von Dr. S
ââŠund als er zweiundzwanzig geworden ist, da hab ich mir extra zwei Wochen freigenommen, um mit ihm nach Paris zu fahren. Er hat sich so gefreut⊠und sich stundenlang ĂŒber Franzosen beschwert, die kein Englisch konnten, aber es hat ihm gefallen.â So liebevoll, wie Bill ĂŒber das weiĂgraue Fell des Wolfes strich, konnte Scorpius gar keine Bemerkung darĂŒber fallen lassen, dass Bill sicherlich nicht einfach so mit Draco in das Heimatland seiner Frau gefahren war.
Schief lĂ€chelnd nickte er wieder einmal und fixierte sich erneut auf den Wolf, der schwer atmend auf der Matratze eines Hotelbettes lag. Jamesâ Vater hatte gemeint, dass es bestimmt nicht gut wĂ€re, jetzt zurĂŒck in ihre Wohnung zu gehen, aber warum genau, das hatte Scorpius nicht verstanden, und er interessierte sich momentan auch mehr fĂŒr seinen Vater, der eine klaffende Wunde in der Seite hatte. Bill hatte sich so gut er konnte um die Verletzung gekĂŒmmert, aber ganz schlieĂen konnte er sie nicht, vor allem, solange Draco noch verwandelt war. Das groĂe Doppelbett war zum GlĂŒck magisch vor Flecken geschĂŒtzt, da riesige Blutspuren sicherlich verdĂ€chtig auffallend wĂ€ren.
Durch das Fenster schimmerte hier drauĂen auĂerhalb der Stadt nur das fahle Mondlicht, das hoffentlich bald verschwinden und Scorpius seinen Vater wiedergeben wĂŒrde. Draco sah so hilflos aus, wie er zusammengerollt auf der Matratze lag und eine mit scharfen Krallen besetzte Pfote in Scorpiusâ HĂ€nden liegen hatte. Bill musste sich damit begnĂŒgend Dracos Schwanz zu streicheln, wĂ€hrend er Scorpius seine halbe Lebensgeschichte aufzwang. Scorpius hörte nur mit halbem Ohr zu. Er war schrecklich mĂŒde und doch zu aufgewĂŒhlt um schlafen zu können.
Die Schemen dieser und letzter Nacht hatten sich zu einem regelrechten Alptraum zusammengemischt, der Scorpius auch jetzt verfolgte, obwohl er die Augen nie lange schloss. Er wusste gar nicht, wo er anfangen sollte, und ob er ĂŒberhaupt irgendetwas davon verarbeiten konnte. Nicht nur, dass ein durchgeknallter Psycho versuchte seinen Vater umzubringen, jetzt war er noch zum zweiten Mal fast von einem Werwolf zerfleischt worden. Und direkt vor ihm lag immer noch eine gefĂ€hrliche Bestie, die immer noch gehörigen Schaden anrichten können wĂŒrde, wenn sie wieder aufwachte. Und Scorpius hoffte trotzdem, dass sein Vater jetzt sofort wieder aufwachen wĂŒrde.
Das Klopfen an die offenstehende TĂŒr lieĂ Bill mitten im Satz stoppen und fĂŒr einen wunderbaren Moment war der Raum gefĂŒllt mit einer samtigweichen Stille, die Scorpius tief durchatmen lieĂ. Allerdings zerbrach diese Stille augenblicklich dank Louisâ melodiöser Stimme wie zerbrechliches Glas.
âHey, heyâŠâ Louis lĂ€chelte ihm zu, als Scorpius den Kopf in Richtung der TĂŒr drehte. Das LĂ€cheln blieb allerdings unerwidert und Scorpius wandte sich schnell wieder seinem Vater zu. Eigentlich war er ein sehr schöner Wolf, fand Scorpius. Sein Fell war zwar blutverklebt, aber weich und hatte eine wunderschöne Farbe, die selbst den edlen, mit GoldfĂ€den durchzogenen Stoff der BettwĂ€sche schmucklos erscheinen lieĂ.
âWie gehtâs James?â, fragte Bill, und allein der Klang des Namens lieĂ Scorpius erfolglos versuchen Knoten herunterzuschlucken, die sich vor gefĂŒhlten Ewigkeiten in seinem Hals gebildet hatten. Ganz davon abgesehen, dass er nicht mehr als ein schwaches Baby war, das alleine stĂ€ndig fĂŒrchten musste, umgebracht zu werden, hatte er auch noch diese ganz normalen Probleme eines Teenagers.
âEs geht schonâ, sagte Louis und einen Augenblick spĂ€ter lag seine Hand fĂŒr einen kurzen Moment auf Scorpiusâ Schulter, drĂŒckte zu und versuchte so wahrscheinlich Trost zu spenden, aber damit löste Louis nur eine neue Welle verwirrenden Schmerzes aus. Louis rettete ihn, um ihn dann wieder zu verletzen. Scorpius wusste nicht, wie er damit umgehen sollte, dass trotz so vieler EnttĂ€uschungen sein Herz einfach nicht im normalen Tempo schlagen wollte, wenn Louis in der NĂ€he war. âIch hab einen Trank fĂŒr Draco gebraut. Der sollte zumindest die Schmerzen lindern, bis Harry aus der Apotheke wiederkommt.â
Scorpius beobachtete vollkommen durcheinander, wie Louis sich ĂŒber das FellbĂŒndel auf dem Bett zu seinem Vater beugte und Bill einen dampfenden Becher in die Hand drĂŒckte. Wieso machte er sowas denn? Was konnte Louis davon jetzt wieder haben? Scorpius konnte nicht mehr glauben, dass Louis irgendetwas ohne Hintergedanken tat. Besonders nicht, wenn er kurz danach so ein sanftes LĂ€cheln geschenkt bekam. Er wusste, dass es Louis sicherlich auch wehtat, wenn er sich immer sofort von ihm abwandte, aber die Angst, sich auch nur von einem LĂ€cheln wieder um den Finger wickeln zu lassen, war zu groĂ.
âDankeâ, wisperte Scorpius trotzdem und fixierte den Blick auf Bill, der vorsichtig das Wolfsmaul öffnete und versuchte sich nicht an den messerscharfen ZĂ€hnen zu schneiden. Scorpius schluckte hart unter Louisâ Blick und schloss die Finger fester um die Wolfspfote, versuchte es jedenfalls, weil er leider fast doppelt so kleine HĂ€nde wie der Wolf Pfoten hatte.
âIst doch selbstverstĂ€ndlichâ, antwortete Louis kĂŒhl. âPapa, deine SchlĂ€fe sieht auch nicht gut aus. Soll ich nicht kurzâŠâ Louis seufzte schwer auf, als Bill den Kopf schĂŒttelte. âEs ist doch nur ein Handgriff. Du machst es auch nicht besser fĂŒr Draco, wenn du dich mit Kopfschmerzen herumplagst.â
âKĂŒmmer dich lieber um Jamesâ, sagte Bill mit einem LĂ€cheln, nicht ahnend, dass er damit Scorpiusâ Herz rausriss und gegen die Wand warf. Dabei war es doch klar, dass Louis so einen Moment voller angestauter Emotionen nicht ausnutzen wĂŒrde â zumindest nicht, wenn es sich um James drehte. Bei James wĂŒrde er ohnehin nie etwas ausnutzen.
âJames hat mich rausgeschmissen.â Louisâ Satz lieĂ Scorpius jetzt doch lĂ€nger in das mĂŒde Gesicht schauen, das sonst immer so makellos und perfekt wirkte. NatĂŒrlich sah Louis immer noch verboten gut aus, aber man erkannte deutlich, dass er die letzten Tage auch nicht auf der Couch herumgelungert hatte. âEr will nicht mehr mit reden, seitdem du ihm auf die Nase binden musstest, dass ich auf Teddy stehen wĂŒrde.â
Bill stellte den jetzt leeren Becher auf das Nachttischchen und seufzte auf, bevor er seinen Sohn ansah. âMĂŒssen wir da jetzt drĂŒber reden? Ich möchte, dass du nicht in dieses Zimmer kommst, Louis. Fertig.â
âAls ob Draco mich auffressen wĂŒrdeâ, gab Louis augenrollend zurĂŒck, die Arme vor der Brust verschrĂ€nkend. âEr kann ja nicht mal aufstehen. Und Scorpius darf hier sein.â
âDraco ist auch Scorpiusâ Vaterâ, sagte Bill mit ruhiger Stimme und deutete auf die TĂŒr. âBitte, Louis. Sei vernĂŒnftig.â
Louis schnaubte auf, die VerschrĂ€nkung seiner Arme lösend und die HĂ€nde stattdessen in die HĂŒften stemmend, wĂ€hrend er sich leicht vorlehnte. âDann bin ich vernĂŒnftig und gehe nach unten in die Bar des Hotels, ja? Hier oben will mich ja keiner.â
Scorpius schaute schnell auf den Boden, spĂŒrte aber trotzdem Louisâ Blick vorwurfsvoll auf sich ruhen. Zumindest fĂŒhlte es sich so an. Die GĂ€nsehaut, die sich in seinem Nacken ausbreitete, war keineswegs angenehm, und wenn er ehrlich war, dann wollte er Louis nicht wĂŒtend machen, weil er⊠ja, er hatte Angst. Mehr als ein bisschen Angst vor dem Zauberer, der hinter dieser perfekten Maske lauerte.
âLou â ohâŠâ Bills Seufzer ĂŒbertönte nicht annĂ€hernd den Knall der TĂŒr, die hinter Louis ins Schloss fiel. Der Krach lieĂ Draco ein Winseln von sich geben und er zuckte, riss seine Pfote aus Scorpiusâ HĂ€nden, als er zu zucken begann. Bill legte behutsam eine Hand auf den Hals des Wolfes und strich vorsichtig auf und ab, wĂ€hrend er Scorpiusâ Blick suchte. âIch wĂŒrde es auch lieber sehen, wenn du drauĂen warten wĂŒrdest. Zumindest, bis die Sonne aufgeht. Schlaf ein bisschen oder kĂŒmmere du dich um James, aber Draco wĂŒrde es sich nie verzeihen, wenn er ausgerechnet dir wehtut. Und in diesem Zustand weiĂ er nicht, was er tut.â
Noch leicht geschockt wegen der hektischen Bewegung des Wolfes nickte Scorpius widerstandslos. Er wĂ€re sowieso keine Hilfe. Irgendwer musste immer kommen um ihn zu retten und er wollte nicht riskieren, dass seinem Vater dabei noch einmal wehgetan wĂŒrde.
âAber du sagst mir Bescheid, wenn irgendwas mit ihm ist, oder?â, fragte Scorpius, als er sich im TĂŒrrahmen noch einmal umdrehte. Erst als Bill ihm zugenickt hatte, drehte er sich um und ging durch den kleinen Wohnraum in Richtung des Badezimmers. Die helle Einrichtung wirkte so unberĂŒhrt, dass er sich ungerne irgendwo hinsetzen wollte, aber zu James traute er sich genauso wenig, wie nach unten zu Louis, der ihn in der Bar des Hotels sicherlich auch nicht gebrauchen konnte.
Erst ein schmerzhaftes Zischen lieĂ Scorpius den wenigen Mut, den er besaĂ, zusammenkratzen und an die BadezimmertĂŒr klopfen. Allerdings wartete er nicht auf eine Antwort und trat vor Aufregung gleich ein, ertappte James so dabei, wie er versuchte die Verletzung auf seinem RĂŒcken zu verstecken indem er sich umdrehte.
âDa ist ein Spiegel hinter dirâ, sagte Scorpius leise, als James ein Gesicht aufsetzte, als wĂ€re alles in Ordnung.
âAh, verfluchtâŠâ James grinste schief und schaute ĂŒber die Schulter, damit er die blutigen Streifen auf seinem RĂŒcken mustern konnte. Blut lief noch immer aus den alles andere als perfekten Wunden, die sich wahllos ĂŒber den braungebrannten RĂŒcken zogen, ab und zu unterbrochen und dann versetzt erneut ansetzend. Die Krallen des Wolfes mussten mehrere Male ĂŒber Jamesâ Haut gezogen worden sein und an manchen Stellen ĂŒberschnitten sich die Verletzungen sogar, sodass es noch schmerzhafter aussah, besonders, als James die Muskeln in seinem RĂŒcken anspannte und die sich zusammenziehenden SchulterblĂ€tter Blut aus dem verletzten Fleisch drĂŒckten.
In Jamesâ Nacken befanden sich kleinere Kratzspuren, die allerdings schon verkrustet und kaum zu bemerken waren. Wahrscheinlich hatte er sie sich woanders geholtâŠ
âSieht ĂŒbel ausâ, murmelte Scorpius, dessen Magen sich langsam umdrehte, als er das Blut ĂŒber Jamesâ RĂŒcken laufen sah. Er konnte kein Blut sehen und damit war er schon wieder keine Hilfe, sondern nahm James nur das Bad weg, wenn er sich hier gleich ĂŒbergeben musste.
âIst halb so wildâ, winkte James ab, wĂ€hrend er weiterhin mit den Schultern rollte. âJuckt nur ein bisschen.â
âLĂŒgnerâŠâ Scorpius griff sich ein blĂŒtenweiĂes Handtuch und blieb direkt vor James stehen, schaute ihm einen Moment lang in die Augen, bevor er ihn vorsichtig am Oberarm fasste, um ihn herumdrehen zu können. Vorsichtig tupfte er das heruntergelaufene Blut zwischen den Wunden weg und konnte es gerade noch aufhalten, bevor es in Jamesâ Hose lief. Mit leicht erröteten Wangen wandte Scorpius den Blick ab und bemerkte dadurch, dass James ihn ĂŒber den Spiegel hinweg angrinste.
âDu ruinierst da unnötig ein Handtuch, Scorpius. Es gibt auch Klopapier, oder sowasâŠâ James nickte zu den PapiertĂŒchern, die er vorher benutzt hatte, um die Blutung zu stoppen.
Scorpius schĂŒttelte den Kopf. âIch kann aber Louis holen, damit er dir einen Verband hext⊠Er kann das bestimmt. Er kann ja⊠irgendwie allesâŠâ
âNee, lass mal.â James lehnte sich leicht vor und stĂŒtzte sich mit den Ellenbogen auf dem Waschbecken ab, sodass Scorpius besseren Zugriff auf seinen RĂŒcken hatte. âWenn man Louis immer alles machen lĂ€sst, dann wird sein Ego noch gröĂer, und ich kann irgendwann gar nichts mehr. AuĂerdem⊠sind deine Finger Millimeter von meiner Haut entfernt und das hab ich so vermisst, das glaubst du gar nicht.â
Scorpius erstarrte und glaubte, dass in jeder Pore seines Gesichts ein kleines Feuer entfacht worden war, so heiĂ glĂŒhten seine Wangen. James konnte doch nicht ernsthaft ausgerechnet jetzt an sowas denken.
âD-Du⊠hast dich mit Louis so sehr gestritten, dass du ihn hier rausgeschmissen hast?â, versuchte Scorpius das Thema zu wechseln, aber er glaubte nicht, dass James sich deswegen zu ihm herumdrehte, sondern damit er die Hand auf Scorpiusâ Wange legen konnte.
âWenn du dich um ihn sorgst, dann geh. Ich werd mit den paar Kratzern schon fertigâ, sagte James und schenkte Scorpius ein LĂ€cheln, dass sein Herz fĂŒr einen Moment aussetzen lieĂ.
âJamesâŠâ Scorpius wollte sich gerade gegen die Hand auf seiner Wange lehnen, als James sich wieder umdrehte, anscheinend davon ausgehend, dass Scorpius nur auf seine Erlaubnis wartete, um sich in Louisâ Arme zu werfen. âVollidiotâ, wisperte er, legte die Hand auf den unverletzten unteren RĂŒcken und machte einen Schritt nach vorne, damit er die Stirn gegen Jamesâ Schulter lehnen konnte.
âScorpius?â Verwirrt drehte James sich sofort um, ohne Scorpius einen Moment seine trostspendende Schulter zu gönnen. âDu musst nicht so tun, als wĂ€rst du mir irgendwas schuldig. Letzten Endes hat Louis uns alle gerettet. Wenn also jemand deine Aufmerksamkeit verdient, dann er.â
Egal, wie freundlich und verstĂ€ndnisvoll James ihn anlĂ€chelte, fĂŒr diesen Kommentar musste Scorpius ihn ungeachtet der Schmerzen, die verursachte, gegen die Brust stupsen. âVollidiotâ, wiederholte er. âIch hab da gerade stundenlang mit Bill in einem Zimmer gesessen, glaubst du ernsthaft, er hat mir nicht erzĂ€hlt, was du gemacht hast? DuâŠâ Scorpius drĂŒckte seinen Zeigefinger in Jamesâ Brust, aber lange konnte er keinen Druck ausĂŒben und endete damit hauchzart ĂŒber Jamesâ Brustbein zu fahren. âDu hast meinen Vater gerettet. Das bedeutet mir⊠so unglaublich viel. Ich werd dir das nie danken können, James. Er ist mir tausendmal wichtiger, als ich mir selbst.â
âIch hab⊠ohâŠâ James schien fĂŒr einen Moment keinen Satz mehr rausbringen zu können, als Scorpius sich leicht gegen ihn drĂŒckte, die Wange gegen die Stelle schmiegend, wo er Jamesâ Herz in einem rasenden Tempo schlagen spĂŒren konnte. âScorpius, tu mir das nicht anâ, presste James angespannt hervor, bevor er die Arme fest um Scorpius schloss und ihn so noch ein StĂŒck dichter an ihn presste. âMerlin, ich habâs echt vermisst, wie perfekt du in meine Arme passt.â
Scorpius konnte nicht anders, als innerlich zuzustimmen. Er fĂŒhlte sich sicher und so gut beschĂŒtzt, dass er sich sicher war, so einschlafen zu können, ohne irgendwelche AlptrĂ€ume haben zu mĂŒssen.
âDafĂŒr krieg ich bestimmt einen Kuss, oder?â James hob Scorpiusâ Kinn schon an, als der die Worte noch gar nicht richtig realisiert hatte. Bevor er reagieren konnte, hatte er Jamesâ Lippen schon auf seinen und fĂŒhlte, wie seine Beine unter der sanften BerĂŒhrung förmlich zu Wackelpudding wurden. Sein Gehirn hatte sich schon lĂ€ngst verflĂŒssigt, sonst wĂ€re er nicht auf die stumpfsinnige Idee gekommen, sich haltsuchend an Jamesâ RĂŒcken klammern zu wollen.
âAu!â James riss sich los und Scorpius machte sofort ein paar Schritte nach hinten.
âE-Es tut mir leidâ, stammelte er und senkte verlegen den Blick, bevor Jamesâ sicherlich Ă€rgerlicher Blick ihn traf. An seinen HĂ€nden klebte jetzt ein wenig Blut â Jamesâ Blut. Und es war seine Schuld, dass James verletzt war. Jegliches angenehmes GefĂŒhl verpuffte augenblicklich bei diesen Gedanken. Er war es gar nicht wert, dass James ihm so eine bedingungslose Zuneigung entgegenbrachte. Na ja, vielleicht nicht wirklich bedingungslos, aber er wollte ja nur Sachen, die man in einer Beziehung wohl machen sollte. Scorpius wusste, dass das alles jetzt nicht so verfahren wĂ€re, wenn er sich da nicht so angestellt hĂ€tteâŠ
âIst nicht deine Schuldâ, beruhigte James ihn lĂ€chelnd und hob abwehrend die Hand, als Scorpius peinlich berĂŒhrt die Finger ineinander schob. âEher die deines Vaters.â
Apropos⊠Scorpius schaute zu dem Badezimmerfenster und bemerkte durch den Spalt der zugezogenen VorhĂ€nge, dass der Himmel allmĂ€hlich eher dunkelblau geworden war. Bald wĂŒrde er seinen Vater wiederhaben. Dann wĂŒrde alles⊠Scorpius erstarrte und jeder Gedanke in seinem Kopf löste sich in Luft auf, als eine Hand sich plötzlich auf seinen Hintern legte. Bevor er mehr als blinzeln konnte, wurde er auch schon wieder gegen James gezogen.
âFĂŒr Knutschen reichtâs auf jeden Fallâ, raunte James direkt gegen Scorpiusâ Lippen, die er aber nicht einfangen konnte, so schnell drehte Scorpius sich zur Seite.
âLass mich nur kurz deinen RĂŒckenâŠâ, fing Scorpius an, stoppte aber unter Jamesâ enttĂ€uschtem Blick. Trotzdem drehte er ihn herum und befeuchtete das Handtuch unter dem Wasserhahn, bevor er sich wieder daran machte das Blut wegzutupfen.
Seufzend stĂŒtzte James sich wieder auf dem Waschbecken ab. âScorpius?â
âHalt bitte stillâŠâ Scorpiusâ Magen fuhr Karussell und Achterbahn gleichzeitig bei dem Anblick von dem schimmernden Fleisch, das durch die Kratzer freigelegt worden war. Aber fĂŒr James riss er sich zusammen und lieh sich dessen Zauberstab aus, um vorsichtig den Schmutz aus den Wunden entfernen zu können.
âScorpiusâ, wollte James ihn wohl einfach nicht in Ruhe arbeiten lassen. âWenn sich das nicht Ă€ndert, dann seh ich keine Chance fĂŒr uns. Egal, wie sehr ich will.â
Scorpius stoppte in der Bewegung und seine Hand begann direkt ĂŒber einer besonders tiefen und Ă€uĂerst verschmutzten Wunde zu zittern. Jamesâ Zauberstab fĂŒhlte sich fremd in seiner Hand an und rutschte ihm fast aus der Hand, lieĂ ihn das erste Mal realisieren, wie sehr er an seinem Stab gehangen hatte, der von diesem Monster neulich einfach zerstört worden war.
âLeidenschaft, Scorpius.â James hob das Kinn, um Scorpius ĂŒber den Spiegel hinweg ansehen zu können. âDu weiĂt doch, wovon ich rede, oder?â
Musste er da aber ausgerechnet jetzt von anfangen? Scorpius wich Jamesâ Blick aus.
âIch weiĂ, dass duâs weiĂt. Ich habâs gesehenâ, sagte James mit Ă€uĂerst angespannter Stimme. âMit Louis.â
Sein Herz schien gerade in Eiswasser getaucht worden zu sein. Scorpius fĂŒhlte sich klein und schmutzig, presste sich die Hand mit Jamesâ Zauberstab gegen die Augen, hoffend, dass er so die frischen Bilder von diesem Moment wieder ausblenden konnte. Er war fĂŒr ein paar Stunden einfach voll und ganz glĂŒcklich gewesen, und der Gedanke, dass James das beobachtete hatte, belastete sein Gewissen noch mehr, als ohnehin schon.
âBin ich wirklich so ein Versager?â James wollte sich umdrehen, aber Scorpius fasste ihn fast reflexartig am Oberarm, um ihn in dieser Position zu halten. Damit er ihm nicht in die Augen sehen musste, fuhr er fort die Wunden zu reinigen, die James fĂŒr ihn auf sich genommen hatte.
âDas wird Narben gebenâ, murmelte Scorpius und bekam dafĂŒr nicht nur ein Glucksen geschenkt, sondern auch die Hoffnung auf einen Themenwechsel.
âIch find Narben coolâ, sagte James und ihm glaubte Scorpius das sogar, auch wenn das hier höchstwahrscheinlich nur eine Art Aufmunterung sein sollte. âDie erinnern mich jetzt immer daran, wie viel du mir bedeutest.â
Scorpius schluckte hart. Sein Herz verriet ihn, indem es bei jeder Gelegenheit schneller zu schlagen begann. Wenn es doch einfach einen Menschen auswĂ€hlen könnte und dann nur bei dem anfangen wĂŒrde, gegen seinen Brustkorb zu hĂ€mmern, als wolle es sich vor jedermanns FĂŒĂe werfen. Er kam sich so⊠Er kam sich schlampig vor. Am liebsten wollte er diesen widerlichen Menschen abschrubben und einfach den Abfluss herunterspĂŒlen.
âScorpius, ich nehm dir das mit Louis doch nicht ĂŒbel, so wie ich dich behandelt hab, aber⊠Was mach ich denn falsch?â James vergrub das Gesicht in den HĂ€nden und stöhnte frustriert auf, worauf Scorpius beschĂ€mt den Blick senkte. âLiegt es nur daran, Scorpius? Geht es bei uns immer wieder kaputt, weil du nicht mit mir schlafen kannst?â James drehte sich jetzt doch um, fasste nach Scorpiusâ Handgelenk, als der zurĂŒckstolperte, und zog ihn zurĂŒck. âWenn es das ist, dann kannst du doch mit Louis ââ
Scorpius knallte mit voller Wucht Jamesâ Zauberstab auf den Boden, bevor er sich losriss und mit entsetztem Gesichtsausdruck nach hinten stolperte. Jamesâ Augen weiteten sich ebenfalls vor Schock, aber Scorpius fand seine Stimme schneller wieder.
âWie kannst du nur⊠sowas sagen⊠James Sirius Potter.â Sich ĂŒber die brennenden Augen reibend drehte Scorpius sich auf der Stelle um und riss die BadezimmertĂŒr wieder auf, knallte sie auch hinter sich zu, bevor James etwas sagen konnte.
Scorpius konnte nicht einmal tief durchatmend, dann hörte er James, der von innen gegen die TĂŒr klopfte.
âScorpius, lass uns da doch drĂŒber redenâ, versuchte James es, schĂŒrte damit aber nur den Drang in Scorpius sich so schnell wie möglich aus dem Staub zu machen. Er konnte jetzt nicht mit James reden. Das strengte ihn zu sehr an und er fĂŒhlte sich ohnehin schon so mĂŒde, dass er sich am liebsten auf das Sofa in der Mitte des Raumes geworfen hĂ€tte. So floh er allerdings kurzerhand aus dem Hotelzimmer in den schwach beleuchteten Flur.
Er musste dĂ€mlich aussehen, wie er immer noch nur seinen Pyjama trug und darĂŒber einen Morgenmantel des Hotels geworfen hatte. Trotzdem war er froh, dass um diese Uhrzeit niemand bemerken wĂŒrde, wie er auf Hausschuhen in Richtung Fahrstuhl schlurfte.
Irgendwo hinter ihm lag sein Vater gerade mit einer lebensbedrohlichen Verletzung und alles, worum er sich kĂŒmmerte, war sein verkorkstes Liebesleben. Scorpius hatte gedacht, dass sich dieser abgrundtiefe Selbsthass nicht noch steigern könnte, aber anscheinend hatte er sich da wieder mal geirrt. Er lag ja niemals auch nur ansatzweise richtigâŠ
Mit einem Pling öffnete sich die FahrstuhltĂŒr und Scorpius sah sich sofort mit einem neuen Problem konfrontiert.
âHey, heyâŠâ Louis hob grĂŒĂend die Hand, auch wenn sein LĂ€cheln schief war. âDie Bar hat jetzt geschlossen⊠falls du auf dem Weg dorthin warst.â Er machte einen Schritt aus dem Fahrstuhl heraus und sein Augenlid begann leicht zu zuckend, als Scorpius etwas hastig zurĂŒckstolperte. âHast du Angst vor mir?â
Wer wĂŒrde nicht Angst vor diesem Schatten haben, der dort so unheimlich starr vor den sich gerade schlieĂenden FahrstuhltĂŒren stand. Louis legte den Kopf schief und lachte schlieĂlich kurz auf.
âDu hast Angst vor mir.â KopfschĂŒttelnd fuhr Louis sich durch die Haare und blinzelte dabei schnell. âAusgerechnet du⊠Ich hab immer alles fĂŒr dich getan und du⊠duâŠâ
âWie viel hast du noch getrunken, bevor die Bar geschlossen hat?â, wollte Scorpius wissen, als ihm klar wurde, dass Louis normalerweise nicht zu stottern begann.
âNicht genugâ, antwortete Louis und seufzte beinahe genervt auf. âDer Kerl wollte mir nichts geben, weil ich nicht einundzwanzig bin. AmerikanerâŠâ
Scorpius runzelte die Stirn. âWie hast du dann ĂŒberhaupt was bekommen?â
âHab mir was ausgeben lassenâ, sagte Louis mit einem Zwinkern. âDie Dame hat mir sogar ihre Zimmernummer verratenâŠâ
âHast du vor noch einen Abstecher dahin zu machen?â Scorpius wollte sich schlagen fĂŒr den Spritzer Eifersucht, der seine Zunge so scharf werden lieĂ.
Louis schien das allerdings zu amĂŒsieren. âDu bist so sĂŒĂ, DummerchenâŠâ Mit einem wissenden LĂ€cheln lehnte Louis sich vor, die HĂ€nde in die Hosentaschen schiebend. âDu willst mich so gerne hassen, aber du kannst nichts dagegen tun, dass du mich immer noch liebst.â
Scorpius drehte sich um und ging wieder zurĂŒck. Er wollte jetzt mit Louisâ besserwisserischem Getue konfrontiert werden. Hass war wohl auch ĂŒbertrieben. Er hasste Louis nicht. Er war nur enttĂ€uscht. Die Lösung lag greifbar nahe. Louis zu verzeihen und zu vergessen, dass er ihn stĂ€ndig manipuliert hatte, war schier unmöglich, weshalb es doch die einzige Option war James zu verzeihen, dass er ihn wissentlich verletzt hatte, und so endlich alles abhaken zu können.
âLauf nicht weg, Scorpius.â Bei der Bitte blieb es nicht, weil Louis ihn kurz darauf am Handgelenk packte und dazu zwang, nicht wegzulaufen. âSag es mir noch einmal.â
âWas?â Scorpius schaute verwirrt ĂŒber die Schulter, drehte sich aber schnell wieder weg, als er den sehnsĂŒchtigen Blick von Louis auffing. Das passte nicht zu ihm. Genauso wenig wie der jetzt flehende Ton, nachdem er es eben eher verlangt hatte.
âBitte, Scorpius. Sagâs mir noch einmal. Sag mir, dass du mich liebstâŠâ Eine warme Hand legte sich von hinten auf seinen Bauch und zog ihn ruckartig gegen Louisâ Brust. Scorpius versteifte sich und fasste nach Louisâ Hand, um sie wegzuziehen, aber die anderen Finger drehten sich und umschlossen seine vorher. âDu empfindest doch noch so⊠BitteâŠâ
âIchâŠâ Scorpius lauschte seinem beschleunigten Herzschlag, als Louis die Stirn gegen seine Schulter lehnte. âDu hast mir das nie gesagt. DafĂŒr warst du wohl nie betrunken genug.â Er verzog das Gesicht leicht, als der Geruch von Alkohol ihm in die Nase stieg, als Louis schwer gegen seine Wange ausatmete.
âDu findest also, dass ich deine Zuneigung nicht mehr verdient habe?â Louis klang nicht deutlich hörbar verzweifelt, aber seine Stimme war sonst immer so gefasst, dass Scorpius den kleinen Unterschied durchaus bemerkte und daraufhin konnte er ja schlecht erwidern, wie groĂ seine EnttĂ€uschung war.
âDas ist nicht der richtige Zeitpunkt, um sowas zu diskutierenâ, murmelte Scorpius, der sich schon wieder unglaublich mĂŒde fĂŒhlte. Dementsprechend war sein Versuch sich loszumachen wohl auch von vorneherein zum Scheitern verurteilt.
Louis umklammerte ihn fester. âIch ertragâs nicht, wenn du mich so ansiehst.â
âLouisâŠâ Scorpius schaute ĂŒber die Schulter und versuchte dem funkelnden Azurblau von Louisâ Augen zu widerstehen. Wenigstens einmal. âDu hast mein Vertrauen missbraucht, in jeder erdenklichen Weise hast du mich enttĂ€uscht.â
Den Kopf leicht schĂŒttelnd presste Louis seine Lippen gegen Scorpiusâ Ohr. âIch hab dein Leben gerettet.â
âDu liebst einen anderenâ, konterte Scorpius, worauf Louisâ Griff tatsĂ€chlich lockerer wurde. Scorpius kam einen Schritt weiter nach vorne, bevor sich diesmal beide Arme um ihn schlangen.
âDu machst mich aber glĂŒcklich, Scorpius. BitteâŠâ Dieses Wort aus Louisâ Mund klang fremd, fĂŒhlte sich deswegen aber nicht falsch an. Scorpius merkte, wie er langsam weich wurde. âIch kann dir die Liebe geben, nach der du dich sehnst.â
âIchâŠâ Scorpius schĂŒttelte ablehnend den Kopf. âWie wĂ€râs, wenn du das James sagst? Dir sollte auffallen, dass es durchaus Eifersucht ist, wenn er nicht mit dir reden will, weil er glaubt, du wĂŒrdest Teddy ââ
âEr war sauer wegen dirâ, unterbrach Louis ihn. âWeil er denkt, ich wĂŒrde nur Spielchen mit dir spielen.â
Einen Moment blieb Scorpius still in Louisâ Armen, drehte sich dann um und bekam sogleich eine Hand auf die Wange gelegt, die ihm zĂ€rtlich ĂŒber die Haut strich. âTust du das denn nicht?â
Louisâ Blick verhĂ€rtete sich. âWas kann ich mehr tun, als mich entschuldigen? Ist es dir nicht genug, dass ich immer da bin, um dir zu helfen? OkayâŠâ Er zuckte die Schultern und nahm die Hand von Scorpiusâ Wange, lieĂ ihn endlich los, nur damit Scorpius sich augenblicklich vollkommen verlassen und einsam fĂŒhlte. âSag mir, was ich noch tun muss. Was ist es, das du von mir willst?â
Scorpius senkte den Blick auf seine HĂ€nde, die noch immer rötlicher als normalerweise schienen. Jamesâ Blut. Ein sichtbares Zeichen dafĂŒr, wie viel er ihm bedeutete. Scorpius konnte nicht abstreiten, dass Louisâ Zuneigung vielleicht nicht so sichtbar war, aber er spĂŒrte sie in sich, als wĂ€re sie das einzige, was ihn momentan noch am Leben hielt â und das keineswegs metaphorisch. Aber so wollte er das nicht. Wonach er sich sehnte, war Bedingungslosigkeit. Er wollte nicht das GefĂŒhl haben, Louis etwas schuldig zu sein, weil er so viel fĂŒr ihn getan hatte.
âScorpius⊠ich brauche dichâ, durchbrach Louis die Stille, der Scorpius gar keine Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Kaum hob er den Blick von seinen HĂ€nden, da lagen Louisâ Finger schon auf seinen Wangen, um ihn davon abzuhalten, wieder wegzuschauen. âNein, ich will dich haben. Ich hab genug davon, mir nicht das kleinste bisschen GlĂŒck gönnen zu können. Lass es⊠Lass es mich doch versuchen, Scorpius. Ich weiĂ, dass ich dich glĂŒcklich machen kann.â
Da er seinen Kopf nicht bewegen konnte, wich Scorpius Louisâ eindringlichem Blick aus, indem er wieder nach unten schaute. Die Finger auf seinen Wangen gruben sich daraufhin tiefer in sein Fleisch und drĂŒckten schmerzhaft gegen seinen Kiefer.
âDu kannst mich doch nicht abweisenâ, presste Louis fassungslos hervor. âJames will dich doch gar nicht.â
Scorpius konnte nicht anders, als aufzulachen. âDu hast wirklich mehr als einen Scotch im Tee, Louis. Geh dich besser hinlegen.â Er legte die Hand auf Louisâ Handgelenk und tĂ€tschelte es vorsichtig, schaute hoffnungsvoll zu Louis hoch, dessen Miene sich verfinsterte.
âAch? Und er sagt mir einfach so aus SpaĂ, dass ich um dich kĂ€mpfen soll, ja? Das macht man natĂŒrlich, wenn man selbst Interesse hatâ, sagte er kalt, worauf Scorpiusâ LĂ€cheln wieder verschwand. Im nĂ€chsten Moment schien Louis zu bereuen, was er gesagt hatte, und schĂŒttelte hastig den Kopf. âIch wollte nichtâŠâ
âIhr solltet⊠endlich einmal kapieren, dass ich kein Spielzeug binâ, sagte Scorpius mit merkwĂŒrdig fester Stimme, obwohl sein bis eben so unentschlossenes Herz jetzt einfach in BruchstĂŒcke zerfallen war. Es brauchte jetzt nur noch einen leichten Schubs, damit er sich aus Louisâ Griff befreien und sich umdrehen konnte.
âUnd du spielst nicht?â Louisâ Stimme lieĂ ihn augenblicklich stoppen, aber er schaute nicht ĂŒber die Schulter. âDu spielst auf jeden Fall das Opfer. Denk bloĂ nicht, jeder Mensch wĂŒrde ewig darauf warten, bis Scorpius Malfoy seine GefĂŒhle geordnet und sich endlich mal entschieden hat, wen er denn jetzt haben will. Wenn du so weitermachst, dann stehst du bald wieder ganz alleine daâŠâ
Die HĂ€nde zu FĂ€usten ballend fuhr Scorpius herum. âJetzt versuchst du die Verantwortung auf mich abzuschieben, ja? Genauso wie James. Und genauso wie James hast du kein Recht dazu, besonders nicht du, Louis! Du hast mein Leben doch erst so kaputt gemacht! Ich wollte nicht ââ
âIch hab dein Leben erst lebenswert gemacht!â, fuhr Louis ihm dazwischen. âOhne mich wĂ€rst du doch immer noch nur ein verstaubtes Buch ganz hinten im Regal, das keiner haben will. Zeig gefĂ€lligst so etwas wie Dankbarkeit.â
Scorpiusâ Augen weiteten sich vor Erstaunen ĂŒber Louisâ Ton und aus Wut. âIch soll Dankbarkeit zeigen?â Aufschnaubend rammte er seine Faust gegen Louisâ Brust und brachte ihn leicht zum Stolpern. âWie wĂ€re es, wenn du Dankbarkeit dafĂŒr zeigst, dass ich dir gezeigt habe, dass man auch glĂŒcklich sein kann, du penetrant leidender Bastard.â
Louis blinzelte, fĂŒr einen Moment starr vor Schock, bevor er amĂŒsiert auflachte. âMerlins Bart, Scorpius. War das gerade das Aufflackern von Selbstbewusstsein?â Betont beeindruckt hob Louis die HĂ€nde. âDu hĂ€ttest mir sagen mĂŒssen, dass du sowas besitzt, dann hĂ€tte ich die Suche danach nicht schon lange aufgegeben.â
âIch will dich doch nur ungerne enttĂ€uschen, wo es immerhin deine LieblingsbeschĂ€ftigung zu sein scheint, aufzugebenâ, gab Scorpius Ă€rgerlich zurĂŒck. âNicht zu vergessen, dass du erst einmal dein eigenes Selbstbewusstsein suchen solltest. Du kannst nĂ€mlich auch hinter deinem guten Aussehen nicht verstecken, dass du dich fĂŒr einen wertlosen Klumpen Dreck hĂ€ltst.â
FĂŒr einen Moment sah Louis aus, als wolle er ihn gleich erwĂŒrgen und Scorpius versuchte vergeblich diese Angst herunterzuschlucken, als zwei Arme vorschnellten und ihn packten. Mit einem Ruck wurde er gegen Louis gezogen und so stĂŒrmisch gekĂŒsst, dass jeder Funken Wut wie von einem Wirbelsturm weggeweht wurde.
Scorpius stöhnte gegen die anderen Lippen, die seinen Mund regelrecht zu verschlingen schienen, tat noch einen letzten, halbherzigen Schlag gegen Louisâ Brust, bevor er sich an dessen Hemd festkrallte und Louis so heftig gegen sich riss. Ein Knie schob sich zwischen seine Beine und brachte ihn nicht nur zum Stolpern, was Louis aber ausnutzte, um ihn mit einem schmerzhaften Ruck gegen die Wand zu stoĂen. Scorpius wurde fast an ihr hochgeschoben, so energisch presste Louis sich immer wieder gegen ihn.
Louis lieĂ ihm nicht einmal genug Platz um zu Atem zu kommen, als er sich von seinen Lippen löste, schwer keuchend und mit geröteten Wangen. âDu kannst mit deinem unschuldigen Getue auch nicht verbergen, wie viel Schmutz in deinen Gedanken ist.â Scorpius knallte aufkeuchend mit dem Hinterkopf gegen die Wand, als Louis ihm in die Unterlippe biss, sein Handgelenk griff und es grob neben sein Gesicht rammte. âStille Wasser sind tief, nicht wahr? Gib mir deine Hand und ich zeig dir, wie wunderschön es ganz weit unten sein kann.â
Louisâ Finger schoben sich vorsichtig zwischen Scorpiusâ, aber er griff erst nach Scorpius zu, verschloss gleichzeitig seine Lippen. Scorpius kĂ€mpfte darum, die andere Zunge im Zaum zu halten, wĂ€hrend er die freie Hand in Louisâ Haaren vergrub, heftig an den seidigen StrĂ€hnen reiĂend. Louis schien das gar nicht zu stören, genauso wenig wie die Umgebung oder die Tatsache, dass es noch keine zwölf Stunden her war, dass sie alle in richtiger Lebensgefahr gesteckt hatten â und vielleicht taten sie das immer noch. Der Gedanke daran brachte Scorpius aber nur dazu, den Arm fester um Louisâ Nacken zu schlingen, dankbar fĂŒr jeden Halt den er bekommen konnte.
Trotzdem war ein Teil von ihm dankbar fĂŒr das erneute Pling der FahrstuhltĂŒren, was dazu fĂŒhrte, dass er Louis reflexartig wegstieĂ. Schwer atmend zog er sich die Seiten des Morgenmantels zusammen und wich Louisâ verwundertem Blick aus, fixierte sich auf den schwarzhaarigen Mann, der aus dem Fahrstuhl trat.
Harry Potter stoppte verwundert, als er Louis und Scorpius bemerkte. âNa, ist das Zimmer zu klein?â, schmunzelte er und wedelte zur BegrĂŒĂung mit einer TĂŒte. Als er Scorpiusâ Blick bemerkte, hörte er abrupt auf, Dracos Trank zu schĂŒtteln. âDein Vater wird wieder, Scorpius. Und fĂŒr James hab ich auch was.â
âUnd einen PortschlĂŒssel?â Louis klang ganz und gar nicht so, als hĂ€tte ihn das eben ansatzweise berĂŒhrt. Scorpius wusste gar nicht, warum er sich da jetzt wieder drauf eingelassen hatte. Vor allem jetzt. WĂ€hrend sein Vater und James langsam ausbluteten, knutschte er drauĂen auf dem Gang mit Louis herum⊠und er hĂ€tte noch mehr mit sich machen lassen, wenn Harry Potter ihn nicht gerettet hĂ€tte.
âJaah, fĂŒr morgen Mittagâ, sagte Harry, worauf Scorpius aus seinen Gedanken schreckte und die Stirn in Falten legte. âNa, schau nicht so, Scorpius. Keiner von euch rennt mir jetzt blindlings zu George, verstanden? Und ich dachte, ich mĂŒsste nur James von solchen Kamikaze-Aktionen abhaltenâŠâ Leise vor sich hinmurmelnd marschierte Harry zwischen Louis und Scorpius durch, drohend sie wieder alleine zu lassen.
Scorpius warf einen fast Àngstlichen Blick zu Louis, der ihn schon wieder im Visier hatte, wie ein ausgehungertes Tier. Passenderweise befeuchtete er sich auch gerade die Lippen, die sich leicht anhoben.
âIch hex uns ein Zimmer hier auf, was sagst du dazu, Dummerchen?â, raunte Louis, die Hand nach Scorpius ausstreckend.
âHalt den MundâŠâ Scorpius klatschte gegen Louisâ HandrĂŒcken und folgte Harry, der sich im TĂŒrrahmen noch einmal umdrehte.
âKommt ihr, Jungs? Der Flur kann ja nicht so spannend sein.â Harry schĂŒttelte seufzend den Kopf. âKinderâŠâ
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