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Fanfiction

Accidentally - Entr’acte VI

von Dr. S

Er hatte geglaubt, Scorpius würde anfangen zu weinen. Aber statt Tränen sah er eine ganze Welt in den grauen Augen zusammenbrechen.

Bill musste daran denken, als Draco ihn so angesehen hatte. Die Ähnlichkeit war schmerzhaft verblüffend und ließ Bill die Tränen spüren, die Scorpius nicht weinen wollte. Um ihn zu trösten, waren die Unterschiede viel zu groß, und Bill fragte sich, ob er es verkraften würde, Draco endgültig verloren zu haben.

°°°

Nur für einen Moment hatte er die Augen geschlossen, da klopfte es natürlich an seine Bürotür. Bill rieb sich stöhnend über sein Gesicht und freundete sich gerade mit dem Gedanken an, einfach so zu tun, als wäre er nicht, als die Tür geöffnet wurde.

„Versuchst du gerade, mich zu ignorieren, William?“ Dracos Gesicht ließ alle Müdigkeit, die sich in den letzten Wochen angestaut hatte, augenblicklich verschwinden und trotz der Rückenschmerzen von der ungemütlichen Couch, die ihm im Moment als Bett diente, sprang Bill richtig enthusiastisch auf.

„Draco!“ Er eilte um seinen Schreibtisch herum und ließ Draco gerademal genügend Zeit die Tür wieder zu schließen, bevor er ihn in seine Arme riss. Sehnsüchtig presste er seine Lippen gegen das Lächeln, das sich auf Dracos Gesicht ausgebreitet hatte, und hätte wahrscheinlich nie mehr aufgehört, wenn nicht etwas Dickes störend gegen seinen Bauch drücken würde.

Stirnrunzelnd löste er sich und hätte Draco nicht so goldig ausgesehen, mit den gespitzten Lippen und immer noch geschlossenen Augen, dann hätte er sofort nach unten geschaut. So gönnte er sich noch einen Moment diesen Anblick, bis Draco verwirrt die Augen aufschlug.

„Schon genug geknutscht?“ Draco folgte Bills Blick nach unten auf den Korb, den er in den Armen hielt und der sich immer noch gegen Bills Bauch presste. „Oh! Cupcakes. Für dich.“ Draco ließ den Korb los und rechnete richtig, als er auf Bills schnelle Reflexe hoffte.

„Cupcakes? Selbst gebacken?“ Grinsend drehte Bill sich herum und sah Draco bereits hinter seinem Schreibtisch sitzen, wo er eine viel bessere Figur als er selbst machte, mit seiner geraden Haltung und dem herablassenden Blick.

„Natürlich, Bill. Ich habe mich extra für dich in die Küche gestellt.“ Draco verdrehte die Augen, konnte sein Lächeln aber nicht lange zurückhalten.

„Ah, das letzte Mal, als du das getan hast, da –“

„Nein.“ Draco hob schnell eine Hand, die Augen leicht geweitet. „Erwähn nicht den Zwischenfall.“

Bill presste sich einen Finger gegen die Lippen, stellte Dracos Geschenk auf den Tisch und zog das Seidenband ab, sodass die Verpackung auseinanderfiel und köstliche kleine Küchlein offenbarte, die Bill sich über die Lippen lecken ließen. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal so glücklich über Dracos Bedürfnis ihm ständig etwas mehr oder weniger Essbares vorbeizubringen gewesen war – diesmal hätte er sogar etwas gegessen, das Draco selbst gemacht hätte, weil er genug davon hatte sich an Imbissen vollzustopfen oder manchmal Dominiques Babybrei zu stibitzen. Er rührte lieber nichts mehr von dem an, was Fleur ihn noch anfassen ließ – und das war momentan außer dreckigen Windeln nicht viel. Bill ließ das mit sich machen, weil er so wenigstens noch ein ertragbares Gewissen hatte, wenn er mit Draco zusammen war.

„Ich hab dich vermisst.“ Er zog Draco von dem Stuhl hoch und schloss ihn fest in die Arme, versuchte genügend Courage zusammenzukratzen, um ihm heute alles zu erzählen.

„Nein.“ Draco schüttelte den Kopf. „Du hast meine Cupcakes vermisst.“

Bill lachte leise, lehnte sich zurück und verlor jeden Mut, als er mit Dracos vor Glück funkelnden Augen konfrontiert wurde. Er tat sich schwer damit, sein Lächeln nicht zu verlieren, und Draco kannte ihn zu lange um das nicht zu bemerken. Aber er wäre nicht Draco Malfoy, wenn er direkt nachfragen würde.

Stattdessen fuhr er Bill sanft über die Wange und sagte leise: „Du siehst wieder so müde aus.“

„Ich bin müde.“ Bill wollte so gerne sagen, was er müde war, aber dann würde er Draco verlieren. Und ein Leben ohne Draco konnte er sich nicht vorstellen. Sonst hätte er seine Frau schon längst verlassen, aber als er das realisiert hatte, da war es schon zu spät gewesen. Da hatte er zu lange gelogen, als dass irgendjemand ihm verzeihen könnte.

„Ah?“ Mit einem herausfordernden Grinsen zog Draco ihn an der Hüfte nah an sich, lehnte sich vor um ihn dann mit einer kaum ertragbar geringen Distanz zwischen ihren Lippen zu strafen. „Bist du hierfür auch zu müde?“

Bill hob die Augenbrauen. „Hier? In meinem Büro?“

„Auf einmal stört dich das?“ Draco schob die Hände unter Bills Hemd und nach vorne, zog den Stoff so langsam aus der Hose. „Betten sind nur was für alte Menschen, Bill. Wir sind nicht alt.“

„Du bist nicht alt.“ Mit einem Ruck drehte er Draco herum, presste ihn gegen die Tischkante und schob sich zwischen seine Beine. „Frische fünfundzwanzig. So jung, voller Träume und Wünsche und…“

„Und weniger merkwürdig.“ Draco hielt zwar seine Lippen außer Reichweite, aber allein die Bewegungen seiner Hüfte ließen Bill jeden Gedanken an ein Geständnis vergessen. „Wenn ich auf die vierzig zugehe, dann will ich immer noch cool sein.“

Bill fuhr mit der Nase über Dracos Hals, verspürte das dringende Bedürfnis seine Zähne in den noch frischen bläulichen Flecken auf der weißen Haut zu vergraben. Aber anstatt einfach seinem Instinkt zu folgen, ruinierte er alles: „Willst du ein cooler Daddy sein?“

Dracos Kopf ruckte nach oben und sein wunderschöner Hals war jetzt nicht mehr einladend entblößt, was Bill enttäuscht seufzen ließ. „Bitte was?“ Zwar klammerte Draco sich an ihm fest, aber Bill hatte das ungute Gefühl, dass er ihn von sich wegstoßen wollte.

„Nur so ein Gedanke… Mit dem Alter denkt man doch mal…“ Bill strich eine lose Haarsträhne aus Dracos verwirrtem Gesicht. „…an Kinder.“

„Wie gesagt, ich bin nicht alt.“ Dracos Lächeln war wieder da und er zog Bill an sich, musterte ihn einen Moment aus faszinierend glitzernden Augen, bevor er sich für einen Kuss vorbeugte.

Bill räusperte sich und Draco stoppte. „Hast du nie über eine kleine Familie nachgedacht?“

Das schöne Glitzern hatte sich nach einem Blinzeln in Luft aufgelöst, aber auch die übliche Kälte konnte Dracos Augen nicht verunstalten. Einen Moment schien er zu überlegen, ob er Bill einen fiesen Kommentar entgegen schleudern sollte, aber er entschloss sich mit einem Seufzen dagegen.

„Mein Vater, meine Mutter – die haben mich oft genug damit genervt. Vater hofft immer noch, dass mir mindestens ein Ausrutscher passiert.“ Draco verdrehte beinahe verlegen die Augen, die rötlichen Flecken machten seine Wangen noch perfekter. „Einmal würde seiner Meinung nach reichen. Er hat die absurde Theorie, dass die Malfoy’schen Y-Chromosomen jedes X mit einem Fingerschnippen an die Wand schlagen können, weshalb wir immer sofort einen Erben kriegen. Das letzte Mal, dass wir ein Mädchen hatten…“ Draco zuckte mit den Schultern. „Wenn, dann haben sie das Baby sicherlich ertränkt, oder so, weil wir ja einen Erben brauchen.“

Bill wollte nicht daran denken, was Fleur ihm immer über extrem dominante X-Chromosomen aufgrund ihrer Veela-Vorfahren erzählt hatte, aber er vermutete, dass sie sich so nur herausreden wollte, weil sie ihm bisher keinen Erben schenken konnte. Nicht, dass Bill irgendetwas darauf gab, aber sein Draco schon, und vor allem, wo er jetzt aus der Phase herauskam, wo er nur in den Tag hineinlebte.

„Siehst du.“ Bill umfasste Dracos Hüfte, als die ihn erneut in Versuchung brachte den Schreibtisch zweckzuentfremden. „Du brauchst irgendwann einen kleinen Jungen. Und er wird süß sein. Und du der beste Vater auf der Welt. Und…“

„Nein.“ Draco schlug demonstrativ gegen Bills Brust. „Ich will dich, Bill. Hör auf so zu reden. Wir leben in neuen Zeiten, das sagst du mir jedenfalls immer. Ich kann mein Leben leben, wie ich es will, und ich will mich nicht zwingen eine Frau anzufassen, nur um die Blutlinie zu erhalten, verdammt nochmal.“ Das kurze Aufflammen von Zorn legte sich schnell wieder und Draco ließ fast erschöpft den Kopf hängen, verkrallte die Finger in Bills Hemd. „Ich hab mich für dich entschieden und damit offensichtlich gegen Kinder. Ich wäre sowieso kein guter Vater. Die Dinger sind mir suspekt.“

„Aber…“ Schwer schluckend suchte Bill nach den richtigen Worten, sah sich währenddessen Dracos bohrendem Blick ausgeliefert.

„Was ist los, William?“ Fast hörte es sich so an, als wollte Draco die Antwort gar nicht hören. „Du bist seit Monaten… nicht mehr du selbst.“ Er schien sich viel Mühe zu geben, um die Stirn nicht vor Sorge in Falten zu legen. „Ich vermiss unseren Schreibtischsex.“

„Ich… Ich mein ja nur. Vielleicht… könntest du dich ja mit… Kindern anfreunden.“ Bills Mund brachte nicht die Worte heraus, die er hatte sagen wollen, und Draco schaute ihn dementsprechend verwirrt an.

„Dir ist bewusst, dass wir keine haben können, oder?“ Draco schien tatsächlich auf so etwas wie ein Nicken zu warten, weshalb Bill ihm eins schenkte. „Weil ich gerade daran zweifele. Du scheinst wirklich sehr müde zu sein.“

Bill nickte erneut. „Stimmt…“

„Dann schlaf dich heute aus und wir… wir reden morgen.“ Draco machte Anstalten ihn von sich wegzuschieben, aber Bill fasste vorher seine Handgelenke. „Ich will nicht jetzt reden, Bill. Ich hab…“ Draco schloss die Augen und biss sich auf die Lippe, schüttelte den Kopf. „Ich kann das jetzt nicht.“

„Es ist nicht das, was du denkst.“ Auflachend umschloss Bill Dracos Gesicht und küsste ihn so liebevoll er konnte, bevor er seine Stirn gegen Dracos lehnte. „Ich liebe dich.“

Dracos Mundwinkel hoben sich automatisch an. „Nein.“ Die Finger in Bills Nacken verknotend schüttelte Draco den Kopf. „Du liebst die Cupcakes.“

„Das eine schließt das andere ja nicht aus“, schmunzelte Bill, die Lippen mehr als bereit endlich wieder auch nur irgendetwas von Draco zu spüren, aber dazu kam er leider nicht mehr.

Es klopfte erneut an der Tür, und Draco schien genauso enttäuscht darüber wie er. Bill zog ihn schnell von dem Tisch und hielt Dracos Hand einen Moment in seiner, wünschte sich, dass er es nicht als Handschlag tarnen musste, als die Tür aufgezogen wurde.

„Bill, ich brauch ganz dringend… Oh, entschuldige!“ Roger Davies klammerte sich an den Türgriff, unsicher zwischen Draco und Bill hin- und herschauend. „Ich wusste nicht, dass du einen Kunden hast. Komme später wieder…“

„Nein.“ Bill schüttelte den Kopf und vergrößerte Dracos Enttäuschung dadurch. „Mr. Malfoy wollte gerade gehen. Was brauchst du denn?“

„Ich…“ Roger atmete tief durch. „Ich glaub, ich hab ein Kind irgendwo in den Verließen verloren.“

Bill wollte nicht ‚schon wieder‘ sagen und winkte deswegen ab. „Ich helf dir gleich suchen. Die Goblins werden nichts merken.“

„Danke, Alter. Hast was gut bei mir. Echt, danke…“ Roger atmete erleichtert auf, bevor er Draco ein höfliches Lächeln schenkte. „Malfoy.“

„Davies.“ Dracos Ausdruck blieb kalt, bis Roger sich davon gestohlen hatte. „Merlin, der Kerl ist so ein Idiot. Der bringt es nie zu irgendwas.“ Als Bill lächelte schüttelte Draco den Kopf. „Nimm ihn nicht in Schutz. Der stolpert so oft hier rein – und immer wenn ich da bin, übrigens – dass ich aufgehört hab zu zählen.“

„Er hat nur Sehnsucht nach dir“, sagte Bill mit einem Zwinkern. „Ich muss ein Kind retten.“

„Adoptier es nicht gleich“, raunte Draco gegen Bills Lippen, bevor er einen kurzen Kuss bekam. „Sehen wir uns heute Abend?“

„Natürlich.“ Bill kratzte wenigstens dafür den Mut zusammen: „Ich bin aber so erschöpft, dass ich über Nacht bleiben muss.“

Dracos Gesicht hellte sich auf und seine Augen begannen erneut zu funkeln. „Okay“, sagte er, Bill nur sehr widerwillig gehen lassend. „Aber sorg dafür, dass ich gleichermaßen erschöpft sein werde.“

„Lass ich mir nicht nehmen“, antwortete Bill und lief fast gegen den Türrahmen, als Draco ihm mit einem hinreißenden Lächeln noch ein letztes Winken schenkte.

Über sich selbst den Kopf schüttelnd verließ Bill sein Büro und hastete auf Roger zu, der nicht weit entfernt auf ihn wartete.

„Hey, echt cool, dass du mir da wieder hilfst.“ Mit vor Scham leicht geröteten Wangen schaute Roger sich sicherheitshalber nach den Goblins um, die ihn ohnehin schon auf dem Kieker hatten. „Und das, wo du doch im Krankenhaus sein müsstest.“

Bill runzelte die Stirn. „Roger, mir geht’s gut. Was soll ich denn im Krankenhaus?“

„Na ja…“ Roger beäugte ihn skeptisch. „Ich wollte bei der Geburt meiner Tochter dabei sein, aber wenn du eher der Typ bist, der in Ohnmacht fällt, dann…“ Er stoppte sofort, als Bill die Hand hob, legte wie ein guttrainierter Hund den Kopf schief.

„Wovon redest du?“, wollte Bill vollkommen konfus wissen.

Roger legte den Kopf auf die andere Seite. „Fleur kriegt das Baby, Bill“, sagte er verwundert und beobachtete argwöhnisch, wie Bill der Mund aufklappte. „Oder hat George mich wieder nur verarscht. Er behauptet ständig, irgendwer in eurer Familie würde ein Kind kriegen.“

„Was?“ Bill war kurz davor Davies zu packen und zu schütteln, bis er endlich mit mehr als rätselhaften Sätzen herausrückte.

„George war gerade hier. Er hat dich gesucht, war ganz aufgescheucht… aufgewühlt? Na ja…“ Roger hob die Schultern leicht. „War er nicht bei dir? Er ist etwa zeitgleich mit Malfoy gekommen.“

Bill wusste nicht, wie er seine Emotionen einordnen sollte. „George war…“ Der Rest seines Satzes wurde von einem ohrenbetäubenden Knall unterbrochen. Die Fronttüren wurden von einem heftigen Windstoß aufgerissen, sodass die erschrockenen Schreie von draußen bis zum letzten Schalter zu hören waren.

„Was bei Merlins Bart war das?“ Roger schaute hilfesuchend zu Bill, der sich augenblicklich in Bewegung setzte. „Hey!“

Seinen Kollegen nicht beachtend stürmte Bill aus der Bank und wurde sofort mit seinen schlimmsten Befürchtungen konfrontiert. Am Fuß der marmornen Treppe stand sein Bruder, den Zauberstab fast aus der zitternden Hand fallen lassend, hinter ihm zwei Dutzend Menschen in einem Halbkreis, die mehr oder weniger geschockt auf die Treppe starrten. Sie tuschelten, flüsterten, riefen ihre Antipathien aus und deswegen traute sich der kleine Teil, der Mitleid empfand, nicht, zu helfen. Was genau sie sagten, konnte Bill bei dem lauten Gebrüll seines Bruders allerdings nicht verstehen.

„Es ist deine Schuld, Malfoy! Deinetwegen sind Menschen gestorben und du tust so, als wäre das alles nie passiert!“ Georges zitternde Hand war auf ein merkwürdig verknotetes Umhangbündel auf den Stufen gerichtet. Bill sah Blut auf den weißen Stufen, sah rotverklebtes weißblondes Haar, sah seinen Draco bluten.

„George!“, brüllte er entsetzt und bekam so erst die Aufmerksamkeit seines Bruders, der ihn bis eben gar nicht bemerkt zu haben schien. „Bist du verrückt geworden? Steck das Ding weg!“

„Nein!“ George kniff die Augen fest zusammen, als Bill zu Draco eilte. „Er verdient es. Sie wissen es alle“, sagte er und nickte hinter sich. „Es gibt kaum jemanden, dessen Leben er nicht ruiniert hat! Ich… Ich kann nicht…“

„Draco?“ Bill ignorierte die schluchzenden Laute von seinem Bruder und drehte Draco auf den Rücken, offenbarte nicht nur eine aufgeplatzte Schläfe, sondern einen zerrissenen und vom Blut durchnässten Umhang. Ein Fluch direkt in die Brust hatte Dracos Rippen förmlich bersten lassen, jedenfalls fühlte es sich so an. „Kannst du mich hören?“

„Ich wollte nur reden“, versuchte George sich mit schwacher Stimme zu rechtfertigen. „Ich wollte doch nur reden. Aber er hat gesagt, dass Worte nichts ändern. Er wollte sich lustig machen – wie immer. Er hat sich nicht geändert. Er verdient es. Er verdient dasselbe Schicksal.“

„Draco“, wiederholte Bill und klopfte erst sanft, dann fester gegen die blasse Wange über die jetzt ein kleines Rinnsal Blut von Dracos Schläfe lief. „Draco, mach die Augen auf. Rede mit mir.“

Draco stöhnte wenigstens, wenn das Geräusch bei Georges ununterbrochenen Rechtfertigungen fast unterging. Ganz langsam öffnete er die Augen und schaute Bill aus einem trüben Grau heraus an.

„Ich hab mich nicht… lustig gemacht“, brachte er kaum hörbar hervor und schloss die Augen wieder, bis Bill ihm erneut eine sanfte Ohrfeige gab. Dracos Blick wanderte nach unten auf seine Brust und er wimmerte auf, als würde er den Schmerz jetzt erst bemerken. „Was ist… Oh, Merlin…“

„Keine Sorge. Das wird wieder.“ Bill zwang sich zu einem Lächeln, das Draco in seiner Panik kaum bemerkte. „Ich bring’s wieder in Ordnung.“

„Oh, verfluchte Scheiße…“ Draco klammerte sich mit zitternden Händen an Bill fest, konnte den Blick nicht von den tiefen Wunden unter dem zerrissenen Umhang nehmen. „William, ich will nicht sterben.“

„Solange du weinerlich sein kannst, stirbst du nicht“, sagte Bill beruhigend, bevor er Draco vorsichtig hochhob und versuchte ihm nicht wehzutun, dabei wohl vor allem Glück hatte, dass Draco zu sehr damit beschäftigt war vollkommen panisch zu werden, als dass er sich wirklich mit seinen Verletzungen auseinandersetzen könnte. Und George wusste mit Schwarzer Magie nicht umzugehen, weshalb er nicht nur keinen großen Schaden anrichten konnte, sondern auch vollkommen geschockt von dem war, was er getan hatte. Der größere Schock war nur, als Bill Draco einen Kuss auf die Stirn hauchte.

George ließ seinen Zauberstab fallen. „Nein…“

„Ich bring dich ins Krankenhaus, Draco“, beachtete Bill seinen Bruder wieder nicht und suchte seinen Zauberstab.

Draco schüttelte den Kopf. „Die wollen… mich da nicht“, presste er schwer atmend hervor. „Die wollen nicht einmal meine Grippe heilen.“

„Ich sorg schon dafür, dass sie ihre Meinung ändern.“ Bill funkelte George zornig an, nachdem er endlich seinen Zauberstab aus seiner Tasche gezogen hatte. Am liebsten hätte er ihn geschlagen, aber so getreten wie er aussah, war er mit der Tatsache, dass er so ausgerastet war, schon gestraft genug. „Ich lass nicht zu, dass dir irgendjemand etwas tut, Draco. Hörst du?“

Nur ein schweres Seufzen ausstoßend lehnte Draco sich gegen Bills Brust, aber George schien ihm darauf unbedingt antworten zu wollen: „Ich lass nicht zu, dass er mir dich auch noch wegnimmt.“

Bill schüttelte warnend den Kopf. „Vorsichtig, George. Sonst ruinierst du auch noch jemand anderes Leben.“ Und da er eh ins Krankenhaus musste verschwand er mit einem leisen Plopp, bevor George mehr als den Kopf hängen lassen konnte.

°°°

Er hatte Fleur verlassen wollen. Hatte es eigentlich schon Jahre gewollt, aber immer wieder hatte sich ihm eine Angst in den Weg gestellt, die er auch als waschechter Gryffindor nicht besiegen konnte. Die Angst ganz alleine zu enden. Und mit seinen Narben hätte er nie wieder jemanden gefunden, ganz davon abgesehen, dass niemand ihm seinen Draco ersetzen konnte.

Jetzt war er ganz alleine.

Bill sah stumm zu, wie Scorpius zu zittern begann. Schwer zu identifizierende Geräusche kamen über seine bebenden Lippen und zogen James und Louis‘ Aufmerksamkeit auf sich. Bis eben hatte James Louis im Flüsterton erzählt, was passiert war, jetzt waren sie beide totenstill und warfen Scorpius den gleichen eindeutigen Blick zu. Bill wusste nicht, wie er jemals hatte glauben können, Louis würde Teddy so ansehen. Er war so blind gewesen…

Hätte er den Mut gehabt, Draco alles zu sagen, dann wäre Scorpius jetzt nicht traurig. Weil es ihn dann nicht geben würde. Und dann würde sein Sohn jetzt nicht so verloren aussehen.

Er bereute es. Er bereute die letzten Monate und seinen erbärmlichen Versuch seine Fehler wieder gutzumachen, wobei er alles nur noch schlimmer gemacht hatte. Letztendlich hatte er sogar noch einen Bruder verloren. Er bereute es, George nicht geholfen zu haben, als es noch möglich gewesen war.

Das war alles seine Schuld. Und er hoffte beinahe, dass Scorpius ihm das jetzt entgegen schreien würde.

„Es tut mir so leid“, presste Bill krächzend hervor. Er reichte Scorpius den inzwischen nicht mehr blutverklebten Zauberstab aus Weißdornholz, legte ihn schweren Herzens in zitternde Hände.

Scorpius schüttelte den Kopf, umklammerte den Zauberstab fest und schaute Bill aus ungewöhnlich leeren Augen an. „Worte ändern nichts.“ Die kalte, graue Leere wurde jetzt doch von kleinen glitzernden Tränchen wieder zum Leben erweckt. Er blinzelte schnell hintereinander, konnte aber auch durch schnelles Atmen seine Trauer nicht mehr zurückhalten.

Er drehte sich auf der Stelle herum, nur um prompt gegen James zu fallen, der ihn auffing und fest an sich drückte. Louis daneben hatte nur relativ hilflos eine Hand ausstrecken können. Bill fand trotzdem, dass sein Sohn nicht ganz so betrübt wie sonst wirkte. Die sonst so melancholische, fast dunkle Aura, die ihn vor allem in den letzten Tagen wie eine dunkle Wolke umhüllt hatte, schien wie weggeblasen.

Louis war anders. Im positiven Sinne. Das Leuchten in seinen Augen und die sichtbare Zuneigung, als er Scorpius eine Hand auf den Hinterkopf legte, ihm tröstend über Haar und Rücken streichelte, ließen ihn jede Ähnlichkeit zu dem fast schon unheimlichen Jungen verlieren, den Bill seit fast achtzehn Jahren kannte.

Sollte er sich darüber aber jetzt freuen?

°°°

„Nein, bist du goldig…“ Schon die dritte Heilerin blieb bei Bill stehen und beugte sich zu dem Neugeborenen in seinen Armen herunter, examinierte es ausgiebig. „Darf sie denn raus auf den kalten Flur?“

„Oh, es ist ein Er“, korrigierte Bill und rückte die rosa Decke zurecht, falls der Kleine wirklich frieren sollte. „Wir hatten nicht mit einem Jungen gerechnet. Deswegen kein Blau. Und ich halte ihn schon warm, keine Sorge.“ Alles war besser, als das arme Kind mit den Launen seiner Mutter alleine zulassen, die zwar immer behauptet hatte, sie würde Bill so gerne eine Jungen schenken, jetzt aber außerordentlich frustriert darüber war, dass sie die ganze Kleidung und was sie noch alles besorgt hatte, wieder umtauschen musste. Dass Bill ihr dann auch noch gesagt hatte, es wäre ihre eigene Schuld, wenn sie sich nicht vorher genauer über das Geschlecht des Babys informierte, hatte das Fass dann zum Überlaufen gebracht.

„Ach, davon gehe ich aus. Hat er denn schon einen Namen?“

Bill schüttelte den Kopf, den Blick nicht von seinem kleinen Jungen nehmend. „Wie gesagt, wir haben mit einem Mädchen gerechnet.“ Aus den Augenwinkeln bekam er noch ein Lächeln mit, blendete die unwichtigen Abschiedsworte aus und stupste dem Baby lieber gegen die winzige Nase. Es schlief trotzdem weiter, öffnete nicht die großen Augen, die wahrscheinlich blau bleiben würden, aber selbst wenn noch etwas Merkwürdiges passieren würde und die Augen des armen Kleinen rot endeten, dann wäre er immer noch ein wunderschönes Wunder.

Erneut blieben ein Paar Beine vor Bill stehen und hätte er nicht schon längst breit gegrinst, dann würde er das jetzt in freudiger Erwartung auf noch ein Kompliment tun. Allerdings hörte er eine Weile gar nichts, was er darauf schob, dass er nicht aufgesehen hatte, und holte das jetzt nach.

Vor Schreck weiteten Bills Augen sich, als er in Dracos verwirrtes Gesicht schaute. Die grauen Augen waren auf das Baby fixiert und er hob langsam eine Augenbraue, während er sich an seine Tasche klammerte.

„Draco…“ Bill versuchte sich nichts anmerken zu lassen. „Was machst du denn hier?“

„Ich wurde grad entlassen“, sagte Draco mit einem Nicken in Richtung Empfang. „Ich hatte ja zuerst die vage Hoffnung, du wolltest mich abholen, aber… Ähm… William, hab ich dir nicht gesagt, du sollst nicht gleich ein Kind adoptieren, wenn ich nicht da bin? Was ist das?“ Als würde ihn der unbeschreibliche Knuddelfaktor des Babys nicht interessieren, deutete Draco fast angewidert auf das in rosa Decken gehüllte Kind.

„Ein Baby“, sagte Bill und schluckte hart bei Dracos genervtem Blick. „Äh… Aber schau doch mal. Ist er nicht süß?“ Den rosa Stoff wegziehend offenbarte Bill mehr von der gewaltigen Pracht, die Draco vollkommen kalt ließ.

„Er? Wer wickelt denn ein männliches Baby in eine rosa Decke? Ich sag dir, das Teil wird schwul.“ Draco warf seine Tasche auf den Platz neben Bill und verschränkte die Arme vor der Brust, versuchte zu verbergen, dass er lieber selbst gesessen hätte. Er war noch immer ungewöhnlich blass um die Nase, und gestern hatte er noch wimmernd im Bett gelegen und behauptet, er müsse sterben. „Kannst du es zurückgeben und mich nach Hause bringen? Ich bin todmüde.“

„Also…“ Bill schaute runter auf seinen Sohn, der den zahnlosen Mund in einem Gähnen öffnete, und sah hoffnungsvoll zu Draco, der diese niedliche Geste aber nur mit heruntergezogenen Mundwinkeln quittierte. Dieser Gesichtsausdruck machte es nicht gerade leichter, die perfekte Gelegenheit zu nutzen, um Draco endlich die Wahrheit zu sagen. „Also, ich…“

„Salazar, wetten, das kotzt dich gleich voll? Babys kotzen ständig“, sagte Draco gleichermaßen abgestoßen und fasziniert von dem Gähnen des Babys. „Leg es weg, Bill.“

„Ich…“ Bill atmete tief durch. Er hatte das ja eh tun wollen. Jetzt wollte das Schicksal eben auch, dass er mit der Sprache herausrückte. „Ich kann schlecht meinen Sohn einfach hier irgendwo hinlegen.“

Draco lachte auf. „Okay, William. Dann gib deinen Sohn seiner Mutter wieder und alles ist gut.“ Ohne das darauffolgende Augenrollen hätte Bill nicht mit Sicherheit sagen können, ob Draco das jetzt ernst meinte oder nicht. „Wir sollten mal ernsthaft über dieses Kinderzeug reden, damit dir klar wird, dass du wenn schon nur mit deinen Neffen und Nichten spielen kannst.“ Draco schüttelte sich leicht. „Neulich hab ich Weaslette… ich meine, deine Schwester in der Winkelgasse gesehen und die hat kaum durch die Tür gepasst, so fett hat das Balg in ihrem Bauch sie gemacht. Hat mein Fast-Mörder nicht auch schon eins in die Welt gesetzt? Kannst du nicht mit dem spielen?“

„Er hat dich nicht fast umgebracht“, murmelte Bill, während er seinem Sohn über die rosige Wange streichelte. „George war aufgebracht und es tut ihm sicherlich ganz furchtbar –“

„Dein Bruder interessiert mich nicht. Es gab Zeiten, da wollte ich mich bei ihm entschuldigen, aber die sind lange vorbei. Ich kann nichts dafür, wenn er es sich plötzlich anders überlegt. Merlin, kannst du jetzt endlich dieses Ding weglegen!“ Draco machte eine verscheuchende Bewegung in Richtung des Babys.

„Du weißt, dass ich das eben nicht aus Spaß gesagt hab, oder?“ Sonst würde Dracos Gesicht jetzt nämlich nicht so rot werden.

„Du erwartest nicht, dass ich dir das glaube?“ Draco schüttelte den Kopf. „Was soll denn… Ich weiß nicht… Hast du… Hast du sie noch alle? Dachtest du, wenn du dir ein Baby anschaffst, dann sag ich nicht ‚Nein‘, weil es dann ja schon da ist? Gib es wieder zurück.“

„Draco, das ist kein Hund. Das ist mein Sohn.“ Bill versuchte noch einmal Draco mit dem Knuddelfaktor, der bei Veela-Babys besonders hoch war, herumzukriegen, aber Draco wandte sich sofort ab.

„Wirklich… deiner?“, presste er ungläubig hervor, wagte einen Blick auf Bill, der nur nicken konnte. „Hast du mich… Bist du fremdgegangen oder ist das ein künstliches Baby?“

Draco hatte ihn zwar noch nicht umgebracht, aber wenn er jetzt mit dem Rest rausrückte, dann würde er seinen Sohn sicherlich nicht aufwachsen sehen. Bill spielte mit dem Gedanken einfach bei dem künstlichen Baby zu sein, das Kind und seine sieben Sachen zu nehmen und mit Draco abzuhauen, irgendwohin, wo seine Lügen ihm nicht zwangsweise das Genick brechen würden.

Er hatte so schöne Geschichten von Ron aus Australien gehört. Draco würde sicherlich nicht mit ihm ins Outback auswandern und eine Farm betreiben, aber Sydney sagte ihm sicherlich zu. So schwer, wie das bei Hermines Eltern gewesen war, war Bill sich sicher, dass man sie dort nicht finden würde. Und die Gefahr, dass Draco das Baby in einen Kängurubeutel steckte, um es loszuwerden, würde sicherlich nicht lange bestehen.

„Ich…“ Bill schaute von Draco zu seinem Kind und wieder zurück. „Draco, wir müssen reden.“

°°°

Es war ein beinahe friedliches Bild und die Gewissheit, dass es wenigstens Menschen gab, die Scorpius trösten würden, reichte Bill eigentlich aus, damit er sich zum Gehen wendete. Kaum hatte er aber einen Schritt in Richtung Tür gesetzt riss Scorpius sich los und schlug jede Hand weg, die nach ihm greifen wollte.

„Fasst mich nicht an. Das ist eure Schuld“, sagte er mit einem besonders langen Blick für Louis. „Ihr und eure bescheuerte Familie, ihr spielt die Guten, dabei ist alles was ihr seid, komplett verkorkst. Oberflächlich harmonisch und in Wirklichkeit nur zerrissen. Mit euch will ich nichts mehr zu tun haben. Ich verfluche euch alle!“

„Scorpius“, brachte James, geschockt über so einen plötzlichen Ausbruch, tonlos hervor, wollte nach Scorpius greifen und bekam dafür Dracos Zauberstab direkt vor die Nase gehalten. Mit großen Augen hielt er in der Bewegung inne, ließ die Hand aber nicht mehr sinken.

„Scorpius, beruhig dich bitte.“ Beschwichtigend hob Louis die Hände, als der Zauberstab jetzt auf ihn gerichtet wurde.

„Es ist deine Schuld“, zischte Scorpius immer noch schwer zitternd. Es liefen keine Tränen über seine Wangen, aber seine geweiteten Augen waren übersät mit geplatzten Äderchen. „Du hast ihn so verletzt. Das konnte er gar nicht –“

„Scorpius, nein“, ging James dazwischen. „Du bist wütend. Sag jetzt nicht Dinge, die du gar nicht so meinst. Du wirst nur bereuen –“

„Bereuen? Er soll bereuen! Er soll ein bisschen Reue zeigen, wenigstens!“ Scorpius schnappte nach Luft, den Zauberstab leicht sinken lassend. „Nach allem, was er getan hat…“ Als James nach dem Zauberstab greifen wollte, hob Scorpius ihn wieder. „Und du… Jetzt beschützt du ihn, aber mein Vater war dir egal. Hättest du irgendjemandem Bescheid gesagt, anstatt dich Hals über Kopf in ein Abenteuer zu stürzen, dann wäre er jetzt noch hier.“

James schüttelte den Kopf, brachte aber genauso wie Louis kein Wort heraus. Scorpius atmete schwer und machte den Anschein, als würde der kleinste Windhauch ausreichen, um ihn nach hinten umkippen zu lassen.

Bill ignorierte, dass Scorpius den Zauberstab auf ihn richtete, sobald er sich in Bewegung setzte. James und Louis einfach auseinander und aus dem Weg schiebend streckte Bill die Hand aus.

„Wenn du auf jemanden wütend sein willst, dann auf mich“, sagte Bill mit heiserer Stimme. „Ich kann dir so viele Gründe geben, mich zu hassen, aber lass mich dir vorher eins sagen – auch wenn du es jetzt nicht hören willst“, fügte er schnell hinzu, als Scorpius den Mund öffnete. „Wut wird dich nicht weiterbringen. Und dein Vater hätte nicht gewollt, dass du daran kaputt gehst.“

„So wie dein Bruder, was?“, presste Scorpius bitter hervor, verzog das Gesicht und klammerte sich mit beiden Händen an den Zauberstab, bevor Bill ihn berühren konnte. „Das ist… nicht fair. Das ist einfach nicht fair…“

„Ich weiß… ich weiß…“ Bill fasste Scorpius an den Schultern und stellte sich dem traurigen Blick aus den großen Augen. „Hör mir zu, Scorpius. Dein Vater hat das für dich getan. Er wollte, dass diese ewigen Anfeindungen und Rachegefühle ein Ende haben, damit du nicht genauso daran kaputt gehst, wie meine verkorkste Familie. Draco hat sich doch nicht in dir geirrt, oder Scorpius?“

Scorpius schniefte leise. „Ich bin nur so… wütend…“

„Und das ist okay. Für den Moment. Nur bringt es dir deinen Vater nicht wieder, wenn du ewig wütend bleibst.“ Bill umfasste Scorpius‘ Gesicht, als der den Kopf wieder hängen lassen wollte. „Glaub mir, wenn es irgendetwas geben würde, dass dir Draco wiederbringen könnte, dann wäre ich schon längst dabei es zu tun.“

Den Arm hebend presste Scorpius den Ellenbogen gegen seine Augen, wischte sich noch nicht geweinte Tränen weg. „Es tut mir leid.“ Als er den Arm wieder sinken ließ, schienen seine Augen beinahe überzulaufen, aber irgendetwas hielt ihn anscheinend davon ab, ihnen ihren Lauf zu lassen. „Ich wollte nicht… ich…“ Er schaute hilflos von links nach rechts, sah so verloren aus, dass Bill ihn in den Arm genommen hätte, wenn James nicht schneller gewesen wäre.

„Ist schon gut, Scorpius. Du musst nicht versuchen stark zu sein.“ James vergrub die Hand in den weißblonden Haaren und drückte Scorpius‘ Gesicht fest gegen seine Brust, sodass die nächsten Worte nur schwer zu verstehen waren.

„Aber ich…“ Scorpius schüttelte den Kopf. „Wenn ich nicht so schwach… wenn ich mehr als eine Belastung wäre, dann hätte er… dann wäre das nicht passiert. Dann wäre das alles nie passiert.“ Aufschluchzend klammerte er sich an James‘ Rücken fest, aber ungeachtet der noch nicht ansatzweise verheilten Wunden dort zuckte James nicht zusammen, sondern verstärkte seinen Griff um Scorpius und ließ ihn weinen.

Louis störte sich daran äußerlich gar nicht und fasste seinen Vater am Arm, zog ihn in Richtung des Sofas. „Papa… ist mir dir alles okay?“

„Mach dir mal keine Sorgen um mich“, sagte Bill schief lächelnd. Als er Louis ansah bekam er automatisch mit, wie Scorpius von seinen starken Schluchzern fast in die Knie gezwungen wurde.

„Aber Papa…“ Louis umfasste Bills Kiefer und zwang ihn dazu in besorgte blaue Augen zu schauen. „Du hast ihn geliebt.“

„Nein…“ Bill schüttelte den Kopf. „Ich liebe ihn immer noch. Das ändert sich nicht plötzlich, nur weil er nicht mit mir zusammen sein wollte…“

„Ach, Papa…“ Beinahe tröstend legte sich Louis‘ Arm um seine Schulter und Bill ließ zu, dass sein Sohn ihn in eine halbe Umarmung zog. „Es tut mir so leid.“

„Entschuldige dich nicht auch noch. Du kannst nichts dafür.“ Bevor Louis da noch einmal widersprechen konnte, löste Bill sich aus der Umarmung und strich seinem Sohn das Haar aus dem Gesicht, legte so erneut die mit Sorgen gefüllte blaue Tiefe seiner Augen frei. „Ich möchte nicht, dass du wieder anfängst dir für alles die Schuld zu geben. Du hast jetzt die Möglichkeit, damit aufzuhören. Ihr habt alle die Chance es besser zu machen. Bitte, Louis… Ich mochte diesen Gesichtsausdruck vorhin. Verlier ihn nicht wieder.“ Bill seufzte auf. „Und wenn nicht für mich, dann für Scorpius.“

Louis‘ Lächeln war genauso schief wie alles, was Bill gerade zustande brachte. „Ich dich auch, Papa.“

„Jetzt geh schon.“ Bill nickte zu James und Scorpius. „Kümmert euch um ihn. Morgen nehmen wir den Portschlüssel nach Hause. Du willst bestimmt auch Freddie im St. Mungos besuchen.“

Louis nickte stumm und leicht abwesend, bevor er Bill noch einmal so fest er konnte an sich drückte. „Wenn du aber reden willst…“ Er beendete seinen Satz nicht, ließ Bill los und schenkte ihm ein ganz ehrliches Lächeln, bevor er aufstand und den Platz neben Bill leer zurückließ.

Bill seufzte schwer. Er hatte es wohl verdient, dass alle ihn irgendwann allein ließen…

°°°

„Lauf mir nicht hinterher!“

„Aber Draco, jetzt lass mich doch erklären!“ Das Baby immer noch fest im Arm haltend rauschte Bill um die Ecke und hätte zu gerne Dracos Handgelenk gegriffen, bevor das wieder außer Reichweite kam.

Draco fuhr herum und hob abwehrend die Hände. „Du hast mir mehr als genug erklärt, William. Ich will dein verlogenes Gesicht nicht mehr sehen.“

„Draco.“ Bill atmete erst einmal tief durch, als Draco wenigstens aufhörte vor ihm wegzulaufen. „Bitte, du willst doch reden. Du bist wenigstens nicht so wütend, wie ich gedacht habe.“

„Ich bin wütend. Ich bin so verdammt wütend, dass ich schnell weg möchte, bevor ich dir noch mehr Narben ins Gesicht hexe.“ Draco schob die Hand in seine Umhangtasche, drohend den Zauberstab leicht herausziehend.

Bill grinste schief, konnte nicht glauben, dass Draco ihm lange böse sein oder ihn sogar verletzen würde. „Ich verlasse sie.“

„Und deine beiden anderen Kinder?“ Dracos Stimme rutschte bei dem letzten Worte gefühlte zwei Oktaven höher und bekam einen leicht hysterischen Klang.

Bill nickte trotzdem. „Ja.“ Flehentlich schaute er Draco an, der die Lippen aber fest zusammen presste und ihm anscheinend nicht antworten wollte. „Jetzt komm schon, Draco. Du willst doch gar nicht sauer sein, und wenn du es mal nüchtern betrachtest, dann –“

„Nüchtern?!“, platzte Draco dazwischen. „Du hast mich fast sieben Jahre lang angelogen!“

„Ich hab nicht gelogen. Du hast nie… gefragt…“ Bill wusste, dass er das nicht hätte sagen sollen, aber da er ohnehin schon alles gegen die Wand gefahren hatte, konnte er ja ruhig wieder und wieder gegen sie fahren, bis sie schließlich kaputt gehen musste.

„Natürlich. Ich werde mir merken, demnächst jeden Kerl, der mich auch nur länger anguckt, zu fragen, ob er verheiratet ist und kleine Wiesel in Planung hat.“ Das schnelle Blinzeln verriet, dass Draco tatsächlich den Tränen nah war und das ließ Bill beschämt das Kinn senken. „Was erwartest du von mir? Dass ich an den Wochenende Stiefvater für deine Kinder spiele?“

Bill hob hoffnungsvoll den Blick. „Wär das denn so schlimm?“

„Ich hasse Kinder!“ Dracos Schreien ließ das Baby in Bills Armen unruhiger werden, aber es machte glücklicherweise nicht die Augen auf oder fing ebenfalls an zu schreien. „Und schau mich nicht so an! Ich will dir das gar nicht verzeihen! Du hast mich angelogen! Und ich wünschte, ich könnte sagen, dass du mich betrogen hast, aber ich war nur dein Mittel, damit du betrügen kannst. Das ist noch viel schlimmer!“

Draco presste sich eine Hand gegen den Mund, kniff die Augen fest zusammen, wodurch eine kleine Träne über seine Wange rollte. Aber sobald Bill einen Schritt auf ihn zumachte schüttelte Draco heftig den Kopf, trat schnell nach hinten.

„Lass mich in Frieden.“

„Aber ich will mit dir zusammen sein. Bedeutet dir das denn gar nichts?“ Verzweifelt suchte Bill Dracos Blick, blieb aber erfolglos. „Bedeute ich dir nichts mehr? Ganz plötzlich? Willst du jetzt aufgeben, was wir uns aufgebaut haben?“

„Aufgebaut auf einer Lüge! Wer sagt mir, dass du bei mir nicht dasselbe abziehen wirst?“ Draco schüttelte den Kopf. „Nein, William, lass es. Ich will nicht mehr. Wenn deine Frau dir das verzeihen kann, dann schön für dich, aber ich…“ Draco stoppte, als er Bill einen längeren Moment in die Augen sah, sich aber schließlich losreißen konnte. „Ich hab dir vertraut. Ich wollte ein besserer Mensch für dich werden. Und dann kenn ich dich nicht einmal…“

„Doch! Wenn einer, dann du…“ Bill umklammerte das Bündel in seinen Armen fester. „Ich konnte dir immer Dinge sagen, die ich zu Hause nicht einmal zeigen durfte. Du musst mir glauben, Draco, dass ich dir nicht wehtun wollte. Niemanden. Deswegen konnte ich es doch nicht sagen.“ Als Draco keine Anstalten machte sich zu bewegen, ging Bill tapfer auf ihn zu, beugte sich leicht zu ihm herunter. Er konnte mit seiner Nasenspitze leicht gegen Dracos stupsen, bekam so aber keine Aufmerksamkeit, weil die grauen Augen auf das Baby fixiert waren. „Ich liebe dich, ich will mit dir zusammen sein, ich will mein –“

„Halt den Mund!“ Draco zog seinen Zauberstab und wäre Bill nicht schnell zurückgestolpert, dann hätte das Holz sicherlich seinen Sohn gestreift. „Immer nur du, du, du! Deine ganze Familie ist so! Dass ich versuche mich zu ändern interessiert keinen von euch, dich am wenigsten! Damit will ich nichts mehr zu tun haben! Ich verfluche euch alle!“

Die Luft knisterte und bei Dracos Gesichtsausdruck wusste Bill gleich, dass er nicht mit den kleinen bläulichen Blitzen gerechnet hatte, die aus seinem Zauberstab stoben. Bill blinzelte schnell, um das helle Licht vertragen zu können, und schreckte leicht zusammen, als sein Sohn seinen ersten Schrei von sich gab und auch gar nicht mehr aufhören wollte.

„Was hast du gemacht?“, entfuhr es Bill tadelnd und er schaukelte das Baby, versuchte es wieder zu beruhigen.

Draco schnaubte auf. „Ich habe gar nichts gemacht, aber ich werde dafür sorgen, dass dein verfluchtes Balg genauso wenig glücklich wird wie ich.“ Leere Worte. „Auf nimmer Wiedersehen, William.“ Genauso wie diese. Bill wusste, dass Draco das nicht ernst meinen konnte. Zumindest klammerte er sich an die Hoffnung, dass Draco sich wieder beruhigen und zurückkommen würde, als er dabei zusehen musste, wie Draco mit einem leisen Plopp verschwand.

„Pscht…“ Bill fixierte sich auf das Baby, das zu weinen begonnen hatte. Vorsichtig wischte er die dicken Tränen von den samtigweichen Wangen und wollte das eigene Brennen in seinen Augen ignorieren. Draco würde sich schon wieder einkriegen, genauso wie sein Sohn langsam aufhörte zu schreien.

Ungewöhnlich lange Wimpern flatterten kurz bevor das Baby die Lider aufschlug und Bill hätte seinen Sohn fast fallengelassen, als seine vorhin noch so wunderschön blauen Augen rot glühten. Bills erschrockener Gesichtsausdruck schien das Baby zu amüsieren, denn sein Mund zog sich zu einem Lächeln und es wackelte in den Armen seines Vaters leicht mit den Beinen. Ein Blinzeln später war das Rot verschwunden.

Bill schluckte hart. Er musste komplett neben sich stehen… oder Draco hatte… Bill versuchte sich seine alte Karriere als Fluchbrecher zu erinnern, aber wirklich glauben wollte er nicht, dass Draco irgendetwas absichtlich getan hatte.

Bill stupste seinem Sohn gegen die Nase. Aber bis Draco sich wieder beruhigt hatte, würde er einfach dafür sorgen, dass sein Kleiner das glücklichste Baby auf der Welt war.


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Wenn man wie ich über Böses schreibt und wenn einer der beschriebenen Figuren im Grunde ein Psychopath ist, hat man die Pflicht, das wirklich Böse zu zeigen, nämlich, dass Menschen getötet werden.
Joanne K. Rowling