von Dr. S
Sanft klopfte Louis noch einmal gegen den Rahmen, nachdem er die TĂŒr aufgeschoben hatte. Scorpius lag in seinem Bett und hatte ihm den RĂŒcken zugedreht, aber das kurze Zucken verriet eindeutig, dass er noch nicht schlief. Trotzdem ĂŒberlegte Louis einen Moment, ob er nicht lieber wieder gehen sollte. So wie Scorpius ihn angeschaut hatte⊠das tat richtig weh. Das tat mehr weh, als er jemals geglaubt hatte.
Er hatte nicht geglaubt, dass Scorpius ihm wirklich so viel bedeutete. Er hatte nicht gewusst, was er alles tun wĂŒrde, damit Scorpius bei ihm blieb â zumindest in seiner NĂ€he, erreichbar, lebendig. Aber wenn er ihn jetzt so daliegen sah, dann konnte man fast glauben, dass Scorpius lieber tot sein wollen wĂŒrde. Er wusste wohl nicht, wie schrecklich es fĂŒr Louis gewesen war ihn so blutĂŒberströmt und kaum noch atmend aufzufinden. Da war es ihm egal, ob Scorpius ihn jetzt hasste. Hauptsache, er war noch in der Lage irgendetwas zu fĂŒhlen.
âScorpius, können wir reden?â Louis betrat leise das Zimmer, lieĂ Scorpius einen Moment lang Zeit, aber er wurde weder rausgeworfen noch freudig begrĂŒĂt, auch wenn Letzteres sowieso extrem unwahrscheinlich gewesen wĂ€re. âBitteâŠâ Louis setzte sich auf Scorpiusâ Bettkante und legte ihm eine Hand auf die Schulter, worauf Scorpius erneut zusammenzuckte, ihn aber nicht zurĂŒckstieĂ, weshalb Louis ihn kurzerhand herumdrehte. Allerdings blieben ihm jegliche Worte im Halse stecken, als er die trĂ€nenĂŒberfluteten Augen sah.
Scorpius blinzelte schnell hintereinander und versuchte das gerötete WeiĂ seiner Augen zu verstecken, indem er die HĂ€nde gegen sein Gesicht presste. Er schluchzte nicht, aber sein Mund stand leicht offen, sodass er schwer ein- und ausatmen konnte, immer wieder einen Hickser unterdrĂŒckend. Louis nahm die Hand von Scorpiusâ Schulter und strich ĂŒber den blassen HandrĂŒcken, brachte Scorpius aber nicht dazu die HĂ€nde herunterzunehmen.
âEs tut mir Leid, Scorpiusâ, sagte er leise, den Blick leicht senkend, damit er nicht wieder daran erinnert wurde, wie Scorpiusâ Haut vorhin noch so kontrastreich mit rot ĂŒberzogen gewesen war.
âWas tut dir leid?â, presste Scorpius dumpf hervor. âMuss ich mir jetzt hundertmal dieselbe Leier anhören oder lĂ€sst du mich irgendwann in Ruhe?â Er schnappte nach Luft und versuchte sich umzudrehen, aber Louis fasste ihn erneut an den Schultern und zog ihn hoch, presste den heftig zitternden Körper fest gegen seine Brust.
âIch wollte nicht mit dir spielen. Niemals. Ich könnte dir niemals wissentlich Schaden zufĂŒgen, das musst du mir glaubenâ, wisperte Louis in Scorpiusâ Ohr und verstĂ€rkte seinen Griff, obwohl Scorpius nicht versuchte sich zu befreien, sondern einfach stocksteif in seinen Armen lag. âDeine Erinnerungen zu manipulieren war falsch, aber ich habâs doch nur getan um dich zu beschĂŒtzen. Und jetzt⊠Verstehst du, was ich fĂŒr dich getan habe?â Er schob eine Hand in Scorpiusâ Nacken und fasste eine Handvoll blonden Haares, zog Scorpius zurĂŒck, damit er ihn ansah.
âFindest du es jetzt heroisch mir einen Teil deiner Seele einzupflanzen?â, krĂ€chzte Scorpius und stemmte die HĂ€nde abwehrend gegen Louisâ Brust, drĂŒckte ihn aber immer noch nicht weg. âLass mich los. Ich will nicht, dass du mich anfasst. Ich⊠Lass michâŠâ
âVerdammt, ich hab das nicht getan um dich zu manipulieren!â Louis grub die Finger schmerzhaft tief in Scorpiusâ Schultern, lieĂ aber auch nicht dann lockerer, als Scorpius das Gesicht verzog und die ZĂ€hne tief in die Unterlippe grub um ein Keuchen zurĂŒckzubeiĂen. âIst es so schwer zu glauben, dass dein Leben mir etwas bedeutet? HĂ€ltst du mich fĂŒr so kalt? Scorpius, ich⊠ich wĂŒrde alles fĂŒr dich tun.â
Scorpius schubste ihn jetzt doch weg, rieb sich die Schultern. âVon wegenâŠâ KopfschĂŒttelnd drehte er Louis den RĂŒcken zu. âDu tust das alles doch nur wegen JamesâŠâ
âDu Vollidiot! Du verdammter⊠duâŠâ Louis rutschte Scorpius hinterher, als der aufstehen wollte, und schlang die Arme fest um seinen Oberkörper, drĂŒckte Scorpius wieder dicht an sich. âDummerchenâŠâ Die Nase in Scorpiusâ Halsbeuge vergrabend zog Louis ihn von der Bettkante weg und tastete auf der sich schnell hebenden Brust nach dem regelrecht hĂ€mmernden Herzschlag, atmete tief durch, als er den Beweis dafĂŒr fand, dass Scorpius wirklich noch lebte. HeiĂe TrĂ€nen verfingen sich in seinen Wimpern, als er die Augen zusammenkniff und einfach tief einatmete, immer noch den leichten Geruch von Schmutz und Blut erkennen konnte.
âWeinst du?â Scorpius drehte den Kopf leicht, worauf Louis seine Stirn so fest wie möglich gegen den blassen Nacken drĂŒckte, dabei eine Mischung aus Glucksen und Schluchzen von sich gab.
âDummerchenâ, wiederholte er, die HĂ€nde wieder und wieder ĂŒber Scorpiusâ warmen Oberkörper fahren lassend. âIch bin doch kein Eisklotz. Dich so zu sehen⊠Ich konnte doch nicht zulassen, dass du nie wieder lachst⊠wĂŒtend wirst⊠oder weinstâŠâ Louis hob den Kopf, als Scorpius sich halb zu ihm herumdrehte. Langsam wischte er mit den Fingern die kleinen, glitzernden TrĂ€nen von der leicht geröteten Wange. âDu bedeutest mir viel, Scorpius. WirklichâŠâ
Etwas beschĂ€mt schlug Scorpius die Augen nieder. âIch⊠aber ichâŠâ
âPschtâŠâ Louis zog Scorpius wieder an sich und streichelte ihm beruhigend ĂŒber den Kopf, als Scorpius sich an seiner Brust ausweinte. âEs ist gut, Scorpius. Ich lass nicht zu, dass dich das jetzt kaputt macht. Und wenn es mich noch ein StĂŒck Seele kostet dich wieder lachen zu sehenâŠâ
Scorpiusâ Finger klammerten sich fest, als wĂŒrde sein Leben ganz allein von Louis abhĂ€ngen, und dieser Gedanke schien sie auch noch beide gleichzeitig zu durchzucken. Louis fing Scorpiusâ Blick auf und legte eine Hand auf seine Wange, zog ihn dadurch etwas nĂ€her, wĂ€hrend er sich vorsichtig zu den leicht aufgesprungenen Lippen vorlehnte.
Scorpius drehte sich im letzten Moment weg. âEs war nicht richtig, was du getan hastâ, wisperte er, befreite sich aus Louisâ Griff und wischte sich mit den Ărmeln ĂŒber die Augen. âGanz davon abgesehen, dass ich nicht weiĂ, ob ich dir glauben kann, will ich nicht schuld daran sein, dass du der neue Voldemort wirst.â
Louis lachte heiser auf. âBitte was?â
âDu⊠klammerst dich an die Vergangenheit, dabei wird nichts so sein wie frĂŒher. Nie wiederâŠâ Scorpius nahm sich selbst in den Arm und rieb sich ĂŒber die zitternden Oberarme. âDas wird dich kaputtmachen.â
âWir können es doch wieder sein lassen wie frĂŒherâ, sagte Louis und hielt ein LĂ€cheln parat, falls Scorpius ihn ansehen sollte. âEin dummer Streit, Scorpius⊠Das Ă€ndert doch nichts. Vor allem Ă€ndert es mich nicht. Ich wĂŒrde dich doch niemals sterben lassen.â
âWarum hast du dann alles, was noch von mir ĂŒbrig war ausgelöscht?â, wisperte Scorpius kaum hörbar. âObwohl ichâŠâ Scorpius stoppte, als seine TĂŒr geöffnet wurde, drehte sich um und sah Louis dabei absichtlich nicht in die Augen, worauf der sich ebenfalls umdrehte und natĂŒrlich verstehen konnte, dass Scorpius lieber James als ihn ansah.
âDiese bescheuerten Mistkerleâ, knurrte James, ignorierte jede noch so kleine TrĂ€ne auf beiden Gesichtern und lieĂ sich auf das FuĂende des Bettes fallen. âWenigstens habt ihr euch wieder eingekriegt.â Erst ĂŒber die linke, dann ĂŒber die rechte Schulter schauend schien James sich doch noch einmal vergewissern zu wollen, ob alles in Ordnung war, aber nachfragen tat er nicht â das wĂŒrde auch nicht wirklich zu ihm passen. âWĂŒrdet ihr sagen, dass ich erwachsen bin? Ich werde diesen Sommer achtzehn, eigentlich bin ich schon ewig erwachsen.â
Scorpius legte erst den Kopf leicht schief, bevor er sich stumm vorlehnte und an seiner Decke zupfte, die unter Jamesâ Hintern festklemmte. Mit einem Ruck zog er sie unter James hervor und lieĂ sich mit ihr in seine Kissen fallen, versteckte sich unter dem weichen Stoff.
âWas bilden die sich ĂŒberhaupt ein? Nur weil ich noch keine Falten habe, bin ich immer noch ein Kind, ja?â James streifte sich seine Schuhe ab, bevor er nach hinten auf das Bett rutschte, einen Arm um Scorpiusâ Schultern legend. Louis konnte sehen, wie Scorpius sich anspannte, als James ihn dazu zwang, den Kopf auf seiner Brust zu betten. âDabei ist ohnehin niemand kindischer als diese beiden Kerle. Die kleben ja stĂ€ndig aufeinander, ist euch das schon mal aufgefallen? Draco hockt ununterbrochen auf Bills SchoĂ und dabei ist der gar nicht so gemĂŒtlich. Gut, es ist eine Weile her, dass ich drauf gesessen hab, aber wenn das so toll gewesen wĂ€re, wĂŒrde ich das ja immer noch tun.â
James schien mit seinem sinnlosen Geplapper irgendwie alles richtig zu machen, denn Scorpiusâ Muskeln entspannten sich allmĂ€hlich und schlieĂlich benutzte er Jamesâ Brust wortwörtlich als Kissen, um seinen Augen ihre verdiente Ruhe zu gönnen, wĂ€hrend James ihm fortwĂ€hrend durch die Haare strich.
Irgendwie lieĂ dieses Bild Louis lĂ€cheln und rammte gleichzeitig ein Messer in sein Herz. Er wollte dort an James gekuschelt liegen und trotzdem war das Verlangen, Scorpiusâ Haar zu streicheln, genauso groĂ. Letztendlich hielten aber nicht diese verwirrenden Emotionen Louis auf Abstand, sondern die Gewissheit, dass drei einfach einer zu viel waren.
Jamesâ Finger schienen einfach dafĂŒr gemacht zu sein, Scorpius die Haare aus der Stirn zu streichen, wĂ€hrend Louis an so etwas gar nicht gewöhnt war und deswegen konsequent versagte. Er hatte es ja nicht einmal geschafft, Scorpiusâ Hand lĂ€nger als einen Tag festzuhalten, ohne dass es fast Scorpiusâ Leben gekostet hĂ€tte. Es war einfach sein Schicksal niemals eine glĂŒckliche Beziehung zu fĂŒhren. Im Grunde hatte er das ja gewusst, weshalb es mittlerweile wieder absolut unverstĂ€ndlich fĂŒr ihn war, dass er sich darauf eingelassen hatte.
âEr sah sonst immer so unschuldig aus, wenn er geschlafen hatâ, murmelte James, immer noch liebevoll durch Scorpiusâ Haare fahrend.
âEr ist unschuldig, James.â Louis seufzte schwer auf und lieĂ den Kopf hĂ€ngen. âEr war so wunderbar unschuldig, bevor ichâŠâ
âLouisâ, unterbrach James ihn und schĂŒttelte den Kopf, als er fragend angesehen wurde. âGib dir doch nicht die Schuld dafĂŒr. Ich will dir das nicht wieder und wieder sagen, aber du bist nicht dafĂŒr verantwortlich, wenn irgendwo auf der Welt irgendetwas schief geht. Jetzt komm her. Scorpiusâ RĂŒcken wird kalt.â
Louis zögerte einen Moment, bevor er sich hinlegte und sich mit der Brust gegen Scorpiusâ RĂŒcken drĂŒckte, ihm vorsichtig einen Arm um die HĂŒfte legte. âEr wĂŒrde das nicht wollenâ, murmelte er, aber Scorpius schien sich so eingepfercht nur noch mehr zu entspannen und seufzte leise. Das unruhige Zucken hinter seinen Augenlidern stoppte und seine verhĂ€rteten ZĂŒge lockerten sich und zogen sich bald darauf zu dem friedlichen Gesichtsausdruck, der Louis leider viel zu sehr an das leichenblasse Gesicht von vorhin erinnerte.
âEr braucht jetzt jeden Trost, den er kriegen kannâ, sagte James und hob den rechten Mundwinkel leicht, als er Louis ansah. âUnd jetzt behaupte bloĂ nicht, deine Position wĂŒrde dir nicht gefallen, Freak.â
âWas?â Louis versteckte sein Gesicht lieber in Scorpiusâ Nacken, bevor Jamesâ wissender Blick ihn noch zum Erröten brachte.
âNa ja, du darfst mit ihm und mir in einem Bett liegen. DafĂŒr wĂŒrden manche Menschen mordenâ, sagte James, aber jegliche Belustigung war aus seiner Stimme verschwunden, als er ĂŒber seine Worte nachdachte und ein heiseres âOhâ ausstieĂ.
Louis atmete tief durch. âIch hab das nicht getan damit⊠damit irgendwer mich cool findet.â
âIch weiĂ dochâŠâ James richtete sich leicht auf und streckte den Arm aus, damit er Louis gegen die Stirn stupsen konnte, als der hochsah. âDas nennt man Notwehr. Harry wird das schon richtig einordnen können und dann hast du ja noch den Family-Bonus. Ich sag dir, wenn er dich nach Askaban schickt, dann bringe ich einfach seinen Lieblingssohn um.â
âDu wĂŒrdest Albus niemals etwas tunâ, sagte Louis und schmunzelte, als James empört aufschnaubte.
âBlödmann.â Das Schnipsen gegen seine Stirn fing an richtig wehzutun. âIch bin Harrys Lieblingssohn. Albus ist nur sein Fangirl und Lily⊠Lily ist ein MĂ€dchen. Niemand mag MĂ€dchen.â
âSagte Mr. Ich-bin-nicht-schwul.â Louis wich mit dem Kopf nach hinten zurĂŒck, als Jamesâ Finger schon wieder ein Attentat auf seine Stirn planten. âIst doch wahr⊠Wenn du nicht so sehr darauf achten wĂŒrdest, was andere von dir halten, dann wĂ€re das mit Scorpius und dir gar nicht erst so kompliziert geworden. Dann hĂ€tte ich mich da nĂ€mlich raushalten könnenâŠâ
âUnd noch ein paar Jahre fĂŒr dich behalten können, dass du mir gerne auf den Arsch starrst?â James winkte ab und lieĂ sich wieder in sein Kissen sinken, worauf Scorpius sich dichter gegen seine Schulter schmiegte.
âIch starr dir nicht gerne auf den Arschâ, stellte Louis klar. âSo toll ist der auch wieder nichtâŠâ
âVon wegenâ, gluckste James, wobei er wohl eher unbewusst mit den HĂŒften die Decke durcheinanderbrachte, als er sich unruhig bewegte.
âEhrlich, da starr ich lieber Draco auf den Hinternâ, sagte Louis und konnte ein LĂ€cheln nicht unterdrĂŒcken, als James amĂŒsiert aufschnaubte.
âBoah, Lou⊠Das ist voll eklig. Du musst dir mal ein neues Beispiel aussuchen. Ich hab mich vorhin fast nicht davon abhalten können, genauer hinzusehenâ, sagte James, worauf Louis leicht die Stirn runzelte.
âVorhin?â, hakte er nach und stemmte sich auf dem Ellenbogen hoch, den anderen Arm aber immer noch fest um Scorpiusâ geschlungen.
James starrte leicht abwesend an die Decke. âIch glaub, wir sind ein bisschen unpassend angekommen. Du hĂ€ttest Freds Ohren sehen sollen, als wir in das Schlafzimmer deiner⊠Eltern? Stiefeltern? VĂ€ter? Merlin, was sagt man da denn?â
âFrag mich nicht, ich hatte noch nie zwei Daddysâ, sagte Louis desinteressiert und ging schnell zu dem Thema ĂŒber, das ihn neugierig machte. âFred war auch hier? Wo ist er denn jetzt?â
âOnkel Charlie hat ihn und Roxanne wieder nach Hause gebracht, weilâs George sicherlich noch ein paar Tassen mehr gekostet hĂ€tte, wenn seinen Kindern etwas zugestoĂen wĂ€reâ, murmelte James, was Louis die Stirn runzeln lieĂ.
âOnkel George?â Er legte den Kopf schief, als James ihn ansah, und presste blitzschnell die Hand gegen Jamesâ Mund, als der viel zu laut aufkeuchte. Beide plötzlich totenstill sahen sie zu Scorpius, dessen Mundwinkel leicht zuckten, aber er schien nicht wach zu werden und er hatte es auch wirklich nicht verdient wieder aufgeweckt zu werden. Langsam nahm Louis die Hand wieder von Jamesâ Mund.
âHab ich dir gar nicht erzĂ€hltâŠâ James fuhr sich mit der freien Hand durch die Haare und lieĂ sich wieder in sein Kissen fallen. âGreyback⊠hatte wohl ein kleines bisschen Hilfe von⊠unserem Onkel, der wiederum ein kleines bisschen durchgeknallt ist, wenn es um Draco Malfoy geht. Irgendeine alte GeschichteâŠâ
âFuckâ, entfuhr es Louis und er lieĂ sich ebenfalls wieder auf die Matratze fallen, bevor er sich aber hastig wieder aufrichtete. âUnd dann lĂ€sst du Fred wieder nach Hause gehen?â
James hob ratlos die Augenbrauen. âWieso denn nicht? Onkel Charlie ist ja bei ihm.â Er legte die Stirn nachdenklich in Falten. âDenkst du, Charlie könnte ihnâŠâ
âJames, dafĂŒr hab ich jetzt ernsthaft keinen Nervâ, zischte Louis, worauf James nicht verhindern konnte, dass seine Unterlippe sich leicht schmollend nach vorne schob. âIch nehme mal stark an, dass Charlie schlecht was dagegen tun kann, wenn Fred jetzt wĂŒtend auf seinen Vater ist.â
âWieso sollte er? FĂŒr mich klangâs eher so, als ginge es ihm darum, dass sein Vater ja nicht in die Klapse kommtâ, winkte James ab. âEs ist auch nicht so, als hĂ€tte er irgendeine emotionale Bindung zu Malfoy Senior.â
âJa, aber zu Malfoy Juniorâ, sagte Louis, worauf die bis jetzt so gut unterdrĂŒckte Eifersucht in Bezug auf ihn sich mit neuer auf Fred mischte und regelrecht in Jamesâ zuckenden Gesichtsmuskeln geschrieben stand.
âWas?â, zischte James aus den Mundwinkeln.
Louis klatschte sich eine Hand gegen die Stirn. âNicht so, du Schwachkopf. HĂ€ttest du dich nicht suspendieren lassen, hĂ€ttest du gemerkt, dass die beiden nach Freds KrankenflĂŒgelaufenthalt einen etwas intensiveren Kontakt gepflegt haben, was mich stark vermuten lĂ€sst, dass es Freds Sinn fĂŒr Gerechtigkeit nicht kalt lassen wird, wenn sein eigener Vater den Kleinen wissentlich in Gefahr bringt. Du kannst froh sein, dass Fred höchstwahrscheinlich noch keine Ahnung hat, was hier fast passiert wĂ€re.â Louis wartete auf eine Antwort, aber James grummelte nur leise. âHast du mir ĂŒberhaupt zugehört?â
âIntensiverer Kontakt?â Jamesâ Griff um Scorpius verstĂ€rkte sich und er presste ihn dichter an sich, worauf Louis genervt die Augen verdrehte.
âDas ist wiedermal typischâ, raunte Louis. âDu denkst nur daran, mit wem Scorpius alles gevögelt haben könnte, wĂ€hrend du im Selbstmitleid gebadet hast.â
Jamesâ Augen verengten sich leicht. âMit dir zum Beispiel.â
âOh, ja. Und es hat ihm SpaĂ gemacht.â Louis zwinkerte herausfordernd, als James ihn ansah. âUnd dir hatâs SpaĂ gemacht zuzusehen, weil duâs selbst nicht bringst.â
James knurrte leise und seine Hand ballte sich auf Scorpiusâ Schulter zur Faust. âOkay, ich hör ja schon zu⊠Kein Grund persönlich zu werden, vor allem nicht, nachdem du mir meinen Freund geklaut hast.â
âSagte der Kerl, der mir meinen Freund geklaut hatâ, gab Louis zurĂŒck.
âAch, komm schonâŠâ Scorpius von sich herunterschiebend richtete James sich auf. âAls ob du es jemals ernst mit ihm gemeint hĂ€ttest.â
âWillst du das alte Zeug jetzt wieder ausgraben, um dein Ego zu fĂŒttern, James? Das hat sonst auch nicht funktioniertâ, stichelte Louis, worauf James einen Moment lang so wirkte, als wolle er ihn mit bloĂen HĂ€nden erwĂŒrgen. TatsĂ€chlich griff James sogar nach Louisâ Kragen, aber ein leises Stöhnen lieĂ ihn innehalten.
Gleichzeitig mit Louis senkte James den Blick auf Scorpius, der auf den RĂŒcken gerollt war und vollkommen wehrlos zwischen ihnen lag. Sein rosiger Mund stand leicht offen und auf den immer noch etwas geröteten Wangen glitzerten TrĂ€nenspuren, was aber nichts an dem anziehenden Bild Ă€nderte, mit dem Scorpius unbeabsichtigt jeden Funken Zorn sofort erstickte.
âMann, du weckst ihn noch aufâ, sagte James mit heiserer Stimme, worauf Louis hochsah und den leichten Verdacht hegte, dass James gleich zu sabbern anfangen wĂŒrde. Durchaus nachvollziehbar. Immerhin war er so lange auf Abstand gehalten worden, dass er sogar fast seinen Cousin rangelassen hĂ€tte.
âJames!â Louis klatschte auf die Hand, die sich Scorpiusâ Lippen nĂ€herte. âEr schlĂ€ft.â
âSeh ichâŠâ Sich gar nicht ĂŒber den Schlag beschwerend fuhr James mit der Hand ĂŒber Scorpiusâ Brust, immer kurz davor an den Hemdknöpfen herumzuspielen. âEr sollte nicht in seinen Klamotten schlafenâŠâ
Louis streckte die Hand aus und schnippte James kurzerhand gegen die Stirn, worauf der wieder zu sich zu kommen schien. âDas ist wirklich nicht der richtige Zeitpunkt um an Sex zu denken, James.â
Hinter ihm erklang ein RĂ€uspern. âVor allem nicht zu dritt.â
Sich langsam herumdrehend schenkte Louis Scorpiusâ Vater ein LĂ€cheln, das der aber nicht erwiderte. âWir ââ
âRaus hier. Sofortâ, sagte Draco eiskalt und deutete in den Flur. âWirdâs bald?â
WĂ€hrend James Scorpiusâ Decke wieder richtete, rutschte Louis schon aus dem Bett und ging voraus in den Flur. James und Draco folgten ihm kurz darauf, aber jegliche ErklĂ€rung wurde durch Dracos abwehrend gehobene Hand unterbunden, bis er die TĂŒr hinter sich geschlossen hatte. Dann traute aber nicht einmal Louis sich wirklich irgendeine dĂ€mliche Ausrede in Dracos vor Ărger zerfressenes Gesicht zu schleudern.
âWas denkt ihr euch eigentlich?â, fuhr Draco sie an und mit jedem Schritt, den er nĂ€herkam, wichen Louis und James zurĂŒck, bis sie schlieĂlich gegen die Wand knallten. âMein Sohn schlĂ€ft, nachdem er fast umgebracht worden ist, und ihr habt nichts besseres zu tun, als an ihm rumzufummeln, als sei er nicht mehr als ein billiges Spielzeug?â
âWir wollten nurâŠâ, fing James an, aber Dracos Blick erstickte jedes Wort im Keim.
âIch bin noch nicht zu alt, um zu wissen, dass man nicht zu dritt in einem Bett liegt um zu kuscheln. Was auch immer ihr beide fĂŒr ein krankes Spiel mit meinem Sohn treibt, ich werde nicht zulassen, dass ihr das direkt unter meiner Nase tut.â Draco wischte sich eine HaarstrĂ€hne aus den zornig funkelnden Augen und atmete tief durch. âIch lasse das hier durchgehen, weil ihr beide ebenfalls einen langen Tag hinter euch habt, aber wenn ich jemals erfahren sollte, dass ihr irgendetwas tut, was Scorpius nicht will, dann ââ
âWieso werden nur wir hier jetzt angeblafft?â, fuhr James sauer dazwischen, worauf Draco ihn anstarrte, als hĂ€tte er sich gerade ein Ballettröckchen ĂŒbergezogen und wĂŒrde jetzt eine Pirouette nach der anderen drehen. âScorpius provoziert das doch mit seinem ewigen Hin und Her. Erst steht er auf mich, dann liegt er in Louisâ Bett, bevor er dann in meines krabbelt und jetzt nimmt er sich den ganzen Rest meiner Cousins vor!â
âJames, du schlĂ€gst dir diese verfluchte Fred-Idee bitte sofort aus dem Kopf, oder ich mache dasâ, zischte Louis aus dem Mundwinkel, wĂ€hrend Draco versuchte seine Sprache wiederzufinden.
âOh, als ob du mir das einfach so auf die Nase gebunden hĂ€ttest. Du weiĂt doch ganz genau, dass ich denke, was ich jetzt denke, wenn ich⊠ÀhmâŠâ James schĂŒttelte verwirrt den Kopf, brachte seine Gedanken so aber nur noch mehr durcheinander. âLouis warâs!â Kurzerhand deutete er auf Louis, der mit groĂen Augen vor dem Finger zurĂŒckwich. âEr hat mich provoziert.â
âSind wir hier im Kindergarten, James?â Louis fuhr sich seufzend durch die Haare und hoffte ernsthaft, dass Draco nicht gleich ohnmĂ€chtig nach hinten fallen wĂŒrde, wodurch er sich nĂ€mlich den Kopf an der sehr teuren Kristallvase auf dem nicht minder teuren Tischchen anschlagen wĂŒrde. âEs ist ein bisschen kompliziert zwischen uns, Draco, aber wir können da doch spĂ€ter drĂŒber reden.â
âBoah, jetzt baggerst du den auch noch an, Louis?â James verzog angewidert das Gesicht. âDer könnte dein Vater sein!â
âIch rede von uns!â Louis holte aus und schlug James extra fest gegen den Hinterkopf. âScorpius, dir und mir, nicht von Draco und mir. Krieg dich mal wieder einâŠâ
James rieb sich grummelnd den Hinterkopf. âBei dir kann man ja nie wissenâŠâ
Louis verschrĂ€nkte die Arme vor der Brust und wandte sich wieder zu Draco, bekam gerade noch mit wie dessen graue Augen nach hinten rollten, bevor Scorpiusâ Vater tatsĂ€chlich einfach nach hinten umklappte, als hĂ€tte ein krĂ€ftiger Wind ihn umgeblasen.
âOi!â James bekam Draco gerade noch zu fassen, bevor der wirklich noch die Vase mit dem Kopf zerschlug. Louis löste die VerschrĂ€nkung seiner Arme und sah zu James herunter, der ratlos mit Draco auf dem Boden kauerte. âGanz toll gemacht, Louis.â
âDas war nun wirklich nicht nur meine Schuld.â Louis lieĂ sich ebenfalls auf den Boden gleiten. âDu musstest ihm auch nicht unbedingt auf die Nase binden, dass sein Sohn ââ
âSag jetzt bloĂ nichts falschesâ, unterbrach James ihn.
âIch sage nur, wie es ist. Krieg du mal zu hören, dass dein Sohn nicht ganz so unschuldig ist, wie du geglaubt hast⊠und es ist schwer das bei Scorpius nicht zu glauben.â Louis klopfte Draco vorsichtig gegen die Wange. âArmer Draco⊠Seine sorgfĂ€ltig aufgebaute Welt der Illusionen zerbricht mit einem einzigen Schlag.â
âBind ihm doch gleich auf die Nase, was du alles mit Scorpius getan hastâ, knurrte James ihn an, worauf Louis tief durchatmete.
âWir haben ein einziges Mal⊠Merlins Bart, wir haben nicht mal irgendetwas AuĂergewöhnliches getan. Da ist dein Voyeurismus gar keine Konkurrenzâ, versuchte Louis trotzdem noch ruhig zu bleiben, auch wenn es ihm momentan auĂerordentlich schwer fiel. Er hatte auch nur eine begrenzte Spanne an Nerven und auch wenn die nicht so schnell strapaziert waren, wie die seines Vaters, stand er doch kurz vor entweder einem Wutausbruch oder Nervenzusammenbruch, wobei Letzteres wahrscheinlicher bei ihm war.
âMerlins Bart, was habt ihr getan!â Der Wutausbruch gehörte seinem Vater, der gerade im Pyjama die Treppe herunterkam und jetzt auf Draco zustĂŒrzte. Den regungslosen Körper in seine Arme ziehend fĂŒhlte Bill erst einmal Dracos Puls, so als wĂŒrde er tatsĂ€chlich glauben, Louis wĂ€re auf den Geschmack gekommen und brachte jetzt alles um, was sich ihm in den Weg stellte.
âWir haben nurâŠâ
âEr ist einfach umgefallenâ, redete Louis James dazwischen, worauf der ihn aus groĂen Augen anschaute. âEs war einfach ein harter Tag fĂŒr ihn und er ist doch so fragil, Papa. Scorpius so zu sehen⊠Du wolltest mich auch nicht mehr loslassen. Draco braucht aber viel dringender jemanden, der ihn jetzt festhĂ€lt.â
âLouis, versuch das gar nicht erstâ, knurrte Bill Ă€rgerlich, rĂ€usperte sich und fuhr etwas gelassener fort. âDu magst Recht haben. In⊠jeder Hinsicht, aber⊠Hör auf Spielchen mit deinem Vater zu treiben, verstanden? Sagt mir auf der Stelle, was passiert ist.â
Louis presste die Lippen fest aufeinander und wandte den Blick ab, lieĂ sich schlieĂlich von James wieder auf die FĂŒĂe ziehen.
âDraco hatâŠâ James zog Louis nach hinten, als Bill sich mit Draco aufrichtete. âEr hat⊠Àhm⊠Na ja, er hat gesehen, wie wir zusammen mit Scorpius in einem Bett gelegen haben.â
Bill zog die Augenbrauen leicht zusammen. âSo?â
âEs warâŠâ James kratzte sich am Hinterkopf. âEs war ganz unschuldig, Onkel Bill. Das musst du uns glauben.â
âGanz sicher nicht. Ihr haltet euch von diesem Zimmer fern, verstanden?â Bill wartete vergeblich auf ein Nicken. âScorpius ist nicht bei Sinnen. Das könnt ihr doch nicht ausnutzen, um ein bisschen SpaĂ zu haben. LouisâŠâ Schwer aufseufzend schenkte Bill seinem Sohn einen enttĂ€uschten Blick. âIch weiĂ, dass mit Teddy muss schwer fĂŒr dich sein, aberâŠâ
âTeddy?â, platzte James dazwischen und fuhr herum, starrte Louis entsetzt an. âDu bist ja wirklich⊠das Allerletzte!â
Louis presste sich eine Hand gegen seine schmerzende Stirn. âJames, jetzt komm mir nicht auf die Tour. Selbst wenn ich irgendwas fĂŒr den Ex meiner Schwester empfinden wĂŒrde, dann ginge dich das gar nichts an. Du hast ja klar und deutlich gemacht, wie du zu mir stehst.â
âWie soll man denn zu einem rumhurenden Arschloch wie dir stehen können?!â, schnauzte James ihn an, worauf Louis den Kopf in die entgegengesetzte Richtung drehte. âNicht mal ansehen kannst du mich, weil du weiĂt, dass ich Recht habe! Ich will gar nicht daran denken, wie vielen Menschen du diesen ScheiĂ von wegen Liebe unter die Nase gerieben hast. Und diesmal hast du dir doch auch nur einen verfluchten Dreier erhofft!â
âJames, jetzt beruhige dich gefĂ€lligst.â Bill sah aus, als wĂ€re er kurz davor James die Nase zu brechen, aber daran hinderte ihn zum GlĂŒck der ohnmĂ€chtige Mann in seinen Armen. âWenn du meinen Sohn noch einmal beleidigst, dannâŠâ
âDann was?!â, blaffte James. âIch sage doch nur die Wahrheit! Du kennst deinen Sohn doch gar nicht! Und ich hab auch nur gedacht, ich wĂŒrde meinen besten Freund kennen.â Er schĂŒttelte ablehnend den Kopf, als Louis den Mund öffnete. âDu solltest ernsthaft darĂŒber nachdenken, ob es sich nicht mehr rentieren wĂŒrde, wenn du dich dafĂŒr bezahlen lĂ€sst, alles und ââ
âGenug!â Bill machte eine ruckartige Bewegung mit dem Kopf in Richtung der Treppe. âDu gehst nach oben, James. Auf der Stelle.â James öffnete den Mund um zu widersprechen, aber das bedrohliche Knurren, das Bill entfuhr, lieĂ ihn verstummen. Vorsichtig setzte sein Vater Draco auf den Boden und fasste James an der Schulter, zog ihn mit einem Ruck nĂ€her. âIch will dich heute hier unten nicht mehr sehen und wenn du dich bis morgen nicht wieder eingekriegt hast, dann wird Harry dich mit nach Hause nehmen.â
âDamit die wilde Bestie ĂŒber Scorpius herfallen kann, was?â, gab James spöttisch grinsend zurĂŒck, riss sich los und schnaubte abfĂ€llig als Louis den Kopf schĂŒttelte. âDu bist doch nicht einmal den Dreck unter meinen FingernĂ€geln wert. Und dich hab ich ââ
âHör auf!â Louisâ presste sich die HĂ€nde gegen die Ohren und versuchte durch bestĂ€ndiges KopfschĂŒtteln das Echo aus seinem SchĂ€del zu bekommen, aber es schien nur lauter zu werden, mischte sich jetzt mit den Stimmen von seinem Vater, der ihn grundlos verteidigte, und James, der ihn grundlos beschuldigte. âHört auf! Ich wollte doch nur⊠IchâŠâ
âStottere nicht!â, brĂŒllte James ihn an, interessierte sich dabei gar nicht fĂŒr Bill, der an seinem Arm zerrte und ihn schlieĂlich in Richtung der Treppe ziehen konnte. âWenn du was zu sagen hast, dann tuâs einfach anstatt immer in verdammten RĂ€tseln oder halben SĂ€tzen zu reden! Oder noch besser, halt einfach dein verdammtes Drecksmaul! Da kommt doch eh nur ScheiĂe raus!â
Louis presste sich eine Hand gegen sein âDrecksmaulâ und versuchte die heiĂen TrĂ€nen wegzublinzeln. Er verstand wirklich nicht, was er falsch gemacht hatte. Immer, wenn er versuchte irgendetwas richtig zu machen, dann ging alles komplett schief. Dabei wollte er doch nur⊠Aufschluchzend sackte Louis auf den Boden und rammte die FĂ€uste auf den teuren Teppich, spĂŒrte irgendwann seine Fingerknöchel brennen, aber das schmerzhafte Stöhnen kam ganz sicher nicht von ihm.
Aufschauend blinzelte Louis den verschwommenen Vorhang TrĂ€nen weg und rutschte auf Draco zu, der sich desorientiert mit einer Hand ĂŒber sein Gesicht rieb. Bevor er die Hand sinken lassen und sich richtig umsehen konnte, hatte Louis sich schon gegen seine Brust gedrĂŒckt und rollte sich zu einem kleinen, zitternden BĂŒndel zusammen, das verzweifelt mehr KörperwĂ€rme suchte.
âIch wollte das nichtâ, presste Louis bemĂŒht ruhig hervor, aber seine Stimme klang auch durch den Stoff von Dracos Hemd noch gedĂ€mpft. âIch wollte doch nur⊠Ich weiĂ nicht mehr, was ich wollteâŠâ
âWasâŠâ Draco tĂ€tschelte etwas unbeholfen Louisâ Kopf, als er die dicken TrĂ€nen auf seinem Hemd nicht lĂ€nger ignorieren konnte. âJunge, was ist denn passiert? Hey, das Hemd kostet mehr, als du Taschengeld bekommstâŠâ Trotzdem hielt das Louis nicht davon ab, es als Taschentuch zu missbrauchen. âWilliam? William!â Draco wollte sich aufrichten, aber Louis drĂŒckte sich fest gegen ihn und hielt ihn so am Boden.
âNicht gehen⊠Bitte⊠nicht gehenâ, krĂ€chzte er wieder und wieder, bis er das unangenehme GefĂŒhl von kaltem Leder auf seiner Haut spĂŒrte, als Dracos behandschuhte Finger ihm durch die Haare strichen.
âIst schon gut, Louis. Lass es raus⊠Ein Leben zu beenden ist eine schwere Last, die jede TrĂ€ne rechtfertigtâ, murmelte Draco, bevor er sich rĂ€usperte. âBill, was machen wir denn hiermit?â
Ein paar warmer HĂ€nde legte sich auf Louisâ bebende Schultern. âWie wĂ€re es mit einem Trank fĂŒr einen traumlosen Schlaf?â Es fĂŒhlte sich unglaublich gut an so von WĂ€rme umschlossen zu werden, als sein Vater ihn von hinten in den Arm nahm. Louis seufzte etwas ruhiger auf, das Gesicht hebend und in Dracos Halsbeuge vergrabend.
âWenn das KlammerĂ€ffchen mich loslassen wĂŒrde, dann könnte ich einen holen gehenâ, sagte Draco, worauf Louis seinen Griff verstĂ€rkte. Er wollte dieses GefĂŒhl von Sicherheit nicht auch noch verlieren. Am liebsten wollte er genauso jetzt einschlafen. âBill, so wird das nichtsâ, meinte Draco, als Bill vergeblich versuchte Louis hochzuziehen. âWas ist denn passiert?â
âDas wollte ich dich fragen. Du lagst ohnmĂ€chtig auf dem Boden, als ich nachsehen wollte, wo du bleibstâ, antwortete Bill, schob die Arme unter Louisâ hindurch und hob ihn mit einem krĂ€ftigen Ruck hoch.
âNun, die Neuigkeit, dass mein Sohn anscheinend nicht monogam ist, hat mir etwas zugesetztâ, sagte Draco, der zum GlĂŒck schnell wieder eine Hand auf Louisâ RĂŒcken legte und Bill so half seinen Sohn zu stĂŒtzen, als sie die Treppe nach unten nahmen.
âScorpius? Ausgerechnet?â Bill verstĂ€rkte wohl unbewusst seinen Griff um Louisâ HĂŒfte. âDas glaub ich wohl kaumâŠâ
âIch bezweifele, dass er ĂŒberhaupt weiĂ, dass das mehr als zwei Menschen machen könnenâ, murmelte Draco und zu einem anderen Zeitpunkt hĂ€tte Bill wohl gelacht, aber wĂ€hrend er seinen Sohn ĂŒber den Teppich schleifen musste, schien ihm nicht danach zu sein.
âIch hab auch bezweifelt, dass ich meinen Sohn jemals noch einmal zudecken mĂŒsste, und was tue ich gerade?â Louis kniff die Augen zusammen, als er von den FĂŒĂen gehoben wurde. Bevor er sich allerdings festklammern konnte, wurde er auf etwas Weichem gebettet und kurz darauf konnte er sich an eine weiche Decke klammern. Schniefend drehte er sich auf die Seite und zog die Beine an, rollte sich wieder ganz klein zusammen. âMerlins Bart, ich weiĂ nicht, was ich falsch gemacht habe, dass ich so gar nicht weiĂ, was ihn beschĂ€ftigt⊠Ich hĂ€tte nie geglaubt, dass es ihn derartig treffen könnte, wenn James ihn beleidigt. Das macht er der ja nicht gerade seltenâŠâ
âBill, die Kinder hatten nur einen harten Tag. Morgen sieht das alles schon wieder anders aus und sie liegen sich glĂŒcklich in den Armen⊠zu drittâŠâ Draco vergrub gerade das Gesicht in den HĂ€nden und stöhnte auf, als Louis die Augen aufschlug. âIch geh den Trank holenâ, sagte Draco und drehte sich weg, bevor Bill ihm ĂŒber die Wange streicheln konnte. So offensichtlich zurĂŒckgewiesen zu werden, verletzte seinen Vater ĂŒberdeutlich und Louis fĂŒhlte schon wieder einen neuen KloĂ in seinem Hals, weil das ganz bestimmt an seiner Anwesenheit lag.
âOh, LouisâŠâ Bill setzte sich zu ihm an den Rand des Sofas, verwuschelte ihm das Haar. âWarum redest du nicht einfach mit mir? Bin ich so schlimm als Vater?â
Louis wandte den Blick ab, sodass er seinen Vater ja nicht ansehen musste. Er konnte sich wohl glĂŒcklich schĂ€tzen, dass Bill nicht wusste, dass sein Sohn auch noch romantische GefĂŒhle fĂŒr seinen Cousin hegte, sonst wĂŒrde er sicherlich nicht mehr hier sitzen. Insofern konnte er auch froh darĂŒber sein, dass Bill immer noch der total absurden Vermutung nachhing, dass all seine Kinder auf Teddy Lupin stehen wĂŒrden. Sonst wĂŒrde der Schlamassel gleich noch einmal um das Doppelte steigen und dann wĂŒrde ihn niemand mehr zudecken wollenâŠ
âWillst du, dass ich Charlie anflohe?â, fragte Bill und Louis nickte sofort, kniff dann die Augen zusammen, damit er sich nicht Bills Gesichtsausdruck ansehen musste, dafĂŒr hörte er aber umso deutlicher das enttĂ€uschte Seufzen, als Bill aufstand. Die Augen wieder öffnend sah Louis genau zu, wie Bill ganz und gar nicht enthusiastisch das Flohpulver in den Kamin warf und dann den Kopf hineinsteckte. Einen Moment lang schaute er sich um, rief dann nach seinem Bruder und bekam anscheinend keine Antwort, denn er zog sich wieder zurĂŒck und lieĂ die Flammen einfach achtlos wieder orange werden.
âMerkwĂŒrdigâ, murmelte er und richtete sich auf, fuhr sich nachdenklich durch seine Haare.
Louis zog die Augenbrauen zusammen, worauf Bill hastig versuchte sich nichts anmerken zu lassen. âWoâŠâ
âSo, da bin ich auch schon wieder. Komm mir vor wie ein Hauself, wirklichâŠâ Draco blockierte Louisâ Sicht, als er sich vor ihm hinkniete. âMund auf.â Louisâ Kiefer auseinander ziehend hielt Draco ihm eine Phiole an die Lippen und schĂŒttete ihm kurzerhand einen Trank in den Mund. Louis schluckte widerstandslos und lieĂ sich erneut von Draco den Kopf tĂ€tscheln, wĂŒnschte sich dabei nichts mehr, als das GefĂŒhl von warmer Haut anstatt dem kalten Lederhandschuh.
âBraver Junge. Jetzt schlaf gutâ, sagte Draco und richtete sich auf, drehte Louis den RĂŒcken zu, als er sich Bill zuwandte. âWas ist los? Du bist ganz blassâŠâ
Louisâ Augenlider wurden schwerer, aber er konnte sie noch lang genug sehen, um sich darĂŒber zu freuen, dass Draco eine Hand auf Bills Oberarm legte und zĂ€rtlich auf und ab strich.
âIch kann Charlie immer noch nicht erreichen. AllmĂ€hlich mach ich mir SorgenâŠâ
Louis schloss die Augen und genoss die gefĂŒhllose SchwĂ€rze, die ihm nicht erlaubte, sich jetzt ĂŒber irgendetwas zu sorgen.
Im Moment wĂŒnschte er sich, dass er noch jedes StĂŒck seiner Seele hĂ€tte, damit er diesem Alptraum einfach ein Ende bereiten könnte.
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