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Fanfiction

Accidentally - Aschenebel

von Dr. S

Er hatte kein Einzelzimmer im St. Mungos bekommen und James war verdammt froh darüber, dass er endlich von dem Mann mit den Tentakeln weg konnte. Die waren über die letzte Woche nämlich stetig gewachsen und hatten nachts angefangen auszuschlagen, weil diese inkompetenten Heiler es nicht einmal hinbekamen ein paar läppische Kratzer zu verarzten, sondern alles einfach nur noch schlimmer machten.

James packte gerade seine Sachen, allerdings verpuffte sein Eifer regelrecht, als er nach dem Foto auf seinem Nachttisch griff. Scorpius lächelte ihm entgegen, fröhlich aber schüchtern, süß wie immer, und vor allem lebendig. Ein mittlerweile viel zu vertrauter Knoten schloss sich um James‘ Luftröhre und machte es schwer zu atmen.

Am Anfang hatte er gedacht, dass das alles nur ein böser Traum gewesen wäre, und dass Scorpius jeden Moment um die Ecke kommen würde, um ihn zu besuchen. Er hätte sich an die Bettkante gesetzt, hätte James‘ Hand gehalten, und vielleicht hätte er sogar geweint, einfach weil James ein so erbärmliches Bild abgegeben hatte.

In der letzten Woche hatte er das Bett kaum verlassen. Er hatte selbst wie tot da gelegen und den Tentakel-Mann beobachtet. Irgendwann hatte der Tentakel-Mann zu reden begonnen, hatte erst versucht Smalltalk zu betreiben und dann von sich und seiner Familie erzählt, bevor er schließlich gefragt hatte, ob James denn noch Mondscheinspaziergänge machen konnte, ohne den Verstand zu verlieren. Den Tag darauf war seine Zunge ein einziger Tentakel geworden und James empfand kein Mitleid.

Ohnehin empfand er seltsam wenig. Er war wütend. Und hatte Bekanntschaft mit dem Knoten in seiner Kehle gemacht, der sich immer dann besonders fest zusammenzog, wenn ihn irgendetwas an Scorpius erinnerte. Und es gab so viel, das ihn an Scorpius erinnerte. Da war das Foto, das seine Mutter ihm mit dieser Miene voll widerlich viel Mitleid vorbeigebracht hatte, nicht einmal das Schlimmste.

Regen erinnerte ihn an seinen ersten Kuss mit Scorpius, und es regnete so viel in letzter Zeit. Kam die Sonne durch, dann erinnerte sie ihn an Scorpius‘ Lächeln, und jede Wolkenformation schien er urplötzlich mit Scorpius in Verbindung zu bringen. Er hatte irgendwann die Vorhänge des Fensters zugezogen, nur damit der Stoff ihn an das Hemd erinnerte, das nur noch in Fetzen auf der aufgerissenen Brust gelegen hatte.

James war froh, dass er heute endlich hier weg konnte. Aber er hatte mindestens genauso viel Angst davor wieder nach Hogwarts zu müssen. Die Schule ging morgen wieder los. Er würde alle wiedersehen. Außer Scorpius.

Und Louis vielleicht auch nicht…

James hatte nichts von ihm gehört, nicht einmal einen Brief hatte er bekommen. Alle anderen hatten ihn besucht, sogar George war vorbeigekommen. Er hatte so getan, als wäre das alles ein schrecklicher Unfall gewesen, von dem er natürlich nichts gewusst hatte. Seine Ausrede war der Schwur gewesen, den er geleistet hatte. Aber James wusste genau, dass das seine Schuld war. Und er wollte ihn dafür umbringen, mit bloßen Händen, wollte ihm so viele Schmerzen wie nur möglich zufügen. Ein paar Mal war er kurz davor gewesen, sich auf ihn zu stürzen, aber genau dann hörte er Scorpius‘ Stimme, hörte ihn sagen, dass das nichts bringen würde, und obwohl James sich so sicher war, dass er sich danach besser fühlen würde, gab er diesem Bedürfnis nie nach.

James legte das Foto oben auf seine Reisetasche, bevor er sie verschloss und schulterte. Sein Rücken war soweit in Ordnung, dass er ihn belasten konnte. Die Narben würden bleiben, aber das störte James nun wirklich nicht. In seiner Familie waren Narben ja weit verbreitet.

Einen weiteren Träger traf er zum Beispiel gleich draußen auf dem Gang. Bill hob die Hand zum Gruß, was James nicht erwiderte. Er schaute sich nach Louis um.

„Er ist nicht hier“, sagte Bill, als wäre James so eindeutig zu lesen. „Soll ich dir die Tasche abnehmen?“

„Passt schon.“ James runzelte die Stirn. „Warum bist du dann hier?“

„Ich wollte meinen Neffen abholen. Harry muss doch arbeiten und Ginny ist mit deinen Geschwistern in der Winkelgasse…“ Bill atmete tief durch, als James ihn weiterhin misstrauisch musterte. „Komm schon, James.“ Er wollte die Hand auf James‘ Schulter legen, bekam die aber nie zu fassen.

„Fass mich bloß nicht an.“ James hielt sich nicht an diese Worte und rempelte Bill bei nächster Gelegenheit an, als er an ihm vorbeiging. „Das ist auch deine Schuld“, zischte er aus dem Mundwinkel, als Bill ihn schnell einholte und den Mund öffnete. „Wenn du nicht so ein scheiß fremdgehendes Arschloch wärst, dann hätte dieser ganze Schlamassel verhindert werden können. Wieso musstest du auch das nächstbeste junge Ding flachlegen?“

Bill hob die Augenbrauen. „Das willst du nicht wirklich wissen, oder?“

„Stimmt.“ James marschierte zielstrebig die Treppen herunter. Einen Moment zog er in Erwägung bei Fred vorbeizugehen, aber der schien sich ungerne in der Nähe seines trauernden Cousins aufzuhalten. Anscheinend hatte er wohl neue Freunde gefunden, die ihm mehr bedeuteten, und vor allen Dingen welche, die sein Vater besser leiden konnte.

„Louis geht es nicht gut, James.“ Bill berührte federleicht James‘ Arm, aber es brauchte zum Glück nur einen schnellen Schritt zur Seite, um diesen Kontakt zu beenden und neuerlich im Keim zu ersticken. „Ich hatte erwartet, dass er sich betrinken geht, dass er sich in kopflose Affären stürzt, aber…“

James hatte etwas Ähnliches erwartet. Da dem aber scheinbar nicht der Fall war, fühlte er den Knoten in seinem Hals lockerer werden. Genau das behagte ihm aber nicht. Er wollte sich nicht besser fühlen.

„Bitte, James.“ Bills flehender Tonfall ließ James sich endlich umdrehen. Sie waren in der Eingangshalle und es liefen zu viele Menschen herum, als dass er seine Wut gleich an dem vernarbten Gesicht auslassen könnte. Er war so wütend. Gerade war er einfach nur wütend und er wusste nicht, ob er jetzt guter Umgang für Louis war, aber scheinbar sah Bill das anders. „Er braucht einen Freund. Er braucht dich, James. Bitte… Ich weiß nicht mehr weiter…“

James wandte den Blick ab, als Bill überdeutlich versuchte Tränen wegzublinzeln.

„Er sitzt die ganze Zeit nur da und starrt aus dem Fenster. Nachts, da hat er so schreckliche Alpträume, dass nicht mal ein Zaubertrank ihm helfen kann.“ Bill fuhr sich durch die Haare, als James ihn wieder ansah. Dunkle Ringe lagen unter seinen müden Augen und er wirkte ungewöhnlich blass, was bei den Narben nur nicht sonderlich aufgefallen war. „Fleur weiß nicht mehr weiter. Ich weiß nicht mehr –“

„Du bist zu Fleur zurückgekrochen?“ James verzog das Gesicht und wollte sich wieder umdrehen, aber diesmal bekam Bill seinen Arm zu fassen. Sein Griff war schmerzhaft fest, was James sich aber nicht anmerken ließ. Stur erwiderte er den zornigen Blick und wartete nur auf eine Gelegenheit den Staudamm brechen zu lassen, der seine Wut bisher zurückgehalten hatte.

„Sie ist seine Mutter. Familie. So wie du. Familie sollte in solchen Zeiten zusammenhalten.“ Bill ließ etwas lockerer und James konnte sich ein triumphierendes Zucken seiner Mundwinkel nicht verkneifen. Sein herausfordernder Blick ließ Bill schließlich komplett loslassen. Er schien enttäuscht. „Ich dachte, er bedeutet dir etwas.“

„Du weißt genauso wenig über mich, wie ich über dich. Ich weiß nicht, woher dein destruktives Verlangen kam, einen Kerl flachzulegen, obwohl du die schönste Frau der Welt zu Hause warten hattest. Aber ich weiß, dass Louis jetzt nicht so fertig wäre, wenn du das gelassen hättest. Wenn er mit Eltern aufgewachsen wäre, die sich geliebt hätten und –“

„Ich habe Fleur geliebt!“, platzte es aus Bill heraus. Einige Leute um sie herum schauten sie verdutzt an, worauf Bill James am Arm packte und sich diesmal von keinem Blick einschüchtern ließ, als er ihn in eine ungestörte Ecke zog. Dort ließ er ihn los, blieb aber kaum fünf Zentimeter von ihm entfernt stehen.

„Ich liebe Fleur“, wiederholte er mit fester Stimme. „Ich werde sie immer lieben. Louis weiß das. Louis weiß auch, dass wir immer für ihn da sein werden. Zusammen. Aber das hilft ihm gerade nicht. Er hat jemanden verloren, den er geliebt hat. Ob du es hören willst oder nicht, er hat Scorpius geliebt. Und er gibt sich die Schuld an dem, was passiert ist.“

James schüttelte den Kopf. „Es war nicht seine Schuld.“

„Ja.“ Bills Ausdruck wurde wieder etwas weicher. „Und das musst du ihm sagen.“

„Louis hört nicht auf mich. Louis hört immer nur auf sich selbst. Wenn er sich schuldig fühlen will, dann hat er seine Gründe dafür und –“

„James“, unterbrach Bill ihn scharf. „Ich bitte dich darum mit ihm zu reden. Ihr seid doch Freunde… Du warst immer für ihn da, James. Du hast schon in der Wiege neben ihm gelegen, und jetzt auf einmal –“

„Ich habe Scorpius auch verloren und er ist nicht hier.“ James versuchte zu schlucken, als der Knoten sich fester zog.

Bill schien das nicht zu bemerken. „Ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um beleidigt zu sein?“

„Ich bin nicht beleidigt.“ Jedenfalls glaubte er das. Wenn James genauer darüber nachdachte, dann hatte Bill vielleicht Recht. Und er wollte nicht, dass Bill Recht bei irgendetwas hatte. Er hatte Fleur immer lieber gemocht, vor allen Dingen nach allem, was Bill sich erlaubt hatte. Und mit dem Veela-Zeug konnte er sich nicht rechtfertigen. Fleur war eine wunderschöne Frau, die jeden hätte haben können. Aber sie hatte Bill gewollt, trotz der Narben, trotz der Fehler. Sie war immer für ihn da gewesen.

Und James wusste, dass ihr Sohn genauso aufopferungsvoll war. Deswegen tat es wahrscheinlich so weh, dass er jetzt nicht hier war.

James hatte immer gesagt, Louis könne nicht lieben, und irgendwie hatte er es schon mit dem Teil Veela in Verbindung gebracht. Wenn Veela-Liebe aber eigentlich so standhaft und aufopferungsvoll war, warum war Louis dann jetzt nicht hier?

„Okay…“ James hielt Bill seine Tasche hin. „Ich geh zu ihm und du bringst das für mich nach Hause.“

Bill nahm ihm die Tasche ab. „Danke.“

°°°

Als James Shell Cottage betrat, da fiel ihm sofort das schwarzlackierte Gefäß auf, das Scorpius so gerne mit sich herumgetragen hatte. Was er davon halten sollte, dass sie letztendlich hier auf dem Kamin im Wohnzimmer gelandet war, wusste er nicht. Ihm fiel nur ein, dass er Scorpius nie genug Zeit gelassen hatte ihm zu erklären, was er mit der Asche seines Vaters vorgehabt hatte.

James hörte Fleurs Stimme aus der Küche, als daraufhin aber Dominiques folgte, entschied er sich dafür lieber jedem mitleidigen Blick aus dem Weg zu gehen und sich einfach nach oben zu schleichen. Louis mochte sein Zimmer sowieso lieber als die Gesellschaft seiner größtenteils weiblichen Familienmitglieder, also würde er mit großer Wahrscheinlichkeit dort zu finden sein.

Das Problem war nur, dass auf James‘ Klopfen niemand antwortete. Nun musste das nicht heißen, dass Louis nicht da war. Er könnte schlafen oder apathisch aus dem Fenster starren. Aber normalerweise war seine Tür so sorgfältig verschlossen, dass nicht einmal ein ehemaliger Fluchbrecher wie Bill Weasley dort hineinkam – auch wenn James insgeheim immer geglaubt hatte, dass Bill Louis doch nur seine Ruhe lassen wollte.

Trotzdem war es äußerst verwunderlich, dass James die Tür öffnen konnte, als er es wenigstens probieren wollte. Er steckte den Kopf in einen abgedunkelten Raum, den er aber gut genug kannte, um sich blind darin zurechtzufinden.

„Louis?“, fragte er vorsichtig in die Schwärze, die äußerst unangenehme Erinnerungen in ihm weckte. Besonders weckte sie Schuldgefühle in ihm. Warum hatte er Louis helfen können und bei Scorpius nur zusehen können? Warum war sowas Grässliches überhaupt mit Scorpius passiert? James kniff die Augen zusammen und schob einen Riegel vor diese Gedanken, hörte so überdeutlich das Quietschen von Louis‘ Stuhl.

Als rote Punkte vor seinen Augen zu tanzen begannen öffnete James die Augen. Louis saß ihm direkt gegenüber an seinem Schreibtisch, den Zauberstab mit dem er das Licht entzündet hatte noch fest in der ruhigen Hand. Es mochte an den Lichtverhältnisse liegen, dass er so ungewöhnlich blass wirkte und die dunklen Ringe unter seinen Augen noch verstärkt wurden, aber irgendwie bezweifelte James das.

„Ich bin wieder raus, also dachte ich, schau ich mal vorbei und mecker ein bisschen rum, weil du mich nicht besucht hast“, sagte James, schaute sich nach einem Sitzplatz um, aber Louis‘ Sofa in der Ecke war genauso zugemüllt mit Büchern, wie sein Bett. Es sah nicht so aus, als hätte er wirklich darin geschlafen und Alpträume gehabt. „Warum hast du mich nicht besucht?“

Louis drehte sich wieder zu seinem Schreibtisch, anstatt James eine Antwort zu geben. Eine gespenstische Stille breitete sich zwischen ihnen aus, die erst durchbrochen wurde, als Louis seine Vorhänge beiseite zog und etwas natürliches Licht hereinfallen ließ. Er öffnete die Fenster und ließ eine salzige Meeresbrise hereinwehen, die sein ungeordnetes Haar erfasste, als er sich auf den Tisch setzte und hinaussah.

„Redest du nicht mehr mit mir oder schiebst du so eine stumme Phase ein?“ James bewegte sich vorsichtig auf Louis zu, aber anscheinend nicht vorsichtig genug. Sein Cousin fuhr herum und starrte ihn aus panisch aufgerissenen Augen an. Ein Zittern durchfuhr seinen Körper und er wandte den Blick von James ab, vergrub das Gesicht in den Händen.

Kurz darauf fing er zu weinen an. James wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Hilflos stand er da und schaute sich um. Er war sich ziemlich sicher, dass zwischen den Schluchzern auch Worte versteckt waren, aber durch Louis‘ Hände gedämpft konnte er sie beim besten Willen nicht verstehen.

„Soll ich wieder gehen?“, fragte James vorsichtig, aber Louis schüttelte prompt den Kopf, auch wenn er James dabei nicht ansah. Ein wenig ermutigt von dieser Geste kam James wieder näher, blieb erst stehen, als er bereits gegen Louis‘ Knie stieß. Die hauchzarte Berührung ließ Louis einen Moment lang erstarren, dann schnellte er urplötzlich vor und hätte James fast umgeworfen, als er die Arme um seinen Oberkörper schlang.

„Es tut mir so leid“, presste er kaum verständlich hervor, das Gesicht fest gegen James‘ Brust drückend.

James legte eine Hand auf Louis‘ zerzaustes Haar. „Ist schon gut. Ich seh ja, dass es dir nicht gut geht. Da kann ich nicht erwarten, dass du zu mir kommst.“

Louis schüttelte den Kopf, sagte aber nichts, oder wenn er es versuchte, dann kamen nur schwere Schluchzer über seine Lippen.

„Oder meinst du was anderes?“ James schaute unnötigerweise nach unten. Louis schien am liebsten in ihm verschwinden zu wollen, so fest presste er sich gegen ihn. „Dein Vater hat mir gesagt, du würdest dir die Schuld geben. Darüber haben wir doch schon gesprochen, Lou. Du hast nicht immer an allem schuld.“

Als Louis wieder nur den Kopf schüttelte legte James zögerlich die Arme um den heftig zitternden Körper. Er schloss die Augen und verlor sich einen Moment lang in der schmerzabsorbierenden Wärme von Louis‘ Körper… wenn nur nicht das heftige Schluchzen gewesen wäre, das ihn fest gepackt hatte und nicht mehr loslassen wollte.

Tief durchatmend öffnete James die Augen wieder und schaute auf die aufgeschlagenen Bücher auf Louis‘ Tisch. Die Schrift war so klein, dass selbst bei seiner guten Sehstärke die Buchstaben vor seinen Augen zu verschwimmen schienen. Von Bildern keine Spur, dafür jede Menge Gekrakel am Rand, das nur entfernt Ähnlichkeit mit Louis‘ Schrift hatte.

„Was liest du hier?“ James fasste Louis an den Schultern und drückte ihn weg, was ein Fehler war, als er so mit den Tränen konfrontiert wurde. Ein Blinzeln reichte, damit sich wieder neue in den dichten Wimpern verfingen und trotzdem noch genug Tränen übrig waren, um in perfekten Tropfen über Louis‘ Wangen zu rollen. „Louis, bitte, das ist nicht, was ich denke, oder?“

Louis senkte den Blick. „Ich will nur… Es ist doch meine Schuld… Vielleicht kann ich…“

James fasste Louis‘ Kinn, zwang ihn so wieder hochzusehen. „Du hast ihm schon einmal mehr Zeit geschenkt. Das kann nicht ewig so weitergehen…“ Die Hand auf Louis‘ Wange fahren lassend wischte er die Tränen weg. „Vielleicht war er genau deswegen die ganze Zeit so unglücklich.“

Louis‘ Gesicht verhärtete sich und er ließ James los, verschränkte die Arme vor der Brust. „Komm mir nicht mit dem Märchen von den drei Brüdern. Das ist bloß irgendein Gefasel, um Kindern Moral einzubläuen und hat mit dieser Situation gar nichts zu tun. Ich will doch nur… Es hätte nicht so kommen dürfen.“

„Jaah… wahrscheinlich nicht.“ James wollte Louis nicht loslassen, davon konnten auch die abwehrenden Gesten ihn nicht abhalten. „Aber es ist eben so gekommen und… du weißt, dass diese Geschichte kein Gefasel ist. Mein Vater…“

„Dein Vater hatte diesen Stein!“ Louis‘ Gesicht hellte sich genauso plötzlich auf, wie sein Zimmer vor nicht allzu langer Zeit. „Wenn wir den Stein der Auferstehung wiederfinden, dann –“

„Lou.“ James schüttelte den Kopf, aber als Louis erneut den Mund öffnete, sah er sich gezwungen, die Hand auf die ungewöhnlich spröden Lippen zu pressen. „Lou, bitte. Das frisst dich ja jetzt schon vollkommen auf. Wenn du dich da hineinsteigerst und am Ende nicht das herauskommst, was du dir erhofft hast, dann… Und es wird nicht ansatzweise das herauskommen, was wir beide wollen. Am Ende haben wir einen Inferius hier sitzen. Willst du das?“

Kopfschüttelnd schob Louis wieder die Hände vor sich Gesicht, versteckte es sorgfältig vor James‘ Blicken, suchte dann aber trotzdem wieder seine Nähe, als er sich vorlehnte. James drückte ihn an sich und lauschte den neuerlichen Schluchzern. Es fühlte sich schrecklich an, dass er nicht so weinen konnte.

„Hey, wir kriegen das schon zusammen hin, okay?“ James versuchte sich an einem Lächeln, als Louis hochschaute, aber es fühlte sich nicht einmal gut an, also würde es wohl niemanden aufmuntern. „Ich halt dich davon ab, irgendetwas Dummes zu machen… und du musst dasselbe machen, sonst lauf ich nämlich bald Amok, glaub ich.“

Louis sagte schon wieder nichts und ließ nur den Kopf hängen, hörte nicht einmal auf zu weinen. James griff seine Hand.

„Komm mit.“

Louis schaute ihn fragend an, ließ sich aber hinter James aus seinem Zimmer ziehen. Er scherte sich nicht einmal darum, sich umzuziehen oder sich wenigstens die Haare zu richten. Louis fragte ihn nicht einmal, wo sie hingingen, und James wusste nicht, ob das blindes Vertrauen oder einfach Desinteresse war.

„Wir müssen noch etwas erledigen“, sagte James, als Louis ihm skeptisch dabei zusah, wie er die Urne vom Kamin nahm.

„Papa wird dich umbringen, wenn du die entwendest“, sagte Louis mit rauer Stimme.

James verdrehte die Augen und zog Louis zielstrebig hinter sich her aus dem Haus. „Da hab ich keine so große Angst vor. Immerhin wartet jetzt jemand auf mich.“

Louis‘ Antwort bestand aus einem Schniefen, so leise, dass die zufallende Haustür es fast übertönte. James drückte Louis die Urne in die freie Hand und zückte den Zauberstab, zog seinen Cousin dann wieder an sich, damit sie zusammen disapparieren konnten.

Ohne die ganzen Schutzzauber war der sonst so schwer zu erreichende Hügel keine Herausforderung mehr. Zumindest physisch nicht. Der Anblick der größtenteils verkohlten Landschaft umschlossen von tiefen Gräben, die vom Magischen Unfall-Umkehr Kommando notdürftig abgesperrt worden waren, dagegen schon.

Leichter Nebel war aufgezogen und kein einziger Vogel sang. Nur das Rauschen des Windes durch die Baumüberreste war zu hören und verstärkte die gespenstische Atmosphäre noch einmal. James verabscheute die Tatsache, dass ausgerechnet dieser Ort als letzte Ruhestätte für seinen Scorpius dienen sollte. Es passte nicht, passte so wenig, dass es wehtat, aber was sollte man ändern?

Das Haus stand nicht mehr. Ein paar schwarze Pfeiler steckten schief in der rußgeschwärzten Erde und knarzten im Wind, aber das hielt James und Louis genauso wenig zurück wie die Absperrung. Asche flog auch so schon durch die Luft, tanzte im nebeligen Dunst und verstärkte dessen Intensität noch einmal.

„Und was hast du jetzt vor?“, fragte Louis, als sie direkt vor dem Haus stehenblieben. James war, als könne er immer noch Blutspuren auf dem zurückgebrannten Gras erkennen, auch wenn das natürlich unmöglich war. Der Regen musste es weggewaschen haben, bevor er Erde und Asche zu einer widerwärtigen Pampe vermischt hatte.

„Ist das nicht offensichtlich?“ James nahm Louis die Urne ab und kämpfte mit dem Deckel.

„Das bringt doch nichts, James.“ Louis klang kraftlos und erschöpft, aber im Gegensatz zu James versuchte er nicht mehr, das zu überspielen.

„Doch, natürlich.“ Endlich bekam James den Deckel ab und drückte ihn Louis in die Hände. „Scorpius hat die ganze Zeit darüber nachgedacht, wo er die Asche seines Vaters verstreuen sollte. Sollen wir ignorieren, wie viele Gedanken er sich gemacht hat?“

„Aber wir wissen doch nicht…“ Louis atmete schwer aus. Eine Ascheflocke legte sich auf seine Wange, aber er wischte sie nicht weg. „…was er sich gedacht hat.“

„Aber hier ist seine Familie“, sagte James und strich die Asche von Louis‘ Wange, bekam so einen traurigen Blick geschenkt. „Seine Großeltern waren da doch auch drin. Welcher Ort würde besser passen?“

Louis schloss die Augen. Schmerz hatte sich in jede Linie seines Gesichts gegraben, aber er nickte trotzdem, ließ sich von James die neuen Tränen wegwischen und traute sich dann wieder die Augen zu öffnen.

James zögerte die Asche aus der Urne zu kippen. Ratlos sah er zu Louis. „Sollen wir… irgendetwas sagen?“

Louis biss sich auf die zitternde Unterlippe, was James als Antwort genügte. Er wüsste auch nicht, was er sagen sollte. Also wartete er auf den nächsten stärkeren Windzug und ließ davon die Asche davon tragen. Sie wirbelte verblüffend zielstrebig in Richtung des Hauses und verschwand dort in den weißgrauen Staubschichten. James stellte das leere Gefäß auf den Boden.

„Weißt du, wenigstens sind sie zusammen.“

„Es ist Asche, James. Die kann sich nicht darüber freuen mit mehr Dreck vermischt zu werden.“

James verdrehte die Augen. „Da sagt man immer mir, ich sei unromantisch.“ Er drehte den Kopf zu Louis, der sich mit dem Handrücken über die Augen wischte. „Aber das hab ich auch nicht gemeint.“

Louis schaute ihn fragend an.

„Wenn wir sterben, dann kommen wir doch wieder mit denen zusammen, die wir lieben.“ James hob die Schultern. „Harry hat sowas gesagt… und er muss es ja wissen. Wahrscheinlich sitzt Scorpius gerade irgendwo und findet es total niedlich, was wir hier machen. Und seine ganze Familie ist bei ihm und…“ James wusste nicht, wo das plötzliche Brennen in seinen Augen herkam; wahrscheinlich von der Asche, die sich im Nebel festgesetzt und damit einen leichten Weg in Augen und Atemwege gefunden hatte. „Und wir sehen ihn auch irgendwann wieder. Aber bis dahin… sind wir…“ James musste tief durchatmen, damit seine Stimme nicht mehr so heftig zitterte, dass man ihn kaum verstehen konnte. Fast schien die Asche, die er so einatmete, das Sprechen leichter zu machen. „Wir sind es ihm schuldig, glücklich zu sein. Zumindest, dass wir es versuchen. Keine Rache, keine komischen Experimente… und…“

James machte einen Schritt an Louis‘ Seite und griff die andere Hand. Es dauerte einen Moment, aber dann erwiderte Louis den Druck und ihre Finger verschränkten sich.

„Das hier sollte lieber niemand erfahren“, flüsterte Louis.

James nickte. „Ich weiß“, sagte er, einfach, weil es stimmte. Zögerlich drehte er den Kopf, beugte sich vor und küsste eine Träne von Louis‘ Wange, die es bis zu seinem Mundwinkel geschafft hatte. Ihm war, als würden sie sich daraufhin ein bisschen anheben. „Das wäre auch ganz schlimm für Fred. Er würde sich wie das fünfte Rad vorkommen“, raunte James in Louis‘ Ohr.

„Ach… Ich glaub, er wird sich demnächst über ein bisschen Zeit ohne uns freuen“, sagte Louis und drehte sich um. James folgte ihm und sein verwirrter Blick brachte endlich wieder ein richtiges Lächeln auf Louis‘ Züge. „Der hat sich eine Freundin geangelt. Oder ist zumindest dabei.“

James runzelte die Stirn. „Woher weißt du das denn?“

Louis‘ Blick wanderte zu den Gräben hinter den Absperrung. Ein Schatten legte sich auf sein Gesicht, aber seine Stimme verriet Entschlossenheit.

„Da ist noch etwas, was ich dir sagen muss.“

Entschlossenheit endlich keine Geheimnisse mehr zu haben…

ENDE


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