wort bitte, es ist wichtig!“
Potter nickte.
„Bitte hören Sie mir zu und unterbrechen Sie mich nicht!“
Potter blieb unbeweglich.
„Albus Dumbledore hat Ihnen eine letzte Botschaft hinterlassen. Der Überbringer ist Severus Snape. Bitte geben Sie ihm die Gelegenheit, Ihnen Dumbledores Worte mitzuteilen. Auch wenn es anders aussieht, Snape ist Dumbledores Mann, er steht auf Ihrer Seite.“
Potter erwiderte leise: „Ich weiß. Ich habe die Botschaft bekommen, aber Professor Snape ist tot. Voldemort hat ihn in der heulenden Hütte umgebracht. Der Zugang ist unter der Peitschenden Weide. Ich muss gehen, mich Voldemort stellen, bevor es noch mehr Tote gibt.“
Wenn Du-weißt-schon-wer herausfand, dass Snape ein „Verräter“ war, würde von seinem Leichnam nichts übrig bleiben, was man noch beerdigen konnte.
Ich legte mir wieder den Desillusionierungszauber über und rannte zur Peitschenden Weide. Der Baum war in Aufruhr, ich brauchte drei Anläufe, um ihn stillzusetzen.
Snapes Leiche fand ich schnell. Die Spuren verrieten mir, dass der Dunkle Lord seine riesige Schlange auf Snape gehetzt hatte. Sie erzählten mir aber auch, dass drei Leute um Snape herum gewesen waren. Seine Augen waren geschlossen, das Gesicht sah so friedlich und entspannt aus, wie ich es im Leben nicht gesehen hatte.
Ich hüllte den Leichnam in eine von den alten Decken, die in der Hütte herumlagen, verschnürte ihn und belegte ihn mit einem Desillusionierungszauber. Ungehindert gelangte ich ins Schloss und brachte Snape in sein Wohnzimmer.
Ich versiegelte die Wohnung sorgfältig in der Hoffnung, dass kein Todesser hineinkam, falls einer die Idee hatte, nachzusehen.
Ich spürte ein Ziehen in der Brust, das nicht körperlichen Ursprungs war, und das dringende Verlangen, kämpfend zu beweisen, auf welcher Seite ich stand. Vorher aber wollte ich ein paar klärende Worte mit Minerva McGonagall reden.
Ich fand sie in der Großen Halle, wie erwartet damit beschäftigt, die Hilfe für die Verletzten zu organisieren und zu koordinieren. Ich ging mit nach außen gekehrten Handflächen auf sie zu. „Auf ein Wort bitte, Professor McGonagall.“
Doch sie zischte mich an: „Verschwinden Sie! Gehen Sie mir aus den Augen!“
Das tat ich nur zu gern, von dem Anblick der blutenden Verletzten war mir übel geworden. Ich schaffte es gerade noch bis zur Toilette und war nicht die einzige, die Götzendienste an der Kloschüssel leisten musste.

Das Ultimatum des Dunklen Lords lief ab. Bald würde der Kampf weiter gehen. Ich klatschte mir kaltes Wasser ins Gesicht und lief wieder hinaus, um noch einen Versuch zu starten, mit McGonagall zu reden. Aber dazu kam ich nicht mehr. Wie gebannt starrte ich hinüber zu den dunklen Gestalten, die sich näherten. Ich sah IHN, dessen Namen man nicht aussprach. Ich sah Hagrid, der weinend etwas trug. Jemanden. Harry Potter.
„NEIN!!!“ McGonagall schrie als erstes.
Meine Knie gaben nach. Das konnte nicht sein! Das durfte nicht sein! Ich legte die Stirn auf die kühle Erde. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Fawkes zurückkehrte. Er trug ein Schwert in seinen Krallen.
Neville Longbottom rannte mit gezogenem Zauberstab auf Voldemort zu, wurde entwaffnet und zu Boden geschleudert, rappelte sich aber wieder hoch.
Langsam schaffte ich es, wieder aufzustehen. Vielleicht war noch nicht alles verloren.
„Dumbledores Armee!“, schrie Longbottom und es war, als hätte er damit eine Lawine ausgelöst. Alle jubelten, ich spürte, wie meine Kraft zurückkehrte.
Voldemort belegte Longbottom mit einem Stillgestanden-Fluch und brachte den Sprechenden Hut auf seinem Kopf zum Brennen.
Dann brach ein Tumult aus, der Kampf wurde heftiger als zuvor.
Ich wurde beiseite gedrängt, ins Schloss zurück.
Als die ersten kämpfenden Gruppen in die Große Halle drängten, brachte ich, so schnell ich konnte, die aufgebahrten Toten im Hinterzimmer in Sicherheit.
Das nächste, was ich bewusst wahrnahm, waren Rufe. „Harry lebt!“
Ich stemmte mich hoch und stieß genau mit der Beule an den Lehrertisch. Ich sah jede Menge Sterne und brauchte ewig lange, um auf die Beine zu kommen.
In der Großen Halle war es unnatürlich still. Vom Podium aus konnte ich alles genau sehen. Todesser, Ordensleute, Schüler, Lehrer hatten einen Kreis gebildet, in dem sich Harry Potter und der Dunkle Lord mit aufeinander gerichteten Zauberstäben bewegten. Ich verstand jedes Wort, das gesprochen wurde. Mit Erstaunen vernahm ich, wie respekt- und vor allem furchtlos Harry Potter mit Du-weißt-schon-wem sprach, ihn mit seinem bürgerlichen Namen anredete. Ich hörte, was Potter über Albus Dumbledore sagte und über Severus Snape. Ich begriff, warum Snape so darauf bestanden hatte, dass es keine Liebe geben durfte zwischen uns – er hatte Potters Mutter geliebt, sein Herz war längst gebrochen gewesen.
Mein Blick kreuzte sich mit dem von McGonagall. Erstaunen malte sich auf ihren Zügen.
Harry Potter sprach jetzt über Zauberstäbe. Wenn ich es richtig verstanden hatte, hatte Potter in dieser Nacht zum zweiten Mal den Todesfluch überlebt und wenn er sich nicht irrte, würde es gleich zum dritten Male geschehen.
Und es geschah.
Zwei Flüche wurden gesprochen, Blitze zuckten aus zwei Zauberstäben, es knallte. Am Ende hatte ein einfacher Entwaffnungszauber dem gefürchtetsten schwarzen Magier aller Zeiten den Garaus gemacht.
Nach einer Sekunde der absoluten Stille folgte ein unbeschreiblicher Jubel. Dann brachen hektische Aktivitäten aus. Die Gefallenen beider Seiten wurden eingesammelt und im Hinterzimmer aufgebahrt. Auf der einen Seite, nicht besonders achtsam und dicht an dicht, Voldemort und seine Gefolgsleute, auf der anderen Seite, behutsam und meist von Angehörigen und Freunden betrauert, diejenigen, die für Harry Potter gestorben waren.
Einer fehlte. Ich ging zu Snapes Wohnung, löste die Schutzzauber auf und fand neben dem Leichnam in einen smaragdgrünen Schal gewickelt, schluchzend und bebend ein Häufchen Unglück - Snapes Persönlichen Hauselfen. „D-d-die haben m-m-meinen M-m-master getötet“, stotterte der Elf, „w-w-weil sie geglaubt haben, er w-w-wollte Harry P-P-Potter an D-Du-du-weiß-schon-wen ausliefern.“ Plötzlich richtete er sich zu seiner vollen Größe auf und sagte würdevoll: „Aber das stimmt nicht. Mein Meister hat Harry Potter immer beschützt.“
Ich sagte leise: „Ich weiß. Alle wissen es. Severus Snape wurde von Voldemort getötet. Er ist für Harry Potter gestorben.“
Der Hauself sah mich mit geweiteten Augen an, dann gab es einen Knall und er war verschwunden.
Ich brachte Snapes Leichnam zu den anderen und bettete ihn neben Colin Creevey. Minerva McGonagall beobachtete mich dabei, sie sah mich an und fragte: „Sie wussten es?“
Ich brauchte nicht nachzufragen, was sie meinte, ich nickte nur und sah zu, dass ich aus dem Hinterzimmer kam. Mir wurde schwindlig, ich brauchte frische Luft.

Überall wurde aufgeräumt. In der Großen Halle waren Heerscharen von Hauselfen damit beschäftigt, Putz- und Steinbrocken wegzuräumen und Blutflecken aufzuwischen. An den Mauern waren Baulöwen bereits dabei, die gröbsten Schäden zu beseitigen.
Überall standen gestikulierende, lachende, weinende Menschen beieinander. Verletzte wurden in die Krankenstation gebracht, andere saßen noch blutend und stöhnend da und warteten auf Hilfe.
Ich weiß, ich hätte mit anpacken sollen, Verbände anlegen, Heiltränke austeilen, aufräumen, irgendwas. Aber ich hatte keine Kraft mehr; ich konnte kaum noch geradeaus laufen. Dabei hatte ich überhaupt nicht mitgekämpft.
Kingsley Shacklebolt sammelte die überlebenden Anhänger von Voldemort ein. Ich ging mühsam auf ihn zu und wollte ihm mitteilen, wo ich die drei Gefesselten liegengelassen hatte. Aber meine Zunge war schwer wie Blei; ich bekam nicht einmal mehr ein Flüstern über die Lippen, um mich herum drehte sich alles.
Plötzlich fand ich mich in Kingsleys Armen wieder und wurde sanft auf den Boden gelegt. Wabernde Gesichter beugten sich über mich und verschwanden wieder. Wie durch Watte hörte ich Shacklebolts Stimme: „Trinken Sie das!“
Ein Becher wurde an meine Lippen gesetzt, ich spürte eine bittersüße warme Flüssigkeit auf meiner Zunge und schluckte. Dann wurde es schwarz um mich herum.
Als ich erwachte, lag ich in meinem eigenen Bett, meine Hauselfe hockte auf einem Stuhl daneben und sah auf mich herunter.
„Liegenbleiben, Madam! Auf keinen Fall aufstehen! Milly kommt gleich wieder mit der Medizin!“
Knall, weg war die Elfe. Knall, die Elfe war zurück und hielt mir einen Becher mit einer giftgrünen Brühe hin. Ich trank das Zeug aus und schlief binnen einer Minute ein.
Als ich das nächste Mal erwachte, ging die Sonne gerade unter. Milly half mir beim Waschen und brachte einen Teller Suppe, bestand aber darauf, dass ich im Bett blieb. Eine halbe Stunde später kam eine Heilerin aus dem St. Mungo´s, fragte, wie ich mich fühlte, untersuchte mich und betastete die Beule auf meinen Kopf. „Sie hatten eine leichte Gehirnerschütterung. Morgen dürfen Sie wieder aufstehen, aber überanstrengen Sie sich in den nächsten Tagen nicht. Ich komm´ nicht noch mal wieder, unten auf der Krankenstation gibt´s dringendere Fälle.“
Ich schlief in der Nacht ziemlich unruhig und träumte wirres Zeug. Am Morgen fühlte ich mich immer noch nicht besonders gut, ging aber trotzdem zum Frühstück in die Große Halle.

Nach dem Fall von Voldemort hatte McGonagall die Schüler, die eiligst durch den Gang zum Eberkopf in Sicherheit gebracht worden waren, wieder zurückgeholt. Die Große Halle war voll; heute Mittag würde der Hogwarts-Express alle die nach London bringen, die fahren wollten und nicht direkt von ihren Eltern abgeholt wurden.
Am Nachmittag, nachdem fast alle Schüler weg waren, bat mich Minerva McGonagall um ein Gespräch. Ich ging mit gemischten Gefühlen hin; es drängte mich zwar, ihr einige Dinge zu erklären, aber ich hatte auch ein wenig Furcht vor der Begegnung.
Minerva bot mir Tee und Kekse an, die ich dankbar annahm. Ich hatte regelrecht Heißhunger auf Süßes.
„Seit wann kannten Sie Severus Snape?“, eröffnete sie das Kreuzverhör.
„Seit dem Tag, an dem ich vor knapp zwei Jahren hierher kam.“
Sie zog ungläubig eine Braue hoch. „Tatsächlich?“
„Ja. Vorher wusste ich über Snape nur das, was nach dem ersten Sturz von Du-weißt-schon-wem in den Zeitungen stand. Und dass er ein begnadeter Tränkemeister war.“
„Wie kam es dann, dass Sie als einzige von Snapes wahrer Mission wussten, während alle anderen glaubten, er wäre tatsächlich wieder zu Voldemort übergelaufen?“
Wo sollte ich da bloß anfangen?
Ich schilderte ihr, wie ich in den Raum der Wünsche gelangt war und Malfoy dort bemerkt hatte. Wie ich das Verschwindekabinett entdeckt hatte. Wie ich Snape auf dem Weg zum Dunklen Lord beobachtet hatte. Was Dumbledore zu mir gesagt hatte. Welche Informationen ich von Snape bekommen hatte. Alles. Nur die sexuellen Dinge ließ ich aus, das brauchte niemand zu wissen. Aber McGonagall konnte man nicht täuschen.
„Sie und Severus waren ein Paar, nicht wahr?“, fragte sie leise.
„Nein. Sie haben doch gehört, was Potter gesagt hat. Snape hat immer nur Lily Potter geliebt.“
„Warum lügen Sie immer noch?“, fragte sie in milde-nachsichtigem Ton.
Ich wurde feuerrot und schüttelte mit dem Kopf. „Okay, wir haben ein paar Nächte zusammen verbracht.“
McGonagall schnappte nach Luft.
„Aber wir waren kein Paar im herkömmlichen Sinne. Liebe war überhaupt nicht im Spiel.“ Ich glühte noch mehr.
McGonagall musterte mich mit kritischen Blicken. Mir fiel noch etwas ein, was ich vorher nicht erzählt hatte: „Ich habe tatsächlich nach Potter gesucht, um ihn zu Snape zu bringen. Da hatten Sie schon Recht vorige Woche. - Übrigens war es eine Ringelnatter, mit der ich gerade gesprochen hatte.“
Sie fuhr etwas in die Höhe. Ich setzte fort: „Aber Snape wollte Potter nicht töten, er hatte noch eine Botschaft von Dumbledore zu überbringen. Das war es auch, was Snape tun wollte, bevor Sie ihn in die Flucht geschlagen haben.“
Jetzt wechselte Minerva die Farbe.
„Ich habe noch nie einen Menschen so falsch eingeschätzt wie Severus Snape. Ich hätte eigentlich genau wie Sie darauf kommen müssen, dass er Dumbledores Mann ist, aber ich glaube, ich konnte es nicht sehen, weil ich es nicht sehen wollte. Bei mir hat es erst ´klick´ gemacht, als er mir mit Worten sagte, er wolle Potter, und mit den Gedanken, dass ich ihn selbst rausjagen sollte. Oh, einer vom Schlage eines Severus Snape hätte uns alle, die wir in diesem Korridor waren, mit einem einzigen Stabwedeln besiegen können. Zwei Worte hätten genügt, aber er hat sich nur zum Schein verteidigt…“
Tränen rannen unter Minervas Brille hervor.
„Aber vielleicht war es ganz gut so, dass ich nichts wusste. Die Carrows haben mich ein paar Mal gefoltert, und weil sie keine Legilimentik beherrschen, haben sie diese grässliche Bellatrix Lestrange mitgebracht…“
Wir saßen bis in den späten Abend zusammen und sprachen über Snape. McGonagall erzählte, wie er einst als Schüler nach Hogwarts gekommen war und später als Lehrer. Ich hörte zu und brannte jedes ihrer Worte in mein Gedächtnis ein.
Als wir uns schließlich trennten, fragte sie: „Du bleibst doch in Hogwarts, oder?“
Ich antwortete: „Ja, ich habe sonst keinen Lebensunterhalt.“


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Luna ist auch eine Person, in die ich mich von Anfang an verliebt habe. Sie gibt der Handlung einen wichtigen, neuen Anstrich und sie lässt Harry Dinge anders betrachten. Ich war ihr wirklich von Anfang an verfallen.
Michael Goldenberg