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Fanfiction

Accidentally - Ein weißes Kaninchen

von Dr. S

Jemand strich ihm fortwährend die Haare aus der Stirn, was es schwer machte nicht einfach wieder einzuschlafen, aber lieber öffnete Scorpius die Augen, als sich diesen Alpträumen zu stellen, die ihn im Schlaf verfolgten – Träume von Blut, Krallen scharf wie Messer und ein Himmel ohne Sterne. In der Erwartung seinen Vater zu sehen drehte er den Kopf und rieb sich verwundert die Augen, als sein Vater merkwürdig dunkle Haare hatte.

„Na, wie geht’s, Kleiner?“ Teddy klopfte ihm vorsichtig gegen die Wange, bevor er sich gerade hinsetzte und damit auch aufhörte Scorpius so einschläfernd durch die Haare zu fahren.

„Teddy?“ Scorpius setzte sich auf und versteckte sein Gesicht einen Moment lang hinter der Decke, bis er das Geräusch der aufgezogenen Vorhänge hörte und kurz darauf Licht an seine Augen drang. „Was machst du hier?“, murmelte er und ließ die Decke wieder sinken, blinzelte gegen das helle Licht der Sonne.

„Ich hab mir Sorgen um meinen Cousin gemacht“, sagte Teddy und setzte sich wieder an Scorpius‘ Bettkante, lächelte ihn an. „Was machst du auch für Sachen? Und ich dachte immer, es lässt sich nicht übertreffen, sich fast das Genick zu brechen, wenn man die Treppe in Malfoy Manor runterfällt, nur weil man ein ungeduldiges, schnuckeliges Kind ist.“ Teddy streckte die Hände aus, umfasste Scorpius‘ Gesicht und musterte ihn eingehend, bevor er aufseufzte. „Du bist so schnell großgeworden, weißt du das?“

Scorpius ließ wortlos den Kopf leicht hängen.

„Draco hat versucht deine Mutter zu erreichen, aber wer weiß, wo die sich wieder herumtreibt“, sagte Teddy nach einer Weile, worauf Scorpius leicht nickte. „Harry wird später noch vorbeikommen. Ich glaub, dass ich mit ihm dann zurück nach Hause gehe, also wollte ich vorher nochmal vorbeischauen. Alles in Ordnung, Scorpi?“

„Nein“, sagte Scorpius leise, aber wenigstens ehrlich.

Teddy legte den Kopf fragend schief, aber als Scorpius sich weiter in Schweigen hüllte, räusperte er sich. „Brauchst du irgendwas? Hast du Schmerzen? Oder möchtest du ein weiches Kaninchen zum Schmusen?“ Den Zauberstab zückend zielte Teddy auf Scorpius‘ Nachttischlampe und verwandelte die kurzerhand in ein weißes Kaninchen, das er wohl extra etwas fülliger hatte werden lassen. Es greifend musterte er es genauestens auf Fehler, bevor er es auf Scorpius‘ Schoß setzte und zufrieden lächelte. „Das spendet dir bestimmt besser Trost als ich…“

„Danke…“ Scorpius stupste gegen das feuchte Näschen, das sich ununterbrochen bewegte, und fing dann an durch das weiche Fell zu streicheln, während Teddy ihn immer noch irgendwie erwartungsvoll ansah.

„Hast du Hunger?“, fragte er nach einer halben Ewigkeit und schien enttäuscht, als Scorpius den Kopf schüttelte. „Hey, ich kann das Kaninchen auch braten, wenn –“

„Nein!“ Scorpius klammerte sich an das still vor sich hinmümmelnde Kaninchen. „Ich hab keinen Hunger…“

„Aber du musst was essen, Scorpius. Du bist ohnehin schon so dünn. Hattest viel zu viel Stress in letzter Zeit. Da reagierst du genauso drauf wie dein Vater“, sagte Teddy, verschränkte die Arme vor der Brust und nickte vor sich hin. „Er wollte heute auch noch nichts essen. Und Bill kauft ihm auch noch ganz naiv ab, dass er nur warten will, bis Harry kommt, damit wir alle zusammen auf friedliche Familie machen können, während James ganz offensichtlich oben schmollt und Louis pennt auch noch. Aber kein Wunder, wenn man die ganze Nacht irgendwelche Teenager-Dramen aufführt, anstatt zu schlafen.“

Scorpius hob das Kaninchen hoch und presste es an seine Brust, schmiegte die Wange gegen das weiche Fell. „Dann sind… sind sie jetzt… also…“ Er spürte seine Wangen warm werden und warf einen vorsichtigen Blick zu Teddy, dessen Augen ganz groß wurden.

„Oh!“ Er schüttelte heftig den Kopf. „So meinte ich das nicht! Merlin, Scorpius… Ich wusste ja nicht, dass du weißt, dass die beiden ein bisschen rumgemacht haben vor den Ferien.“

„Was?“ Das Kaninchen rutschte an Scorpius‘ Brust herunter, als er es losließ. Die Krallen an seinen Pfoten gruben sich tief in seine Haut, als es auf seine Schulter in Sicherheit krabbelte. Scorpius hob es wieder herunter und drückte es mit zittrigen Fingern. „Was… vor den Ferien… bevor James… aber…“

„Oh, verfluchte Scheiße…“ Teddy rammte sich die Hand mit voller Wucht gegen die Stirn, sodass Scorpius zusammenzuckte. „Hör zu, Scorpius. Das war bestimmt nur ein Missverständnis.“

Scorpius wandte den Blick ab, als Teddy ihn voller Mitleid ansah. „Ist schon in Ordnung… Dann sind wir wohl alle irgendwie Quitt.“

Teddy seufzte schwer auf und ließ den Kopf reumütig hängen, als Scorpius ihn wieder ansah. „Sorry, Scorpi… Da bin ich wohl wiedermal voll ins Fettnäpfchen getreten.“ Er lächelte ziemlich schief, als Scorpius mit den Schultern zuckte. „Ich hoffe, du weißt, dass James dich sehr, sehr gern hat. Es ist eben nur schwer… na ja, du kannst nicht abstreiten, dass Louis ein unglaublich gut aussehender Kerl ist und –“

„– und ich hab James nicht rangelassen, ja…“ Scorpius blinzelte etwas schneller, als die Müdigkeit seiner Augen von schmerzhaftem Brennen abgelöst wurde. „Ich weiß nur nicht, warum sie dann wieder und wieder zu mir kommen… Wieso können sie mich denn nicht in Ruhe lassen, wenn…“ Er schniefte leise, senkte das Kinn und beobachte die dicken Tränen, die im Fell des Kaninchens landeten und es dazu brachten sich zu schütteln. „Erst nimmt Louis mich in den Arm, dann James und dann hauen sie beide ab und alles, was ich noch habe, sind Träume… Erinnerungen an so viel Blut… und Schmerz und… Angst. Ich hab immer noch Angst vor diesem Monster…“

Teddy rutschte hoch ans Kopfendes des Bettes und legte einen Arm um Scorpius‘ Schulter, bot ihm eine Schulter zum Ausweinen an, während Scorpius immer noch das Kaninchen kneten konnte. Die Sonne wanderte fast bis an die Mitte des Fensters, als Scorpius endlich keine Tränen mehr übrig hatte und sich mit dem Ärmel über die nassen Wangen wischte, sich mit hochrotem Gesicht wieder aufrichtete.

„Soll ich jemand anderen holen?“, fragte Teddy und rückte wieder auf seinen alten Platz zurück.

Scorpius zuckte wieder einmal mit den Schultern. „Ich weiß nicht wen…“ Er atmete tief durch, als sich erneut Tränen in seinen Augen sammelten. „Es… Ich will nicht allein sein, aber… Vater… Er hat mich so komisch angesehen. Als wüsste er ganz genau…“ Scorpius schüttelte den Kopf, als seine Stimme brach und ihm nicht mehr erlaubte weiter zu sprechen.

„Scorpius, Draco liebt dich über alles. Um ihn zu zitieren: Du bist das Einzige, was er in seinem Leben richtig gemacht hat“, sagte Teddy und tätschelte Scorpius‘ Oberschenkel. „Du kannst nichts machen um das zu ändern.“

Scorpius biss sich auf die Unterlippe, als seine Mundwinkel sich leicht anheben wollten.

„Außerdem… kannst du ja nichts für das, was passiert ist. Genauso wenig wie dafür, dass es wohl jedem schwerfällt, Veela-Genen zu widerstehen“, fuhr Teddy fort, streckte die Hand aus und fing ebenfalls an das Kaninchen zu streicheln. „Du darfst das bei James nicht so ernst nehmen. Er hat deinetwegen schon eine ganze Box Taschentücher vollgerotzt.“

Scorpius spürte schon wieder die Hitze in seine Wangen steigen und lächelte jetzt doch ganz leicht. „Und Louis?“

„Na ja, wie gesagt. Er schläft den Schlaf der Gerechten“, sagte Teddy.

„Das meinte ich nicht…“ Scorpius fixierte sich auf das Kaninchen und auf Teddys Hand, die durch das weiße Fell strich. „Also… James hat ja kein Blut von irgendwelchen magischen Kreaturen… Trotzdem sieht Louis ihn so an…“

„Ja, aber…“ Teddy nahm die Hand vom Kaninchen und fuhr sich durch die Haare. „Hör zu, Scorpius. Ich hab Louis versprochen, dass ich da mit niemanden drüber rede und du solltest dir im Moment auch keinen Kopf darum machen. Sie sind beide vollkommen in Ordnung und würden dir wissentlich sicher niemals wehtun.“

Scorpius nickte leicht, suchte aber trotzdem Teddys Blick. „Dir hat er also… erzählt, dass er… James… mag?“ Schnell wieder wegsehend lauschte Scorpius nur dem schweren Seufzer.

„Sagen wir mal so, ich hab in der falschen Schublade rumgewühlt“, gab Teddy zu. „Ist mir öfter mal bei Victoires Familie passiert und die haben verdammt viele Schubladen, wo leider keine ungewaschenen Socken auf dich warten… Und merkwürdigerweise ende ich immer als Sündenbock. Aber damit kann ich leben, weil ich die drei wirklich gern habe und… es gab eine Zeit da waren Bill und Fleur wie die Eltern, die ich nie hatte.“

„Was ist mein Vater denn dann für dich?“, fragte Scorpius und musterte Teddy, der auf einmal so merkwürdig blass geworden war. „Entschuldige. Ich dachte nur, weil ihr so viel Zeit miteinander verbracht habt.“

„Ah, weißt du… Nachdem ich mit Victoire Schluss gemacht hatte war es ein bisschen schwer mit den ganzen Weasleys Kontakt zu halten. Harry ist zwar mein Patenonkel, aber selbst in der Lederjacke kommt er nicht annähernd an Draco heran…“ Teddys Blick verklärte sich leicht und er seufzte auf, bevor er abwinkte. „Das alles ändert nichts daran, dass Louis ein kompliziertes Kerlchen ist. Aber er hat dich doch gerettet und das hätte er ganz sicher nicht getan, wenn er nur darauf warten würde freie Bahn bei James zu haben, oder? Du solltest beiden eine Chance geben. Vielleicht könnt ihr das klären, wenn sich alles wieder etwas beruhigt hat.“

„Wie soll man das denn klären?“ Scorpius presste sich eine Hand gegen seine glühende Stirn. „Louis will mich doch gar nicht und was immer James an mir gefunden hat existiert nicht mehr…“

Die Augenbrauen fest zusammenziehend nahm Teddy die Hand aus dem Kaninchenfell und benutzte sie um Scorpius dazu zu zwingen ihn anzusehen. „Wie meinst du das denn jetzt?“

Scorpius drehte den Kopf weg und befreite sich aus Teddy’s Griff. Zusammen mit dem Kaninchen rutschte er zur Seite, sodass er auffallend viel Abstand zwischen sich und Teddy brachte, aber der Hinweis schien wohl zu subtil zu sein, weil Teddy ihn nicht alleine ließ.

„Wenn du dich nicht entscheiden kannst, Scorpius, dann… Hör zu, ich weiß, dass Louis dich sehr gern hat und James genauso. Du hast sozusagen… freie Wahl“, sagte Teddy und stand dem Geräusch nach auf, worauf Scorpius über die Schulter sah und Teddy eine Weile am Fenster stehend beobachtete. „Das ist sicher nichts Schlechtes. Ich kenne rund ein halbes Dutzend Mädchen in Hogwarts, die sich das bei James wünschen würden, und Louis hat sowieso einen kleinen Fanclub. Du weißt nicht, wie oft ich wegen den beiden irgendwen weinend im Flur gefunden habe.“

„Ach?“ Scorpius hob den Blick und fixierte sich auf die Muster, die das Sonnenlicht an die Decke warf. „Und wissen die auch, dass… dass…“

Teddy drehte sich zu ihm um und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Fensterbank. „Scorpius, ich weiß, dass es dich gerade ablenkt, über eure Dreiecksbeziehung nachzudenken, aber irgendwo wirst du schon wissen, wem dein Herz gehört.“

Scorpius wollte das gerne glauben, aber wenn das so einfach wäre, dann könnte er sich nicht so gut ablenken, wenn er darüber nachdachte, wen er denn jetzt hier statt einem Kaninchen drücken wollte. „Victoire und du, ihr…“

„Oh, das kannst du nicht vergleichen“, unterbrach Teddy ihn sofort. „Ein Teil Veela macht sie nicht alle zu demselben Menschen. Victoire und Dominique sind wie Tag und Nacht, und Louis denkt sowieso er hätte das Leid der Welt für sich gepachtet. Im Grunde ist es wahrscheinlich, dass du ihn glücklicher machst, wenn du ihn nicht glücklich machst.“ Teddy winkte ab, als wolle er da nicht weiter drüber nachdenken, und schenkte Scorpius ein Lächeln. „Ich weiß nur – und das solltest du jetzt auch – dass das Leben zu kurz ist, um es damit zu verschwenden darüber nachzudenken, mit wem wir es verbringen wollen. Hm?“

„Mhm…“ Scorpius nickte und schlang beide Arme um das Kaninchen. „Ist Vater unten?“ Teddy nickte und machte dabei ein zustimmendes Geräusch. „Du kommst nicht mit runter?“

„Ich will nicht unbedingt an Dornröschen vorbei“, gab Teddy zu und kratzte sich am Hinterkopf. „Frag lieber gar nicht erst…“ Er winkte Scorpius, als der aus dem Bett in seine Hausschuhe schlüpfte. Das Kaninchen fest an sich drückend tapste er in den Flur und schaute zwischen den beiden Treppen umher.

„Komm schon, Scorpius“, murmelte er zu sich selbst, den Blick der schwarzen Knopfaugen des Kaninchens festhaltend. „Es kann doch nicht so schwer sein, jetzt einfach nach unten oder oben zu gehen…“ Das mümmelnde Kaninchen gab ihm darauf natürlich keine Antwort, aber seine Augen weiteten sich leicht, als Scorpius es etwas zu fest quetschte. „So schwach zu sein… Ich will das nicht mehr. Ich will…“ Seufzend kniete Scorpius sich hin und setzte das Kaninchen auf den Boden, fokussierte sich auf den weißen Fellklumpen, als er sich wieder aufrichtete. „Tut mir leid, aber alleine kann ich das noch nicht.“ Er machte einen Schritt nach hinten und nachdem das Kaninchen sich fast einmal ganz im Kreis gedreht hatte, hoppelte es nach rechts auf die Treppe zu, die nach oben führte.

Scorpius beobachtete, wie es verschwand, und folgte ihm dann langsam, wobei er versuchte sich mental auf das vorzubereiten, was auch immer ihn erwartete, aber in seinem Kopf herrschte weiterhin diese komische Leere, als wäre er gar nicht mehr da, und genauso fühlte er sich auch, als er die Treppe nach oben stieg. Als würde er am Treppenabsatz stehen und dabei zusehen, wie sein Körper eine Stufe nach der anderen nach oben stieg.

Die Hände an seinen Seiten zu Fäusten ballend blieb Scorpius in der Mitte des Flures stehen und legte den Kopf schief, als er die offenstehende Balkontür sah, durch die das Kaninchen direkt in James‘ Arme gelaufen war. Sich gerade noch am Hinterkopf kratzend hockte er sich hin und hob das Kaninchen hoch, musterte es voller Verwirrung.

„Na, wo kommst du denn her?“ James stupste dem Kaninchen gegen die Nase, hob den Kopf und machte große Augen, als er Scorpius entdeckte. „Scorpius!“ Augenblicklich setzte er das Kaninchen ab und hastete bis an den Türrahmen, betrat den Flur aber nicht. „Du…“ James schüttelte den Kopf und lächelte, als er Scorpius wieder ansah. „Ich bin so froh, dass es dir wieder besser geht.“

Der schwere Kloß in seinem Hals ließ sich genauso wenig herunterschlucken, wie die erneut aufsteigenden Tränen sich wegblinzeln ließen. Scorpius biss sich auf die Unterlippe, damit er nicht noch anfing zu schluchzen, wischte sich über die Augen und spurtete los, bevor James überhaupt den Mund wieder öffnen konnte. Es fühlte sich wie ein elektrischer Schlag an, als er durch den Türrahmen hastete und sich auf dem Balkon direkt in James‘ Arme warf, die zum Glück schnell genug reagierten und ihn fest umklammerten, damit er nicht hinfiel.

„James… James, es tut mir so leid“, sagte Scorpius, die Lippen dabei dicht gegen James‘ Hals gedrückt. Wenn er tief einatmete, dann konnte er jede Nuance von dem vertrauten Geruch wiedererkennen, während die leichte Brise dazu führte, dass James‘ schwarze Haarspitzen ihn an der Schläfe kitzelten. „Ich wusste nicht, dass… dass du mir so gefehlt hast…“

„Oh…“ James‘ Hand auf seinem Rücken strich zärtlich auf und ab. „Ich hab verdienterweise für uns beide gelitten. Und ich sollte derjenige sein, der sich entschuldigt. Weil ich ein Idiot war. In jeder erdenklichen Weise.“

Scorpius schüttelte den Kopf, sah James aber erst an, als der sich leicht zurücklehnte, damit er ihm über die Wange streichen und damit eine Träne wegwischen konnte.

„Hätte ich alles richtig gemacht, würde man mich hier ja wohl kaum einsperren“, sagte James mit einem schiefen Grinsen und nickte zur Tür, worauf Scorpius den Kopf über die Schulter zeigte. „Du kannst rein und raus und mich schockt sie, wenn ich auch nur in die Nähe komm. Bills Erziehungsmethoden sind mir ein bisschen suspekt.“

„Wa…Warum?“ Scorpius drehte sich wieder zu James, der nur die Schultern zuckte, weil er das Thema vermeiden wollte. „Nächtliche Teenager-Dramen?“ Scorpius schob James weg, worauf der gleich wieder seinen Arm greifen wollte, aber Scorpius drehte ihm schnell den Rücken zu, weil er jetzt auch einfach nicht James‘ Gesicht sehen wollte.

„Es… Es war nicht so… Was immer du gehört hast, es war ganz bestimmt anders!“ James machte ein paar schnelle Schritte um Scorpius herum und stöhnte geschlagen auf, als Scorpius sich erneut von ihm wegdrehte, die Arme vor der Brust verschränkend.

„Du hast ihn geküsst“, fing Scorpius an, worauf James sich augenblicklich rechtfertigen wollte, aber Scorpius‘ gehobene Hand ließ ihn verstummen. „Und danach, hast du mich vor der ganzen Schule angeschrien – an meinem Geburtstag.“

„Ich…“ James berührte einen Moment lang seine Schultern, aber er unternahm keinen weiteren Versuch Scorpius zu berühren, als der einen Schritt nach vorne von ihm wegmachte. „Willst du mir jetzt die Schuld geben?“

„Schuld wofür?“ Scorpius löste die Verschränkung seiner Arme und ging auf das Kaninchen zu, dass eine Balkonpflanze annagte. Er kniete sich hin und streichelte es, aus den Augenwinkeln beobachtend, wie James die Hände zu Fäusten ballte, anstatt ihm eine Antwort zu geben. Scorpius ließ das Kaninchen in Frieden seiner Beschäftigung nachgehen und richtete sich wieder auf, drehte sich so, dass er James ansehen konnte, wenn der den Blick irgendwann vom Boden abwenden könnte.

„Dafür… dass du dich nicht entscheiden kannst“, sagte James mit kaum hörbarer Stimme, ließ das Kinn leicht gesenkt, als er Scorpius wieder in die Augen sah. „Es liegt nicht an mir. Ich will nur dich, Scorpius.“

Für ein paar Sekunden hielt Scorpius den Atem an, bevor er auf James zustolperte und schon eine Hand nach ihm ausstreckte, aber urplötzlich innehielt, als James‘ Finger in seine Richtung zuckten. Die Hand zur Faust ballend ließ Scorpius sie wieder sinken und drehte sich um. Die Aussicht war wie immer. Die hohen Häuser umschlossen den grünen Wald, der fast das Letzte gewesen wäre, das er gesehen hätte. Scorpius klammerte sich an das Balkongeländer und schaute lange unten, bis James sich neben ihn stellte und auf der Stelle seine Aufmerksamkeit bekam.

„Du willst mich doch auch noch, sonst würdest du nicht zu mir kommen“, sagte James und bei dem bettelnden Blick wollte Scorpius nicht hinzufügen, dass er eigentlich nur einem Kaninchen gefolgt war. „Es kann wieder wie früher werden, wenn –“

„Hat er es dir gesagt?“, unterbrach Scorpius James und schaute wieder nach vorne, beobachtete die Sonne, die allmählich hinter gräulichen Wolken verschwand.

„Was? Wer?“ James beugte sich mit ratlosem Gesichtsausdruck vor, um Scorpius ansehen zu können, aber der wich seinem Blick aus.

„Louis und ich… Wir haben uns gestritten, kurz bevor…“ Scorpius schluckte den letzten Teil seines Satzes herunter, aber James schien ihn auch so zu verstehen und legte ihm eine tröstende Hand auf die Schulter. „Ich hab ihm gesagt, dass er dir doch sagen soll, wenn er dich mehr als mag. Hat er das getan?“ Scorpius sah einen Moment lang dabei zu, wie James‘ Mund immer wieder auf- und zuklappte. „Weil du da sicher anders drüber denken wirst, wenn er dir ins Gesicht sagt, dass er dich liebt, und ganz besonders, wenn er dir erstmal erklärt, was er alles getan hat, damit du glücklich wirst. Wer weiß wie lange er das schon tut… Bestimmt länger als ich dich aus der Ferne anschmachte… und was hab ich denn getan, außer dir wehzutun?“

„Scorpius…“ James schüttelte den Kopf. „Sag sowas nicht.“

„Aber es stimmt doch.“ Die Arme auf dem Geländer verschränkend ließ Scorpius den Kopf hängen und beobachtete eine dicke Träne, die es nicht einmal schaffte auf die Straße zu fallen, weil der Wind sie gegen die Hauswand schlug. „Wegen mir habt ihr wochenlang nicht richtig miteinander geredet und –“

„Ja, aber das war doch meine Schuld, Scorpius!“ James fasste nach Scorpius‘ Kinn und drehte sein Gesicht herum. „Ich hatte eben Angst dich zu verlieren. Weil du mir viel bedeutest und ich irgendwie ständig alles kaputt mache, wenn mir etwas daran liegt.“

„Und liegt dir mehr an mir, als an jemanden, den du dein ganzes Leben lang kennst?“ Scorpius hob abwehrend die Hand, als James ihm antworten wollte. „Wenn du jetzt ‚Ja‘ sagst, dann hab ich einen Grund weniger dich zu mögen.“

„Mögen?“ James ließ ihn los und biss sich fest auf die Unterlippe, während er schwer durch die Nase einatmete. „Ich liebe dich, Scorpius. Ich kann nicht schlafen ohne dich… nicht essen… Verdammt, ich sitze nur da und starre Löcher in die Luft.“ Der Rotschimmer, der sich auf Scorpius‘ Wangen ausbreitete, nahm das Zittern aus James‘ Stimme. „Bei Louis geht’s mir nicht so. Dafür kann ich doch nichts. Ich will das auch nicht erzwingen, weil das unfair ihm, dir und mir gegenüber wäre.“

„Warum hast du dann…“ Scorpius nahm die Hände vom Geländer und verknotete sie ineinander, starrte aber an ihnen vorbei auf den Boden. „Also…“

„Oh, Mann…“ James fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, als Scorpius vorsichtig hochsah. „Keine Ahnung… Ich denk nicht immer vorher nach, bevor ich irgendwas tue. Ich hab… Scorpius, natürlich bedeutet Louis mir viel. Er ist mein Cousin und das wird sich nie ändern. Ansonsten… Ich kann nicht abstreiten, dass… Na ja, ich hab ein Faible für blonde Haare. Alles, was ich bisher abgegriffen hab, war blond.“ Er winkte ab, als Scorpius etwas darauf erwidern wollte. „Aber ich will im Grunde doch nur jemanden beschützen.“

Scorpius seufzte auf. „Und weil ich nicht auf mich aufpassen kann…“

„Nein! Aber…“ James rieb sich mit beiden Händen über sein erschöpftes Gesicht. „Ich…“

„Hast du einmal gesehen, wie schutzbedürftig dein Cousin ist?“ Scorpius schien voll ins Schwarze getroffen haben, weil James sonst niemals den Kopf weggedreht hätte, um Scorpius‘ Blick auszuweichen. „Ich glaube du verdrängst nur etwas, James. Diese Cousin-Sache ist doch nur eine Ausrede.“

„Ach? Du würdest also einfach so mit Teddy ins Bett steigen ohne Gewissensbisse zu kriegen?!“, blaffte James ihn an, worauf Scorpius zusammenzuckte.

Erst wollte er zurückweichen, als James ihn so wütend anfunkelte, aber dann atmete er einfach tief durch und blieb an Ort und Stelle stehen. „Was wenn?“ Scorpius drehte sich um und stellte sich James‘ hitzigen Blick, die Arme trotzdem schützend vor der Brust verschränkend. „Wo ist denn der Unterschied? Teddy ist mit Victoire aufgewachsen, ganz so als wären sie verwandt und es hat sie nicht gestört.“

„Gut, bitte! Dann probier’s doch aus und wenn es zur Abwechslung mal funktionieren und nicht die ganze Familie zerstören sollte, dann kannst du nochmal deine große Klappe aufreißen!“, schnauzte James ihn so laut an, dass ein paar Tauben in der Nähe in den Himmel stoben. Als Scorpius den Kopf sinken ließ, packte James ihn kurzerhand am Kragen und riss ihn mit einer Hand näher, sich nicht darum scherend, dass Scorpius richtig gegen ihn stolperte. „Ich glaube, dass du etwas verdrängst. Weil du einfach nicht wahrhaben willst, dass jemand dich mögen könnte, nachdem du jahrelang wie der letzte Arsch behandelt worden bist.“

Scorpius wimmerte auf, als James‘ andere Hand schmerzhaft fest seinen Nacken griff. Er stemmte abwehrend die Hände gegen James‘ Brust, stoppte aber jeden Versuch sich loszureißen, als er direkt in James‘ ganz und gar nicht mehr wütend funkelnden Augen schaute.

„Deswegen fährst du das doch alles absichtlich gegen die Wand“, raunte James noch, bevor er Scorpius hart auf den Mund küsste.

Scorpius blinzelte überrascht und erstarrte, unsicher wie er darauf jetzt reagieren sollte. Es schien mehr als eine Ewigkeit her, dass James ihn so gehalten und geküsst hatte, sodass Scorpius fast vergessen hatte, wie schwindelig ihm davon wurde. Haltsuchend klammerte er sich an James‘ Schultern fest und spürte irgendetwas Nasses auf seine Zunge treffen, als er den Mund öffnete um James‘ Kuss zu erwidern. Kurz darauf tropfte ihm ein dicker Regentropfen genau auf die Schläfe, rann runter zu seinem Kinn und fiel gleichzeitig mit tausend anderen Tropfen auf den Boden.

„Erinnerst du dich an unseren ersten Kuss?“, fragte James mit Scorpius‘ Unterlippe gefangen zwischen seinen Zähnen. „Das war auch im Regen und ein erstes Mal, das so viel mehr bedeutet.“ Die Finger in Scorpius‘ nassen Haaren vergrabend zog James ihn näher und vertiefte den Kuss, bis Scorpius das Gefühl hatte, dass seine Beine ihn nicht mehr lange tragen würden, so weich waren seine Knie.

Scorpius war beinahe froh, dass James ihn gegen das Balkongeländer schob, sodass er etwas mehr Halt hatte, dennoch fühlte er sich wie ein in der Falle sitzendes Tier und bekam noch dazu keine Luft mehr. Den Kopf zur Seite drehend füllte er seine Lungen wieder mit Luft, bekam James‘ Lippen dafür aber auf Wangen und Hals zu spüren.

„Sag mir, dass du mich nicht mehr liebst, und ich lass dich in Ruhe – ganz einfach“, wisperte er Scorpius ins Ohr, worauf sich eine Gänsehaut auf seinem ganzen Körper ausbreitete. Automatisch rutschte Scorpius näher an James und umklammerte die Wärme des anderen Körpers mit seinen Armen.

„Das kann ich nicht…“ Scorpius konnte sich alleine gar nicht mehr auf den Beinen halten. Eine Nacht ruhelosen Schlafes war nicht genug, um die Erschöpfung komplett auszulöschen. Selbst seine Hände konnte er nicht lange in James‘ Nacken verknoten und er wäre zu Boden gerutscht, hätte James nicht seine Hüfte fest umschlossen.

„Hey, Scorpius?“ James zog ihn mit einem Ächzen wieder auf die Füße, aber Scorpius rutschte ihm sofort wieder aus den Armen. „Alles in Ordnung?“

Scorpius schüttelte heftig den Kopf. „Ich kann das nicht… Das ist zu viel für mich, James. Was erwartet ihr denn von mir?“ Verzweifelt nach Luft schnappend klammerte Scorpius sich fest, als James ihn von den Füßen hob und in Richtung der ebenfalls offenstehenden Tür, die zum Schlafzimmer seines Vaters führte, trug. Das Kaninchen hatte schon lange dort Schutz vor dem Regen gesucht und brachte James fast zum Stolpern, als es ihm in den Weg hoppelte.

„Entschuldige“, murmelte James, als er Scorpius auf das Bett, wo er anscheinend auch ein kurzes Nickerchen gehalten hatte, nachdem man ihn aus immer noch unerfindlichen Gründen hier oben eingesperrt hatte. „Ich hätte rücksichtsvoller sein sollen, nach allem, was passiert ist, aber… Scorpius…“ James kniete sich an die Bettkante und griff Scorpius‘ Hände, bevor der sein Gesicht verstecken konnte. „Du machst es dir nicht unbedingt leichter, wenn du versuchst diese Entscheidung auf mich… oder am Ende auf Louis abzuwälzen, klar? Und für meinen Teil, hab ich mich schon längst entschieden. Nichts was du sagst oder tust wird daran etwas ändern können.“ James drückte einen liebevollen Kuss auf Scorpius‘ Fingerknöchel. „Aber denk nicht, dass ich nur rumsitzen und abwarten werde, damit du dich letztendlich gegen mich entscheidest. Ich weiß jetzt, dass es ganz sicher nicht das Beste für dich ist, wenn ich dich wegstoße.“

Scorpius setzte sich schwerfällig auf, knickte aber wieder weg und James machte auch keine Anstalten ihn in einer aufrechten Position zu halten. Allerdings lehnte er sich über Scorpius und ließ sich die nassen Haare aus der Stirn streichen.

„Versprochen?“, wollte Scorpius schwer atmend wissen. „Du wirst…“ Ein Klopfen ließ die wunderschöne Klarheit vor Scorpius‘ Augen wie fragiles Glas zerbrechen.

„James, dein Vater ist hier.“ Bills roter Haarschopf tauchte hinter James auf und seine blauen Augen musterten Scorpius besorgt. „Na, die kommen ja auch wie die Motten zum Licht zu dir. Mach, dass du runter kommst. Und wehe dir, du weckst meinen Sohn.“ Bill zog James am Kragen hoch und weg von Scorpius, der vergeblich noch eine Hand ausstreckte. Statt James bekam er nur Luft zu fassen. Sein Blickfeld verschwamm, als James einen beinah traurigen Blick über die Schulter zu ihm warf.

„Nein… Nein, bitte… Nein!“ Scorpius griff den Bettpfosten und zog sich hoch, schaute flehend zu James und Bill, die im Türrahmen gerade noch in Hörweite stehengeblieben waren. „Lass mich nicht alleine, James. Bitte, ich will jetzt nicht alleine sein.“

Augenblicklich machte James sich von Bill los und hastete auf Scorpius zu, riss ihn in seine Arme und zog ihn dicht an sich. Tief durchatmend klammerte Scorpius sich an James‘ Rücken fest und ignorierte das irgendwie amüsiert klingende Schnauben von Bill.

„Mir wird ganz schlecht, bei dem Gedanken, dass du jetzt weggehst“, gab Scorpius zu und glaubte James gegen seinen Hals lächeln zu spüren.

„Ich wär doch wiedergekommen“, sagte James, ließ ihn los und drehte sich um. „Aber es gibt kein schöneres Gepäck als dich.“ Er zog Scorpius‘ Arme um seinen Nacken und hob ihn auf seinen Rücken.

„James, bitte. Harry wird ohnehin nicht begeistert sein, dass du hier bist. Lass Scorpius doch schlafen“, bat Bill, aber James schüttelte den Kopf und Scorpius verstärkte seinen Griff so gut er konnte. Trotzdem wäre er einfach runtergefallen, wenn James nicht seine Beine festgehalten hätte. „Hm, okay. Ich blick da ohnehin nicht mehr durch. Soll ich dir nicht wenigstens etwas abnehmen?“

„Da hoppelt noch ein Kaninchen durch die Gegend. Das kannst du haben, Onkel Bill“, sagte James und drehte zufrieden lächelnd den Kopf über die Schulter, als Scorpius gegen seine Schulter gluckste. „Mein Vater will sich doch nur wieder aufspielen. Du nimmst ihn einfach genauso wenig ernst wie ich immer.“

Scorpius lächelte matt, die Kraft zu antworten hatte er im Schlafzimmer seines Vaters zurückgelassen.

„Na, das hab ich jetzt aber nicht gehört, James“, gluckste Bill, als er sie ein- und schließlich sogar überholt hatte – tatsächlich mit dem Kaninchen im Arm. „Gib mir noch einen Zylinder und ich kann Harry ganz schnell zum Staunen bringen, dann hat er weniger Zeit dich anzubrüllen.“ Mit einem Zwinkern rauschte er die Treppe runter und wartete ab und an auf James, damit der mit dem Gewicht auf seinem Rücken nicht zu weit zurückfiel.

Von unten waren bereits laute Stimmen zu hören. Scorpius hörte allerdings weder James‘ Vater noch seinen eigenen etwas rufen, sondern Louis, der ja eigentlich schlafen sollte. Dafür stand er aber ziemlich wach im Esszimmer und hielt beinahe beschützend einen Arm vor Draco, der den Zauberstab in der Hand hatte und Harry Potter hasserfüllt anblickte.

„…hat doch überhaupt nichts damit zu tun! Ich habe dieses Monster umgebracht und es war verdammt nochmal Notwehr! Dafür habt ihr doch Gesetze, Harry!“ Louis‘ Blick schwang kurz zu seinem Vater, James und Scorpius, als die den Raum betraten, aber er fixierte sich schnell wieder auf Harry.

„Was ist denn hier los?“, murmelte Bill verwundert und setzte das Kaninchen auf den Tisch.

„Dein Schwager versucht meinem Sohn einen Mord in die Schuhe zu schieben, das ist los“, sagte Draco eiskalt und versuchte jetzt Louis von sich wegzuschubsen, der anscheinend nicht versuchte ihn zu beschützen, sondern davon abzuhalten Harry aus dem Fenster zu hexen. „Und dein Sohn spielt typisch Gryffindor den Helden.“

„Was?“ Bill rauschte auf Harry zu, aber bevor er ihn am Kragen packen konnte hatte er einen Zauberstab im Gesicht. „Harry?“

„Bill, ich würde es bevorzugen dich nicht wegen Körperverletzung gleich mitnehmen zu müssen, nur weil du dein Temperament nicht zügeln kannst“, sagte Harry schief lächelnd. „Lasst uns das ganz ruhig klären.“

Bill machte einen Schritt nach hinten, worauf Harry den Zauberstab sinken ließ und sich räusperte.

„Die Informationen, die ich aus zuverlässiger Quelle erhalten habe, führen eben –“

„Oh, bitte!“ Mit einem Schnauben schüttelte Draco den Kopf. „Was muss noch passieren damit deine rosa Blubberblase platzt, Potter? Meine Familie ist nicht das personifizierte Böse, nur weil das so wunderbar in dein Weltbild passt.“

„Ach, dann sag mir doch mal bitte, warum ausgerechnet der Zauberstab deines Sohnes zerbrochen ist, sodass ich keinen Beweis für diese Behauptung habe?“ Harry warf James einen mahnenden Blick zu, als der den Mund öffnete. „James, halt du dich da raus. Deine ganzen Verschwörungstheorien in allen Ehren, aber ich habe mit George gesprochen und wir haben uns köstlich amüsiert, nur mal so am Rand.“

James knurrte auf, die Finger schmerzhaft tief in Scorpius‘ Beine grabend. „Dass du mir nicht glaubst, kann ich verstehen, aber Fred?“

Harry verdrehte die Augen. „Das passt jetzt nicht hierher, James“, erstickte er die Widersprüche seines Sohnes im Keim. „Lass Scorpius runter, dann kann ich ihn mitnehmen und –“

„Ich lasse dich nicht in die Nähe meines Sohnes – egal, ob du ihn nur befragen oder gleich zur Guillotine führen willst!“ Dracos Fluch hätte Harry zielsicher in der Brust getroffen, wenn Louis nicht in letzter Sekunde Dracos Handgelenk gepackt hätte, wodurch der Zauber gegen die Wand prallte.

„Verdächtig, Malfoy. Warum solltest du dich so aufregen, wenn da nichts hinter stecken würde?“ Harry verengte die Augen zu schmalen Schlitzen, während Draco beinahe hysterisch auflachte.

„Weil es unfair ist, was du hier tust! Nur weil dieser Bastard dir den Geldhahn zudrehen wird, wenn du nicht mich oder meine Familie als Sündenbock hinstellst! Und du, lass mich gefälligst los!“ Draco schubste Louis wütend zur Seite und hastete kopflos um den Tisch herum, aber Bill umklammerte ihn fest von hinten, bevor er in Harrys Nähe kam. „Lass mich sofort los! Ich zeige dir, was man mit einem Unverzeihlichen machen kann, wenn man mit ihnen umzugehen weiß!“

„Mach doch, Malfoy“, provozierte Harry. „Dann kannst du gleich mit nach Askaban. Ein Unverzeihlicher bedeutet Askaban und ich lasse das niemandem durchgehen, sonst würden wir ja in Anarchie leben. Gesetze ändern sich nicht, nur weil du versuchst meine Familie zu zerstören.“

„Und seit wann macht deine Familie die Gesetze?!“, fauchte Draco richtig, hörte aber allmählich auf seinen Ellenbogen zwischen Bills Rippen zu rammen. „Gib’s zu, Potter! Gib zu, wie gerne du George Weasleys Gold im Ministerium siehst! Gib zu, wie hart du dafür arbeitest, dass Percy Weasley Minister wird! Als ob wir damit nicht schon längst auf eine verfluchte Diktatur zusteuern, die in deinem Pseudo-Gerechtigkeitssinn gebadet hat, du elender, parteiischer –“

„Halt den Mund, Malfoy!“ Harry schnippte mit dem Zauberstab, worauf Dracos Stimme sich verabschiedete. „Ich hab fast geahnt, dass so etwas passieren würde. Malfoy war schon immer eine Drama Queen.“

„Aber ich hab’s doch zugegeben!“ Louis rammte eine Faust auf den Tisch, bekam so die Aufmerksamkeit aller Anwesenden. „Wieso sollte ich denn freiwillig so etwas behaupten?“

Harry sah Scorpius das erste Mal richtig an, allerdings viel zu kurz, als dass die müden grauen Augen irgendeine Emotion erkennen konnten. „Es ist kein Geheimnis mehr für mich, dass der junge Mr. Malfoy auch dich ganz locker um den Finger gewickelt hat. Und muss ich erst davon anfangen, wie manipulierend ein Malfoy sein kann, oder hast du deinen Vater nicht hier als bestes Beispiel stehen?“

Louis‘ Lachen klang beinahe so wie Dracos, was an der hohen Tonlage, in die er gerutscht war, liegen musste. Bill ließ ein mörderisches Knurren hören, aber er ging nicht auf seinen Schwager los, anscheinend darauf hoffend, dass der nur einen sehr bösen Scherz machte.

Harry störte sich daran wenig. „Er versucht es ja nicht einmal abzustreiten“, sagte er und wandte sich Scorpius zu, der vollkommen schlaff auf James‘ Rücken hing. „Wir werden das ganz ruhig besprechen, wenn wir wieder zu Hause sind. Keine Sorge.“

„Harry, das ist nicht dein Ernst, oder?“ Bill hatte Schwierigkeiten Dracos Zauberstabhand festzuhalten. „Der Junge ist doch noch ein Kind.“

„Er ist volljährig. Ich muss ihn behandeln, wie jeden anderen auch. Da helfen keine schlechten Täuschungsversuche“, sagte Harry stur. „Das mag euch jetzt ungerecht vorkommen, aber glaubt mir, mit mir hat man das früher nicht anders gemacht.“

„Und was aus dir geworden ist, sehen wir ja jetzt“, presste James bitter hervor. „Ein sturer Bastard, der ohne nachzudenken handelt, weil irgendwelche bescheuerten Gesetze es ihm vorschreiben.“

„James, hüte deine Zunge! Ich habe geholfen, das Ministerium zu dem zu machen, was es jetzt ist, ansonsten wäre dein kleiner Freund schon längst tot“, platzte es aus Harry heraus. „Meine Loyalität gehört dem Ministerium, ja, und ich versuche fortwährend dazu beizutragen, dass es seinen guten Ruf behält. Davon wird mich nicht eine bedeutungslose Liaison meines Sohnes abhalten.“

„Aber…“ Louis schüttelte entgeistert den Kopf. „Wieso glaubst du mir nicht?“

„Ich gebe dir Scorpius nicht“, murmelte James gleichzeitig und machte dabei einen Schritt nach hinten, weil Harry kurz nicht wusste, wen er jetzt ansehen sollte.

„Jetzt spiel dich bitte nicht so auf, James. Ich nehme ihn ja nur vorläufig mit, während die Untersuchungen laufen“, versuchte Harry schließlich erst seinen Sohn zu beruhigen, weil der im Gegensatz zu Louis nicht komplett erstarrt war.

„Ich weiß, was das hier wird“, presste James hervor. „Onkel George benutzt dich doch nur, Harry. Willst du dein ganzes Leben lang die Schachfigur von irgendjemanden sein? Und was dann? Wirst du das wieder toll finden und noch ein Kind in die Welt setzen, damit du es George nennen kannst? Wie blind kann man sein?!“

Harry schob sich die Brille hoch und rieb sich über die Augen. „James…“

„Nein! Wenn du das tust, dann…“ Wie schwer James einatmete, das merkte Scorpius daran, dass er fast von dem leicht zitternden Rücken rutschte, als der sich hob und senkte. „Dann bist du nicht mehr mein Vater.“

Harry stieß einen schweren Seufzer aus und rückte sich die Brille gerade, fuhr sich dann durch die wirren Haare. „Was habe ich…“ Er schien mehr zu sich selbst zu sprechen. „Was habe ich falsch gemacht, dass sich mein eigener Sohn auf die Seite des Feindes stellt?“

„Feind!?“ James schüttelte vehement den Kopf. „Du hast überhaupt nichts verstanden!“

„Du willst mich verraten, James? Das ist deine Entscheidung“, murmelte Harry und schnippte mit den Fingern. Schwarzer Rauch bildete sich in den Ecken des Zimmers, als zwei weitere Männer erschienen, die Zauberstäbe schon gezückt, während Bill Draco losließ und sie gleichzeitig mit Louis herumfuhren. „Schnappt sie euch.“

Scorpius kniff die Augen zusammen, als die plötzlich abgefeuerten Flüche den Raum in ein helles Licht tauchten. James stolperte mit ihm nach hinten durch die Tür und schlug sie kurzerhand zu. Das letzte, was Scorpius noch zu sehen bekam, war das weiße Kaninchen auf dem Tisch, das frontal von einem Fluch erwischt und in tausend Fetzen gerissen wurde, die sich wieder in Stücke der Nachttischlampe verwandelten, bevor sie den Boden erreichten.


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Manchmal ist es auch sehr schade, dass eine Figur verschwindet und im nächsten Band nicht mehr vorkommt. Dazu zählt beispielsweise Gilderoy Lockhart, den ich sehr mochte, weil er so furchtbar eitel war und ich mir einen Spaß daraus machte Leute aus dem Showbusiness mit seiner Charakterisierung zu veralbern.
Rufus Beck