von Dr. S
Scorpius war nie in seinem ganzen Leben froher gewesen Dominique Weasley zu sehen, die einzige Person auf der ganzen Welt, die freundlich zu ihm gewesen war in seiner Schulzeit. Sie als Freunde zu bezeichnen wĂ€re ĂŒbertrieben gewesen, aber die zwei Jahre Ă€ltere Ex-Gryffindor hatte schon in Scorpiusâ erstem Jahr gewusst, wann sie auftauchen musste, um einen Stapel BĂŒcher davon abzuhalten ihm auf den Kopf zu fallen â zufĂ€lligerweise war James immer in der NĂ€he gewesenâŠ
Dominique war ein hĂŒbsches MĂ€dchen, dessen kupfernglĂ€nzende Haare schon von Weitem keinen Zweifel zulieĂen, dass sie da am Empfang stand, allerdings fehlte ihr der schimmernde Veela-Charme, der ihre Geschwister so unwiderstehlich machte so ziemlich, was aber wohl ihre freundliche Natur geprĂ€gt hatte. Weshalb es ziemlich vorhersehbar gewesen war, dass sie Scorpius in den Arm nehmen wĂŒrde, nachdem sie ihn entdeckt hatte.
âMensch, Scorpius⊠Was macht dein Vater denn fĂŒr Sachen?â Dominique umfasste sein Gesicht, drĂŒckte einen Kuss auf die linke und einen auf die rechte Wange. Hinter sich konnte Scorpius James grummeln hören, aber inzwischen sollte er keinen Grund haben auf Dominique eifersĂŒchtig zu sein. Scorpius hatte sich natĂŒrlich jahrelang aus Jamesâ Mund anhören mĂŒssen, mit wem er auf dem Baum saĂ und knutschte, aber da war er nur froh drĂŒber gewesen, dass niemand gemerkt hatte, dass er immer schon bis ĂŒber beide Ohren in James verknallt war.
âWas machst du hier?â, fragte Teddy verdattert, der James zur Seite schob und von Scorpius zu Dominique und zurĂŒck schaute.
âOnkel Harry hat mir eine Eule geschickt. Wegen meinem Vaterâ, erklĂ€rte Dominique, lieĂ Scorpius los und lĂ€chelte James an, der sofort Scorpiusâ Hand griff. Leider drĂŒckte er sie so fest, dass Scorpius fast gewimmert hatte, aber da er ohnehin ununterbrochen schniefte bemerkte niemand den Unterschied.
âDein Vater?â Teddy schĂŒttelte verwirrt den Kopf. âIch dachte, es ginge um Drake. Hat Harry sich geirrt?â Der Funken Hoffnung, der in Scorpius aufkeimte, wurde sofort wieder plattgewalzt, als Dominique den Kopf schĂŒttelte.
âIch bin auch grad erst gekommenâ, sagte sie, als wĂŒrde das alles erklĂ€ren, aber im Grunde brachte es gar nichts und genauso sah Teddy auch aus, als er abwehrend die Arme vor der Brust verschrĂ€nkte. âOnkel Harry war eben noch hier, aber er musste irgendein Formular ausfĂŒllen. Er ist bestimmt gleich wieder da.â Dominique schenkte Scorpius ein beruhigendes LĂ€cheln. âDas wird schon wieder.â
âDas kannst du ja gar nicht wissenâ, murrte Teddy dazwischen, drĂ€ngte sich zwischen Dominique und Scorpius durch und klopfte energisch auf die Holztheke der Rezeption. âHallo? Hallo!â Scorpius klammerte sich an Jamesâ Brust, wĂ€hrend Teddy weiterhin ziemlich lautstark alle Aufmerksamkeit auf sich zog. Jamesâ Hand legte sich auf seinen Hinterkopf und allein diese Geste spendete ihm so viel mehr Trost als irgendein LĂ€cheln es jemals könnte. âWarum ist hier denn keiner, verdammt nochmal!â
âTeddy, ich hör dich durch das halbe Haus. Beruhigst du dich bitte mal?â Dominique wurde wieder einmal zur Seite geschoben, diesmal aber von Jamesâ Vater, der sich zu seinem Patensohn stellte und erst nach einer Weile Scorpius zu bemerken schien. âJames, was machst du denn hier?â, fragte Mr. Potter aber anstatt Scorpius zu beachten.
âIch lass meinen Freund nicht alleine, wenn sein Vater verletzt wurdeâ, sagte James und drĂŒckte Scorpius dichter an sich, das kleine LĂ€cheln nicht bemerkend. Wahrscheinlich hatte er es unabsichtlich getan, aber James gab Scorpius ein wunderbar sicheres GefĂŒhl, weil er âverletztâ und nicht âtotâ gesagt hatte.
âFreund? Wieder? Oh, ja⊠Bill hat sowas⊠Wie auch immer.â Mr. Potter winkte ab und legte eine Hand auf Scorpiusâ Schulter. âDein Vater kommt wieder auf die Beine. Er mag zwar ziemlich weinerlich sein, aber im Grunde ist er ein zĂ€her Burscheâ, versuchte Mr. Potter ihn zu beruhigen und schenkte auch Teddy ein aufmunterndes LĂ€cheln, worauf dessen Mundwinkel kurz zuckten. âIch bring euch nach oben zu ihm.â
Scorpius nickte hastig und schob James regelrecht in Richtung Fahrstuhl, klammerte sich aber immer noch haltsuchend an ihn. James beschwerte sich auch nicht, drĂŒckte Scorpius im Fahrstuhl dicht an sich und presste ihm einen kurzen Kuss auf den Scheitel.
âJames, ich möchte trotzdem nicht, dass du mit in Mr. Malfoys Zimmer gehstâ, sagte Mr. Potter, als er sie einen viel zu lang erscheinenden Gang herunterfĂŒhrte, der nicht genug von der Morgensonne abbekam um hell und einladend zu wirken. James öffnete empört den Mund, aber sein Vater ignorierte ihn einfach. âUnd Dominique, ich hoffe du kannst mit deinem Vater reden. Ich will deine Mutter oder Schwester hier jetzt lieber nicht habenâŠâ
âWas hat Bill damit zu tun?â, mischte Teddy sich ein. âHarry?â Er wollte seinen Paten an der Schulter fassen, aber der drehte sich in genau dem Moment und klopfte an eine TĂŒr, die er gleich darauf öffnete.
Scorpius drĂŒckte James weg und quetschte sich zwischen Teddy und Mr. Potter vorbei, die gleichzeitig in den Raum hatten treten wollen. Sein Vater hatte ein wirklich schönes Einzelzimmer, immerhin zahlte er auch sehr gut und spendete eine Menge, vor allem brauchte er jetzt aber ein gemĂŒtliches Bett. Draco sah schrecklich aus. Seine Haut war aschfahl und die sonst so gepflegten weiĂblonden Haare lagen ihm strĂ€hnig in das leicht verschwitzte Gesicht. Scorpius hoffte instĂ€ndig, dass er sich die Blutspuren auf der Stirn seines Vaters nur einbildete, aber je nĂ€her er kam, desto deutlicher wurde das AusmaĂ von Dracos Verletzung. Unter dem Pyjamahemd musste er einbandagiert sein wie eine Mumie, aber das hielt Scorpius nicht davon ab die leblose Hand seines Vaters zu greifen.
Er wollte sich auf den Stuhl hinter sich setzen und quietschte auf, als da anscheinend schon jemand drauf saĂ, den er nicht gesehen hatte. Scorpius fuhr herum, drĂ€ngte sich gegen die Bettkante und starrte aus groĂen Augen Louisâ Vater an, der anscheinend ein kleines Nickerchen gehalten hatte, jetzt aber langsam die Augen aufschlug.
âBill?â Teddy hatte sich in das Zimmer gewagt und starrte ziemlich baff den noch leicht desorientierten Mann an. âOh, nee⊠Sag mir nicht, du hast jetzt plötzlich deine ewige Liebe zu Drake erkannt.â
âKlappe zu, Tedâ, grummelte Bill, der Scorpius jetzt anlĂ€chelte, allerdings weitaus unsicherer wirkte, als das letzte Mal als sie sich gesehen hatten, was irgendwie so gar nicht zu ihm passen wollte. âHi, Scorpius.â
âM-Mr. WeasleyâŠâ Scorpius war froh, als er mit ansah wie verzweifelt James versuchte in das Zimmer zu kommen, weil er ihn jetzt furchtbar gerne an seiner Seite hĂ€tte.
âWir waren doch bei Bill.â Er gĂ€hnte und stand auf, streckte sich ausgiebig, bevor er neben Scorpius trat und merkwĂŒrdigerweise in einer sehr liebevollen Geste Draco das Haar aus der Stirn strich. âDie Heiler meinten er hĂ€tte das Gröbste ĂŒberstanden. Zwischendurch sah es gar nicht gut aus, aber Draco ist ein zĂ€her Bursche.â
Scorpius wusste nicht was er sagen oder denken sollte. Er drehte sich um und hielt einfach weiter die Hand seines Vaters, warf Teddy einen fragenden Blick zu, als der auf die gegenĂŒberliegende Seite des Bettes trat, kurz mit den Fingerknöcheln ĂŒber Dracos Wange strich.
âMerlin sei Dankâ, hauchte Teddy, der Scorpiusâ Blicke wohl gar nicht mitbekommen hatte. Er rieb sich mit beiden HĂ€nden ĂŒbers Gesicht und lieĂ sich gerade auf einen Stuhl fallen, als seine Augen Scorpiusâ trafen. Teddy schaute kurz zu Bill, lĂ€chelte Scorpius dann zu und bedeutete ihm sich zu setzen, aber Scorpius blieb stehen, die Hand seines Vaters festumklammernd.
âScorpius!â James war etwas laut, als er sich regelrecht in das Zimmer warf. Draco gab ein hörbares Stöhnen von sich und drehte den Kopf von Teddy weg, öffnete aber nicht die Augen. Warum auch immer, aber Bill strich ihm wieder und wieder durch die Haare, was Scorpius furchtbar nervös werden lieĂ.
âVerdammt nochmal, James. Kannst du dich nicht einmal in deinem Leben benehmen?â, zischte Mr. Potter, wollte seinen Sohn am Arm packen und wieder herausziehen, aber James rettete sich mit einem Ausfallschritt zu Scorpius, umklammerte schnell dessen freie Hand.
âWie gehtâs ihm?â, hauchte er Scorpius ins Ohr, seinen Vater einfach ignorierend, worauf der schnaubend klein bei gab. Scorpius nickte einfach mal, immerhin wusste er jetzt auch nicht so genau, was mit seinem Vater war. Aber er lebte und wĂŒrde ihn nicht alleine lassen. Das war alles was wichtig warâŠ
âPapa?â Dominiques Stimme drang kaum an Scorpiusâ Ohren, aber er spĂŒrte die ruckartige Bewegung und den Windzug neben sich und sah zu Bill, der ohnehin schon die ganze Zeit kreidebleich gewesen war, sodass man Narben und Sommersprossen noch deutlicher gesehen hatte, aber jetzt wirkte er eher grĂŒnlich.
âNicciâŠâ Bill war so heiser, dass man seine kaum vorhandene Stimme schwer hören konnte. âWas machst du denn hier?â
âVielleicht wollte sie live dein LiebesgestĂ€ndnis an Drake mit anhörenâ, sagte Teddy in einem sehr schnippischen Tonfall, aber die Worte lösten trotzdem nur Verwirrung in Scorpiusâ SchĂ€del aus.
âWas?â, presste er hervor, das gefĂŒhlt erste Wort seit Stunden. âJames?â Er drĂŒckte Jamesâ Hand und lehnte sich seitlich gegen den gröĂeren Jungen, konnte den Blick aber nicht von seinem Vater nehmen. âJamesâŠâ
âPschtâŠâ James legte ihm den freien Arm um die Schulter und presste Scorpius gegen seine Brust, gab ihm einen sanften Kuss in den Nacken. âKĂŒmmer dich da nicht drum. Lass sie redenâŠâ
âMerlin, JamieâŠâ Teddy schĂŒttelte schmunzelnd den Kopf. âScheint sich gelohnt zu haben heute deine JungfrĂ€ulichkeit loszuwerden. Das klang beinahe erwachsen.â
Scorpius konnte nichts gegen den tiefen Rotschimmer unternehmen, der selbst seinen Nacken herauf kroch, wo James gerade schwer gegen die erhitzte Haut keuchte.
âBitte was?â Mr. Potter schien das gar nicht gerne zu hören, aber da sollte er sich mal anschauen, was James frĂŒher gerne mal in dunklen Ecken mit seiner Ex getrieben hatte. âBe-Besprecht das spĂ€ter. Draâ Malfoy braucht schon noch etwas Ruhe. Bill, raus jetzt mit dir.â
âNeinâ, sagte Bill und lachte kurz auf. âIch gehe hier nicht weg, das hab ich dir schon mal gesagt.â Er drehte sich wieder zu Draco, lehnte sich vor und brach Scorpiusâ Herz, als er seinem Vater einen Kuss auf die Stirn gab. âHier gehör ich hin und das will ich ihm sagen, wenn er aufwacht.â
âPapaâŠâ Dominique fixierte sich mit leicht geröteten Wangen auf den Boden, wĂ€hrend Scorpius sich fragte, wann die Weasleys beschlossen hatten das hier zu ihrem Drama zu machen. Sein Vater lag hier dem Tode nahe undâŠ
Scorpius schniefte auf, anscheinend so herzzerreiĂend, dass er sofort die ganze Aufmerksamkeit im Raum fĂŒr sich hatte. Sich auf die bebende Unterlippe beiĂend drehte Scorpius sich herum und drĂŒckte das Gesicht gegen Jamesâ Brust, bevor er dessen Pullover mit bitteren, aber stummen TrĂ€nen durchnĂ€sste.
âMerlin, wenn ihr irgendwas zu besprechen habt, dann tut das drauĂen, klar?â, zischte James, die Arme fest um Scorpius schlieĂend. âNehmt ein bisschen RĂŒcksicht.â
âDas sagt der Richtigeâ, murmelte Teddy, die Finger plötzlich ziemlich mit Dracos Haaren beschĂ€ftigt, was eben noch Bill getan hatte.
âIch gehe nichtâ, knurrte Bill. âIhr könnt denken, was ihr wollt, aber einmal möchte ich auch etwas fĂŒr mich tun. Pfoten weg da, Ted.â
Scorpius hörte ein klatschendes GerĂ€usch, vergrub das Gesicht aber lieber in Jamesâ Pullover, anstatt den Kopf zu drehen. Es ging seinem Vater gut. Mehr brauchte er nicht wissen. Er wĂŒrde hier jetzt einfach⊠einfachâŠ
âOh⊠Scorpius, es ist doch alles gutâ, murmelte James ihm ins Ohr, die HĂ€nde beruhigend ĂŒber Scorpiusâ RĂŒcken streichend. âHör bitte auf zu weinenâŠâ
Die Arme fest um Jamesâ RĂŒcken schlingend schĂŒttelte Scorpius den Kopf.
âOiâŠâ James schien etwas ĂŒberfordert und Scorpius fĂŒhlte sich ein klein wenig schuldig, weshalb er aber nicht aufhören konnte seine Augen mit Jamesâ Pullover zu trocknen.
âScorâŠpiusâŠâ
âVater!â Mit einem krĂ€ftigen Ruck schubste Scorpius James weg, der mit groĂen Augen gegen seinen Vater knallte. âDu bist wach⊠Ich bin so froh.â Jetzt strömten die TrĂ€nen ohne Unterlass ĂŒber Scorpiusâ Wangen, aber es war ihm nicht peinlich, wichtig war nur, dass Draco langsam die Augen öffnete, allerdings mogelte Teddy sich in sein Blickfeld. âTed?â
âDrake! Endlich⊠Du hast mir fast das Herz gebrochen!â Teddy machte Anstalten Draco gegen die Wange zu klopfen, aber dann legte er nur die Hand auf die bleiche Haut und lĂ€chelte sanft.
Draco drehte langsam den Kopf und versuchte die Augen etwas weiter zu öffnen, schaute Scorpius jetzt direkt an. âScorpiusâŠâ Langsam hob er den Arm und fuhr ĂŒber Scorpiusâ Wange. âNicht weinenâŠâ Sein Arm sackte wieder leblos auf die Matratze, aber Draco dĂ€mmerte nicht weg, sondern blinzelte verwirrt. âHuch⊠Ich fĂŒhl mich etwas⊠schlapp.â
Mr. Potter gluckste, stellte sich an Dracos FuĂende und winkte erstmal. âHi, Malfoy.â
âTed, ich find das nicht lustig. Mach sie wieder blauâŠâ, murrte Draco und drehte den Kopf zur Seite, gab ein erschrockenes GerĂ€usch von sich, als er Teddy sah. âTed? Wie bist du so schnell⊠Uh⊠Ich hab Kopfweh⊠Wo ist meine Mummy?â
James prustete leise und bekam dafĂŒr Scorpiusâ Ellenbogen zwischen die Rippen.
âNa, toll⊠Er ist noch highâ, seufzte Mr. Potter und fuhr sich durch die Haare, schĂŒttelte etwas entnervt den Kopf. âKeine Bange, Scorpius. Dein Vater hat nur eine sehr hohe Dosis Schmerzmittel bekommen. Wahrscheinlich wĂŒrde er sonstâŠâ
âHarryâ, zischte James wĂŒtend dazwischen, bevor er Scorpius angrinste. âDein Vater ist lustig, Scorpius. Wir können Dominique als seine Mutter ausgeben und schauen was passiert.â
Scorpius schmunzelte, bevor er sich wieder seinem Vater zuwandte, dabei froh war Jamesâ HĂ€nde auf seinen Schultern zu spĂŒren. âVater?â Vorsichtig griff Scorpius Dracos Hand und lĂ€chelte ihn an, als die mĂŒden grauen Augen sich auf ihn richteten. âDu wirst wieder gesund, oder?â
Draco lĂ€chelte zurĂŒck. âNatĂŒrlichâ, sagte er heiser. Seine Finger in Scorpiusâ Hand bewegten sich, aber zudrĂŒcken konnte er nicht. âIch lass mich doch nicht von Greyback umbringen. Den fress ich zum Nachtisch.â Er gab ein gurgelndes GerĂ€usch von sich, das wohl ein Glucksen sein sollte. âScorpius⊠Ich glaub, ich hab getrĂ€umt, aber war hier noch jemand?â
Scorpius blinzelte, drehte sich um und entdeckte, dass Dominique und ihr Vater fehlten. Er sah hilfesuchend zu James, aber der zuckte ratlos die Schultern. Wenn Scorpius wĂŒsste, was er von dieser âLouisâ Vater kĂŒsste seinen Vater auf die Stirnâ-Sache halten sollte⊠Eigentlich wollte er gar nicht darĂŒber nachdenken. Seine Eltern waren glĂŒcklich miteinander. Sein Vater war vielleicht nicht oft zu Hause, aber sie waren glĂŒcklich und es gab keinen Grund, warum sein Vater einen Mann⊠Louisâ Vater hier haben wollen könnte.
âNeinâ, sagte Scorpius und es fĂŒhlte sich falsch an, weil Draco wieder blasser zu werden schien. Er drehte den Kopf weg von Scorpius und lieĂ sich von Teddy angrinsen, aber das schien Draco nicht davon abzuhalten lieber wieder wegzudĂ€mmern, als sich einer RealitĂ€t zu stellen, wo kein Bill Weasley darauf wartete, dass er wieder aufwachte.
Scorpius ballte die HĂ€nde zu FĂ€usten. Nein, das war ganz sicher nicht wahrâŠ
âScorpius?â James klang merkwĂŒrdig heiser, nicht diese Art von heiser, bevor er Scorpius ĂŒberall dort antatschte, wo es unangenehm war, aber der Grad von unangenehm schien sich sogar noch zu steigern.
âWas?â Irgendwie schien ihn jeder in diesem Raum anzusehen, auĂer Draco, der wohl wieder eingeschlafen war. Scorpius schaute ĂŒber die Schulter zu James, spĂŒrte dessen HĂ€nde von seinen Schulter gleiten und fand sich einem Blick ausgesetzt, der ihm gar nicht gefiel. âWas?â
James presste die Lippen aufeinander und schaute zur TĂŒr, wo man leise Stimmen hören konnte, wenn man ganz genau hin hörte.
âJames, du verpasst den Zug nach Hogwartsâ, sagte Mr. Potter und schaute demonstrativ auf seine Uhr.
âIch kann apparierenâ, murmelte James, sah Scorpius nur ganz kurz an, bevor er sich auf den Boden fixierte.
âIch kann dich mitnehmenâ, schlug Mr. Potter vor. âRon mĂŒsste jeden Moment hier sein. Malfoy steht noch unter Bewachung.â
âHarry, ich hab noch mehr als genug Zeit um selbst nach Hogwarts zu kommenâ, schnaubte James.
âDu musst nicht bleibenâ, meinte Scorpius, bevor Mr. Potter den Mund öffnen konnte. James starrte ihn geschockt an, bevor er so etwas Ăhnliches wie ein Lachen von sich gab.
âEntschuldigt uns kurzâ, sagte er, fasste Scorpius am Oberarm und zog ihn zur TĂŒr.
âHey! Lass⊠James, was sollâŠâ Aber Scorpiusâ Proteste wurden einfach ignoriert und er auf den Flur befördert, wo er Dominique und Bill am Ende des Korridors furchtbar ruhig miteinander reden sah. Und das BedĂŒrfnis diesen Mann einfach aus dem Fenster, das hinter ihm offenstand, zu werfen, wuchs mit jeder Sekunde. Aber bevor Scorpius auf Bill zustĂŒrmen konnte wurde er mit sanfter Gewalt auf einen Stuhl geschoben und gezwungen James anzusehen.
âWas ist los mit dir, Scorpius?â, hauchte James geschockt, in einer Art und Weise die Scorpius gar nicht von ihm kannte. âSo kenn ich dich gar nicht⊠Du mĂŒsstest doch⊠Scorpius, dein Vater liebt diesen Mann.â Er deutete auf Bill, bevor er die Hand auf Scorpiusâ Schulter legte. âUnd er liebt deinen Vater. Das hast du gemerkt, ich kenn dich dochâŠâ
âUnd ich kenne dichâ, zischte Scorpius. âDu hĂ€ttest das nie gemerkt.â Er fuhr hoch, schlug Jamesâ Hand weg, als die seinen Arm fassen wollte. âDu wusstest etwas. DuâŠâ Die Augen zusammenkneifend fuhr Scorpius sich mit beiden HĂ€nden ĂŒbers Gesicht. âDu hast genau das gewusst und mir nichts gesagt. Ha-Hast du deswegen rumgeschnĂŒffelt?â
James senkte den Blick, als Scorpius ihn ansah.
âOh, du verdammterâŠâ Scorpius wirbelte herum, damit er lieber die Wand anstatt James ansehen konnte.
âScorpiusâŠâ Er hörte wie James aufstand, schĂŒttelte die HĂ€nde aber ab, bevor sie sich auf seine Schultern legen konnten. âOkay, ja⊠Aber ich hab mich doch nicht nur deswegen an dich⊠rangemacht. Ich liebe dich! Wirklich⊠Das mit dem Tagebuch war ein unglĂŒcklicher Zufall und ââ
âWas?!â Scorpius fuhr herum und wich vor James zurĂŒck, starrte ihn schockiert aus groĂen Augen an. âDu warst das? Du hast deinem Vater dieses Buch untergeschoben, damit er meinen Vater verhaftet?!â
James öffnete wortlos den Mund, bevor er abwehrend die HĂ€nde hob und hastig den Kopf schĂŒttelte. âNein, so war das nicht!â, versuchte er sich rauszureden. âIch wĂŒrde sowas doch nie tun!â
âDeinetwegen liegt mein Vater hier im Krankenhaus!â, rief Scorpius, gleichzeitig wĂŒtend und den TrĂ€nen nahe. âDeinetwegen hat ihn ein Werwolf fast zerfleischt! Hast du ihn angesehen?! Hast du gesehen, was du getan hast?!â
âScorpius, ich ââ
âDeswegen hast du mit mir geschlafen, was?â Scorpius wischte sich ĂŒber die Augen, bevor er wieder zu weinen anfing, wie ein kleines MĂ€dchen. âDamit du dich von deinem schlechten Gewissen ablenken kannst, falls du ĂŒberhaupt eines hast. Wahrscheinlich wolltest du nur⊠Merlin, ich hasse dich, Potter. Ich hasse dich so sehr.â
James schnappte nach Luft, schaute sich hilfesuchend um, aber wer sollte ihm in dieser Lage irgendwie helfen können? âIchâŠâ Er konnte ja nicht mal einen vernĂŒnftigen Satz bilden. âIch wollte das doch nichtâŠâ
âDu bist genau wie dein Bruder!â, schnauzte Scorpius. âImmer auf der Suche nach irgendeiner Sache die genauso einen Helden aus dir machen könnte, wie aus deinem Vater! Aber mein Vater ist nicht böse! Nicht ansatzweise! Und er ist nicht schwul! Er liebt meine Mutter!â
âIch⊠liebe dichâ, sagte James leise.
Scorpius verzog die Mundwinkel und schĂŒttelte den Kopf. âVerschwindeâ, presste er hervor und deutete den Gang entlang.
âScorpius, bitte. Wir⊠Wir kriegen das wieder hin, wenn wir einfach miteinander redenâ, versuchte James es und streckte die Hand nach Scorpius aus, seine braun-grĂŒnen Augen glitzerten verrĂ€terisch. âBitte.â
âDenkst du ernsthaft ich könnte jemals vergessen, dass du Schuld am beinahe Tod meines Vaters bist?!â, schnauzte Scorpius, bevor ihm ein Hicksen entwich und seine Beine nachgaben. Er sackte auf den Boden, hob abwehrend die Hand, als James nĂ€herkommen wollte, und schĂŒttelte den Kopf. âHör auf⊠Hör auf mir immer wehzutun.â
âIch wollte doch nichtâŠâ James brach ab und seufzte schwer auf. âWir haben uns doch gerade erst wieder versöhnt. Heute Nacht war so schönâŠâ
âHeute Nacht war schrecklich. Wenn ich allein daran denke wie sich deine Finger auf meiner Haut anfĂŒhlen wird mir schlechtâ, sagte Scorpius emotionslos, den Blick auf den Boden gerichtet.
Einen Moment blieb es still, dann schlurfte James davon wie ein getretener Hund. Scorpius hob den Blick, bekam aus den Augenwinkeln mit wie Bill Dominique in den Arm nahm, beobachtete aber lieber wie James die TĂŒr zu Dracos Zimmer öffnete und seinen Vater raus rief. Es interessierte ihn nicht, dass Jamesâ ganzes Auftreten gegenĂŒber seinem Vater plötzlich ganz anders war und es interessierte ihn genauso wenig, dass er hier wie ein weinerliches MĂ€dchen auf dem Boden hockte. Sein Vater war schwer verletzt und niemanden schien das zu interessierenâŠ
âMensch, Malfoy⊠Jetzt flenn doch nicht.â
Scorpius wollte aufschauen, um nachzusehen, wer so unhöflich war, aber ein Koffer rauschte an ihm vorbei, steuerte auf James zu und haute ihn kurzerhand von den FĂŒĂen.
âMerlin, ihr verbockt auch alles, wenn man euch mal drei Sekunden alleine lĂ€sst.â
Scorpiusâ Augen weiteten sich, als er Fred und Louis zu sich herunterschauen sah, Ersterer streckte die Hand nach ihm aus und zog ihn wieder auf die Beine. âWasâŠâ Den schneebedeckten MĂ€nteln nach zu urteilen musste drauĂen ein regelrechter Schneesturm toben. Die Eiskristalle in Louisâ Haaren waren schon geschmolzen, machten die blonden StrĂ€hnen ganz nass und lieĂen sie weitaus dunkler wirken. Fred hatte sich wieder in diese knautschige Jacke gequetscht, die auch noch gut Platz fĂŒr Scorpius geboten hĂ€tte und tatsĂ€chlich verspĂŒrte er fĂŒr einen Moment das BedĂŒrfnis mit drunter zu schlĂŒpfen.
âWas macht ihr denn hier?â, presste Scorpius hervor, wĂ€hrend Fred ihm das Blondhaar verwuschelte.
âDominique hat mir eine Eule geschriebenâ, sagte Louis mit einem Seufzen. âGeht eigentlich eher um meinen Vater als um deinen, aber ich hab dir Fred zum Knuddeln mitgebracht.â Er packte Scorpius an der Schulter und schob ihn in Freds Arme, wo Scorpius feststellte, dass die dicke Daunenjacke ihn nicht mochte, weil sie versuchte ihn zu ersticken.
âWir sind richtig aus dem Zug gesprungen, Malfoy. Das war so cool! Du hĂ€ttest dabei sein mĂŒssenâ, plapperte Fred drauflos, was Louis nutzte um sich davon zu stehlen, bevor Scorpius ihn ansprechen konnte. Also fragte er einfach Fred:
âKommt deine ganze Familie jetzt her?â
Fred lieĂ ihn zum GlĂŒck endlich los. Entweder war das auch geschmolzener Schnee, der seine Stirn nass glĂ€nzen lieĂ, oder er schwitzte ihn diesem fetten Teil. âNee, nicht ganz⊠Nicci versucht nur Bill diesen Floh aus dem Ohr zu treiben, aber anscheinend fehlen ihr Argumente und Lou hat immer Argumente.â Fred zuckte mit den Schultern. âSolange Victoire oder noch schlimmer Fleur hier nicht auftauchenâŠâ
âWas fĂŒr ein Floh?â, fragte Scorpius. Aus den Augenwinkeln bekam er mit, wie Mr. Potter versuchte seinen bedröppelten Sohn wieder aufzupĂ€ppeln.
Fred blinzelte und legte den Kopf schief. âDu mĂŒsstest das doch aus erster Hand wissen. Bill will sich trennen. Wegen deinem Vater.â
Scorpius krallte die HÀnde in die fette Jacke und vergrub kurzerhand das Gesicht in ihr, dÀmpfte so sein Stöhnen.
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